Carlos Kleiber - sein Vermächtnis

  • Lieber Edwin,


    ich denke auch, daß Du in bezug auf die Parallelen zwischen Kleiber und Karajan recht hast.
    Vielleicht ist es möglich, Tempovorstellungen und Präzisionsfanatismus des jungen Karajan mit Kleibers Arbeit zu vergleichen, darüber hinaus besteht doch eine gewaltige Kluft zwischen beiden - zwei sich persönlich wohl genau aus diesem Grund anziehende Pole. Kleiber bewunderte Karajan für das, was er selbst nicht hatte und vice versa.


    Karajan war mit Sicherheit der umfassendere Dirigent, dem höchstwahrscheinlich (bei aller Arbeit) seine Kunst leichter fiel als den meisten Kollegen. Die Grübelei und das Zaudern des scheuen Carlos waren ihm fremd. Man darf dabei wohl auch nicht vergessen, daß Karajan offensichtlich auch gesellschaftlich reüssieren wollte und seine musikalischen Auftritte bei aller (frühen) Brillanz wohl häufig auch Mittel zum Zweck waren, ebenso wie die einzigartig eigenartige Personenkult-Inszenierung um HvK.


    Was Du über die Sensibilität für den Nerv, das vibrierende Leben einer Partitur schreibst, sehe ich exakt genauso. Auch den nuancierten Otello, den ich wegen Verborgung meiner CD gerade nicht nochmal nachhören kann, habe ich als großartig empfunden, ebenso wie die Orchesterbehandlung beim Tristan, der vokal natürlich Schwächen hat.


    Allein: Wenn Du von einzigartigen Interpretationen ohne Vorbild und Nachfolger sprichst, weshalb rechtfertigt dies nicht per se die Bedeutung eines Dirigenten?


    Bereits die Tatsache, daß es Kleiber und Celibidache gegeben hat, die nicht jedem Rummel des Geschäfts gefolgt sind, halte ich für wesentlich. Darüber hinaus fällt mir niemand ein, der eine ähnliche Dichte an Qualität produziert hätte wie Kleiber. Für mich reicht das aus, um ihn bedeutend zu machen.


    LG,


    Christian

  • Den Ausführungen von Il Grande Inquisitor kann ich mich im wesentlichen anschließen. Ich sprach ja auch immer nur von dem jungen Karajan. Zu bedenken geben möchte ich aber, dass die größte Dichte an Qualität dann derjenige erreicht, der einfach nichts mehr aufnimmt, nachdem ihm eine einzige fabelhafte Werkaufnahme gelungen ist ...


    Loge

  • Genau!


    Aber dieser Mensch ist mir weit lieber als der, der unbekümmert ein Werk nach dem nächsten "angeht".


    Die, denen es gegeben ist, sollen gern viel Großartiges schaffen. Derjenige, der sein künstlerisches Leben einem oder ein paar wenigen Werken widmet, hat aber die gleiche Legitimation!


    LG,



    Christian

  • Zitat

    Zu bedenken geben möchte ich aber, dass die größte Dichte an Qualität dann derjenige erreicht, der einfach nichts mehr aufnimmt, nachdem ihm eine einzige fabelhafte Werkaufnahme gelungen ist ...


    Hallo Loge,


    dem kann ich nicht zustimmen.
    Warum soll ein Dirigent nicht bei steigender technischer Entwicklung eine Neuaufnahme eines bisher eingespielten Werkes vornehmen um so eine bessere Wiedergabequalität seiner interpretation zu ermöglichen.
    Außerdem glaubt mit Sicherheit jeder Dirigent, das seine neuste Sicht immer die beste Interpretation ist, sonst würde er die Aufnahme nicht wiederholen.


    Ich finde es gut, das man von vielen Dirigenten mehrere Sichten des gleichen Werkes hören kann.


    ----------------------------


    Nichts jegen Klieber, ich hab schöne CD-Aufnahmen mit ihm.


