Die Orgelwerke Dietrich Buxtehudes

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Eigentlich wollte ich einen thread "Die Gesamtaufnahmen der Orgelwerke Buxtehudes im Vergleich" eröffnen, muss aber davon ausgehen, daß nur wenige Forennutzer MEHR als eine Gesamteinspielung ihr Eigen nennen und diese sich auch vordergründig am PREIS der Einspielungen orientierten.
    Also warte ich noch eine Weile ab.


    Dann verkürzen wir die Weile doch wieder ein bisschen, denn über Buxtehude kann man nie lange genug reden:
    Der hier irgendwo – von Dir? – geschmähte Spang-Hanssen ist doch gar nicht so übel. Ich benutze ihn als sportliches Kontrastprogramm zu Harald Vogel. Lediglich die Aubertin-Orgel klingt etwas blechern für meinen Geschmack. Und ein Register „Napoleon 32’“ zu nennen, ist wohl ebenfalls eine Geschmacksfrage. Angetan hat es mir die kleine dänische (?) Orgel zu Beginn der Box. Die Schnitgerinnen und Roskilde muss man nicht besonders erwähnen.
    Grabe ich in meiner tiefsten Orgelvergangenheit, kommt die LP-Kassette von Walter Kraft zu Tage. Über diese Orgel brauchen wir auch nicht zu sprechen, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. Immerhin eine der ersten Gesamteinspielungen, oder? Und Kraft ist ein Interpret gewesen, den man heute zu Unrecht kaum noch kennt. Außerdem war es meine erste. Deshalb verbitte ich mir jegliche Kritik. Überdies spielt er manchmal Varianten aus der vor-Beckmann-Ära, die heute als spätere Bearbeitungen und Zusätze bekannt sind. Auch das ein Grund, ab und zu mal wieder reinzuhören.
    Ob die Chronologie jetzt stimmt, kann ich nicht mehr sagen, aber ein paar LPs der Rübsam-Einspielung kann ich auch noch auflegen. Das Kuriosum der Colmarer Orgel ist schon eine Platte wert. Wie stellte sich Lieschen Müller damals eine Schnitger-Orgel vor? Und das in einem Silbermann-Gehäuse. Metzler-Orgeln waren und sind dagegen eine Kapitalanlage; mein Metzler-Liebling steht allerdings im Zürcher Großmünster. Die Interpretation klingt nach Rübsam – nicht mehr und nicht weniger. Auch wenn er damals noch jünger war.
    Kommt die Buxtehude-Aufnahme von Chapuis, leider auch nicht vollständig – ich war jung und brauchte das Geld (für die Miete, sagte mein Vemieter). Selbst auf diesen durch die Aufnahmetechnikmühle gedrehten Einspielungen kann man gut hören, dass Ahrend mitnichten gleich Schnitger ist (falls das hier jemanden interessiert). Mir kam er (Ahrend, aber auch davor schon Ahrend & Brunzema) damals sogar eher ein bisschen zu stromlinienförmnig vor. Die frz. „norddeutsche“ Orgel (St. Maximin in Thionville), die auch dabei ist, verdient ebenfalls ein Denkmal, damit die Nachwelt erfährt, wie man sich einstmals eine norddeutsche Orgel vorgestellt hat. Chapuis ist kein Kind von Traurigkeit, aber hier hält er sich doch oft zurück (im Gegensatz zu seinem Couperin, den ich liebe, aber nicht verehre). Ansonsten spielt er alles blitzsauber und trotzdem mit Herz – finde ich.
    Und dann kam Harald Vogel. Dazu muss man auch nicht mehr viel schreiben. Zwar stören mich seine Anläufe in den Phrasen manchmal, und hin und wieder wünschte ich ihm ein Quentchen mehr Temperament, aber im Großen und Ganzen wird das meine Referenz bleiben, auch und nicht zuletzt wegen der Instrumente.
    Die Naxos-Reihe finde ich unterschiedlich gelungen. Die Bückeburger Orgel hätts nicht gebraucht, aber ein braves Instrument ist sie schon. Verblüfft bin ich immer wieder über die USA-Orgeln. Da macht man also doch was Gutes, und selbst den frühen Brombaughs kann ich durchaus etwas abgewinnen. Die Interpretationen wirken auf mich nicht sehr einheitlich, meistens solide, mehrheitlich jedoch nicht sonderlich aufregend.
    Bei Helga Schauerte bin ich mir noch nicht so ganz im Klaren. Die Donath-Orgel ist eine Reise wert, ganz ohne Frage. Aber Melle klingt ein bisschen enttäuschend, viel von Vater steht ja auch gar nicht drin. Trotzdem hätte ich von Edskes mehr erwartet. Und wie mir das Spiel von H. S. gefällt, weiß ich noch nicht nicht genau. Vielleicht muss ich sie mir noch ein paar Mal anhören.
    Und jetzt warte ich auf den Foccroulle (? ich schreib den eigentlich immer falsch), der mich bisher noch nie enttäuscht hat.
    Damit wären es neun nicht immer komplette Gesamteinspielungen, genug für lange Abende...


  • Die Foccroulle-Einspielung hatte ich mir vor kurzem mal aus der Stadtbibliothek ausgeliehen. Die Aufnahmetechnik fand ich nicht so überzeugend (z.B. im Vergleich mit den MDG-Aufnahmen von Harald Vogel), da kommt irgendwie nichts (bzw. nicht alles) rüber. Besonders die Martini-Orgel Groningen habe ich schon viel schöner aufgenommen gehört. Aber ist ja Geschmacksache, interpretatorisch ist an den CDs wohl nichts auszusetzen.


    Gruß
    Münti

  • Hallo liebe Buxtehude-Freunde,
    auf Empfehlung meines damaligen Klavierlehrers habe ich mir vor ungefähr 10 Jahren schon die Harald-Vogel-Ausgabe besorgt, die ja auch hier überwiegend lobend erwähnt wird. Aber bislang bin ich einfach noch nicht warm mit diesen Aufnahmen geworden. Was sollte ich mir anhören, damit sich das vielleicht ändert?


    Viele Grüße


    :hello:

  • Harald Vogel - dessen Gesamtaufnahme habe ich mir damals gekauft, als sie zum ersten Mal als Gesamtpaket preiswert angeboten wurde, und habe es nie bereut. Dem von Hildebrandt u.a. weiter oben Gesagten muß ich hier nichts hinzufügen.


