Lieblingsgedichte

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl


    Oha, ich Trottel! Hab´ vergessen, das zu prüfen. Soll ich´s wieder löschen oder etwas anderes an "Nannys" Stelle setzen?


    Ach Quatsch! Wirklich gute Gedichte kann man gar nicht häufig genug auf der Plattform haben...


    Viele Grüße,
    Medard

  • Kein Distichon ohne Matthias Claudius


    Im Hexameter zieht der ästhetische Dudelsack Luft ein.
    Im Pentameter drauf lässt er sie wieder heraus.

  • Zitat

    Im Hexameter zieht der ästhetische Dudelsack Luft ein.
    Im Pentameter drauf lässt er sie wieder heraus.


    Das ging als Parodie steil zurück gegen die "Sudelköche" aus Weimar (G. und Sch.), die mit ihren "Xenien" zuvor selbst mal so richtig draufgehalten hatten. Und Schiller eben auch auf Claudius:


    Irrtum wolltest Du bringen und Wahrheit, o Bote, von Wandsbeck;
    Wahrheit, sie war dir zu schwer; Irrtum, den brachtest Du fort!


    Dies Xenion (gr. "Gastgeschenk", was hier spöttisch gemeint war) hat als Titel "Erreurs et Verité", anspielend auf eine von Claudius angefertigte Übersetzung des frz. Mystikers de Saint-Martin. Claudius hatte ja den Großteil seiner eigenen Arbeiten im von ihm geführten "Wandsbecker Boten" publiziert, so daß er synonym zu diesem Werk der "Bote" genannt werden konnte.


    Großes Dichten finden wir in den Weimarer "Xenien" nicht vor, hier herrscht ein eher kolloquialer Ton, der den Erfordernissen der literarischen Kritik entsprechen und wohl auch mit dem altehrwürdigen Versmaß kontrastieren sollte, um die Beschimpften so noch mehr herabzusetzen.


    Wo die Xenien stellenweise ätzend und lapidar hingekritzelt wirken (und auch waren), hat das von Blackadder angeführte Parodie-Distichon schon einen genaueren Humor. Claudius war in diesem Streit eindeutig die coolere Sau...


    Alex.

  • Friedrich Schiller


    Die Götter Griechenlands.


    Da ihr noch die schöne Welt regieret,
    An der Freude leichtem Gängelband
    Selige Geschlechter noch geführet,
    Schöne Wesen aus dem Fabelland!
    Ach, da euer Wonnedienst noch glänzte,
    Wie ganz anders, anders war es da!
    Da man deine Tempel noch bekränzte,
    Venus Amathusia!


    Da der Dichtung zauberische Hülle
    Sich noch lieblich um die Wahrheit wand, -
    Durch die Schöpfung floß da Lebensfülle,
    Und was nie empfinden wird, empfand.
    An der Liebe Busen sie zu drücken,
    Gab man höhern Adel der Natur,
    Alles wies den eingeweihten Blicken,
    Alles eines Gottes Spur.


    Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen,
    Seelenlos ein Feuerball sich dreht,
    Lenkte damals seinen goldnen Wagen
    Helios in stiller Majestät.
    Diese Höhen füllten Oreaden,
    Eine Dryas lebt' in jenem Baum,
    Aus den Urnen lieblicher Najaden
    Sprang der Ströme Silberschaum.


    Jener Lorbeer wand sich einst um Hilfe,
    Tantals Tochter schweigt in diesem Stein,
    Syrinx' Klage tönt' aus jenem Schilfe,
    Philomelas Schmerz aus diesem Hain.
    Jener Bach empfing Demeters Zähre,
    Die sie um Persephone geweint,
    Und von diesem Hügel rief Cythere,
    Ach, umsonst! dem schönen Freund.


    Zu Deukalions Geschlechte stiegen
    Damals noch die Himmlischen herab;
    Pyrrhas schöne Töchter zu besiegen,
    Nahm der Leto Sohn den Hirtenstab.
    Zwischen Menschen, Göttern und Heroen
    Knüpfte Amor einen schönen Bund,
    Sterbliche mit Göttern und Heroen
    Huldigten in Amathunt.


    Finstrer Ernst und trauriges Entsagen
    War aus eurem heitern Dienst verbannt;
    Glücklich sollten alle Herzen schlagen,
    Denn euch war der Glückliche verwandt.
    Damals war nichts heilig, als das Schöne,
    Keiner Freude schämte sich der Gott,
    Wo die keusch erröthende Kamöne,
    Wo die Grazie gebot.


