Mozart - kein Wunderkind!

  • Salut,


    ohne nun hier eine neue NH-Diskussion aufrollen zu wollen -


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Lange wurde Mozarts Frühwerk belächelt.


    Ich wüsste nicht, von wem? War es nicht eher umgekehrt? Also, dass es bewundert wurde?


    Zitat

    Diese Musik ist ein Wunder und für mich schlichtweg unerklärbar.


    Ein Wunder mag die Musik von mir aus sein, wenn man sie denn bewundert. Aber wenn NH das für unerklärbar hält, dann hat er wohl doch seinen Beruf verfehlt.


    Zitat

    Als ich das Orchester erinnert habe, dass Mozart acht Jahre alt war, als er seine erste Sinfonie komponierte, haben wir alle eine Gänsehaut bekommen.


    Ich glaube, da wird einfach zu viel hineininterpretiert.


    Zitat

    Was uns erschreckt, ist, dass ein Kind rein philosophisch gar nicht so weit sein kann, um Einsichten zu vermitteln, die Mozarts Musik geben. Woher hat er die zärtlichen Liebesszenen aus Bastien und Bastienne?


    Naja, so "zärtlich" finde ich sie nun nicht, aber das ist Geschmacksache - ich empfinde die Arien eher als einfach gestrickte Lieder...


    Es besteht immer noch die nicht nachprüfbare Möglichkeit, dass der Vater dem Sohne unter die Arme gegriffen hat. Wer nun meint, das sei eine faule Ausrede, um jemandem das Genie abzusprechen, der irrt:


    [...] Die Übungen, die Padre Martini ihm auferlegt, sind Vorbereitungen für Mozarts vielberufene Aufnahme in die berühmte Accademia filarmonica zu Bologna, am 10. Oktober 1770. Die Aufnahmebedingungen waren streng. Der Kandidat erhielt ein Stück gregorianischen Gesanges vorgelegt, im Falle Mozarts war es eine Antiphonmelodie, zu der er unter Klausur drei Oberstimmen im strengen Stil, "in stile osservato" zu komponieren hatte. Nun, Mozart versagt vollkommen. Alle Ruhmredigkeiten Leopolds über Wolfgangs gloriose Lösung der Aufgabe haben sich als Schwindel erwiesen: Im Archiv der Accademia filarmonica und des Liceo Musicale zu Bologna sind alle drei Dokumente für den Vorgang erhalten: die ursprüngliche, in Klausur angefertigte Arbeit Mozarts, die Korrektur durch Padre Martini und Mozarts Abschrift dieser Korrektur, die dann der Jury vorgelegt wurde. Das Verdikt lautet, trotz dieser Mithilfe des guten Padre, nicht rühmlich: "Nach einer kleinen Stunde hat signor Mozart seinen Versuch abgeliefert, der in Anbetracht der besonderen Verhältnisse als zureichend befunden worden ist." [...] [Alfred Einstein].


    Also: Schulnote "Vier" für ein Genie! Ich werde blaß ob der mir einst mehrfach bescheinigten Genialität meiner Person als Chemie-, Physik-, Latein- und Englischschüler...


    Außerdem ist es jedem, der eigene Kinder hat bekannt, dass diese sich bereits im Alter von 5 Jahren [oder früher] so verhalten können, wie "Erwachsene". Für sie ist es ein Spiel.


    Zitat

    Solche Musik schreibt man nicht, wenn man am Schlüsselloch des elterlichen Schlafzimmers gelauscht hat.


    Es ist auch kaum anzunehmen, dass die Eltern im Schlafzimmer musiziert haben... :rolleyes:


    Zitat

    Nehmen wir die letzten Sätze. Sie waren meist Jagdmotive. Aber: Bei den Mozarts hat niemand gejagt. Mozart hat das Jagen als Bild verarbeitet. In seiner Musik geht es um das Scheitern und um das Leid des Gejagten. [...]


