Wurde Mozart exkommuniziert?

  • Salut,


    Misereris Allegro wurde zwar unter diversen Androhungen stark behütet, war aber bereits seit 1730 in vielen Handschriften verbreitet und auch Kaiser Leopold I. erhielt sogar vom Papst persönlcih eine Abschrift. 1771 wurde das Werk gar veröffentlicht.


    Das Werk ist nur eins von hunderten gleichgearteten, was man damals offenbar nicht wahrhaben wollte und daher so einen Wirbel darum machte.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Das stimmt natürlich, also führt das auch nicht weiter "ut non incurremus mediate vel immediate in censuram eccleesiae"
    Amen
    Padre

  • Um auf die Ausgangsfrage nochmals zurückzukommen - ich las neulich in einem Buch, das mit Mozart nicht im entferntesten etwas zu tun hat, etwa sinngemäß:


    [...] Liste der sieben Fälle, die die Verweigerung der kirchlichen Bestattung nach sich ziehen [...] Selbstmord, Heiden, Juden, Mohammedaner, ungetaufte Kinder, Abtrünnige und Freimaurer [...]


    Um was für eine "Liste" handelt es sich da und aus welcher Zeit kann diese stammen?


    Und: Falls sie aus dem 18. Jahrhundert stammt oder gar älter ist, was ich mal annehme: Könnte hier alles über einen Kamm geschoren worden sein und Mozarts angebliche Exkommunikation darauf basieren, daß tatsächlich die kirchliche Bestattung aufgund des Freimaurertums verweigert wurde? Das würde die bisher unbegründete These Guy Wagners unterstützen.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Geheimbündler,


    also bei dieser Frage hilft Wikipedia mal so richtig weiter!


    Im Hauptartikel über die Freimaurer ist zu lesen:

      ...erließ Papst Clemens XII. am 28. April 1738 gegen die Freimaurerei den Bannfluch...


    In genau diesem Bannfluch verlangt Papst Clemens XII:

      "Unter Androhung eines strengen Banns und der Exkommunikation verbietet er allen Christen den Umgang, bei Zuwiderhandlung könne keine Absolution erteilt werden. Er beauftragt alle Bischöfe und höheren Geistlichen durch Inquisition dieser Ketzerei ein Ende zu bereiten, er fordert strenge Strafen sowie die Verfolgung und die Unterbindung dieser Gesellschaften durch die staatlichen Mächte."


    Sein Nachfolger setzt noch einen drauf:

      "Papst Benedikt XIV. erließ am 18. Mai 1751 eine zweite Bulle (Providas romanorum), in der er die „Reinheit der katholischen Religion“ gefährdet sah, da in der Freimaurerei Menschen jeder Religion Aufnahme finden."


    Diese zweite Bulle bekräftigt das Urteil:

      "Unter Androhung von Exkommunikation unterstreicht er nochmals die Androhungen seines Vorgängers, er fordert alle katholischen Christen auf jeglichen Kontakt mit diesen Sekten zu unterlassen. Die Exkommunikation erfolge ohne weitere Erklärung und hätte bis zum Tode ihre Gültigkeit."


    Des weiteren findet sich in Wikipedia ein ganze Liste päpstlicher Tiefschläge gegen die Freimaurer, die sich noch bis ins 20. Jahrhundert hineinzieht!


    Erst 1970 kam es zu einer Annäherung ..."die am 5. Juli 1970 in einer gemeinsamen Lichtenauer Erklärung ihren Ausdruck fand. Die Freimaurerei sei keine Religion und lehre keine Religion, da die Freimaurer keine gemeinsame Gottesvorstellung besitzen."


    Und nun darf geraten werden, wer selbst dann noch gegen die Freimaurer wetterte "dass sich ein Katholik, der zum Freimaurer wird, weiterhin in den Stand der schweren Sünde begebe, da die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Freimaurerei und katholischer Kirche ebenfalls im neuen Codex Iuris Canonici weiterbestehe, ohne jedoch ausgesprochen zu sein."


    na?


    wer war's?


    richtig!


