HÄNDEL, Georg Friedrich: SAUL


  • Georg Friedrich Händel (1685-1759):


    SAUL
    Oratorium in drei Teilen für Soli, Chor und Orchester, HWV 53 - Libretto von Charles Jennens


    Uraufführung am 16. Januar 1739 im King's Theatre am Haymarket, London



    DRAMATIS PERSONAE


    Saul, König von Israel (Baß)
    Jonathan, sein Sohn (Tenor)
    Michal und Merab, Sauls Töchter (Soprane)
    David aus dem Stamm Jesse (Tenor)
    Abner, Heerführer Sauls (Tenor)
    Der Hohe Priester (Baß)
    Abiathar, ein Priester (Altus)
    Die Hexe von Endor (Alt)
    Der Geist Samuels (Baß)
    Doeg, Diener Sauls (Baß)
    Ein Amalekiter (Tenor)


    Das Geschehen ist um 1000 v.Chr. anzusetzen.



    INHALTSANGABE


    Die breit angelegte viersätzige „Symfony“ enthält im dritten Satz ein Orgelkonzert und ist vielleicht das Urmuster für Händels Neigung, während der Pausen in seinen Oratorien-Aufführungen das Publikum mit dieserart Einlagen zu unterhalten.


    Erster Teil


    Der das Oratorium einleitende Chorsatz gehört zu den bekannten Kompositionen Händels: „How excellent thy Name, O Lord“ (Wie wunderbar schallt, Herr, dein Preis). Ihm schließt sich ein kantatenähnlicher Komplex an, in dem Zuschauer des Kampfes zwischen Goliath und David, der Solo-Sopran und ein Trio aus Alt, Tenor und Baß und der Vollchor als des Volkes Stimme, über die Ereignisse berichten. Der Einleitungschorsatz wird „ab initio repetatur et claudatur“ mit einem koloraturenreichen Halleluja gesungen.


    Michal, eine der Töchter König Sauls, kündigt freudig die Rückkehr des jungen Helden an, zeigt aber auch Eifersucht, weil sie die zukünftige Braut, die sie nie sein darf, jetzt schon beneidet. Sauls Heerführer Abner bemerkt als erster in der Hand des jungen Mannes das abgeschlagene Haupt des Goliath. Auf die Frage des erstaunten Saul nach seiner Heerkunft stellt sich der Fremde als David, Sohn des königstreuen Jesse aus Bethlehem vor. In der Erkenntnis, daß er dem jungen Mann den Fortbestand seiner Herrschaft verdankt, bittet ihn Saul, am Hof zu bleiben und gibt ihm seine Tochter zur Frau, läßt aber offen, an wen er dabei denkt. David hält sich an die Konvention und bedankt sich für diese Ehre, stellt aber klar, daß er ohne Jehovahs Hilfe nicht gesiegt hätte.


    Sauls Sohn Jonathan ist beeindruckt von der Bescheidenheit des jungen Mannes und bittet ihn um seine Freundschaft. Das ist Sauls ältester Tochter Merab zuviel des Guten: sie weist ihren Bruder höhnisch auf die niedrige Herkunft des Fremden hin, wohingegen er doch schließlich ein Fürst sei. Jonathan gibt sich unerschütterlich, denn Rang und Güter sind doch nur Tand. Und der Hohe Priester führt ein „edles Paar“ zusammen, wobei der König nun aufklärend Merab, die Erstgeborene, nennt. Die aber ist entsetzt über den Beschluß des Vaters und äußert (für sich) in einer Arie („My soul rejects the thought with scorn“- Mein Herz erbebt in finsterm Groll) ihre Absicht, diesen ihr unannehmbaren Plan zu durchkreuzen.


    Merabs Ärger hat Sauls Jüngste, Michal, trotz der leisen Töne ihrer Schwester, mitgehört und erklärt nun, ebenfalls „für sich“ gesungen, ihre Liebe zu dem jungen Helden. Jetzt aber greifen erst einmal die „Töchter Israels“ zur Begrüßung aller mit Saitenspiel und Reigen zu ihren Instrumenten - dazu erklingt eine „Symphony“: „Welcome, welcome, mighty king“ (Willkommen, willkomen, König stark!). Die „Symphony“ und der Chor der israelitischen Töchter (aus zweigeteilten Sopranen und Alt), erhalten ihren besonderen Reiz durch den Einsatz eines Glockenspiels.


    Daß die Menge aber keinesfalls dem König huldigt, sondern den Bezwinger Goliaths meint, macht Saul wütend und neidisch. Michal, die Sauls „alte Krankheit“, den Neid, kennt, hofft auf Davids Harfenkünste, die den Vater „heilen“ könnte. Auch der Hohe Priester schwört auf die Kraft der Harmonie und erinnert an Jehovahs Güte, doch ohne sichtbaren Erfolg beim immer zorniger werdenden König.


