Ist es nicht eine Überforderung?

  • Liebe Foristen, liebe Leser,


    Von Bülow sagte einmal: "Ein Dirigent sollte nicht den Kopf in der Partitur, sondern die Partitur im Kopf haben!"


    Stellt diese Aussage, ein Chiasmus übrigens, nicht doch eine Überforderung für den Dirigenten dar?


    Ich denke, der Dirigent sollte seine Partitur durchaus vor sich liegen haben dürfen, als Gedächtnisstütze. - Es kann unmöglich von ihm erwartet werden, die Noten der gesamten Partitur im Kopf zu haben.


    Wie seht ihr die Dinge?


    Musikalische Grüße,


    Melisma :hello:

  • Hallo Melisma,


    ich denke, so wie jeder gute Redner sein Manuskipt "kennen" und "können" sollte, so sollte auch ein Dirigent schon wissen, was er da vor sich hat. Würde der Redner vom Skript ablesen, käme wohl kaum eine mitreissende Rede raus.
    Analog stell ich mirs bei den Musikern vor.
    Grüße
    Thomas

  • Liebe Melisma,



    es gibt zahlreiche Anekdoten von Dirigenten, die die komplette Partitur auswendig konnten.


    Einem Geiger ist eine Saite gerissen mitten in einer Vorstellung. Der Dirigent, ich glaube, es war Toscanini, sagte ihm. dass er die Saite bis zum Schluss nicht brauchen werde.


    LG Uwe

  • Zitat

    Original von Thomas Knöchel
    ich denke, so wie jeder gute Redner sein Manuskipt "kennen" und "können" sollte, so sollte auch ein Dirigent schon wissen, was er da vor sich hat. Würde der Redner vom Skript ablesen, käme wohl kaum eine mitreissende Rede raus.
    Analog stell ich mirs bei den Musikern vor.


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ja, genauso würde ich das auch sehen.


    Natürlich kommt bei Dirigenten gewissen Alters auch eine entsprechende Routine hinzu... Werke, die er x-mal dirigiert hat, kennt er natürlich umso besser und benötigt vielleicht (je nach Komplexität des Werkes) keine Paritur mehr.


    Deswegen würde ich Bülows Aussage dennoch unterstreichen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Das kommt wohl auf das Musikstück an.
    Kein Dirigent wird ohne Partitur Ferneyhough dirigieren.
    :hello:


    Obwohl, bei Ferneyhough bekommt wahrscheinlich eh niemand mit wenn falsch gespielt wird. ;)


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Es gibt eine Bemerkung von Klemperer, der auf die Frage, warum er mit Partitur dirigiere, in etwa geantwortet haben soll: "Ich kann sie lesen."


    ;)


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Es gibt eine Bemerkung von Klemperer, der auf die Frage, warum er mit Partitur dirigiere, in etwa geantwortet haben soll: "Ich kann sie lesen."


    ;)


    JR


    War das nicht Knappertsbusch ("Weil ich sie lesen kann!")?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Eine Reihe von Dirigenten beherrschen diese Gedächtnisakrobatik, haben alle Noten im Kopf und können selbst große Werke auswendig dirigiiren. Nur wem nützt dieser Showeffekt? Die Aussage, dass dadurch mehr Konzentration und innere Spannung zu erreichen sei, wage ich zu bezweifeln. Die Frage wäre auch bei wem?
    Ohne Zweifel steigt das Risiko in der Aufführung. Deshalb sehen es die Orchestermitglieder nicht gerne, wenn der Chef auswendig pinselt. Aufmerksamkeit wird auch von der musikalischen Wiedergabe weg hin zum Pultstar gelenkt.
    Ich meine der Dirigent sollte seine Noten vor sich liegen haben. Er kann sich ja dann weitgehend von ihnen lösen und frei gestalten. Für den Fall der Fälle ist jedoch Sicherheit da. Also volle Kraft für die Interpretation und nicht ins Abrufen aus dem Gedächtnis.
    Übrigens ist der Vergleich mit dem Redner treffend. Wenn bei einer größeren anspruchsvollen Rede völlig frei ohne Konzept gesprochen wird, besteht immmer die Gefahr, dass der Redner sich verhaspelt, wichtige Details vergisst und vor allem ins Schwafeln kommt. Viel besser ist ein knappes Stichwortmanuskript, das diszipliniert durch die Rede führt, Orientierung und Einhaltung der Gliederung ermöglicht, Höhepunkte singnalisiert und eine exakte Zeiteinteilung ermöglicht und bei eingermaßen guten Beherrschung den rednerischen Ausdruck und das rhetorische Feuer nicht einschränkt. .
    Also ein Plädoyer für Noten beim Dirgenten und knappes Stichwort - Manuskript beim Redner!
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Zitat

    Original von MosesKR1
    ...
    Einem Geiger ist eine Saite gerissen mitten in einer Vorstellung. Der Dirigent, ich glaube, es war Toscanini, sagte ihm. dass er die Saite bis zum Schluss nicht brauchen werde.
    ...


