Wann geht der nächste Schwan? - Richard Wagner: Lohengrin

  • Hallo Alviano,


    Zitat

    Es tut mir ja schon ein wenig weh, deshalb will ich hier doch nochmal ein paar Sätze zu Jess Thomas sagen: ich stehe ja total auf diese Stimme. Dieses dunkle Timbre, der metallische Klang, die Kraft, das finde ich schon beeindruckend.

    Kein Grund sich zu grämen. Die Stimme hat sicher Ihre Qualitäten, mir teilt sie leider emotional wenig mit, weshalb sängerische Defizite schwerer ins Gewicht fallen. Aber ich habe ja oben schon Eingeschränkt: Ein guter Lohengrin ist Thomas aus meiner Sicht allemal, die Defizite treten vor allem angesichts des von Dir beschriebenen, herausragenden Ensembles zu tage. Problematischer ist da der Siegfried von Jess Thomas unter Karajan. Und auch da sind es seine fantastischen Kollegen Thomas Steward und Gehard Stoltze, die Ihn als Wotan und Mime an die Wand singen und spielen- wobei es eigentlich umgekehrt sein sollte laut Wagner, womit das Hauptproblem benannt ist.


    Ansonsten ist aber die Geschichte ja leider rar an idealen Lohengrinen. Auf Konya fahre ich auch ab, mit den von Dir genannten Einschränkungen, die mir - als Schluchzer-Allergiker auch aufstoßen. Selbst bei Franz Völker lässt sich die klitzekleine Einschränkung Kestings vertreten, es läge etwas tümeliges in diesem perfekten Singen, mehr Bilanzbuchhalter im Pullunder als Ritter in glänzender Rüstung. Domingos Lohengrin hingegen finde ich - ob der sängerischen Leistung - weniger grauselig, als die meisten hier. Das idiomatische Problem lässt allerdings eine Empfehlung nicht zu.


    Insofern stimmen wir überein: Kempe ist aus meiner Sicht die Idealaufnahme für den Einsteiger. Ideal nicht, weil perfekt - aber weil alles passt und kein Kriterium, auch nicht die Aufnahmetechnik, die Note Gut unterschreitet.


    Am Rande bemerkt: Jens Malte Fischer schwärmt ja von Jussi Björlings Potential als Lohengrin. Ich kann jedem nur Empfehlen, diesem Phänomen nachzuspüren. Aktuell findet sich der berühmte Konzertmitschnitt, in dem Björling die Gralserzählung singt, bei youtube. Ich verzichte, auf Alfreds Wunsch hin, auf eine Verlinkung, ist aber über die dortige Suchfunktion leicht zu finden. Und ich muß Fischer vollkommen zustimmen. Die ideale Lohengrinstimme, interpretatorisch noch am Anfang, auch auf schwedisch gesungen - aber was hätte das für ein Rollenportrait werden können. Stellen wir uns doch nur ganz kurz im Gedankenexperiment einen ewig jungen Björling in der Kempe-Aufnahme vor, und die Grümmer etwas jünger. Und dann weinen wir ein bisschen über eine verpasste Gelegenheit.


    Und ein Letztes noch:


    Sicher nicht der ideale Stimmtypus für die Rolle, aber wie immer von überragender Subtilität und stimmlicher Souveränität: Lauritz Melchior als Lohengrin, in der Brautgemachszene mit Flagstad:



    Gruß
    Sascha

  • Hallo Antracis,


    Zitat

    Zitat Antracis: Am Rande bemerkt: Jens Malte Fischer schwärmt ja von Jussi Björlings Potential als Lohengrin. ... Die ideale Lohengrinstimme, interpretatorisch noch am Anfang, auch auf schwedisch gesungen - aber was hätte das für ein Rollenportrait werden können. Stellen wir uns doch nur ganz kurz im Gedankenexperiment einen ewig jugen Björling in der Kempe-Aufnahme vor, und die Grümmer etwas jünger. Und dann weinen wir ein bisschen über eine verpasste Gelegenheit.

    Ich weine mit euch!


    Eine Studioeinspielung der Gralserzählung mit Björling existiert auch (aus dem Jahr 1952); die finde ich eigentlich interpretatorisch besser als die aus dem Konzertmitschnitt.


