Widerstand gegen das Regietheater wächst unaufhörlich - ist das Ende nah?

  • @ Knusperhexe :



    Wenn Du dies so kanpp und verkürzt formulierst , dann müsste ich auch zu den "Staubis" gehören .


    Erstens bin ich seit meiner frühen Gymnasialzeit mit diesen aus heutiger Sicht traditionellen Inszeneirungen ) Oper wie Schauspiel ) gross geworden . Das schliesst aus heutiger Sicht selbst das hoch angesehne Düsseldorfer Schauspielhaus mit ein . Das Bochumer unter Stroux ebenso, obwohl diser schon früh als Revolutionär galt und wegen seines Lebsstiles , auf eine andere Art wie Gründgens , als "gegenbürgerlich " .


    Zweitens hat man doch in praxi niemals Einflus s auf eine Inszenierung , Bühnenbildvaraitionen , Kostüme usw.


    Drittens bleibt einem Schüler wie Studenten jedenfalls eine direkte Teilnahme an den Aufführungen , etwa durch Diskussionen , verwehrt .


    Man bekomt etwas regelrecht als "richtig vorgesetzt" .


    Darüber galt es dann ggf. in einer Klassenarbeit angemssen im Sionne einer als "wahr" dargestellten Vorgabe zu berichten .
    Ich habe dies für mich selbst schon früh völlig abgelhent ( seit der Untertertia, in der unsinnigerweise der "Tell" als Pflichtlektüre durchzunehmen war . Dieses gerade heute noch für die Schweiz so hochpolitische Stück von Schiller im eher zarten Schüleralter zu vesrtehen halte ich für eine Überforderungs zunächst selbst für die Lehrpersonen .


    Woraus ergeben sich in den Lektüreheftchen die zwingenden Richtigkeiten wie "Tell steht mit Sohn links" , "Gessler komt von rechts herbei" ?


    S e h r viel freier wurde nur der "Woyzeck" von Büchner sehr umfangreich behandelt . Dies wr ein Verdienst unseres damaligen Deutschlehrers Herrn D. Kaiser .


    "Man" kann den "Tell" etwa auch poltisch völlig anders auf der bühne darstellen und auch noch währen d der Aufführung teilweise diskutieren .


    Vor allem auch, wo den der Sinn einer Inszenierung zu finden sein mag .


    Als Oper-Pflichtbesuch gab es nur "Der Freischütz" , worüber man auch trefflich streiten kann , wie die Oper denn zu inszenieren sein könnte .


    Wie sind denn eta einige der Karajan - Opernabende zu bewerten , in denen er sehr viel mit Lichteffekten bzw. Dunkelheit gearbeitet hat ?


    Wir alle kennen den Satz von Rudolf Bing "...dann soll er doch den Hebel direkt umlegen , dann hat er eine totale Finsternis...." .


    Manches, was dem Opernbesucher zugemutet wird , etwa die Salzburger "Traviata" aus 2005 , ist auch angesichts des zugrunde liegenden Stoffes fast primitiv .


    Aber müssen in einer Pariser "Carmen" von 1964 unbedingt Pferde Escamillo auf die Bühne tragen ? Das sit publikumswirksam ; ich war dabei gewesen , aber lenkt es nicht soofrt auch von der Escamillo-Arie ebenso ab wie vom sonstigen Geschehen ?


    Und "Altkommunisten" dürfte es selbst in der Kommunistischen Plattform der deutschen "linkspartei" in Wirklichkeit nicht geben. Das sid dann Etikettierungen, die einer Überprüfung nicht standhalten .


    Selbst Lenin , der in Wirklichkeit ja nun anders hiess und sich mehreen biographischen "Wandlungen" unterzogen hat , würde ich nicht zugestehen, das er ein Kommunist war . Lenin war ei skrupelloser Diktator .


    Grüsse Dir und nach Köln !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo, liebe Forianer, auch ich bin ein Neuling, seit Jahhrzehnten Opern-liebhaberin und so gefrustet vom sogenannten Regietheater, dass ich schon seit langem nach der Lektüre der Rezensionen in den einschlägigen Fachzeitschriften auf Opernbesuche verzichte und mir von dem ersparten Geld lieber CDs der entsprechenden Werke kaufe oder, so ich sie bereits besitze,anhöre.
    Meine ersten Opern habe ich im Grundschulalter gehört uned gesehen - es waren natürlich "Hänsel und Gretel" und "Die Zauberflöte". Etwas später fogten Rossinis "Barbier" und "Carmen". Ich war total begeistert.
    Hätte es damals bereits Inszenierungen wie die kürzlich gezeigte Mailänder Carmen oder die Zauberflöte aus Zürich gegeben, ich glaube, keine zehn Pferde hätten mich jemals wieder in die Oper gebracht.


    Nun, inzwischen bin ich seit einigen Jahren erwachsen, kann aber dem Regietheater trotzdem nichts abgewinnen. Die Gründe: Das sogenannte Regietheater scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, alles möglichst hässlich, schäbig, ordinär und uappetitlich darzustellen. Wenn ich so etwas sehen möchte, bieten sich die Nachmittagssendungen der privaten Fernsehkanäle an. Wenn ich Opern sehe oder klassische Musik höre, dann deshalb, weil icheben nichts Hässliches, Schäbiges, Ordinäres oder Unappetitliches sehen oder hören möchte.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Zitat

    Original von Mme. Cortese


    Das sogenannte Regietheater scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, alles möglichst hässlich, schäbig, ordinär und uappetitlich darzustellen. Wenn ich so etwas sehen möchte, bieten sich die Nachmittagssendungen der privaten Fernsehkanäle an.
    Wenn ich Opern sehe oder klassische Musik höre, dann deshalb, weil icheben nichts Hässliches, Schäbiges, Ordinäres oder Unappetitliches sehen oder hören möchte.




