Die Orgelwerke Dietrich Buxtehudes

  • Tag,
    und Tag BigBerlinBaer,


    die Stylus Phantasticus ist mittlerweile eingetroffen, ist eingehört, wieder und wieder zugehört, angehört. Eine schöne Produktion. - Darf man sagen: für Dietrich Buxtehude fast zu diszipliniert musiziert?


    Die Einfassung durch Sopran und Tenor (erstes, dann letztes Stück) ist vorzüglich.


    Von den Orgelaufnahmen lobe ich für mich das Vol. 2, mit Wolfgang Rübsam.


    Freundliche Grüße!
    Albus

  • Hallo zusammen,


    ich möchte insbesondere BigBerlinBear beipflichten. Buxtehude hatte ein Publikum reicher Kaufleute zu unterhalten, die sich vor und nach der Börse zur Gemütsergötzung etwas auf der Orgel vorspielen ließen (das waren noch Zeiten, so ohne iPod ...). Dafür gab's Geld! Daher der oft weltliche Charakter seiner Orgelwerke - sie waren wahrscheinlich nicht für den Gottesdienst bestimmt.


    Auf den Generationenunterschied Bach/Buxtehude hat ja schon BigBerlinBear hingewiesen. J. S. Bach war sich klar darüber, dass er seiner Zeit rettungslos hinterher war. Bach war zu seiner eigenen Zeit (spätestens ab 1730) völlig veraltet und geradezu hinterwäldlerisch - bitte, natürlich nur aus der Sicht seiner Zeitgenossen gesehen. Das Ansehen, das er als Orgellehrer, als Orgelvirtuose und als Orgelsachverständiger hatte, hatte er als Komponist nur sehr bedingt. Wer, bitte schön, hätte gegen 1750 den III. Teil der Klavierübung spielen wollen? Man vergleiche mit anderer Musik dieser Zeit - nicht nur Orgelmusik.


    (In dem Zusammenhang muss man auch nochmal sagen, dass Bach nach seinem Tode als Komponist keineswegs vergessen wurde. Für das Vergessen fehlt nämlich eine logische Voraussetzung: Das Kennen! Das ist bei Bach nicht in dieser Breite der Fall. Diejenigen, die ihn vorher kannten - nämlich die Experten - die kannten ihn auch nach seinem Tod. Haydn, Mozart, Beethoven - sie alle haben Bachsche Fugen studiert. Diejenigen, die ihn nicht kannten - die breite Masse - die kannten ihn auch später nicht. Jedenfalls bis Mendelssohn-Bartholdy.)


    Bach hat seine Orgelwerke entweder für den Gottesdienst geschrieben oder für pädagogische Zwecke (sechs Sonaten, Orgelbüchlein) oder zur Demonstration kontrapunktischer Künste (kanonische Variationen über 'Vom Himmel hoch'). Das legt den Charakter dieser Musik weitgehend fest.


    Buxtehude wollte unterhalten und tat genau das. Bei Bach habe ich den Eindruck, nach drei Takten zu wissen, wie die Musik weitergeht (insbes. in den Fugen, aber auch in den späten Präludien), bei Buxtehude ist man vor nichts sicher.


    Toccata und Fuge d-moll BWV 565 ist sicher nicht von Bach. So eine armselige Fuge.

  • Ich würde ebenfalls nicht sagen, dass Buxtehude DER Ziehvater von Bach war. Bach wird bestimmt einiges bei Buxtehude gelernt und den langen Weg nach Lübeck nicht umsonst angetreten haben, aber bei Bach spielt sicherlich nicht nur die norddeutsche Orgeltradition eine Rolle.


    Buxtehude ist für mich derjenige, der die norddeutsche Orgelmusik zu ihrer größten Reife geführt hat. Angefangen von den wunderbaren Chorälen (die man bei Bach in dieser Art nicht findet) über die freien Orgelwerke (z.B. die Passacaglia in d-Moll) bis hin zu den Kantaten hat Buxtehude viele Meisterwerke geschaffen, die in dieser Tradition stehen.


