Schach dem Regietheater !!!

  • Hallo Wolfram!
    Als ich es schrieb, meinte ich es nicht so sehr spekulativ, eher so kleiner, aber wenn ich das lese, was du schreibst, sehe ich, wenn ich diesen Schritt erlaube, kann ich den nächsten nciht verbieten. - Verdammt noch mal, wenn das so weitergeht, bin ich morgen fürs Regietheater!!
    Ich gehe jetzt lieber was trinken.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo chrissy,



    ... weil es nach meiner Meinung, und ich weiß mich da mit vielen unserer Mitglieder konform, das Werk, die Komposition, das Anliegen und die Absicht des Komponisten trotzdem nicht verfälscht oder gar verunglimpft, wie es leider in vielen "modernen Inszenierungen" sogenannter Regisseure der Fall ist, lieber Michael. Die sehen und nehmen sich selbst als "die wichtigste Person".


    Nun ist das ja so eine Sache, sich die Meinung anderer zu eigen zu machen oder, wie hier die eigene Meinung auf andere Übertragen zu wollen. Du magst "da mit vielen unserer Mitglieder konform" sein, aber ob das auf den Komponisten zutrifft, kann wohl keiner von uns beiden wirklich verifizieren. Ich halte es nämlich durchaus für denkbar, dass Beethoven zu Celibidaches Interpretation der 7ten gesagt hätte, dass sei zu langsam und so hätte er sich das nicht vorgestellt. Andererseits, wenn Mozart wirklich so ein durchgeknallter Typ gewesen ist, wie es Milos Forman in seinem Film meinte, dann hätte ihm der aktuelle Hamburger Don Giovanni vielleicht gefallen ... Allein, wir wissen es nicht und werden es nie wissen können! Damit ist m.E. jede Argumentation "aus Sicht des Komponisten/Libretisten" per se nicht sinnvoll und es bleibt nur der subjektive Blick.


    Wenn nämlich eines Tages das zahlende Publikum verärgert ausbleibt, ...


    Tut es aber offenbar nicht! Es sei denn, alle Leute, die ich in der Oper sehe, sind Freunde des modernen Theaters, was wiederum - wenn man diversen Postings hier glauben darf - nicht sein kann (weil es nicht sein darf?). Es wäre für mich ja vollkommen in Ordnung, wenn die Leute vor der Oper demonstrieren oder sich in der Oper buhend auf die Sitze stellen würden. Selbst in Einführungsveranstaltungen macht kaum jemand den Mund auf. Ist das wirklich nur die schweigend leidende Mehrheit, die da sitzt und eigentlich etwas ganz anderes sehen möchte?


    Was ich mich frage, ob das Bild, was hier entworfen wird, tatsächlich ein Bild der Realität oder doch nur ein Bild dieses Forums ist?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Kein vernünftiger Mensch sitzt mit Ohrenstöpseln in der Oper. Weil die Musik mehr als Hälfte der Oper ausmacht - für mein Empfinden. Insofern ist Dein Gedankenexperiment ja wirklichkeitsfremd


    Also nein, wirkich... lieber Wolfram. Nun tu doch nicht so, als wenn Du nicht verstanden hättest, wie ich das meine. Das meinst Du nicht im Ernst, oder? Dir als intelligentem, gebildeten Menschen muß ich dieses fiktive Gedankenexperiment bestimmt nicht erklären.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Jaja. Lieber Chrissy, wenn hinter Deinen Worten mehr stand als das, worauf ich Bezug nahm, dann habe ich in der Tat nicht verstanden, was Du sagen wolltest.

  • Hallo, lieber Michael
    Ich möchte Dir kurz darauf antworten und zitiere Dich gleich mal:

    Nun ist das ja so eine Sache, sich die Meinung anderer zu eigen zu machen oder, wie hier die eigene Meinung auf andere Übertragen zu wollen

    Ich habe mir hier im konkreten Fall ganz sicher nicht die Meinung anderer zu eigen gemacht und schon gar nicht meine Meinung auf andere übertragen. Wenn ich aber zu bestimmten Dingen eine Meinung habe, dann vertrete ich die auch. Und natürlich ist es schön und bestätigend, wenn man sich mit Gleichgesinnten auf einer Wellenlänge gemeinsam herzlich verbunden fühlt. Ich könnte Dir jetzt zahlreiche Mitglieder unseres Forums nennen. Im Übrigen machst Du ja in Deinem nächsten Satz selbst die Feststellung und gibst mir die Bestätigung:

    Du magst "da mit vielen unserer Mitglieder konform"sein

    Im Nachfolgenden hast Du vielleicht nicht ganz unrecht. Aber es bleibt Spekulation, wie Du richtig bemerkst.

    wenn Mozart wirklich so ein durchgeknallter Typ gewesen ist, wie es Milos Forman in seinem Film meinte, dann hätte ihm der aktuelle Hamburger Don Giovanni vielleicht gefallen ... Allein, wir wissen es nicht und werden es nie wissen können! Damit ist m.E. jede Argumentation "aus Sicht des Komponisten/Libretisten" per se nicht sinnvoll und es bleibt nur der subjektive Blick.

    Vielleicht noch eine Erklärung zu unterschiedlichen Ansichten. Ich vermute mal, wenn das Bild in Deinem Avatar Dich zeigt und es einigermaßen aktuell ist, Du bist noch ein relativ junger Mensch. Du bist in einer anderen Zeit groß geworden, hast andere Eindrücke und Erlebnisse gehabt und urteilst selbstverständlich daraus resultierend heraus. Frühere Theaterabende und Inszenierungen kennst Du da bestenfalls vom Erzählen her. Wir dagegen, die wir im mittleren bis reiferen Alter sind, tragen für uns wunderschöne Erinnerungen in uns. Wir haben Vergleichsmöglichkeiten, die ein junger Mensch nicht haben kann. Und dies sage ich ohne jegliche Überheblichkeit.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Darf ich auf etwas hinweisen ?


    Wie haben ETLICHE Threads zum Thema Regietheater.
    Die meisten sind anklagend oder jammernd, resignierend oder die beiden Parteien argumentieren, wobei ich den Standpunkt vertrete, daß hier viel Sophismus im Spiel ist - natürlich von seiten der Regietheaterbefürworter. :P


    DIESER Thread aber soll nicht der Klärung der Standpunkte gewidmet sein (und auch ich habe mich einmal mehr zu dieser Entgleisung vom Threadinhalt hinreissen lassen) - sondern die Gegner sollen Ideen zum Aufbau eines wirksamen Netzwerks gegen das Regietheater entwickeln.....


    Weil es nämlich Dinge gibt, über die man nicht verhandeln kann.
    Wenn im Libretto steht:
    Ort der Handlung: Venedig im 16. Jahrhundert
    1. Aufzug, Prächtiger Ballsaal bei Hofe


    Dann möchte ich das bitteschön auch so sehen - und so aufwändig wie irgendwie möglich
    Nicht eine U- Bahn-Station wo ein paar besoffene Proleten herumlungern


    Jegliche Veränderung ist hier TABU - und wer Tabus bricht, der wird (irgendwann) dafür bezahlen.


