Widerstand gegen das Regietheater wächst unaufhörlich - ist das Ende nah?

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Ich habe mir ein paar Videos von Zefirelli Inszenierungen bei u-tube angesehen.


    Ich verwechsle den irgendwie immer und denke da sogleich an die Castratenriege: Caffarelli, Farinelli, Salmonelli, Berselli, Ceccarelli, Nutelli und wie sie alle heißen mögen ...


    Hier inszeniert offenbar Alfredelli...


    :D :untertauch:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Wem's nicht passt, der kann's ja lassen.
    Aber bei aller Kritik: Die Mehrheit des zahlenden Publikums liebt die Zefirelli-Inszenierungen und wäre noch so froh die Selbstdarstellungsorgien von Leuten wie Katharina Wagner, Konwitschny, Bieito usw. usw. in den Mond zu schiessen.
    Von mir aus, bezeichnet es als Kitsch, aber ich bekenne, keine Bohème, keine Tosca gesehen zu haben, die auch nur annähernd gleich ergreifend gewesen ist. Man kann ihn noch so sehr ablehnen, man kann noch so sehr mit einem Blödsinn wie der politischen Keule kommen (Faschismus, Berlusconi und ähnliches Blabla), dies wird Zefirellis Stellung genauso wenig verringern, wie es diejenige der sog. Regietheater-Inszenatoren erhöhen wird!

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Zeffirelli als oberste Instanz in Sachen Inszenierungen wäre eine idealle Wahl. Das Publikum würde vor Begeisterung toben.


    Jawoll! Für die Klischees! Für das Abgeben des Gehirns an der Garderobe! Für die Vorurteile über Oper!


    :faint: :faint: :faint: :faint: :faint:



    Zitat

    Original vom Lullisten
    Das kann man nicht mal mehr als Kitsch bezeichnen – da wird auch kein Klischee ausgelassen, Ballett, „Personenführung“ alles ganz furchtbar – wenn es wenigstens so gemacht wäre wie im Stil der Sandalenfilme der 50er, dann hätte es noch einen gewissen Witz... aber so.
    Das hat mit Werktreue rein gar nichts zu tun.


    Das ist eine Verunglimpfung von dem was Oper und Kunst sein kann, kein Wunder dass das so angegangen wird, bzw. verlacht wird.


    Ganz genau. Ich kann darüber bestenfalls noch lachen. Zeffirellis Inszenierungen sind schlicht und einfach ein Affront gegen den guten Geschmack.


    Mal ehrlich: Sind denn Opern nicht schon immer vom Regisseur bestimmt gewesen? Welche Inszenierung man sich auch ansieht- jedes Mal lässt der Regisseur seine eigene Vorstellungen einfließen. Und das ist absolut legitim.


    Zitat

    Original von Alfred
    Kommt Zeit, kommt Rat.


    Auch für mich stirbt die Hoffnung zuletzt :P.


    :hello:

  • Naja, das ist halt ´ne Torte. Manche Leute mögen Torte. Und die Z-Z-Zeffirelli-
    Produktionen sind doch auch mit einer gewissen Portion Ironie unterfüttert....
    oder?????? 8o


    .

  • Zitat

    Naja, das ist halt ´ne Torte. Manche Leute mögen Torte. Und die Z-Z-Zeffirelli-
    Produktionen sind doch auch mit einer gewissen Portion Ironie unterfüttert....
    oder?????? 8o


    ich hoffe es, alles andere wäre mehr als bedenklich.
    Vielleicht ist es so, dass er sich wie die Macher der Assi Talkshows hinter den Kulissen kaputt lacht....



    Zitat

    Mal ehrlich: Sind denn Opern nicht schon immer vom Regisseur bestimmt gewesen? Welche Inszenierung man sich auch ansieht- jedes Mal lässt der Regisseur seine eigene Vorstellungen einfließen. Und das ist absolut legitim.


    ja eben - außerdem bedeutet eine werktreue Interpretation "so wie es der Komponist gewollt hat" folgendes:


    - Orchesterbesetzung und Instrumente der Entstehungszeit
    - Spiel- und Gesangstechniken der Entstehungszeit
    - Regie und Kostümarbeit wie zur Entstehungszeit
    - Bühnenbeleuchtung und Bühnentechnik wie zur Entstehungszeit
    usw.