    ?(


    Vielleicht kannte Wolferl hat die Jagd-Sinfonie seines Papas? :evil:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Mein Freund, der Regisseur Jean-Pierre Ponelle, glaubt, dass es möglich sein muss, ohne rationale Denkvorgänge, quasi im Blindflug auf wichtige Ergebnisse zu kommen. Dieser nicht nachvollziehbare Denkvorgang macht Mozart zu einem so unerklärbaren Phänomen.


    Das ist m.M.n. nicht ungewöhnlich.
    Mich ist es dreimal passiert, daß ich ein Problem bekam, völlig unbewußt die Antwort gab (weil ich antworten mußte), und erst dann bewußt mich realisierte, warum es jene Antwort war.


    LG, Paul

  • Hallo Zusammen,


    wir wollen (versuchen) dieses dumme Hirngespinst, Vorurteil bzw. Mutmaßung - was auch immer auszumerzen. Und das auch nur kurz und bündig, für mehr reicht es heute nicht mehr, wir sind todmüde. Entschuldigt.


    Es gibt drei Gründe, warum diese Geschichte (dazu noch von Einstein :rolleyes: ) nicht stimmen kann:


    1. Padre Martini


    Mozart war drei Monate in Bologna, in dieser Zeit erhielt er Unterricht von Padre Martini. In dieser Zeit musste er den Eindruck gewonnen haben, dass Wolfgang durchaus das Zeug hatte, die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Padre Martini schlug Mozart zur Prüfung vor - und bekommt dann kurz vor Schluss "kalte Füsse"???? Führt die an Mozart gestellte Aufgabe korrekt aus und schummelt diese, als die Mozarts, dem Aufsichtsrat unter? Warum sollte Martini das tun? Er, der weltweit was die Musikwissenschaft betrifft in größtem Ruhm stand? Ein zemliches Risiko, findet Ihr nicht? Es hätte genügt, wenn er gesagt hätte: Kind, komm in zwei Jahren wieder...


    2. Leopold Mozart


    Er erzog seine Kinder modern. Sein Ziel war, durch Vorbild seinen Kindern den rechten Weg zu zeigen, sein Motto: Ruhm, Ehre und Geld. Die höchste Auszeichnung die man von Leopold MOzart bekommen konnte war: ein EHRLICHER Mensch zu sein.


    Wie hätte er vor seinem Kind da gestanden, wenn er auf einmal DIESEN Weg eingeschlagen hätte? Durch Betrug einen Titel erschlichen. EHRHAFT??? Welches Vorbild wäre er gewesen?


    Nein. das passt nicht zu dem noblen Mann, dem treuen Diener des Herren, dem er so viel zu verdanken hat. Insbesondere seine Kinder, deren Talent gefördert werden muss. Es PASST nicht!


    3. Wolfgang Mozart


    Gut. Er war erst 14 Jahre alt, glaubt Ihr aber wirklich, er hätte sich eine fremde "Komposition" unterschieben lassen?


    Mitnichten.


    Fakt ist:


    Mozart nimmt Unterricht bei Padre Martini


    Padre Martini schlägt ihn zur Aufnahmeprüfung der Accademia filarmonica vor


    Mozart löst diese Aufgabe schnell - aber nicht korrekt


    Dennoch wird seine Leistung anerkannt


    Padre Martini korrigiert im ANSCHLUSS die Komposition


    Leopold Mozart schreibt diese für Übungs - und Lernzwecke ab.


    Ihr seht also: Die Reihenfolge macht es. Wie so oft. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es auch manchmal sehr sinnvoll ist Mozarts Briefe in umgekehrter Reihenfolge zu lesen.


    Die Aussage Einsteins ist Unsinn, und die der anderen Mozartbiographen ebenso - sie haben sich hier einfach einlullen lassen. Man muß nur die Personen in Betracht ziehen - ihren Charakter und dann weis man das dieser Betrug niemals stattgefunden hat.