    Ich habe aber noch eine zweite (Fast-)Gesamteinspielung, die noch keiner erwähnt hat: die von Jean-Charles Ablitzer auf dem kleinen französischen Label Harmonic.
    Sechs CDs sind erschienen, ein geplantes Buch, das die Orgeln dokumentiert, ist offenbar doch nicht erschienen wegen finanzieller Pobleme des Labels, das seine Aufnahmen zum Download anbietet, aber auf Anfrage per E-Mail gerne das Archiv nach noch vorhandenen CDs durchsucht (Link weiter unten). Aufgenommen wurde hier mit sündhaft teuren B & K Mikrophonen in einem Kunstkopf von Pierre Charlin - was besseres an Orgelklang befindet sich nicht in meiner Sammlung! Es ist, als ob die Orgeln jeweils im Zimmer stehen! Die teilweise sehr "trockene" Akustik der friesischen Kirchen wird exakt reproduziert - das ist den MDG-Aufnahmen Vogels aufnahmetechnisch überlegen.
    Diese teilweise trockene Direktheit transportiert den stylus phantasticus für meine Ohren sehr gut - ich habe heute drei der CDs noch einmal schön laut gehört und so gut wie nie zuvor verstanden, was der junge Bach an Buxtehude so faszinierend fand und was er von ihm gelernt hat.


    Jean Charles Ablitzer


    Harmonic Classics

  • Hallo!


    Da uns Sebastian mit einer audiovisuellen Gesamtaufnahme der Orgelwerke Liszts versorgt hat, möchte ich - sofern es nicht schon geschehen ist - auf die Internetstreams einer Konzertreihe aufmerksam machen, die John Scott an einem seiner Dienstinstrumente gegeben hat. Im Jahre 2007 spielte er an der Taylor & Boody - Orgel der St. Thomas Church in NYC im Rahmen von zehn Konzerten sämtliche Orgelwerke von Buxtehude ein. Die Konzertmitschnitte kannman sich unter dem folgenden Link kostenlos anhören:


    http://www.saintthomaschurch.org/stream-Bux.html


    Dort kann man sich auch das Programmheft als pdf-Fokument anschauen und Informationen zur Orgel abrufen.


    Viel Spaß beim Hören :)


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Dann verkürzen wir die Weile doch wieder ein bisschen, denn über Buxtehude kann man nie lange genug reden:
    Der hier irgendwo – von Dir? – geschmähte Spang-Hanssen ist doch gar nicht so übel. Ich benutze ihn als sportliches Kontrastprogramm zu Harald Vogel. Lediglich die Aubertin-Orgel klingt etwas blechern für meinen Geschmack. Und ein Register „Napoleon 32’“ zu nennen, ist wohl ebenfalls eine Geschmacksfrage. Angetan hat es mir die kleine dänische (?) Orgel zu Beginn der Box. Die Schnitgerinnen und Roskilde muss man nicht besonders erwähnen.


    Ich muss gestehen auch zu den Forenusern zu gehören, die sich deutlich am Preis orientieren! :D
    Ohne Hildebrandts freundlichere Töne zu folgender Box, hätte ich aber vielleicht doch nicht zugelangt:


    Dieterich Buxtehude (1637-1707)
    Das Orgelwerk
    6 CDs
    Label: NCA , DDD, 1990-1993


    Zu Zeit für 4,99 Euro bei JPC zu haben.
    Hoffe dies ist nun nicht die schlechteste Gelegenheit Buxtehudes Orgelwerke kennenzulernen...
    (Wobei ich meine Bach-Orgelwerke auf CD auch bei weitem noch nicht alle gehört habe)


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Zitat

    Original von miguel54
    Ich habe aber noch eine zweite (Fast-)Gesamteinspielung, die noch keiner erwähnt hat: die von Jean-Charles Ablitzer auf dem kleinen französischen Label Harmonic.
    Sechs CDs sind erschienen, ein geplantes Buch, das die Orgeln dokumentiert, ist offenbar doch nicht erschienen wegen finanzieller Pobleme des Labels, das seine Aufnahmen zum Download anbietet, aber auf Anfrage per E-Mail gerne das Archiv nach noch vorhandenen CDs durchsucht (Link weiter unten). Aufgenommen wurde hier mit sündhaft teuren B & K Mikrophonen in einem Kunstkopf von Pierre Charlin - was besseres an Orgelklang befindet sich nicht in meiner Sammlung! Es ist, als ob die Orgeln jeweils im Zimmer stehen! Die teilweise sehr "trockene" Akustik der friesischen Kirchen wird exakt reproduziert - das ist den MDG-Aufnahmen Vogels aufnahmetechnisch überlegen.
    Diese teilweise trockene Direktheit transportiert den stylus phantasticus für meine Ohren sehr gut - ich habe heute drei der CDs noch einmal schön laut gehört und so gut wie nie zuvor verstanden, was der junge Bach an Buxtehude so faszinierend fand und was er von ihm gelernt hat.


    Jean Charles Ablitzer


    Harmonic Classics


    Folgen, 1,2,3, 5 dieser Reihe gibt es derzeit (wohl Ausverkauf) für 6,99 bei jpc



    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,
    der Vollständigkeit halber möchte ich zwei weitere sehr hörenswerte Buxtehude-Gesamteinspielungen aufführen:


    Einmal von Marie-Clair Alain, deren Aufnahme mir in einer 7 LP-Box vorliegt. Hiervon ist aber leider nur noch ein 2-CD-Auszug lieferbar:



    Zweitens von Olivier Vernet bei seinem Stammlabel Ligia, den ich erst kürzlich bei einem seiner seltenen Deutschland-Konzerte in Friedrichshafen erleben konnte:



    Weiter möchte ich erwähnen, dass es die Einspielung von Walter Kraft als Kurzausgabe auf 3 CDs sehr günstig (5,99 €) zu kaufen gibt:



    Freundliche Grüße
    Alkir

  • Die bislang überzeugendste Gesamteinspielung des Orgelwerks ist jetzt auch als preisgünstige Box erhältlich. Koopmans flamboyante Interpretationen passen vorzüglich zu den oftmals italienisch beeinflussten und zur privaten Unterhaltung der Bürgerschaft verfassten Werken. Ein wirklicher Bonus sind die enthaltenen Stücke von Bruhns. Zudem erhält man ein kleines Panoptikum der besten zeitgenössischen Orgeln zwischen Elbmündung/Hadeln und Westmecklenburg.




    Hier auch noch einmal die Einzel-CD's, die im Rahmen der von Koopmans Privatlabel herausgebrachten "opera omnia" Buxtehudes erschienen waren.