    Das kann man alles machen, und ich finde so etwas auch wirklich toll: Oper bei Kerzenlicht etc.
    Aber soweit ich das hier im Forum gesehen habe, wird ja historisch informierte Aufführungspraxis schon bei Mozart abgelehnt - von daher sollte man sich das ohnehin streitbare Wort "Werktreue" besser verkneifen.


    Denn gerade die oben aufgeführten Punkte, die haben nicht das geringste mit Zefirelli zu tun - das ist genau das was ihr dem Regietheater vorwerft, eine Verballhornung von Kunst - so kann man doch Oper nicht ernst nehmen.
    Und das tut Regietheater wenigstens, es nimmt das Werk ernst und macht aus der Oper keinen drittklassigen Kostümfilm.



    Zitat

    Aber bei aller Kritik: Die Mehrheit des zahlenden Publikums liebt die Zefirelli-Inszenierungen und wäre noch so froh die Selbstdarstellungsorgien von Leuten wie Katharina Wagner, Konwitschny, Bieito usw. usw. in den Mond zu schiessen.


    Ich denke dass gerade das was Zefirelli da macht, pure Selbstdarstellung ist:


    Zitat

    der Mann wurde verehrt wie ein Papst
    die Aussatattungen waren vom besten.
    Schon wenn sich der Vorhang hob gab es minutenlang Szenenaplaus,
    bevor noch überhaupt ein Ton gesungen wurde.



    Hier scheint absolut nur die "Show" Gegenstand des Interesses zu sein, dem Publikum dem so was gefällt, könnte man auch die Musik vom Band vorspielen, es müsste nicht mal Verdi sein - da geht auch Riverdance etc. - weil es schlicht egal ist.


    Zitat

    man kann noch so sehr mit einem Blödsinn wie der politischen Keule kommen


    wer einen solchen Blödsinn auf der Bühne zeigt, muss sich das gefallen lassen - ganz einfach.


    Zitat

    Wem's nicht passt, der kann's ja lassen.


    aber 100 % - sowas tue ich mir nicht wieder an.

  • Die Regie im Schauspiel und in der Oper ist erst im 20sten Jahrhundert entstanden. Zur Zeit Wagners oder Verdis richtete man sich nach den Angaben des Komponisten. Auch in der Folgezeit beachtete man bei Schauspiel oder Opernaufführungen das historische Umfeld in dem ein Werk angesiedelt ist. Es gibt zahlreiche Kritiken, zum Beispiel von Fontane, in denen eine Regie garnicht erwähnt wird. Die normale Opernregie begann ungefähr mit Richard Strauss und das anormale Regietheater begann erst in den 70er Jahren des 20sten Jaherhunderts.


    Ich möchte betonen, daß für mich die Sängerinnen und Sänger die Hauptträger einer Opernaufführung sind. Die Regie kommt ungefähr an fünfter Stelle.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Und, werter Lullist, Sie mögen sich mit dem Ziergesang bis zur Klassik intensiv auseinandergesetzt haben, aber von beispielsweise dem Verismo haben Sie schlichtweg keine Ahnung, ganz abgesehen davon, dass Sie bekanntlich dazu auch keinen gefühlsmässigen Zugang haben. In dem Zusammenhang Zefirelli als Selbstdarsteller zu bezeichnen ist schlichweg Quatsch und zeigt nur, dass Sie in die Libretti, die Puccini mit Giacoso/Illica entwickelt hat, nie einen Blick geworfen haben.
    Wenn Sie sich nur ein wenig damit beschäftigen, werden Sie konstatieren, dass Zefirelli zum Teil minutiös die Vorgaben verwirklicht. Ein anderer gleichwertiger Regisseur wäre übrigens Pierluigi Samaritani, dessen "Werther" durch die modernistische momentane Wiener-Verballhornung abgelöst worden ist.
    Aber eben, die Zeiten der Verballhorner scheinen glücklicherweise dem Ende entgegen zu gehen, um auf das Thema dieser Diskussion zurückzukommen!

