Ein nobler Universal-Bass: OTTO VON ROHR

  • Beim rührigen "Hamburger Archiv für Gesangskunst" HAfG sind in diesen Tagen 2 Boxen mit je 3 CDs mit Aufnahmen des bekannten Sängers ertschienen.


    Hierbei handelt es sich vorwiegend um Ausgrabungen aus den Rundfunk-Archiven in Frankfurt und Stuttgart. Einen Schallplattenvertrag hat er nie gehabt, auch hat er nie in Bayreuth gesungen, obwohl er mit Wieland Wagner befreundet war. Dafür hat er umso mehr in den Hörfunk-Studios des Hessischen Rundfunks sowie beim Südfunk Stuttgart gesungen.




    Unser Tamino KUS hat in bewährter Manier wieder die Texte der Booklets verfasst.


    Nähere Detals zur Biographie gibt es auf der Website der Familie von Rohr, da ist das Manuskript einer NDR-Sendung zum 10. Todestag abgedruckt.


    Otto von Rohr (* 24. Februar 1914 in Berlin; † 15. Juli 1982 in Leonberg bei Stuttgart) war ein deutscher Opernsänger (Bass)


    Von 1938 bis 1941 war er an der Duisburger Oper, zwischen 1941 und 1979 an der Staatsoper in Stuttgart, seit den 1940er Jahren auch Mitglied des Opernhauses Frankfurt, Gast bedeutender Opernhäuser in Europa und Übersee.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Es gibt durchaus eine Reihe von Gesamtaufnahmen mit Otto von Rohr.


    Ich habe folgende:





    Dazu noch


    Rheingold - Frantz, Sattler, Joesten, Wilfert, Ch.Ludwig als Wellgunde, Schröder 1950


    Rheingold - Kronenberg, Sattler, Carlsson, Kopp und wieder Ludwig,
    Zillig 1948


    Die meisten Aufnahmen sind im Moment recht preiswert zu erhalten, wie auch diverse andere mit ihm (mal bei den Vertragspartner vorbeischauen).


    :hello: Gustav

  • "Swarowsky-Ring" von 1968


    Rheingold: Fasolt
    Walküre: Hunding
    Götterdämmerung: Hagen


    Label: Weltbild

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Und "Swarowsky Lohengrin": König Heinrich, der in Punkten der Rollengestaltung und der Stimmführung es locker mit den "Größen" Gottlob Frick, Franz Crass oder Karl Ridderbusch aufnimmt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Norbert
    Und "Swarowsky Lohengrin": König Heinrich, der in Punkten der Rollengestaltung und der Stimmführung es locker mit den "Größen" Gottlob Frick, Franz Crass oder Karl Ridderbusch aufnimmt.


    Hier streiten sich allerdings die Experten.


    Es gibt Stimm-Fachleute, die behaupten, bei dieser Aufnahme sei nicht Otto von Rohr, sondern Walter Kreppel zu hören.


    LG


    :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Lieber Harald,


    okay, dann könnte es eben Walter Kreppel mit den drei anderen aufnehmen... ;)


    Im Ernst: Ich lese diese Information zum ersten Mal. Wenn ich mal ein bißchen Zeit habe, werde ich mir zum Vergleich einmal Karajans Live-Fidelio (bei dem Kreppel Rocco singt) und das "Swarowsky-Rheingold" zu Gemüte führen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    ich habe nicht behauptet, dass ich das auch glaube. Schließlich hat von Rohr bei den Aufnahmesitzungen in der Zeit den Fasolt, den Hunding und den Hagen gesungen, warum nicht auch den König Heinrich?


    Da beide Herren tot sind, können wir keinen mehr fragen.


    Kreppel wird allerdings im Netz mehrfach ins Gespräch gebracht, hier ein Zitat:


    Zitat

    Ein Fehler ist den Produzenten allerdings unterlaufen. Es ist nicht Otto von Rohr, der den König Heinrich singt, sondern Walter Kreppel; dies wird im Booklet in einer rezenteren Veröffentlichung richtiggestellt, von Rohrs Name steht allerdings immer noch auf der Besetzungsliste.


    Der gesamte Text steht auch bei den Amazon-Rezensionen zu der Oper hier.