    Zu der Passacaglia in d-Moll gibt es übrigens einige interessante Aspekte und Interpretationen, die man ggf. ja in einem neuen Thread diskutieren kann (falls es ihn nicht schon gibt). Einige vermuten dahinter eine Jesus-Symbolik (Advent - Weihnachten - Passion - Ostern), andere dahinter ein Spiel der Elemente (welches der vier Elemente welchem Teil dabei zugeordnet wurde, weiß ich nicht mehr; ich nehme an: Erde - Luft - Feuer - Wasser). Der zweite Ansatz scheint auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen abwegig, wenn man aber an die astronomische Uhr in der Marienkirche in Lübeck denkt, liegt er vielleicht gar nicht mehr soo fern.


    Viele Grüße

  • Richtig. Der norddeutsche Stil war EIN Element, das Bach in seinen Stil hat einfließen lassen. Seine Leistung besteht ja eher darin, dass er aus verschiedenen Stilen (italienische Konzertfrom, französische Verzierungen, norddeutsche Figurationen und Pedalvirtuosität, prima prattica wie bei Palestrina usw) einen eigenen Stil geschaffen hat.


    Die Passcaglia d-moll lädt natürlich wegen ihrer formalen Anlage mit je sieben Variationen in d-moll, F-Dur, a-moll und wiederum d-moll zu zahlenmystischen Erklärungsversuchen ein. Die letzten vier Variationen "Ostern" zuzuordnen, will mir jedoch nicht so recht gelingen. Und: Welchem Element wären bspw. die a-moll-Variationen zuzuordnen?

  • Hallo Freunde des norddeutschen Komponisten. Hier kommt noch ein Hinweis zu einer weiteren Gesamteinspielung der Orgelwerke des Altmeisters Buxtehude.
    Pünktlich zum 300. Todestag von D. Buxtehude veröffentlichte Bernard Foccroulle dessen Gesamtorgelwerk auf 5 CDs in einer sehr ansprechenden und platzsparenden Box. Der Box liegt auch ein umfangreiches Beiheft bei. Ausgezeichnet ist die Wahl der Instrumente. Details dazu findet Ihr unter FAGOTT-Orgelverlag
    Wofür Harald Vogel 7 CDs gebraucht hat, schaffte es Foccroulle mit nur 5!!! :baeh01:
    Übrigens! Die Gesamteinspielung von H. Vogel gibt es jetzt auch als eine platzsparende 7 CD-Box. Details findet Ihr ebenfalls bei FAGOTT --> Orgelkomponisten --> 16./17./18.Jh. --> D. Buxtehude.
    Viel Spaß!

  • Also die Orgelwerke Dietrich Buxtehudes sind schlicht und einfach genial!
    Mehr kann und will ich nicht dazu sagen!


    Leider sind die Orgeln der Marienkirche in Lübeck , an denen er gewirkt hat, 1942 vernichtet worden ;(


    Ich besitzte die Gesamteinspielung von Harald Vogel. Nur zu empfehlen!

  • Zitat

    Original von Fagott
    Pünktlich zum 300. Todestag von D. Buxtehude veröffentlichte Bernard Foccroulle dessen Gesamtorgelwerk auf 5 CDs in einer sehr ansprechenden und platzsparenden Box. Der Box liegt auch ein umfangreiches Beiheft bei. Ausgezeichnet ist die Wahl der Instrumente. Details dazu findet Ihr unter FAGOTT-Orgelverlag
    Wofür Harald Vogel 7 CDs gebraucht hat, schaffte es Foccroulle mit nur 5!!!


    Gestern habe ich mir die Einspielung der Orgelwerke mit dem excellenten belgischen Organisten Bernard Foccroulle besorgt. Wirklich eine gelungene Edition!!! :]


    Folgende historische Orgeln bzw. Neubauten im norddeutschen Barockstil kommen zum Einsatz :pfeif: :


    CD1 Schnitger-Orgel Martinikerk, Groningen
    CD2 Lorentz-Frietzsch-Orgel Marienkirche, Helsingoer
    CD3 Schnitger-Orgel Ludgerikirche, Norden
    CD4 Grönlunds-Orgel St.-Gertruds-Kirche, Stockholm
    CD5 Thomas-Orgel Katharinenkirche, Hoogstraten


    Voll auf ihre Kosten kommen Freunde historischer Temperierungen. Von der reinen mitteltönigen Stimmung, über modifiziert mitteltönige bis hin zu ungleichschwebenden Stimmungen, die nahe an die heute überwiegend gebräuchliche gleichschwebende Stimmung heranreichen, um auch das Praeludium fis-moll BuxWV 146 8o "erträglich" darstellen zu können, wird hier einiges geboten.