  • Ihre Meinung sei Ihnen unbenommen! Aber weisen Sie mir bitte nach, wo ich falsch liege, bzw. was ich fälschlicherweise unterstellt habe.

    Einmal editiert, zuletzt von m.joho ()

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  • werter m.joho,


    wovon ich Ahnung habe und wovon nicht, das weiß wohl ich selbst am besten, da brauch ich keine Belehrungen, schon gar nicht auf diesem Niveau.


    Das sie die Oper bis zur Klassik "als Ziergesang" abqualifizieren, lässt allerdings sehr tief blicken, wie groß Ihre Ahnung ist.





    Was mir sehr wichtig erscheint, wenn man "historische Inszenierungen" machen will, dass man sich mal die erhaltenen Bühnenentwürfe und Kostümdesigns ansieht.
    Aber da hört’s doch schon bei Zefirelli auf, dass das was da fabriziert wird, ist der reinste Schrott.
    Mit dem was man damals gemacht hat, hat dieser Kostümplunder rein gar nichts zu tun.


    Die Bühnenentwürfe waren nach den gängigen Kunstregeln gestaltet, Perspektiven, goldener Schnitt - Zefirelli hat davon nicht die geringste Ahnung.
    Ihm fehlt schon das grundlegende Gefühl für Gestaltung jeglicher Art.
    Alles ist maßlos überladen, ohne Sinn und Verstand regelrecht zugemüllt, die Bühne sieht aus wie bei einem ägyptischen Messi.


    Das ist nichts weiter als teurer Mist mit Goldüberzug - ohne Geschmack, ohne Emotion, ohne Ordnung - und die Protagonisten - die laufen oder stehen wie die Ölgötzen auf der Bühne.
    Tut mir leid, aber das ist mit Abstand der größte Mist, den ich jemals in meinem Leben auf einer Opernbühne gesehen habe.





    Hallo Herbert,



    das ist so nicht richtig.
    Gerade in der Zeit davor gibt es unzählige Abhandlungen und Beschreibungen von „Regiearbeit“ bis weit ins 18. Jahrhundert hatte jedes Wort eine bestimmte Gestik, da gab es ein großangelegtes Regelwerk.
    Ich hatte das auch schon mehrfach geschrieben und beschrieben...aber wohl umsonst.


    Zu dem Thema gibt es auch einiges an Literatur.

  • Zitat

    Original von Florian Voß
    Werter m.joho, ich finde Ihren Tonfall und ihre Unterstellungen dem Lullisten
    gegenüber mehr als unangebracht. Halten Sie sich doch bitte zurück, ja!


    .


    Ich frage mich, werter Florian Voß, wer Ihnen das Recht gibt, auf diese Art und Weise einen langjährigen Tamino und hervorragenden Kenner der Opernszene wie m.joho abzukanzeln?


    Grüße

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ruhe im Carton de blamage!


    :boese2:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Ruhe im Carton de blamage!


    :boese2:


    Danke Ulli, Du bist mir zuvorgekommen. m.joho mag ein hervorragender Kenner sein, auf dem Wege sachlicher Argumentation lässt er hier davon indes nicht durchschimmern. Und da er mir mit dieser Art von Beiträgen bereits aus dem Wagnerforum bekannt ist (wo das hinwiederum gut hinpasst), schließe ich mich durchaus Florians Aufforderung an (zumal der nun wirklich nicht durch Polemik sondern durch sachliche Beiträge auffällt; soviel Parteinahme muss sein!).


    Es grüßt der Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Harald Kral


    Ich frage mich, werter Florian Voß, wer Ihnen das Recht gibt, auf diese Art und Weise einen langjährigen Tamino und hervorragenden Kenner der Opernszene wie m.joho abzukanzeln?


    Grüße


    Ich hab schon öfter gesagt, daß dieser Thread überflüßig ist. Und das finde ich jetzt wieder bestätigt.


