Einsturz des Kölner Stadtarchivs

  • Wie Ihr sicher allen vernommen habt ist das Kölner Stadtarchiv vor wenigen Tagen auf dramatsiche und (scheinbar??????) völlig überraschende Weise komplett eingestürzt.
    Neben vielen bis zu 1000 Jahren alten einzigartigen Dokumenten liegt unter den Trümmern auch der Nachlass des Komponisten Jacques Offenbach !


    Nun möchte niemand daran schuld sein !
    Ich persönliche glaube nicht an die Unschuld aller Beteiligten !!!


    Warum werden unsere Kulturgüter nicht besser geachtet und geschützt ???


    Für ach so viel Irrsinn werden MILLIARDEN ausgegeben !!!! :motz: :motz: :motz:


    Ich bin sehr verärgert X(X(X(

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

  • Das Stadtarchiv als Institution war nur Mieter dieses Gebäudes und hat ja recht vehement auf die Bauschäden hingewiesen.


    Aber dass das ganze Ding in sich zusammen fällt, da hat wohl wirklich niemand mit gerechnet.
    Ich fand es sehr bestürzend wie der eine Professor bei der Pressekonferenz mit den Tränen gerungen hat.


    Das Problem ist wohl auch, man weiß wahrscheinlich gar nicht was alles verloren ist.



    Z.B. in Kassel hat zwar die Murhardsche Bibliothek einen Bestandskatalog für die riesige Sammlung an Handschriften (Musikalien) aber wenn die Bibliothek einstürzt, dann ist auch dieser Katalog weg, soweit man mir ezählt hat, gibt es den nur einmal :wacky:



    da wird einem doch etwas mulmig

  • Lieber Prometeo,
    ich war fassungslos und traurig, als ich diese Bilder im TV sah, weil ja praktisch die gesamte dokumentierte Geschichte Kölns unter den Trümmern begraben liegt. Wenn es stimmt, dass schon Tage/Wochen vorher Risse und Verschiebungen im Mauerwerk festgestellt worden sind, ist das ganze eine Riesensauerei, weil man zumindest die wertvollsten Dokumente rechtzeitig in Sicherheit bringen hätte können.Und jetzt auch noch der Dauerregen, der die Chance, doch noch das eine oder andere unversehrt bergen zu können, zunichte macht. Es ist wirklich zum Heulen!
    lg Severina :hello:

  • Vielleicht erwähnen wir auch, daß neben den Kulturgütern auch zwei Menschenleben verschüttet sind. Für Außenstehende und Nicht-Kölner mag sich das vornehmlich wie ein Archivschaden ausnehmen; für (Wahl-) Kölner sieht das schon viel dramatischer aus (daß die Praxis meines Zahnarztes nur 100 m von dem Stadtarchiv entfernt liegt, ist eine Beiläufigkeit, die zu erwähnen ich mir dennoch erlaube).


    Die Kulturliebhaber mögen sich indes beruhigen: eine ganze Menge des Materials ist abgefilmt worden. Diese Filme lagern in einem Salzstollen bei Stuttgart. Man hat auch schon eine ganze Menge an wichtigen Kulturgütern von der Unglücksstelle sichern können. Nur an die beiden verschütteten armen Teufel kommt man nicht ran. Die jetzt noch lebend zu bergen wäre ein Wunder. Und auch sonst gäbe es einiges von betroffenen Menschen zu berichten, wo der Dokumentenverlust nicht ganz so stark in den Vordergrund rückt.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Neben der Tragödie um das - größtenteils wohl - verlorene Archiv sei aber nicht vergessen, daß immer noch zwei Menschen vermisst werden. Und die Hoffnung, daß diese noch lebend geborgen werden können ist gleich Null.


    Schuldige wird man finden, wahrscheinlich nicht die Richtigen - so man selbige bei einem solchen Bauvorhaben wie in diesem Fall überhaupt eindeutig benennen kann - es werden wie immer die Köpfe derjenigen rollen, die sich nicht schnell genug vor irgendeiner Kamera selbst jegliche Mitverantwortung am Geschehenen absprechen werden. Schramma hat´s ja genau so versucht, indem er den ganzen U-Bahn-Bau "plötzlich" in Frage stellt, während die Hinweise auf Bauschäden etc. im Zusammenhang mit dem Tunnelbau aus der Bevölkerung seit Jahren zugenommen haben, von einem schiefen Kirchturm ganz zu schweigen...

