HÄNDEL, Georg Friedrich: MESSIAH


  • Georg Friedrich Händel (1685-1759):


    MESSIAH
    Oratorium in drei Teilen HWV 56 für SATB (Soli), SSATB (Chor) und Orchester
    Textzusammenstellung von Charles Jennens


    Uraufführung am 13. April 1742 in Neale's Music Hall, Dublin



    INHALTSANGABE


    Part the First


    Nach der einleitenden „Symfony“ verkündet der Tenor in einem Accompagnato und einer sich anschließenden Arie mit den Worten des Propheten Jesaja Gottes Ratschluß vom Ende aller Knechtschaft und der Vergebung aller Missetaten. Die Menschen werden aufgefordert, dem kommenden Messias den Weg zu bereiten und die Pfade zu ebnen. Der Chor „And the glory of the Lord“ (Und die Herrlichkeit Gottes des Herrn) besingt hymnisch-feierlich die Herrlichkeit Gottes, die allen Völkern offenbart werden soll.


    Nach diesem strahlenden Freudenausbruch wird die Stimmung fast bedrohlich, denn die Propheten Haggai und Maleachi verkünden, daß der Herr Zebaoth bei seiner Ankunft die Erde so erbeben lassen will, daß die Heiden erzittern werden. Es ist zwar der Trost aller Völker, der da kommen wird, aber wer kann an diesem Tag bestehen? Die Chorfuge auf Worte des Propheten Maleachi (Kapitel 3 Vers 2) „And He shall purify“ (Und er wird reinigen) bringt die Erwartung der Menschen zum Ausdruck, daß der Heiland das Volk des neuen Bundes reinigen und läutern wird.


    Wieder spricht Jesaja zu uns (vom Evangelisten Matthäus bestätigt), daß durch eine Jungfrau der „Verheißene des Herrn“ geboren werden soll, der Emanuel heißen wird - Gott mit uns. Dieser hoffnungsvollen Stimmung setzt Händel, musikalisch nach h-Moll gewendet, ein Bild der Dunkelheit entgegen, in der das Volk bleiben muß, bis ihm endlich das Licht der Erlösung zuteil wird. Der Chor äußert sich visionär: Zunächst verkünden einzelne Chorstimmen die frohe Kunde „For unto us a child is born“ (Denn es ist uns ein Kind geboren), ehe der Name Gottes „Wonderful, Counsellor, The Mighty God, The Everlasting Father, The Prince of Peace“ (Wunderbar, Herrlicher, der starke Gott, der Ewigkeiten Vater und Friedefürst) von allen Stimmen vereint vorgetragen wird.


    Die Hirtenpastorale „Pifa“ leitet die weihnachtliche Szene ein, in der die Engel den Hirten auf dem Felde die Geburt des Messias verkündigen. Die dann folgende Passage stammt aus Lukas 2 Verse 8 bis 11, 13 und 14 und ist die einzige direkte Erwähnung von Jesu Geburt in diesem Werk, in der allerdings weder der Stall, noch die Krippe mit dem Kind genannt werden - der 12. Vers aus Lukas 2 ist ausgelassen.


    Nach dieser Episode wird der Prophet Sacharja zitiert, der im 9. Kapitel in den Versen 9 und 10 die Tochter Zion aufruft, zu ihrem König aufzuschauen, der als rechter Helfer den Heiden das Heil bringen wird. Die Sopran-Arie (in einer anderen Version als Duett für Sopran und Alt überliefert) „He shall feed His flock“ (Er weidet seine Herde), in der Christus als Hirte geschildert wird, der seine Lämmer sanft und mit Erbarmen aufnimmt, und im zweiten Teil der Arie mit „Com unto Him all ye that labour“ (Kommt her zu ihm) den Mühselig-Beladenen Trost und Hoffnung verspricht, ist eine der wunderbarsten melodischen Eingebungen Händels.


    Ein kammermusikalisch inspirierter Chorsatz über „His yoke is easy“, das „sanfte Joch“ des Heilands, schließt den ersten Teil des Oratoriums ab.