    Liebe Grüße von Bettina und Wilfried

  • Salut,


    Zitat

    Original von Bettina und Wilfried
    wir wollen (versuchen) dieses dumme Hirngespinst, Vorurteil bzw. Mutmaßung - was auch immer auszumerzen.


    was Euch nicht gelingen wird, denn die Fakten sprechen eine andere Sprache.


    Zitat

    Es gibt drei Gründe, warum diese Geschichte (dazu noch von Einstein :rolleyes: ) nicht stimmen kann:


    Alfred Einstein, wie zuvor Ludwig Ritter von Köchel, waren die Pioniere in der Angelegenheit des chronologischen Werkeverzeichnisse [Köchelverzeichnis]. Beide waren absolute Überzeugungstäter, was heißt, dass sie beide natürlich Mozart sehr, sehr hoch schätzten und nur wegen der Sache selbst tätig wurden. Dabei waren sie natürlich vor "Fehlern" nicht gefeit, denn es waren damals längst nicht alle Quellen zugänglich. Die "Fehler" in der chronologischen bzw. auf Authentizität geprüften Einordnung der Werke sind aber quasi gleich Null - einige wenige Dinge, die auf Köchels bzw. Einsteins Annahmen beruhen, wurden heute ausgebessert - der Rest ist Erbsenzählerei.


    Ich bin überzeugt, dass Alfred Einstein mit seiner Äußerung bezüglich dem Antiphon Quaerite primum regnum Dei KV 86 [73v] absolut korrekt bei der Realität liegt, denn auch in der derzeit aktuellsten Ausgabe des Köchelverzeichnisses steht:


    [...] Mozart brachte sie [die Arbeit] in "einer starken halben Stunde" [Leopold] zustande, erhielt, nachdem Padre Martini der den strengen Regeln und dem Stilideal der Accademia ("stile osservato") nicht sehr entsprechenden Arbeit seine eigene Fassung unterschoben [sic!] hatte, von den Stimmgebenden lauter weiße Kugeln und wurde nach dem Diplom vom 10. Okt. 1770 von der Accademia Filarmonica zu Bologna "inter Magistratos Compositores" aufgenommen [...]


    Hinzu kommt, dass Leopold Mozart recht großzügig von einer "starken halben Stunde", Padre Martini selbst aber von einer "kleinen Stunde" spricht. Einigen wird uns auf salomonische 45 Minuten: Dennoch ist hier die Absicht Leopolds stark herauszulesen. Zudem hat Leopold Mozart die dritte Version, die Abschrift des Sohnes der Fassung von Padre Martini handschriftlich versehen mit: Del Sgr. Cavaliere Wolfgango Amadeo Mozart di Salisburgo. / Scritto nella Sala dell'accademia Filarmonica in Bologna le / 10 d'ottobre / 1770. Und das ist eine glatte Lüge!


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    das glauben wir nicht. Ist ja auch total wiedersprüchlich. Wenn diesen Prüfern wirklich die verbesserte Komposition von Martini vorgelegt wurde, warum heißt es dann "in Anbetracht der besonderen Verhältnisse als zureichend"? Martinis "Prüfungsarbeit" ist aber fehlerfrei gewesen...


    Martini verbessert Mozarts Werk, und es existieren zwei Abschriften. Eine von Wolfgang (die befindet sich in Bologna) und eine von Leopold (scheinbar war er genaus daran interessiert, in Salzburg) auf dieser steht (der Anfang bzw. das erste Wort etwas unleserlich): Ab oder Nachschrift Mozart und wie Du schon schreibst: 10ter Oktober 1770


    Die Prüfung war aber am 9ten.


    Liebe Grüße


    Bettina und Wilfried

  • Salut nach Mozarthausen,


    Zitat

    Original von Bettina und Wilfried
    das glauben wir nicht. Ist ja auch total wiedersprüchlich.


    Nein, finde ich wirklich nicht widersprüchlich.


    Zitat


    Wenn diesen Prüfern wirklich die verbesserte Komposition von Martini vorgelegt wurde, warum heißt es dann "in Anbetracht der besonderen Verhältnisse als zureichend"?