    :hello: Petra

  • Hallo Petra,


    Man(n) lernt nie aus: Ich wußte nur von einem Konzertmitschnitt, nahm deshalb an, dass es sich bei der Youtube-File um diesen handelt. Von einer Studioeinspielung war mir bisher nichts bekannt. Aber das ist ja keine schlechte Nachricht. ;):)


    Gruß
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    die Aufnahme bei youtube ist der Mitschnitt von 1960, den ich auch sehr gern höre.


    Die 1952er Aufnahme ist auch keine Studio-Einspielung, wie ich gestern aus dem Gedächtnis heraus meinte, sondern ein Mitschnitt eines Radio-Konzertes aus Stockholm vom 03. 10. 1952; der Dirigent war Sten Frykberg.


    In der Aufnahme aus dem Jahr 1952 höre ich persönlich vom Stimmklang und von der Orchesterbegleitung her noch mehr den mythischen, silbernen Schwanenritter aus fernen Landen.


    Der Lohengrin aus der Gralserzählung von 1960 ist vielleicht ein klein wenig mehr "erdgebunden", hat dafür aber den anrührendsten Beginn, den ich in diesem Stück überhaupt je gehört habe.


    Die Aufnahme von 1952 ist übrigens auf einer CD aus der Serie SRO ("Standing Room Only") enthalten:


    Jussi Björling
    at the Hollywood Bowl 1949
    _______________


    Stockholm Radio Concert 1952


    :hello: Petra

  • Ich habe gestern in die Karajan-Aufnahme hineingehört - und sie hat mich positiv überrascht.



    Das Orchester ist sehr, sehr gut (wie eigtl. immer), klingt bombastischer als bei Kempe. :jubel:


    Die einzelnen Sängerleistungen scheinen auch sehr ordentlich zu sein - so zumindest mein erster Eindruck.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Meine Lieben,


    Den Taminos, die den Schüchter-"Lohengrin" von 1953 preisen, möchte ich mich nachdrücklich anschließen. In bezug auf Dichte und Niveau bei allen Protagonisten gehört diese Einspielung zur absoluten Spitze. Der Gerechtigkeit halber sei neben den schon Genannten auch noch auf Horst Günter als Heerrufer hingewiesen, damit der nicht zurückstehen muß. Natürlich ist es eine alte Monoaufnahme und daher mit einigen peripheren Tonmängeln behaftet, aber die sind leicht zu ertragen.
    Was mir auch zusagt: Es geht nicht um Stimmenprunk oder dergleichen, sondern alle Mitwirkenden verkörpern gleicherweise und vorbildlich Gesangskultur und glaubhaften Gefühlsausdruck: Sie vermitteln den Eindruck, daß wirklich Menschen singen, keine Kostümfiguren. So ein voller Einsatz geht zweifellos auch an die Substanz. Laut seinen Erinnerungen hat Schock den Lohengrin auf der Bühne nur in Braunschweig und Hamburg gesungen, allerdings erst einige Jahre später. Ich denke, es war gut, daß er das nicht zu oft getan hat. Im Studio klingt er traumhaft, aber natürlich war das irgendwo an der Grenze seiner fachlichen Ausrichtung.


    LG


    Waldi

  • Hallo,


    nachdem ich auf Empfehlung dieses Forums die Parsifal DVD mit der Aufführung aus Baden-Baden gekauft habe, und schlichtweg begeister bin, wollte ich doch mal nach einer guten DVD des Lohengrin fragen.


    Was kommt da eurer Meinung nach in Frage?


    Gruß
    Thylon

  • Hallo Thylon,


    wenn Dir der "Parsifal" aus Baden-Baden (also nicht zuletzt das Duo Nagano-Lehnhoff) gefallen hat, dann probier's doch der Einfachheit halber mit dem "Lohengrin" aus dem selben Stall. Ich besitze beide DVDs und bin sehr zufrieden.


    Gruß, Ekkehard.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • René Kollo hat einmal bei einem Interview gesagt, er habe noch nie als er den Lohengrin sang, dass nie ein Schwan auf der Bühne gesehen.


    Frage mich warum, denn sonst erübrigt sich ja die Frage:
    "Wann geht der nächste Schwan?"


    Übrigens Opernparodie, kennt von Euch jemand "Lohengelb"?


    Ist eine Parodie auf Wagners Lohengrin, mit der Musik von Franz von Suppé, mit Motiven aus dem Lohengrin,


    nur kommt kein Schwan, sonderen ein Schaf,


    eine Mordsdrum Gaudi. Sehenswert und Hörenswert.