    Ob man lang oder kurz bei Tamino Mitglied ist, Harald, ist nicht wichtig für die Relevanz und Weisheit der Beiträge.
    Ich empfand den Beitrag von m.joho als Öl ins Feuer werfen. Wie Matthias schon sagte "Ziergesang". Das kannst Du doch schwer Anerkennung nennen.


    Natürlich hat Florian Voß das Recht zu antworten, wie er es angemessen findet. Um es auf meine Weise zu sagen "Ein Schreiben auf Niveau fordert eine Antwort auf diesem Niveau".


    Gruß, Paul




  • seltsam, dass man immer mit dem Kopf in der Hand ankommen muss, damit man einem glaubt.
    Natürlich gibts massenweise Literatur zu dem Thema.



    Es gibt mittlerweile soviele Versuche die alte Theaterregie wieder zubeleben.



    Auch sehr schön war ein großer Band mit Festkultur im Barock, finde ich aber jetzt grade nicht.


    Ansonsten ist noch sehr informativ alles was mit dem Tanz zu tun hat, denn die Ballettmeister unterrichteten die auch die Theater - Gestik.


    Un am wichtigsten die originallen Quellen, wie Bühnenentwürfe, Maschinenskizzen, Kostüme etc.
    Und natürlich die Beschreibung der Tanzmeister.

  • Ich sehe hier, wie die Meinungen aufeinanderprallen
    Und ich glaube, keine Seite hat Anlass der anderen einen "unangebrachten Ton" vorzuwerfen.


    Das Forum ist ja nur ein Spiegel der realen Welt, wobei ich sagen möchte: ein verzerrender Spiegel.
    Die radikalen Neuerer sind eher bereit in einem Internetforum zu schreiben, als die leicht reaktionären (in meinem Verständnis nicht abwertende gemeint) Leute der Oberschicht, die lange geglaubt haben, ihre Vormachtsstellung in Sachen Oper sei unangreifbar - und daher ein wenig nachlässig waren, wenn es um die Aufrechterhaltung ihrer Privilegien ging. Das hat zu jener Situation geführt, daß einsitige als sakrosankt gesehene Künstler (Zeffirelli und Karajan sind gute Beispiele dafür) quasi mit Schmutz übergossen werden - und sich einerseits nicht mehr wehren können - undereseits keine Veranlassung sehen sich zu wehren - sie sind längst weltberühmt uns superreich.....


    Arm sind jdoch die Bewunderer dieses Stils -


    sie werden mit den heutigen grauenvollen Inszenierungen konfrontiert, die ich hier nicht mit Attributen belegen kann - weil ich solch Worte in meinem Forum nicht lesen - und folglich nicht schreiben möchte


    Zitat

    Mit Kunst im Heutigen Sinne hat das absollut nichts zu tun


    Diesen Satz würde ich unterschreiben - denn heutige Künstler können Zeffirelli , auch nicht Visconti oder Mauro Pagano, das Wasser reichen.


    Ich argumentiere nicht - versuche nicht zu überzeugen - warte lediglich ab.
    Denn die Gesellschaft ist in einem Wandel begriffen, der wieder in Richtung "bürgerlich"-hierarchisch - konservativ - und wems gefällt - auch "reaktionär" geht. Alte Werte werden wieder ausgegraben, die Sehnsuch nach "Heiler Welt" ist unbefriedigt - aber ungebrochen.



    Ungeachtet all dessen ersuche ich um einen etwas moderateren Ton hier im Forum.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_SchmidtDenn die Gesellschaft ist in einem Wandel begriffen, der wieder in Richtung "bürgerlich"-hierarchisch - konservativ - und wems gefällt - auch "reaktionär" geht. Alte Werte werden wieder ausgegraben, die Sehnsuch nach "Heiler