    Diese Variante der Geschichte klingt nicht sehr glaubhaft. Dirigenten unterhalten sich in einer Vorstellung nicht mit den Musikern und dass ein Streicher eine Saite nicht mehr benötigt, ist auch fast unmöglich.


    Aber eine wahrscheinlichere Variante dieser Geschichte ist tatsächlich von Toscanini überliefert. Während einer Probe brach einem Klarinettisten eine Ventilklappe. Er wollte sich daher für ein paar Minuten entschuldigen, um eine neue Klappe zu montieren. Nachdem aber Toscanini erfragt hatte, um welches Ventil es sich handelte, dachte er angeblich einige Augenblicke lang nach und meinte dann, der Spieler könne ruhig bleiben, denn bis zum Ende des Stücks (und damit der Probe) benötige er die Klappe nicht mehr...


    Se non è vero, è ben trovato...


    (Mit solchen Aktionen schindet man natürlich gehörigen Respekt bei den Orchestermusikern...)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich bin auch so informiert, dass diese Anekdote von Otto Klemperer stammen soll. In jedem Fall ist sie nett und trifft den Kern unserer Diskussipn.
    Herzlichst
    Operus

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  • Zitat

    Original von Theophilus


    War das nicht Knappertsbusch ("Weil ich sie lesen kann!")?


    Ich kenne es mit Klemperer (und die von Toscanini mit einem Fagottisten). Zu Klemp paßt es jedenfalls besser als zu Kna; wer Proben für überflüssig hält, braucht eigentlich auch keine Partitur...


    Zwar gibt es nicht wenige Musiker mit einem photographischen Gedächstnis (aber das ist etwas, was man eben hat, oder nicht), aber abgesehen davon, muß man ein Stück keineswegs komplett bis ins Letzte auswendig können, um auswendig zu dirigieren. Die Musiker haben ja alle ihre Noten vor sich.


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von operus
    ...
    Übrigens ist der Vergleich mit dem Redner treffend. Wenn bei einer größeren anspruchsvollen Rede völlig frei ohne Konzept gesprochen wird, besteht immmer die Gefahr, dass der Redner sich verhaspelt, wichtige Details vergisst und vor allem ins Schwafeln kommt. Viel besser ist ein knappes Stichwortmanuskript, das diszipliniert durch die Rede führt, Orientierung und Einhaltung der Gliederung ermöglicht, Höhepunkte singnalisiert und eine exakte Zeiteintilung ermöglicht und bei eingermqaßen guten Beherrshung den rednerischen Ausdruck und das rhetorische Feuer nicht einschränkt. .
    Also ein Plädoyer für Noten beim Dirgenten und knappes Stichwort - Manuskript beim Redner!.
    ...


    Ich halte den naheliegenden Vergleich mit einem Redner für gar nicht so treffend!


    Welche Rede wird minutiös einstudiert und danach mehrmals bis oft wiederholt? Wirklich wichtige Reden werden natürlich schon geprobt, aber sie sind einmalige Angelegenheiten. Die meisten werden kurz studiert und müssen mit Konzept vorgetragen werden, weil der Redner sonst hoffnungslos den Faden verlieren würde (und womöglich bei der vorletzten Rede wieder aufnehmen würde ;) ) Musikstücke werden aber fast immer zumindest einmal richtig einstudiert und eher wenige nur ein einziges Mal aufgeführt. Daher sind die Unterschiede zum Redner größer als die Gemeinsamkeiten.