    Eure Tempel lachten gleich Palästen,
    Euch verherrlichte das Heldenspiel
    An des Isthmus kronenreichen Festen,
    Und die Wagen donnerten zum Ziel.
    Schön geschlungne, seelenvolle Tänze
    Kreisten um den prangenden Altar,
    Eure Schläfe schmückten Siegeskränze,
    Kronen euer duftend Haar.


    Das Evoe muntrer Thyrsusschwinger
    Und der Panther prächtiges Gespann
    Meldeten den großen Freudebringer,
    Faun und Satyr taumeln ihm voran;
    Um ihn springen rasende Mänaden,
    Ihre Tänze loben seinen Wein,
    Und des Wirthes braune Wangen laden
    Lustig zu dem Becher ein.


    Damals trat kein gräßliches Gerippe
    Vor das Bett des Sterbenden. Ein Kuß
    Nahm das letzte Leben von der Lippe,
    Seine Fackel senkt' ein Genius.
    Selbst des Orkus strenge Richterwage
    Hielt der Enkel einer Sterblichen,
    Und des Thrakers seelenvolle Klage
    Rührte die Erinyen.


    Seine Freuden traf der frohe Schatten
    In Elysiens Hainen wieder an,
    Treue Liebe fand den treuen Gatten
    Und der Wagenlenker seine Bahn;
    Linus' Spiel tönt' die gewohnten Lieder,
    In Alcestens Arme sinkt Admet,
    Seinen Freund erkennt Orestes wieder,
    Seine Pfeile Philoktet.


    Höhre Preise stärken da den Ringer
    Auf der Tugend arbeitvoller Bahn;
    Großer Thaten herrliche Vollbringer
    Klimmten zu den Seligen hinan.
    Vor dem Wiederforderer der Todten
    Neigte sich der Götter stille Schaar;
    Durch die Fluten leuchtet dem Piloten
    Vom Olymp das Zwillingspaar.


    Schöne Welt, wo bist du? - Kehre wieder,
    Holdes Blüthenalter der Natur!
    Ach, nur in dem Feenland der Lieder
    Lebt noch deine fabelhafte Spur.
    Ausgestorben trauert das Gefilde,
    Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick,
    Ach, von jenem lebenwarmen Bilde
    Blieb der Schatten nur zurück.


    Alle jene Blüthen sind gefallen
    Von des Nordes schauerlichem Wehn;
    Einen zu bereichern unter Allen,
    Mußte diese Götterwelt vergehn.
    Traurig such' ich an dem Sternenbogen,
    Dich, Selene, find' ich dort nicht mehr;
    Durch die Wälder ruf' ich, durch die Wogen,
    Ach! sie wiederhallen leer!


    Unbewußt der Freuden, die sie schenket,
    Nie entzückt von ihrer Herrlichkeit,
    Nie gewahr des Geistes, der sie lenket,
    Sel'ger nie durch meine Seligkeit,
    Fühllos selbst für ihres Künstlers Ehre,
    Gleich dem todten Schlag der Pendeluhr,
    Dient sie knechtisch dem Gesetz der Schwere,
    Die entgötterte Natur.


    Morgen wieder neu sich zu entbinden,
    Wühlt sie heute sich ihr eignes Grab,
    Und an ewig gleicher Spindel winden
    Sich von selbst die Monde auf und ab.
    Müßig kehrten zu dem Dichterlande
    Heim die Götter, unnütz einer Welt,
    Die, entwachsen ihrem Gängelbande,
    Sich durch eignes Schweben hält.


    Ja, sie kehrten heim, und alles Schöne,
    Alles Hohe nahmen sie mit fort,
    Alle Farben, alle Lebenstöne,
    Und uns blieb nur das entseelte Wort.
    Aus der Zeitfluth weggerissen, schweben
    Sie gerettet auf des Pindus Höhn;
    Was unsterblich im Gesang soll leben,
    Muß im Leben untergehn.

  • Der Abend


    Senke, strahlender Gott, die Fluren dürsten
    Nach erquickendem Thau, der Mensch verschmachtet,
    Matter ziehen die Rosse,
    Senke den Wagen hinab.


    Siehe, wer aus des Meeres krystallner Woge
    Lieblich lächelnd dir winkt! Erkennt dein Herz sie?
    Rascher fliegen die Rosse,
    Thetis, die göttliche winkt.