    Schade nur, dass Foccroulle im Gegensatz zu Harald Vogel manche Werke nicht aufgenommen hat, darunter leider auch das Praeludium C-dur BuxWV 136 sowie einige Werke, die dem Cembalo zuzuordnen sind. Daher leider "nur" 5 CD´s ;(


    Äußerst empfehlenswert!!! :jubel: :jubel: :jubel:

  • Zitat

    Original von r1100s


    Gestern habe ich mir die Einspielung der Orgelwerke mit dem excellenten belgischen Organisten Bernard Foccroulle besorgt. Wirklich eine gelungene Edition!!! :]


    Bitte schreib noch ein bisschen mehr, ich brauche noch Argumente, damit ich alle Haushaltsmitglieder davon überzeugen kann, dass ich mir die 6. Buxtehude-Orgelgesamtaufnahme unbedingt anschaffen muss. :D


    Zitat

    CD5 Thomas-Orgel Katharinenkirche, Hoogstraten


    Und speziell zu dieser, die kenne ich nicht.


    Danke
    Hildebrandt

  • Ich kann r1100s nur zustimmen. Die Foccroulle-Box habe ich mir vor einiger Zeit für €26 kommen lassen und bin ebenfalls sehr angetan davon. :yes:


    Ich sollte vielleicht anmerken, daß ich totaler Laie im Orgelbereich bin (nicht nur da :untertauch: ). Verschiedene Rezensionen schienen den bereits erschienenen Bänden aus Koopmans Gesamtausgabe gegenüber Foccroulle den Vorzug zu geben. Meine Lieblingsstücke habe ich mir dann mal im Saturn komplett angehört und den Rest quer. Irgendwie fand ich Koopman teilweise langweiliger... :wacky:


    Mir gefällt der Foccroulle sehr. Zumindest die bisher gehörten CDs 1-4. :)



    :hello:

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    CD5 Thomas-Orgel Katharinenkirche, Hoogstraten


    Und speziell zu dieser, die kenne ich nicht.


    aber gerne doch!! :)


    Bei dem Instrument in Hoogstraten handelt es sich um eine 2005 von Dominique Thomas gebaute Chororgel im norddeutschen Stil. Die nur 15 Register verteilen sich folgendermaßen:


    Hauptwerk
    Princ. 8
    Rohrfl. 8
    Oct. 4
    Oct. 2
    Mixt. III-fach
    Quinte 3 / Sesqu. II-fach
    Tromp. 8


    Oberwerk
    Ged. 8
    Rohrfl. 4
    Naz. 2 2/3
    Fl. 2
    Tertia 1 3/5
    Quinta 1 1/3
    Dulz. 8


    Pedal
    Subb. 16
    Princ. 8 (HW)
    Tromp. 8 (HW)


    Die Orgel hat eine der mitteltönigen Temperatur abgeleitete Stimmung, die leider nicht näher spezifiziert wird.


    Abbildungen gibt es auf der Homepage des Orgelbauers http://www.orgues-thomas.com/


    Gruß Bernhard :hello:

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  • Zitat

    Die Foccroulle-Box habe ich mir vor einiger Zeit für €26 kommen lassen und bin ebenfalls sehr angetan davon.


    ...na das war ja ein Schnäppchen....hab ganze 46 € hinblättern müssen :boese2: , aber das ist die Aufnahme auch wert..... :D

  • Zitat

    Original von r1100s


    aber gerne doch!! :)


    Herzlichen Dank!
    Das Oberwerk ist aber doch wohl mehr eine Kreuzung aus und-wir-haben-doch-einen-Cornet und Dulcian-sogar-auch, der noch ein bisschen die Bekrönung fehlt.
    Aber Dispositionen kann man nicht hören. Klingen wirds schon ordentlich, nehme ich an.