    Ich habe die Box vor mir liegen, aber ich bin leider nicht der Stimm-Experte, der hier ein endgültiges Urteil abgeben könnte. Vielleicht weiß es ein anderer Tamino genauer.


    LG


    :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    jetzt erinnere ich mich dunkel, diesen Text auch bei Amazon gelesen zu haben.


    Walter Kreppel sang den Fasolt bei Solti, von Rohr bei Swarowsky; ich würde behaupten wollen, daß beide Stimmen nicht identisch sind.
    Sowohl Stimmfärbung als auch Phrasierung schließen erheblich mehr auf zwei unterschiedliche Sänger als auf einen.


    Hingegen würde es mich sehr wundern, wenn die Baßstimmen des Heinrichs und des Fasolts bei Swarowsky nicht die gleichen wären.


    Kreppels Baß klingt heller als der von von Rohr.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    in der oben als erstes gezeigten 3-CD-Box von HAfG sind zwar Ausschnitte aus dem 1968er Swarowsky-Ring zu hören - die Lohengrin-Ausschnitte mit Heinrich dem Vogler stammen allerdings aus einer früheren Aufnahme (München 1952 unter Jochum) - vielleicht hatte man da auch Zweifel?


    Vielleicht kann unser Tamino KUS uns aufklären?


    Viele Grüße


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo Freunde!


    Es ist mir - gerade jetzt, beim Erscheinen der HAfG-Edition "Otto von Rohr" - eine Freude, dass der profilierte, nach seinen vielen so lange nicht mehr erklungen gewesenen Aufnahmen absolut erstrangige und zugleich alleinständig-unverwechselbare Bassist hier zum Thema wird. Ohne die eigene Arbeit sehr bewerben zu wollen: Es lohnt sich wirklich, seine Tondokumente wieder oder erstmals zu hören, vor allem im Vergleich mit den heute gängigen Standards. Eigentlich ist derzeit nur oder vor allem René Pape (ein allerdings völlig anderer Stimm- und Sängertyp, mehr Basso cantante) auf annähernd dem Niveau, das seinerzeit, nämlich in den legendären Nachkriegsjahren bis ca. Beginn der 1960er, Standard war und von OvR aufs Individuellste bewiesen wird.


    Einige OvR-Dokumente belehren uns umgehend über einen Basso-Typus, der an stimmfarblicher Individualität, sängerischer Souveränität und Universalität, vor allem aber vokaldarstellerischer = personaler Autorität seinesgleichen sucht - und von den Medien mehr bevorzugten Konkurrenten, z.B. Kurt Böhme oder Arnold van Mill etwa, deutlich überlegen ist. Prüft es nach, es gibt Erfahrungen zu machen, die wiederum einen Diskurs über Zeiten- und damit Maßstäbe-Wandel auslösen können, ja sollten.


    Zu Haralds Frage: Der König Heinrich im Swarowsky-LOHENGRIN i s t Otto von Rohr und nicht Kreppel, da gibt's keinen Zweifel (und ist auch durch die Produktionsprotokolle bewiesen). Allerdings in einer späteren Phase seiner Laufbahn, wie auch als Fasolt, Hunding, Fafner und Hagen im annähernd zeitgleich aufgenommenen Swarowsky-RING. Die markante kernig-körnige Bass-Stimme, die bei bestimmten Live-Dokumenten geradezu bedrohlich schwarz und großräumig klingt (z.B. in Furtwänglers römischen Wagner-Aufführungen, noch mehr in der legendären Stuttgarter WALKÜRE unter Leitner mit Mario del Monaco), ist in den späteren 1960er Jahren bei den Swarowsky-Aufnahmen schon um eine Nuance heller und baritonaler, in der Vollhöhe etwas enger im Klang geworden. Der Vergleich mit dem BR-Studio-LOHENGRIN unter Jochum von 1952 München macht es deutlich, noch stärker die ganz frühen, vom damaligen Südfunk Stuttgart skandalöser und kulturschänderischer Weise g e l ö s c h t e n (!!) ersten Radioaufnahmen, darunter ein PARSIFAL 3. Aufzug mit Marcel Wittrisch (!) - da war OvR auch mit einer breitschallenden, weitschwingenden Höhe ausgestattet; die hatte er bis zu seinem Karriere-Ende, doch später zunehmend heller und schmaler. Dennoch, die außerordentliche, nahezu mit Boris Christoff zu vergleichende Persönlichkeitswirkung bleibt immer gegenwärtig.