    Liebe Grüße Peter aus Wien

  • Gibt es eigentlich die Ponelle-Inszenierung aus München mit René Kollo, Catarina Ligendza und Karl Ridderbusch unter Sawallisch schon auf DVD? Da gab's zumindest einen stilisierten Schwan!

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  • Zitat

    Original von vitelozzo-tamare
    Gibt es eigentlich die Ponelle-Inszenierung aus München mit René Kollo, Catarina Ligendza und Karl Ridderbusch unter Sawallisch schon auf DVD? Da gab's zumindest einen stilisierten Schwan!


    Die Inszenierung ist nicht von Ponnelle, sondern von Everding mit Bühnenbild von Ernst Fuchs ; gibt es leider noch nicht auf DVD. Der Schwan dort erinnerte mich immer so etwas an das Münchner Kindl...

  • Ich kenn von der Inszenierung nur die Ausschnitte, die auf youtube laufen. Kollo geht ja noch, aber Ridderbusch war an dem Abend erschreckend schwach. Teilweise ist er vor Indisposition kaum zu hören... Und die Inszenierung, na ja. Ich musste da immer wieder an diesen "Lohengrin"-Sketch von Otto Schenk denken mit dem Regisseur, der dem Chor von der Seite aus die Bewegungen vormacht... :wacky:


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Das Video der Fernseh-Aufzeichnung scheint noch in Sammlerkreisen in Umlauf zu sein - es dürfte kurzfristig auch als DVD verfügbar sein. Hier die Besetzung:


    Aufnahme: 28.7.1978, live, Video, München
    Dirigent: Wolfgang Sawallisch
    Bayerisches Staatsorchester München
    Chor der Bayerischen Staatsoper München
    Chorleitung: Wolfgang Baumgart
    Inszenierung: August Everding


    Der Heerrufer: Wolfgang Brendel
    Edler: Gerhard Auer
    Edler: Friedrich Lenz
    Edler: Hermann Sapell
    Edler: Hans Wilbrink
    Elsa von Brabant: Catarina Ligendza
    Friedrich Graf von Telramund: Leif Roar
    König Heinrich der Vogler: Karl Ridderbusch
    Lohengrin: René Kollo
    Ortrud: Eva Randova


    Irgendwo im Keller müßte ich die Oper noch auf einer Beta-Kassette haben, leider tut es der entsprechende Recorder schon lange nicht mehr. Am besten ist mir noch Leif Roar als Telramund in Erinnerung!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Auch ich möchte lobende Worte zu dieser Aufnahme beisteuern:



    Erstaunlich gute Tonqualität, ein sehr gelungenes Dirigat und ein homogenes Sängerensemble machen diesen "Lohengrin" wirklich zum günstigen Geheimtipp! Besonders hervorheben möchte ich aber die herausragende Leistung Josef Metternichs als Telramund: Seine Verzweiflung, seine Zerrissenheit, seine Wut in der ersten Szene des 2. Aktes sind wirklich mitreissend!


    :yes: Volle Kaufempfehlung!

  • Hi Diabolus in Opera!


    Zitat von Diabolus in Opera

    ...
    Besonders hervorheben möchte ich aber die herausragende Leistung Josef Metternichs als Telramund: Seine Verzweiflung, seine Zerrissenheit, seine Wut in der ersten Szene des 2. Aktes sind wirklich mitreissend!


    Da kann ich dir nur zustimmen.


    Waltrada

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

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  • Mich würde mal interessieren, wer in der Barenboim-Aufnahme, die ich ansonsten sehr schätze, auf die tolle Idee gekommen ist, die Telramund/Ortrud-Szene durch einen Wechsler zu splitten! :boese2:
    In der Schüchter-Aufnahme ist das alles wunderbar gelöst ...

  • Wie meistens, bevorzuge ich auch beim "Lohengrin" Live-Aufnahmen. Da der Bayreuther Mitschnitt von 1962 der erste war, den ich auf Tonband mitgeschnitten hatte, ist er mir natuerlich in bester Erinnerung. Eigentuemlich daran ist, dass nicht - wie ueblich - die Premiere uebertragen worden war (wenn mich meine Erinnerung nicht truegt). In dieser Premiere sang nämlich Irene Dalis, musste aber zumindest eine Folgeauffuehrung absagen, in der die Ortrud dann von Astrid Varnay gesungen wurde. Diese Vorstellung wurde dann mitgeschnitten und viel später auf Platten veröffentlicht

    Auch wenn die Varnay damals ihren Höhepunkt schon ueberschritten hatte und ihre Stimme zur Schärfe neigte, fand ich sie in ihrer ganzen Dämonie unuebertroffen. Anja Silja ist ein Fall fuer sich, und Ramon Vinay war nur noch ein schwacher Abglanz von einst. Aber mit Thomas und besonders Crass und Krause besitzt diese Aufnahme viele Pluspunkte.