    Opera omnia III - Klapmeyer-Orgel Altenbruch
    " IV - Wilde/Schnitger-Orgel Lüdingworth
    " VIII - siehe das links abgebildete Instrument :P
    " IX - Herbst-Orgel Basedow
    " X - Bielfeldt-Orgel Stade [2CD's inkl. Bruhns]


  • Hallo,


    ein (für mich) sehr lehrreicher Thread, der von viel Hintergrundfachwissen der Beteiligten zeugt.


    Es bleibt mir also nur, zu einzelnen Werken kurze Anmerkungen zu posten.


    Die Orgelwerke sind auf die 6 CDs dieser Box (z. T. willkürlich?) auf den kirchlichen Jahreszeitlauf verteilt, sodass ich, dem Zeitlauf folgend, mit der CD 6 – Trinitatis – beginne:



    1. „Es spricht der Unweisen Mund wohl“ (BuxWV 187): Eine sehr bedächtige, zurückhaltend feine Registrierung – diese Schlichtheit beeindruckt und gibt m. E. auch den Charakter der Komposition gut wieder.


    2. „Nun lob, mein Seel, den Herren“ (BuxWV 215): Hier kann ich die Choralmelodie sehr deutlich erkennen (was mir nicht immer so schnell gelingt, besonders dann nicht, wenn ich das Chorallied nicht kenne).


    3. Praeludium in D (BuxWV 139): Den naturtonhafte Anfang (wie Vogelsingsang frühmorgens) ist für mich ungewöhnlich, aber sehr fröhlich (und wie aufweckend). Aber dann kommt „der Ernst des Lebens“, ein mächtig registriertes und schwer klingendes Vorspiel, das immer wieder in den Anfangston verfällt.

    Buxtehude hatte ein Publikum reicher Kaufleute zu unterhalten, die sich vor und nach der Börse zur Gemütsergötzung etwas auf der Orgel vorspielen ließen (das waren noch Zeiten, so ohne iPod ...). Dafür gab's Geld! Daher der oft weltliche Charakter seiner Orgelwerke - sie waren wahrscheinlich nicht für den Gottesdienst bestimmt.

    Buxtehude wollte unterhalten und tat genau das.


    4. + 5. „Von Gott will ich nicht lassen“ (BuxWV 220 + 221): Den unterschiedlichen Kompositionsansatz hebt der Organist durch seine Registrierung wirkungsvoll hervor (besonders bei Nr. 4).


    7. Praeludium in fis (BuxWV 146): Wenn das Werk nun in Fis stünde, hätte ich mich gefragt, auf welcher Orgel mit welcher Temperierung es wohl damals gespielt worden wäre.


    9. „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ (BuxWV 195): Die anfänglichen 1/16-Läufe und das insgesamt rasche Tempo – soll es die Not der Rufenden ausdrücken?


    12. Te Deum laudamus (BuxWV 207): Buxtehudes von der Spieldauer (14:02) längste Orgelwerk, nur das Choralvorspiel „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“(BuxWV 210 – auf CD 4) ist ähnlich (13:43) lang. Zufall ? – Absicht, ich meine ja, in beiden Fällen geht es um etwas Positives, um das Lob für und die Freude über Gott. Ein reich registriertes Werk, mit vielmaligen in der Komposition angelegten Echowirkungen, die in der Registrierung stärker hätten berücksichtigt werden können. In der Mächtigkeit des musikalischen Ausdrucks erreicht Buxtehude hier Ausmaße, wie bei Bach gewohnt.



    Warum der Organist diese Werke auf dieser (dem Baujahr jungen) Orgel
    http://www.orgue-vichy-st-louis.com/presentationorgue_a.html
    gespielt hat, dafür wird er Gründe gehabt haben.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Präludium g-moll BuxWV 150


    Nach einer kurzen Toccata folgt ein Fugato über einem Orgelpunkt mit zwei Durchführungen, der letzte Themeneinsatz im Pedal. Ab Takt 16 wandelt sich dieses Fugato in eine regelrechte Fuge im 4/4-Takt. Das zweite Thema wird im Doppelfugato mit dem thematisch verwandten ersten durchgeführt. Im weiteren Verlauf werden die Einsätze des ersten Themas zur Paralleltonart moduliert, Dux und Comes folgen unmittelbar aufeinander- die gesamte Verarbeitung ist insbesondere in harmonischer Hinsicht bemerkenswert. Das Zwischenspiel rekurriert auf den Hoquetussatz der vorangegangenen Fuge.
    Fuge Nummer zwei trägt in ihrer ostinatohaften, diskantbetonten Gestaltung toccatenhafte Züge. Die dritte Fuge (T. 90, 3/2) wird von komplexer Rhythmik bestimmt. Nach einer ersten Durchführung folgt eine hoquetusbetonte Gestaltung mit fortlaufender Engführung. Die Fugenlastigkeit von BuxWV 142 wird hier mit der grösseren Eingängigkeit des g-moll Schwesterwerks BuxWV 149 verbunden. Formal erscheint das Werk durch die verbindende Thematik aller Fugen und die an Frescobaldi gemahnende Canzonenanklänge konservativ, tatsächlich handelt es sich aber um ein unterhaltsames, "modernes" Stück mit teilweise lebhafter Metrik und Harmonik.


    /_eU0xDPaiz0


    Miit 40 Registern stellt die 1735 geweihte Orgel das umfangreichste Werk von Erasmus Bielfeldt dar. Neben der sechzig Jahre älteren Huß (-Schnitger) Orgel das zweite grosse Barockinstrument in Stade.

  • Lieber Gombert,


    mit dem Baß der Orgel könnte man sogar Techno-Baß-Addicts zufriedenstellen.


    Das Stück selbst verhakt sich m.E. in zu vielen Melodieansätzen, ich finde es nicht sonderlich eingängig. Allerdings bin ich da wohl zu sehr von Bach verdorben.


    Tatsächlich schätze ich den Stylus Phantasticus Buxtehudes sehr, seine Trio-Werke sind genial! Die Orgelwerke haben es allerdings eher schwer bei mir.

  • Es gibt aber auch Orgelwerke Buxtehudes, die ich sehr schätze, z.B. BuxWv 139; ich habe die Gesamteinspielung von Simone Stella.



    Hier eine Einspielung von Koopmann, die ich tendentiell für zu klotzig halte, Stella spielt da m.E. wesentlich eleganter.

  • Hallo m-mueller,


    hinsichtlich Stella stimme ich Dir gerne zu!