    Schöne Grüße
    Hildebrandt

  • Zitat


    Aber Dispositionen kann man nicht hören. Klingen wirds schon ordentlich, nehme ich an.



    ...trotz der bescheidenen Disposition klingt die Orgel mehr als ordentlich in der großen gotischen Katharinenkirche!!! :yes:

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Wo? Wo? Wo? Überall sehe ich sie derzeit für das doppelte.


    Dank im Voraus :jubel:
    Hildebrandt


    Hast Du Deinen PN-Empfang deaktiviert?

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    Original von Gentilhombre



    Hast Du Deinen PN-Empfang deaktiviert?


    Wenn ich den anklicke, kommt:
    Ihnen wird der Zutritt zu dieser Seite verwehrt.


    Wo muss ich da was tun? ?(


    Ratlos
    Hildebrandt

  • :D Du bist noch nicht freigeschaltet. Ich versuch' das mal abzuklären... ;)

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Hallo,
    letzte Woche im deutschen Museum München durfte ich
    bei den Proben zu einem Konzert lauschen.
    2 junge Organisten spielten Werke von Buxtehude,
    allerdings nur in Ausschnitten.
    Als Gag spielten sie simultan auf den beiden großen Orgeln,
    immer im Wechsel. :D
    War schon interessant.
    Schade, dass da keine Sitzgelegenheiten für müde Besucher im Raum
    zu finden waren.
    Ich blieb bis zum *Ladenschluss* :pfeif:


    Gesamtaufnahmen habe ich nur von Saorgin und Spang-Hanssen.
    Sonst nur Einzelcds. (Richter, Oster ua.)


    In der Tat mag ich mittlerweile Buxtehudes Orgelwerke ebenso gerne wie die J.S.Bachs :jubel:


    Gruß
    embe

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Wo? Wo? Wo? Überall sehe ich sie derzeit für das doppelte.


    Das interessiert mich auch - 26 Euronen sind vielleicht noch genehmigungsfähig :D


    :hello: Andreas

  • Hallo Orgelfreunde,


    mein erster Eintrag hier bei Tamino, da möchte ich mich doch kurz vorstellen: Ich komme aus Lübeck (daher ist das hier wohl auch der richtige Ort für den ersten Eintrag ;)), 34 Jahre alt, bin seit frühester Kindheit orgelbegeistert (es fing alles natürlich mit BWV565 an), spiele leider kein Instrument und beschäftige mich daher hobbymäßig mit dem Thema Orgel/Orgelmusik. Neben Literatur sammeln sich da natürlich hauptsächlich CDs an (insgesamt ca. 800 Klassik-CDs, davon ca. 550 Orgel-CDs). Um den Überblick zu behalten, arbeite ich an einer Archivierung meiner CDs bezüglich der aufgenommenen Orgeln, d.h. welche Orgel habe ich in wievielen Einspielungen auf welchen CDs/MDs (Access-Datenbank). Zur Zeit sind es 790 verschiedene Orgeln.
    Um nun zum Thread-Thema zu kommen: Selbstverständlich sind da einige Buxtehude-Einspielungen bei, u.a. die bei MDG erschienenen mit Harald Vogel. Ich möchte aber eine CD empfehlen (wärmstens!), die ich eigentlich nur gekauft habe, weil es sich um eine Orgel aus meiner Umgebung (Schleswig-Holstein) handelt: Die rekonstruierte Plambeck-Orgel (1733, II/26) der Stadtkirche zu Preetz. Die Rekonstruktion hat übrigens die Firma Rohlf im Jahr 2000 durchgeführt. Als ich die CD das erste Mal hörte, fiel mir glatt die Kinnlade runter: Solch einen Wohlklang hatte ich nicht erwartet! Zumal ich bei Rekonstruktionen immer vorsichtig bin, da häufig krampfhaft etwas "Altes" geschaffen werden soll, von dem absolut nichts mehr vorhanden ist (s. "Bach-Orgel" St.Katharinen Hamburg oder Schnitger-"Auferstehung" im Lübecker Dom). Aber diese Orgel ist einfach nur wunderschön, welches die CD mit perfekter Tontechnik rüberbringt. Wie beim Label Ambiente gewohnt ist alles gepaart mit einem vorbildlich informativen Booklet.
    Die Aufnahme ist von 2002, die CD kostet 15,- inkl. Versand (D).
    Hier der Link zur CD:
    http://www.ambiente-audio.de/acd-2006.html</a>