    In Kauf nehmen muss man allerdings die ueblichen Wieland-Wagner-Kuerzungen, dem einige Textstellen "gegen den Strich gingen".


    An 1960 Bayreuth habe ich nur noch eine schwache Erinnerung, doch glaube ich mich zu erinnern, dass in der Hauptprobe Josef Metternich den Telramund sang, während es in der Premiere dann Gustav Neidlinger war.


    Heute habe ich eine besondere Vorliebe fuer die Bayreuth-Mitschnitte von 1958 und 1959 und finde vor allem Sandor Kónya hervorragend.


    Mikko

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Josef Metternich hat nie in Bayreuth gesungen.


    :hello:Herbert.


    Vielleicht ein Fall wie Berrys Hans Sachs? Aber bei Metternich dürften andere kompetenter sein (vor ein paar Tagen hatte ich eine neue CD-Box von ihm in der Hand, die auch Interviews enthält).

  • Zitat von Herbert Henn

    Josef Metternich hat nie in Bayreuth gesungen.
    :hello:Herbert.


    Das ist richtig und wiederum auch nicht richtig. Richtig ist, dass Josef Metternich nie eine Auffuehrung in Bayreuth gesungen hat, wohl aber eine (Haupt-)Probe. Warum, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht war Gustav Neidlinger unabkömmlich oder indisponiert. Jedenfalls taucht im Programmheft der Bayreuther Festspiele von 1960 (und m.W. auch in der Vorankuendigung) nur Neidlingers Name auf.


    Im Archiv der Bayreuther Festspiele wird es ein Foto mit Josef Metternich (Szene des 1. Aktes) geben; ich besass es frueher.


    Mikko

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  • In der Kölner Philharmonie wird diese Woche an mehreren Abenden der "Lohengrin" konzertant aufgeführt. Veranstalter ist der Westdeutsche Rundfunk, der einen der Abende (Mittwoch 28.5.08 ) aufzeichnet und am darauffolgenden Sonntag in seinem 3. Programm ausstrahlen wird (siehe auch: "Heute im Radio".)


    01.06.2008 - WDR 3 - Bühne Radio - 20.05 Uhr
    aus der Kölner Philharmonie
    (Parallele Ausstrahlung in Dolby Digital 5.1 Surround-Sound )


    Lohengrin
    Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner


    Anne Schwanewilms, Sopran; Petra Lang, Mezzosopran; Johan Botha, Tenor; Falk Struckmann, Bariton; Kwangchoul Youn, Bass; NDR Chor; Prager Kammerchor; WDR Rundfunkchor Köln; WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung Semyon Bychkov

    Zitat

    Der "Lohengrin" zählt zu Richard Wagners bekanntesten Opern. Ungebrochener Beliebtheit erfreut sich der Brautchor "Treulich geführt", und auch die zentrale "Gralserzählung" gehört zu Wagners berühmten Schöpfungen. Liebe und Ehre stehen im Mittelpunkt der Handlung. Der Heilsgedanke, die Identifikation mit dem "Heilsbringer im Schwan" Lohengrin wurde aber im Dritten Reich auch ideologisch vereinnahmt. Der Held scheitert allerdings, die Oper endet tragisch. Die konzertante Aufführung in der Kölner Philharmonie gestalten ausgewiesene Könner des Wagner-Fachs: Unter der Leitung von Semyon Bychkov singen Robert Holl, Johan Botha, Anne Schwanewilms, Falk Struckmann, Petra Lang und Eike Wilm Schulte.


    Die Karten für die WDR-Aufführungen sind relativ preiswert.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Danke für den Tipp, lieber Harald!


    Würde ich mir sehr sehr gerne anhören. "Leider" bin ich am Sonntag genau zu dem Zeitpunkt in Nürnberg und gucke mir den "Lohengrin" live an :) Nun ja, man kann nicht alles haben ...


    Florian

  • Lohengrin in der Kölner Philharmonie


    Nach dem gestrigen Konzert in der Kölner Philharmonie kann ich einen Besuch der Aufführung am 01.06.2008 nur empfehlen. Mit einem riesigem Aufwand (Blechbläserfanfaren auf den Balkonen, Fernorchester und Fernchor) präsentierte sich ein wunderbar disponiertes Ensemble einem begeisterten Publikum.