  • Zitat


    ...ist das Kölner Stadtarchiv vor wenigen Tagen auf dramatsiche und (scheinbar??????) völlig überraschende Weise komplett eingestürzt.


    Berichte über Risse in Gebäuden entlang der Trasse tauchen seit dem Einsturz zuhauf auf. Überraschend war der Einsturz, bzw. das "verschwinden" des Fundamentes dieses Gebäudes mit Sicherheit für alle Beteiligten.


    Befremdlich nehme ich u.a. die Berichterstattung in der Lokalpresse wahr. Da wird auf Doppelseiten von einer "Katastrophe" geschrieben: die einen meinen den Verlust von Menschenleben, die anderen von historischen Dokumenten.


  • Lieber Thomas,
    ich verstehe deine Reaktion nicht ganz, denn niemand hier hat behauptet, dass der Verlust des Archivs schwerer oder genauso schwer wiegt wie die beiden Menschenleben. Ich habe lediglich auf Prometeos Hinweis auf den nun verlorenen Nachlass von Jacques Offenbach reagiert, und ich kann nicht einsehen, warum man das nicht bedauern darf.
    Und was deinen "Trost" betrifft: Das kannst du doch nicht im Ernst meinen! Originaldokumente aus Jahrhunderten sind nicht bloß "Material", sondern (kunst)historische Schätze und ihr Verlust tatsächlich eine Katastrophe, egal ob, wo und wie oft sie "abgefilmt" wurden. Angenommen, ein Irrer würde die Stephan-Lochner-Madonna im Kölner Dom mit Salzsäure überschütten, würdest du dann auch sagen: "Macht ja nix, die ist eh in allen Kunstführern abgebildet?"
    lg Severina :hello:


    PS: Ich habe sehr gute Freunde in Köln und weiß daher recht gut, dass es für die Kölner mehr als ein "bloßer Archivschaden" ist. (Der Neffe meiner Freundin besucht z.B. das GYmnasium vis-a-vis von der Unglücksstelle....)


  • Hallo Thomas,


    irgendwie empfinde ich diesen Hinweis als überflüssig. Die Dimension dieses Schadens ist doch - ohne zynisch zu sein - dass eine Unmenge jahrhunderte alte Dokumente wohl unwiderruflich verloren sind und nicht dass zwei Menschenleben zu beklagen sind. Das ist natürlich traurig aber macht eben nicht die Dimension dieses Éreignisses aus.


    Liebe Grüße
    calaf

    Without deviation from the norm, progress is not possible.
    (Frank Zappa)

  • Zitat

    Original von severina


    Lieber Thomas,
    ich verstehe deine Reaktion nicht ganz, denn niemand hier hat behauptet, dass der Verlust des Archivs schwerer oder genauso schwer wiegt wie die beiden Menschenleben. Ich habe lediglich auf Prometeos Hinweis auf den nun verlorenen Nachlass von Jacques Offenbach reagiert, und ich kann nicht einsehen, warum man das nicht bedauern darf.
    Und was deinen "Trost" betrifft: Das kannst du doch nicht im Ernst meinen! Originaldokumente aus Jahrhunderten sind nicht bloß "Material", sondern (kunst)historische Schätze und ihr Verlust tatsächlich eine Katastrophe, egal ob, wo und wie oft sie "abgefilmt" wurden. Angenommen, ein Irrer würde die Stephan-Lochner-Madonna im Kölner Dom mit Salzsäure überschütten, würdest du dann auch sagen: "Macht ja nix, die ist eh in allen Kunstführern abgebildet?"


    Nun, zum Einen ist es durchaus angemessen, auf die menschliche Seite der Tragödie hinzuweisen; bemerkenswert genug, daß das -nein, nicht von Dir- als überflüssig abgetan wird. Zum Anderen zeigt mein von Dir so apostrophierter Trost, daß unwiderruflich eben nicht so ganz unwiderruflich ist. Daß der Verlust der Dokumente eine Katastrophe ist, bestreite ich überhaupt nicht. Wieviel zerstört ist, kann übrigens noch gar nicht gesagt werden: bereits am Einsturztag sind Archivcontainer bereitgestellt worden, und es wurde auch schon einiges gesichert.


