Können Komponisten der "zweiten Garnitur" erstklassige Werke komponieren ?

  • Wir hatten so eine ähnliche Frage schon, nämlich ob es Komponisten mit nur 1-2 hervorragenden Werken wirklich gibt (abgesehen vielleicht von früh verstorbenen).


    Meiner Ansicht nach gibt es das nicht. Jeder Komponist hat zumindest eine Handvoll Werke, die den Höhepunkt seines Schaffens darstellen und die die Grundlage zur Beurteilung seiner Bedeutung sind. Somit kann ein Komponist der 2. Reihe keine Werke geschrieben haben, die in die erste Reihe gehören, denn diese würden die Ursache sein, dass er in der ersten Reihe sein Plätzchen hätte.


    Ganz unabhängig in welcher Reihe (der 2. oder 6. oder welcher auch immer, die erste ists freilich nicht) Antheil steht, er steht dort wegen seiner Werke, die er zwischen 20 und 30 geschrieben hat in jugendlichem Sturm und Drang als "Bad Boy". Für seine Bedeutung ist es völlig irrelevant, ob er dann noch jahrzehntelang epigonalen Eklektizismus verzapft hat oder sich schon mit 30 zu Tode gesoffen hat - oder was immer.


    Nun könnte jemand meinen, er hätte nur ein tolles Werk geschrieben, das Ballet mecanique. Aber dem ist natürlich nicht so, manche seiner Klavier- und Violinsonaten sind gleichwertig.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Wenn Du ein Musiklexikon oder ein Werk zur Musikgeschichte aufschlägst, ist jedoch die Einigkeit, wer wichtig genug ist, um dort ausführlich behandelt zu werden ziemlich groß.
    Du wirst keins finden, in dem Grieg "wichtiger", "bedeutender", "besser" als Brahms eingestuft wird, und vermutlich auch keins, in dem Sinding wichtiger usw. als Grieg eingeschätzt wird. Bei Niels Gade und Grieg wird es vielleicht langsam unscharf.


    Sagen wir kein deutschsprachichges Musiklexikon! Allerdings kenne ich auch kein Musiklexikon bisher, daß überhaupt einen direkten Vergleich Brahms - Grieg anstellen würde. Man lese einmal im MGG. Grieg wird eine nicht geringe Rolle zuerkannt.


    1. Schaffung eines norwegischen Nationalstils (das kann man heute als positives Wertkriterium natürlich hinterfragen)


    2. Schaffung einer progressiven, fortschrittlichen Harmonik


    Punkt 2 halte ich für bedeutend genug, um über die vermeintliche "Kleinmeisterei" hinwegzusehen.


    Ich halte indes Brahms für einen großen Komponisten, allerdings (was auch verständlich ist) aus deutscher Perspektive etwas überschätzt.


    Aber wir sollten uns gewahr werden, daß wir bei solchen Komponisten auf eh recht hohem Niveau streiten.


    Ich bin NICHT für die Relativierung sämtlicher Komponisten, wie ich ja oben schrieb.


    Aber - auch wenn es nicht die Aufgabe des Kritkers ist erst einmal selber zu komponieren - so sollte man in der Rolle des Kritikers alte Bilder, alte Werturteile nicht allzu schnell in Kauf nehmen und - was mir besonders wichtig ist - Kenntnis über das Werk haben, bevor man urteilt.


    Und selbst wenn die Beurteilung einzelner Komponisten über Jahrhunderte gefestigt ist, einzelne Werkbereiche können auch heute noch umstritten sein.


    Beispielsweise: Schumann. Wenn man über deutsche Symphonik redet, nennt man Beethoven und anschließend Brahms.
    Schumann ist nachwievor nicht ganz unumstritten.
    Csampai hält Schumann für einen verkannten Symphoniker. Vielleicht ist er nicht verkannt, aber eine Einordnung als Symphoniker ist bis heute nicht eindeutig...


    (Ich persönlich ziehe Schummann-Symphonien denen von Brahms vor - die 2. von Schumann ist eh einer meiner "all time favourites" unter den Symphonien...)