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • In diesem Fall zu sehr Plenoregistrierung (klingt massig und auch scharf), etwas nervös (wie immer) und auch zu viel Extra-Ornamentierung, wenn ich das richtig höre (habe nicht gleich die Noten aus dem Netz dafür geladen...)
    Ich finde es ja grundsätzlich eher ermüdend, lange Stücke, Fugen usw. in vollem Pleno ertragen zu müssen. Was hilft es, wenn man dann schnell mit historischen Argumenten kommt, wenn es einfach so ....wie soll ich sagen.....anstrengend klingt?


    Davon unbenommen muss man natürlich das grundsätzlich enorme Können des Kollegen Koopman immer sehr hoch anerkennen, sei es nun technisch, von den Ornamenten her oder auch seine aberwitzige Schnelligkeit auf dem Pedal. Auch sein gewaltig großes Repertoire ist ja schon unfassbar. Dann kommen noch die Cembalowerke hinzu und seine ganzen Dirigate, hier auch eigentlich alles von Bach und Buxtehude.
    Habe viele tolle Gedankenanstösse durch so manche Koopman-Aufnahme bekommen, spiele aber selbst nicht so. Vor Jahren habe ich einmal eine Orgel-Partita von Bach geübt und erst einmal aus Gründen des Verstehenwollens ganz genauso wie er gespielt, also sein Tempo, seine reichlich hinzugefügten Verzierungen, seine Agogik uvm. Recht bald fühlte ich mich unwohl dabei und habe geradezu gefühlt, dass auch das Spielen von nicht eigener Musik dennoch ein sehr persönlicher Ausdruck sein muss. Ich spielte nicht Bach sondern Koopman, und das sollte nie sein. Dabei benutzt man als Interpret dieselben Wirkungsmittel, aber man schmeckt das Essen dann mit ein und denselben Gewürzen trotzdem deutlich anders ab. So entwickelte sich die Interpretation schrittweise immer weiter von Koopman weg und wurde zu meiner eigenen. Bei diesem Prozess habe ich aber sehr viel gelernt, weil einem ja immer sehr bewusst wird, warum man etwas so und nicht anders machen will.


    Bei der der großen g-moll Fantasia von Bach habe ich erst gar nicht seine Aufnahme vorher gehört, sondern erst, als ich es schon konnte und vorgetragen habe. Ich war über die Unterschiede recht erschüttert, obwohl ich ihn ja kenne und seine Aufnahme vor Jahren gut kannte und meinte, immer noch zu kennen.
    Mit vielem, was er machte, war ich nun nicht mehr einverstanden und meinte auch, dass einem gewisse frei hinzugesetze Vorhalte, Triller und Doppelschläge auf einer CD irgendwann leid werden, weil man sie sich durch das wiederholte Abspielen überhören kann. Aber es ist auch gut, dass er es so gemacht hat, weil dadurch eine Tür aufgestoßen wurde für das, was möglich ist.


    Noch etwas Grundsätzliches zur Registrierung bei solchen barocken Orgelwerken: Es gibt auch Leute, die meinen, dass man z.B. die berühmte Passacailla von Bach von A-Z im Pleno durchzuspielen habe. Ich lehne das ab und möchte mir das nicht freiwillig anhören.....


    Für mich registriert Koopman eigentlich recht oft nahezu"volles Rohr" (bei solchen stärkeren Werken), was mir manchmal zu viel und zu lang wird. Dies gilt vor allem für gewisse Teile seiner TELDEC-Einspielung der Bachwerke. Seine älteren Sachen bei Novalis (jetzt Brilliant) finde ich da teilweise besser, auch seine DG-Aufnahme mit Bach.


    Gewisse Merkmale, die ich auch von seinem Bachspiel her kenne, höre ich auch bei diesem Buxtehude. Ich hätte ihn wohl schnell wiedererkannt, wenn ich nicht gewusst hätte, dass er das spielt. Mir fehlt manchmal eine gewisse Ruhe zwischen den Events der Figuren. Wenn man sich die als Bewegungen, Gesten, ja vielleicht sogar Personen vorstellt, dann brauchen die Luft zum Atmen und um sich zu bewegen, so wie ein Tänzer Luft und Raum braucht, um sich zu bewegen. Es fehlt mir da manchmal bei ihm eine gewisse Ruhe (die fehlt etwa bei Gustav Leonhardt nie) in der inneren Einstellung des Musizierens. Beim Dirigieren ist das nicht zwangsläufig auch so. Das Vorantreibende gibt es da auch, aber es gibt auch Beispiele von Milde und Gelassenheit bei gewissen Sachen, die er dirigiert hat.


    Ich halte ihn aber grundsätzlich für einen ganz Großen Musiker und auch Organisten und habe unglaublich viel von seinen Aufnahmen gelernt. :hail:
    Koopman zu hören kann auch viel Spaß machen.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Lieber Glockenton,


    ich kann Dir in vielem, was Koopman betrifft, beipflichten - er "haut zu sehr in die Tasten", auch wenn er ein phantastischer Virtuose ist.

  • Ich kenne nicht allzu viele Einspielungen des Orgelwerks von BUXTEHUDE, doch was ich bisher von MARIE-CLAIRE ALAIN zu hören bekam, sagt mir zu und überzeugt mich. Die TOCCATA in F-Dur z. B. spielt sie großartig. Ihr Interpretationsstil zeichnet sich aus durch kräftige, klare Farben in vergleichsweise zügiger Darstellung. Sie unterscheidet sich dadurch deutlich von der von WALTER KRAFT betonten norddeutschen Schwere. Ihr Spiel ist von einer unglaublichen rhythmischen Präzision. Sie kann sich dabei auf ihre stupende Technik verlassen.


    Es nimmt nicht Wunder, daß diese herausragende Organistin nicht nur für ihre ERATO-Gesamteinspelung der Orgelwerkes von BACH 1968 mit dem Grand Prix der "Académie du Disque Francais" ausgezeichnet wurde, und auch für die Gesamtaufnahme des Orgelwerkes BUXTEHUDES den Grand Prix der "Académie Charles Gros" erhielt.



    wok



  • Hallo,


    es ist nun an der Zeit, sich mit CD 1 der Box (Advent, Weihnachten) zu beschäftigen.
    Vorab: Aufgrund der verschiedenen Orgeln und Interpretationen in den vorangegangenen Beiträgen finde ich die Einspielung mit Ulrik Span-Hansen auf einer Lund-Orgel in Praesto/Dänemark sehr passend. Auf den von mir einsehbaren Noten (IMSLP) sehe ich keine Registrierungsangaben, folglich stammen die meist abwechslungsreichen Registrierungen vom Organisten.