    Noch ein Hinweis: Bei Orfeo ist in der roten Reihe mit Sänger-Portraits ein Sampler mit Raritäten und Live-Fundsachen der tollen Inge Borkh erschienen. Darin gibt es eine Live-Trouvaille des großen Begegnungs-Duetts Senta-Holländer aus dem FLIEGENDEN HOLLÄNDER, live von 1955 unter Jean Fournet aus der Opéra de Monte-Carlo, auch bemerkenswert wegen Otto Wiener als Holländer (von dem checke ich etwa Vorhandenes für ein Recital). Dort ist OvR als Daland angegeben - doch hier ist er's eindeutig und unverwechselbar n i c h t . Wer es stattdessen ist, habe ich bisher nicht herausfinden können; die Monegassen antworten bisher nicht auf Anfragen, zumal das exakte Abend-Datum im Orfeo-Booklet nicht genannt ist. Ich verbeiße mich in sowas, hoffe also, es noch verifizieren zu können - bloß OvR habe ich nach monatelanger Befassung für die HAfG-Edition nun so umfassend und detailliert im Ohr, dass ich sein Erscheinen in dieser Aufführung klar verneinen kann. Wer ihn endlich doch als Daland hören möchte, sei auf den kürzlich erschienenen HOLLÄNDER-Mitschnitt vom Maggio Musicale Fiorentino verwiesen (für die Edition bereits ausgewertet).


    Grüße, KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

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  • Ich erinnere mich noch sehr gut an zahlreiche Auftritte Otto von Rohrs an der Staatsoper Stuttgart, u.a. als Rocco, Sarastro, Daland, Fasolt, Hunding, Pater Guardian, Philipp II, Ramphis, Procida.


    Bis ans Ende seiner Bühnenlaufbahn war er ein geschätzter und beliebter Sängerkollege an "seiner Oper".


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von KUS
    Zu Haralds Frage: Der König Heinrich im Swarowsky-LOHENGRIN i s t Otto von Rohr und nicht Kreppel, da gibt's keinen Zweifel (und ist auch durch die Produktionsprotokolle bewiesen).


    Danke, KUS, für die Aufklärung.


    Auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, Aufnahmen aus verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen (Klang-)Bedingungen miteinander zu vergleichen, hätte es mich sehr gewundert, wenn es tatsächlich Walter Kreppels Stimme gewesen wäre.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Allerbesten Dank für den Hinweis, dass diese CD´s erschienen sind. Leider konnte ich OvR nur einmal live (als Komtur) auf der Bühne erleben.
    Schon vor einigen Jahren habe ich eine alte Lied-LP auf eine CD gebrannt, aber ich nehme mal an, dass HAfG das professioneller bewerkstelligt hat.