    Schnell vom Wagen herab in ihre Arme
    Springt der Führer, den Zaum ergreift Kupido,
    Stille halten die Rosse,
    Trinken die kühlende Flut.


    An dem Himmel herauf mit leisen Schritten
    Kommt die duftende Nacht; ihr folgt die süße
    Liebe. Ruhet und liebet,
    Phöbus, der liebende, ruht.



    [Schiller, 1795]


    Für mich tatsächlich Schillers gelungenstes Gedicht. Es ist als Ode geschrieben in einer Strophenform, die Klopstock für sich kreiert hat. Man kennt solche Oden von Schiller sonst nicht, diese blieb bis auf Jugendwerke seine einzige.


    Auch den großen Einschub innerhalb der ersten Strophe – es dauert fast drei ganze Zeilen, bis daß der Eingang mit „Senke…“ fortgeführt wird – bringt die Form der Odenstrophe mit sich. Und das alles tut dem Gedicht gut! Es werden syntaktische Bezüge über Zeilen und Strophengrenzen hinweg geschaffen, die Schiller sonst so nicht hat. Die Rosse jeder dritten Zeile der ersten drei Strophen korrespondieren ebenso, wie schließlich der gelungene Chiasmus als Höhepunkt das kleine Werk endigt: „Ruhet und liebet, / liebende, ruht“.


    Durch harte Wortstellungen (das Enjambement bei „süße / Liebe“) und ständige Flußunterbrechungen atmet dieses Gedicht viel mehr, als es bei einfach alternierenden Silben (betont- unbetont) und gleichlangen Versen der Fall wäre.


    Was übrigens den Inhalt angeht, so ist man auf eine Szene in Ovids Metamorphosen gekommen, wo der Sonnengott (Phöbus) die Meergöttin Thetys (nicht Achills Mama) nächtens besuchen fährt. Aber mir ist beinahe schon egal, worum es geht! Der Rhythmus, dieser Rhythmus…!


    Alex.


  • Da ich das Gedicht sehr mag, habe ich jetzt mal selbstständig eine deutschsprachige Fassung hergestellt (mit etwas :rolleyes: Unterstützung einer Freundlin, die des klassischen Walisisch deutlich besser kundig ist als ich ;) ). Das Ergebnis ist etwas über den Originaltext hinwegübersetzt - kommt aber, wie mir die bereits angeführte Freundlin versichert, letztlich dann wieder dem Gehalt und dem Ton des walis. Originals näher als die englische Fassung. Ich will's mal glauben... Dennoch: das Walisische klingt soooo viel schöner (selbst wenn man gar nix versteht). Hier also das Gedicht in deutscher Fassung:



    Dafydd ap Gwilym (ca. 1320 - ca. 1350/1370)


    Die Möwe


    Über den Gezeiten schwebst Du, strahlende Möwe, wahrlich:
    Deine Farbe gleicht reinem Schnee oder dem Mondlicht;
    makellos ist Deine Schönheit,
    Du Sonnensplitter, Fehdehandschuh des Salzmeeres.
    Licht bist Du über den Wellen -
    Du flinker, stolzer Vogel - und Schrecken der Fische.
    Wenn Du Dich doch niedersetzten würdest,
    wenn Du, Meeres-Lilie, meine Hand hieltest!
    Wie weißes Leinen bist Du, wundervoll gewebt,
    Novizin auf den Wellenkämmen.


    Da ist ein Mädchen, wert, daß man sie weithin priese!
    Flieg‘ für mich um Wall und Turm, Möwe,
    und schau, ob Du sie nicht erblicken kannst:
    ein Mädchen von Eigrs Gestalt, hoch auf der stolzen Festung.
    Berichte ihr von meinem Wunsche!
    Wählen soll sie, richten über mich: Tritt zu ihr,
    wenn sie allein ist, nimm Dir ein Herz sie anzusprechen,
    jedoch: geschickt sein mußt Du, um bei diesem Mädchen, wohlerzogen,
    Vorteil zu gewinnen. Sag ihr, daß ich –
    ein Jüngling, höflich und gebildet – ohne sie nicht leben kann.