    Für die kranke Anne Schwanewilms wurde Marion Amman verpflichtet, die optisch mehr den Schwan verkörperte als stimmlich die Elsa. Leider blieb sie immer ein bisschen hinter allen anderen Stimmen. Im dritten Akt lief sie dann aber auch zur Höchstform auf. Der kranke Robert Hall wurde stimmgewaltig durch Alfred Muff (König Heinrich) ersetzt. Publikumsliebling an diesem Abend war, neben Johan Botha (Lohengrin), leider etwas unter seinem Niveau, Petra Lang, die mit böser Miene eine glanzvolle Ortrud sang. "Zappelphilipp" Falk Struckmann glänzte als Telramund. Mit der Rolle des Heerrufers begnügte sich Eike-Wilm Schulte - grandios.


    NDR Chor und WDR Rundfunk Chor ernteten für ihre phantastische Leistung ebenfalls Bravorufe.


    Das WDR Sinfonieorchester spielte, leider öfter mal zu laut, unter Semyon Bychkov einen wundervollen und klangschönen Wagner.


    Tosender Applaus und stehende Ovationen für alle Beteiligten am Ende eines unvergesslichen Opernabend.



    01.06.2008 / Kölner Philharmonie / 18:00 - 22:45 (2 Pausen zu 25 Minuten)


    Richard Wagner (1813 - 1883)


    Lohengrin - Romantische Oper in drei Akten WWV 75 (1846 - 1848 )


    Marion Amman - Sopran (Elsa)
    Petra Lang - Sopran (Ortrud)
    Johan Botha - Tenor (Lohengrin)
    Falk Struckmann - Bariton (Telramund)
    Eike-Wilm Schulte - Bariton (Heerrufer)
    Alfred Muff - Bass (Heinrich)


    NDR Chor
    WDR Rundfunkchor Köln
    WDR Sinfonieorchester Köln
    Semyon Bychkov


    Konzertante Aufführung in der Kölner Philharmonie



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • 3sat hat tief in die Mottenkiste alter Fernsehmitschnitte aus Bayreuth gegriffen und einer alten "Lohengrin" herausgezogen, der nächste Woche zu nächtlicher Stunde wiederholt wird:


    Sonntag, den 17.08.2008 - 01:55 Uhr (also schon Montag morgen!)


    Lohengrin


    Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner
    Es singen und spielen Chor und Orchester der Bayreuther
    Festspiele unter der musikalischen Leitung von Peter
    Schneider
    Aufzeichnung aus dem Festspielhaus Bayreuth, 1990


    Lohengrin Paul Frey
    Elsa Cheryl Studer
    Ortrud Gabriele Schnaut
    Telramund Ekkehard Wlaschiha
    König Heinrich Manfred Schenk
    Heerrufer Eike Wilm Schulte
    u. a.


    Inszenierung: Werner Herzog


    Zitat

    König Heinrich I. kommt nach Brabant, um dort ein Heer gegen den drohenden Hunneneinfall aufzustellen. Er erfährt von der Anklage des Grafen Telramund gegen seine Schwester Elsa: Sie habe nach dem Tod des Vaters ihren Bruder ermordet, um die Krone von Brabant für sich und einen geheimen Nebenbuhler zu gewinnen. Da es keine Beweise für diese Tat gibt, soll ein Zweikampf zwischen dem Kläger und einem Ritter, der Elsas Schuldlosigkeit verteidigen soll, stattfinden. Es naht ein Schwan, der Elsa bereits im Traum erschienen war. Unter der Bedingung, dass Elsa nicht nach dem Namen des Unbekannten fragt, verspricht dieser, Lohengrin, sie zu heiraten und für sie zu kämpfen.
    Mit dieser Inszenierung des "Lohengrin" hatte Wolfgang Wagner den in der Theaterarbeit unerfahrenen Filmregisseur Werner Herzog verpflichtet. Herzogs Auffassung öffnet einen neuen, direkten, von psychoanalytischen Deutungsweisen freien Zugang zu dem Werk. Seine zwar romantische, aber vom Historismus des 19. Jahrhunderts freie Inszenierung lässt Freiräume für eigene Assoziationen.