    Kein Geringerer als Mozarts größter Verehrer, unser Beeee-ne-det-to.


    Dazu fällt mir dann auch nichts mehr ein...


    :rolleyes:
    V.


    [alle Zitate aus Wikipedia:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Freimaurerei
    http://de.wikipedia.org/wiki/In_eminenti_apostolatus_specula
    http://de.wikipedia.org/wiki/Providas_romanorum
    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_päpstlicher_Rechtsakten_und_Verlautbarungen_gegen_die_Freimaurerei_und_Geheimbünde]

  • :hello: bedankt.


    Zitat

    Original von Violoncellchen
    "dass sich ein Katholik, der zum Freimaurer wird, weiterhin in den Stand der schweren Sünde begebe, da die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Freimaurerei und katholischer Kirche ebenfalls im neuen Codex Iuris Canonici weiterbestehe, ohne jedoch ausgesprochen zu sein."


    Ja, komisch. Mozart konnte es offenbar unter einen Hut bringen. Nun müßte ja in aller Konsequenz Mozarts Kirchenmusik nicht mehr gespielt werden dürfen, ganz ähnlich Mahlers Sinfonien in... wo war's noch gleich...?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • ...andererseits heisst es:

      "Die Exkommunikation erfolge ohne weitere Erklärung und hätte bis zum Tode ihre Gültigkeit."


    ...von "darüber hinaus" ist ja nun nicht die Rede...


    Ob die Katholen damals für solche haarspalterischen Argumente zugänglich waren und nach dem Tod eines Freimaurers Gnade walten ließen?


    Das historische Gesamtbild betrachtend würde ich sagen: eher nicht...


    :evil:

  • Zitat

    Original von Violoncellchen
    ...andererseits heisst es:

      "Die Exkommunikation erfolge ohne weitere Erklärung und hätte bis zum Tode ihre Gültigkeit."


    ...von "darüber hinaus" ist ja nun nicht die Rede...


    ...klingt ziemlich eigennützig. Und inkonsequent.


    :beatnik:


    Insgesamt wäre also die Ausgangsfrage zu Bejahen. Was aber z.B. geschah vergleichsweise mit Haydn, der ebenfalls Freimaurer war? Wie war es unter diesen Umständen möglich, daß er seine 'Schöpfung' triumphal aufführte? Oder Leopold Mozart: nach seiner Aufnahme in die Freimaurerei in Wien immer noch in Diensten des Erzbischofs...? Irgendwie widerspricht sich das dann ja doch...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Könnte hier alles über einen Kamm geschoren worden sein und Mozarts angebliche Exkommunikation darauf basieren, daß tatsächlich die kirchliche Bestattung aufgund des Freimaurertums verweigert wurde? Das würde die bisher unbegründete These Guy Wagners unterstützen.


    Lieber Ulli,


    ich bin leider noch nicht dazu gekommen, Helmut Perls letztes Buch (Der Fall Mozart. Atlantis Musikbuch 2004) zu lesen. Ich habe nur gestern Abend einmal das Kapitel über das Begräbnis überflogen. Perl weist darauf hin, dass das angeblich übliche josephinische "Sackbegräbnis" (Dekret vom 2.4.1785) inzwischen schon wieder unüblich geworden war (Dekret vom 12.8.1788: "Jedem steht frei, sich mit öffentlichem Gepränge der Religion, zu der er sich bekennet hat, begraben zu lassen, des im Ort sich befindlichen Geläutes sich bedienen, und das seiner Religion angemessene Zeichen an seine Grabstätte setzen zu lassen [...]")


    In Prag gab es nach der Nachricht von Mozarts Tod ein feierliches großes Requiem - in Wien gab es das nicht, obwohl das bei dem Tode eines so berühmten Tonkünstlers üblich gewesen ist.


    Demnächst gerne mehr ...


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Ulli
    Insgesamt wäre also die Ausgangsfrage zu Bejahen.


    Nicht unbedingt.
    Nur weil es den päpstlichen Bannfluch gab, heisst das nicht, dass sie allerorten durchgesetzt wurde.