    Wie auch immer, die Frage nach "erstklassigen" Werken "zweitklassiger" Komponisten halte ich für etwas müßig.


    Wenn ein Komponist "erstklassige" Werke schreibt - und davon eine ganze Menge - kann er kein "zweitklassiger" Komponist sein. Er kann aber von geringerer Bedeutung für die Entwicklung der Musik sein. Beispiel: Dvorak.
    Wer würde abstreiten, daß Dvorak eine große Menge erstklassiger Werke geschrieben hat?? Aber für die Entwicklung in der Musikgeschichte kann er dann wohl doch keinen Platz unter den Ersten beanspruchen. (Leider ;( )


    :hello:
    Wulf.

  • Wulf, Du argumentierst jetzt eingentlich nur dafür, die erste Reihe üppiger zu befüllen, als üblich. Was bringt das? Dass die zentralsten Komponisten nicht mehr als solche erkannt werden können ...


    Meine Frage, wie umfangreich ihr eure Schubladen für Komponisten erster, zweiter, ..., 99. Klasse gestalten würdet, hat damals fast nur Spott geerntet.


    Völlig ungerechtfertigterweise, denn hier streitet ihr fast nur darüber, wie groß die Menge von Komponisten erster und zweiter Liga ist. Ihr gesteht es euch aber nicht ein, dass es eigentlich nur um persönliche Vorlieben der Quantität in den Schubladen geht.


    Erste Reihe 2. Hälfte 19. Jh, könnte sein:
    Ultrapuristisch:
    z.B. Wagner, Mahler, Debussy
    oder liebenswürdig:
    z.B. Liszt, Wagner, Verdi, Alkan, Franck, Bruckner, Smetana, Borodin, Brahms, Saint-Saens, Bruch, Mussorgsky, Tschaikowsky, Dvorak, Grieg, Fauré, Janacek, Chausson, Elgar, Puccini, Rott, Mahler, Wolf, Debussy, Mascagni, d'Albert, Strauss, Dukas, Glasunow, Nielsen, Sibelius
    zweiteres wäre mE viel zu üppig.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Völlig ungerechtfertigterweise, denn hier streitet ihr fast nur darüber, wie groß die Menge von Komponisten erster und zweiter Liga ist. Ihr gesteht es euch aber nicht ein, dass es eigentlich nur um persönliche Vorlieben der Quantität in den Schubladen geht.


    Erste Reihe 2. Hälfte 19. Jh, könnte sein:
    Ultrapuristisch:
    z.B. Wagner, Mahler, Debussy


    Mahler vor Brahms zu nennen ist ziemlich exzentrisch, zum andern halte ich es für Unsinn, Komponisten zur "2. Hälfte des. 19. Jhds." zu zählen, die zentrale Werke im ersten Jahrzehnt des 20. geschrieben haben. ;) Meiner Ansicht nach ergibt das alles nur dann annähernd Sinn, wenn man der gleichen Generation zugehörige (oder in der gleichen Zeit ihre "Blüte" habende) Komponisten vergleicht. Obwohl älter kann man Wagner und Verdi zur Brahms/Bruckner-Generation zählen, Grieg und Tschaikowsky vielleicht auch noch. Aber Mahler und Debussy sind deutlich jünger, die gehören nicht mehr dazu


    Zitat


    oder liebenswürdig:
    z.B. Liszt, Wagner, Verdi, Alkan, Franck, Bruckner, Smetana, Borodin, Brahms, Saint-Saens, Bruch, Mussorgsky, Tschaikowsky, Dvorak, Grieg, Fauré, Janacek, Chausson, Elgar, Puccini, Rott, Mahler, Wolf, Debussy, Mascagni, d'Albert, Strauss, Dukas, Glasunow, Nielsen, Sibelius
    zweiteres wäre mE viel zu üppig.