    Auch Sauls Heerführer Abner ahnt Böses. Während David zunächst mit „O Lord, whose mercies numberless“ (O Herr, des Güte endlos ist) Jehovah um Gnade und Hilfe für Saul bittet, versucht er anschließend mit seinem Harfenspiel den König zu beruhigen. Weil der König sich aber nicht beruhigen läßt, reagiert David in der Arie „Fly, malicious Spirit, fly“ (Fliehe, böser Geist, fliehe) mit einer Beschwörungsformel, in der er Gott als die Macht der Harmonie darstellt, der den bösen Geist zu bezwingen vermag.


    Aber Davids „Bruder im Geiste“ Jonathan erkennt die Vergeblichkeit aller Bemühungen, der Zorn des Vaters ist nicht mehr einzudämmen. Saul läßt seine Wut an David aus, in dem er ohne Vorwarnung seinen Speer auf ihn wirft, der sein Ziel jedoch verfehlt. Das bringt ihn noch mehr in Rage und er verlangt von seinem Sohn das Unmögliche, nämlich den „kühnen Knaben“ zu töten - der ihm zu ehrgeizig ist und der sein Königtum bedroht.


    Merabs Reaktion auf dieses ungeheure Verlangen ist Abscheu und Ekel gleichermaßen: „Capricious man, in humour lost“ (Betörter Man, der Launen Raub). Erst hebt der Vater den Sklaven hoch zum Thron, dann läßt er ihn fallen - eine Handlungsweise ohne Ziel in Liebe und Haß - eine klare Distanzierung der Königstochter von von ihrem Vater. Nur Jonathan versucht noch einmal mit wohlerwogenen Sätzen, den Vater zur Versöhnung aufzurufen. Er sieht sich zwar als gehorsamen Sohn, lehnt es aber ab, den Freund, den Erretter Israels aus großer Gefahr, zu töten. Das ist gegen Gottes Gebot und verlangt eine Ablehnung. Er gelobt, seinen Freund vor Gefahren durch Saul zu bewahren.


    Der Hohe Priester richtet ein Gebet an Jehovah „O Lord, whose providence“ (O Herr, des Vorbedacht), in dem er eindringlich um Schutz für den „treuen Diener“ vor dem „wilden Saul“ bittet und der Chor beendet, ebenfalls für David betend, den ersten Oratoriums-Teil mit einer herben g-Moll-Fuge auf die Worte „Preserve him for the glory of Thy name“ (O schirme ihn zu deines Namens Preis).


    Zweiter Teil


    Mit einem kurzen, aber schlagkräftiger Chor („Envy, eldest born of hell“- Weiche, höllgebor'ner Neid), dessen fünfundzwanzigmal sich wiederholender Basso ostinato über eine absteigende Tonleiter recht auffällig ausnimmt, beginnt der zweite Teil. Anschließend gibt Jonathan seinem Freund David nochmals sein Treuegelöbnis und teilt ihm so „en passant“ mit, daß Merab sich auf Anordnung des Vaters und Königs mit Adriel verloben wird. Das, so antwortet David, stört ihn wenig, da Merab ihm viel zu stolz erschien, Michal dagegen „sanft, hold und schön“. Seine Präferenz ist damit klar.


    Als Jonathan den König kommen sieht, bittet er David, sich zu verstecken. Saul hält sich nicht mit langen Vorreden auf, sondern will wissen, ob sein Todfeind tot ist. Jonathan weicht zunächst aus, wird dann aber deutlich: David ist nicht der Todfeind, sondern der Retter aus großer Not. Mit der Arie „Sin not, o king, against the youth,“ (O frevle an dem Jüngling nicht) versucht er, Saul von seiner Ansicht zu überzeugen. Dessen Reaktion kommt überraschend: „As great Jehovah lives, I swear, the youth shall not be slain“ (So wahr Jehovah lebt, ich schwör's, den Jüngling trifft kein Leid). Jonathan ist glücklich über diese Wendung und lobt seinen Vater: „From cities storm’d and battles won“ (Wer Städte siegreich stürmt und Schlachten schlägt) als einen großen Mann, da er sich selbst bezwang. Jonathan ahnt nicht, wie sehr er sich täuscht.