    ?( Ein Rätsel wird mit jedoch immer bleiben, warum seine Beethoven-DG-CD: Sinfonien Nr.5 und 7 so hochgeputscht, so hochgepriesen wird ????
    Da haben beide Bernstein-Aufnahmen (DG und SONY) mehr zu bieten und Karajan bei der Nr.5 (bei allen 3 DG-Aufnahmen) sowieso.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Christian,
    ich spreche von "Bedeutung" dann, wenn durch ein geschehnis etc., etc. etwas verändert wird. Die Erfindung der drahtlosen Telegraphie ist also bedeutend, die des selbstverstopfenden Gartenschlauchs hingegen nicht (weil ihn niemand anwendet, sich ergo nichts ändert).
    Unabhängig davon steht für mich die Qualität: Ein großer Dirigent wie Kleiber kann für mich also durchaus ein weniger bedeutender Künstler sein als ein im Vergleich kleinerer Dirigent wie Karajan, der aufgrund welcher Fakten auch immer zu einer beherrschenden Gestalt des europäischen und asiatischen Musikmarktes wurde.
    Daß Kleibers Interpretationen für den individuellen Hörer von Bedeutung sind, steht dabei außer Frage.
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    habe ich verstanden. Aber Du gibst wahrscheinlich auch zu, daß Deine Definition von Bedeutung nicht kanonisch ist.
    Solange wir uns über die Qualität im wesentlichen einig sind, ist alles weitere ja auch zweitrangig.


    LG,


    Christian

  • Hallo Christian,

    Zitat

    Aber Du gibst wahrscheinlich auch zu, daß Deine Definition von Bedeutung nicht kanonisch ist.


    Doch sie ist kanonisch. Aber ausschließlich für mich. :D
    :hello:

    ...


  • Ich stimme Dir ja völlig zu. Ich wollte mit meiner Zuspitzung ja auch nur zum Ausdruck bringen, dass auch ich es grundsätzlich auch natürlicher und richtiger finde, wenn ein Dirigent, der auch Künstler ist, sich immer von Neuem an schon einstudierten oder neuen Werken der Literatur versucht. Natürlich sollte er dabei der Auffassung sein, eine künstlerische Aussage zu dem jeweiligen Werk entwickeln bzw. eine bisherige Aussage verbessern zu können. Bei großen Künstlern ist dieser Trieb naturgemäß vorhanden, sonst wären sie keine. C. Kleiber war insofern, obwohl großer Künstler, eben ein wenig speziell.


    Loge

  • Wenn es Herbert von Karajan nicht schaffte, Carlos Kleiber zu den Berliner Philharmonikern zu holen, dann gelang es immerhin dem damaligen Bundespräsidenten von Weizsäcker, Kleiber für ein Konzert am 9. März 1989 zu verpflichten. Es war ein Benefizkonzert zugunsten von Unicef, dem Kleiber seine Mitwirkung nicht versagen wollte. Diva hin - Diva her, das Konzert war ein unvergessliches Erlebnis, natürlich saßen die Philharmoniker auf der Stuhlkante.

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Zum Kapitel Karajan-Berliner-Philharmoniker-Kleiber empfehle ich diese Biographie:



    Hier wird deutlich, dass das Verhältnis Karajan-Kleiber im Hinblick auf die Philharmoniker durchaus ambivalent war und Karajan sehr oft mit der Haltung "JA ABER NEIN!" den Vorschlägen eines Engagements Kleibers entgegentrat. Diverse Figuren in seinem Umfeld taten ihr übriges.
    Ähnliches ließe sich auch über Abbado berichten. Immerhin holt man sich nur ungern jenen Dirigenten in sein Reich, der bei der Abstimmung zweimal gewählt wurde obwohl er nie zur Debatte stand und man selbst eher zum Überraschungs-(Kompromiss-)Kandidaten auserkoren wurde.