    Ja. Hier hätte ich zB keine Gewissensbisse zumindest Alkan, Borodin, Bruch, Chausson, Rott, Wolf, Mascagni, D'Albert, Elgar, Dukas und Glasunov in die 2 (bis 3.) Liga zu verbannen. Grieg, Fauré und Franck und vielleicht noch zwei oder drei sind Grenzfälle (Relegation), während es bei Wagner, Verdi, Brahms, Debussy auf jeden Fall klar ist, dass sie in der Champions League bleiben.


    Außerdem würde ich wieder Generationenkohorten bilden. Praktisch alle bedeutenden Werke von Nielsen und Sibelius entstanden erst im 20. Jhd., warum soll ich die mit Wagner oder Listz vergleichen, die ihre Großväter hätten sein können?


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • okok,
    also mein ranking wäre etwa:
    1) wagner
    2) bruckner, brahms, mussorgski
    3) liszt, verdi, franck, borodin, tschaikowsky, dvorak, grieg, fauré
    dabei schwanken die herren natürlich dauernd, aber die aus reihe 3 kommen wohl kaum mehr in reihe 1.


    und jetzt zur eingangsfrage: ist liszts h-moll-sonate nun "erstklassisch" oder nicht?
    "großartig" schon, aber nicht "erstklassisch". und elgar schon gar nicht, soweit ich ihn kenne. aber der muss ja laut johannes mit debussy und mahler verglichen werden.
    :D


    :untertauch:

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  • Die Fragestellung hat mich gestern auch wieder beschäftigt, ich würde sogar behaupten auch Komponisten der 3. Garnitur sind dazu fähig - aber vielleicht sind sie ja nur durch den Undank der Geschichte dahin verbannt worden.



    Mir ist gestern durch Zufall ( :D)mal wieder eine CD in die Hände gefallen, darauf sind zu hören "Concert Arien" aus der Sammlung "Neu - Eröffnetes Blumengärtlein" von Johann Christoph Kridel (1672 - 1733)



    Ein Kleinmeister schon zu Lebzeiten.... wirklich ? Oder ist es nicht viel eher so, dass wenn er von Mendelssohn zuerst entdeckt worden wäre, er jetzt vielleicht an Bachs Stelle wäre ? Wer weiß.



    Die Werke sind wohl die schönsten und ergreifensten barocken Kantaten die ich je hörte. Leider ist die CD gestrichen (wie sollte es auch anders sein)
    Dieser Komponist war absolute Provinz auch noch zu Lebzeiten (irgendwo um Prag tätig) - aber wenn der Rest seiner Werke auch nur annähernd so wundervoll ist wie diese Kantaten - dann ist das mal wieder ein Beweis dafür,. dass diese Schubladendenken vollkommen an der Kunst vorbei geht und sinnlos ist.


    Die Aufnahme stammt aus einer osteuropäischen Produktion (aber in gekonnter HIP und guter Aufnahmetechnik)
    Die Sopranistin hat ab und zu schon Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, was aber nichts an der Innigkeit und dem wunderbaren Vortrag ändert.



    Ich halte von der Kathegorisierung gar nichts - weil sie nicht auf die Realität anwendbar ist - berühmte Komponisten können genauso viel Mist schreiben wie unbekannte Meisterwerke hervorbringen können.

  • Zitat

    Original von Wulf


    Sagen wir kein deutschsprachichges Musiklexikon!


    Sagen mir mal, dass wenn es in einem norwegischen Lexikon anders wäre, es sich um einen klaren Fall von Nationalchauvinismus handelte...



    Das sehe ich auch so, jedenfalls prinzipiell. Ein Punkt ist jedoch, dass gar nicht so selten ein "Pionier" (wenn man Grieg so nennen kann), eben kein ganz großer Komponist ist. So schätzt man auch Mussorgsky oder Tschaikowsky höher ein als Glinka oder Haydn eben anders als Stamitz sen.


    Zitat


    Beispielsweise: Schumann. Wenn man über deutsche Symphonik redet, nennt man Beethoven und anschließend Brahms.
    Schumann ist nachwievor nicht ganz unumstritten.
    Csampai hält Schumann für einen verkannten Symphoniker. Vielleicht ist er nicht verkannt, aber eine Einordnung als Symphoniker ist bis heute nicht eindeutig...