    Unter den "besonderen Verhältnissen" verstehe ich das "ungewohnt" junge Alter des Prüflings. Darauf hat m. E. die Jury Rücksicht genommen.


    Zitat

    Martinis "Prüfungsarbeit" ist aber fehlerfrei gewesen...


    Sie ist fehlerfrei gewesen, aber eben nicht sonderlich hervorragend. Wie soll ich das erklären?


    Zitat

    Martini verbessert Mozarts Werk,


    Mozart hat - was typisch für ihn ist - SEINE bestmögliche Lösung angegeben. Die aber entspricht eben nicht dem STRENGEN Stil. Das hat Padre Martini versucht, auszumerzen. Aber ganz ist es ihm nicht gelungen, denn der strenge Stil ist eben im Widerspruch zu Mozarts Stil. Und er wollte offenbar Mozarts Stil nicht unbedingt zerstören, "mußte" sich aber gleichzeitig dem strengen Stil so gut wie möglich annähern. "Reparaturen" funktionieren auch bei Musik eher selten bis nie.



    Zitat

    und es existieren zwei Abschriften. Eine von Wolfgang (die befindet sich in Bologna) und eine von Leopold (scheinbar war er genaus daran interessiert, in Salzburg) auf dieser steht (der Anfang bzw. das erste Wort etwas unleserlich): Ab oder Nachschrift Mozart und wie Du schon schreibst: 10ter Oktober 1770


    Die Prüfung war aber am 9ten.


    Meines Wissens gibt es insgesamt nur drei Exemplare:


    1. Mozarts Original
    2. Martinis Korrektur
    3. Mozarts Abschrift von 2. mit Leopolds Vermerk [irre ich?]


    Datum hin oder her: Leopold behauptet, sein Sohn habe diese Fassung verfasst - und das ist so einfach nicht korrekt. Es ist die Abschrift der Korrektur Padre Martinis. Warum schreibt er [nur!] den Namen seines Sohnes darauf und erwähnt Martini nicht mit einem Wort?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut Paul,


    schön, wenn man von etwas überzeugt ist. Für mich ist ein Wunder nur etwas, was es eigentlich nicht geben kann. Da es Mozart gab und er auch mit vier Jahren vom Blatt spielte, ist es für mich eben kein Wunder. Wie gesagt, hätte er mit 4 Jahren die Zauberflöte oder den Figaro komponiert, liesse ich mit mir reden... :rolleyes:


    Ein vierjähriges begabtes und mit Interesse ausgestattetes Kind, das täglich mehrere Stunden Noten lesen und spielen lernt, kann logischer Weise prima Vista spielen... [auch einfach ohne Noten nachmachen].


    :baeh01:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • @Paul :D


    Ulli - unseres Wissens nach gibt es:


    - Mozarts Original


    - Martinis Bearbeitung - und zwar komplett neu, Padre Martini übernahm nur Mozarts "imitatorisch eingeführten Themenkopf" (was das auch immer bedeuten mag :rolleyes: ) von einer "kleinen Korrektur" kann also keine Rede sein.


    - Von diesem Werk gibt es eine Abschrift in Wolfgangs Handschrift


    - und eine von Leopold. (Wir vermuten einfach mal zur Erinnerung an dieses besondere Ereignis) am 10ten. Einen Tag Nach der Prüfung!


    Eine Frage hast Du auch noch nicht beantwortet: Warum sollte Martini seinen Ruf aufs Spiel setzen? Ihm hätte es doch schnuppe sein können, ob Mozart jetzt oder in zwei oder vier Jahren die Prüfung ablegt.


    Neeeeeeeee! Wir glauben das nicht!

  • Salut,


    auch dafür gibt es eine Erklärung:


    Überliefert ist lediglich, dass der junge Mozart am 25. und 26. März 1770 bei Padre Martini Unterricht im "Fugenkomponieren" erhält. Das hat aber mit dem "stile osservato" nur teilweise etwas zu tun. Am 20. Juli 1770 kommen die Mozart erneutin Bologna an: Leopold ist am Bein erkrankt, der Sohn beginnt mit der Komposition des Mithridate, hatte also keine Zeit, sich großartig auf die Prüfungsaufgabe vorzubereiten. Im Reisegepäck sind einige Empfehlungsschreiben, denen Padre Martini offenbar blind vertraut: Padre Martini hat die Fähigkeiten des Vierzehnjährigen einfach überschätzt und muss nun natürlich seine Ehre retten, weil er den Knaben zur Prüfung zuließ.


    Komplettierung meinerseits: Die aus Leopold Mozarts Feder stammende Überschrift befindet sich zusätzlich auf der von mir oben als Nr. 2 bezeichneten Fassung in der Originalhandschrift Padre Martinis!


    Hellmuth Federhofer schreibt in der NMA:


    [...] Neben Mozarts Bearbeitung der Antiphone gibt es eine zweite durch P. Martini in dessen Eigenschrift [aber mit der irreführenden Überschrift "Del Sig. Cav. Gio. Amadeo Wolfgango Mozart fatta per l'ingresso nella Accademia de Filarmonici"] sowie in zwei Abschriften von der Hand Mozarts, dem sie daher mehrfach, aber fälschlich zugeschrieben wurde. Da P. Martini nur den imitatorisch eingeführten Kopf des Thomas aus der Bearbeitung Mozarts benutzt, den weiteren Verlauf aber abweichend gestaltet, kann von einer "Korrektur der Klausurarbeit" nur im weitesten Sinne des Wortes gesprochen werden. [...] Jedenfalls weist die Bearbeitung Martinis keine Verstöße gegen den strengen Satz auf, während solche bei Mozart mehrfach vorkommen. [...]


    Fairer Weise füge ich an, dass Federhofer noch darauf hinweisst, dass es sich heute nicht mehr feststellen liesse, welche der beiden Fassungen bzw. welches Manuskript bei der Prüfung eingereicht wurde. Wäre aber Mozarts Original ewingereicht worden, hätte Mozart den obigen Ausführungen folgend das Diplom sicher wegen unzureichender Anwendung des strengen Satzes niemals erhalten. Es wurde demnach zwangsläufig Padre Martinis Version vorgelegt; das erklärt mithin auch die Existenz von zwei Abschriften: eine wurde vorgelegt, die andere zu Angabezwecken Leopold Mozarts mitgenommen. Wäre Martinis Version nicht vorgelegt worden, wozu hätte sie dann zweimal von Mozart abgeschrieben werden sollen? Für die Vorlage der Fälschung spricht zudem, dass Leopold die Autorschaft in zwei Fällen verfälscht, um ein Falsifikat stolz mit heimnehmen zu können. Warum wurde nicht Mozarts Original kopiert und mit heimgenommen? Weil es nicht eingereicht wurde.


    Die Sache ist eigentlich klar.


    Dem ist noch hinzuzufügen, dass Mozart zu späteren Zeitpunkten noch Kompositionen zur Begutachtung an Padre Martini sandte, die dieser dann auch lobte. Aber wozu das Ganze, wenn Mozart bereits das "Diplom" hatte? Damit war er Padre Martini bereits ebenbürtig... :rolleyes:


    Macht Spaß, mit Euch zu diskutieren. Vielleicht mal wieder öfter...? =)


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Hallo Ulli,


    das überzeugt uns nicht. Mozart hielt sich auf der Rückreise drei Monate in Bologna auf, wo er Unterricht von Martini bekam. Außerdem war ihm der "strenge Stil" von seiner Salzburger "Kirchenmusikzeit" nicht unbekannt. Martini war sich sicher, dass Mozart die Aufgabe bestehen würde. Und dann kommt noch dazu: Hat Padre Martini die Aufgabenstellung gekannt? Wohl eher nicht. Dann hätte er gleich eine passende Lösung parat gehabt. Nein, er übernimmt Wolfgangs Thema - und arbeitet dann mit ihm den korrekten strengen Satz aus.