    Wie ich jetzt ein Bild der CD hätte posten können, ist mir zur Zeit ein Rätsel. Aber hier gibt's ja bestimmt irgendwo ein Hilfe-Thread o.ä., ich werde mal schauen. Ich muß mich halt erst orientieren, ist hier ein wenig größer als die mir bisher bekannten (Orgel-)Foren! ;)


    Viele Grüße aus der Buxtehude-Stadt Lübeck


    Münti


    Jetzt hab ich's:



    Geklappt! =)

    Einmal editiert, zuletzt von Münti ()

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  • Betr.: Plambeck-Orgel in Preetz


    Für jemanden, der sich den Orgelwerken Buxtehudes zum ersten Mal nähert, ist sowohl die Auswahl der Kompositionen wie auch die Interpretation durch
    Ingo Bredenbach unbedingt empfehlenswert. Bredenbach gelingt es, das Spektrum an Klangfarben dieses schönen Instrumentes kompetent auszuschöpfen, was gerade bei Einspielungen auf Barock-Orgeln (leider) KEINE
    Selbstverständlichkeit ist ! Einziger "Wermutstropfen" für mich ist die Stimmung der Orgel nach Werckmeister 1691, die wohl so sicher für Instrumente besonders in Thüringen angemessen ist, sich jedoch im norddeutschen Bereich NIRGENDWO hat nachweisen lassen. Der Grund, dieser
    Orgel lediglich eine "gemäßigte" Mitteltönigkeit zu verpassen, mag wohl darin zu suchen sein, ein Repertoire zu spielen, das über die Möglichkeiten strenger Mitteltönigkeit hinausreicht. Man kann eben nicht ales haben ! :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BigBerlinBear,


    das Thema Stimmung ist ja ohnehin eine Sache, wo es beim Orgelbau bzw. Restauration zu "Unstimmigkeiten" kommt (zwischen den Menschen, manchmal freilich auch zwischen den Pfeifen ;)), s. St.Jacobi HH. Da ich kein Orgelbauer bin und daher die Theorie dazu nicht beherrsche, kann ich nur sagen, was sich für mich gut anhört und was weniger. Da gehe ich ganz unverkrampft ran. Ich würde nicht sagen, daß die Preetz-Aufnahme nur etwas für "Buxtehude-Anfänger" ist. Muß man sich als Spezialist unbedingt Buxtehude&Co. auf historistischen Orgelkopien reinziehen, wie z.B. die Brombaugh-Kisten, wie sie leider bei Naxos häufig benutzt werden? Diese Orgeln können mich nicht überzeugen: Sie haben schöne Einzelstimmen, das auf alle Fälle, aber die Klangverschmelzung empfinde ich im Vergleich mit einem Originalinstrument als unharmonisch. Ob's nun mit der Stimmung zusammenhängt? Oder vielleicht mit dem Raum (ist der in den entsprechenden Kirchen auch historisiert?)?
    Ich mag Bach auf Silbermann-Orgeln nicht (außer vielleicht Choralvorspiele), da ziehe ich Arp Schnitger eindeutig vor! Oder eben die Hildebrandt-Orgel in Naumburg! Die Stimmung ist der Unterschied, oder? Übrigens hat eine Einspielung auf heutigen (modernen)Instrumenten (Achtung! Böses Wort: "Universalorgeln"! 8o) für mich auch einen Reiz!
    Jetzt bin ich ganz schön abgeschweift, man könnte ja mal einen Thread zum Thema Temperierung aufmachen!
    Ich wollte nur sagen, daß ich es nicht als Wermutstropfen ansehe, daß die Plambeck/Rohlf-Orgel so gestimmt ist wie sie es ist - denn sonst könnte ich nicht solch eine herrliche CD geniessen! :D
    Übrigens hat "meine" geliebte Stellwagen-Orgel in St.Jakobi zu Lübeck die Stimmung "Werckmeister 1681": Ist das nun ganz was anderes als "Werckmeister 1691"?