    Woran ist diese Erwartung eines Neo-Biedermeier geknüpft? Ich habe er den Eindruck (und ich will da gar nicht werten, es ist nur Beobachtung), dass das Gegenteil der Fall ist: Die Bildungs- und Kapitalschere klafft auseinander, was zunehmend Unruhe provoziert. Was auf lange Sicht daraus folgt, vermögen auch die etwas avancierteren Soziologen noch nicht zu sagen. Und die Folgen fürs Musiktheater sind noch schwerer einzuschätzen. Ich denke, wenn Oper zum Oberschichten-Vergnügen wird, kommt es darauf an, ob die Entkopplung von kulturellem und pekuniärem Kapital zunimmt. Nimmt sie zu, hat Zeffirelli eine Chance - bis er vom Musical abgelöst wird.
    Im System des Subventionstheaters sind wir von Eintrittsgeldern relativ unabhängig, insofern wird die Beurteilung noch schwieriger.
    Ich halte das genauso für Kaffeesatzleserei, wie aus ein paar wütenden Reaktionen der Wiener Premieren-Possy etwas abzulesen.


    Ansonsten: Es ist doch nur ein Forum, es ist doch nur eine Geschmacksdebatte, es ist doch nur Freizeitbeschäftigung - warum diese Galle???

  • Na, nun werfe ich mich auch einmal in's Haifischbecken.


    Nicht dass ich Zeffirelli mag. Ich habe eine Arbeit von ihm live gesehen, die Turandot an der Scala 1987. Nach der Verwandlung zur Rätselszene fiel ich fast um. :faint: Dass so etwas auf einer Bühne zu sehen sein sollte, diese Goldorgie, hätte ich nie für möglich gehalten. Auch der Rest der Inszenierung, unglaublich beeindruckend, aber trotzdem hat es mich von A-Z gelangweilt. Z. hat seine Meriten (z.B.Tosca/Callas/London), aber ein Vergleich von Romeo und Hamlet im Film macht sein Dilemma deutlich. War der Romeo noch leicht und jugendlich, erstickt der Hamlet geradezu in Äußerlichkeiten. Dies gilt offensichtlich für alle seine späteren Arbeiten.


    Ich habe mir auch die 2006er Aida-Ausschnitte angesehen. (Den Effekt mit den Querstreifen hatte er übrigens schon in der Turandot.) Ich sehe da nun wirklich keinen "ägyptischen Messi (trotzdem eine schöne Formulierung) und auch keine Beziehung zum Faschismus, ich sehe nur Bombast (das ist per se noch nicht faschistsich), der alles andere erstickt.


    Aber es ist eben Grand Opera des 19. Jahrhunderts, mal besser, mal schlechter. In Verona in einer lauen Sommernacht, auf den Stufen halbliegend mit einem schönen Rotwein, ein wenig Brot und Käse würde es mir sogar gefallen. :beatnik: Im Opernhaus hat es genau so sein Anrecht wie eine nach barocken Prinzipien erstellte historische Aufführung in Drottningholm (richtig geschrieben?). Beide laufen für mich unter einem musealen Aspekt (und das ist nicht negativ gemeint) und aus beiden kann ich Gewinn für mich ziehen, wenn sie denn gut gemacht sind. Aber immer möchte ich es nicht erleben. Weniger ist da für mich mehr, das gilt übrigens ebenso für das Regietheater.


    Apropos Regietheater und Verfremdung bzgl. z.B. der Kotüme. Wäre die Verfremdung per se verwerflich, dann gehörten die 1955er Traviata und Sonnambula von Visconti auch auf den Scheiterhaufen, ebenso mindestens der 1966 Ring von Wieland aus Bayreuth. Das kann es wohl nicht sein. :no:


    Was Kostüme angeht und was ich dabei dem Regietheater vorwerfe, ist die Einfallslosigkeit. Damals, als Günter Krämer viel in Hamburg inszenierte, hätte man sein Eigenheim, soweit vorhanden, darauf verwetten können, dass in jeder Inszenierung lange, schwarze Ledermäntel auftauchen würden. Danach und bis heute kam die Mode "schwarzer Abendanzug", im Sprechtheater und auch in der Oper gerne alternierend mit "Second Hand". Auf Dauer auch nur langweilig.