    Ich glaube auch nicht, dass man darüber allgemein gültige Aussagen machen kann. Natürlich hat Operus Recht, wenn er vom latenten Risiko beim Dirigieren ohne Partitur schreibt. Dies ist vor allem im Theater mit seinen vielgestaltigen Anforderungen richtig, wo naturgemäß auch viel mehr "passieren" kann als auf dem Konzertpodium. Dort ist heutzutage das einstudierte Niveau so hoch, dass Unfälle, wo eine Partitur hilfreich sein kann, fast auszuschließen sind (zumindest im "klassischen" Repertoire). Es ist dort wohl so, dass es mehr darauf ankommt, wieviel Vertrauen die Musiker dem Dirigenten entgegenbringen. Zitterpartien sollten von Vornherein vermieden werden. Auf der anderen Seite könnte man als Argument für das Auswendigdirigieren ins Spiel bringen, dass in diesem Fall der Dirigent das Werk wirklich vollkommen intus haben muss, während er beim Arbeiten mit der Partitur zumindest prinzipiell auch einmal ein wenig nachlässig sein kann...
    (Wollen wir aber natürlich alle von niemandem jemals annehmen! ;) )


    Letztlich sind die Dirigenten selbst zu unterschiedliche Menschen, als dass sie alle über einen Kamm geschert werden könnten. Einige waren für ihr unglaubliches Gedächtnis berühmt. Toscanini war so ein Fall (wie schon einmal hier erwähnt). Er dirigierte in der Öffentlichkeit immer auswendig. Dafür gab es aber auch einen guten Grund. Er war auf der einen Seite sehr stark kurzsichtig, trat aber (aus Eitelkeit) in der Öffentlichkeit kaum jemals mit Brille auf. Aber wenn er gezwungen gewesen wäre, mit Brille und Partitur zu dirigieren, hätte er wirklich den Kopf in der Partitur vergraben müssen! Das wollte er nun auf alle Fälle vermeiden und sein sprichwörtliches Gedächtnis half ihm dabei (er scheint wirklich ein sogenanntes "photographisches" gehabt zu haben). Dennoch ist der Wunsch Eines und die Ausführung ein Anderes. Um das durchzuziehen benötigte er nämlich noch eine andere Eigenschaft. Er gehörte zu den wenigen glücklichen Menschen, die es tatsächlich ein Leben lang geschafft haben, Nacht für Nacht mit nur wenigen Stunden Schlaf das Auslangen zu finden. Es ist mehr oder weniger verbürgt, dass Toscanini jede Nacht nach Vorstellung, Aufführung oder was auch immer sich in sein Arbeitszimmer zum Partiturstudium zurückzog, das bis in die frühen Morgenstunden andauerte. Auch Toscanini musste immensen Aufwand treiben, um auswendig dirigieren zu können (von Karajan ist ähnliches bekannt). Diese zwangsläufig intime Kenntnis der Partituren hat natürlich mehr Vorteile als nur eine unfallfreie Vorstellung zu garantieren. Sie ist die fast unerschütterliche Basis, auf der über die Wiedergabe hinaus die Interpretation greifen kann, die Voraussetzung dafür, dass am Abend auch einmal etwas spontan entstehen kann, ohne dass einer der Ausführenden zu viel Angst vor dem Risiko haben muss...
    Tatsächlich ist aber die Liste der Auswendigdirigierer eher klein, denn der Aufwand ist überhaupt heute mit den oft sehr weit gefächerten Repertoires einfach nicht mehr unterzubringen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    ... wer Proben für überflüssig hält, braucht eigentlich auch keine Partitur...
    ...


    Das Gegenteil ist der Fall! Gerade dann braucht man zwangsläufig die Partitur und Knappertsbusch hat auch praktisch immer mit Partitur dirigiert!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Original von Melisma
    Ich denke, der Dirigent sollte seine Partitur durchaus vor sich liegen haben dürfen, als Gedächtnisstütze.


    Das denke ich auch. Jeder Dirigent hat seine eigenen Mittel, um bestmögliche Musik zu machen.


    Mir als Hörer ist es völlig egal, ob Partitur oder nicht, solange
    - die Musik sicher und flüssig daherkommt
    - ich das Umblättern der Partiturseiten nicht höre.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Seeeeeeeeeeeeeehhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhr interessant waren die Beiträge bis hierher zu lesen! - Ich danke vielmals für euer Engagement!


    Wenn die Mehrheit der Dirigenten mit Partitur "pinseln", wie Operus so schön sagte :), so ist dies bei den Pianisten eher nicht der Fall, oder?


    Martha Argerich z. B. spielt immer auswendig, gemäß dem, was man auf YouTube sehen kann. - Hut ab!


    Auch der grandiose französische Countertenor Philippe Jaroussky singt den größten Teil seiner Literatur auswendig. - Respekt!