  • Eigentlich wollte ich einen thread "Die Gesamtaufnahmen der Orgelwerke Buxtehudes im Vergleich" eröffnen, muss aber davon ausgehen, daß nur wenige Forennutzer MEHR als eine Gesamteinspielung ihr Eigen nennen und diese sich auch vordergründig am PREIS der Einspielungen orientierten.
    Also warte ich noch eine Weile ab.


    Zu den "Brombaugh-Kisten" in Oregon und anderswo... Diese Instrumente stammen aus der Kinderstube des Nachbaus alter Werke und Deine Unzufriedenheit mit den klanglichen Ergebnissen mag vielleicht auch der Interpretation geschuldet sein. Julia Brown mag sicher nicht jedermanns Geschmack sein, am darstellerischen Format jedoch eines Craig Cramer ist definitiv nichts zu rütteln und die Orgel in Tacoma halt ich für ein wundervolles Instrument.


    Schön, daß Du in diesem Zusammenhang die "kleine" Stellwagen-
    Orgel in Lübeck ansprichst, übrigens das einzige in der Stadt erhaltene Instrument, das möglicherweise von Buxtehude selber gespielt wurde. Umso mehr mag es verwundern, daß nicht eine einzige der neuen Einspielungen der Buxtehudewerke, auf diese Orgel zurückgreift. Die Werckmeister-Stimmungen
    beinhalten eine "modifizierte" oder gemilderte Mitteltönigkeit, die es erlauben, eine größere Anzahl an Werken zu interpretieren, als sie die Mitteltönigkeit in "strenger" Auslegung (s. Scherer-Orgel in Tangermünde (1624) zuliesse.


    An Einspielungen auf neuen "Allerweltsorgeln" hat z.b. jene von Bine Bryndorf
    ihre Meriten, obwohl sie für mich erst wirklich interessant auf dem Nachbau der Orgel in der Deutschen Kirche in Stockholm wird.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Die Werckmeister-Stimmung der Stellwagen-Orgel in St.Jakobi HL hatte ich angesprochen, weil Du geschrieben hattest, daß es "im norddeutschen Bereich NIRGENDWO" eine solche Stimmung gegeben hätte. Oder hat die Orgel die Stimmung erst seit Hugo Distler?


    Warum auf diesem Instrument keine Buxtehude-Gesamteinspielung zum Jubiläum erfolgt ist, könnte verschiedene Gründe haben. Zum einen gab es den Organistenwechsel Armin Schoof--> Arvid Gast, wobei ich irgendwo gelesen habe, daß die Stelle keine 100%-Stelle mehr ist, so daß Arvid Gast wohl keine Zeit für solch ein umfangreiches Unterfangen hat. Zum anderen gab es den Bleifraß-Befall: Ist dieser inzwischen 100% beseitigt? Und dann hat ja der Herr Stender neben 20 anderen CDs auch noch die Buxtehude-Orgelwerke auf der Totentanzorgel in St.Marien eingespielt. Ich weiß, daß sich das niemand mit ein wenig Geschmack antut - aber die Touris strömen ohnehin zuerst in St.Marien, und wer kauft dann noch die CDs aus St.Jakobi, zumal es ja nicht an sonstigen Buxtehude-Einspielungen mangelt?


    Den Begriff "Allerweltsorgeln", der ja eindeutig abwertend gemeint ist, halte ich für sehr gefährlich: Schnitger, Silbermann&Co. haben ihrer Zeit auch "Allerweltsorgeln" gebaut! Und Instrumente wie z.B. die Marcussen-Orgel im Lübecker Dom (1970, III/47) oder auch diverse Beckerath-Orgeln werden in x Jahren zu Pilgerstätten, wie es inzwischen die romantischen Orgeln geworden sind (z.B. Schweriner Dom).