    Der herbeigerufene David erhält von Saul die Versicherung, keine Gefahr mehr fürchten zu müssen, fordert aber sofort den erneuten Einsatz als Feldherr gegen die Philister. Und als Beweis seiner Huld gibt er ihm sogar Michal zur Frau; dabei zeigt er aber durch den „beiseite“ gesungenen Satz „O hardness to dissemble!“ (O schwere Kunst des Trugs) seinen hinterhältigen Charakter: Saul hofft auf Davids Tod in der Schlacht. David durchschaut diese Volte nicht und dankt dem König, gibt sich aber vor allen Dingen überzeugt, daß er mit Gottes Hilfe abermals den Feind besiegen wird.


    Ehe David in den Kampf mit den Philistern zieht, stimmt er mit der glücklichen Michal ein reizend-schlichtes Liebesduett an, in das der Chor zustimmend einfällt: „Is there a man, who all his ways directs“- Heil sei dem Mann, der treu und stet auf Gottes Wegen geht! Danach schildert eine „Symphony“ die kriegerische Auseinandersetzung, aus der David als siegreicher Feldherr hervorgeht.


    An den Hof Sauls zurückgekehrt trifft David auf Michal und berichtet ihr erregt von der Begegnung mit ihrem Vater, der sich ihm gegenüber nicht nur undankbar erwies, sondern mit einem abermaligen Speerwurf auf ihn seine aufgestaute Wut, seinen Haß und seine Eifersucht zeigte. Daß Saul ihn auch jetzt verfehlte, nimmt David als Zeichen Gottes, der über sein Leben wacht. Im Duett erweist sich David als der Furchtlose, Michal dagegen als ängstlich Verliebte, die es für notwendig erachtet, den Geliebten auf Todesgefahren hinzuweisen und dringend zur Flucht zu raten: „See, the murd’rous band comes on!“ (Sieh die Mörderbande, sieh und fliehe!)


    Doeg, der Diener Sauls, kommt im Auftrag seines Herrn, David an den Hof zu holen, doch Michal gibt an, der Gesuchte sei krank. Daraufhin verlangt Doeg, das Gemach Davids zu sehen und wird, als er das Zimmer unbenutzt vorfindet, ärgerlich: „Do you mock the king?“ (Verspottest du den König) und geht mit der Drohung, sie solle vor dem Ausgang zittern, ab. Michal ist plötzlich mutig und zeigt sich überzeugt, daß David durch Gott, den Herrn, beschützt wird.


    Merab bekommt eine kurze Soloszene, in der sie sich über ihren Vater und den Bruder äußert. Die Grausamkeit des Vaters erschreckt sie, das Heldenherz Jonathans, der den Freund verteidigt, erfüllt sie dagegen mit großer Hochachtung. Sie wendet sich mit einem Gebet an den „Vater des Friedens“, der „jeden Sturm der Seele“ mit Trost zu mildern weiß und auch Sauls Wut sanftem Frieden weichen lassen wird.


    Vor Sauls Solo-Auftritt setzt Händel eine kurze „Symphony“ mit festlichem Charakter; sie paßt überhaupt nicht zur Stimmung des Königs, der Davids Tod plant. Er will nicht länger vor dem Knaben und Schänder seines Ruhmes zittern müssen. Sein Sohn Jonathan weiß auf Sauls Frage nach David zu berichten, daß der Freund nach Bethlehem ging, weil dort das jährliche Opferfest seine Anwesenheit im Vaterhaus erforderte. Diese Antwort erzürnt den König derart, daß er seinen Sohn einen Verräter nennt, der anscheinend nicht sehen will, daß David ihn, den Thronerben, den Königsstuhl rauben wird. Schließlich verlangt er, daß Jonathan umgehend für die Rückkehr Davids an den Hof sorgt, denn hier werde „sein Los der Tod“ sein. Als Jonathan sich weigert, kann Saul nicht mehr an sich halten und wirft voller Wut den Speer auf seinen Sohn, der sein Ziel jedoch verfehlt.


    Der zweite Teil des Oratoriums endet mit einem meditativen Chorsatz über die blinde Wut des Königs: „O fatal consequence“ (O bittere Raserei): das Volk muß erschüttert erkennen, daß ein Herrscher auf dem Throne sitzt, der Schuld auf Schuld anhäuft und damit auf dem moralischen Tiefpunkt angekommen ist.


    Dritter Teil


    Zu Beginn des dritten Teils sehen wir Saul in verzweifelter Lage: elend und schuldig, von Gott verlassen, Hilfe benötigend, die ihm aber aus Ungehorsam nicht zuteil wird; er fragt sich: „Bin ich eine Memme?“ Nein, das wahrlich nicht: „If Heav'n denies thee aid, seek it from hell“ (Wenn der Himmel nicht hilft, dann muß es die Hölle tun). Den Entschluß hat Saul also schnell gefaßt - ihm muß das Weib helfen, das man als „Vertraute des Feindes der ganzen Menscheit“ bezeichnet, die Hexe von Endor. Zwar besteht durch seinen eigenen Befehl auf „ihrer Kunst der Tod“- doch nun bedarf er selbst dieser Kunst und da ist Rechtsbeugung kein Problem für den König.