    Sonnige Grüße aus dem Bayernland,


    Melisma :hello:

  • Zitat

    Original von Melisma
    Auch der grandiose französische Countertenor Philippe Jaroussky singt den größten Teil seiner Literatur auswendig. - Respekt!


    Auf der Opernbühne würde das ja z.B. auch ziemlich bescheuert wirken, wenn die Darsteller Notenblätter vor sich hin hielten...


    :pfeif:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Liebe Musica,


    selbstverständlich auswendig, das wird auch von einem internationalen Solisten erwartet. Nur der Dirigent muss alles koordinieren, sensibel Solist und Orchester- egal welche Freiheiten der Solist sich auch herausnimmt - zusammenbringen, das ist schon eine andere Kategorie, als eine Solopartie perfekt zu spielen. Würdest Du mir da zustimmen.?Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Lieber Operus,


    da bin ich durchaus deiner Meinung.Ich habe mal unter einem russischen Dirigenten das Requiem von Dvorak gesungen, die Solisten mit Noten, der Dirigent ohne Partitur, es klappte hervorragend.


    Eine Oper wird auswendig gesungen, in einem geistlichen Konzert singen die Solisten mit Noten, viele Chöre ohne Noten und die Dirigenten fast immer mit Noten.

  • Es ist ja auch so, dass Kammermusikformationen, zumindest in der Größenordnung eines Trios oder Quartetts, eigentlich immer mit Noten spielen, Solisten aber so gut wie nie. Entscheidend scheint also wirklich die Notwendigkeit einer Koordination zu sein, die im Großen und Ganzen auch dann nur bedingt relevant ist, wenn der Solist mit dem Orchester konfrontiert ist, aber durchaus, wenn drei oder vier (oder eben mehr) Solisten mehr oder minder gleichberechtigt zusammen agieren müssen.


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Aber eine wahrscheinlichere Variante dieser Geschichte ist tatsächlich von Toscanini überliefert. Während einer Probe brach einem Klarinettisten eine Ventilklappe. Er wollte sich daher für ein paar Minuten entschuldigen, um eine neue Klappe zu montieren. Nachdem aber Toscanini erfragt hatte, um welches Ventil es sich handelte, dachte er angeblich einige Augenblicke lang nach und meinte dann, der Spieler könne ruhig bleiben, denn bis zum Ende des Stücks (und damit der Probe) benötige er die Klappe nicht mehr...


    Nebenbei bemerkt ist diese Story wohl genauso aus der Luft gegriffen wie die von der gerissenen Seite. Erstens haben Klarinetten keine "Ventilklappen", zweitens brechen die Klappen (ohne Ventil :D ) nicht während einer Probe, wenn man sie nicht gerade mit einer Kneifzange traktiert, drittens hat man, wenn wirklich etwas mit der Mechanik passieren sollte, keinen Klappensatz zwecks Neumontage in "ein paar Minuten" im Gepäck, viertens geht im Falle der meisten Klappen, wenn sie nicht mehr decken, nicht nur ein Ton, sondern sehr vieles nicht...


    Ansonsten ist es mir wurscht, ob der Dirigent auswendig oder mit Partitur dirigiert - das Ergebnis zählt!


    Beste Grüße


    Bernd

  • Sehr kritisch, Bernd! - Du bist Klarinettist? :] -
    Der Laie weiß das ja nicht. - Woher auch?


    Warum also dieses Ammenmärchen? -


    Mit "geblasenen" Grüßen,


    Melisma :hello:

  • Zitat

    Original von Bernd Schulz
    Nebenbei bemerkt ist diese Story wohl genauso aus der Luft gegriffen wie die von der gerissenen Seite. Erstens haben Klarinetten keine "Ventilklappen", zweitens brechen die Klappen (ohne Ventil :D ) nicht während einer Probe, wenn man sie nicht gerade mit einer Kneifzange traktiert, drittens hat man, wenn wirklich etwas mit der Mechanik passieren sollte, keinen Klappensatz zwecks Neumontage in "ein paar Minuten" im Gepäck, viertens geht im Falle der meisten Klappen, wenn sie nicht mehr decken, nicht nur ein Ton, sondern sehr vieles nicht...