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Wie sich auch in der Diskussion hier im Thread über Carlos Kleiber herauskritallisierte, zählt Carlos Kleiber zu den genialsten und sicherlich meist diskutierten Dirigenten des 20. Jahrhunderts mit Interpretationen "für die Ewigkeit".
    Wie aus der aufschlussreichen, lesenswerten Biografie über Carlos Kleiber von Alexander Werner geschlossen werden kann, litt Carlos Kleiber immer unter der von ihm als übermächtig empfundenen Vater- und Vorbildfigur Erich Kleiber. Ein Beispiel in der Biographie unterstreicht dies deutlich. Der Autor Werner berichtet: Carlos Kleiber dirigierte in Stuttgart "Tristan und Isolde". König Marke sang Gottlob Frick. Eines Tages soll Frick Carlos Kleiber einen Klavierauszug mit einer Widmung des Vaters Kleiber gezeigt haben. Ganz spontan hätte darauf Carlos die Seite auf der sein Vater geschrieben hatte herausgerissen und zu Frick gesagt:"Sie bekommen eine viel schönrer Widmung von mir." Der berühmte Bassist soll sehr konsterniert gewesen sein.
    Also, wie der Fall Carlos Kleiber zeigt auch die Größten leiden unter ihren seelischen Hypotheken. Vielleicht ist dies auch ein Schlüssel zum Verständnis ihrer Außergewöhnlichkeit?
    Herzlchst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich hoffe dieses Mal landet meine Antwort an der richtigen Stelle,wenn nicht Entschuldigung, ich bin neu hier !


    Ich schließe mich Deiner Meinung voll und ganz an, was Carlos Kleiber betrifft !
    Er ist auch mein Hausgott--und ich finde alles war er gemacht hat, ist überragend.
    Er hatte es nicht nötig- massenweise zu produzieren- er war mit seinem wenigen ( auch wenn ich mir mehr gewünscht hätte ) eine Ausnahmeerscheinung !
    Gruß Odabella :hello:

  • Am Sonntag wäre er 80 geworden. Hier etwas für Schnäppchenjäger,
    ich habe alles teuer einzeln erstanden. Er war es mir wert!





    LG, Bernward (Großer Verehrer des Maestros)


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hab sie mir auch nochmals zugelegt. Bin Fan von ihm.


    Ein MUSS für alle Kleiber-Fans, Proben Freischütz-Ouvertüre
    und Fledermaus-Ouvertüre und anschließend Konzert im
    Rehar-Saal Stuttgart in schwarz-weiß.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Am morgigen Samstag gibt es bei 3sat ein ausführliches Fernsehportrait über den Künstler. Anschließend bringt der Sender noch die Aufzeichnung des legendären Wiener Neujahrskonzerts von 1989:


    3sat, Samstag, 26. Februar 2011 - 20:15


    Carlos Kleiber
    Ich bin der Welt abhanden gekommen

    Ein Porträt des Künstlers Carlos Kleiber
    Film von Georg Wübbolt
    Erstausstrahlung


    Zitat

    Neben Herbert von Karajan und Wilhelm Furtwängler gilt Carlos Kleiber (1930 - 2004) als der bedeutendste Dirigent des 20. Jahrhunderts. Er wurde als Sohn des berühmten Dirigenten Erich Kleiber in Berlin geboren. Die Eingriffe Goebbels in die Tätigkeiten seines Vaters bringt die Familie dazu, nach Buenos Aires zu übersiedeln. Schon früh zeigt sich Carlos' musikalisches Talent, er studiert beim legendären Arturo Toscanini Dirigieren. Mit Carl Maria von Webers "Freischütz" gelingt ihm 1967 der große Durchbruch. Die Konzertveranstalter reißen sich um ihn, bieten ihm exorbitante Gagen für einen Auftritt. Doch Kleiber geht seinen eigenen Weg. Er macht sich rar und entzieht sich konsequent der Maschinerie des Kommerzes. Herbert von Karajan hält ihn für ein Genie, bemerkt aber auch, wie wenig Spaß ihm die Musik macht. Die Musikwelt lag ihm zu Füßen, feierte ihn als Weltstar - doch das Streben nach Perfektion brachte ihn an den Rand des physischen und psychischen Zusammenbruchs. Von Musikern und Solisten erwartete er Unmögliches und lehrte sie mit seinen Anforderungen das Fürchten. Nicht selten widersetzte sich das Orchester seinen Anordnungen, es kam auch vor, dass er selbst erzürnt den Orchestergraben verließ. Keine seiner epochalen Interpretationen lässt diese Auseinandersetzungen und psychischen Risse spüren. Intensität, Expressivität und Mut zu einer neuen Deutung der großen Musikwerke prägen Kleibers Werk und machen seine Einzigartigkeit aus. Gegenüber seinem musikalischen Wirken und seiner künstlerischen Wirkung nimmt sich sein Anspruch an das Leben dagegen eher bescheiden aus: "Ich möchte gerne in einem Garten wachsen, ich möchte, dass die Sonne scheint, ich will essen, trinken und Liebe machen, mehr nicht."