    Also Wecker stellen oder Recorder programmieren!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Zitat

    Original von Harald Kral
    3


    [QUOTE]. Es naht ein Schwan, der Elsa bereits im Traum erschienen war. Unter der Bedingung, dass Elsa nicht nach dem Namen des Unbekannten fragt, verspricht dieser, Lohengrin, sie zu heiraten und für sie zu kämpfen.


    :hello:


    und ist dies so zu verstehen, daß Lohengrin Telramund mit dem Schnabel attackieren will?

  • Ich hatte gerade meinen Erstkontakt mit Lohengrin.



    Ich muss dazusagen, dass ich bequem auf dem Sofa saß und die Partitur mitgelesen habe (Edition Eulenburg No. 8060). Zur Einspielung, die hier ja auch schon das ein oder andere Mal gelobt wurde: Sind nicht einige der Passagen mit vielen Sängern gleichzeitig (insbesondere die Chöre) relativ unsauber? Sind nicht auch einige der Streicherpassagen undeutlich bzw. aufgrund ihrer vermutlichen Undeutlichkeit fast bis zur Unhörbarkeit heruntergemischt? (Wobei mir klar ist, dass Wagneropern für Streicher Horror sein müssen...). Die Trennung der Telramund/Ortrud-Szene am Anfang des 2. Aktes gefällt mir (wie Diabolus in Opera) auch nicht, aber immerhin ist die Stelle musikalisch gesehen halbwegs sinnvoll.


    Was mich wirklich gewundert hat war diese hier schon häufig erwähnte 2. "Strophe" der Gralserzählung: Auf der Barenboim-Aufnahme ist sie drauf. Aber in der Eulenbergpartitur fehlt sie! (Getippt hätte ich auf das Gegenteil). Kann hier ´mal jemand ein paar fundierte Aussagen zu dieser Passage machen? Irgendjemand hat schon geschrieben, Wagner selbst (?) habe die Passage schon gekürzt. Sind Gründe dafür bekannt? Wie sieht´s aus mit der "Fassung letzter Hand" in der Partitur? Das würde mich interessieren.


    Thaon.

  • Die zweite Strophe der Grals-Erzählung hat Richard Wagner selbst wieder gestrichen, um den 3. Akt zu straffen. Sie ist m.W. erst 1936 von Franz Völker in Bayreuth zum ersten Mal wieder eingefügt worden und schlummerte dann wieder, bis Sandor Konya kam. Heute taucht sie als interessante Variante immer wieder auf.


    Auch hat Wagner ein Lied für den Schwan komponiert, aber nie in die Partitur eingesetzt. Es wurde schon mehrfach "wiedergefunden", gibt s aber eine Aufnahme davon ?


    Wer kann mir genaueres dazu sagen -


    euer Operngernhörer :hello:

  • Zitat von Operngernhörer

    Die zweite Strophe der Grals-Erzählung hat Richard Wagner selbst wieder gestrichen, um den 3. Akt zu straffen. Sie ist m.W. erst 1936 von Franz Völker in Bayreuth zum ersten Mal wieder eingefügt worden ...

    Genau. Wagner hat sie bereits gestrichen. Möglicherweise wirklich, um die Handlung an dieser Stelle nicht noch länger zu unterbrechen. Tatsächlich aber auch in weiser Voraussicht, denn die zweite Strophe wäre für die meisten Lohengrine absolut tödlich. Die armen Tenöre haben im dritten Akt ohnehin sehr viel zu singen und das Finale ist recht heikel, so dass man noch mehr als nur einen Rest von Kraft und Kontrolle benötigt, um gut über die Runden zu kommen.


    1936 hatte man mit Franz Völker aber einen ungemein ausdauernden Sänger in Bombenform zur Verfügung, so dass man auf die Idee kam, doch einmal die vollständige Gralserzählung zu bringen. Das wurde ganz still und heimlich vorbereitet und es gibt eine Anekdote von Winifred Wagner, die bei der Premiere einen höchst prominenten Gast in ihrer Loge hatte, der das Werk sehr gut kannte. Als Völker die zweite Strophe begann, erschrak der Gast einen Moment lang, da er meinte, Völker habe sich versungen. Doch erkannte er dann sehr schnell, dass es sich um den aufgemachten Strich handelte...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich glaube, es war kein Zufall, daß man in Bayreuth gerade in dieser Zeit nach Wagner - Raritäten gegraben hat.


    Es bleibt also eine vorhandene, aber vom Komponisten wieder gestrichene Stelle, die zwar interessant ist, aber kein fixer Bestandteil des Werkes bleibt.


    Euer Operngernhörer :hello:

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