    Es ist a nicht so, daß das Regietheater eine latente Bedrohung darstellt - weil man vor Jahrzehnten die Bedrohung falsch eingeschätzt hat - konnte es sich wie eine ansteckende Krankheit verbreiten - und die gesamte konventionelle de facto auslöschen. Nun ist aber ein Wandel der Gesellschaft spürbar - und die Gegner haben "Blut geleckt."


    Man darf sich also nicht wundern, wenn dreißig Jahre aufgestauter ohnmächtiger Hass zu Übergriffen führt.
    Ich habe mich sowieso immer gewundert, wieso beim Schlussvorhang die angesichts eines aufgebrachten Publikums blöde grinsenden Regisseure die Bühne überhaupt noch unbeschädigt verlassen konnten.....



    Zitat

    Da könne man auch sagen: Hätte Wagner schon Biogaskraftwerke gekannt, hätte er seinen Tannhäuser da spielen lassen. Oder? Diese Spekulation wäre dann doch genauso erlaubt wie die Deine.


    Nein das kann man nicht sagen, denn wir wissen genau, daß Wagner sehr minutiöse Regieanweisungen und Vorstellungen zur Ausstattung hinterlassen hat. Und es war im jedes Mittel recht diese recht kostenintensiven Ideen in die Tat umzusetzen.


    Nein - mit thumber Tor hat das nichts zu tun - ich würde (auf Feinschmeckerniveau) den Vergleich - (auch er hinkt natürlich) mit jenen Schickeria-Restaurants bringen, wo um teures Geld gebraten Maden serviert werden. Wer sowas isst ist selber schuld. Problematisch wird die Sache erst dann, wenn alle anderen Restaurants dasselbe anbieten - und das noch auf Staatskosten gestützt wird , wenn niemand essen hin geht.


    Bei der Oper ist es hingegen schlimmer - Etliche Regietheatergegener gehen zähneknirschend dennoch in die Oper - der Stimmen wegen - und nur derentwilen. So ist das Abwürgen dieser "Kunstrichtung" ein besonders schwieriger Prozess - aber ich bin nahezu sicher - daß er binnen 5-7 Jahren vollzogen sein wird - vielleicht sogar schneller.


    Ich habe hier das Problem, daß ich als Forenbetreiber "neutral" sein soll - als Mitdiskutant jedoch scharf sein möchte.
    Ich versuche das Problem insofern zu "lösen", daß ich zwar Kunstrichtungen und Regisseure angreife - auch mit aggressivem Ton - jedoch den Forianern - auf welcher Seite sie auch stehen mögen - mit ausgesuchter Höflichkeit begegne - worum ich im Gegenzug auch (vorbeugend) gebeten haben möchte. ;)


    Zu Bach am modernen Flügel, werde ich mich in einem eigenen Thread äussern - ich erinnere mich dunkel, daß in der Steinzeit des Forums bereits ein solcher Thread bestanden - ich werde ihn vermutlich nicht mehr finden - und zudem ist die Zeit inzwischen nicht stehen geblieben....


    Wie immer
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Jaja. Lieber Chrissy, wenn hinter Deinen Worten mehr stand als das, worauf ich Bezug nahm, dann habe ich in der Tat nicht verstanden, was Du sagen wolltest


    Lieber Wolfram
    Ich weiß zwar nicht wirklich, ob Du mich hier auf den Arm nehmen willst (und ob ich nach Alfreds Beitrag und richtigem Hinweis hier in diesem Thread überhaupt noch antworten darf), deshalb ganz kurz:
    Lassen wir das Theater weg, nehmen wir den Fernseher zu Hause und bleiben bei der von mir oben angeführten Rusalka. Ein lieber Freund hatte mir vor einiger Zeit eine DVD mit dieser Oper geschenkt. Es ist eine herrliche Aufführung vom Nationaltheater Prag. Wenn mein Fernseher eine Tonstörung hätte, also stumm blieb und ich habe nicht gesehen, welche DVD eingelegt wurde, merkt man anhand des Bühnenbildes, den Kostümen, der Inszenierung auch ohne Ton, welche Oper da läuft. Das wäre mir bei der Stuttgarter Inszenierung niemals möglich. Da hätte ich irgendwas im Penner- Bahnhofs- Milieu vermutet.
    Herzliche Grüße und einen schönen Abend
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • natürlich von seiten der Regietheaterbefürworter.


    Lieber Alfred,


    wen meinst Du denn mit Regietheaterbefürworter? Ich möchte mich jedenfalls nicht in diese Ecke gestellt sehen. Ich werbe aber für eine differenziertere Darstellung des Themas.


    Wenn im Libretto steht:
    Ort der Handlung: Venedig im 16. Jahrhundert
    1. Aufzug, Prächtiger Ballsaal bei Hofe


    Dann möchte ich das bitteschön auch so sehen - und so aufwändig wie irgendwie möglich


    Dito: Wenn es im Titel der sogenannten "Goldberg-Variationen" heißt:


    „Clavier Ubung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Verænderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“


    dann bin ich auch furchtbar enttäuscht, wenn ein moderner einmanualiger Konzertflügel auf der Bühne steht.


    Na ja, das ist aber nicht das eigentliche Thema. Das sind Äußerlichkeiten.


    Das Thema ist, dass es grob gesagt mindestens zwei Arten von Opernbesuchern gibt (natürlich gibt es mindestens so viele Arten, wie es Opernbesucher gibt):


    Die einen suchen eine Flucht aus dem Alltag in eine andere Welt, wollen sich verzaubern, bezaubern lassen, wollen der Illusion des Spiels erliegen, möglichst durch ein Werk, welches sie ganz gut (zu) kennen (glauben). Diese Gruppe ist furchtbar enttäuscht, wenn sie statt des prächtigen Ballsaals eine U-Bahn-Station sieht. Da funktioniert das nicht mit dem Bezaubern. Ist ja klar.


    Die anderen suchen die geistige Herausforderung. Sie wissen, dass viele Opern - zumal diejenigen, die die Uraufführung überlebt haben und sich über hundert Jahre und mehr im Repertoire hielten - provozierten und innovativ waren. Dass nicht Verzauberung, sondern Irritation, Überraschung und Präsentation von Neuem die Intention der Komponisten war. Darum suchen diese Opernbesucher das Innovative in der Oper. Klar ist, dass die Hauptsache - die Musik - dabei unangetastet bleibt, dass aber beim weniger wichtigen Rest die Innovation erwartet wird. Diese Gruppe freut sich, wenn eine neue Lesart des Werkes stimmig und intelligent ist. (Was leider häufig nicht der Fall ist.)


    Die beiden Gruppen werden einander nicht von ihrer (Glaubens-)Haltung überzeugen können.


    Noch eins: Vielleicht haben wir die Fähigkeit zum ungebrochenen Ganzen verloren. Vielleicht merken schaffende Künstler (und Regsseure zähle ich dazu), dass der Versuch, ein ungebrochenes Ganzes schaffen zu wollen, heute unauthentisch wäre und scheitern müsse. Darum suchen sie von vorneherein den völlig anderen Weg der Verfremdung des Werkes, anstatt ihr Publikum mit dem Versuch eines Ganzen zu betrügen (und ihre Glaubwürdigkeit vor sich selbst verlieren würden.) Aber das wäre ein eigener Thread.

  • . Denke ich zu kompliziert oder zu einfach?


    Ich sage mal, "weder das eine noch das andere". Vielleicht habe ich mich zu umständlich und unverständlich ausgedrückt. Aber nun, das Beispiel mit dem Fernseher, jetzt hast Du bestimmt verstanden, wie ich es gemeint habe.
    Herzliche Grüße und einen gesegneten 2. Advent
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Verdammt noch mal, wenn das so weitergeht, bin ich morgen fürs Regietheater!!
    Ich gehe jetzt lieber was trinken.


    Hallo, lieber Klaus
    Das erste halte ich für keine gute Idee. Das zweite klingt schon wesentlich besser.
    "Dynamische" Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Weil es nämlich Dinge gibt, über die man nicht verhandeln kann.
    Wenn im Libretto steht:
    Ort der Handlung: Venedig im 16. Jahrhundert
    1. Aufzug, Prächtiger Ballsaal bei Hofe


    Dann möchte ich das bitteschön auch so sehen - und so aufwändig wie irgendwie möglich
    Nicht eine U- Bahn-Station wo ein paar besoffene Proleten herumlungern


    Bravo !!

    Die Weisheit Des Lebens Besteht Im Ausschalten Der Unwesentlichen Dinge
    -- aus china --

  • Hallo chrissy,


    Vielleicht noch eine Erklärung zu unterschiedlichen Ansichten. Ich vermute mal, wenn das Bild in Deinem Avatar Dich zeigt und es einigermaßen aktuell ist, Du bist noch ein relativ junger Mensch. Du bist in einer anderen Zeit groß geworden, hast andere Eindrücke und Erlebnisse gehabt und urteilst selbstverständlich daraus resultierend heraus. Frühere Theaterabende und Inszenierungen kennst Du da bestenfalls vom Erzählen her. Wir dagegen, die wir im mittleren bis reiferen Alter sind, tragen für uns wunderschöne Erinnerungen in uns. Wir haben Vergleichsmöglichkeiten, die ein junger Mensch nicht haben kann. Und dies sage ich ohne jegliche Überheblichkeit.


    und ich verstehe es auch nicht als solche. Tatsächlich mag das Bild (wenngleich es noch keine fünf Jahre alt ist) etwas trügen; auch ich habe die 40 erreicht und stelle fest, dass mir dies ein Alter zu sein scheint, in welchem man beginnt, die täglich neuen Dinge an den eigenen Erfahrungen zu spiegeln. Früher war ich da sicherlich wesentlich unkritischer. Was ich mir aber immer versuchen will zu bewahren, ist die Neugier auf das Neue - dies meine ich schon meinen beiden Kindern zu schulden. So werde ich mir z.B. auch besagten Hamburger Don Giovanni anschauen. Auch, wenn mir die Inszenierung von D.Dörrie nach allem, was ich gesehen und gehört habe, vermutlich nicht uneingeschränkt gefallen wird. Anschließend werde ich dann mit einem guten Freund essen gehen und wir werden uns entweder gemeinsamer Meinung das Lästermaul zerreissen oder heftig über das Für und Wider diskutieren. Und vielleicht ist es genau das, worauf es mir eigentlich ankommt - die Diskussion am konkreten Beispiel.


    Insofern scheiden wir an dieser Stelle sicherlich nicht in unfrieden :hello:


    Jetzt aber nehme ich mir Alfreds Worte zu herzen und scheide aus diesem Thread, denn hierzu


    DIESER Thread aber soll nicht der Klärung der Standpunkte gewidmet sein (und auch ich habe mich einmal mehr zu dieser Entgleisung vom Threadinhalt hinreissen lassen) - sondern die Gegner sollen Ideen zum Aufbau eines wirksamen Netzwerks gegen das Regietheater entwickeln.....


    habe ich tatsächlich nichts konstruktives beizutragen :no:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Nach der Lektüre dieser Beiträge und im Kopf die anderen Diskussionen hier möchte ich Folgendes beitragen (und wiederholen).
    1. Wir Regisseurstheatergegner (so sage ich lieber, da Regie immer sein muss) sind keine tumben Stammtischleute. Wir kennen unsere Opern. Als Beispiel möchte ich unbescheiden mich selbst mal anführen. Ich habe ausführlich hier im Forum über die Inszenierungen des "Totenhauses" und der "Sache Makropulos" geschrieben, weil ich diese Stücke mindestens so gut kenne wie die jeweiligen Regisseure. Ich habe dort nicht nur Sentiments und Ressentiments, sondern auch genaue Gründe angegeben. Ich finde in den Beiträgen hier im Forum keinen, der wirklich nur sagt "der ganze Kram passt mir nicht!"


    2. Viele hier, die gegen Regisseurstheater sind, sind keine Gegner moderner Regie. Ich wiederhole mich, aber ich zähle mal tolle Operninszenierungen auf, die ich in den letzten 2 Jahren gesehen habe:
    Billy Budd, Peter Grimes (Düsseldorf), Katja Kananowa, Dialoge der Karmelitinnen (Münster), Griechische Passion (Wuppertal), Mefistofele, Gloriana, Tote Stadt (Gelsenkirchen), Viva la mamma (Krefeld). Modern, werktreu, auf die Musik bezogen.


    3. Die drei wichtigsten Argumente gegen Regisseurstheater:
    a. Primat der Regie vor der Musik (auch: Primat des Programmheftes vor der Bühne).
    Als Beispiel nehme ich hier mal die beiden DVDs zu Janaceks "Totenhaus": in Aix-en-Probence 2007 sah man einen Film von Patrice Chéreau über irgend ein fernes Straflager, mit einem Soundtrack von einem Herrn Janacek, runtergenudelt vom Mahler Chamber-Orchestra, wo vorne ein Mann names Boulez stand. Daneben Salzburg 1992, die Wiener Philharmoniker unter Claudio Abbado, Regie K.M. Grüber. Hier wurde Janaceks Totenhaus gespielt.
    Die Sache mit Marthalers "Makropulos" bitte ich im Satire-Forum nachzulesen ("Wie marthalerisiere ich eine Oper?")
    b. Infantilisierung
    Banale Vorspänne, Handlungsverläufe und Personenzeichnung ersetzen die ursprünglichen. Beispiel 1: Hilsdorfs Tosca in Düsseldorf verendet auf eine unbekannte Weise vor dem Vorhang. Beispiel 2: der Schluss von Marthalers "Sache Makropulos" in Salzburg: hier sage ich: da muss am Schluss Emilia Marty dramatisch und mit großem Bombast (ja!!) sterben. Bei Marthaler verschwindet/verendet(?) sie irgendwie, man sieht Krista (Nebenfigur), die zu toller Musik gelangweilt eine Zigarette raucht. Bitteschön: das ist nicht modern, das ist nicht erhellend, das ist kein neues Konzept, das ist nur unfassbar blöd. Da sage ich überheblich: das würde ich besser machen. Obwohl dazu auch wieder nichts gehört, denn neuerdings nenne ich unsere modernen Regisseure nicht mehr Regisseure, sondern DILETTANTEN!
    c. Pädagogisierung
    Der Regsisseur weiß alles besser, er muss die Zuschauer belehren, was der Komponist eigentlich gewollt hat. Da schiebt z.B. zu den geheimnisvollen Klängen des Lohengrin - Vorspiels der Titelheld irgendwelche Wände herum, um, wie ein Forums-Mitglied" schrieb, diese romantische Atmosphäre zu entzaubern. Also eine Handlung entgegen der Absicht des Komponisten.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Lieber M Schenk,


    Du hinterfragst meine Aussage "Man muss für und nicht gegen das Publikum spielen". Die Entscheidung trifft meines Erachtens das Publikum selbst, indem es bestimmte Inszenierungen annimmt und mit großem Besucherandrang bestätigt. Wenn dann noch eine positive Würdigung durch die Medien dazukommt kann man meines Erachtens von einer gelungenen, akzeptierten Inszenierung sprechen. Ausdrücklich betonen möchte ich, dass dies nicht von traditionell oder modern abhängt sondern viel mehr von geglückt oder nicht geglückt. Aus den Publikumsreaktionen kann dann ein Trend der Prioritäten abgeleitet werden.
    Ich kann meine Ausführungen besser aus der Sicht der Gestaltung von Konzertprogrammen belegen, weil ich seit nunmehr über 50 Jahren die Konzerte des Heilbronner Sinfonie Orchesters programmatisch mitgestalte. Wir sind ein schwerpunktmäßig auf den Raum Heilbronn und die Region Nord-Württemberg konzentriertes Orchester mit 45 fest engagierten Stamm-Musikern und ca. 20 ständigen Aushilfen. Durch eine sehr prekäre Zuschusssituation sind wir gezwungen, regelmäßig über 50% unseres Budgets selbst einzuspielen. eine fast unerreichbare "Traumquote" für ein Sinfonie Orchester. Das heißt wir brauchen ständig hervorragend besuchte Konzerte und die haben wir in unserer Mietereihe mit rund 1.500 Abonnenten und durchschnittlich 1.800 Besuchern - und damit einer der am besten frequentierten Konzertreihen in der BRD - auch. Wir sind also existenziell darauf angewiesen für unser Publikum und dessen Geschmack zu spielen. Das heißt beileibe nicht langweilige, "abgenudelte" Programme zu bieten. Sie müssen nur intelligent zusammengestellt sein. Ein Konzert - das ankommen soll - braucht heute eine Besonderheit, einen Aufhänger der das Publikum aktiviert und zum Besuch animiert. Im Grunde muss jede Veranstaltung einen gewissen Eventcharakter haben. Wir erreichen das durch einen Publikumsbeirat für die Programmgestaltung, regelmäßige Publikumsbefragungen, Porgrammdiskussionen, Vernetzung mit anderen Kulturträgern und publikumswirksam gestaltete kostenlose Konzerteinführungen usw.. Außerdem führen wir seit vielen Jahre akribisch Statistik und können auf dieser Grundlage nachweisen welche Werk ziehen und welche eher für hohen Besuch problematisch sind. Auf diese Art kommen dann Programme zustande , die beim Publikum ankommen und dann - lieber M Schenk - spielt man für und nicht gegen das Publikum. Die meisten dieser Forderungen und Erfolgsgaranten sind auch auf die Oper übertragbar.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wenn im Libretto steht:
    Ort der Handlung: Venedig im 16. Jahrhundert
    1. Aufzug, Prächtiger Ballsaal bei Hofe

    Dann handelt es sich auch um eine Oper aus dieser Zeit und nicht aus dem 21. Jahrhundert. Es muss erlaubt sein, eine Aufführung mit den technischen Möglichkeiten von heute darzustellen und dem Komponisten trotzdem gerecht zu werden. Auch dafür sind hier schon Beispiele angeführt worden. Das hat mit Regietheater nichts zu tun. Dann kann die Oper ja gleich im Konzertsaal oder in der Philharmonie oder im Großen Saal des Musikvereins konzertant aufgeführt werden, sh. Berlin/Janowski, dann wäre einem die Inszenierung schnuppe.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)



  • Man darf sich also nicht wundern, wenn dreißig Jahre aufgestauter ohnmächtiger Hass zu Übergriffen führt.
    Ich habe mich sowieso immer gewundert, wieso beim Schlussvorhang die angesichts eines aufgebrachten Publikums
    blöde grinsenden Regisseure die Bühne überhaupt noch unbeschädigt verlassen konnten.....


    Huch - schockschwere Not! Das klingt ja nach einem kaum verhohlenen Aufruf zur Gewalt. Wenn das mal kein Fall für den Staatsschutz wird. Ich sehe schon ein Sondereinsatzkommando der Wiener Polizei vor Alfreds Wohnung :hahahaha: .


    Grüße,


    Garaguly

  • Zitat

    Dann kann die Oper ja gleich im Konzertsaal oder in der Philharmonie oder im
    Großen Saal des Musikvereins konzertant aufgeführt werden, sh. Berlin/Janowski, dann wäre einem die Inszenierung schnuppe.


    Ja, mein lieber Bernward!


    Diese konzertanten Aufführungen wären mir allemal lieber als dieser Regie-Schwachsinn! So kann man sich wenigstens an der musikalischen Seite der Oper erfreuen.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Konzertante Aufführungen von Opern scheinen auch ein Ausweg zu sein, den Intendanten und Sänger - z. B. die Gruberova, immer häufiger wählen, um umstrittene, nicht gewünschte Regieexperimente von vorne herein zu vermeiden. Wenn sich aus der Zunahme konzertanter Opern ein Trend als Schlussfolgerung ableiten läßt, dann heißt dies: Der Regisseur darf in zunehmenden Maße nicht mehr jeden unerklärlichen und unverständlichen Regieunsinn auf der Bühne verwirklichen. Die Schraube des Zumutbaren scheint überdreht zu sein. Das Pendel schwingt zurück. Zum Wohle solcher moderner Inzenierungen, die tatsächlich neue Ideen und Deutungen gekonnt liefern - aber auch solcher, die eher den breiten kulinarischen Geschmack des Opernpublikums befriedigen.
    Blüht tatsächlich bereits "Neues Leben aus den Ruinen"?
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Konzertante Aufführungen von Opern scheinen auch ein Ausweg zu sein, den Intendanten und Sänger - z. B. die Gruberova, immer häufiger wählen, um umstrittene, nicht gewünschte Regieexperimente von vorne herein zu vermeiden. Wenn sich aus der Zunahme konzertanter Opern ein Trend als Schlussfolgerung ableiten läßt, dann heißt dies: Der Regisseur darf in zunehmenden Maße nicht mehr jeden unerklärlichen und unverständlichen Regieunsinn auf der Bühne verwirklichen. Die Schraube des Zumutbaren scheint überdreht zu sein. Das Pendel schwingt zurück. Zum Wohle solcher moderner Inzenierungen, die tatsächlich neue Ideen und Deutungen gekonnt liefern - aber auch solcher, die eher den breiten kulinarischen Geschmack des Opernpublikums befriedigen.
    Blüht tatsächlich bereits "Neues Leben aus den Ruinen"?
    Herzlichst
    Operus


    Ich sehe das auch so. In den letzten 2-3 iat einiges deutlich besser geworden. Nie hätte ich gedacht, dass z.B. Richrd Jones einen fast klassischen Hoffmann in München inszenieren würde.
    Betreffend der konzertanten Aufführungen kann ich für mich nur sagen, dass diese auf Dauer für keine Lösung, höchstens eine Alternative darstellen. Ich liebe das Gesamtkunstwerk an der Oper, sodass ich eigentlich auch ein schönes, klassisches Bühnenbild dazu brauche. Was Frau Gruberova betrifft, so kann ich nicht verstehen, wie diese grossartige Sängerin immwe wieder mit dem drittklassigen Regisseur Loy zusammenarbeitet. Das was der Mann hier in München als Roberto Devereux und Lucrezia hier in München abgeliefert hat (mit Frau Gruberova) war ein einziger Alptraum und eine Frechheit gegenüber dem zahlenden Publikum, auch wenn die Staatsoper anderes behauptet...

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  • Liebe Freunde,


    erst heute kam ich wieder dazu, ins Forum zu blicken und dieses neue und schon zu einem rechten Umfang angewachsene Thema zu entdecken. Aus der Vielzahl der Zitate, zu denen ich etwas zu sagen hätte, kann ich nur einige herausgreifen

    Zitat

    Zitat von Knut-Hagen:Ich gehe in die Oper wegen des Gesamtkunstwerkes, wo alles zusammengehört und zusammenspielt. Und da macht so ein Kasperkram so einiges kaputt.

    Ich auch. Und Kasperkram, wie du ihn schildertest, wurde zuhauf in den in den Themen, die sich mit dem sogenannten „Regietheater“ befassen, angeführt. Der neueste findet sich in der Aufführung des „Barbier“ in Düsseldorf.


    Zitat

    Zitat vonJosef II: Meine Lust, in ein Opernhaus zu gehen, ist gegenwärtig gleich Null. Zum einen kostet es jedes Mal eine Stange Geld, zum anderen gibt es kaum noch annehmbare Inszenierungen.


    Mir ist die Lust dazu schon vor ein paar Jahren vergangen

    Zitat

    Zitat von Operus: Es erscheint erwiesen zu sein, dass die Mehrheit des zahlenden Publikums Operninszierungen ablehnt, die plump provozierend, ekelnd, bewußt sexuell entgleisend, hirnrissig, blödsinnig sind und die Zerstörung der Kunstform Oper als Ziel haben. Es erscheint erwiesen zu sein, dass die Mehrheit des zahlenden Publikums Operninszierungen ablehnt, die plump provozierend, ekelnd, bewußt sexuell entgleisend, hirnrissig, blödsinnig sind und die Zerstörung der Kunstform Oper als Ziel haben. Wir die oft schweigende Masse der Opernfreunde müssen für unsere Auffassungen kämpfen, kämpfen und nochmals kämpfen. Reden, diskutieren, in Operneinführungen und Premierenbesprechungen laut aufschreien, die Unmöglichkeiten ungeschminkt benennen, Leserbriefe schreiben, politische Enstscheidungsträgern aufklären, den Wählerwillen artikulieren

    Ja das müssten wir. Aber leider ziehen sich die meisten – wie ich das von vielen meiner Opernfreunde weiß – schweigend zurück und äußern sich weder durch Leserbriefe noch in einem Forum – sei es, weil sie weniger schreibgewandt sind, sei es aus reiner Bequemlichkeit, sei es, weil sie sich selbst komisch dabei vorkommen, sei es, weil sie sich darüber nicht mehr aufregen, sondern den Ersatz, wie ich, in der DVD suchen oder im Fernsehen, wo man ja einen Abschaltknopf besitzt. Ich selbst habe manchen Leserbrief geschrieben und habe hier im Forum eine Möglichkeit gefunden, mich zu äußern. Ein Freund von mir beispielsweise, der ein großer Opernfreund ist (er trägt sogar diese e-mail-Adresse) und der sich über all diesen verunstalteten Opernquatsch stark aufregt, ist weniger schreibgewandt und auch ein klein wenig bequem.
    Mit der Vielfalt unseres Forums trotz meiner Anregungen, auch einmal seine Meinung zu äußern, überfordert.
    Andere wiederum berührt das einfach nicht mehr, sie haben das Interesse am Theatergang verloren. Würden alle dies mitreden, hätten wir sicher eine gewaltige Mannschaft. Es ist wie mit der Wahl: Über die Politik schimpfen, aber selber nicht wählen gehen.

    Zitat

    Zitat von Operus. Eine Verflachung des Niveaus und eine Anbiederung ans Publikum auf Musikantenstadl-Niveau ist auch nicht die Lösung. Was geschehen muss ist, dass auf einem aktzeptablem künstlerischen Niveau, dass die Subventionen rechtfertigt, für das Publikum und nicht gegen das Publikum gespielt wird.

    Aber was sind denn viele Inszenierungen der letzten Zeit anderes als Musikantenstadl-Niveau (z.B. die schon angeführte „Barbier“-Inszenierung in Düsseldorf oder die Inszenierungen von La Fura dels Baus „Ring des Nibelungen“ oder die neue „Turandot“ in München sowie die Inszenierungen, die ich im Fernsehen von der Berliner Komischen Oper gesehen habe)?

    Zitat

    Zitat von Alfred :Das klassische Opernpublikum kennt kaum Namen von Regisseuren, so sich nicht grade Zeffirelli oder Schenk heissen - es ist einfach nicht daran interessiert. Das mag sich in den letzten Jahren geändert haben - aber ich glaube daß jenes Kernpublikum, welches ich meine, schon längst die Opernhäuser meidet. Dieses Publikum verlässt nicht "schreiend" die Vorstellung, sondern stillschweigend mit verächtlich gerümpfter Nase - und erzählt am nächsten Tag im Bekanntenkreis mit nasalem Ton "Es war degoutant - Proletentheater - Man kann nicht mehr in die Oper gehen...." Interessant ist, daß kein wirklich lauter Protest stattfindet - dazu ist man einfach - "zu fein"

    Da muss ich zweierlei gestehen:
    Mich haben die Namen der Regisseure auch weniger interessiert. Ich kannte auch nur solche wie Zefirelli, Ponelle, Schenk. Erst in der letzten Zeit habe ich die Namen einer Reihe dilettantischer Regisseure kennengelernt, vor denen ich jetzt gewarnt bin.
    Auch ich würde nicht schreiend, sondern eher – wie die meisten – stillschweigend die Vorstellung verlassen.
    Mich wundert das nicht, denn das Opernpublikum ist in der Regel doch von kultivierterem und zurückhaltenderem Niveau, um sich proletenhaft darzustellen. Wenn nur wenige lauten Protest ausüben, werden sie als Außenseiter abgestempelt. Nur wenn wir aber in überwiegender Anzahl Protest schreien würden, wären diejenigen, die solchen Müll auch noch beklatschen, die Außenseiter. Du hast recht, wenn alle dieser Auffassung wären, würde es vielleicht bemerkt. Aber wer beginnt und schafft es, die anderen mitzuziehen? Die vielen, die sich stillschweigend weggestohlen haben aber sieht man nicht oder schweigt sie einfach
    tot, solange es noch Subventionen gibt.

    Zitat

    Zitat von Wolfram: Nun gibt es aber hervorragende Inszenierungen des Regietheaters. Die werden mit über denselben Kamm geschoren. Mir ist klar, dass die Mehrzahl der Regietheaterinszenierungen daneben ist. Da geht es um Skandal, um Provokation, im Vordergrund steht der Regisseur und nicht das Werk. Dem kann ich gar nichts abgewinnen

    Dem kann ich zustimmen, denn Regietheater ist ja alles (Nur wenige Regisseure kommen ohne Regiearbeit aus, wie z.B. Loy in der Salzburger „Frau ohne Schatten“). Deshalb sage ich auch immer „sogenanntes
    Regietheater“ oder „Regisseurstheater“ (wo der Regisseur nur daran denkt, seine Hirngespinste zu verwirklichen) oder – wie ich es bei meinem ersten Beitrag in diesem Forum genannt habe „Verunstaltungstheater“. Verunstaltet ist für mich z.B. jede Oper


    • in der die Handlung in eine nicht zum Inhalt passende Zeit verlegt wird (Tannhäuser spielt nun mal im Mittelalter, in der Minnesänger wie Wolfram von Eschenbach, Walter von der Vogelweide usw. auftraten. Was hat sie in der heutigen Zeit zu suchen?)


    • in der statt königlicher Mannen Ratten auftreten und ein besoffener König über die Bühne torkelt oder


    • Fritzls Inzestkeller eine Märchenlandschaft für Rusalka ist


    • anachronisteische Requisiten verwendet werden (Kreuzfahrer mit Laptops und Kühlschränken)
    • statt zeitgemäßer Kostüme nur noch langweilige Straßenkleidung (aus dem Altkleidercontainer) oder moderne Uniformen getragen werden
    • wenn ich – wie Alfred feststellt – statt eines prächtigen Ballsaals eine U-Bahn-Station sehe, oder- wie vielfach – eine leere Bühne. Ich habe nichts dagegen, wenn dieser Ballsaal etwas schlichter ausgestattet ist. Aber das Bühnenbild muss mir wenigstens die Vorstellung eines solchen geben.


    • wenn alle Akte, die an verschiedenen Orten spielen, nur ein Einheitsbild gezeigt wird. Dabei hat die modern ausgerüstete Bühne doch die Möglichkeit, mit einfachen Mitteln Verwandlungen durchzuführen


    • wenn – und das ist für mich das hauptsächlichste Argument gegen diese Art von Inszenierung – auch noch die Handlung völlig in eine andere umgestaltet wird, die mit dem Libretto keine Ähnlichkeit mehr hat.


    • Weitere Beispiele siehe die bisherigen Themen zum sog. Regietheater


    Es geht also nicht um moderne Inszenierungen, sondern um entstellte Inszenierungen sich modern und großartig wähnender, überheblicher Regisseure, und da ist ja selbst Wolfram der Meinung, das das leider die Mehrzahl ist. Dass ich Theater, das unter diesem nach meiner Ansicht falschen Begriff eingeordnet wird, auch schon als völlig akzeptabel hingestellt habe, kann in meinem Bericht zu „Tristan und Isolde“ von Chereau in der Mailänder Scala nachlesen
    Auch viele Inszenierungen von Wolfgang Wagner waren zwar modern, aber nicht entstellt.

    Zitat

    Zitat von Wolfram: Verwerflich wären nach Deinen Worten auch die Einspielungen von Beethovens Sinfonien durch die Dirigenten Wilhelm Furtwängler und Otto Klemperer. Denn diese setzten sich - ich übernehme Deine Formulierung: - weil sie es besser wussten über Beethovens Tempovorgaben hinweg.

    Ich glaube, dieser Vergleich hinkt und ist eher fadenscheinig. Man kann in den Interpretationen dieser rein musikalischen Werke immer noch – wie Crissy klar dargelegt hat, immer noch das ursprüngliche Werk selbst erkennen. Auch in der Oper wird die Musik von verschiedenen Dirigenten unterschiedlich interpretiert. Worum es hier geht ist doch, dass wir auf der Bühne ein ganz anderes Werk als das des Librettisten und Komponisten (entsprungen aus Hirngespinsten eines Regisseurs) zu sehen bekommen.

    Zitat

    Zitat von MSchenk: Es wäre für mich ja vollkommen in Ordnung, wenn die Leute vor der Oper demonstrieren oder sich in der Oper buhend auf die Sitze stellen würden. Selbst in Einführungsveranstaltungen macht kaum jemand den Mund auf.

    Ja!! Aber das ist ein frommer Wunsch. Siehe dazu aber meine Kommentare zu Alfreds und Operus' Zitaten weiter oben

    Zitat

    Zitat von Crissy: Wir dagegen, die wir im mittleren bis reiferen Alter sind, tragen für uns wunderschöne Erinnerungen in uns. Wir haben Vergleichsmöglichkeiten, die ein junger Mensch nicht haben kann. Und dies sage ich ohne jegliche Überheblichkeit.

    In die Art der hier diskutierten Inszenierungen wollen aber auch viele jüngere, noch an der Oper Interessierte nicht mehr gehen, die ich kenne. Und gerade unter unseren Mitdiskutanten in diesen Themen befinden sich – wenn du es richtig verfolgt hast – auch Jüngere (zwischen 20 und 30 Jahren), die diese Art von Darstellung verabscheuen. Unsere heutige Jugend ist nach meinem Eindruck wieder auf einem ganz anderen Wege. Sie braucht nicht „Sex und Crime“, die brauchte eher noch die Elterngeneration, also die mittleren Alters. Und diejenigen, die solche Dinge brauchen, kann man mit einer Oper wohl kaum locken.

    Zitat

    Zitat von Alfred: Etliche Regietheatergegener gehen zähneknirschend dennoch in die Oper - der Stimmen wegen - und nur derentwilen. So ist das Abwürgen dieser "Kunstrichtung" ein besonders schwieriger Prozess - aber ich bin nahezu sicher - daß er binnen 5-7 Jahren vollzogen sein wird - vielleicht sogar schneller.

    Ja, leider ist es so. Da heißt es – wenn einige von den Medien hochgejubelte Künstler auftreten - : „Da muss ich hin.“

    Zitat

    Zitat von dr.pingel: Viele hier, die gegen Regisseurstheater sind, sind keine Gegner moderner Regie.

    Da hast du vollkommen recht. Wir haben nur etwas gegen die Verunstaltungen durch moderne Regisseure, wie sie sich zur Zeit pandemieartig ausbreiten

    Zitat

    Zitat von Bernward Gerlach zu Alfreds Ballsaal: Dann handelt es sich auch um eine Oper aus dieser Zeit und nicht aus dem 21. Jahrhundert. Es muss erlaubt sein, eine Aufführung mit den technischen Möglichkeiten von heute darzustellen und dem Komponisten trotzdem gerecht zu werden

    So ist es. Dazu habe ich Ähnliches weiter oben ausgeführt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Gestern abend gab es noch einen Nachschlag zur Marthalerischen "Sache Makropulos". Der nicht sichtbare Reporter, der Dramaturg und Marthaler sonnten sich in gegenseitigen Lobhudeleien. Charakteristisch die Aussage Marthalers, dass die Bühne von Anna Viebrock der Anreger für die ganze Oper war. Aha! Das ist neu, bisher war ja immer der Regieeinfall das Primäre. Anna Viebrock hat eine Einheitsbühne gebaut, einen Gerichtssaal aus dem Paris des Jahres 1920 (1920 ist o.k., Entstehungszeit der Oper, aber Paris, nicht Prag?). Dann sagte Marthaler (sinngemäß): in dieser Bühne hätte man auch noch viele andere Opern spielen lassen können, und vielleicht würde er das auch machen. Da habe ich ausgemacht. Haben wir nicht mal gelernt, dass man eine Oper unbedingt spielen will, und dann überlegen Bühnenbilnder und Regisseur das Konzept?
    In der WAZ findet sich heute eine Kritik der neuen Inszenierung des "Barbiers von Sevilla" in Düsseldorf mit der Überschrift "Biene Maja beim Barbier von Sevilla". "In wunderschönen Kostümen und Bühnenbildern von Christian Schmidt startet der Abend wie eine Verbeugung vor Ikonen wie Biene Maja oder Raupe Nimmersatt." Hä? Wo sind wir hier? Wie kommt man eigentlich darauf, den ersten Akt dieser Oper unter Insekten spielen zu lassen? Aber immerhin, der 2. Akt könnte dann doch unter Wasser oder unter Walen spielen, unter Pinguinen, Elchen oder bei den Eskimos, warum nicht?
    Die Sänger kommen gut weg, das Orchester nicht, die Szene (Regie: Claus Guth) wurde vom Publikum mit Bravorufen und Buhs bedacht. Das lässt hoffen. Ansehen werde ich es mir nicht, das müssen hiewr schon unsere Berufsdüsseldorfer tun.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Gestern abend gab es noch einen Nachschlag zur Marthalerischen "Sache Makropulos". Der nicht sichtbare Reporter, der Dramaturg und Marthaler sonnten sich in gegenseitigen Lobhudeleien. Charakteristisch die Aussage Marthalers, dass die Bühne von Anna Viebrock der Anreger für die ganze Oper war. Aha! Das ist neu, bisher war ja immer der Regieeinfall das Primäre. Anna Viebrock hat eine Einheitsbühne gebaut, einen Gerichtssaal aus dem Paris des Jahres 1920 (1920 ist o.k., Entstehungszeit der Oper, aber Paris, nicht Prag?). Dann sagte Marthaler (sinngemäß): in dieser Bühne hätte man auch noch viele andere Opern spielen lassen können, und vielleicht würde er das auch machen. Da habe ich ausgemacht. Haben wir nicht mal gelernt, dass man eine Oper unbedingt spielen will, und dann überlegen Bühnenbilnder und Regisseur das Konzept?
    In der WAZ findet sich heute eine Kritik der neuen Inszenierung des "Barbiers von Sevilla" in Düsseldorf mit der Überschrift "Biene Maja beim Barbier von Sevilla". "In wunderschönen Kostümen und Bühnenbildern von Christian Schmidt startet der Abend wie eine Verbeugung vor Ikonen wie Biene Maja oder Raupe Nimmersatt." Hä? Wo sind wir hier? Wie kommt man eigentlich darauf, den ersten Akt dieser Oper unter Insekten spielen zu lassen? Aber immerhin, der 2. Akt könnte dann doch unter Wasser oder unter Walen spielen, unter Pinguinen, Elchen oder bei den Eskimos, warum nicht?
    Die Sänger kommen gut weg, das Orchester nicht, die Szene (Regie: Claus Guth) wurde vom Publikum mit Bravorufen und Buhs bedacht. Das lässt hoffen. Ansehen werde ich es mir nicht, das müssen hiewr schon unsere Berufsdüsseldorfer tun.


    Das ist genau das bezeichnende am Regietheater. Alles wird austauschbar. Und Herr Marthaler und seine Madame Gammelzimmer alias Viebrock ziehen das ja schon jahrelang durch. Jede Oper sieht bei Madame völlig gleich (scheusslich) aus. Ob das jetzt der Tristan in Bayreuth, Offenbach in Basel oder Makropulos in Salzburg ist. Ob das Bühnenbild noch passt oder was es mit dem Stück zu tun interessiert niemanden, schon gar nicht die Kritiker. Die haben Madame Gammelzimmer ja mehrfach mit Auszeichnungen für ihren Schrott überhäuft und die Dame verdient gut daran.
    Bezüglich dem Barbier in Düsseldorf kann ich nur nochmal sagen: Armer Rossini - Bitte fernbleiben. Lasst und in Zukunft den Barbier am Planet der Affen spielen oder bei den Schlümpfen. Es fehlen noch die Simpsons oder Familie Feuerstein. In wunderschönen Bühnenbildern und Kostümen natürlich! Wer sind schon Rossini und seine Librettisten? Zum Glück gibts ja Herrn Guth, ohne den wäre der barbier heute ja nicht mehr aufführbar! :thumbsup:

  • Zunächst ist Tamino eine Plattform, wo man auch ungehindert seinen Unmut über verfälschende Inszenierungen loswerden kann, ohne daß man befürchten muß als "Aussenseiter" dargestellt zu werden.

    Ich würde es ja befürworten, wenn wir wieder den Suare Gurken-Thread hervorkramen, der damals auf Druck der Regietheaterlobby hier, geschlossen wurde, d.h. jeder darf drei Inszenierungen der letzten Spielzeit nennen, denen er in puncto Verfremdung und sonstiger Entgleisungen die rote Karte zeigen möchte. Anschließend können wir abstimmen, welches von den all genannten die allerschlimmste war und für die gibt es dann die saure Gurke. Das könnte man z.b. auch mal der Presse mitteilen: "Tamino vergibt saure Gurke an die Münchener Rusalka". So käme endlich mal etwas Bewegung in die Sache.

  • d.h. jeder darf drei Inszenierungen der letzten Spielzeit nennen, denen er in puncto Verfremdung und sonstiger Entgleisungen die rote Karte zeigen möchte

    Halte ich für eine sehr gute Idee und interessanten Vorschlag, lieber Knuspi. Natürlich sollte jeder beim Nennen "solcher Werke" auch ein wenig näher beschreiben, was ihm da besonders "gefallen" hat.


    "Tamino vergibt saure Gurke an die Münchener Rusalka"

    War die nicht aus Stuttgart? Wie auch immer, ist ja auch egal. Ich denke, wir meinen dieselbe, nämlich die, die ich in meinem vorigen Beitrag schon erwähnte. Den Typen mit den Bierbüchsen, dem Aldi- Beutel und das runtergekommene Weibsstück, Wein aus der Flasche saufend... (Entschuldigung, daß ich mich hier ein bischen vulgär ausdrücke, aber hier finde ich es angebracht).
    Bin gespannt, ob und wie der Vorschlag von den anderen aufgenommen wird.


    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ih, sowas ist natürlich auch ausgesprochen pittoresk;-) Arme Rusalka, Dir wird im Moment ganz Besonders übel mitgespielt. Nein, ich meinte die grässliche Inszenierung mit dem Fritzl-Keller und den ausgeweideten Rehen. Meine diesjährigen Favoriten wären der Bayreuther Rattengrin, der Düsseldorfer Bienenbarbier, die Berliner verkaufte Bambibraut und der Mainzer Panzerfausttristan.

  • Zitat von Wolfram: Nun gibt es aber hervorragende Inszenierungen des Regietheaters. Die werden mit über denselben Kamm geschoren. Mir ist klar, dass die Mehrzahl der Regietheaterinszenierungen daneben ist. Da geht es um Skandal, um Provokation, im Vordergrund steht der Regisseur und nicht das Werk. Dem kann ich gar nichts abgewinnen
    Dem kann ich zustimmen, denn Regietheater ist ja alles (Nur wenige Regisseure kommen ohne Regiearbeit aus, wie z.B. Loy in der Salzburger „Frau ohne Schatten“). Deshalb sage ich auch immer „sogenanntes
    Regietheater“ oder „Regisseurstheater“ (wo der Regisseur nur daran denkt, seine Hirngespinste zu verwirklichen) oder – wie ich es bei meinem ersten Beitrag in diesem Forum genannt habe „Verunstaltungstheater“


    Eben: was wäre denn die Alternative? Oper ohne Regie?

    Es geht also nicht um moderne Inszenierungen, sondern um entstellte Inszenierungen sich modern und großartig wähnender, überheblicher Regisseure, und da ist ja selbst Wolfram der Meinung, das das leider die Mehrzahl ist. Dass ich Theater, das unter diesem nach meiner Ansicht falschen Begriff eingeordnet wird, auch schon als völlig akzeptabel hingestellt habe, kann in meinem Bericht zu „Tristan und Isolde“ von Chereau in der Mailänder Scala nachlesen
    Auch viele Inszenierungen von Wolfgang Wagner waren zwar modern, aber nicht entstellt.


    Ganz richtig - und wozu dann überhaupt diese unsinnige Unterscheidung treffen zwischen "Regietheater" auf der einen und - ja was eigentlich? - auf der anderen Seite?


    Dieser Thread möchte Ideen sammeln, wie man sich erfolgreich gegen das Regietheater wehren kann. Wenn man gegen schlechte Inszenierungen ist, wie sie viel zu häufig zu sehen sind, da könnte ich zustimmen. Aber wenn die konkrete Gegenvorstellung sich darin erschöpft, man solle das inszenieren was in der Partitur steht, dann ist das etwas dürftig, Und genau daran kranken diese ganzen "Anti-Regietheater-Threads" hier: Wenn hier Vorschläge gesammelt werden sollen, wie man am besten gegen das Regietheater zu Felde ziehen soll, dann möchte ich mal fragen, welche konkrete Alternative dann eigentlich angestrebt wird. Und wenn das im Prinzip die Alternative ist: "Wir wollen unsere Opern wieder so sehen, wie in den 50er Jahren" dann ist das eigentlich eine Initiative in der Richtung: "Ich möchte aber gerne, daß die Dirigenten wieder mehr so dirigieren wie Furtwängler". Aus beidem wird wohl nix (wobei mir letzteres dann noch lieber wäre 8) )


    Dabei gibt es sicher eine Menge kritisierenswertes an vielen Regiearbeiten, und die Bühnenbilder in irgendwelchen Schlachthöfen, U-Bahnstationen und überhaupt gerne kaputten Millieus finde ich dann schwachsinnig wenn sie die Handlung nicht erhellen. Und da muß ich Alfred recht geben, da gibt es wahrscheinlich so eine kleine "Mafia", in der Kritiker Schwachsinniges nicht schwachsinnig finden wollen, weil sie meinen, sie könnten dann reaktionär wirken. So entstehen gesellschaftliche Stimmungen in denen mancher sich nicht öffentlich traut zu sagen: "das versteh' ich nicht, was soll das?"


    Andererseits ist die bisher hier formulierte Alternative zu inszenieren "was in der Partitur steht" ungefähr so sinnvoll wie das "spielen was in den Noten steht".
    Wagners Ring z. B. ist eben nicht einfach eine Sage von Göttern, Riesen und Menschen in Bärenfellen, sondern handelt von gesellschaftlichen und menschlichen Zusammenhängen, die überzeitlich sind und die Wagner unglaublich gut in seiner Adaption isländischer Sagas (die mehr Vorbild waren als die deutsche Nibelungensage) verarbeitet hat. Den Ring nun in dieser Sagawelt spielen zu lassen ist aber heute nicht unbedingt das Nonplusultra um Leuten zu verdeutlichen, worum es im Ring eigentlich geht, nämlich nicht um die Heldengeschichten irgendwelcher Germanen. Wenn ich mir da die Met-Inszenierung mit Levine anschaue, dann ist die recht neutral und wenig sagend, wohingegen Chereau in seinem berühmten Bayreuther Ring sicher näher an dem war, um was es Wagner ging.


    Was, liebe "Regietheater-Gegner" stellt ihr Euch also in der Praxis vor, was wollt ihr erreichen: sollen die Intendanten den Regisseuren nun verbieten "modern" zu inszenieren? Sollen Regisseure gesucht werden, die versprechen nur zu inszenieren "was in der Partitur steht"? Sollte vielleicht eine staatliche Zensurstelle für Inszenierungen eingerichtet werden (schließlich lebt die Oper ja auch von staatlichen Zuschüssen)?


    Gruß aus Freiburg
    Byron

    non confundar in aeternum

  • Zunächst erläuterst Du mir bitte, was daran "dürftig" ist, so zu inszenieren, wie es im Libretto steht - und wie es bis zum Ausbruch der Regietheaterpest völlig in Ordnung war.

  • Zunächst erläuterst Du mir bitte, was daran "dürftig" ist, so zu inszenieren, wie es im Libretto steht


    Dürftig ist daran, daß diese Angaben oft recht allgemeiner Natur sind, und wenn da als Handlungsanweisung steht "Xy betritt das Gemach von rechts", und man dem Sänger dann sagt: "also Du kommst jetzt von rechts", dann ist das noch keine Regiearbeit. Dazu braucht man nämlich wirklich dann keinen Regiesseur und dann heisst das Ziel vielleicht wirklich das "Nichtregie-Theater". Vielleicht braucht man auch keinen Dirigenten, denn jeder Spieler hat ja seine Noten und da steht ja alles drin. Für mich gehört zu einer Inszenierung eine Ausdeutung des Werkes, da muss versucht werden zu verdeutlichen worum es inhaltlich geht, wovon das Stück vielleicht auch unter der Oberfläche handelt. Dass viele moderne Inszenierungen das nicht tun, da stimme ich völlig zu, aber das liegt daran, dass sie schlecht sind und nicht dass sie modern sind. Vielleicht sind wirklich gute Inszenierungen auch selten und ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht, daß unter den alten Inszenierungen mehr gute als heute waren, wenn ich mir manchmal so alte Szenenfotos ansehe...


    Gruß von Byron

    non confundar in aeternum

  • Doch, die Inszenierungen waren früher besser, vor allem waren sie feinsinniger. Um bei Deinem Bespiel zu bleiben: Wenn im Textbuch stand "Sie geht von links nach rechts", so gab schon allein das historische Kostüm vor, wie man da gehen konnte: Waren ausladende Schritte möglich? Oder eher ein trippeln? Wird eine Schleppe hinterhergezogen? u.s.w. Dazu kamen noch die Anweisungen des Regisseurs, der dazu die Gefühlslage verdeutlichte: "Du möchtest am liebsten schreien, Elisabeth, als Du den Carlos siehst, aber das geht schonh deshalb nicht, weil Dich das Korsett einschnürt, außerdem musst Du Haltung wahren, also gehst Du bitte langsam von links nach rechts, eine Sekunde zögerst Du, gehts dann weiter und tust so, als sei das zögern Deiner Schleppe geschuldet."

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