    1. Nun komm, der Heiden Heiland, BuxWV 221 - ein bedächtiges, stilles Werk – der Adventszeit entsprechend – die Registrierung finde ich hervorragend. (Der Textanfang des Kirchenliedes entspricht der damaligen Zeit – ausgrenzend oder besonders rücksichtsvoll?)


    2. Praeludium, g-Moll, BuxWV 163 - es ist angenehm, dass es nicht in einer „Einheitsregistrierung“, wie das bei Bachorgelwerken geschieht (siehe Glockenton Beitrag Nr. 77), sondern abwechslungsreich „instrumentiert“/registriert wird. Das Praeludium hat keinen besonderen Bezug zu Advent (bzw. ich kenne den als Fugenthema, ab Laufzeit 2:30, verwendeten Teil eines Kirchenliedes nicht). Die Registrierung innerhalb des Fugato gefällt mir besonders gut.


    3. Herr Christ, der einig Gottes Sohn, BuxWV 191 - die sich deutlich, aber nicht scharf abhebende Registrierung rechts von den übrigen Orgelstimmen gibt einen guten Gesamtklang.


    5. wie 3., aber BuxWV 192 – eine noch wärmer klingende Registrierung (ich nehme an, rechts ist ein Schwebungs- oder Aliquotregister); eine besondere Satztechnik höre ich nicht,


    6. Canzonetta, G-Dur, BuxWV 171 – ein sehr fröhliches Stück, was durch das Vogelgezwitscher (ein besonders zuschaltbares Effektregister, wie ein Ostinato, aber ohne Tonhöhenbestimmung, ähnlich dem Zimbelstern) noch unterstrichen wird, mit einer eingängigen Melodie – der Registerwechsel zur Mitte macht große Freude.


    7. Canzonetta, C-Dur, BuxWV 167 – hier werden durch die Melodieführung Vogelstimmen imitiert, was durch die Registrierung sehr gut unterstrichen wird. Die kleinen Stücke 6 + 7 wurden/werden z. B. bei Krippenspielen u. ä. eingesetzt, um einen pastoralen/bukolischen Eindruck zu vermitteln.


    8. Praeludium, C-Dur, BuxWV 136 – das kaum eingängige Thema des Vorspiels liegt im Pedal. Steht die merkwürdige Rhythmusverschiebung bei Laufzeit 0:54 – 0:56 tatsächlich so in den Noten? Das Fugenthema ist einprägsam (wegen der Wiederholungen?) und die Einsätze im Fugato gut zu verfolgen; die Variationen erscheinen mir etwas hektisch.


    10. Gelobet seist du, Jesu Christ, BuxWV 188 – das relativ umfangreiche und lange Choralvorspiel wird sehr differenziert registriert, um keine Klangeintönigkeit entstehen zu lassen. Auffällig ist, dass oft sehr kurze Passagen (1-3 Takte), z. B. rechts vorgetragen, sofort in der Oktavlage links identisch wiederholt werden; das birgt für mich die Gefahr einer gewissen Einförmigkeit, welche durch die geschickte Registrierung vermieden wird.


    11. Gelobet seist du, Jesu Christ, BuxWV 189 – im Charakter ganz verschieden zu BuxWV 188; kurz, knapp, gut strukturiert, deshalb einprägsam und als Choralvorspiel im Gottesdienst geeignet.


    13. Wie schön leuchtet der Morgenstern, BuxWV 223 – die Eingangsregistrierung sehr gut registriert, passend zum Charakter des Chorals. Die folgenden Variationen abwechslungsreich, incl. Echowirkungen, ebenso die Registrierungen; da entsteht ein froher, lebendiger Höreindruck – für mich ein „Highlight“ der bislang von mir vorgestellten, gehörten Werke und ihrer Interpretationen.


    15. Praeludium, F-Dur, BuxWV 145 – bis 2:14 höre ich viel Anklänge an Bach (bzw. Bach hat Anklänge an Buxtehude), bewirkt durch die Aufgabentrennung von Manual und Pedal. Was dann folgt ist keine Fuge, wohl teilweise etwas kanonartig, aber so was von Fröhlichkeit, ja Heiterkeit, dass es schon ungewöhnlich ist.
    (Es gab bis vor ca. 20 Jahren in der St. Georgskirche, Nürnberg zur Faschingszeit ein Orgelkonzert - Opp und Krapp z. T. vierhändig als Organisten - „Die heitere Orgel“ – da hätte dieses Praeludium auch seinen Platz gehabt.)


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Was ist mit der Forensoftware los? Die Vorschau stimmt nun überhaupt nicht mehr mit der Anzeige des geposteten Beitrags überein!

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo,


    die CD 2 aus der CD-Box im letzten Beitrag enthält Orgelmusik zu Weihnachten und Epiphanias.

    Neben den für den kirchlichen Gebrauch bestimmten Choralvorspielen zu „Der Tag der ist so freudenreich, BuxWV 182 – In dulci jubilo, BuxWV 197 – Lobt Gott ihr Christen allzugleich, BuxWV 202 – Ich dank dir schon durch deinen Sohn, BuxWV195 – Wäre Gott nicht mit uns diese Zeit, BuxWV 222“ gibt es noch die Choralvorspiele (und weitere meist kürzere Orgelstücke)


    „Nun lob, mein Seel, den Herren BuxWV 213“ und zwar in 3 Variationen – und
    „Mit Fried und Freud ich fahr dahin BuxWV 76“ und zwar in 5 Variationen.
    Mit diesen Variationen kann der Organist die vielfältigen Klang-/Registriermöglichkeiten der Schnitger-Orgel in Noordbroek zu Gehör bringen (sehr passend 213 2. + 3. Variation und 76 5. Variation).


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsätze:
    Auf diesem Link https://www.youtube.com/watch?v=CodBVtskkCw ist eine Registervorführung der Schnitger-Orgel in Norden zu hören – sicher nicht völlig identisch mit der in Noordbroek, aber doch vergleichbar.
    Wenn nun der dortige Organist auch von den Registrierungsmöglichkeiten regen Gebrauch machte, wären das für die dortigen Kirchenbesucher Freudenfeste.