    Zu Deiner Annahme (wenn Du die Rosenhaag-Madonna meinst wirst Du die allerdings im Wallraff-Richartz-Museum finden): bekanntlich sind solche Säureattentate in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen. Leider! Und nicht nur solche Beschädigungen. Der van-Eyck-Liebhaber muß auch damit leben, daß die Tafel der gerechten Richter im Genter-Altar nur eine Kopie ist, da das Original in den 1930er Jahren gestohlen wurde und nie wieder aufgetaucht ist.


    Das kommentiere ich nicht mit einem "so what"; es bleibt mir aber auch nicht viel anderes übrig, als das einfach hinzunehmen.


    Und um auf die Menschen zurückzukommen: daß es mutmaßlich lediglich zwei Tote gegeben hat, grenzt schon an ein Wunder; eine Woche zuvor ist an dieser Stelle der Rosenmontagszug vorbeigegangen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Zitat

    Original von calaf
    Die Dimension dieses Schadens ist doch - ohne zynisch zu sein - dass eine Unmenge jahrhunderte alte Dokumente wohl unwiderruflich verloren sind und nicht dass zwei Menschenleben zu beklagen sind. Das ist natürlich traurig aber macht eben nicht die Dimension dieses Éreignisses aus.


    Lieber calaf,


    das ist halt so, wenn man als Moralist einen Wert hier vorgibt, den man den anderen mit dem entsprechenden Missmut als inkommensurabel vorhält.


    Jeder Tod ist ein Verlust, es hat sich da der (unpassende) Begriff der Tragödie eingebürgert. Aber den Verlust an Menschenleben und den an einem Kulturerbe gegeneinander abzuwägen, gehört sich nicht. Weder nach der einen noch nach der anderen Seite.


    Man könnte fragen, ab wie vielen Toten man von einer Katastrophe reden sollte. Nun mag man ja den von zwei Menschen, deren Biografie man in der Lokalpresse schon mit dem üblichen Betroffenheitsgestus lesen kann, als Katastrophe bezeichnen.


    Sicherlich ist der Verlust an den Kulturgütern eine Katastrophe in einer anderen Dimension. Die erwähnte Salzstollen-Sicherung ist auf jeden Fall eine bei weitem nicht ausreichende. Viele Dokumente sind nicht dort gesichert worden, Andere sind nur auf Schwarzweißfilmen gesichert worden, so dass (um mal einen in der Presse dokumentierten Fall zu zitieren) die wissenschaftliche Transkription nicht mehr möglich ist, weil das gesicherte Material schlecht zu entziffern ist.


    Dass man den Verlust von Kulturgütern in diesem Umfang beklagt, sagt auf jeden Fall mehr über eine humane Gesellschaft aus als die durchaus verständliche und nachvollziehbare Trauer um zwei Menschen, die - wie man auch sagt - sinnlos umkamen.


    Liebe Grüße Peter

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  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    ... Nun, zum Einen ist es durchaus angemessen, auf die menschliche Seite der Tragödie hinzuweisen; bemerkenswert genug, daß das -nein, nicht von Dir- als überflüssig abgetan wird...


    Lieber Thomas,


    bevor Missverständnisse auftauchen: ich fand Deinen Hinweis deshalb überflüssig, weil es wohl keinen hier im Forum gibt, der die menschliche Seite und den Verlust von zwei Menschenleben nicht realisiert und dieses Hinweises bedurft hätte.


    Vor zwei Wochen starb ein Freund von mir bei einem Verkehrsunfall und das war nicht einmal eine kleine Notiz in der Zeitung wert.


    Lieben Gruß
    calaf

    Without deviation from the norm, progress is not possible.
    (Frank Zappa)

  • Zitat

    Original von pbrixius


    Aber den Verlust an Menschenleben und den an einem Kulturerbe gegeneinander abzuwägen, gehört sich nicht. Weder nach der einen noch nach der anderen Seite.


    Wer, bitteschön, tut das?


    Zitat

    Original von pbrixius


    Dass man den Verlust von Kulturgütern in diesem Umfang beklagt, sagt auf jeden Fall mehr über eine humane Gesellschaft aus als die durchaus verständliche und nachvollziehbare Trauer um zwei Menschen, die - wie man auch sagt - sinnlos umkamen.


    Hier kann ich nur mit Einschränkungen zustimmen. Denn zunächst muss ich fragen, was denn mit der Klage über die Gesellschaft ausgesagt wird?