    Der Rang von Schumann ist zunächst hauptsächlich aufgrund seiner Klaviermusik wenig strittig. Es ist m.E. auch sehr gut nachvollziehbar, dass sein sinfonisches Schaffen nicht unumstritten ist (so ähnlich wie Brahms' Lieder nicht ohne Weiteres in einem Atemzuge mit Schuberts und Schumanns genannt werden). Das sollte man in einem eigenen Thread diskutieren, aber ich halte selbst die 4. u. 2. Sinfonie, die ich auch schätze, im Gesamtschaffen des Komponisten nicht so zentral wie viele Klavierwerke und Lieder (Dem Vergleich mit Beethoven ist einfach nicht zu entkommen, und das sahen ja Schumann selbst und Zeitgenossen ganz ähnlich.)


    Zitat


    Wenn ein Komponist "erstklassige" Werke schreibt - und davon eine ganze Menge - kann er kein "zweitklassiger" Komponist sein. Er kann aber von geringerer Bedeutung für die Entwicklung der Musik sein. Beispiel: Dvorak.
    Wer würde abstreiten, daß Dvorak eine große Menge erstklassiger Werke geschrieben hat?? Aber für die Entwicklung in der Musikgeschichte kann er dann wohl doch keinen Platz unter den Ersten beanspruchen. (Leider ;( )


    Das sehe ich genauso. Ich halte das sogar für das wichtigere Kriterium, wobei es natürlich unmöglich von der Rolle in der Entwicklung der Musikgeschichte getrennt werden kann.
    Daher würde ich Dvorak, obwohl er vielleicht nicht ganz so zentral für seine regionale/Nationale Musikentwicklung war, deutlich höher einschätzen als Grieg. Gäbe es von Grieg eine einzige wirklich gute "Nationaloper" (wie bei Mussorgsky oder Smetana) oder eine Handvoll guter Sinfonien wie bei Dvorak oder Tschaikowsky hätte ich keine Schwierigkeit, ihn ähnlich oder ggf. höher einzustufen als diese drei.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    und jetzt zur eingangsfrage: ist liszts h-moll-sonate nun "erstklassisch" oder nicht?
    "großartig" schon, aber nicht "erstklassisch".



    Rein kompositionsgeschichtlich gehört Liszt mit der h-moll-Sonate, aber auch dem zweiten Klavierkonzert oder der Faust-Sinfonie und diversen späten Klavierwerken doch ganz klar in die erste Reihe. Die Entwicklung komplexer Werke aus ganz wenigen thematischen Keimen (Sonate), oder die den Dualismus des Sonatensatzes abschaffende Formgebung aus einem Motiv (Klavierkonzert) sind doch in gewisser Weise schon Manifestationen der Moderne. Ebenso die Austerität der späten Klavierwerke...


    Bartok fand den Beitrag Listzs zur Moderne des 20. Jahrhunderts bedeutender als den Wagners. Die einzigen Argumente, die man gegen Liszt anführen könnte (außer einer erklecklichen Reihe schwächerer Werke) sind doch solche des Geschmacks... Geht mir zwar überhaupt nicht mit der h-moll-Sonate und kaum mit dem Klavierkonzert so, aber durchaus mit der Faust-Sinfonie.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Lullist:


    Zitat

    berühmte Komponisten können genauso viel Mist schreiben wie unbekannte Meisterwerke hervorbringen können.


    Hallo Lulliste, den 1. Teil deines Satzes kann ich ohne zu zögern mt meinem Blute unterschreiben; wenn jedoch ein völlig Unbekannter Meisterwerke hervorbringt, in dem Moment gehört er eben NICHT mehr in die 3., 4. oder was weiss ich welche "Garnitur" !