  • Otto von Rohr hatte eine machtvolle, dunkel gefärbte Bassstimme. Allein schon durch seine Körpergröße war er eine beendruckende
    Bühnenpersönlichkeit. In Stuttgart - während der großen Schäfer-Ära - war er die verlässliche, ausgezeichnete Bassstütze des damaligen hervorragenden Stuttgarter Ensembles. Von Rohr hatte darüber hinaus sehr beachtliche Gastspielerfolge an deutschen und internationalen Bühnen.
    In unserer Tamino-Diskussion wurde der Sänger als Universalbassist bezeichnet und ihm eine unverwechselbare Stimme bescheinigt. Bei beiden Aussagen stehen für mich Fragezeichen. Otto von Rohrs Stärke lag im dramatischen Fach und hier besonders bei Wagner. Aus diesem Grunde war es damals erstaunlich und kaum zu erklären, weshalb Wieland Wagner, als dessen "Winter-Bayreuth" die Stuttgarter Staatsoper galt und der dort bevorzugt mit Otto von Rohr arbeitete, diesen verdienten Sänger nie nach Bayreuth engagierte. Für die leichteren, heiteren Bassrollen hatte Stuttgart mit Fritz Linke einen hervorragenden Interpreten dieses Fachs.
    Von Rohr teilte offensichtlich das Schicksal einiger in seiner Zeit tätiger Spitzen- Bassisten, wie z. B. Karl-Christian Kohn, Walter Kreppel, Fritz Ollendorf, Dezsö Ernster, Ernst Wiemann usw. Alle diese standen trotz ihrer anerkannten Leistungen im Schatten der großen Drei: Greindl, Böhme, Frick, die von den großen Opernhäusern, Dirigenten, Regisseuren und den Produzenten von Tonaufnahmen - hier ganz besonders Gottlob Frick - bevorzugt wurden. Diese drei Bassisten hatten in der Tat differenzierende Alleinstellungsmerkmale, bei Greindl war es die überragende Bühnenwirkung, bei Böhme die Gabe der spontan begeisternden Komik und bei Frick das nahezu einmalige dunkle Timbre und die Fähigkeit allein mit der Stimme auch in Aufzeichnungen ungewöhnlich erlebbare Bühnencharaktere gestalten zu können.
    In jedem Fall hat es Otto von Rohr wirklich verdient, dass der große Bassist in einem ihm gewidmeten Thread bei Tamino gewürdigt wird. Noch eine Anmerkung: Wie froh wären wir, wenn wir den Reichtum an herausragenden Bassiten der damaligen Zeit heute noch hätten. Otto von Rohr war ein führender Repräsentant dieser Gilde.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Natürlich habe ich bei diesem Thema eine interessante alte LP mit dem Titel "Loewe-Balladen (SAPHIR) aus meinen Beständen heraus gesucht.
    Diese LP teilt sich Otto von Rohr mit dem etwas jüngeren Bariton Barry McDaniel, einem Amerikaner.
    Otto von Rohr singt: Prinz Eugen, Der Nöck, Erlkönig, Archibald Douglas
    Berry McDaniel: Heinrich der Vogler, Kleiner Haushalt, Tom der Reimer, Die Uhr und Süßes Begräbnis.

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  • Hallo operus!


    Wenn Sie wissen möchten, wieso Otto von Rohr, der ja schließlich in Stuttgart sämtliche Wagner-Basspartien inkl. Raimondo in "Rienzi" mit Wieland Wagner erarbeitet und dargestellt hat, nie nach Bayreuth engagiert worden ist (und so manches Weitere zu Person, Laufbahn und Künstlerschaft) - dann lesen Sie das Booklet zur CD-Edition Otto von Rohr beim HAfG aus den Tasten des Unterzeichners.


    Grüße, KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Irgendwie kommt mir - als Freund deutscher Spielopern - immer als erstes, wenn ich an Otto von Rohr denke - seine Darstellung des Sir John Falstaff in Otto Nicolais Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" in den Sinn. Beim Hamburger Archiv für Gesangskunst kann man das nachhören:



    Otto Nicolai
    DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR

    Sir John Falstaff - Otto von Rohr
    Herr Fluth - Gerhard Hüsch
    Herr Reich - Wolfram Zimmermann
    Fenton - Franz Fehringer
    Frau Fluth - Gertrud Gelly
    Frau Reich - Hetty Plümacher
    Jungfer Anna Reich - Berni Riegg
    Junker Spärlich - Franz Sautter
    Dr. Cajus - Bruno Samland


    Radio-Sinfonie-Orcherster Stuttgart
    Leitung: Hans Müller-Kray


    Radioprodution des Süddeutschen Rundfunks - r. 1949 Stuttgart
    Im Thread über Hans Müller-Kray habe ich diese Aufnahme bereits vorgestellt.


    Allerdings gibt es diese Aufnahme zu einem Drittel des HAfG-Preises auch bei einem Hamburger Billig-Anbieter:



    +++++++++++++++++++++++++++++++


    Persönlich hätte ich es vorgezogen, wenn anstelle der Stuttgarter Aufnahme die ein Jahr früher entstandene Gesamtaufnahme der "Lustigen Weiber" von Radio Frankfurt (heute: Hessischer Rundfunk) erschienen wäre, die bisher noch nicht in den CD-Regalen der Händler steht.
    Auf dieser Aufnahme singt Otto von Rohr ebenfalls den Sir John, Chor und Orchester von Radio Frankfurt werden geleitet von Kurt Schröder.