    Warum Kostümdesign nicht endlich einmal wieder als kreative Kunst sehen und abstrakte, von jedem Alltagsgeschehen losgelöste Freiräume für vielfältigste Assoziationsmöglichkeiten erschaffen? Ich möchte gefordert werden, vom konventionellen wie auch vom Regietheater.


    Um zum eigentlichen Thema zurückzukehren. Ich glaube hier ist bei vielen der Wunsch der Vater des Gedankens. Entwicklungen kann man nicht umkehren, "Traditionen" reißen ab und können auch nicht wieder aufgenommen werden, da das Publikum und die Gesellschaft sich in der Zwischenzeit verändert haben. Natürlich wird sich auch das Regietheater verändern, aber "Zeffirelli" als Marke kommt so nicht wieder.
    :hello: Gustav

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  • Zitat

    Aber es ist eben Grand Opera des 19. Jahrhunderts


    Du sprichst ein großes Wort gelassen aus - genau das ist es - wenngleich mit der Technik des ausgehenden 20. Jahrhunderts.


    Und genau das ist es was die Mehrheit des Opernpoblikums in Wahrheit will: Das Entfliehen der Realität in eine museale Welt.


    Wenn wir uns ansehen welche Opern denn (vonn allerneuesterZeit mal abgesehen) im Mittelpunkt des Interesses standen, dann lässt sich beobeachten, daß das wirkliche Interesse mit Mozart und Cimarosa beginnt, sich über den Belcanto, die deutsche und französische Spieloper fortsetzt´, bei Verdi und Wagner einen Höhepunkt findet und mit dem Verismo, Richard Strauß und Puccini langsam ausklingt.


    Barockopern sind DERZEIT in Mode - jahrzehnte-, ja jahrhundertelang waren sie es nicht - und Oper der Gegenwart ist ein Schuß in den heissen Ofen.


    Wer das bestreitet, der sehe sich mal die Veröffentlichungspolitik der Schallplattenkonzerne über die letzten 100 Jahre lang an......


    Oper darf vieles sein: Teuer, bombastisch, kitschig - aber niemals modern.
    Ein letzter Satz zu Zeffirelli: Es waren seine Inszenierungen und Bühnenbilder, er war Karajans dirigat, wofür sich die Leute bei einer Premiere in der Wiener Staatsoper bis zu 24 Stunden anstellten und auf mitgebrachen Feldsesseln übernachteten, teilweise im "Schichtbetrieb"


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sorry, etwas off-topic, aber wo der olle Zeffirelli so oft thematisiert wird, will ich mal folgendes vertellen:


    Vor Jahren war ich in der Videothek um die Ecke auf der Suche nach dem Gibson/Zeffirelli-Hamlet.
    Die Suche des Angestellten im PC führte dazu, dass ich ins 1.OG musste, dessen Existenz mir bis dato unbekannt war. Pornoabteilung.
    Da stand das Werk dann, zwischen Titeln wie "gedehnte ****" und ***stuten.
    DAS hat Zeffirelli, bei allem Spott, nun wirklich nicht verdient.
    :hahahaha:

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Und genau das ist es was die Mehrheit des Opernpoblikums in Wahrheit will: Das Entfliehen der Realität in eine museale Welt.


    Das ist eine wirklich böse Unterstellung.
    Aber auch nur eine durch nichts gestützte Behauptung. Genauso ungestützt könnte ich jetzt mal behaupten: Das Gegenteil ist der Fall.
    Das Opernpublikum will den Hohlraum zwischen den Ohren nicht nur für die Akustik verändern, wogegen da Musical-Publikum die museale Welt will.
    Und weil wir uns im Ungefähren bewegen, gehe ich bis morgen mal auf die Jagd nach Zahlen. Sonst führt das wieder zu nix. ;)

  • Zitat

    Original von Harald Kral


    Ich frage mich, werter Florian Voß, wer Ihnen das Recht gibt, auf diese Art und Weise einen langjährigen Tamino und hervorragenden Kenner der Opernszene wie m.joho abzukanzeln?


    Grüße


    Gerechtigkeitsgefühl und Erziehung.


    .