    Jetzt lass uns doch mal (das für Dich unwahrscheinliche) annehmen: Leopold schreibt über den Autograph das die Komposition von seinem Sohn ist - und hat Recht?


    Warum soll man Leopold Lügerei unterstellen? Dann kann es nur so gewesen sein: Mozart (wir wiederholen uns ;) ) komponiert diese Antiphon gerade so ausreichend. Martini möchte diese Arbeit aber nochmal mit Mozart durchgehen - es ist ihm wichtig, das passt zu seinem Typ (und auch zu Wolfgang und Leopold) damit für die Zukunft diese Fehler nicht mehr vorkommen. Mag sein, dass er die Noten geschrieben hat, aber komponiert wird Wolfgang haben. Das wollte der Vater festhalten.


    Jetzt sind wir ziemlich müde...


    Gute Nacht


    Bettina und Wilfried

  • Salut,


    Zitat

    Original von Bettina und Wilfried
    das überzeugt uns nicht. Mozart hielt sich auf der Rückreise drei Monate in Bologna auf, wo er Unterricht von Martini bekam.


    dazu war nicht viel Zeit, denn er arbeitete ja am Mithridate. Das Autograph ist zwar verschollen, es umfasste aber m. W. zwischen 600 und 700 Seiten. Die schmiert man auch nicht mal eben so hin...


    Zitat

    Außerdem war ihm der "strenge Stil" von seiner Salzburger "Kirchenmusikzeit" nicht unbekannt.


    Oh nein! Hört Euch den rein klanglichen Unterschied zwischen einer Salzburger Messe und einem Antiphon an. Das ist etwas ganz, ganz anderes! Das ist überhaupt nicht vergleichbar. Der "Strenge Satz" taucht nur ganz peripher und eben nicht streng in den Messen auf, was auch gar nicht mehr notwendig war, da der Zeitgeschmack ein anderer war.


    Zitat

    Nein, er übernimmt Wolfgangs Thema - und arbeitet dann mit ihm den korrekten strengen Satz aus.


    Er übernimmt lediglich das aus einem Takt [!] bestehende Thema und komponiert den Satz völlig neu!


    Zitat

    Jetzt lass uns doch mal (das für Dich unwahrscheinliche) annehmen: Leopold schreibt über den Autograph das die Komposition von seinem Sohn ist - und hat Recht?


    Er hat Unrecht, da die Komposition eindeutig von Padre Martini ist. Nachweislich [anhand des Mozartschen Originals] hat Mozart den stile osservato nicht beherrscht. Die Noten-Handschrift auf der korrekten Version stammt von Martini, die Überschrift von Leopold Mozart.


    Zitat

    Warum soll man Leopold Lügerei unterstellen?


    Tu ich ja gar nicht. Ich lege nur emotionslos die Fakten dar [und nicht aus]. Letztlich ist dies aber für die Ausgangsfrage unerheblich: Fakt ist, dass Mozart es nicht konnte, jedenfalls nicht im vorgesehenen Zeitrahmen.


    Zitat

    Dann kann es nur so gewesen sein: Mozart (wir wiederholen uns ;) ) komponiert diese Antiphon gerade so ausreichend. Martini möchte diese Arbeit aber nochmal mit Mozart durchgehen - es ist ihm wichtig, das passt zu seinem Typ (und auch zu Wolfgang und Leopold) damit für die Zukunft diese Fehler nicht mehr vorkommen. Mag sein, dass er die Noten geschrieben hat, aber komponiert wird Wolfgang haben. Das wollte der Vater festhalten.


    s.o.