    Ein derartiges Urteil erscheint mir in der Sache zu indifferent im Hinblick auf ästhetische Belange, die meines Erachtens durch die Auflösung des inhaltlichen Bezuges der Bühnengestaltung beim Regietheater an Bedeutung hinzugewonnen haben.



    Freilich gibt es unglücklicherweise zuhauf negative Beispiele, in denen bewusst eine Art von Hässlichkeit angestrebt wurde, als Mittel künstlerischen Ausdrucks, zur Illustrierung einer bestimmten Aussage - oder was weit schlimmer ist und auch immer wieder leicht erkennbar, aus purem gestalterischen Unvermögen, gedeckt durch ein unbeholfen in den Vordergrund gerücktes ideelles Konzept, das angeblich durch eine Ästhetisierung eine Schwächung erfahren könnte.


    Sich von derartigem abzuwenden ist verständlich, ist doch den meisten Oper und Musik an sich ein zeitweises Verweilen in einer Welt von Schönheit.




    Allerdings sollten auch jene zahlreichen geglückten Beispiele im Bereich des Regietheathers nicht vergessen werden, bei denen durch Abstraktion und oft auch radikale Reduktion wahrlich eine beglückende ästhetische Rahmung des musikalischen Geschehens erreicht wurde - die Salzburger Traviata ist für mich ein derartiges Beispiel, das ich abstoßend verkitschten, in billiger Plastikkulissen-Athmosphäre schwelgenden traditionellen Inszenierungen ebenso vorziehe wie obengenannten Auswüchsen bewusster Unästhetik.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • :D Hasstiraden verfasse ich keine, dafür aber Polemik um diesen Thread zwischendurch mal etwas überkochen zu lassen, ein paar mal hats ja auch schon geklappt :lips:


    Denn die Diskussion an sich, ist ohnehin sinnlos - also sehe ich das eher als virtuellen Sandsack :D


    oder "Hier bin ich Troll, hier darf ich sein" :wacky:

  • Zitat

    Denn die Diskussion an sich, ist ohnehin sinnlos - also sehe ich das eher als virtuellen Sandsack


    Das ist eine eklatante Fehleinschätzung des Threads und seiner Bedeutung, er ist eine Waffe oder wer so will ein Zündholz, das in letzter Konsequenz einen ganzen Wald niederbrennen kann.


    Oder glaubt jemand ernstlich, die Gegner des Regietheaters würden so aggressiv reagieren, wenn sie uns für einen virtuellen Sandsack halten würden ? Nein mein lieber, 12700 Seitenaufrufe binnen eines guten Monats, das spricht eine klare Sprache.


    Bis vor einiger Zeit gab es so gut wie keine Medien, die sich getrauten der "Regiethaterlobby" Paroli zu bieten. Leserbriefe wurden (weitgehend) unterdrückt. Oder man machte sich über die Leute lustig.


    Bei Tamino - und mittlerweilw auch andernorts - gibt es aber nun die Möglichkeit - ohne öffentlich in den Dreck gezerrt zu werden - seine offen Meinung in mehr oder weniger eindeutiger Form zu diesem Thema zu äussern -auch wenn es gewissen Nutzniessern, Modernisierern etc nicht passt.


    Unter dem Wort Regietheater ist Tamino immerhin schon auf die 2. Seite bei google vorgerutscht, Das ist nicht schlecht, wenn ich in Betracht ziehe, daß wir vor ein paar Wochen in dieser Causa noch relativ unbedeutend (Seite 10 oder so..) waren - und daß Kehlmann schon die erste Seite allein für sich beansprucht.


    Bei der diesbezüglichen Recherche bin ich übrigens auf was Interessantes gestossen:


    27.12.2009 | 18:26 | WILHELM SINKOVICZ (Die Presse)


    An der Met haben Publikumsproteste erreicht, dass neben der ungeliebten neuen „Tosca“ auch die alte Zeffirelli-Inszenierung im Repertoire bleibt.


    oder


    Anders ist in den Staaten freilich auch die Abhängigkeit der Kulturszene – nicht von staatlichen Subventionsgebern, sondern von privaten Sponsoren. Eine Aufführung vom Format der jüngsten Wiener „Macbeth“-Premiere würde den sofortigen Entzug von – lebenswichtigem – Fördergeld bedeuten


    (Quelle: Die Presse - gleicher Artikel)


    Solche Meldungen erfreuen mein Herz


    Hier der Link zum gesamten Artikel:


    http://diepresse.com/home/kult…e/kultur/klassik/index.do


    Zitat

    oder "Hier bin ich Troll, hier darf ich sein


    Wenn man so etwas schreibt, dann sollte man sich vor Augen führen, was es denn ist, das einen Troll so gefährlich macht - oder besser gesagt, weshalb er von einigen als so gefährlich angesehen wird:


    Er bringt andere Leute dazu, auf eine brisante Fragestellung zu reagieren - und entwickelt auf diese Weise sein zerstörerisches Potential.


    Soll mir in diesem Zusammenhang recht sein.


    Andrerseits halten Trolle auch längst totgeglaubte Internetseiten permanent am Leben - und das mit Witz und Verve.....


    Übrigens: Wir sind nicht alleine
    Die "Regietheatertrolle" sind allmählich "salonfähig" und "allgegenwärtig"


    http://www.avenz.de/definition_r/regietheater.htm


    :D



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    An der Met haben Publikumsproteste erreicht, dass neben der ungeliebten neuen „Tosca“ auch die alte Zeffirelli-Inszenierung im Repertoire bleibt[/B].


    Also, das freut mich jetzt wirklich! Wie haben die das geschafft? Unterschriftenaktionen? Hm, sollte man hierzulande vielleicht auch mal starten...

  • Auch ich habe gerade dieser Tage einen interessanten Artikel zu diesem
    Thema gefunden. Der Geschäftsführer der Deutschen Rossini Gesellschaft, Reto Müller, hat nach dem Lesen der Rezension über die Premiere von Rossinis Mosè in Egitto seine vorbestellten Karten an das Opernhaus Zürich zurückgeschickt. Das Anschreiben dazu hat er an die
    Opernzeitschrift "Orpheus" geschickt mit der ausdrücklichen Bitte um Veröffentlichung, welcher die Redaktion auch nachgekommen ist.
    Hier einige Auszüge aus seinem Brief: "Die Sänger singen ja auch das, was in der Partitur steht, weshalb sehen es die Regisseure nicht als ihre nobelste Aufgabe an das zu inszenieren was im Libretto steht. Und das, was an Botschaften ggf. zwischen den Zeilen steht und zwischen den Noten zu hören ist, da möchte ich als mündiger Zuschauer bitte sehr selber herauslesen un heraushören dürfen. (...) Ziel der Kunst ist es nie, die Gegenwart abzubilden, sondern sie bestenfalls metaphorisch einzufangen. Erlauben Sie etwa dem Dirigenten, die vorgesehene Orchestrierung durch eine Rockband mit Synthesizer zu ersetzen?..."


    Dem ist wohl weiter nicht mehr hinzuzufügen. der gesamte Brief ist nachzulesen im "Orpheus", Ausgabe Jan./Febr. 2010.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)


  • Cool, die Seite ist zwar ein Vertoß gegen das Recht im Internet, da sie kein Impressum enthält, abmahnfähig also, aber da sehen wir mal gnädig drüber hinweg. Betrieben wird sie lt. denic vom Freiburger "Ahriman-Verlag / Frau Edeltraud Rudow" der auf seiner Startseite vermeldet:


    Unsere programmatischen Ursprünge liegen bei den ersten echten Aufklärern (Meslier, Voltaire, Rousseau, Holbach beispielsweise), unsere Schwerpunkte liegen dementsprechend - da wir ja in einer späteren Zeit leben - bei klassischer Psychoanalyse und orthodoxem Marxismus (also dem, in dem sich Marx und Lenin wiedererkennen könnten...)


    :D :hahahaha: :D


    Im großen und Ganzen bin ich doch sehr erstaunt über die Vorstellung, daß ein wie auch immer geartetes Publikum zu entscheiden hätte oder zu befragen sei: Henry Ford wurde seinerzeit gefragt, ob er seine potentiellen Käufer fragen würde, was sie gerne hätten. Die entwaffnende Antwort: "Hätte ich sie bei der Einführung des Autombils gefragt wäre die mehrheitliche Antwort gewesen: Pferdekutschen". Der Rest der Geschichte dürfte bekannt sein.


    Und noch eine Weisheit aus der Kommunikationstheorie: Medien können beinflussen, worüber gesprochen wird, nicht aber wie. Ich wäre da seeeehhhr vorsichtig mit der Bewertung der Anzahl Seitenaufrufe.


    Ich will aber auch nicht weiter stören und bin auch schon wieder weg.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Mme. Cortese
    Auch ich habe gerade dieser Tage einen interessanten Artikel zu diesem
    Thema gefunden. Der Geschäftsführer der Deutschen Rossini Gesellschaft, Reto Müller, hat nach dem Lesen der Rezension über die Premiere von Rossinis Mosè in Egitto seine vorbestellten Karten an das Opernhaus Zürich zurückgeschickt.


    HiHi, dasselbe hat eine Bekannte angesichts des Bonner-Rigoletto Desasters gemacht.

  • Zitat

    Original von Mme. Cortese
    Und das, was an Botschaften ggf. zwischen den Zeilen steht und zwischen den Noten zu hören ist, da möchte ich als mündiger Zuschauer bitte sehr selber herauslesen un heraushören dürfen. (...) Ziel der Kunst ist es nie, die Gegenwart abzubilden, sondern sie bestenfalls metaphorisch einzufangen.


    Ich empfinde mich nicht gerade als Staubi und kann wunderbar mit Decker, Lehnhoff, Wernicke, Wilson und Co leben, aber das ist es gerade, was mich an vielen Regietheaterinszenierungen so stört: Die Entmündigung des Zuschauers.



    Zitat

    Erlauben Sie etwa dem Dirigenten, die vorgesehene Orchestrierung durch eine Rockband mit Synthesizer zu ersetzen?..."


    Keine Bange, dass werden wir auch noch erleben dürfen.


    :hello: Gustav

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  • Zitat

    Original von Gustav


    Keine Bange, dass werden wir auch noch erleben dürfen.


    :hello: Gustav


    Ich hatte schon ein paar Mal so ähnliche "Vergnügen":


    Beim Düsseldorfer Onegin hat sich del Monacco eingebildet, er müsse die Bauernchöre als Schellackplatte abnudeln, sprich: Tatjana legte selbige auf ein Trichtergrammophon und dann schallte es knisternd ins Publikum. :wacky:


    Bei der Kölner Entführung waren ganze Musikpassagen geschnitten - habe ich größtenteils verdrängt, außerdem wurde die "Inszenierung" schnellstens abgesetzt.



    Das ist überhaupt der neue Trend: Libretti umtexten - wie jüngst ganz massiv die Heidenreich beim Hänsel, machen aber auch andere, damit es irgendwie besser zum Konzept passt - oder gleich Musiknummern streichen, damit die Rechnung aufgeht.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Ich hatte schon ein paar Mal so ähnliche "Vergnügen":


    Ja, ich auch. (Leider) allerdings nur im Fernsehn: beispielsweise Mozarts 'Cosí fan tutte' (auf englisch) als Musical, dito 'Die Zauberflöte' - leider gibt es das nicht auf DVD.


    *gei-lo-mat*


    :jubel: :jubel: :jubel:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Wenn sie jetzt wirklich schon anfangen, die Libretti und Noten umzuschreiben, dann überspannen sie endgültig den Bogen. Das bricht dem Regietheater wohl das Genick. Schön wär's.


    Habe gerade (utube sei dank) in die Wiener Zeffirelli-Inszenierung von "Carmen", Premiere-Mitschnitt 1978, reingeschaut:


    "'Oper total fürs Wohnzimmer' - so titelte der WIENER KURIER am 11. Dezember 1978 anläßlich der spektakulären Fernsehübertragung der Neuinszenierung von Bizets Carmen aus der Wiener Staatsoper. Schon im Vorfeld hatten die Medien die Vorbereitungen zu dem von Film-Zauberer Franco Zeffirelli 'mit 500 Mitwirkenden und acht Pferden' auf die Bühne gebrachten Großereignis erwartungsvoll begleitet – der Premierenabend geriet zum Triumph, zur international beachteten Mediensensation."


    (Gibt's übrigens auf DVD, wie ich eben herausfand.)


    Wunderbare Inszenierung! So stelle ich mir Oper vor. Und dann wirklich mal Applaus, als der Vorhang aufgeht! Alfred hat das ja schon öfter erwähnt, habe das bis dato aber noch nie gesehen (in natura gleich recht nicht).


    Ich kann die Leute, die das alles noch live miterlebt haben damals, sehr gut verstehen, daß sie diese Entwicklung zum heutigen Verfremdungstheater hin verdammen. Selbst ich, der das alles nicht mehr selbst miterleben konnte, finde diese immer abstruseren Tendenzen der "Regietheater-Mafia" unerträglich.


    Erfreulich, daß sich immer mehr Prominente zu Wort melden, wie eben der Geschäftsführer der Deutschen Rossini Gesellschaft. Ich würde mich auch mal über deutlichere Worte von berühmten Dirigenten hierzu freuen. Sie könnten ja das Dirigieren bei derartigen Inszenierungen einfach boykottieren. Oder gleich die Orchester selbst.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nun ja das ist so eine Sache.


    Das „gesunde Volksempfinden“ ...der „Volkszorn“ .... „Publikumsproteste“ ... komisch das nun von jener Seite die sich so gerne elitär sieht, nun der jaulende Plebs als Stütze – als Rechtfertigung herangezogen wird.


    Mir sind noch Signaturen wie „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“ bekannt etc.


    Da hab ich wohl was nicht begriffen....



    Zitat

    Im großen und Ganzen bin ich doch sehr erstaunt über die Vorstellung, daß ein wie auch immer geartetes Publikum zu entscheiden hätte oder zu befragen sei: Henry Ford wurde seinerzeit gefragt, ob er seine potentiellen Käufer fragen würde, was sie gerne hätten. Die entwaffnende Antwort: "Hätte ich sie bei der Einführung des Autombils gefragt wäre die mehrheitliche Antwort gewesen: Pferdekutschen". Der Rest der Geschichte dürfte bekannt sein.



    Danke Thomas, das trifft es doch sehr schön.
    Der Leserbrief ist allerdings seit langem das dämlichste was ich gelesen hab...mir tut es jetzt schon leid um die verlorenen Minuten. Es war nicht mal amüsant.


    Das sogenannte Publikum und Kritiker – (gerade ihn Wien) haben fast grundsätzlich immer daneben gehauen.
    Gerade in Wien wurde Mozart niedergemacht, Beethoven ausgelacht und ihm geraten seine „Eroica“ zu kürzen und, und, und – ein Publikum mit einer solchen Tradition fällt mir persönlich schwer, es ernst zu nehmen, zumal sich das ja anscheinend bis Heute vorsetzt und nichts dazu gelernt wird.
    Ich hoffe mal, das die intellektuellen in Wien da bald mal gegen angehen, kein gutes Image für die Stadt. :beatnik:



    Und ich muss auch sagen, wenn ich jetzt die Wahl hätte mich entweder auf die Seite des marodierenden Plebs im Parkett zu stellen, oder auf die Seite der Künstler und Intellektuellen müsste ich nicht lange überlegen – ganz klar zu den Künstlern.
    Das hat dann aber nicht etwa etwas mit elitärem Gehabe zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand und der Wertschätzung von Kunst (was dem normalen Volke anscheinend irgendwie immer fehlt)


    Wundert mich etwas , dass gerade diejenigen, die sich so sehr der Elite zugehörig fühlen, nun Revolutionär spielen wollen und sich auf die Seite des gemeinen Volkes stellen...obwohl... :P

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Und ich muss auch sagen, wenn ich jetzt die Wahl hätte mich entweder auf die Seite des marodierenden Plebs im Parkett zu stellen, oder auf die Seite der Künstler und Intellektuellen müsste ich nicht lange überlegen – ganz klar zu den Künstlern.


    Ich ziehe es vor, eine eigene Meinung zu haben und nicht diejenige zu übernehmen, die von den mir sympathischeren Menschen mehrheitlich geteilt wird.


    Zum Glück haben Künstler recht unterschiedliche Meinungen.


    Jedenfalls in Wien.

  • Wir stelen uns nicht auf die Seite des Prbs, dondern uf die dies zahlenden Obernpublikums. Der Prebsd geht ja bekanntlich nicht in die Oper - zumindest NOCH nicht - und nicht in relevantem Maße,


    Mein die Gegener des Regietheaters sind nicht die Plebejer, das hat man nur so unter die Leute gesetzt um sie mundtot und verächtlich zu machen und sie zum Schweigen zu bringen, Die Sponsoren der MET sind mit Sicherheit keine Plebejer, sondern eine äusserst wohlhabende und einflußreiche Gesellschaftsschicht, die noch dazu die Oper (und vermutlich andere Teile des Kulturlebens) aus privater Tasche fördert.


    Das wird in Zukunft auch notwendig sein, denn die Spendentöpfe der diversen Regierungen sind leer.


    Künstler waren in allen Zeiten geschätzt. "Narrenfreiheit" haben sie sich allerdings im 20 Jahrhundert selbst zugestanden - und sie musste dafür auch bitte bezahlen. Der Begriff des "verkannten" Künstlers entstand, und irgendwann begann man Kunst die kauim jemand wollte aus öffentlichen Mitteln zu fördern, man nahm das Geld (vorzugsweise) von jenen, die man eigentlich verachtete und entmündigte sie. Eigenartigerweise geschah das, während man andrerseits immer wieder das Wort "Demokratie" im Munde führte - und vor allen DURCH jene die dies taten.


    Kunst kann nie aus sich selbst entstehen, ein Künstler, der den Anspruch erhebt, einer zu sein, muß Werke schaffen die IRGENDJEMANDEM gefallen - nicht nur sich selbst und ein paar Freunden.
    Man mag einwenden, daß gewisse Künstler erst nach ihrem Tod Anerkennung fanden - aber, da Regie eine Sparte ist, die zeigenössiche Anerkennung verlangt, ist dieses Argument in diesem Zusammenhang wohl nicht angebracht.


    Zitat

    Das sogenannte Publikum und Kritiker – (gerade ihn Wien) haben fast grundsätzlich immer daneben gehauen.
    Gerade in Wien wurde Mozart niedergemacht, Beethoven ausgelacht.....


    Man muß sich seine Quellen gut aussuchen


    Immerhin ist Beethoven FREIWILLIG in Wien geblieben und wurde vom hiesigen Adel tatkäftig unterstützt, Brahms war Wahlwiener, und Mozart nebenbei auch.
    Wenn man sich die letzte erhaltene Wiener Mozartwohnung in der Belel Etage (Domgasse 1 - Haut: Mozarthaus (Museum), auch "Figarohaus" genannt, ansieht, dann gewinnt man einen Eindruck wie es um Mozarts Lebensumstände bestellt war. Es gab ein eiegenes Billiardzimmer etc...
    Als er todkrank darniederliag hatte er ZWEI Ärzte, welche ihm befreundete Adelige zur Verfügung gestellt hatten, er besaß ein Reitpferd, einen eigenen Reiswagen und schickte seine Frau auf Kur nach Baden. Welch ein Luxus in jener Zeit !!! Desgleichen wurden gelegentlich vom an sich knausrigen Kaiser Joseph II Geldgeschenke gemacht.
    In Wien wurde das Neue stets abgelehnt . vielleicht weil man hier stets "Nahe am schuss" war, es gab keine ". Berliner" oder "Londoner" Schule, nein die Neurungen kamen damals stets aus Wien - nicht immer zur Freude der Wiener, das ist richtig.


    Das "gesunde Volksempfinden" ist ein Schlagwort, das in vielerlei Abarten existiert - und immer wieder mißbraucht wird.
    Ich würde sagen es gibt den Publikumsgeschmack - und Oper ist nun bedauerlicherweise mal fürs Publikum gemacht - und sei es nur um die Akustik der Säle zu verbessern :P .
    Diese Publikum - ohnedies schon eine selektierte Gruppe (was mit "Elite" (=Auswahl) gleichgesetzt werden kann, wird in Hinkunft über Gedeih und Verderb der Opernszene entscheiden - mehr indirekt als direkt - aber immerhin.
    Das ist ein Faktum, hat also nichts mit meiner persönlichen Meinung zu tun. Ich bin sozusagen nur der - zugegebenermaßen nicht neutrale - Berichterstatter. Ich habe mich oft gefragt, ob meine Einschätzung der Lage mehr Wunschdenken oder Realität ist - den bisherigen Reaktionen nach ist das Thema heisser als ich je vermutet hätte - den subventionierten Theatermachern (ich schreibe NUR über sie, die restlichen Künste sind hier weitgehend ausgeklammert) scheint es allmählich "an den Kragen" zu gehen.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich habe mich oft gefragt, ob meine Einschätzung der Lage mehr Wunschdenken oder Realität ist - den bisherigen Reaktionen nach ist das Thema heisser als ich je vermutet hätte - den subventionierten Theatermachern (ich schreibe NUR über sie, die restlichen Künste sind hier weitgehend ausgeklammert) scheint es allmählich "an den Kragen" zu gehen.


    Wenn man die "PR" im Vorfeld der nicht Puccini sondern Wagner- Butterfly-Premiere in Mainz liest, so scheint das Regietheater wirklich aus dem letzten Loch zu pfeifen. Das ist wirklich nur noch peinlich: Berichterstattung von Barbiepuppen für Barbiepuppen. Wenn dass das neue Opernpublikum sein soll, dann fröstelt es mich.

  • Zitat

    Künstler waren in allen Zeiten geschätzt. "Narrenfreiheit" haben sie sich allerdings im 20 Jahrhundert selbst zugestanden - und sie musste dafür auch bitte bezahlen. Der Begriff des "verkannten" Künstlers entstand, und irgendwann begann man Kunst die kauim jemand wollte aus öffentlichen Mitteln zu fördern, man nahm das Geld (vorzugsweise) von jenen, die man eigentlich verachtete und entmündigte sie. Eigenartigerweise geschah das, während man andrerseits immer wieder das Wort "Demokratie" im Munde führte - und vor allen DURCH jene die dies taten.



    ... na ja dass das nicht mit der tatsächlichen Geschichte übereinstimmt, wirst Du doch selbst zugeben müssen ;)


    sogenannte verkannte Künstler gab es zu jeder Zeit.
    Sowohl unter Musikern, wie bildenden Künstlern.
    Allein aus dem Barock fällt mir eine ganze Palette ein, aus allen Sparten.


    Und wovon wurde Kunst, die nur einer kleinen Oberschicht vorbehalten war, finanziert ? Aus Steuern des gemeinen Volkes - gerade in deutschssprachigen Gebiet, indem in vielen Kleinstaaten zwar barocke Herrlichkeit abgefeiert wurde, der Lebensstandard aber mittelalterlich war für breite Bevölkerungsschichten.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die schwer arbeitende Landbevölkerung es bejubelte, dass diese oder jener Landesherr Unsummen für die Aufführung einer Oper ausgab.


    Allenfalls die freien Städte leisteten sich Theater und Opernhäuser, ebenfalls aus öffentlichen Mitteln und Spenden finanziert.
    Und das waren komischerweise immer Orte die zumindest teilweise schon demokratisch waren :pfeif:



    Übrigens finde ich es abartig die Kulturausgaben, die wahrhaftig einen verschwindend geringen Bruchteil des gesamten Haushalts in Anspruch zu nehmen mit "Entmündigung des Volkes" in Verbindung zu bringen.


    Ich sage es nochmal, tut euch zusammen, eine Opernproduktion kostet zwischen 15.000 und 100.000 Euro, Konzerte und kleinere Konzertereignisse kann man schon ab 1000 Euro auf die Beine stellen.


    Macht es besser - geht in offene Konkurrenz.


    Aber da kann man viel erzählen, bevor jemand 2000 Euro für ein selbst organisiertes Konzert aufbringt, wird lieber mit der Abwrackprämie ein neues Auto für 20.000 Euro gekauft.


    Zitat

    Kunst kann nie aus sich selbst entstehen, ein Künstler, der den Anspruch erhebt, einer zu sein, muß Werke schaffen die IRGENDJEMANDEM gefallen - nicht nur sich selbst und ein paar Freunden.
    Man mag einwenden, daß gewisse Künstler erst nach ihrem Tod Anerkennung fanden - aber, da Regie eine Sparte ist, die zeigenössiche Anerkennung verlangt, ist dieses Argument in diesem Zusammenhang wohl nicht angebracht.


    komisch auf den Akademien wird genau das Gegenteil gelehrt :pfeif:


    Nö wieso, wieso muss ich als Künstler Werke schaffen die irgendwem etwas geben oder gar gefallen ?
    Ich lebe nicht davon, aber dafür - und mir ist es herzlich egal was ein mögliches Publikum darüber denkt.
    Für mich spielt das eigentlich gar keine Rolle, allerdings ist es im Moment noch so, dass der größte Teil des Publikums meine Sachen ganz gut findet.
    Es gibt mittlerweile so eine unglaubliche Vielfalt an Kunst, die sogar bis zum Künstler ohne Werk hingeht - das einzige was man der bildenden Kunst vorwerfen kann ist, dass Heute die Philosophie wesentlich wichtiger ist als der Gegenstand der dann Kunst sein soll.
    Ich bin z.B. davon überzeugt, dass Künstler, Kunstwerk und Publikum in ein und der selben Person zu vereinigen möglich ist.



    Und die Inszenierungen funktionieren doch, ihr regt euch auf bis zum Stehkragen - sowas zu schaffen ist schon nicht übel - die Inszenierungen treffen euch, würden sie euch nicht berühren, dann wär es euch egal und ihr würdet nicht so einen Laden aufmachen.
    Aber Kunst kann eben auch negative Gefühle verursachen, nicht nur schöne.





    Übrigens gibt es zwei neue Opernproduktionen auf DVD, die ich persönlich genial finde:


    F. Cavalli: Ercole amante
    Inszenierung von David Alden
    (Video Sample momentan nur bei youtube zu finden: wähwähwäh.youtube.com/watch?v=6AVTlkFHI3g )


    und Purcells King Arthur :



    zu Purcell gibt es auch schon Video Samples
    ( Track 25 :D )


    Hier gibt es negatives, wie positives zu erleben - schade das sowas im Vorfeld schon abgelehnt wird...


    Und wenn sowas in Zukunft verboten sein soll, dann weiß ich auch nicht weiter.... Schade.

  • Auch wenn es vielleicht besser darauf paßt, was nach dem Regietheater kommen könnte, gebe ich zur allgemeinen Gemüths-Ergötzung den Link auf ein legendäres Interview, in dem fast jeder (außer Wieland Wagner und Jean Genet) sein Fett wegkriegt 8o :


    "http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46353389.html"


    =)


    :hello:

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Auch mir
    wächst die Agitpropkunst
    zum Halse heraus,
    auch ich
    schriebe
    Goldschnitt und Fliederstrauß -
    das wär was
    für Scheckbuch und Seele.


    (Majakówskij)



    Die Insinuanten dieses Threads rechnen mit einem jener Pendelumschwünge der Geschichte, die auf den Knielangen den Minirock, auf den Haarzopf die Stutzfrisur, auf Napoleon den Wiener Kongreß und auf den Sündenfall die Vertreibung aus dem Paradies folgen lassen.


    Wie die katholische Kirche auf Luther hin zur Gegenreformation rüstete, so rüsten die konservativen Bewahrer des guten Geschmacks seit 1968 zu einer umfassenden Bühnenreform; dabei berufen sie sich, ähnlich dem großen Reformator, auf den einfachen Wortlaut (der Bühnenangaben), der sich im Zuge von Experimental- und Konzeptregie zu einem vieldeutigen, der Auslegung stark bedürftigen polyvalenten Schriftsinn verunklärt hat (und insofern an die Hochscholastik erinnert).


    Die Trinität aristotelisch als Identität dreier Substanzen zu denken, schießt gewissermaßen über das Ziel gläubiger Einfalt (pia simplicitas)hinaus. So auch Mussbachs Versuch, die Violetta nicht allein mit der bigotten Gesellschaft Verdis, sondern zugleich mit der unsrigen zu konfrontieren und dieTraviata als Archetypus des todgeweihten Glamour-Girls "aufzuziehen".


    An sich spricht nichts dagegen, daß eine Regie-Elite sich auf die guten alten Kostümausstattungen zurückbesinnt. Bekanntlich war es ja die Photographie, die die bildende Kunst von der Aufgabe entband, Wirklichkeit abzubilden, und die Malerei in die Abstraktion trieb.


    Entsprechend könnte man mutmaßen, es sei eine Umverlagerung der Anschaulichkeit ins Medium des Films dafür verantwortlich, daß die Bühne so abstrakt und unansehnlich geworden sei.


    Im Grunde gleicht eine "Regietheater"-Aufführung dem, was auf gut poststrukturalistisch "lecture" genannt wird. "Déconstruction" wäre auch so ein Stichwort.


    Der letzte oder vorletzte Salzburger Rosenkavalier spielte z.B. zur Schnitzlerzeit (also in Hofmannsthals Gegenwart); und das reichte von der militärisch geprägten Adelsclique bis zum "gemeinen Beiserl", das gleich als Offiziersbordell ausgelegt wurde.


    Mit oder ohne Recht fürchten moderne Regisseure, daß bestimmte Qualitäten eines Stoffs, also das Schockierende daran, der Skandal, die Frivolität oder bloß das Herzzerreißende in der Abgeklärtheit einer historischen Einkleidung abgeschwächt, ja neutralisiert werden.


    Nehmen wir den Orpheus - eine geschmackvoll antikisierende Szenik wird, gerade durch das Ungefähr, das stellvertretende "Als Ob" irgendwelcher Fantasiekostüme niemals die Wirkung erzielen, die eine moderne Regie durch alltägliche Topoi des Todes (Alltagskleidung, Krankenwagen, Hospital, OP etc. wie z.B. im Hagener Orpheo/ Rossi) anstrebt.


    Der - zweifellos schöne - Münchner Orpheus/ Gluck (Faßbaender, Popp) zielt doch auf eine idealisierende, stilisierte Erhabenheit, die man allzuleicht mit dem Gehalt verwechselt, diesem quasi unterlegt; gleichsam als müßte schöne Musik mit gefälligen Bildern korrespondieren.


    Denn es sind ja Ästheten, die Fans von Visconti und Zeffirelli, gestehen wir es uns ein: Sie wollen ja gar nicht die bluthustende Bohème aus den Pariser Mansarden sehen, sondern eine geschönte Parade (à la Marie-Antoinette-Bergère).


    Der frauenfeindliche Tenor vieler Beiträge gerade zu Netrebkos Darstellung der Violetta und Mimi spricht für sich: Jeder Stuhl, jede Tournure wird auf die Goldwaage gelegt, ob sie als Requisiten 1840 bereits in Umlauf waren. - Aber das stofflich viel naheliegendere und drängendere Problem, wie man die Liebesaffären der Menschen auf die Bühne bringt, erntet ein Vokabular, das der Zensoren Verdis würdig gewesen wäre.


    In Wirklichkeit ist es das Kino, das den Inaugurator unseres Threads beim Wort nimmt - gerade zwei amerikanische Regisseure wie James Ivory (Maurice) und Robert Altman (Gosford Park) haben eine englische Upper-Class entworfen, wie es sie in den 20ern kaum gegeben hat. - Die Sorgfalt, die hier gerade im Umgang mit den alltäglichen Dingen des Lebens waltet und im gestaffelten sozialen Aufriß ihre Entsprechung hat, stellt die Bühne vor schier unlösbare Aufgaben. - Wie plakativ dagegen Visconti, dessen "Morte a Venezia" ein effekthascherisches Fin-de-siècle-Simulacrum inszeniert (man denke an das hortensiengeschmückte Hotelzimmer und die Sorge des Managers, die Blumen dufteten zu stark ...). Gerade dieser Film zeigt aber auch die Offenheit eines akribischen Stilkonzepts zur "Déconstruction": La Morte a Venezia verhandelt ja nicht bloß eine verfilmte Novelle, sondern schlägt zugleich eine Brücke zur Biographie Gustav Mahlers sowie der fiktiven Adrian Leverkühns.


    Vive la Perfection! - Die Historische Regieführung ist an ihrer Ungenauigkeit und Halbherzigkeit, am Unwissen des Publikums und damit an sich selbst zugrunde gegangen, keineswegs an den Bemühungen unkonventionellerer Spielleiter.

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Es tut mir leid, je akademischer die Beiträge werden, umso weniger versteh' ich's. Bis jetzt hat mir noch keiner der Befürworter des Regietheaters erkkären wollen (oder können?) was z. B. mit der Baustelleninszenierung des Lohengrin beabsichtigt wurde.



    :(Uwe

  • Höre gerade im Radio die "Lucia"-Übertragung aus der Hamburger Staatsoper. Das Publikum hat schon am Ende des ersten Teils herzhaft gebuht und eineige Stimmen riefen sogar "Aufhören". Während der Pause gab es auch kurze Interviews mit einigen Mitwirkenden, und vor allem die beiden Hauptdarsteller schienen mit der Inszenierung alles andere als glücklich. Bin gespannt, wie sich das ganze am Ende der Vorstellung akustisch darstellt. Sind aber eben alles Unwissende.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Dieselbe Frage wie Knusperhexe möchte ich auch bezüglich meines Beitrags stellen. Und von wem????


    Vermutlich wegen vieler Kotzsmiley´s hat ein Moderator eine Folge von 8 Beiträgen gelöscht, bzw in den unsichtbaren Bereich verschoben.


    Ich kann momentan nicht feststellen wer es war - aber die Beiträge waren durchwegs "grenzwertig". Bitt aufe in Hinkunft auf Kotzsmileys und Schimpfwörter zu verzichten. Es ist uns auch kaum möglich EINZELNE Beiträge rechtzeitig zu entfernen, da sich zumeist eine Kette bilde die nur in ihrer Gesamtheit gelöscht werden kann um nicht Antworten stehen zu lassen deren Auslöser gar nicht mehr existiert


    MOD 001 Alfred

  • Zitat

    Original von Mme. Cortese
    Höre gerade im Radio die "Lucia"-Übertragung aus der Hamburger Staatsoper. Das Publikum hat schon am Ende des ersten Teils herzhaft gebuht und eineige Stimmen riefen sogar "Aufhören". Während der Pause gab es auch kurze Interviews mit einigen Mitwirkenden, und vor allem die beiden Hauptdarsteller schienen mit der Inszenierung alles andere als glücklich. Bin gespannt, wie sich das ganze am Ende der Vorstellung akustisch darstellt. Sind aber eben alles Unwissende.


    Wie furchtbar, dass es mal soweit kommen konnte. Aber gut, der Wiederstand wächst. Wo steckt eigentlich der Intendant gerade? Es wäre doch eigentlich an ihm, jetzt mal ein Wort an das Publikum zu richten. aber bitte nicht mit so einem abgedroschenen BlaBla von wegen, das sei doch die Freiheit des Künstlers.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Wie furchtbar, dass es mal soweit kommen konnte. Aber gut, der Wiederstand wächst. Wo steckt eigentlich der Intendant gerade? Es wäre doch eigentlich an ihm, jetzt mal ein Wort an das Publikum zu richten. aber bitte nicht mit so einem abgedroschenen BlaBla von wegen, das sei doch die Freiheit des Künstlers.


    Die Intendantin hat keine Zeit, sie dirigiert gerade!


    Am Ende wieder Buhs für die Young und massive Ablehnung des Regieteams. Ob zu recht oder nicht kann ich in diesem Fall nicht sagen. Die Lucia ist eine der wenigen Hamburger Premiere, die ich nicht besuchen konnte. Aber demnächst wird das nachgeholt.


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von Gustav
    Die Intendantin hat keine Zeit, sie dirigiert gerade!


    Dann sollte sie mal ihrer Pflicht nachkommen und in der Pause vor den Vorhang treten.

  • Lieber Gustav ,


    gibt es denn keinen kommentar dazu im Radio ???



    Es wird doch sonst alles stundenlang "kommentiert " .


    Weiterhin aufmerksame Ohren !


    Viele Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Das Publikum hat schon am Ende des ersten Teils herzhaft gebuht und eineige Stimmen riefen sogar "Aufhören".


    das zeigt eigentlich vor allem eines, das auch eine Weltstadt wie Hamburg nicht vor Pöbel im Publikum sicher ist, dass sich nicht anständig benehmen kann. :pfeif:

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