    Part the Second


    Der klagend-ergreifende Chor „Behold the Lamb of God“ (Seht an das Gotteslamm) steht am Beginn des zweiten Teils und wählt, bei Johannes 1, 29 nachzulesen, ein in der Bibel immer wieder benutztes Bild, nämlich jenes vom Lamm, das die Sünden der Welt trägt. Der Solo-Alt greift dann ein Jesaja-Wort auf und berichtet von Jesu Geißelung („He was despised“), die der „Mann der Schmerzen“ ohne Rücksicht auf sich selber ertrug: seinen „Rücken bot er den Peinigern“ und die „Wange der rohen Feinde Wut“.


    Ein zusammengehöriger Block von drei Chorsätzen ist eine Reflexion über den die Sünden der Welt auf sich nehmenden Gottessohn: „Surely“ (Wahrlich, er trug unsere Qual), „And with His stripes“ (Durch seine Wunden sind wir geheilt) und „All we like sheep“ (Der Herde gleich). Danach richtet sich der Blick auf die Peiniger, die den gequälten Christus verhöhnen und verspotten: „He trusted in God“ (Er trauete Gott, daß der würd' retten ihn). In großem Kontrast dazu steht das folgende Tenor-Accompagnato nach Psalm 69 Vers 21 „Thy rebuke hath broken His heart“ (Diese Schmach brach ihm das Herz), und die Arie (nach Klagelieder Jeremia 1 Vers 12) „Behold, and see“ (Schau hin und sieh, wer kennet solche Qualen) ist ein Bild der Verzweiflung und der Einsamkeit des Gekreuzigten.


    Doch die Verheißung des Vaters (nach Psalm 16 Vers 10), seinen „lieben Sohn“ nicht der Verwesung anheimzugeben, leitet über zum Triumph der bevorstehenden Auferstehung Jesu: „Lift up your heads“ (Hoch tut euch auf und öffnet euch weit). Die folgenden Sätze künden bereits von der Verbreitung und der Annahme der frohen Botschaft, bevor sich plötzlich Widerstand gegen die Verbreitung des Evangeliums regt: „Why do the nations“ (Warum denn rasen und toben die Heiden) ist inmitten lyrisch-froher Stimmung ein musikalischer Ausbruch von elementarer Wucht.


    Aber Gott, der Herr über Tod und Leben, lacht im Himmel über die Wut und den Zorn der Heiden: „He that dwelleth in heaven“ und er zerschlägt sie mit dem eisernen Zepter: „Thou shalt break them with a rod of iron“. Mit einfachsten musikalischen Mitteln schafft Händel sodann den Triumph Jesu über den Tod auszudrücken: es ist das zu Recht weltberühmte „Hallelujah“, das den zweiten Teil des Oratoriums beschließt und dessen Text eine Zusammenfassung aus Versen des 19. Kapitels der Offenbarung des Johannes in freier Nachdichtung ist.


    Part the Third


    Im Vordergrund dieses letzten Teils steht die christliche Heilsidee. Zunächst aber äußert die menschliche Seele ihr Wissen, daß der Erlöser lebt und daß er am letzten Tage der Erde erscheinen wird: „I know that my Redeemer liveth“. Endgültig hat der Tod durch die Tat des Messias seinen Schrecken verloren. Zu dieser Bekenntnis-Arie fand Händel abermals eine wunderbare Melodie.


    Mit dem Paulus-Wort aus dem 1. Korinther-Brief verkündet der Chor „Since by man came death, by man came also the resurrection“ (Wie durch Einen der Tod, so kam durch Einen die Auferstehung von dem Tod). Hier findet sich eine kontrastreiche Gegenüberstellung von Tod und Sünde auf der einen, und Auferstehung und Leben auf der anderen Seite. Während der einleitende Grave-Teil als einziger des gesamten Werkes für A-cappella-Chor gesetzt ist, wird der Allegro-Teil vom gesamten Instrumentarium begleitet.


    Mit der Triumph-Arie für Baß „The trumpet shall sound“ (Sie schallt, die Posaun, und die Toten erstehn unverweslich) wird auf die prophetische Erfüllung hingewiesen, wonach der Tod durch Jesus überwunden wurde, und das Duett für Alt und Tenor „O death, where is thy sting“ (O Tod, wo ist dein Stachel) verhöhnt Tod und Grab. Nach dem Dank-Chor auf einen Text aus 1. Korinther 5 Vers 57 und der Sopran-Arie „If God for us“ (Ist Gott für uns, wer könnte uns schaden) schließt der imposante Schlußchor „Worthy is the Lamb“ (Würdig ist das Lamm) nach Offenbarung 5 Verse 12 und 13 in strahlendem D-Dur mit einer ausgedehnten Amen-Fuge das Oratorium ab.



    INFORMATIONEN ZUM WERK


    „Händel sagt, er wolle im nächsten Winter nichts tun, doch ich hoffe ihn überreden zu können, eine weitere Sammlung aus der Heiligen Schrift zu vertonen, die ich für ihn angefertigt habe, und sie in einem Benefizkonzert zu seinen Gunsten in der Karwoche aufführe. Ich hoffe, daß er sein ganzes Genie und Geschick darauf verwenden wird, damit die Komposition all seine früheren übertreffe, so wie das Sujet alle anderen überragt. Und das Sujet ist: der Messias.“


    So schrieb Charles Jennens am 10. Juli 1741 an einen Bekannten und offenbarte damit, die Idee zum wohl berühmtesten Oratorium der Musikliteratur gehabt zu haben. Es hat Jennens offensichtlich nicht sonderlich viel Überredungskunst gekostet, denn zwischen dem Briefzitat und der Vollendung der Partitur lagen nur ganze zwei Monate: am 14. September 1741 schloß Händel das Werk ab.


    Jennens griff bei der Zusammenstellung seines „Librettos“ auf prophetische Texte aus dem Alten und Passagen aus dem Neuen Testament, sowie auf Texte aus dem Gebetbuch der anglikanischen Kirche zurück. Dabei kreist jeder der ins gesamt drei Teile um einen zentralen Gedanken, der von verschiedenen Seiten beleuchtet wird: Im ersten Abschnitt steht die Geburt des von den Propheten angekündigten Messias im Mittelpunkt, der zweite Teil handelt von Passion, Auferstehung und Himmelfahrt Christi, der dritte ist Meditation und Bekenntnis, handelt vom Jüngsten Gericht und der Erlösung des Christenmenschen.


    Als unter Händels Leitung die Uraufführung des neuen Oratoriums am 13. April 1742 in Neale's Music Hall in Dublin stattfand und beim Publikum großen Zuspruch fand, hatte der Komponist schon einige erfolgreiche Konzerte in der irischen Haupstadt gegeben. Er hielt sich nämlich auf Einladung von William Cavendish, dem dritten Duke of Devonshire (und Lord-Lieutenant von Irland), bereits seit November 1741 in Dublin auf.


    London erlebte die Erstaufführung von „The Messiah“ erst am 23. März 1743 (in Covent Garden), weitere erfolgten am 25. und 29. März - und müssen als weniger erfolgreich als in Dublin eingestuft werden. Der Grund könnte am Einspruch der konservativen Londoner Geistlichkeit gelegen haben, die sich bei Händel beschwert hatte, und am puritanisch eingestellten Publikum, daß die Zurschaustellung des Lebens Christi in einem Theater nicht goutieren mochte.


    Diese Vorbehalte waren der Grund, daß man das Oratorium in den ersten Jahren nicht mit seinem richtigen Titel, sondern nur als „New Sacred Oratorio“ ankündigte. Diese Vorgehensweise änderte der Komponist erst 1750, als er seine Oratoriensaison grundsätzlich mit „The Messiah“ abschloß und nach Ostern noch eine weitere Vorstellung in der Kapelle des „Foundling Hospital“ gab. Die Einnahmen aus dieser Aufführung kamen den Findelkindern zugute, was Händel später sogar testamentarisch festlegte.


    Händel selbst dirigierte „The Messiah“ immer wieder, modifizierte ihn oft, um das Werk den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Da es aber keine „Ausgabe letzter Hand“ gibt, kann man keine dieser Fassungen als „authentisch“ ansehen.


    © Manfred Rückert für Tamino-Oratorienführer 2012
    unter Hinzuziehung folgender Quelle:
    Hallische Händel-Ausgabe, Bärenreiter-Verlag

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  • Händels „ Messias“ gehört mit zu den am häufigsten eingespielten Werken der Musikliteratur. Der Musikfreund hat also die Qual der Wahl - das Angebot der Tamino-Werbepartner ist so umfangreich, daß nur eine kleine Auswahl hier gelistet werden kann:




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