    Im Anschluss, um 21.15 Uhr, folgt "Carlos Kleiber dirigiert Johann und Josef Strauß".


    +++++++++++++++


    3sat, Samstag, 26. Februar 2011 - 21:15 Uhr


    Carlos Kleiber dirigiert Johann und Josef Strauß
    Goldener Musikvereinssaal Wien, 1989
    Orchester: Wiener Philharmoniker
    Musikalische Leitung: Carlos Kleiber


    Zitat

    Auf dem Programm des Wiener Neujahrskonzerts 1989 unter dem Dirigat von Carlos Kleiber standen Werke von Johann und Josef Strauß. Bühne für die Tanzeinlagen des Wiener Staatsopernballetts war das Marchfeldschloss Eckartsau. Die Wiener Philharmoniker spielen unter anderem die Ouverture aus "Die Fledermaus", die "Bauernpolka", "An der schönen blauen Donau" und den "Radetzky-Marsch".
    Die Aufzeichnung des Konzerts aus dem Goldenen Musikvereinssaal in Wien ist eine der wenigen Aufzeichnungen von Kleibers Arbeit.
    (ORF)



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo, Ihr Lieben
    Vor einiger Zeit beklagte mal ein Mitglied unseres Forums den Dirigierstil von Kurt Masur. Er mag vielleicht recht haben. Ich kann das ncht beurteilen, bin kein Orchestermusiker, also nur Laie.
    Gestern abend sah ich auf " Classica " die Egmont- Ouverture, am Pult Herbert von Karajan. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie man als Musiker auf die " gymnastischen Freiübungen " des Dirigenten perfekt reagieren kann. Allerdings muß ich sagen, es muß ja wohl geklappt haben, denn die Interpretation war, bis auf das, aus meiner Sicht, etwas zu schnelle Tempo im Finale, richtig gut.
    Leider war die Kamera fast durchweg auf den Dirigenten gerichtet und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, was ist das für ein fürchterlicher, demonstrativer Selbstdarsteller und Schauspieler! Bitte, bevor die Karajan- Fans über mich herfallen wollen, ich sage nichts gegen seine überragenden musikalischen Fähigkeiten, im Gegenteil, große Anerkennung. Ich kenne und schätze viele seiner Interpretationen, ob in Oper oder Konzert.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY, Görlitz / Sa.

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Liebe Chrissy,


    eine der Fähigkeiten, um deretwillen HvK von vielen beneidet wurden, war, dass er das Orchester spielen ließ und es mit sparsamster Zeichengebung an der langen Leine zu Höchstform auflaufen ließ. Darin war er sicher das Gegenteil von Toscanini, der jeden Einsatz selbst gab und dem Orchester keine Freiheiten ließ. Er ließ seinen Musiker Freiheiten - und diese nutzten die Freiheiten. Man höre z. B. die Holzbläserfarben bei HvK.


    Es sieht von außen in der Tat seltsam aus, vor allem, wenn man die mitunter recht äußerlichen Freiübungen anderer Dirigenten vor Augen hat. Wenn man gleichzeitig die Orchestermusiker betrachtet, wie sie die zarten Gesten aufnehmen und wie das zu Musik wird ... Neid ... Wahnsinn ...