    Leidenschaftlich lieb‘ ich sie,
    ah, nie liebte ein Mann –
    weder der wortgewalt’ge Myrddin
    noch Taliesin – eine Frau von größ‘rer Schönheit:
    ein Mädchen, Venus gleich, mit kupferfarb‘nem Haar, umworben und begehrt,
    kein Wort kann sie beschreiben.
    Ach, Möwe, wenn Du doch ihr Antlitz sehen könntest! –
    das lieblichste der Welt!
    Wenn Du mir Nachricht nicht von ihr gewinnen kannst,
    wird dieses Mädchen Tod über mich bringen.




    Eigr = Eine Heldin der keltischen Sagenwelt. In manchen Überlieferungen wird sie als Mutter von König Artus gennannt (etwa in der Brut y Brenhinedd oder bei Geoffrey von Monmouth)


    Myrddin und Thaliesin = Namen zweier walisischer Barden, die im 6. Jahrh. gelebt haben sollen. Die Formel »Myrddin und Thaliesin« ist in der walisischen Dichtung des Hoch- und Spätmittelalters ein konventioneller Topos für prophetische Zukunftsvoraussagen einerseits, häufig – und hier wohl eher der Fall – als Prototypen der Männerrolle in einem höfischen Liebeskonzept.


    (Vgl. hrz.: Rachel Bromwich: Annotations, in: Dafydd ap Gwilym: A Selection of Poems. Walisisch/Englisch, hrsg., ins Engl. übers. und kommentiert von Rachel Bromwich, Llandysu (Dyfed): Gomer Press (3. Aufl.) 1993, S. 63 und 94)

  • Ich möchte hier mal den Übertragern/Nachdichtern und Übersetzern mein Lob aussprechen :jubel: :jubel: :jubel:


    Die 1000 Jahre alten Liebes-Verse von Morungen sind mir jeden Morgen wie frisch geschrieben und wie schwierig walisisch ist, weiss ich auch!


    Bravissimi!


    Fairy Queen

  • Kann es sein, dass dieser Herr Morungen ein direkter Vorfahr unserer Dichterliebe gewesen ist?



    Oder ist "Wenn ich in deine Augen seh, so schwindet all mein Leid und Weh und wenn ich küsse deinen Mund, so werd ich ganz und gar gesund" einfach eine unumstössliche universelle Tatsache jenseits von Zeit und Raum?


    Rezeptfrei zu bekommen, aber zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte...... ...........




    den Jüngling, der das Mädchen liebt. ;)



    Fairy Queen


  • Liebe Fairy,
    in der Carmina burana gibts ja ein Liedchen/Gedichtchen das fast schon palimpsestartig unter den Heineschen Versen zu liegen scheint (insbesondere die zweite Strophe des folgenden):


    Kume, kum, Geselle min,
    ich entbite harte din,
    ich entbite harte din, harte din,
    kum, kum o kume, Geselle min !


    Sueßer, rosenvarwer Munt,
    kum und mache mich gesunt,
    kum und mache mich gesunt, mich gesunt,
    sueßer, sueßer, rosenvarwer Munt !


    (ich hab mal auf die eigentlich notwendigen Längenzeichen usw. verzichtet).


    Vielleicht handelt es sich wirklich um »eine unumstössliche universelle Tatsache jenseits von Zeit und Raum«. Vielleicht kannte Heine aber auch diesen (oder ähnliche) Texte - der Rekurs auf das Mittelalter wäre ja im Kontext der Romantik nicht unbedingt exotisch - und verwendet dies in seinem Gedicht als Folie.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Stefan George


    Wer je die flamme umschritt
    Bleibe der flamme trabant!
    Wie er auch wandert und kreist:
    Wo noch ihr schein ihn erreicht
    Irrt er zu weit nie vom ziel.
    Nur wenn sein blick sie verlor
    Eigener schimmer ihn trügt:
    Fehlt ihm der mitte gesetz
    Treibt er zerstiebend ins all.

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  • Goethe-Tag


    Wir brachen mit dem zarten frührot auf
    Am sommerend durch rauchendes gefild
    Zu Seiner stadt. Noch standen plumpe mauer
    Und würdelos gerüst von menschen frei
    Und tag – unirdisch rein und fast erhaben.
    Wir kamen vor sein stilles haus, wir sandten
    Der ehrfurcht blick hinauf und schieden. Heute
    Da alles rufen will schweigt unser gruss.