    Zwar kam es anscheinend besonders im unmittelbaren Dunstkreis des Vatikans zu Verhaftungen:


      "Giacomo Casanova, der 1750 in den Bund der Freimaurer aufgenommen wurde, wurde am 27. Juli 1755 in Venedig wegen Freimaurerei verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, ohne dass ihm das Strafmaß mitgeteilt wurde.[...]1783 wurde der Marchese Vivaldi in Venedig wegen Freimaurerei verhaftet, im Gefängnis erdrosselt und seine Leiche öffentlich mit der Aufschrift ausgestellt: „so behandelt die Republik die Freimaurer“"
      Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/G…he_Kirche_und_Inquisition


    ich vermute jedoch, dass die Katholische Kirche keine Großrazzien in den Freimauererlogen durchgeführt hat. Genausowenig konnte ich auf die Schnelle Hinweise über Massenexeku....exkommunikationen finden.


    Ich denke vielmehr, dass die Kirche den Bannfluch immer dann aus der Schublade geholt hat, wenn sie sich bestimmten Personen aus ganz anderen Gründen entledigen wollte.


    Speziell bei Herrn Casanova gehe ich davon aus, dass es nicht primär seine Zugehörigkeit zu den Freimaurern war, durch die er sich den Groll Kirchenoberen zuzog... :pfeif:


    Ich vermute, dass Papst Clemens mit dem Bannfluch ein Werkzeug bereithalten wollte, mit dem er einflussreiche Freimaurer, durch deren aufklärerische Lehren er Macht und Einfluss der Kirche bedroht sah, ohne weitere Erklärungen für ein paar Jährchen in einem Raum ohne Fenster verschwinden zu lassen.


    Die Frage ist also weniger ob Mozart in den Genuss des Bannfluches kam sonder vielmehr: Wenn ja, warum ausgerechnet er.


    :hello:
    V.

  • Zitat

    Original von Violoncellchen
    Die Frage ist also weniger ob Mozart in den Genuss des Bannfluches kam sondern vielmehr: Wenn ja, warum ausgerechnet er.


    Das ob kann man schließlich aus den im Eingasposting dokumentierten Unterlassenschaften der Kirche zumindest annehmen - denn: welche Gründe für die Verweigerung der Sakramente sollte es sonst gegeben haben?


    Was Herrn Neuhaus betrifft: erstens war das 1755 und nicht in den späten 1780ern, zweitens näher an Rom als Wien es ist und war, drittens hatte er keinen Joseph II. (der diese Partys ja immerhin zeitweise unterstützte oder mindestens duldete) - jedenfalls ist Mozart m. E. zumindest gemäß der von Dir zitierten Rechtslage exkommuniziert [worden].


    Zitat

    Origibal von pbrixius
    Perl weist darauf hin, dass das angeblich übliche josephinische "Sackbegräbnis" (Dekret vom 2.4.1785) inzwischen schon wieder unüblich geworden war (Dekret vom 12.8.1788 )


    Das ist ja ein alter Hund und hat m. E. mit dem eigentlichen Thema nichts groß zu tun. Oder doch? Das stattgefundene Begräbnis jedenfalls war eines der üblichen Art zu jener Zeit - die Spekulationen darüber, warum Mozart kein Ehrengrab bekam [u.a. soll zunächst Constanzes Geldnot eine Rolle gespielt haben, weiters ein Vertuschen von Todesursachen (schnelle Beseitung wegen - u.a. versehentlicher - Gabe von Gift) usw...] sind einem anderen Thread vorbehalten.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Das ist ja ein alter Hund und hat m. E. mit dem eigentlichen Thema nichts groß zu tun.


    Wie gesagt, ich habe das Kapitel nur mal überflogen. Aus der Art des Begräbnisses schließt Perl, dass Mozart exkommuniziert war. Ich werde allerdings erst in 14 Tagen dazu kommen, im MuWi mal nach dem "letzten Stand" zu fahnden. Wenn Du sagst, dass Perl da "einen alten Hund" einbringt, kann ich mir das Weiterlesen sparen.