    Auch im Bereich des Barock gibt es überschätzte und von der Wissenschaft deutlich zu hoch eingestufte Komponisten:
    Beispiel: Johann Heinrich Schmelzer, der mit seinen plumpen, naturalistischen Nachahmungen diverser Geräusche bei mir schon eher eine Schmerzgrenze berührt, als daß mich das ganze wirklich belustigte. Einhergehend mit der Fadheit seiner Kirchenmusik kann er bedenkenlos durch Kerll und Fux ersetzt werden, die BEIDE um Welten besser sind als er.


    Die eben bei CPO frisch gepressten Geistlichen Konzerte von Samuel Scheidt, der es vom Ansatz her dem großen Heinrich Schütz gleichtun will, sind ein anderes, diesmal allerdings wirklich bestürzendes Erlebnis, (Scheidt IST ein großartiger Komponist !) es seinem großen Vorbild gleichtun zu wollen:
    Und er scheitert, da ihm der lange Atem für dergleichen fehlt...


    Will last not least sagen, daß man GANZ ohne Kategorisierungen nicht auskommen wird, es gibt schließlich Maßstäbe der Satztechniken und des formalen Könnens bei Komponisten, die schon in gewisser Weise messbar sind.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Sagen mir mal, dass wenn es in einem norwegischen Lexikon anders wäre, es sich um einen klaren Fall von Nationalchauvinismus handelte...


    Ach, und wenn es en deutsches Lexikon ist, dann nennt man das nicht Nationalchauvinismus, sondern der Weisheit letzter Schluss, weil wir die Hochburg musikalischer Kultur sind?? :rolleyes:


    Aber im Prinzip sind wir ja voll einer Meinung, Johannes. :yes:


    :hello:
    Wulf


    P.S. So ganz einer Meinung sind wir doch nicht. Dukas gehört für mich zu den ganz Großen. Alles, was er hinterließ kann zum Gipfel im jeweiligen Genre gerechnet werden. Er ist zwar kein "wirklicher" Neuerer, aber jedes Werk vollendet.

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Wulf, Du argumentierst jetzt eingentlich nur dafür, die erste Reihe üppiger zu befüllen, als üblich. Was bringt das? Dass die zentralsten Komponisten nicht mehr als solche erkannt werden können ...


    Hallo KSM,


    so war das aber nicht gemeint. Wir sollten erst mal einnig sein, worüber wir streiten.


    Wenn es um die musikgeschichtliche Bedeutung geht, dann bleiben die "zentralsten" Komponisten zentral und gehen nicht unter.
    Wenn wir den Versuch unternehmen, Qualität des Werks zu ermessen, so sind die Schubladen natürlich größer.


    Dein ultrapurisitischer Fall ist eigentlich nichts weiter als die Nennung der Eckpfeiler der musikgeschichtlichen Entwicklung im 20. Jhd.


    Dein großzügiger Fall hat nichts mehr mit der geschichtlichen Bedeutung zu tun. Unabhängig nach der Frage der Vergleichbarkeit zweier Generation kann man deine großzügige Gruppe durchaus als eineAufstellung solcher Komponisten ansehen, die erstklassige Werke verfassten. Beachtet man einmal die Unzahl an Komponsiten des 19. Jhd, so ist die Zahl genannte Zahl noch recht klein und IMO vertretbar.


    Die Frage nach den "Garnituren" (was für ein shcrecklich anmaßendes Wort eigentlich) und den diesen Garnituren zugeteilten Komponisten ist m.E. strittiger als die Feststellung musikhistorischer Bedeutung (Wagners Auslotung der Tonalität, Debussys Sprengung des Durchführungsprinzips etc..)


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo BBB,


    Deine Einschätzung von Schmelzer teile ich nun überhaupt nicht :D - ich finde dass da Biber in Sachen "Naturnachahmung" viel grausamere Kompositionen vorgelegt hat. (Sonata Representativa)
    Die Sonate über die Wirkung der Bohne z.B. ist doch süß mit dem Fagott :D


    Schmelzers Sonaten und seine Ballette halte ich schon für außerordentliche gute Musik.
    Seine geistliche Musik finde ich jetzt auch nicht wirklich erwähnenswert - aber dafür war er beim Keyser ja auch nicht angestellt :D
    Die Sonaten aus den Sammlungen "Sacro profanus Musicus" oder "Sonatae unarum fidium" empfinde ich als äußerst gekonnte und wunderschöne Werke.
    Zumindest das was man so auf CD bisher zu hören bekommen hat.