    Noch wenig stunden: der geweihte raum
    Erknirscht: sie die betasten um zu glauben..
    Die grellen farben flackern in den gassen,
    Die festesmenge tummelt sich die gern
    Sich schmückt den Grossen schmückend und ihn fragt
    Wie er als schild für jede sippe diene –
    Die auf der stimmen lauteste nur horcht,
    Nicht höhen kennt die seelen-höhen sind.


    Was wisst ihr von dem reichen traum und sange
    Die ihr bestaunet! schon im kinde leiden
    Das an dem wall geht, sich zum brunnen bückt,
    Im jüngling qual und unrast, qual im manne
    Und wehmut die er hinter lächeln barg.
    Wenn er als ein noch schönerer im leben
    Jetzt käme – wer dann ehrte ihn? er ginge
    Ein könig ungekannt an euch vorbei.


    Ihr nennt ihn euer und ihr dankt und jauchzt –
    Ihr freilich voll von allen seinen trieben
    Nur in den untren lagen wie des tiers –
    Und heute bellt allein des volkes räude…
    Doch ahnt ihr nicht dass er der staub geworden
    Seit solcher frist noch viel für euch verschliesst
    Und dass an ihm dem strahlenden schon viel
    Verblichen ist was ihr noch ewig nennt.


    [Stefan George, Der siebente Ring, 1907, abgetippt nach meinem schönen Band aus der Gesamtausgabe, Februar 1931. Hochpunkte habe ich in Kommata gewandelt]

  • Robert Frost, "The Road Not Taken" (1920)


    Two roads diverged in a yellow wood,
    And sorry I could not travel both
    And be one traveller, long I stood.
    And looked down one as far as I could
    To where it bent in the undergroth.


    Then took the other, as just as fair,
    And having perhaps the better claim,
    Because it was grassy and wanted wear;
    Though as for that, the passing there
    Had worn them really about the same,


    And both that morning equally lay
    In leaves no step had trodden black.
    Oh, I kept the first for another day!
    Yet knowing how way leads on to way
    I doubted if I should ever come back.


    I shall be telling this with a sigh
    Somewhere ages and ages hence:
    Two roads diverged in a wood, and I –
    I took the one less traveled by,
    And that has made all the difference.



    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Die Trauerrede


    Am Sarge menschlicher Kadaver,
    und das trifft doch einmal jeden,
    hört man oft heuchelndes Palaver,
    eingepackt in große Reden.


    Die Wahrheit will man selten hören,
    dieweil man sie auch gern vergisst,
    sie könnt’ ja die Erinn’rung stören,
    damit ein Traum bleibt, wie er ist.


    Mit dem Tod wird jeder besser,
    besser, als er je gewesen,
    aus dem Großmaul wird ein „Kesser“,
    und aus den Nieten „zarte Wesen“.


    Zum Beispiel: „Er war ein Gerechter“,
    und: „immer war Sie hilfsbereit“,
    statt gut, da war’n die Meisten schlechter,
    und eingebildet, statt gescheit.


    „Gesellig“ nennt man dann den Trinker,
    Weltfremde nennt man „Optimist“
    zum „eig’nen Wesen“ wird der Stinker,
    und „kantig“ erscheint der Egoist.


    Schlußendlich wird dann die Laudatio,
    verzeiht, wenn ich es so erwähne,
    zum Trugbild – als Ultima Ratio,
    „De mortuis nil nisi bene“.

  • Hier hat sich offenbar ein direkter Vorfahre des armen Troubadix geäussert........ ;)


    Wie auch immer: diese Morungen Gedichte sind einfach toll und die Übertragungen ein echtes Geschenk. :jubel:


    Fairy Queen

  • Jakob Michael Reinhold Lenz


    Tödtendes Leben
    Gaukele hin,
    Kannst du dem Sinn
    Träume nur geben,
    Freuden und Schmerzen,
    Glücke das quält,
    Das sich dem Herzen
    Nimmer vermählt!


    (1775/76)

  • Sîn hiez mir nie widersagen


    Sîn hiez mir nie widersagen
    unde warp iedoch
    unde wirbet noch hiute ûf den schaden mîn.
    des enmac ich langer niht verdagen,
    wan si wil ie noch
    elliu lant behern und sîn ein rouberîn.
    Daz machent alle ir tugende und ir schoene, die mengem man tuont wê.
    der sî an siht,
    der muoz ir gevangen sîn
    und in sorgen leben iemer mê.