    In Nürnberg St. Lorenz steht die größte Orgel (3 Orgeln, insgesamt 12.500 Pfeifen, die von je 2 Spieltischen komplett bespielbar sind) in einer ev. Kirche in der BRD. Die Registriermöglichkeiten werden selten ausgeschöpft - zu kompliziert? Am 29.12. höre ich dort eine Orgel-"Gala" mit dem Organisten "Guy Bovet" aus der Schweiz - ich werde darüber berichten.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    ein (für mich) sehr lehrreicher Thread, der erneut von viel Hintergrundfachwissen der Beteiligten zeugt.


    Es bleibt mir also nur, zu einzelnen Werken kurze Anmerkungen zu posten.


    Die Orgelwerke sind dem kirchlichen Jahreszeitlauf zugeordnet und auf die 6 CDs dieser Box verteilt, sodass nun, entsprechend dem Kirchenjahr, die CD 3 Fastenzeit/Mariä Verkündigung folgt:


    Nr. 1 Toccata in d-Moll, BuxWV 155 – das Pedalregister klingt in den tiefen Lagen etwas sonderbar dumpf schnarrend.

    Nr. 2 Erhalt uns Herr bei Deinem Wort, BuxWV 185 – ein sehr zurückhaltendes Choralvorspiel, das m. E. nicht so recht zum Choraltext passt.


    Nr. 4 Passacaglia in d-Moll, BuxWV 161 – das größtenteils unveränderte Ostinato ist gut im Pedal zu hören, während im Manual die kunstvollen (im Vergleich zum Ostinato) Variationen erklingen
    .
    Nr. 5 Christ unser Herr, zum Jordan kam, BuxWV 180 – das Choralvorspiel ist besonders im Manual Oberstimme ansprechend registriert und im guten Klangkontrast zur restlichen Registrierung.


    Nr. 6 Praeludium in g-Moll, BuxWV 149 – anfangs in der Form einer Passacaglia, das Ostinato sehr deutlich (penetrant?) im Pedal hörbar. Dann wechselt das Ostinato ins Manual und ich kann dies als Beginn eines/r Kanons (Fuge?) hören. In der Folge erklingt das variierte Ostinato auf allen Orgelspielbereichen und wird präludierend umspielt.


    Nr. 7 Nun lob mein Seel, den Herren, BuxWV 212 – ein Choralvorspiel, das sich gut als Vorspiel zum Gemeindegesang eignet, da die Choralmelodie deutlich zu hören ist.


    Nr. 8 Ein feste Burg ist unser Gott, BuxWV 184 – das Gegenteil von Nr. 7, die Choralmelodie ist im Satz „versteckt“.


    Nr. 11 Canzonetta, BuxWV 225 – die sangbare Melodie wechselt zwischen Manual und Pedal und ist mit Durchgangsnoten z. T. nicht sofort auf Anhieb zu erkennen


    Nr. 12 und 16 zwei Magnificat primi toni BuxWV 204 und 203 (leider habe ich hierfür keinen Notenzugang um überprüfen zu können ob es tatsächlich die Kirchentonart primi toni ist, müsste daher C-Dur entsprechen) – nicht nur die Tonart stimmt (!?), auch die z. T. eingängigen Themen sind sich ähnlich, ebenso das brummige Pedalregister, dafür ist das Manual gut registriert.


    Nr. 13 Praeludium in F-Dur, BuxWV 144 – eine Registrierung weit weg von dem oft bei Bach gehörten Orgelklang (Silbermann, aber welcher?). Durch das recht lebhafte Tempo erhält das Praeludium einen fröhlichen Charakter (mit fugenhaften Zügen).



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    zu den CDs 2 und 3 vergaß ich, die Orgeln zu nennen:

    Schnitger-Orgel, Reform. Kirche, Noordbroek
    http://de.wikipedia.org/wiki/Orgel_der_Kirche_von_Noordbroek


    Schnitger-Orgel, St. Ludgerkirche, Norden
    http://de.wikipedia.org/wiki/O…er_Ludgerikirche_(Norden)


    Auf der nun folgenden CD 4 „schlägt“ Ulrik Spang-Hanssen die
    Aubertin-Orgel, St. Louis, Vichy
    http://www.orgue-vichy-st-louis.com/presentationorgue_a.html



    Die Orgelwerke sind dem kirchlichen Jahreszeitlauf zugeordnet und auf die 6 CDs dieser Box verteilt, sodass nun, entsprechend dem Kirchenjahr, die CD 4 Passionszeit - Ostern folgt:


    Nr. 1 Ciacon („der Unterschied zur Passacaglia liegt darin, dass sich die Basslinie im Verlauf auch ändern darf. Muss bei der Passacaglia das Thema immer klar erkennbar sein, so ist dies bei der Chaconne nicht der Fall; das Thema kann auch durch die Stimmen gehen und so schwer erkennbar gemacht werden“-Zitat aus Wikipedia) in c-Moll, BuxWV 159 – das Ostinato wirkt anfangs etwas eintönig – was vom Orgelklang nicht zu sagen ist (eine moderne frz. Orgel, die u. U. nicht so ganz zum Orgelklang zu Buxtehudes Zeit passt, aber seiner Auffassung von Orgelmusik, im Gegensatz zu Bach, entsprechen dürfte – der Orgelklang spricht mich sehr an). Von dem ursprünglich wilden Volkstanz der Chaconne ist nicht mehr viel zu hören, ein ruhig-fließend und ebenmäßig vorgetragenes Werk; nur am Grundrhythmus ist das Tanzartige noch zu erkennen. Den Orgelpunkt 5:00 – 5:42 und dem präludierenden Manual finde ich überraschend, endend, in Dur, kommt dann wieder das Ostinato.


    Nr. 2 „Ach Gott und Herr“, BuxWV 177 - leider kenne ich den Choral nicht, es dürfte aber keine Einleitung zum Gemeindegesang sein, vielmehr ein Choralvorspiel, dass sehr gut registriert ist.


    Nr. 3 „Ach Herr, mich armen Sünder“, BuxWV 178 – wie vor, der „arme Sünder“ ist aber deutlich zu hören.


    Nr. 4 Praeludium in E-Dur, BuxWV141 – mit der rhythmischen und sehr lebendigen musikalischen Struktur, sowohl im Manual als auch im Pedal, könnte das ein frohes und zugleich mächtiges Orgelvorspiel zu einer stimmungsvollen Osternachtfeier sein. Reizvoll ist der große, unmittelbare Kontrast zwischen den Registern im letzten Drittel des Werkes.


    Nr. 5 Canzonetta in e-Moll, BuxWV 169 – eigentlich eine Bezeichnung für eine weltliche Vokalkomposition – selbst wenn ich es auf Canzona verkürze, fehlt für mich die sangbare Melodie.