  • Das Phänomen des jüngeren Kleiber war mir irgendwie schon immer suspekt.


    Sicherlich gibt es einige tolle Aufnahmen, aber welche von all jenen soll wirklich einzigartig herausragen? Beethovens 4. bis 7. oder Schubert konnten auch andere gleich gut, wenn nicht besser. Furtwängler, Karajan, Bernstein, Klemperer, Leibowitz, Szell, um nur ganz wenige Namen zu nennen.


    Seine Opernaufnahmen können schon sängerisch nicht als Referenzen gelten (ausgenommen vielleicht "La Traviata", die mir auch am besten gefällt von den Vokalwerken, die er aufnahm).


    Was mich wirklich stört bei C. Kleiber, ist diese extreme Beschränkung auf ein Mini-Repertoire. Ist das allein mit Exzentrik zu erklären? Hatte er die Befürchtung, in der Breite könnte er seinen Standard nicht mehr halten?


    M. E. lagen Kleiber fröhliche Werke wie die "Fledermaus" viel eher als schwergewichtige wie der "Tristan".


    Da es kaum (offizielle) Aufnahmen mit ihm gibt, konnte er jedenfalls bei mir nie einen Spitzenplatz unter meinen Lieblingsdirigenten belegen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Was mich wirklich stört bei C. Kleiber, ist diese extreme Beschränkung auf ein Mini-Repertoire.

    Aber das ist doch gerade das Gute und Bewundernswerte an Ihm!!!
    Er wußte was er kann - was er wollte - und vor allen Dingen, was er nicht wollte.
    Daß er ein gestörter, neurotischer, überempfindlicher Mensch war, der ein Leben lang unter seinem Über-Vater gelitten hat, der ja gar nicht wollte, daß Carlos Dirigent wird, ist unbestritten, aber für mich macht Ihn das nur noch interessanter.
    Ich bin froh, daß er sich von vielen Dingen ferngehalten hat oder auch Aufnahmesitzungen abgebrochen hat, wenn er sich mit den Bedingungen nicht einverstanden erklären konnte - das nennt man Ernsthaftigkeit und Seriosität - und zwar kompromisslos!


    Zitat

    M. E. lagen Kleiber fröhliche Werke wie die "Fledermaus" viel eher als schwergewichtige wie der "Tristan".

    Ich weiß nicht recht. Ich finde seinen Tristan orchestral exzellent. Er transportiert genau die Stimmung des Werks. Ich finde den Tristan auch nicht unbedingt "schwergewichtig". Er ist nicht übermäßig orchestriert, hält sich überwiegend in traumähnlichen Sphären auf, ist eher überirdisch und introvertiert als bodenständig und extrovertiert (wie die Meistersinger). Und genau das trifft Kleiber perfekt.



    :!: Agon

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  • Aber das ist doch gerade das Gute und Bewundernswerte an Ihm!!!
    Er wußte was er kann - was er wollte - und vor allen Dingen, was er nicht wollte.
    Daß er ein gestörter, neurotischer, überempfindlicher Mensch war, der ein Leben lang unter seinem Über-Vater gelitten hat, der ja gar nicht wollte, daß Carlos Dirigent wird, ist unbestritten, aber für mich macht Ihn das nur noch interessanter.

    So sehe ich das auch! Übrigens heute Abend auf 3-Sat 1 Stunde, die ich natürlich aufnehmen werden. Dann brenne ich mir eine DVD.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Zitat

    So sehe ich das auch!

    Das freut mich zu hören.
    Carlos hat ja eigentlich auch nur die Werke dirigiert, die sein Vater auch dirigiert hat. Ich denke, er hat sich bis zu seinem Tod auch an seinem Vater abgearbeitet.
    Ich empfehle sehr die DVD mit einem seiner letzten Konzerte in München mit dem Bayerischen Staatsorchester, wo ein deutlich gezeichneter Carlos vor dem Orchester steht, der hier die unglaublichste Coriolan-Ouvertüre dirigert, die ich je gehört habe:



    Und, lieber Bernward, die Carlos-Kleiber-Sendung kommt zum Glück erst morgen auf 3sat!!!