    Jeder, der sich mit Kulturgütern in öffentlichem Eigentum beschäftig wird den Eindruck gewinnen dürfen, daß sie der Gesellschaft weitestgehend egal sind. Interesse kommt dann auf, wenn es sich um solche handelt, die Tourismus und somit Umsatz generieren. Bei all den DIngen, die nur einen begrenzten Öffentlichkeitswert haben, fehlt es an allen Ecken an Mitteln. Mit Konsequenzen: in Dortmund hat man über Jahre hinweg die Graphische Sammlung des Museums am Ostwall verfallen lassen um dann kurz vor Toresschluss einen Spendenaufruf an die Bürgerschaft zu starten. In Köln verschwinden Bilder und Kulturobkjekte aus Depots (Wallraff-Richartz, Rautenstrauch Joest und auch Stadtmuseum) und nur Zufälle bringen das an den Tag. Ich bin mir sehr sicher, daß alle, die hier im Bibliothekswesen oder Museen tätig sind, ein Lied von der Mißachtung von Kulturgütern durch die öffentliche Hand singen können.


    Und nun das Stadtarchiv: daß vor nunmehr vier Jahren der Kirchtum von Johan Baptist in Schieflage geraten ist, hätte eigentlich zu Denken geben können. Die Kirche ist nur 100 m von dem Archiv entfernt.


    Die humane Gesellschaft, lieber Peter, sie klagt dann, wenn es zu spät ist.


    Die anstehenden Untersuchungen mögen mich gerne eine Besseren belehren: einstweilen sehe ich den Einsturz als Konsequenz von Gleichgültigkeit.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Die anstehenden Untersuchungen mögen mich gerne eine Besseren belehren: einstweilen sehe ich den Einsturz als Konsequenz von Gleichgültigkeit.


    Lieber Thomas,


    wir werden ja sehen, was die Ermittlungen ergeben. Wahrscheinlich beginnt es mit dem Billiggutachten des geologischen Befundes am Anfang. Was man da per Auftragserteilung an den billigsten Anbieter schon zugezahlt hat (Du erwähnst ja zu Recht die vielen Vorfälle bis dato) übersteigt um Mehrfaches das, was ein teures, aber sachgemäßes Gutachten erbracht hätte.



    Liebe Grüße Peter

  • Lieber Thomas ,



    leider ist nach meinem Kenntnisstand ein toter Mann "gefunden" worden . Ob es sich bei ihm tatsächlich um die "beiden Vermissten" handelt , weiss niemand .


    Die Obduktion findet derzeit in dem Institut für Rechtsmedizin statt .


    Hoffentlich ohne diese grauenvolle Pressegeier .



    Ein Bekannter , der bis 2005 in der Kölner innenstadt beruflich tätig war , rief mich an und sagte mir bedrückt und empört , dass schon v o r dem eigentlichen Baugebinn auf die sehr problematische Führung der neuen U - Bahn hingewiesen worden sei . Also dem Kölner CDu - Oberbürgermeister Schramma bekannt .


    Und es gab auch mindestens einen Mitarbeiter des Archives , der öffentlich (! mitgeteilt hat , dass er schon vor langem schriftlich mitgeteilt habe , dass es bedenkliche Bauschäden gegeben habe . Ohne jede Antwort !


    Angesichts der 2009 bevorstehenden Kommunalwahl in Nordrhein - Westfalen steht noch Schlimmes zu befürchten !


    Dir alles Gute nach Köln !



    Frank



    PS.: Neben mir liegt über die neue Düsseldorfer U - Bahnstrecke ein Bericht ("Wehrhahn-Linie" ) , dass es die Anlieger zwischen U-Bahnhog "Am Wehrhahn" und der FSüsseldorfer Altstadt "tief getroffen " habe , dass sie in der "1 b - Lage" bis zu 40 prozent Umsatzrückgang zu verzeichnen hätten .


    Interessant ist , dass der "Alte Kaufhof" , Königsallee 1 , sofort "prophylaktisch" mit zig Sensoren versehen worden ist , weil "man" um die Stabilität dieses gewaltigen Bauwerkes "schon immer" gefürchtet habe .


    Von drohenden schwersten Schäden von Menschen ist bislang durch die Herscher in Düsseldorfer nicht die Rede gewesen .


    Dem ist vorerst nichts hinzuzufügen .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin