La Bohème, San Francisco 1988 (DVD)


  • Es ist wirklich unglaublich, was den gutwilligsten Opernbesuchern von Intendanten und Regisseuren seit vielen Jahren zugemutet wird. Kernwerke des Repertoires – vom zahlenden Publikum geliebt – werden von mit maßloser Hybris auftretenden Werkzerstörern völlig entstellt. Man fragt sich, wie es sein kann, dass immer wieder dieselben selbsternannten Regisseure mit Inszenierungen beauftragt werden, obgleich die Zeugnisse derer handwerklicher Unfähigkeit Legion sind.


    Eines der vielen Beispiele, die es aufgrund unbekannter Machtgefüge sogar bis zu einer Veröffentlichung auf DVD geschafft haben, ist die Inszenierung der „Bohème“ von Giacomo Puccini im San Francisco Opera House aus dem Jahre 1988. Prominent besetzt, durften die Erwartungen aller Besucher groß sein. Doch wie sehr wurden sie enttäuscht.


    Das Ärgernis beginnt damit, dass das Bühnenbild nicht mit den Anweisungen der Partitur übereinstimmt – und auch nicht mit den überlieferten Bühnenbildentwürfen zur Uraufführung des Werkes, welche sich heute noch im Besitz des Verlages G. Ricordi & C. S. p. A., Mailand, befinden und von jedem, dem an einer werkgetreuen Aufführung gelegen ist, eingesehen werden können. Überflüssig zu erwähnen, dass die Partitur und die damaligen Entwürfe, die unter Puccinis und der Librettisten Aufsicht entstanden, die einzig gültige Referenz zur Beurteilung eines Bühnenbildes sind und als solche sankrosankt.


    Puccini, Giocosa und Illica fordern eindeutig, dass sich das Fenster der Mansarde im ersten Bild auf der von Zuschauer gesehen rechten Seite befinden soll. In San Francisco wurde es links positioniert, offenbar um schon von Anfang an zu demonstrieren, dass man einen neuen Blickwinkel auf das Werk geben will. Wie dümmlich und infantil. Und welcher Sinn soll bitteschön darin liegen, dass man Rodolfo in einer Jeanshose auftreten lässt? Bekanntlich spielt „La Bohème“ um 1830, wohingegen die Jeans von Levi Strauss als Bekleidung für amerikanische Goldgräber erfunden wurde, der aber erst im Jahre 1847 nach San Francisco auswanderte. Eine heimliche Hommage an den wohl bekanntesten Adoptivsohn der Stadt? Und mit welcher künstlerischen Rechtfertigung?


    Ein wirklich makabrer Gag ist es auch, den hungernden und frierenden Dichter Rodolfo ausgerechnet mit dem wahrlich nicht unterernährt wirkenden Luciano Pavarotti zu besetzen. Welcher Hirnrissigkeiten sollen wir als nächste gewärtig sein? Etwa Jessye Norman als schwindsüchtige Violetta? Für wie dumm soll das Publikum noch gehalten werden?


    Es ist leider schon fast selbstverständlich, dass die zahlreichen und ausführlichen Regieanweisungen in der Partitur geradezu sträflich missachtet werden und der Regisseur sich in überheblicher Weise anmaßte, es besser zu wissen als Librettisten und Komponist. Als Beispiele unter vielen möglichen sei die Anweisung bei Ziffer 25 der Partitur genannt: „Rodolfo chiude L’uscio, depone il lume, sgombra un angelo del tavolo, vi colloca calamaio e carta, poi siede e si mette a scrivere dopo avere spento l’altro lume rimasto acceso.“ – Nichts von alldem. Verf. erspart den geneigten Lesern die ermüdende Aufzählung weiterer Beispiele solcher Werkentstellungen.


    Besonders degoutant wirkt jedoch das Applaudieren des Publikums nach den bekannten Arien „Che gelida manina“ und „Mi chiamano Mimi“. Toscanini, der Dirigent der Uraufführung, der seine Anweisungen noch von Puccini persönlich erhalten hatte und uns darum als unfehlbare Instanz zu gelten hat, lehnte solches strikt ab. Dies ist hinlänglich bekannt. Wenn sich nun das Publikum in San Francisco dennoch zu dem künstlerisch störenden Applaus bewegen ließ, der die innere Einheit und Wohlproportioniertheit des Werkes unterbricht, was nur aus niederen Motiven heraus nachzuvollziehen ist, dann ist dies ein klarer Hinweis darauf, dass die allgegenwärtige Verschwörung von Intendanten und Regisseuren zur Zerstörung unvergänglicher Kunstwerke nun auch auf das Publikum übergegriffen hat. Das werkfremde Verhalten der Zuschauer ist nur so erklärbar, dass weite Teile bestochen wurden und somit Teil des Sumpfes der Korruption geworden sind, der sich heutzutage „moderner Opernbetrieb“ schimpfen darf.


    Völlig unklar bleiben weitere sogenannte Regieeinfälle (die man besser als pathologische Fantasien bezeichnen würde) wie die Projektion der Hauptkirche Notre Dame am Ende der beiden vorgenannten Arien im ersten Bild oder im dritten Bild das Besetzen des Sergeanten – eines Vertreters der Staatsmacht – mit einem Farbigen. Man bedenke: An der Pariser Stadtgrenze von 1830!


    Wenn man auch dergleichen schon aus vielen anderen Inszenierungen des Regietheaters – das man besser Zerstörungstheater nennen würde – leider gewohnt ist, so setzt doch der musikalische Teil der Aufführung dem Ganzen die Krone auf. War bisher die Musik sozusagen das Rückzugsgebiet derer, die die Werktreue hochhalten, so hat man hier nicht einmal davor zurückgeschreckt, die Partitur zu entstellen. Jeder Musikinteressierte weiß, wie straff und sachlich der Uraufführungsdirigent Arturo Toscanini, der das Werk vom Komponisten selbst empfing, diese Musik spielen ließ – weil er wusste, was dem Maestro vorschwebte! Und wie sentimental wurde doch in San Francisco gespielt – jedes Ritardando wurde ausgekostet, häufig wurde es früher als notiert begonnen usw. usw. Als ob Puccini ein süßliches Rührstück für ein emotionssüchtiges Publikum komponiert hätte. Hier wurde wirklich eine Grenze überschritten, die bisher als tabu galt. Verf. darf sagen, dass ihn gerade dies am meisten erschütterte.


    Quo usque tandem?

  • Hallo Wolfram,
    auch wenn dein Beitrag vor Ironie trieft, zeigt er doch sehr deutlich, dass du unser Anliegen -sei es aus Überzeugung, sei es aus Widerspruchsgeist - einfach nicht verstehen willst. Als Diskussionsgrundlage finde ich diesen Beitrag einfach albern. Ich habe mich bislang um eine faire Diskussion bemüht, aber das ist so sehr daneben, dass sich eine Antwort nicht lohnt.


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Hallo Mme. Cortese,


    nenne mir eine Beobachtung, die ich gemacht habe, die nicht genau so aus dem Lager der Regietheatergegner nicht auch schon andernorts moniert worden wäre!


    - Abweichen von den Regieanweisungen in der Partitur (Fenster rechts/links, Anweisung bei Ziffer 25)
    - Gebrauch von Requisiten, die nicht in die Zeit des Stücks gehören (Jeans)
    - Unglaubwürdigkeiten, die die Handlung des Stücks konterkarieren (ein wohlgenährter Pavarotti)
    - Missachtung der Maßstäbe der an der Uraufführung Beteiligten (Toscanini)
    - zusätzliche "Regieeinfälle", die nicht in der Partitur stehen (Notre Dame, ein Farbiger)


    Ja, wenn man Euch mit Eurem eigenen O-Ton konfrontiert, dann merkt Ihr, was Ihr so von Euch gebt ... ! Ich habe oft gebeten, dass Ihr etwas präziser formuliert - ohne Erfolg. Jetzt habe ich mal so platt argumentiert, wie ich das häufig auf Eurer Seite findet und Eure "Argumente" 1:1 übernommen - da passt's auch nicht.

  • aber das ist so sehr daneben, dass sich eine Antwort nicht lohnt.


    Dem ist nichts hinzuzufügen, liebe Mme. Cortese. Man hat im Leben schon so manchen " Möchtegern- Spezi ", der an Profilierungssucht leidet, kennengelernt. Aber dieser Herr hier ist wohl nicht zu überbieten und ich frage mich ernsthaft, was haben sie dem wohl in den Tee getan. Selbt Amfortas, der wahrscheinlich über echtes Fachwissen verfügt, hat sich zu dieser Boheme positiv geäußert.
    Wie schreibt Alfred immer in seiner Signatur:
    Das abgehobene Gelaber im Klassik-Forum würden meine Nerven auf Dauer nicht aushalten
    Das trifft es auf den Punkt. Eine Bitte, kann mir jemand erklären, was muß ich tun, wenn ich Beiträge eines Mitgliedes bei mir nicht mehr angezeigt sehen will. Dieses fortdauernde oberlehrerhafte Geschwafel dieses Herrn, der uns wie Schulanfängern Begriffe wie "konservativ, konventionell usw." erklären will, ist für mich wirklich nicht auszuhalten und ich möchte von dem nichts mehr lesen oder auch nur ein Wort wechseln, nicht mal "Guten Tag".
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,


    da ich annehme, dass es Dir nicht entgangen ist, dass ich meine "Kritik" im Unterforum "Feuilleton und Satire" gepostet habe, und da ich sehr wohl davon ausgehe, dass Du - wie Mme. Cortese auch - sofort verstanden hast, dass der Beitrag ironisch gemeint war, kann ich Deine Worte nicht verstehen.


    Ich fand diese Inszenierung ebenfalls gut. Ich habe sie als Vehikel benutzt, um Euch Eure eigene Argumentation vorzuhalten. Nenne mir eine Stelle, wo ich Argumente gebraucht hätte, die Ihr nicht ebenso verwendet habt, und ich lasse den Beitrag löschen. Deine negative Bewertung meiner Worte trifft nicht mich, sondern Eure Argumentation.


    Deine Verbalentgleisungen ("in den Tee getan", "oberlehrerhaftes Geschwafel") wären an sich meldewürdig, das ist Dir ja wohl klar.


    Meine Beiträge kannst Du ausblenden, wenn Du unter "Profil bearbeiten" (ganz oben links in Deinem Browserfenster) "Verwaltung" - "Ignorierte Benutzer" wählst und dort meinen Benutzernamen einträgst.


    Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude in diesem Forum.

  • Ich hab mir aufgrund nachstehender Rezension die DVD zugelegt und bin begeistert:


    "Man sieht, dass Mirella Freni älter geworden ist, aber das tut ja der kleinen Stickerin nichts an, sie singt traumhaft uns spielt uns auch
    diese Welt der kleinen, armen Leute vor. Luciano Pavarotti ist ein so himmlisch guter Rudolfo. Schade ist, das er von uns, für immer, gegangen ist, aber er wird vor Gott singen und alle Sünden werden ihm vergeben sein.Hier ist auf alle Fälle ein bezauberndes Ensemble neben den Beiden, alles gut und herrlich.Ich kann nur der Jugend raten Mirella Freni als Mimi erlebt zu haben, es kommt kaum eine andre an sie, nur annähernd, heran.San Francisco ist eine gewaltige Opernstadt, und kann es mit der MET, und auch den europäischen Opern-Häusern leicht aufnehmen.Auch die Musette, der Sandra Paretti, ist himmlisch, eifersüchtig und vom Herzen gut, in diesem Künstelquartett. Nicht zu vergessen ist Nicolai Ghiaurov als Colin, die Mantelarie,und dessen Tragen zum Pfandleiher, Weggabe wird für ihn, in der großen Freundschaft zu Rudolfo und zu Mimi. Einmalig rührend.


    Das Bühnenbild so himmlisch leicht und so passend, also, alles passt, was ja in Europa schon lange nicht mehr der Fall ist."



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Lieber Bernward,


    ich freue mich, dass die Aufführung auch Dir gefallen hat!


    Vielleicht passen Deine guten Worte noch besser in den eigentlichen Thread dieser Aufnahme: Giacomo Puccini: LA BOHÈME (San Francisco, 1988 )


    Hier sind wir ja schließlich in "Feuilleton und Satire", und in diesem Thread geht es ja um eine ironische Rezension der Aufführung durch einen fiktiven Regietheatergegner.


    Viele Grüße
    Wolfram

  • Aus dem DVD-Cover hätte doch jeder wahre Opernfreund ersehen können, um welchen Regie-Irrsinn es sich handelt. Denn der Eiffelturm wurde erst 1889 erbaut.


    Diese DVD ist nur für sensationslüsternde Opernzerstörer geeignet.

    Wenn sich nun das Publikum in San Francisco dennoch zu dem künstlerisch störenden Applaus bewegen ließ, der die innere Einheit und Wohlproportioniertheit des Werkes unterbricht, was nur aus niederen Motiven heraus nachzuvollziehen ist, dann ist dies ein klarer Hinweis darauf, dass die allgegenwärtige Verschwörung von Intendanten und Regisseuren zur Zerstörung unvergänglicher Kunstwerke nun auch auf das Publikum übergegriffen hat.

    Ich vermute in diesem Fall eher die Zusammenrottung des regietheatersüchtigen Publikums, das den Regieblödsinn übertrumpfen möchte, brainwashed und aufgehetzt durch die linken Organe der gleichgeschalteten US-Kampfpresse, gerichtet gegen eine ohnmächtige Intendanz.


    Aber man darf ja nichts mehr gegen diesen Schwachsinn sagen, sonst wird man ja von den Ideologen des Regietheaters als „Staubis“ oder „Trottel“ beschimpft.


    Viele Grüße eines „Staubis“ an Gleichgesinnte !
    :hello:

  • Hallo, Wolfram,


    ich sollte vielleicht doch genauer lesen, das Unterforum "Feuilleton und Satire" war mir, vielleicht auf Grund der späten Stunde entgangen. Insofern erübrigt es sich wohl erst recht, auf die einzelnen Kritikpunkte einzugehen, mit einer Ausnahme - es ist mir nicht bekannt, dass auch nur einer von uns "Staubis" an der Hautfarbe oder dem Körperumfang der beteiligten Sänger irgendwo Anstoß genommen hätte, ganz im Gegensatz zum heutigen Opernbetrieb, der eine bekannte Sängerin zu einer Magenverkleinerung veranlasst hat - und ich glaube eher nicht, dass das die Regietheatergegner waren. Im übrigen sollte es doch ganz klar sein, dass der arme Rodolfo bereits an einem Hungerödem leidet.
    Eine "Gegensatire" zu schreiben erübrigt sich. Das hat ein gewisser Hans Christian Andersen mit "Des Kaisers neue Kleider" bereits schon vor längerer Zeit besorgt.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Hallo, Amfortas, hallo Wolfram
    Wir hatten aber gestern den 1. August und nicht den 1. April. So es sich denn um einen verspäteten Aprilscherz gehandelt haben sollte, so will ich meinerseits jetzt ein gewisses Verständnis aufbringen und die Sache von einer anderen Seite betrachten. Ich erwarte da aber gleichsam auch Verständnis für meine, evtl. etwas überzogene, Reaktion. Mich betreffend, war das Objekt dieses Scherzes sehr schlecht gewählt, wenn auch wahrscheinlich beabsichtigt. Bei keinem anderen Werk hätte ich überhaupt reagiert und das hat man wohl gewußt. Bei der Boheme ist das anders, hier habe ich eine besondere Beziehung. Nochzumal die San Francisco- Boheme, die ich für das Beste und Gelungenste halte. Aber das ist meine persönliche Meinung und mein Geschmack und darüber möchte ich auch nicht diskutieren. Andere dürfen das gern anders sehen. Da habe ich nichts dagegen und es sei jedem unbenommen.
    Ich hoffe, daß alle Unklarheiten beseitigt sind und wir wieder auf eine normale Ebene zurückkehren.
    Frdl. Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Lieber Chrissy,


    es freut mich sehr, dass Du die Rückkehr auf eine normale Ebene anbietest. Das Angebot nehme ich gerne an!


    Ich kann nachvollziehen, dass die Satire eventuell nicht gleich als solche zu erkennen war. Eine Überschrift à la "Fiktive Kritik eines Regietheatergegeners (Vorsicht, Ironie!!)" wäre da wohl hilfreich gewesen. Mea culpa.


    Deine besondere Beziehung zu gerade dieser Inszenierung war mir nicht bewusst. Ich habe sie gewählt, weil sie in den letzten Wochen hier mehrfach besprochen wurde und somit einigen der Hauptdiskutierer zum Thema "Regietheater" bekannt war. Was hätte es geholfen, eine unbekannte Inszenierung zu besprechen? Wenn ich Deine Gefühle zu dieser Aufführung verletzt habe, tut es mir leid. Das war nicht beabsichtigt.


    Ich arbeite gerade an drei Thesen zu Opernaufführungen. Mich ärgert, dass ich dauernd als Regietheaterbefürworter gebrandmarkt werde - das stimmt überhaupt nicht.


    Ich sage es mal so: Man kann Bach auf einem Steinway zweifelsohne gut oder schlecht spielen - aber dasselbe gilt für das originale Cembalo. Mir liegt außerdem daran, dass die Steinway-Interpretationen nicht von vorneherein über einen Kamm geschoren werden. M. a. W.: Auch im Feld des Regietheaters gibt es Sehenswertes!


    Na ja, vielleicht schaffe ich es noch heute abend.

  • es ist mir nicht bekannt, dass auch nur einer von uns "Staubis" an der Hautfarbe oder dem Körperumfang der beteiligten Sänger irgendwo Anstoß genommen hätte,


    Liebe Mme. Cortese,


    mir ging es eigentlich auch nur um das häufig gehörte Argument "dieser Regieeinfall ist unlogisch und widerspricht der Handlung". Beides trifft auf den Körperumfang des seligen Pavarotti wie auf den farbigen Sergeanten zu.


    Dennoch haben die "Staubis", wie Du sie nennst, sehr wohl zum Thema Leibesumfang und Hautfarbe Stellung bezogen. Es tut mir zwar fast weh, den von mir verehrten Operus zitieren zu müssen, aber sei's drum:


    Natürlich sollte eine Sängerin und ein Sänger in unserem optisch auf Idealtyp fixierten Zeitalter eine passende Bühnenerscheinung mitbringen.


    PP: Monostatos in Opel heist Kishiwi. Leichter melken sich die Leute Namen in China. Und ist nackt - und Weiß - wegen Lassendiskliminielung - Wissen sie.

  • Lieber Wolfram

    es freut mich sehr, dass Du die Rückkehr auf eine normale Ebene anbietest. Das Angebot nehme ich gerne an!

    Auch ich freue mich, daß Du die dargebotene Hand zum Frieden ergreifst. Solltest Du Raucher sein, könnten wir jetzt die Friedenspfeife miteinander rauchen. Ich weiß, daß auch ich manchmal überreagiere. Ja, zur Boheme habe ich eine besondere Beziehung und deshalb empfand ich diesen von mir falsch verstandene Beitrag wie eine" Majestätsbeleidigung ", wenn ich das mal scherzhaft sagen darf und darum haben mich besonders auch Deine Worte gefreut:


    Wenn ich Deine Gefühle zu dieser Aufführung verletzt habe, tut es mir leid. Das war nicht beabsichtigt.

    Danke dafür. Ein Vorschlag, Dein Einverständnis vorausgesetzt, vielleicht sollte einer unserer Moderatoren so nett sein und diesen gesamten Thread voller Mißverständnisse und Entgleisungen zu löschen und wir alle vergessen das Ganze.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY


    PS.: Nicht vergessen möchte ich aber, mich bei Bernward für seine Bewertung zu bedanken. Das was er speziell zu Freni und Pavarotti sagt, ist Balsam pur.
    Hier muß ich auch immer an unser Forenmitglied Manfred denken, der mir schon mehrfach mitgeteilt hat, daß er das Glück hatte, beide schon live in dieser Oper erlebt zu haben. Ein Glück und eine Sternstunde, die mir zu erleben, leider nie möglich war...

    Jegliches hat seine Zeit...

  • chrissy

    Hier muß ich auch immer an unser Forenmitglied Manfred denken, der mir schon mehrfach mitgeteilt hat, daß er das Glück hatte, beide schon live in dieser Oper erlebt zu haben. Ein Glück und eine Sternstunde, die mir zu erleben, leider nie möglich war...

    Lieber Chrissy,


    aus gegebenem Anlass wiederhole ich mich gern: die "Bohème"-Aufführung, die ich live mit Pavarotti und Freni als Protagonisten erleben durfte, war eine Sternstunde der italienischen Oper - und ich war dabei ...


    LG
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • aus gegebenem Anlass wiederhole ich mich gern: die "Bohème"-Aufführung, die ich live mit Pavarotti und Freni als Protagonisten erleben durfte, war eine Sternstunde der italienischen Oper - und ich war dabei ...


    Lieber Manfred
    Auch ich wiederhole mich hier gern. Obwohl Neid eine Charaktereigenschaft ist, die ich tatsächlich nicht kenne, hier könnte ich schon neidisch werden. Ist aber von mir absolut freundlich gemeint und ich gönne Dir diese Sternstunde auch ins Nachhinein von ganzem Herzen. Du verstehst bitte ganz sicher, wie ich das meine. Ich hatte leider, aus bekannten Gründen, nie die Möglichkeit. Eine persönlich erhaltene Einladung der Westberliner Oper 1987 (in persona des Generalsekretärs Dr. Alard von Rohr) zu einer Vorstellung " Der Liebestrank " mit Pavarotti wurde von den damaligen Behörden der DDR selbstverständlich abgelehnt. Dies war ins Nachhinein besonders schmerzlich, weil Pavarotti dort einen triumphalen Erfolg feierte mit 120 Vorhängen!!! Vermerkt und bestätigt im Guinnes- Buch der Rekorde. Ich hatte das schon mal in unserem Forum erwähnt und ich glaube es war Rita, die mir das bestätigte. Sie war tatsächlich dabei.
    Dir einen schönen Abend und herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • vielleicht sollte einer unserer Moderatoren so nett sein und diesen gesamten Thread voller Mißverständnisse und Entgleisungen zu löschen und wir alle vergessen das Ganze.


    Ich plädiere dafür diesen Thread nicht zu löschen. Er befindet sich im Satire-Abteil.
    :hello:

  • Ich plädiere dafür diesen Thread nicht zu löschen. Er befindet sich im Satire-Abteil.


    Ich wäre sogar dafür, die ersten Tamino-Stimmen zum damals erstmals ausgestrahlten Bohème-Film mit Villazòn und Netrebko hier dazuzustellen.


    Anna Netrebko wirkt auf die Freunde konservativer Regie wie Gift, wie eine Röntgenbrille. Denn obwohl das damals eine denkbar klassische, stilvolle und geschlossene Inszenierung war, frondierte der gesamte innere Kern der kulturbewahrenden Partei gegen die Netrebko-Mimi. Knusperhexe monierte, daß die Kostüme nicht der belle epoque entsprächen, ein paar Damen zeigten sich entsetzt, daß diese schamlose Mimi an der Nachbarwohnung lauschte und dann ihre Kerze ganz absichtlich ausblies; usw. usw. Sogar Sex hatte sie mit Rodolfo, igitt! - und das noch vor dem Momus-Akt.


    Ich bewundere Wolframs Mut, ausgerechnet die Ikone der idealen Bühneneinrichtung, die Frisco-Bohème, hier in die Satire zu ziehen.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Meine Lieben


    Ich habe diesen Thread erst jetzt gelesen - und über den Ursprungsbeitrag herzlich gelacht.
    Daß ich ein - ja man kann es ruhig sagen - radikaler (positiv formuliert: konsequenter) Gegner jeglichen Regietheaters bin - wird wohl kaum jemandem entgangen sein. Aber das hindert mich nicht, Wolframs satirischen Beitrag als eine der witzigsten zu empfinden, die in letzter Zeit bei Tamino geschrieben wurden. Daß er ihn nicht wirklich ernst genommen hat war mir sonnenklar. Er hat eine sozusagen unangreifbare Referenzaufnahme in witziger Form "zerpflückt" um seinen Standpunkt - der ja ohnehin bekannt ist - darzulegen, vor allem aber, um das Forum um einen witzigen Beitrag zu bereichern, wo immer wieder bedauert wird, daß es im Forum so wenige gibt.
    Satire hat nun mal die Eigenschaft, ein wenig bissig zu sein - das ist ihre Kehrseite. Aber ich fand, daß diese so offensichtlich als solche erkennbar war, daß man darüber zumindest lächeln sollte. An meiner Grundposition ändert das natürlich nichts.


    Wolfram hat übrigens eine weitere witzige Parodie verfasst, wo ich indirekt "angegriffen" wurde.
    Es handelte sich um ein Gegenstück meiner Serie ("Regisseur XY inzeniert die Oper Z"), von der es bisher zwei Folgen gab.
    Er hat mir aber liebenswürdigerweise eine Vorab-Version zugesandt und mich gefragt, ob ich mit der Veröffentlichung dieses Textes - es sei ein Spaß (natürlich mit ernstem Hintergrund) auch einverstanden sein könne - nur dann würde er ihn ins Forum stellen. Obwohl ich auch damals gelacht habe, habe ich dennoch gebeten von einer Veröffentlichung Abstand zu nehmen - der Spaß würde als solcher nicht eindeutig erkannt werden, und er würde meinen Gegener ausserhalb des Forums nur Munition liefern. Wolfram hat meiner Bitte entsprochen - und auf diesen Beitrag verzichtet. Er mag sich gedacht haben (?), daß ich hier vielleicht ein wenig humorlos agiert habe - so wie es ja viele von mir erwarten. Und auch ich habe das gelegentlich gedacht.
    Aber die heftige Reaktion aller Seiten zu diesem Thread hier haben gezeigt, wie richtig meine Entscheidung damals war....


    Ich finde, wir sollten uns dennoch ein wenig Humor vergönnen - das Leben ist ernst genug.
    Ein Sprichwort meint:
    Humor ist wenn man TROTZDEM lacht.


    An meiner prinzipiellen, ablehnenden Einstellung zum Regietheater ändert das indes nichts.


    mit freundlichen Grüßen an alle


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein wirklich makabrer Gag ist es auch, den hungernden und frierenden Dichter Rodolfo ausgerechnet mit dem wahrlich nicht unterernährt wirkenden Luciano Pavarotti zu besetzen. Welcher Hirnrissigkeiten sollen wir als nächste gewärtig sein? Etwa Jessye Norman als schwindsüchtige Violetta? Für wie dumm soll das Publikum noch gehalten werden?

    Dann dürften alle Darsteller des Florestan, deren Leibesfülle weit mehr als 100 kg umfasst, ebenso fehl am PLATZ SEIN, denn bei wenig Wasser und noch weniger Brot nimmt man ja bekanntlich ab Wolfram, oder?


    LG, Bernward (leider auch Übergewicht)


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Lieber Bernward,


    ich kann sowohl mit einem wohlbeleibten Florestan wie mit einem gut genährten Rodolfo leben und bin bereit, die notwendige Abstraktion zu vollziehen.


    Mir schien es so, als ob einige Regietheaterablehner sich überfordert fühlten, wenn die Inszenierung von ihnen bestimmte Abstraktionen verlangt und hatte dies in der obigen satirischen Rezension auf die Schippe genommen.


    Viele Grüße
    Wolfram (BMI leider auch noch bei 26)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Sogar Sex hatte sie mit Rodolfo, igitt! - und das noch vor dem Momus-Akt.

    Das war auch bitter nötig, bevor sie am Ende den Löffel abgibt.
    Nach dem Motto:
    Jedes legt noch schnell ein Ei
    Und dann kommt der Tod herbei
    :thumbsup:

    Zitat

    Ich wäre sogar dafür, die ersten Tamino-Stimmen zum damals erstmals ausgestrahlten Bohème-Film mit Villazòn und Netrebko hier dazuzustellen.

    Selbstverständlich bedarf auch diese respektlose Boheme-Verunstaltung des perversen Opernzerstörers Dornfeld einer ausführlichen Dokumentation; als ehernes Mahnmal, als Pfahl im Fleische des frechen Regietheaters, das sich zusammensetzt aus fieser 68ger-Phalanx pseudointellektueller, sexbesessener und verkommener Psychopathen.


    Kulturverschandelungen dieser Art und Weise dürfen den beleidigenden Opernzerstörern nie + nimmer vergessen und vergeben werden.


    Mit entschlossenen und heißen Kampfgrüßen an Gleichgesinnte.
    :hello:

  • Zitat

    ich kann sowohl mit einem wohlbeleibten Florestan wie mit einem gut genährten Rodolfo leben und bin bereit, die notwendige Abstraktion zu vollziehen.

    Zitat

    Dann dürften alle Darsteller des Florestan, deren Leibesfülle weit mehr als 100 kg umfasst, ebenso fehl am PLATZ SEIN, denn bei wenig Wasser und noch weniger Brot nimmt man ja bekanntlich ab Wolfram, oder?

    ich schlage vor sich über den Dicken nicht so aufzuregen. Stellt euch doch einfach, dass Florestan unter Zwangsernährung stand, ehe seine Bissen schmaler und schmaler wurden. :thumbsup:
    :hello:

  • Die - wenn auch kaum ernstgemeinte - Satire von Wolfram und die - wie nicht anders zu erwarten- spöttischen Bemerkungen von Amfortas haben mich geradezu getrieben, mir diese "Bohème" zuzulegen. Und ich muss sagen, es ist wohl die beste Inszenierung, die ich bisher von der "Bohème" gesehen habe. Stimmlich und auch darstellerisch hervorragend, und von der Lebendigkeit her gehört sie geradezu in Amfortas' Thema "Lebendige Inszenierungen auf Youtube". Bisher habe ich mich mit dem Verlinken nicht beschäftigt, sonst würde ich wahrhaftig die Ausschnitte auf Youtube dorthin verlinken.
    Auch die Kulisse und die Kostüme waren stimmig,
    Die Betrachtung von Abweichungen gegenüber dem wortwörtlichen Text des Originallibrettos klingen für mich geradezu albern. Der Analytiker mag spotten, aber das Gros der Opernbesucher besteht eben nicht aus Analytikern, sondern aus ganz gewöhnlichen Musikfreunden, die die Oper genießen wollen. Und denen ist das sch...egal, ob das Fenster nun rechts oder links angeordnet ist. Viele Opernbesucher kennen den Inhalt, einige auch das Textbuch, werden es aber auf diese Einzelheiten hin kaum studiert haben. Sie erwarten eine ärmlich eingerichtete Mansarde. Welche Gegenstände dort sein sollen und wie sie angeordnet sind, ich glaube, das überlässt jeder gern der Phantasie des Bühnenbildners - soweit dieser überhaupt eine hat.
    Die Baumwollhosen, die Rodolfo trug, wären wohl kaum einem Zuschauer als anachronistisch aufgefallen. Mir auch nicht, wenn Wolfram sie nicht aufs Korn genommen hätte. Aber woran erkennt man, dass das sogenannte "Jeans" von Levis sind??
    Es kann wohl kein Zuschauer erwarten, dass nur junge, wohlproportionierte Sänger auftreten (denn meist geht es in der Oper um jüngere Leute). Ich habe aber auch nirgends gelesen, wie alt die Leute in der Bohème sein müssen und welchen Körperumfang sie haben dürfen. So unförmig war aber Pavarotti in dieser Oper nicht, dass man ihm nicht - eine vielleicht etwas reifere - Jugend abgenommen hätte.
    Bei der Prokjektion am Ende des ersten Aktes wird sich wohl kaum ein Zuschauer tiefere Gedanken machen, wann diese Gebäude entstanden sind. Auffällig sind dagegen Anachronismen in modernen Regisseursopern (und hier nenne ich als Beispiel die schon mehrfach erwähnten Kreuzfahrer mit Laptop und Kühlschrank). Hier merkt wohl jeder Zuschauer, dass das nicht zusammenpasst.
    Diese Betrachtungen über die Gegner des Verunstaltungstheater sind genauso absurd wie die Behauptung, dass das heutige Publikum solche verunstalteten Inszenierungen geradezu wünscht. Im ersten Akt des Lohengrin wird fast jeder das Ufer der Schelde erwarten. Dies mag mit modernen Mitteln so einfach wie möglich gestaltet sein, auf der Bühne ein paar Felsbrocken und ein paar von der Decke hängende Zweige, wie ich es bei Wolfgang Wagner gesehen habe, geben mir bereits die Illusion, mich in der richtigen Oper zu befinden, aber nicht ein ödes, weißes Labor. Ebensowenig erwartet er statt Kriegern und Edelleuten kindisch herumzappelde Ratten und einen besoffenen König. Was für den "Rattengrin" gilt, gilt genauso für den "Biogashäuser" und auch für eine "Frau ohne Schatten", in der das wenige, was es überhaupt an Regie gab, so verworren war, dass man sich überhaupt keinen Reim mehr darauf machen konnte. Das sind nur ein paar Beispiele aus den letzten Tagen.
    Vor allem aber kenne ich - außer einzelnen Analytikern hier im Forum - niemanden, der eine total verdrehte Handlung sehen will. Leider ist nicht jeder bereit, für Inszenierungen zu kämpfen, die endlich wieder der menschlichen Vernunft und nicht der irren Phantasie eines Einzelnen entsprechen. Die meisten verabschieden sich, wie ich es auch gemacht habe, stumm von der Oper ("Da gehe ich nicht mehr hin"). Es gibt ja heute - Gott sei Dank - auch die DVD, wo man sich das auswählen kann, was man bevorzugt, und gute häusliche Anlagen.
    Natürlich, wenn man (du bist nicht gemeint, Wolfram) ein höriger Schüler eines bekannten Regisseurs ist und außerdem an einer Bühne beschäftigt ist, von der ich in letzter Zeit nur Schrott gesehen habe, den ich schnell abgeschaltet habe, kann man eben nicht anders denken. Man muss wohl zwangsläufig die Ideen vertreten, in denen ein Regisseur seine wirren Ideen austobt. Der Zuschauer interessiert nun mal nicht!!



    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die - wenn auch kaum ernstgemeinte - Satire von Wolfram und die - wie nicht anders zu erwarten- spöttischen Bemerkungen von Amfortas haben mich geradezu getrieben, mir diese "Bohème" zuzulegen. Und ich muss sagen, es ist wohl die beste Inszenierung, die ich bisher von der "Bohème" gesehen habe.


    Lieber Gerhard,


    es freut mich - und ich fühle mich beflissen, hinzuzufügen: Ironiefrei und ehrlich -, dass dieser Thread immerhin diese erfreuliche Wirkung gehabt hat!


    Die Betrachtung von Abweichungen gegenüber dem wortwörtlichen Text des Originallibrettos klingen für mich geradezu albern.


    Noch einmal zum Verständnis:


    Ich habe diesen Thread so geschrieben, wie ich meine, dass ein ultrakonservativer Staubi, der die Regieanweisungen der Partitur ("Ufer der Schelde") einklagt, ihn schreiben müsste. Mit anderen Worten: Ich wollte die Regietheatergegner in ironischer Weise rechts überholen. - Dass dies den Regietheatergegnern nun ebenfalls sauer aufgestoßen ist - denn es hält ihnen in überzeichneter Form den Spiegel vor -, war zu erwarten.


    Diese Betrachtungen über die Gegner des Verunstaltungstheater sind genauso absurd wie die Behauptung, dass das heutige Publikum solche verunstalteten Inszenierungen geradezu wünscht.


    Wer hätte behauptet, dass das heutige Publikum verunstaltete Inszenierungen wünscht? Ich wünsche mir jedenfalls, dass zuallererst mal die Schwarz-Weiß-Malerei aufhört: Konventionell = gut, neue Lesarten = schlecht.

  • Dann dürften alle Darsteller des Florestan, deren Leibesfülle weit mehr als 100 kg umfasst, ebenso fehl am PLATZ SEIN, denn bei wenig Wasser und noch weniger Brot nimmt man ja bekanntlich ab Wolfram, oder?


    LG, Bernward (leider auch Übergewicht)

    Witzigerweise habe ich das sogar in einigen Rezensionen nachlesen können. So mokierte sich die Kölner Presse völlig politisch inkorrekt um 1910, dass die Gefangenen bei Fidelio ziemlich gut genährt seien. Und ein paar Monate später heißt es, dass der Lohengrin sich wohl mehr von Brez'n und Schweinshaxen ernähre als vom Ätherblau und der Schwan einem leid tun könne. Ziemlich fies.

  • Zitat

    wie nicht anders zu erwarten- spöttischen Bemerkungen von Amfortas haben mich geradezu getrieben, mir diese "Bohème" zuzulegen. Und ich muss sagen, es ist wohl die beste Inszenierung, die ich bisher von der "Bohème" gesehen habe. Stimmlich und auch darstellerisch hervorragend, und von der Lebendigkeit her gehört sie geradezu in Amfortas' Thema "Lebendige Inszenierungen auf Youtube". Bisher habe ich mich mit dem Verlinken nicht beschäftigt, sonst würde ich wahrhaftig die Ausschnitte auf Youtube dorthin verlinken.

    Erfreulich, dass dich mein Posting so trefflich beeinflusst Also bleiben meine Beiträge höchst unterhaltsam für dich, und mir fällt ein Stein vom Herzen.
    Da du zur Mission für diese SF-Boheme drängst, wird selbstverständlich in dem Thread „Lebendige Oper auf Youtube“ sofort ein Platz auch für diese Boheme vorhanden sein. Durch die Vielfalt der unterschiedlichen Regieformen bzw. -stile unterscheidet sich dieser Thread somit noch deutlicher von der Gleichförmigkeit des Youtubethreads von Knusperhexe.

    Zitat

    Was für den "Rattengrin" gilt, gilt genauso für den "Biogashäuser" und auch für eine "Frau ohne Schatten", in der das wenige, was es überhaupt an Regie gab, so verworren war, dass man sich überhaupt keinen Reim mehr darauf machen konnte. Das sind nur ein paar Beispiele aus den letzten Tagen.

    Dazu aus Wagners Meistersinger (1. Akt):


    "Ja, ich verstand gar nichts davon.


    Kein Absatz wo, kein' Koloratur;
    von Melodei auch nicht eine Spur!
    (Die Meister sind im wachsenden Aufstand begriffen)
    MEHRERE MEISTER
    Wer nennt das Gesang?
    Es ward einem bang!
    VOGELGESANG
    Eitel Ohrgeschinder!
    ZORN
    Auch gar nichts dahinter!
    KOTHNER
    Und gar vom Singstuhl ist er gesprungen!
    BECKMESSER
    Wird erst auf die Fehlerprobe gedrungen?
    Oder gleich erklärt, dass er versungen? "


    :hello:

  • Zitat

    Besonders degoutant wirkt jedoch das Applaudieren des Publikums nach den bekannten Arien „Che gelida manina“ und „Mi chiamano Mimi“

    Eine muss ich noch nachtragen, worin ich Wolfram - ernsthaft - recht gebe. Auch meine Frau und mich stört es immer wieder, wenn in einer Aufführung oder Übertragung nach jedem bekannten Stück geklatscht und sogar gepfiffen und geschrien wird, oft sogar noch mitten in die letzten Töne hinein. Auch wenn das Lob für den Sänger oder das Orchester angebracht ist, kann man dies am Ende des Aktes immer noch durch deutlicheren Applaus zeigen. Oft haben wir es erlebt, dass in einer Sinfonie oder einem Instrumentalkonzert nach jedem Satz geklatscht wurde. Ich halte beides für eine Unart, aber das kommt ja auch bei modernen Inszenierungen (auch bei dem, was mit dem Begriff "Regietheater" bezeichnet wird) vor. Umgekehrt habe ich es aber auch mal erlebt, dass nach der Aufführung von Bruckners 9. Sinfonie in der Kölner Philharmonie, in der ein sehr diszipliniertes Publikum verkehrt, an Ende lange Zeit nicht geklatscht wurde, weil man auf einen 4. Satz wartete, den es nicht gibt. Mir war bekannt dass Bruckner, da er diese Sinfonie nicht mehr vollenden konnte, bestimmt hatte, dass als Finale sein Te Deum aufgeführt wird, worauf aber in der Regel verzichtet wird. Da bei dem Konzert weit und breit kein Chor zu sehen war, entschloss ich mich nach ca 1/2 Minute das Klatschen einzuleiten, was die Zuschauer überraschte und von Dirigenten mit einem dankbaren Blick belohnt wurde.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Der historischen Aufführungspraxis würde es entsprechen - zumindest bis Beethoven, genauer weiß ich es nicht, jedenfalls zu der Zeit, als Musik noch lebendig war und nicht als heiliges Museumsstück von andachtsvollen Pilgern bestaunt wurde -, nach jedem Satz zu klatschen und bei großem Gefallen den ganzen Satz zu wiederholen.


    Bei Verdi und Puccini habe ich gar keine Zweifel, dass nach Arien geklatscht wurde. Toscanini wird ganz schön geflucht haben.


    Weiß es jemand genauer?