    Aber ich kann mir das durchaus auch vorstellen, dass einige Sonaten zuersteinmal plump wirken, das trifft es schon ganz gut, z.B. die Sonata Natalitia a 3 Chori (besonders in der Aufnahme der Musica Fiata - bei Harnoncourt klingt sie etwas eleganter) - aber ich finde das macht auch einen Teil des Reizes seiner Musik aus.


    Vieles ist derb - so wie seine Zeit und das Umfeld eben auch war.
    Ich finde gerade seine Musik ist für seine Epoche aussagekräftiger und ehrlicher als die Verrenkungen der Italiener.
    Bertali ist mit seinen Instrumentalkompositionen Schmelzer ja sehr ähnlich - oder Schmelzer ihm. Beide waren große Meister ihres Fachs - Bertali war ganz sicher ein musikalischer Riese, leider ist er auch noch etwas spärlich vertreten (z.B. seine Opern).


    Aber Schmelzer durch Fux ersetzen ?
    Ich finde dass die beiden viel zu unterschiedlich sind, allein schon dass Fux eher Kirchenmusiker war, während Schmelzer Ballette und Sonaten schrieb.


    Ich mag ihn jedenfalls sehr und kann es sehr gut nachvollziehen, dass Leopold I. ihn zum Kapellmeister machte.
    Zumindest für mich ist er einer der wichtigsten Komponisten des 17. Jahrhunderts :yes:

  • Wenn ich die Beiträge zu diesem Thread so lese,
    merke ich schon, daß die Einschätzungen des Ewigkeitswertes
    der Komponisten sehr unterschiedlich sind, und daß sie alle
    subjektiv sind.
    "Wat dem Enem sin Uhl, is dem Andern sin Nachtigall." :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Nur zu, aber bitte den Stichtag nicht vergessen!


    Ich möchte natürlich nicht für den musikalischen Tod eines Spaniers durch mein Fristversäumnis verantwortlich sein. Es wird doch wohl im Falle des Falles eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geben?


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • wenn man den Threadtitel "zweite Reihe" ernst nimmt, wird man wohl zunächst einmal zu fragen haben, wer denn damit wohl NICHT gemeint sein kann, wer also zur ersten Reihe gehört.


    Und da wird man nach einer Weile des Hin- und Herüberlegens ernüchtert feststellen, daß es aus Sicht der breiten Öffentlichkeit nur 3 sind: Bach, Mozart und Beethoven. Und genau deren Gesamtausgaben mit je knapp hundert oder mehr CDs gibt es dann auch für kleines Geld zu kaufen, weil die Produzenten mit massenhaftem Absatz rechnen.


    Mein zweitplatzierter Held, der große Georg Friedrich, ist nicht dabei, Wagner nicht, Brahms nicht und auch sonst niemand.


    Pfeift man auf das breite Publikum, sehen erste Reihen natürlich wieder anders aus, offenbar weitgehend beliebig, entsprechend noch beliebiger sind die zweiten Reihen besetzt. KSM hat z. B. so einige Zweit-Kandidaten genannt, von denen ich noch nie irgendetwas gehört habe.


    Auch den von JR vorgebrachten Aspekt, man dürfe nur Kohorten vergleichen, kann ich nicht ganz nachvollziehen, da das die zweite Reihe nach immerhin nur drei Giganten gleich zum Format von Klassensprechern eindampft. Nein, auch die aus der zweiten Reihe sind noch ganz Große, die außerhalb ihrer eigenen Zeit stehen, und selbstverständlich haben sie große Musik geschrieben.


    Vermutlich müßte man den Thread-Titel in Richtung Klasse 3 oder 4 abändern, aber dann wird hier vorhersagbar keinerlei Konsens mehr herrschen, wer denn dazugehören soll.

    Einmal editiert, zuletzt von m-mueller ()