    :) Agon

  • Sehr richtig, heute. Aber im Mac Dank EPG richtig eingegeben.


    Die Aufnahmen mit Kleiber sowohl DVD als auch CD habe ich komplett.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • mit den Wienern unter C. Kleiber gibt es auch ein klanglich eher maues Video von Beethoven sinfonie Nr. 5 (Gastkonzert in Mexiko). Im letzten Satz quatscht noch überflüssigerweise die TV-Ansagerin rein. Dennoch gehört diese Aufführung auch zu den höchst gelungen Wiedergaben der 5. (was da an Lebendigkeit, Spontanietät usw. rüberkommt, typisch C.K.!)
    .. ist leicht von Youtube runterzuladen...
    :hello:

  • Vorgestern abend hatte ich so bei mir Gedacht, ja heute könntest du dir mal eine La Traviata anhören, große Frage wie üblich, welche?
    Da mir gerade so nach Edita Gruberova war, fiel meine Wahl auf einen Livemitschnitt von 1985 aus München mit Neil Shicoff und Carlos Kleiber am Pult .
    Überarbeiten alter Vorurteile, leider wurde ich nur wieder voll bestätigt.
    Beim ersten hören hatte ich noch gedacht ich würde hier der Kurkapelle aus Laboe beim Spielen eines Platzkonzertes lauschen.
    So niedergewalzt hatte ich diese Oper bisher noch nie gehört.
    Keinerlei Gespür für musikalische Details es klang schlicht und ergreifend nach Tschinderassabumm um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren.
    Herr Shicoff muß es geahnt haben, denn er fand den ganzen abend schon von beginn an so traurig, ich meine das Vorspiel ist mit uninspieriert auch noch nett kommentiert , das er nur noch am weinen war, zumindest klang seine Stimme so.
    Frau Gruberova versuchte noch nach besten wissen und gewissen wenigsten noch etwas Gefühl heraus zu arbeiten, aber bei einer solchen unmusikalisch anmutenden Übermacht, war auch sie leider machtlos.

  • Hallo Sven,


    man muss ja Kleiber nicht mögen (ich bin leidenschaftlicher Fan von ihm), aber wenn Traviata, dann doch bitte die mit Domingo und Stratas Cotrubas.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Auch TAXIFAHRER


    wie ein kleines Kind,meinten die, welche mit ihm zusammenarbeiteten. Ein Divo. Natürlich.
    Aber bei den Kränkungen aus der Herkunftsfamilie, kein Wunder.


    Nicht richtig erwachsen geworden. Immer wieder muss er beweisen, wie toll er ist. Ein Musiker: er hat einen versaut, wenn man ihn gehört hat, geht er einem nicht mehr aus dem Ohr.


    In der Tat hat er aus tiefer Wunde eine Kraft zu Extremleistungen.

  • Es hat sich gelohnt. Einiges war schon bekannt, aber vieles nicht, auch nicht die Ausschnitte aus dem Gespräch des NDR mit ihm von 1960. Es kamen Freunde und vor allem Intendanten und Mitglieder der Phiharmoniker aus Stuttgart, Wien, München und Berlin zu Wort, auch Sawallisch und die Sängerin Cotrubas. Höchst interessant. Auch, dass er bei Lucia Popp einziehen wollte. Er hat ja die Frauen so geliebt. Im vorrausgegangenen Beitrag von mir muss es übrigens nicht Stratas sondern richtig Cotrubas heißen.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich komme gerade aus der "Iphigenie" wieder und schaue im TV das Neujahrskonzert unter Kleiber. Wirklich toll.
    Aber da fiel mir auf: Ich besitze und kenne keinen Don Giovanni unter Carlos Kleiber, kann mir da jemand Nachhilfe gegen?

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