    Zudem: Warum sollte Padre Martini eine Komposition Mozarts [ab-]schreiben? Das würde in der Tat nur dann einen Sinn ergeben, wenn hier Mozart ihm etwas hätte beibringen können, will meinen: es hätte sich um einen Geniestreich gehandelt! Diesen Titel verdient aber Martinis Komposition nicht, ganz zu schweigen von Mozarts Originalversion. Es handelt sich dabei auch vielmeher um das Umsetzten [fast] rein mechanischer Vorgänge, basierend auf Präsenz fester Regeln.


    Ich bin aber sicher, Mozart hätte auch ohne dieses Diplom die Zauberflöte komponieren können. ;)


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Bettina und Wilfried,
    Hallo Mozartwelt,


    ganz interessant berichtet neuerdings Peter Wollny im Zusammenhang mit dem neuentdeckten Autograph Leopold Mozarts [es handelt sich um L. Mozarts Abschrift des "Protexisti me Deus" von Francesco Durante, die dem Sohn ggfs. als Übungsmaterial gedient haben mag]:


    [...] Jedenfalls ist sein [W. A. Mozarts] Beitrag das 21taktige "Quaerite primum regnum Dei", angefüllt mit teils richtig, teils fehlerhaft eingesetzten Formeln [...]. Auf Mozarts musikalische entwicklung hatte das Erlebnis in Bologna keinen unmittelbaren Einfluß, was indes kaum verwundert. Es ging zu diesem Zeitpunkt ja nicht um das ernsthafte Studium des "stile antico" und das Erlernen seiner komplizierten Regeln, sondern um die Erlangung einer Auszeichnung, die möglichen Opernengagements in den kommenden Jahren förderlich sein sollte.


    [Quelle: Acta Mozartiana, 53. Jahrgang, Heft 3/45, Dezember 2006]


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    Ich hörte gestern im Radio eine Weile Bart van Oort (Hammerklavier) über Mozart reden.
    Erstens bestätigte er, daß Mozart ein Wunderkind gewesen sein muß. :D
    Er gab u.a. als Grund, daß M. bereits als "Kind" schwerere Kompositionen machte, die normale Menschen oft nicht machen können als sie bereits >18 Jahre sind. Auch wenn er dabei (vielleicht) geholfen wurde.
    Zweitens nannte er als Grund, daß Mozart bis seinen 9. Jahr (wieso er 9 nannte erklärte er nicht) eigentlich nur Papa als Lehrer hatte, aber danach Autodidakt war. Er nahm aus den verschiedene Stile, was ihm gefiel und brachte das zu einer Synthese.
    Drittens kam er auch mit dem Beispiel des (wie heißt doch dieses Werk, wieder vergessen) aus dem Haupt aufschreiben der streng gehütete Partitur.
    Viertens kam er mit eine Tatsache, die ich vergessen hatte. Mozart schrieb ein Teil eines Werk aus, und währenddessen komponierte er in seinem Haupt ein anderes Teil. Das schrieb M. an Nannerl. Da war er bereits "alt", aber diese Weise von Komponieren ist, laut Van Oort, typisch vor Mozart.


    LG, Paul

  • Salut,


    Herr van Oort ist für mich leider kein Beweis dafür, dass Mozart ein Wunderkind gewesen sein muß - nichtmal ein Indiz. :D Gemessen an ihm mag das vielleicht zutreffen, aber ich messe nicht an ihm.


    Und: Du meist das "Allegro" von Misereri, das jeder halbwegs notenschriftvertraute aus dem Kopf niederschreiben kann.


    W. A. hatte nicht ausschliesslich seinen Vater als Lehrer, sondern auch Padre Martini und viele andere. Es gibt eine Gradwanderung zwischen autodidaktischem Lernen und Studieren [oder wie man das nennen mag]. Wenn Mozart sich seinen Lernstoff unmittelbar aus den Werken anderer Komponisten gezogen hat, so ist das m. E. sicherlich weitaus effektiver und wertvoller, als wenn irgendein Padre etwas daherlabert, was niemanden [mehr] interessiert.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Dieser Artikel überzeugt mich nicht wirklich.
    Ich muss Paul teilweise Recht geben.