    Nr. 6 „Jesus Christus, unser Heiland“, BuxWV 198 – sehr introvertiert, mehr dem stillen Gedenken der Passion zugewendet, als dem Osterfest.


    Nr. 7 Canzona in g-Moll, BuxWV 173 – es ist ein „sangbares Lied“ (siehe Nr. 5) für eine Orgel“stimme“.


    Nr. 8 Fuga in C-Dur, BuxWV 174 – eine sehr lebhafte Fuge, mit den Regeln entspr. Stimmeneinsatz, dazu eine sehr helle, leichte, Registrierung mit div, Flötenstimmen – ein Hörgenuss (auch ohne Analyse).


    Nr. 9 Toccata in F-Dur, BuxWV 156 - „Der Gipfelpunkt des freien Orgelstils zur Zeit des Hochbarock im norddeutschen Raum ist der Stylus Phantasticus, in den auch und vor allem die Toccatenkunst einmündet. Die hier z. B. durch Dietrich Buxtehude bzw. in der mitteldeutschen Orgelmusik durch Johann Pachelbel gepflegte Form weist meistens noch eher fugierte Zwischensätze auf, als dass sie in der seit Johann Sebastian Bach vertrauten Paarform der Toccata und Fuge auftritt“ /(Zitat aus Wikipedia). Ein im Charakter doch sehr an Bach erinnernd, ein abwechslungsreiches, prächtiges und ebenso registriertes Werk (und am Ende „warte ich dann doch auf die Fuge“).


    Nr. 10 „Nun freut euch lieben Christen g’mein“ (kraftvolle/r Melodie/Text von Luther), BuxWV 210 – ein ausführliches, umfangreiches Choralvorspiel (ob das für den kirchl. Gebrauch gedacht war? – der Länge wegen), das ich vom Text her mehr mit Weinachten verbinde, aber die Freude zu Ostern ist ebenso (noch mehr?) am Platz. Die Registrierung ist äußerst abwechslungsreich, weswegen die Orgel einen Hörgenuss gewährt, der auf kleinen Barockorgeln wohl unerreichbar ist. Buxtehude „zerlegt“ den Choral in kleine(ste?) Bausteine, die variiert werden, sodass ich anfangs Schwierigkeiten hatte, den Choral heraus zu hören. Ein ungemein kraftstrotzendes, prächtiges Werk (aber anders als Bachs Pracht) das ebenso, aber auch frohgemut, endet.


    Nr. 11 „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn“, BuxWV 201 – Melodie anfangs weltlich, Text der Melodie unterlegt um 1530 Nürnberg – für den kirchl. Gebrauch


    Nr. 12 „Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du vom Tod erstanden bist“, BuxWV 224 – wie Nr. 11; ein fugiertes Choralvorspiel; für den Text m. E. ungewöhnlich registriert (von Buxtehude?), was mich sehr anspricht.


    Nr. 13 Canzona in C-Dur, BuxWV 166 – wie Nr. 7, aber sehr froh gestimmt, was m. E. an der mit Durchgangsnoten umspielten Gesangsmelodie und im „Vogelgesang“ begründet ist; der Frohsinn registriert (von Buxtehude?) – ein Ohrenschmaus!


    Nr. 14 Praeludium in g-Moll, BuxWV 150 – anfangs wird über einem langen Orgelpunkt präludiert, die dann folgende fugenartige Verarbeitung ist sparsam registriert; rasante Manualläufe bringen sehr viel Bewegung in das Werk, auch das Pedal wird „nicht geschont“- das Werk endet völlig abrupt in einem kurzen Dur-Akkord – sehr beeindruckend!



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auf der nun folgenden CD 5 spielt Ulrik Spang-Hanssen auf der
    Raphaelis-Orgel im Dom von Roskilde.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Dom_zu_Roskilde


    Die Orgelwerke sind nach dem kirchlichen Jahreszeitlauf geordnet und auf die 6 CDs dieser Box verteilt, sodass nun, entsprechend dem Kirchenjahr, die CD 5 Pfingsten - Trinitatis folgt:


    Nr. 1 Praeludium in C-Dur, BuxWV 138 – dem festlichen Anlass des Kirchenfestes gemäß in C-Dur, flottem Tempo und vom Organisten passend registriert. Ab 1:01 bis zum Ende 4:23 werden Teile des Themas, gut erkennbar, variiert.
    Nr. 2 „Nun bitten wir den heiligen Geist“, BuxWV 209 – eine bemerkenswert ruhige Choralbearbeitung in getragenem Tempo.
    Nr. 3 Toccata in G-Dur, BuxWV 165 – ohne Pedal, also auch auf kleineren Orgeln mit wenigen Registern zu spielen; Tempo (m. E.) molto allegro, mit Akkordbrechung und Durchgangsnoten im Manual rechts Oberstimme.
    Nr. 4 „Nun bitten wir den heiligen Geist“, BuxWV 208, - nach BuxWV 209 dachte ich mehr an ein Choralvorspiel, aber es handelt sich auch um eine Choralbearbeitung (wie Nr. 2), nur noch ruhiger (durch das tiefe Register).
    Nr. 5 Praeambulum in a-Moll, BuxWV 158 – das ab 1:22 bis 3:39 in ruhigem Zeitmaß mit zurückhaltender Registrierung erklingt, dann das Anfangstempo und –registrierung aus bis 1:21 aufnimmt und mit großem rit. endet.
    Nr. 6 „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“, BuxWV 199 – das ordne ich nun als (etwas zu langes) Choralvorspiel ein oder ist es doch eine Choralbearbeitung?
    Nr. 7 Praeludium in g-Moll, BuxWV 148 – ich finde zu diesem Werk keinen Bezug.
    Nr. 8 „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“, BuxWV 200 – wenn ich nun mit Nr. 6 vergleiche, meine ich, dass es sich beide Male um Choralbearbeitungen handelt, die sich noch dazu ziemlich ähnlich sind.
    (Den Text von Nr. 2 vertont Buxtehude erneut mit Nr. 4 – BuxWV 208 und 209; auch bei Nr. 6 und Nr. 8 - BuxWV 199 und 200 – verfährt er so; sind ihm die von der Aussage fast identischen Texte so bedeutsam, dass er sie 2 mal vertont?)
    Nr. 9 „Nun lob, mein Seel, den Herren“, BuxWV 214 - der kanonartige Beginn mit der verzierten Choralmelodie, was variiert wiederholt wird, ist für mich Anlass, dies als eine Choralbearbeitung zu sehen.
    Nr. 10 „Gott der Vater wohn uns bei“, BuxWV 190 – ein Choralvorspiel, mit einer für ein Choralvorspiel allerdings ungewöhnlichen, aber guten Registrierung.
    Nr. 11 Praeludium in e-Moll, BuxWV 143 – der Beginn mit einem Pedalsolo, was dann im Manual in hoher Lage über einem Orgelpunkt variiert wird. Die sehr abwechslungsreich registrierten weiteren Variationen hören sich teilweise fugenartig, ergeben aber keine Fuge; über einem lang ausgehaltenen Orgelpunkt endet das Stück.
    Nr. 12 „Durch Adams Fall ist ganz verderbt“, BuxWV183 – ich kenne den Choral nicht, trotz der klar registrierten Choralmelodie. Der Kontrast zwischen hoher, aber nicht spitz registrierter Choralmelodie, dem sanften Umspielen der Melodie und der ebensolchen Akkordbegleitung bewegt mich.
    Nr. 13 „Danket dem Herren, denn er ist sehr freundlich“, BuxWV 181 – da kenne ich nur den Kanon, den Choral auch nicht. Der Organist versteht sehr gut zu registrieren, dadurch wird die ruhige, friedliche Melodie m. E. erst so richtig zur Geltung gebracht.
    Nr. 14 „Es ist das Heil uns kommen her“, BuxWV 151 – eine geschickt versteckte Choralmelodie macht den Reiz dieser Choralbearbeitung aus; diese Art der Registrierung hebt sich wohltuend von manchen (vielen?) Registrierungen Bachscher Choralvorspiele, -bearbeitungen ab.
    Nr. 15 Praeludium in A-Dur, BuxWV 151 – sehr Manual betont mit reichen Verzierungen, dabei ist der Gesamtklang dennoch gut ausgewogen, auch die Mittellage kommt nicht zu kurz. Der Wechsel zu Moll kommt übers Pedal sehr abrupt und lautstark – aber der letzte Akkord in Dur-ff.
    Nr. 16 „Ich dank dir, lieber Herre“, BuxWV 194 – von der Melodie und Registrierung dem Text angemessen – ich kann mir das auch als Choralbearbeitung zum Ausgang vorstellen.