    Kurt Schröder dirigiert auch bei anderen Arien-Aufnahmen aus dieser Zeit mit Otto von Rohr, die allerdings in der 6er-Edition des HAfG, die ich weiter oben vorgestellt habe, leider nicht enthalten sind. So habe ich z.B. eine Aufnahme des Liedes aus Lortzings "Waffenschmied" - "Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar" - hier singt Otto vor Rohr sämtliche Strophen (7 min.). Lortzing scheint zu meinem Bedauern nicht zu Wagnerianer KUS favorisierten Komponisten zu zählen.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald!


    Na, ich lasse mich ja gern herausfordern. Natürlich mag ich den Lortzing sehr - allerdings seine gänzlich vernachlässigten Opern aus dem Vormärz und den 1848ern wie z.B. "Regina", die man so gut wie nirgendwo zu hören bekommt (allerdings in der Lortzing-Zeitbiographie von Jürgen Lodemann glänzend-präzise und lustmachend dargestellt finden kann) noch weit mehr als die Handvoll gängig bekannter und immer wieder neu abgenudelten Standardstücke, unter diesen aber wiederum "ZuZ" und "Wildschütz" mehr als etwa den allzu biederen "Waffenschmied".


    Ich muss gestehen, dass neben den tollen, immer jung bleibenden van-Bett-Auftritten oder dem Baculus-5000Taler-Rausch u. dergl. (um bei den Spielbass-Partien zu bleiben) der Stadinger - Basso serioso provinciale tedesco - mit seiner grässlichen Spießermoral im Liedstrophen-Duktus von der "köstlichen Zeit", als die Mädels noch keusch und gretchendümmlich ("nicht so gescheit") waren, was des deutschen Kleinstädters Jünglingsherz mit Blick auf einen seligen Ehestand à la Sixtus Beckmesser erfreuen mochte, mir doch reichlich öde erscheint, weswegen ich bei der Auswahl von Einzelaufnahmen des (wie gesagt: durchaus geliebten!) Genres für allfällige Bass-Editionen ebendiese Pièce zumeist umgangen = gemieden habe. So auch bei der OvR-Edition. Aber sonst ist, dessen sei versichert, alles, was nur irgendwie greifbar war, doch aufgegriffen und vorgestellt worden. Und weit mehr als dies, mehr als zunächst überhaupt gewusst und geahnt.


    Dazu ergänzend:


    1.
    Der Falstaff in Nicolais "Lustigen Weibern", eine Glanzrolle des OvR und in der Aufnahme mit Gelly, Hüsch, Feringer wirklich glanzvoll gesungen, ist - offenbar wegen der auf die Minute ausgezirkelten Zeitdauer der damaligen Radio-Produktion um einige Takte gekürzt, so im Trinklied auf die erste Strophe + Schluss-Tutti beschränkt; die zweite fehlt gänzlich, die Nummer ist damit sehr kompress, torsohaft. Bedauerlich, aber für die Edition (mangels einer anderen Solo-Einspielung) nicht anders zu haben gewesen. Übrigens fehlte in der GA auch der gesamte Mondchor; wir haben ihn aus einer anderen Quelle gleicher Zeitphase unter demselben Dirigenten beschafft und eingefügt.


    2.
    Es ist eine so ärgerliche wie wehrlos hinzunehmende Realität, dass immer dann, wenn man aus den Tiefen der Archive, Privatsammlungen, Reste-Rampen, Verschollenheits-Rara, meist erst nach endlosem Suchen, Beantragen, Verhandeln, Dokumentieren, Korrespondieren, Warten, Ärgern, dann logistisch-technisch-philologisch-diskographisch Bearbeiten, Einrichten und Kommentieren eine Fundsache für die kleine Schar der Interessenten, Rezipienten, Sammler zugriffsfähig gemacht hat (und das zum allenfalls Selbstkostenpreis, eher Aufwandsersatzbeitrag), dann also der von keinerlei kulturellen Motivation, gar Finderlust und Präsentatorenkompetenz angewandelte Raubprofitler "Line" hergeht, sich ein Exemplar schnappt, es kopiert und - ohne jede Begleitinformation oder gar Einordnungsarbeit, natürlich auch ohne Quellenangabe, dafür allerwegen fehlerhaft und schlampig - herausbringt, dies aber zum Abverkaufs-Discountpreis.