    Liebe Grüße Peter

  • Interessant wäre es durchaus, das Pferd von hinten aufzuzäumen - Du darfst also gerne fahnden...


    :]


    Allerdings glaube ich nicht, daß da etwas völlig Neues zu Tage gefördert wird, denn Gründe für die Art der Bestattung gibt es ja viele. Letztlich hat Mozart ja doch die letzte Ölung erhalten, nachdem er bereits verschieden war und ein paar Tage vor dem Stephansdom herumgelegen hat... das spräche wiederum dafür, daß die Exkommunikation lediglich bis zum Tode gelte - womit eigentlich die Verweigerung eines ordentlichen Begräbnisses ausgeschlossen wäre...


    :hello:


    SpekULLInator

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Nebenbei fällt mir gerade ein, dass auch das Abschreiben des Miserere von Allegri unter Androhung der Exkommunikation verboten war.
    Aber dieses Vergehen war wohl 1791 schon verjährt. :P



    ...ups... bei der weiteren Recherche gerade verlesen:


      "110. Geburtstag von Papst Paul VI.: Benedikt XVI. würgt Vorgänger"

  • Zitat

    Original von Violoncellchen
    Nebenbei fällt mir gerade ein, dass auch das Abschreiben des Miserere von Allegri unter Androhung der Exkommunikation verboten war.
    Aber dieses Vergehen war wohl 1791 schon verjährt. :P


    Er hats ja nicht abgeschrieben, der Schlaumeier


    :baeh01:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • In den weiten des Internets bin ich gerade auf einen Artikel der katholischen Nachrichtenagentur "Zenit" gestoßen. Dort legt man sich das Bild von "Mozart als Freimaurer" kirchenkompatibel zurecht:


      "[...]Mozart wird häufig mit den Freimaurern in Verbindung gebracht[...]. Die wichtigsten Augenblicke seines Lebens fanden jedoch in der katholischen Kirche statt.


      Mozart wurde [...] katholisch getauft. "Theophilus", was "Liebhaber [sic!] Gottes" heißt[...] heiratete im Wiener Stephansdom [...] seine Kinder ließ er katholisch taufen und er selbst erhielt die Sterbesakramente aus der Hand eines katholischen Priesters.
      [...] für den 14 Jahre alten Katholiken Mozart von großer Bedeutung gewesen sein [...]"


    Auch Papst Clemens erscheint durch das moderne katholische Auge betrachtet in milderem Licht. Vom Bannfluch ist in diesem Artikel nichts zu lesen, wohl aber, dass "Papst Clemens XIV. schwer damit beschäftigt war, Mahlzeiten an die Armen auszuteilen"


    Quelle: http://www.zenit.org/article-8939?l=german

  • Zitat

    Original von Violoncellchen
    [...] und er selbst erhielt die Sterbesakramente aus der Hand eines katholischen Priesters.


    Achwas...!?

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ohne auf die Freimaurer einzugehen, möchte ich sagen:


    Laut dem Trientiner Konzil, von 1545 - 1563,


    konnte, und kann auch nach dem 2. Vat. Konzil, 1962 -1965, einem schon Verstorbenen,


    kein Sterbesakrament mehr gegeben werden, denn diese "Letzte Ölung" betrifft nur röm. kath. Christen, die auf dem Pilgerweg zum Himmel sind, also einen Schwerkranken oder einen im Sterben liegenden (nach dem 2.Vatikanum sogar öfter, falls der im Sterben Liegende wieder gesundet),


    so der Text.


    Liebe Grüße Peter, Student an der UNI Wien, Kath.Fachtheologie.

  • Beim Stöbern in Amazon ist mir soeben dies hier unter den Mauszeiger gekommen:



    Vielleicht beleuchtet dieses Buch ja einige der hier aufgeworfenen Fragen.
    Aber wenn, dann erst nächste Woche :P


    :hello:
    V.

    [P.S.: Öhhh...was ist denn das für ein Betreff über meinem Post...?!? Wenn man einmal nicht aufpasst!!!...]