  • Lieber Alberich


    Mit Zahlen kann man so ziemlich alles beweisen.


    Wenn aber morgen und übermorgen die Buhrufe in den Opernhäusern zunehmen und man auf die Regisseure mit faulen Eiern werfen wird., dann ist das ein zartes Signal dafür daß ich Recht habe, desgleichen wenn die ersten "zeffirelliliken" Neuinszenierungen unter großer Publikumsbeteiligung (und zu überhöhten Presen - angeblich des Aufwands wegen) über die Bühne gehen.


    Sollte das aber binnen 5 jahren nicht geschehen, dann gibt es 2 möglich Szenarien,


    1) Das Regietheater hat gesiegt


    2) Die Opernhäuser sind leer und werden auf lange Sicht in Hochgaragen oder Einkaufstempel umgebaut, ähnlich wie manche Kirchen umgewidmet werden.


    Die Architektur moderner Opernhäuser dürfte solche Neubelegungen ohne weiteres zulassen....


    Ich bin eigentlich ein radikaler Pessimist, aber ich bin mir mir meiner Prognose ziemlich sicher, daß die Tage des Regietheaters gezählt sind und daß eine neue Woge des Historismus und des Bombasttheaters auf und zurollt.


    Daß mich das freut, ist mein Privatvergnügen - verursacht habe ich die Situation jedoch nicht.....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nach wie vor ist mir weder vom Lullisten, noch von Herrn Voss aufgezeigt worden, wo ich mich irre.
    Nie würde ich mich anmassen über diese Sorte von Musiktheater zu urteilen, die der Lullist bevorzugt, da ich davon nichts verstehe, da sie mich ganz simpel tödlich langweilt.
    Warum aber der Lullist sich das Recht nimmt, einen Könner wie Zefirelli in die Faschisten-Ecke zu stellen, nur weil er seine Auffassung nicht teilt, nur weil dieser Opern aus einer anderen Epoche adaequat darstellt, ist mir ein Rätsel.
    Sind wir wirklich soweit, dass wir jeden Unsinn unwidersprochen hingenommen werden müssen, nur weil er aus der anderen politischen Richtung kommt?
    Ich dachte, dass wir das mittlerweile überwunden hätten...
    Und wenn hier schon von Niveau die Rede ist: Bitte zeigt mir endlich mal auf, wo sich Regisseure wie Zefirelli (in seinen Puccini-Inszenierungen) , aber auch Visconti und Wieland Wagner in ähnlicher Weise gegen das Libretto vergangen haben, wie z.B. Bieito (um ein Extrembeispiel zu nennen).
    Und Alfred Schmidts Behauptung ist keineswegs eine böse Unterstellung. Man sehe nur einmal, wieviele zahlende (? :yes:) Besucher sich nach Verona begeben und wieviele Freikarten in der komischen Oper Berlin (auch ein Extrembeispiel) abgegeben werden (biite prozentual zum Fasungsvermögen des Zuschauerraums), um das Haus einigermassen vollzukriegen. oder wie gross der Selbstdeckungsgrad der Oper von Zürich im Vergleich zu jener von Stuttgart ist.
    Mit freundlichen Grüssen

    2 Mal editiert, zuletzt von m.joho ()

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Lieber Alberich


    Mit Zahlen kann man so ziemlich alles beweisen.


    Zugegeben.
    Nennen wir sie Argumentationshilfen.
    Alles Andere ist eh persönliche Erfahrung.


    Zitat


    Wenn aber morgen und übermorgen die Buhrufe in den Opernhäusern zunehmen und man auf die Regisseure mit faulen Eiern werfen wird., dann ist das ein zartes Signal dafür daß ich Recht habe, desgleichen wenn die ersten "zeffirelliliken" Neuinszenierungen unter großer Publikumsbeteiligung (und zu überhöhten Presen - angeblich des Aufwands wegen) über die Bühne gehen.


    Das ist eben das Persönliche: In Wien (seit jeher ein oft belächeltes Publikum) ist es so. Anderswo ist es anders - vielleicht auch, weil das Publikum speziell ist. Schön, dass es nicht überall gleich schnell geht, ich hasse Konformismus.