    Die geschäftstüchtigen Lowcost-Liner eignen sich langwierige, mühevolle, aufwendige, idealistische, aus persönlichem Privat-Engagement geleistete Arbeit an und vermarkten sie nach dem Prinzip "kostenlos gegriffen, profitabel verramscht". Und unsereiner muss sich noch anrempeln lassen, wenn er das jeweilige Projekt-Produkt nicht sofort resigniert aus dem Katalog nimmt, weil es inzwischen natürlich in Massenfabrikation von Räubern wie "Line" (weniger forsch, aber im Prinzip ähnlich, gelegentlich auch "Walhall") preislich locker unterboten werden kann, obwohl die vorherige de-facto Schutzgebühr kaum mehr als Kostendeckung ermöglicht hatte, wenn überhaupt.


    -------


    Sorry, aber das war mal festzustellen und mitzuteilen. Leufgen und ich fragen uns seit längerem, ob wir überhaupt noch Funde dieser Art erarbeiten und zugänglich machen, es nicht lieber bei bloßen Sänger-Raritäten-Editionen belassen sollen, die (bislang jedenfalls) noch keine vergleichbaren Kopier-Dreistigkeiten ausgelöst haben.


    Bei der Gelegenheit und auf Haralds Schmunzelpiek eingehend: Wenn irgendwo irgendwer unter den Nutzern dieses Forums frühe, unbekannte, zu Unrecht vergessene oder nie vernommene Exempla für deutsche Spieloper in respektablen Produktionen (es gibt sie aber wohl nicht?) beibringen könnte - er möge sich an mich wenden. Nichts täte ich + täten wir lieber, als den so begrenzten Kreis deutscher Humorik-Romantik im Backlisting ordentlich zu erweitern. Also: Ganz im Gegenteil, lieber Harald!


    Liebe Grüße, KUS



    P.S.
    Soeben ist das Berliner Opernmagazin "orpheus" mit seiner Oster-Doppelnummer erschienen. Darin eine ausführliche freundliche Besprechung der HAfG-Editionen Otto von Rohr und Gustav Neidlinger von Sebastian Sternberg. Vielleicht bekommt Thomas Pape Lust, sie wieder hier einzustellen.

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Ach, Harald - noch ein Nachtrag zu OvR:


    Aus eigener zeit- und nervenraubener Erfahrung muss ich mitteilen, dass der Hessische Rundfunk, wie die anderen "alten" ARD-Rundfunkanstalten Besitzer eines großen und varianten Schallarchivs, nicht bereit ist, irgendwem irgendeine Archivnummer zugänglich zu machen. Nicht für etwa familiär legitimierte Anfragen (Dr. Alard von Rohr hat es für das HAfG-Projekt beim Intendanten selbst vergeblich versucht) und nicht für noch so gut begründete journalistische oder kulturaktive oder wissenschaftliche+dokumentarische Zwecke. Ein Skandal sondergleichen (der bei anderen Rundfunkanstalten wenig gemindert wird, wo man nach langwierigen Verhandlungen nur unter entwürdigenden Selbstverpflichtungszusagen mit rechtsverbindlichen Unterschriften etc. gegen saumäßige Gebühren - SWR € 35,-- + MWSt. für 1 Stück oder bis zu 10 min - an Archivtitel herankommt) - denn solche Archive werden ja wie die Anstalten selbst von Hörer-/Zuschauer-Gebühren und vor allem Steuermitteln unterhalten, sollten also als öffentlich-rechtliche Einrichtungen kulturellen Nutzungen offenstehen. Da sich andererseits Marktpriraten wie Line ständig solcher Archivschätze bedienen, was unsereinem dann ja auch wieder mal nützt, muss man sich fragen, auf welchen "inoffiziellen" = vermutlich rechtsbrecherischen Kanälen sie derlei Tondokumente beschaffen/greifen, die einer fachlich motivierten und befähigten Nutzerschaft offiziell verweigert werden.