    Ich habe drauf gewartet, daß Du das so darstellst, denn geheuer war mir diese Anekdote auch nicht... da kommt es schon eher mit der gerissenen Saite bei der Geige hin: eine fehlende D-Saite könnte man ggfs. mit etwas Geschick durch das Spiel auf der G- und A-Saite ersetzen... - Biber läßt grüßen ;) .


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Sehr kritisch, Bernd! - Du bist Klarinettist?



    Nein, ich traktiere die Obö. Aber da ich mal damit gehandelt habe, kenne ich mich mit dem anderen Holzgebläse auch ein wenig aus.


    Zitat

    Warum also dieses Ammenmärchen?


    Tja, offenbar hat auch der postmoderne Mensch das Bedürfnis nach derartigen Legenden, die die geradezu übermenschlichen Fähigkeiten seines jeweiligen Helden illustrieren sollen....


    Beste Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Bernd Schulz


    Nebenbei bemerkt ist diese Story wohl genauso aus der Luft gegriffen wie die von der gerissenen Seite. Erstens haben Klarinetten keine "Ventilklappen", zweitens brechen die Klappen (ohne Ventil :D ) nicht während einer Probe, wenn man sie nicht gerade mit einer Kneifzange traktiert, drittens hat man, wenn wirklich etwas mit der Mechanik passieren sollte, keinen Klappensatz zwecks Neumontage in "ein paar Minuten" im Gepäck, viertens geht im Falle der meisten Klappen, wenn sie nicht mehr decken, nicht nur ein Ton, sondern sehr vieles nicht...


    Beste Grüße
    Bernd


    Also doch die Version mit der Violine? Oder gibts da auch Vorbehalte. :pfeif::stumm:

  • Zitat

    Original von WolfgangZ
    Es ist ja auch so, dass Kammermusikformationen, zumindest in der Größenordnung eines Trios oder Quartetts, eigentlich immer mit Noten spielen, Solisten aber so gut wie nie. Entscheidend scheint also wirklich die Notwendigkeit einer Koordination zu sein, die im Großen und Ganzen auch dann nur bedingt relevant ist, wenn der Solist mit dem Orchester konfrontiert ist, aber durchaus, wenn drei oder vier (oder eben mehr) Solisten mehr oder minder gleichberechtigt zusammen agieren müssen.


    Überdies muß sich ein Dirigent, wenn er wirklich alles auswendig weiß (was er nicht unbedingt muß, um auswendig zu dirigieren) ja sehr viel mehr Noten merken als ein Geiger und auch mehr als ein Pianist. Und ein Solist wird viele Passagen eher im "prozeduralen Gedächtnis" seiner Finger haben, was auf den Dirigenten nicht zutrifft.


    Ein berühmtes Quartett, das auswendig gespielt hat (daher allerdings nur ein vergleichsweise kleines Repertoire hatte), war das Smetana-Quartett.
    Beim Kolisch-Quartett spielten dagegen, wenn ich recht erinnere, alle aus vervielfältigten, aneinandergeklebten Partituren, damit sie nicht nur die eigene Stimme vor sich hatten (was ich mir freilich recht umständlich vorstelle, wenn es stimmt) Man muß viermal so oft umblättern...


    Jedenfalls gibt es sicher Quartette, gerade ab dem 20. Jhd., die beinahe einen Dirigenten erfordern würden. Musik für kaum größere Ensembles wie in Pierrot Lunaire oder L`histoire du soldat wird gewöhnlich mit Dirigent gemacht.


    Ende des 18./Anfang des 19. Jhds. hatte der Leiter, sofern er nicht ohnehin von der ersten Geige oder dem Tasteninstrument aus operierte, oft nur die Stimme der 1. Violinen vor sich. Auswendig dirigieren war natürlich kaum möglich, wenn fast alles mit höchstens ein bis zwei Proben gespielt wurde...


    :hello:


    JR

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    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Bernd Schulz
    [QUOTE]Sehr kritisch, Bernd! - Du bist Klarinettist?



    Nein, ich traktiere die Obö.


    Herrrrrrrrrrrrrrrrrrlich! :] :] :] :] :] :] :] :] :] :] :]


    Melisma :hello:

  • Hallo,


    das sehe ich ganz genau so...ein Dirigent kann doch nicht immer und überall alles auswendig im Kopf haben!


    Das passt eine Anekdote zu Hans Knappertsbusch ganz gut; dieser wurde nämlich einmal gefragt, warum er nie auswendig dirigiere, worauf er dann antwortete: "Ich kann doch Noten lesen!" :D


    :hello:


    lg Helge

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