    In den dingen ich ir dienstman
    und ir eigen was dô,
    dô ich sî dur triuwe und dur guot an sach,
    dô kam si mit ir minnen an
    und vienc mich alsô,
    dô si mich wol gruozte und wider mich sô sprach.
    Des bin ich an vröiden siech und an herzen sêre wunt;
    und ir ougen klâr
    diu hânt mich beroubet gar
    und ir rôsevarwer rôter munt.



    Sie hat mir nicht den Krieg erklärt
    und sann doch stets
    und sinnt auch heute auf meinen Schaden.
    Dazu kann ich nicht mehr schweigen,
    will sie doch
    alles Land verheeren und eine Räuberin sein.
    Das kommt von ihren Vorzügen und ihrer Schönheit, die fügen einem Mann Leid zu.
    Wenn man sie ansieht
    ist man ihr Gefangener
    und lebt in immerwährender Sehnsucht.


    Als ich ihr diente
    und ihr eigen war
    auf sie treu und arglos schaute,
    überfiel sie mich mit ihrer Liebe
    und nahm mich gefangen,
    als sie mich grüßte und freundlich ansprach.
    So bin ich krank an Freuden und im Herzen tief getroffen:
    Ihre strahlenden Augen
    haben mich überwältigt
    und ihr rosenfarbener Mund.



    Liebe Grüße Peter

  • Mon dieu, das wird ja von Tag zu Tag immer tragischer! :faint: :faint: :faint: ;( ;( ;(


    Ich empfehle diesem arg gebeutelten Herrn nachdrücklich einen grossen Sarg, noch grösser als das Heidelberger Fass, noch länger als wie zu Mainz die Brück und zwölf Riesen dazu , die noch stärker als wie der starke Christoph im Dom zu Köln am Rhein sind. Die sollen den Sarg forttragen und senken ins Meer hinab.


    Danach gibt es dann ein wunderschönes Nachspiel voller Papillons, Sommermorgen und Tagelieder!


    :angel:


    Fairy Queen

  • Da ich das Singen wieder intensiviert habe, kommt mir dieses Heinegedicht in den Sinn:



    Auf Flügeln des Gesanges


    Auf Flügeln des Gesanges
    Herzliebchen, trag' ich dich fort,
    Fort nach den Fluren des Ganges,
    Dort weiß ich den schönsten Ort.


    Dort liegt ein rotblühender Garten
    Im stillen Mondenschein.
    Die Lotosblumen erwarten
    Ihr trautes Schwesterlein.


    Die Veilchen kichern und kosen
    Und schaun nach den Sternen empor.
    Heimlich erzählen die Rosen
    Sich duftende Märchen ins Ohr.


    Es hüpfen herbei und lauschen
    Die frommen, klugen Gazellen.
    Und in der Ferne rauschen
    Des heiligen Stromes Wellen.


    Dort wollen wir niedersinken
    Unter dem Palmenbaum
    Und Lieb' und Ruhe trinken
    Und träumen seligen Traum.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Heute mal wieder ein Gedicht aus meiner Feder.



    Mai


    Sonnengelbe Felder leuchten blütenschwer.
    Frühlingsgrünes Wogen im lauen Wind.
    Sanfte Wellen - endlose Weiten erwachter Natur.
    Auf sandigen Pfaden in schwebender Leichtigkeit
    über die Jugend wandelnd, durchströmt mich
    wohltuende, belebende Wärme.
    Betörende Düfte in erneuerten Farben - Sinne berauschend.
    Frohlockende Gesänge, auf geflügelten Schwingen,
    verkünden des nahenden Sommers Hoffen.


    (c) Magrit Müller 2008





    Foto by MM



    sonnige Grüße aus dem Norden


    Maggie

  • Lieber Peter, ich hatte mal eine Postkarte mit einem Bild von Kafkas Verlobter Milena. Auf der stand eine Tagebuch-Eintragung oder ein Vers von Kafka: "Wie kann man jemanden nur durch Schreiben zum Bleiben bewegen?"


    Vielleicht war auch er ein dichterliebender Nachfahr des Heinrich von Morungen?
    Irgendwie steckt ja in dieser Lyrik schon so gut wie alles drin.



    Fairy Queen

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  • Ein sehr schönes, nachdenkliches und auch ironisches Gedicht ist "Misanthropologie" con Erich Kästner, welches ich heute gelesen habe (man lese die letzten zwei Zeilen mehrfach laut und besonders sorgfältig!)