    Viele (alle?) dieser Werke sind zum kirchlichen Gebrauch komponiert und bestimmt.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auf der nun folgenden CD 6 – die letzte der Box, damit schließt sich der Jahrkreis - spielt Ulrik Spang-Hanssen auf der Aubertin-Orgel, St. Louis, Vichy
    http://www.orgue-vichy-st-louis.com/presentationorgue_a.html


    Nr. 1 „Es spricht der Unweisen Mund wohl“, BuxWV 187 – ein Choralvorspiel mehr im oberen Tonbereich und heller Registrierung im Manual
    Nr. 2 „“Nun lob mein Seel, den Herren“, BuxWV 215 – auch ein Choralvorspiel, während die Choralmelodie meist im Manual erklingt, ist hier zum (kleineren) Teil auch das Pedal mit beteiligt.
    Nr. 3 Praeludium in D-Dur, BuxWV 139 – ein markantes Thema in lebendigem Tempo, das sofort, wie im Echo, wiederholt wird. Die tiefen Töne im Pedal (16-Fuß?) klingen nicht besonders gut (der Klangcharakter zum Manual ist viel zu unterschiedlich – oder ist es „nur“ falsch registriert – bei Spang-Hanssen wäre das aber sehr ungewöhnlich). Die hohen Läufe im rechten Manual höre ich wie Imitationen von Vogelgesang.
    Nr. 4 „Von Gott will ich nicht lassen“, BuxWV 220 – eine sehr feine Registrierung im mittleren Tonbereich, dabei ist das Manual rechts zwar im Klang abgesetzt, aber dem Klangcharakter gut angepasst.
    Nr. 5 „Von Gott will ich nicht lassen“, BuxWV 221 – das höre ich nun wieder als Choralvorspiel und dementsprechend in einer „gewohnten“ Registrierung.
    Nr. 6 „Vater unser im Himmelreich“, BuxWV 219 – ein fast meditativer Klangcharakter, in der Registrierung ähnlich der Nr.4
    Nr. 7 Praeludium in fis-Moll, BuxWV 146 – das „Vorspiel“ zum Praeludium ist sehr fein registriert, im Gegensatz zum Praeludium mit markantem Thema und damit auch klanglich einen deutlichen Gegensatz markiert, der im Fortgang immer wieder neu aufgenommen wird. Bei 03:10 beginnt ein fugenartiger Einsatz und Verarbeitung mit keinem Unterschied in der Registrierung und der nicht in eine Fuge mündet. Es endet in Dur mit sechzehntel Läufen im rechten Manual und auf einem Pedal-Orgelpunkt.
    N. 8 „Herr Jesus Christ, ich weiß gar wohl“, BuxWV 193 – ein Choralvorspiel in der bekannten Registrierung.
    Nr. 9 „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“, BuxWV 196 – wie Nr. 8
    Nr. 10 Praeludium in a-Moll, BuxWV 153 - ein aufsteigendes Thema im Manual, das z. T. unmittelbar vom Pedal variiert wiederholt wird. Wie bei Nr. 7 folgt hier nun bei 01:22 allerdings nicht ein fugierter Einsatz, sondern eine Kurz-Fuge. Bei 04:10 wird die Verarbeitung des Praeludium-Themas fortgesetzt.
    Nr. 11 „Nimm von uns, Herr, du treuer Gott“, BuxWV 207 – mit 08:16 ist es kein Choralvorspiel sondern eine Choralbearbeitung, mit sehr differenzierten Registrierungen, oft nur im Manual gespielt, welche die einzelnen Bearbeitungen voneinander trennen und unterscheiden (ich würde es auch als Variationen der Bearbeitung in unterschiedlichen Registrierungen beschreiben können).
    Nr. 12 „Te Deum laudamus“, BuxWV 218 – leider habe ich auf die Noten keinen Zugriff, was ich gerne hätte, weil es mit 14:02 sein umfangreichstes Orgelwerk ist. Dem Titel des Werkes entsprechend ist es sehr klangprächtig, festlich und in einem lebhaften Tempo angelegt (und aus der Länge lässt sich der Schluss ziehen, dass es für Buxtehude von großer Bedeutung gewesen sein muss, das „Lob Gottes“.)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler