Vier letzte Lieder von Richard Strauss - was ist die ultimative Aufnahme?

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Eine Gänsehaut-Aufnahme ist auch die von Flagstad/Furtwängler. Ein privater Mitschnitt auf Acetat-Platten (Vorläufer der privaten Bandaufzeichnung) der Uraufführung. Die Tonqualität ist allerdings lausig. Für die Restaurierung lagen offensichtlich zwei Mitschnitt-Sets vor, und man hat aus den jeweils technisch besten Passagen einen anhörbaren Mitschnitt gemacht. Man mag sich fragen, ob die Stimme der damals nicht mehr ganz jungen Flagstad zu diesen Liedern passt, aber das Wissen darum, daß auf dieser Aufnahme ein Uraufführungsensemble von allerhöchsten Graden vereinigt war macht die Gänsehaut bei dieser Aufnahme aus. Furtwänglers eigenwillige Lesart des Liedes "Im Abendrot" tut da noch ein übriges.


    Meines Wissens handelt es sich bei der Flagstad/Furtwängler-Aufnahme vom 22. Mai 1950

    nicht um den Mitschnitt der Uraufführung selbst, sondern um einen Mitschnitt der Abschlussprobe zu dieser Uraufführung. Auf der vorzüglich recherchierten Seite
    http://fischer.hosting.paran.c…scography-3.htm#Strauss-r
    heißt es dazu: "all editions derive from a poorly edited acetate recording of the final rehearsal performance, the BBC broadcast tape of the actual premiere performance of the work never having been traced".


    Ich möchte tontechnisch weitaus bessere und künstlerisch auch sehr gute Aufnahmen anderer Künstler keinesfalls schlechtreden (und habe Norman/Masur sowie Schwarzkopf/Szell ebenfalls in meiner Sammlung). Gleichwohl gibt es für mich kaum einmal den Moment, in welchem ich nicht zu Flagstad/Furtwängler greife, wenn ich die Vier letzten Lieder hören will. Vielleicht taucht der BBC-Mitschnitt der Uraufführung ja doch noch mal irgendwo auf!

  • Ich glaube, dass man da keine wirkliche Rangfolge machen kann, es ist doch immer sehr vom Hörerempfinden abhängig, welche Stimme, welches Tempo man nun am liebsten hat.
    Für mich sind diese Lieder fast "täglich Brot" - ich muss sie immer wieder hören und habe einige Aufnahmen davon:
    Schwarzkopf (Ackermann +Szell)
    della Casa (Böhm)
    Normann (Masur)
    H. Harper
    Lucia Popp (Tennstedt)
    te Kanawa (A. Davis)
    Soile Isokoski
    Melanie Diener
    Barbara Krieger
    Barbara Bonney (Klavierfassung)
    und noch einige auf MC - die ich erst suchen müsste.
    Wenn ich mir diese Liste ansehe, dann muss ich gestehen, dass ich
    am meisten höre:
    Schwarzkopf, della Casa, Isokoski und Lucia Popp (die ich kurz vor ihrem Tod bei einem Konzert hier in Gütersloh damit hörte, was im Nachhinein ja besonders berührend wirkte).


  • Lieber Günter Hämel


    Mir persönlich fehlt Sena Jurinac in Deiner Auflistung.
    Vor ca 2 Jahren gab es im Radio eine Aufnahme aus der Berliner Philharmonie mit Christine Schäfer unter der Leitung von Marek Janowski.


    Für mich ist dies mittlerweile DIE Aufnahme der >vier letzten Lieder<.


    Es ist zwar schwierig zu beschreiben, mich erinnert bei Christine Schäfer durchaus "Etliches" an Interpretationstile der Schwarzkopf/Jurinac/della Casa..................ABER sie schafft zusätzlich etwas NEUES:
    nämlich eine Art Spagath, in dem sie in voller Hingabe die Vergangenheit (ala Schwarzkopf) "zitiert", quasi mit im Hinterkopf hat .......
    und gleichzeitig weniger maniriert, sondern textbezogen
    "sehr gegenwärtig" und tendentiell im aufklärerischen Sinne sogar "aufdeckend" diese Lieder singt.
    Das BESONDERE an ihrer Interpretation ist, dass ihre Interpretation zu keiner Sekunde "akademisch" klingt....ihre Deutung dieses "Zyklus" ist voller Emotion und "modern" gesungen zugleich, im Sinne
    "emotional zugewendeter Gegenwärtigkeit" . WUNDERVOLL !!!


    Gruß.............."Titan"

  • Danke "Titan" für den Hinweis auf Sena Jurinac - die muss ich dann auch noch haben !


    Was Christine Schäfer anbelangt, müsste ich das einmal hören, vielleicht gefällt mir die Sängerin dann endlich , bisher hab ich mich für sie nicht begeistern können (obwohl ich ihren Cherubino in Salzburg gut fand, aber sonst ist sie mir zu akademisch kühl - aber ich bin lernfähig, ich höre ja heutzutage auch schon Counter , die ich früher ganz furchtbar fand !
    Gruss G.H.

  • Am berührendsten gesungen finde ich die Aufnahme von Lucia Popp.


    Von den heutigen Sängerinnen finde ich Melanie Diener besonders erwähnenswert. Den Werdegang dieser Sängerin verfolge ich bereits seit ihrem Studium in Stuttgart bei Frau Prof. Geszty.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Als BREITENsammler habe ich von den VIER LETZTEN LIEDERN die Masur/Norman Einspielung. Strauss soll, so lese ich in entsprechenden Biographien, die Lieder Kirsten Flagstad zur Uraufführung versprochen haben, Tatsächlich hat sie dann auch in London, neun Monate nach dem Tode von Strauss, begleitet vom Philharmonia Orchestra unter Wilhelm Furtwängler in der Royal Albert Hall diese Premiere gesungen.


    Ich bin - noch immer - von der Gesangskunst der Jessye Norman begeistert. Mir imponiert besonders die gute Textverständlichkeit - eine Leistung, die mir auch schon in der RING-Aufnahme unter Janowsky angenehm auffiel.


    .


    MUSIKWANDERER

  • Hallo


    In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Interpretatinen der Vier letzten Lieder erschienen. Am 31. Januar dieses Jahres kam die Einspielung mit Diana Damrau, begleitet vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung des kürzlich verstorbenen Mariss Jansons dazu.



    Ich war gespannt auf diese Aufnahme, da ich alle Liedeinspielungen von Diana Damrau besitze und schätze.


    Natürlich wird es nach den unzähligen Einspielungen auf dem Markt keine neue geben können, die alles dagewesene in den Schatten stellt.


    Wenn ich in der Vergangenenheit die Lieder hören und nicht groß darüber nachdenken wollte, welche Einspielung ich heranziehe, habe ich meist an zu Renée Fleming mit Christoph Eschenbach gegriffen.


    (wer sie nicht besitzt, dem möchte ich sie empfehlen - 1,12 € plus Porto ist geschenkt)


    Die Damrau-Aufnahme hat es mir allerdings so sehr angetan, dass sich das wohl ändert.


    Das beginnt bereits bei den ersten Takten des "Frühling", als das Orchester noch vor den ersten gesungenen Worten eine starke und beeindruckende Präsenz zeigt. Besonders beeindruckt mich, wie sich die Sängerin bei meinem liebsten Lied "Beim Schlafengehen" nach dem Violinsolo in die Höhen schwingt. Gleichmäßig, kraftvoll und klar.


    Ich habe daraufhin wieder o.g. Aufnahme mit Renée Fleming gehört. Sie gefällt mir immer noch sehr, die gesangliche Leistung der Sängerin steht nach meinem Dafürhalten Diana Damrau in nichts nach. Allerdings ist die Aufnahme bereits ca. 25 Jahre alt. Die Neuerscheinung ist nicht nur hinsichtlich des Gesanges, sondern auch von der Orchesterbegleitung und der Aufnahmetechnik State of the Art.


    Ich schätze ich werde dennoch in nächster Zeit noch einige Vergleiche für mich anstellen müssen, zumal Jansons bereits Anja Harteros begleitet hat. Oder mal wieder Soile Isokoski hören - oder Lisa della Casa - oder doch die Schwarzkopf....?


    Gruß Wolfgang

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Lieber Wolfgang,


    da ich sowieso vorhatte, meine bisher marginale Sammlung der "Vier letzten Lieder" zu erweitern, greife ich gerne deine Empfehlungen auf, zumal ich ja am Allerheiligentage 2019 Mariss Jansons in seinem letzten Konzert in Deutschland in Köln noch genau mit diesem Programm und der großartigen Diana Damrau erlebt habe. Meine Begeisterung für die musikalischen Leistungen wurden natürlich von meiner Sorge um Mariss Jansons überlagert, der nach der Pause, wo er es nur noch mit Mühe auf das Podium schaffte, ja noch das Brahmssche Schwergewicht 4. Symphonie dirigierte. Meine Befürchtungen haben sich ja dann genau einen Monat später auch bewahrheitet.

    Aber alleine schon aus dankbarer Erinnerung an ihn lohnt sich schon die Anschaffung. Wenn die Aufnahmen nach und nach eintreffen, werde ich hier kurz davon berichten.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).