    "Das Höchste in der Kunst - vor Gott besagt's nicht viel.
    Hat doch die Welt zuletzt nur ein moralisch Ziel."
    (Hans Pfitzner)

  • Zitat

    Original von Gerald
    Ein sehr schönes, nachdenkliches und auch ironisches Gedicht ist "Misanthropologie" con Erich Kästner, welches ich heute gelesen habe (man lese die letzten zwei Zeilen mehrfach laut und besonders sorgfältig!):


    Ja, die sind Klasse! Die hat der Kästner aber von Nietzsche geklaut...


    Viele Grüße,
    Medard

  • Ach ja, das Copyright...
    naja, dann sei allen der schöne Reclam-Band mit einer Auswahls aus Kästners lyrischem Schaffen empfohlen... sehr geistreich und doch unterhaltsam.




    Liebe Grüße,
    Gerald

    "Das Höchste in der Kunst - vor Gott besagt's nicht viel.
    Hat doch die Welt zuletzt nur ein moralisch Ziel."
    (Hans Pfitzner)

  • Na ,wenn das mal keine 180 Grad-Wende ist! :D


    Dieser harte Mann von der Aue lebte ganz sicher gesunder als sein Nicht-Bruder im schwärmerischen Geiste , Dero von Morungen.


    Ich sag's ja immer: auch Ritter sind nur Menschen! :angel:


    F.Q.

  • Erkenntnis


    Unser Leben ist so kurz,
    welthistorisch nur ein Furz,
    und trotzdem, darauf möcht' ich wetten,
    wär's schade, wenn wir es nicht hätten!



    ... und noch dies:


    Der unverwertbare Tod

    Der eigene Tod ist die
    extremste existentielle
    Lebenserfahrung,
    die jeder einmal
    durchmacht,
    die man letztlich aber
    ebenso wenig verhindern,
    wie auch definitiv
    nicht verwerten kann.

  • ?(
    Lieber Peter, worin unterscheiden sich denn echte Gralsritter von Wagners Rittern von der traurigen....?


    Um aber mal das fatale Kundry-Element hier zwischen all den Rittern von glücklcher oder trauriger Gestalt reinzubringen, ein (die Wertung spare ich mir...) Gedicht, von dem ich nicht mehr genau weiss, wer es geschrieben hat und das ich (evtl nicht ganz richtig :untertauch:) aus dem Gedächtnis zitiere
    In meiner Erinnerung geht es so:


    Weil ich dich liebe
    bin ich des Nachts so wild und flüsternd zu dir gekommen


    Und dass Du mich nimmer vergessen kannst
    hab ich deine Seele mit mir genommen.


    sie ist nun bei mir und gehört mir ganz
    im Guten und auch im Bösen


    Von meiner wilden brennenden Liebe
    kann dich kein Engel erlösen.



  • Ziemlich gut erinnert - abgesehen davon, daß das Gedicht im Original aus zwei Vierzeilern besteht (erster Vers: »Weil ich dich liebe, bin ich des Nachts«). Und der Sprecher/die Sprecherin hat die Seele des Objekts der Begierde nicht einfach »mit« sich genommen sondern »zu« sich. Ansonsten: Alle Achtung!


    Ist aber nicht copyrightfrei...


    Viele Güße,
    Medard



    p.s.: der Autor ist übrigens ziemlich maskulin - was bekanntlich allerdings nichts daran ändert, daß im Text eine Dame sprechen könnte... ;)

  • Lieber Medard, abgesehen davon, dass es mich ziemlich entsetzt, dass DU sowas kennst und auch noch liest..... :faint: :D
    verrätst du mir denn auch noch, wer das geschrieben hat?
    Ich dachte vage, es wäre von Franziska zu Reventlow, für die hab ich nämlcih mal in meinem jugendlcihen Leichtsinn geschwärmt. Aber offenbar war sie's wohl nicht.
    Peinlich genug , dass solche Verse, in meinem Gedächtnis haften bleiben, heilbringende Stabreime aus des Weihepriesters Feder aber nicht. :untertauch:
    F.Q.

  • Oh, 8o Hesse war das?
    Nun ja, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil :pfeif:
    Mein Gedächtnis funktioniert wirklich ziemlich selektiv.


    Klingt aber irgendwie doch nach einer Art Kundry-Light - ohne -Schuld und Sühne-Version , findet ihr nicht?


    F.Q.

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