    Oben wurde immer diskutiert, dass Mozart kein Wunderkind sei, nur weil er so früh bereits so gut sein(e) Istrument(e) spielen konnte.
    Das ist durchaus richtig. Deshalb ist man kein Wunderkind.
    Das sind nämlich solche Kinder, wie heute jene aus Japan, die halt, wie ein Affe sein Kunststück erlernt, durch hartes, oftmaliges Üben das Instrument erlernen.


    Aber abgesehen davon (Paul hat es schon angedeutet) konnte Mozart bereits in jüngsten Jahren erstaunliche Kompositionen schreiben, zwar, nicht immer alleine, aber doch öfters. Wenn ich mir ein Werk wie die 1. Sinfonie anschaue (KV 16, da war er ca. 8 Jahre), da zeigt er Reife, die manche Komponisten erst sehr, sehr viel später erreichten, oft gar nie...
    Das zeugt schon von einem gewissen Wunder...
    Das ist nämlich das, was die heutigen so genannte "Wunderkinder" nicht können.
    Das sind jene, die wirklich nur ein Kunststück konnten. Mozart konnte mehr, er konnte wirklich komponieren.


    Außerdem, wenn Mozart kein musikalisches Wunderkind war, wer soll es dann sein?
    Gibt es dann überhaupt keine Wunderkinder?


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Vielleicht sollte man den Bgriff "Wunderkind" durch den Begriff "Genie" ersetzen, denn nur ein Genie, das man vielleicht durch "göttliche" Eingebung wird, dürfte über das Können eines "Wunderkindes" hinaus, das musikalische Strukturen eher und besser als seine Altersgenossen begreifen und im Spiel umsetzen kann, diese musikalischen Strukturen (siehe Sinfonie Nr. 1 u. ä.) auch selbst erschaffen (komponieren).
    Mozart soll ja in der Lage gewesen sein, Stücke zu komponieren, ehe er auch nur in der Lage war, sie in musikalischen zeichen niederzuschreiben und dies seinen Vater machen lassen musste.


    Liebe Grüße


    Willi :hello:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Und wie lautet die Beurteilung für Maria Anna "Nannerl" Mozart, die um fünf Jahre ältere Schwester? Ist sie ein Wunderkind?


    Sie trat zusammen mit ihrem Bruder in den Fürstenhöfen auf. Das Mädchen erhielt sicherlich den gleichen Instrumentalunterricht. Sie soll jedoch nicht wie Wolfgang komponiert haben. Ist dies alleine der gesellschaftlichen Stellung der Frau zuzuschreiben? Warum hat der Vater sein Augenmerk alleine auf den Bruder gerichtet?


    Hier ein vielleicht hilfreicher Link zu Maria Anna


    http://www.traunsteiner-tagbla…des/mehr_chiemg.php?id=64

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Nun ja Nannerl ist sowas, wie die heutigen "Wunderkinder", die zu Hauf aus Japan kommend die Welt "erobern".
    Sie konnte wie ihr Bruder Klavier spielen und trat zusammen mit ihm auf...


    Aber komponieren...?


    Es geht hier offenbar um ein Definitionsproblem. Ich will das aber gar nicht wirklich definieren.
    Fakt ist, wenn Mozart kein "Wunderkind" wäre, gibts überhaupt keine...


    Insofern bräuchte man nicht über Wunderkinder streiten...
    Da wir das aber tun, schließe ich daraus, dass es Wunderkinder gibt...


    Und der Hauptunterschied zwischen den "anderen" und Mozart war und ist, dass Mozart, William B.A. schreibt, "musikalische Strukturen besser als seine Altersgenossen begreifen und im Spiel umsetzen konnte (Sinfonie No. 1...)...komponieren konnte...


    Im Bezug auf Nannerl ist vielleicht zu sagen, dass Leopold immerhin bereit war, seiner Tochter einen umfassenden Instrumentalunterricht zu unterziehen.
    Das wäre bei anderen Vätern zu seiner Zeit undenkbar gewesen...


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

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