  • Die Werckmeister-Stimmung hat die Orgel seit 1978, also seit der letzten Überholung durch Hillebrandt. Zu Distlers Zeiten war die Orgel in temperierter Stimmung vorhanden, die sie im 19. Jh. in mehreren Etappen erhalten hatte. Daran änderte sich auch durch den Pedal-Ausbau ab 1935, durch Distler angeregt, nichts. Für die ganz aktuellen Daten wg. Bleifraß etc. sitzt Du näher an der "Quelle" als ich, denn ich tauche derzeit nur zu Veranstaltungen der Buxgesellschaft in Lübeck auf.


    Übrigens hat Schoof eine sehr schöne CD auf der Stellwagenorgel eingespielt, die es jedenfalls im letzten Jahr noch in der Kirche zu kaufen gab.


    Den Begriff "Allerweltsorgel" hab ich in diesem Zusammenhang wohl nicht ins Spiel gebracht, aber im Zusammenhang was z.b. bei der Auftragsvergabe für die Dresdner Frauenkirche geschah, kann man durchaus davon reden.
    Und was die Nachwelt für erhaltenswert befindet, entscheidet- die Nachwelt !


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Und was die Nachwelt für erhaltenswert befindet, entscheidet- die Nachwelt !


    Was der Nachwelt erhalten bleibt, entscheiden wir! Indem wir es wertschätzen und nicht durch Modeorgeln ersetzen!


    Meinst Du diese CD:

    Die gibt es immer noch, auch bei jpc. Ich habe Armin Schoof immer sehr gerne gehört, sowohl mit Buxtehude und Bach als auch mit Distler.



    Eine perfekte CD! Vielleicht bis auf die reißerische Jahreszahl auf dem Cover: Stellwagen-Orgel (1467)!

  • Halo Münti, demnächst und schon längere Zeit in der "Mache" ist ein Thread über Distler, da werden beide CDs besprochen werden....


    Joo, genau DIE CD mein ich, absolut empfehlenswert !!


    Mit der Nachwelt isses nun mal sone Sache: Ich z.b. hätte die Frauenkirchenorgel SO nicht haben wollen, aber mich und paar 1000 andere hat letztendlich niemand gefragt....

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zum Thema Frauenkirchenorgel möchte ich gar nichts sagen! Ich war zuerst schon skeptisch, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Kirche wieder aufzubauen. Als ich dann den Einweihungsgottesdienst im Fernsehen gesehen habe, wußte ich aber, daß es absolut sinnvoll war! Einfach die Tatsache, daß sich so viele Menschen dafür interessiert haben, daß dieser schöne Bau wieder entsteht, macht Hoffnung! Hoffnung, daß es noch so etwas wie "Werte" gibt! Man könnte natürlich jetzt behaupten, daß es einem mit einer rekonstruierten Silbermann-Orgel ähnlich gehen würde....


    Die angesprochene Schoof-CD finde ich auch sehr schön - allerdings gehöre ich auch zu den wenigen (?), die kein Problem mit der Richborn/Schuke-Orgel haben (Richborn klein geschrieben ;)). Viele bemängeln ja, daß die Orgel zu laut sei. Eine Kompromisslösung ist sie allemal (gleichstufige Temperierung! ;)). Ich habe mal ein sehr faszinierendes Konzert mit Kalevi Kiviniemi in St.Jakobi miterleben dürfen (im Rahmen des S-H-Musikfestivals). War schon toll, was für Klänge er der Orgel entlocken konnte!

    Einmal editiert, zuletzt von Münti ()

  • Die Richborn-Orgel , die in ihrer heutigen Form durch Karl Schuke 1984
    saniert wurde, ist ein wundervolles Instrument, das bei entsprechender "Behandlung" geradezu "un-erhörte" Kläng erzeugen kann. Leider ist die Zahl der Organisten, die mit derartigen Instrumenten souverän umgehen können, sehr klein. Ich hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, daß Organisten, die wunderbar auf alten Instrumenten spielen wenig Sinn für Orgeln des 19. Jh. und spätere haben, und umgekehrt verhält es sich genauso.


    Dringend reparaturbedürftig ist leider auch das einzige auserhalb noch (bedingt) spielbare Instrument Richborns in Buttforde.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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