    Dies zum Verständnis von Fällen etwa hier oder dort vermisster Stücke. Aber das Monitum, dass die von Kurt Schröder dirigierten Einzeltitel Otto von Rohrs vom hr Ffm. nicht in der OvR-Edition seien, das muss ich entschieden bestreiten: Es sind genau diese Titel, auch aus dem italienischen, französischen, slawischen Fach, nahezu komplett präsentiert, die von Schröder dirigierten dabei, bitte nachschauen. Sollten noch welche fehlen, dann hat das die oben genannten Hintergründe. Ansonsten frag mich bloß nicht, wie wir sie dennoch erlangt haben - ein bisschen Realisatorenstolz sei mir gegönnt.


    Grüße, KUS

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  • Lieber KUS,


    bis vor einigen Jahren gab es in Hessen eine eigene Klassik-Welle HR Klassik.
    Da wurde von morgens bis nachts klassische Musik gesendet - vorwiegend aus den eigenen Archiven der Zeit von Kriegsende bis in die 60er Jahre. Da wurden auch alle die Opern gespielt, die es heute für 5 EURO pro Doppel-CD bei den von Dir angefeindeten Billig-Labels gibt. Man konnte auch Wünsche äußern.


    Inzwischen wurde dieser Sender vom HR wieder stillgelegt, zuwenig Geld, zuwenig Zuhörer... das alte Lied.


    Jeder, der damals HR Klassik empfangen konnte und ein Tonband, Casettenrecorder, MD-Recorder oder DAT-Gerät sein eigen nannte, konnte all diese Sendungen in bester Qualität mitschneiden.


    Diese Mitschnitte (ich besitze die meisten) sind später auf verschlungenen Wegen bei den Billig-Produzenten gelandet, die dann - da die 50 Jahre Frist ja abgelaufen war, alle diese Opern legal veröffentlichten.


    NB: "Die lustigen Weiber" von 1948 mit Otto von Rohr als Sir John waren auch dabei....


    LG


    :hello:


    PS: Ich kenne die Titelliste der OvR-Edition, und ich habe nur moniert dass Lortzing nicht dabei ist!

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

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  • Hallo Harald!


    Von mir "angefeindet" - da fühle ich mich aber ungerecht beurteilt. Meine Kritik zielt nicht auf die bloße Existenz solcher Anbieter. Um Himmelswillen, die nutze ich ja nach Kräften selbst. Wohl aber auf die frustauslösende oftmalige Kaltschnäuzigkeit des Vorgehens , wenn die dadurch erlangten Vorteile unsereinem - wie gelegentlich auch durch Dich - billig erlangter Preisvorteile wegen monierend vorgehalten werden. Du bist doch Kenner und Beurteilungsbefähigter genug, um idealistisch geleistete Vorarbeiten, auch philologisch-diskgraphische Einordnungs- und Bewertungs-Begleitmaterialien und manches Extra mehr, wie man es anderswo eben nicht zu erwarten hat, gerecht einschätzen zu können (nicht alle Zielpersonen sind solche Enzyklopädisten und Sammelfexe wir Du & Compagni), musst also die Billigst-Auspreisungen aufgrund von Nach-Aneignungen nicht auch noch in Abgrenzung (Abwertung?) ausloben. Oder?


    Und Lortzing? Was bitte fehlt denn von ihm, was OvR noch eingespielt hätte? Was meinst Du im Einzelnen? Ich bin Dir für jeden Hinweis auf Lücken und Erfordernisse allgemein, auf Deine Bestände und etwaige Zugriffsmöglichkeiten im Besonderen dankbar - aus wahrer Begeisterung für etwaige Schatzfunde. Veramente! Also bitte, lass Dich nicht lange beknien: Kontaktiere mich, mach mich schlauer. Hast ja Direktzugang. o.k.?


    Herzlich Dank & Gruß. KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Heute vor 30 Jahren gestorben:




    Rohr, Otto von, Baß,
    * 24.2.1914 Berlin, † 15.7.1982 bei Stuttgart

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Heute ist wieder sein Todestag, und ich habe dies gefunden:



    Heute ist sein 33. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).