    Zitat

    Sollte das aber binnen 5 jahren nicht geschehen, dann gibt es 2 möglich Szenarien, (...)


    Ich denke, es gibt viel mehr Szenarien. Und ich wünsche mir auch andere! Ich will gar nicht den totalen Triumph des Regietheaters. Ich will, dass auch Lieschen Müller angefixt wird von dem wunderbaren Mysterium Oper.


    Aber was Dich zu der behauptung treibt, es stünde ein Neo-Biedermeier bevor (ich nenne es jetzt einfach so), das verstehe ich immer noch nicht.


    Privatvergnügte Grüße aus Norddeutschland, wo man eigentlich auch eher langsam ist.

  • Zitat

    In Wien (seit jeher ein oft belächeltes Publikum) ist es so


    Bei aller Toleranz.


    Ich kenne Aussagen von Künstlern über das Wiener Publikum.


    Schmeichelhaft waren die meisten nicht.


    Aber BELÄCHELT hat die Wiener keiner.


    Das Wiener Publikum gilt in Künstlerkreisen als eines der erbarmungslosesten der Welt und wer davor bestehen kann, der
    kann überall bestehen.


    Die Wiener können natürlich auch buhen, aber noch schrecklicher ist es wenn sie schweigen oder während der Vorstellung den Saal verlassen..


    Und ein Wiener Kritiker kann Dich freundlich lächelnd fertigmachen, daß Du zu weinen beginnst noch bevor Du die Kritik gelesen hast.


    Das angelblich offenste Publikum soll angeblich in London beheimatet sein..(?)


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Bitte zeigt mir endlich mal auf, wo sich Regisseure wie Zefirelli (in seinen Puccini-Inszenierungen) , aber auch Visconti und Wieland Wagner in ähnlicher Weise gegen das Libretto vergangen haben, wie z.B. Bieito (um ein Extrembeispiel zu nennen).


    Hier antworte ich einmal, da ich die beiden Namen ja in's Rennen geworfen habe.


    Visconti hat die Traviata aus der Entstehungszeit des Werkes in das Ende des 19. Jhrdts. verlegt ("Weil die Callas in den Kostümen dieser Zeit wunderschön aussah."), was 1955 in Mailand zu einem ordentlichen Skandal führte. In der Sonnambula behängte er das Dorfmädchen Annina mit haufenweise Schmuck ("Du bist Callas, die Diva, die vorgibt, Annina zu sein.")


    Wielands Bühnenbilder und Kostüme entsprechen in ihrer von der Psychoanalyse beeinflussten Abstraktion sicher nicht den Ansichten, die man laut Libretto erwarte würde.


    Die Nennung beider Namen bezieht sich auf ein Zitat von Alfred:


    Zitat

    Mal abgesehen, daß auch ich den Begriff "Regietheater" nur benutze weil er sich (obwohl schlecht gewählt) eingebürgert hat (ich würde " Willkürliches Verfremdungstheater" dazu sagen - sollte doch mal geklärt werden daß "Regietheater" sofern dessen "Kriterien" erfüllt sind - (Hineindeuten politischer Inhalte der Gegenwart oder des 20. Jahrhunderts, Transfer in eine andere als die im Libretto stehende Zeit, Gegenwartskostüme, und Reqisiten, die dem Original nicht entsprechen, etc) per se für mich inakzeptabel sind.


    Auch Chereau als Regietheatertäter könnte man hier noch einwerfen. Wollen wir den '76iger Ring wirklich missen?


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich werde NIE verstehen was an Zefirelli grässlich sein soll-
    der Mann wurde verehrt wie ein Papst
    die Aussatattungen waren vom besten.
    Schon wenn sich der Vorhang hob gab es minutenlang Szenenaplaus,
    bevor noch überhaupt ein Ton gesungen wurde.


    Werd ich auch nie wirklich verstehen können.


    Nicht daß hier der Eindruck aufkommt, alle jüngeren Taminos würden Zefirelli und Co. ablehnen.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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