    Saul steht also vor der Hexe, die auf sein Verlangen den Geist Samuels „aus der Tiefe“ heraufrufen soll. Sie weist ihn eindringlich auf das Verbot der Zauberei hin, doch der Mann vor ihr verspricht - bei Jehovahs Name - keine Schwierigkeiten mit Saul zu bekommen. Und die Hexe ruft „Infernal spiritis“, die Geister der Hölle auf, Samuels Geist zurückzusenden. Zu einer wahrhaft unheimlichen Begleitung der Fagotte verkündet der Geist des Propheten nicht nur das Ende von Sauls Herrschergeschlecht und den Übergang der Königskrone an David, sondern „Thou and thy sons shall be with me tomorrow“- Du und dein Sohn, ihr seid beide schon morgen bei mir. Die letzten Worte des Geistes, bevor er wieder verschwindet, dröhnen dann wie Hammerschläge auf Saul hernieder: „The Lord hath said it: He will make is good“- Der Herr sprach es und so wird es geschehen.


    Es ist ein Szenenwechsel zu denken: David bekommt aus dem israelitischen Feldlager den Besuch eines Boten, der ihm berichtet, daß nicht nur die Schlacht mit Toten und der Flucht vieler Soldaten schlecht ausgegangen, sondern der Thronfolger Jonathan im Kampf gegen die Philister auch gefallen sei. Der um den Tod des „Bruders“ entsetzte David will noch mehr Einzelheiten hören und der Bote erzählt weiter, daß er am Berge Gilboa auf König Saul gestoßen sei, der sich mit seinem Speer den Tod geben wollte, es aber „nur halb vollbracht“ habe. Da der Sterbende ihn bat, für ein schnelles Ende zu sorgen, habe er den König getötet, den Stirnreif und die Ringe an sich genommen, die „ich nun gebe meinem Herrn“. Als David auf Nachfrage hört, daß der Bote ein Amalekiter ist, verflucht er ihn und seinen Stamm, läßt ihn ergreifen und töten.


    An dieser Stelle setzt Händel jenen berühmten Trauermarsch ein, dessen Tonart C-Dur dem Topos dieses Genres überhaupt nicht entspricht, der aber trotzdem tiefe Trauer zu verbreiten vermag. Grund genug übrigens, daß er in der Bundesrepublik Deutschland bei Staatsbegräbnissen gespielt wird. Friedrich Chrysander meinte, Händel könnte mit der Tonart andeuten wollen, daß nicht ein Held zu Tode kam, sondern ein König, dessen Tod ein gerechteres Königtum - durch David - erwarten läßt.


    Die folgenden Soloarien, von zwei Chorsätzen eingerahmt, sind ergreifende Klagegesänge, die Einzelpersonen gemäß ihrer Stellung zu den Verstorbenen singen: Das Volk klagt in einem c-Moll-Trauerchor um Jonathan, der als Hoffnungsträger „im Schmuck der Jugend auf Gilboa“ sein Leben ließ; der Hohe Priester verlangt Geheimhaltung von Sauls Tod „in Gath“ und „Askalon“, damit der Tod dessen, der „einst ihr Schrecken“ war, nicht in lauten Triumph ausarten kann; Merab, von der Grausamkeit ihres Vaters vor kurzem noch angeekelt, kann ihre Blutsverwandtschaft nicht leugnen und empfindet nun doch Trauer; David gedenkt zuerst des tapferen Jonathan, seines Bruders, gönnt dann aber auch Saul einen ehrenden Satz; Michal lobt Jonathans Sohnespflicht, die er trotz der Haßgefühle des Vaters nicht vergaß, sie ruft die Töchter Israels auf, um Saul zu klagen, da seine starke Hand ihnen Wohlstand brachte.


    Nach diesen persönlich gefärbten Klagegesängen verbinden sich die Solisten mit dem Vollchor, um den Tod des beliebten Jonathan zu beklagen - Saul ist jetzt kein Thema mehr. Nur der Hohe Priester, der das Volk aufruft, alles Klagen einzustellen, erwähnt den Verlierer noch einmal - indem er klar und eindeutig feststellt, Saul habe den Thron durch eigene Missetaten verloren, aber David werde das Königtum wieder zu neuem Glanz emporheben. Mit dem durch helle C-Dur-Fanfaren glänzenden Chorsatz „Gird on thy sword, thou man of might, pursue thy wonted fame“ (Gürt um dein Schwert, du Mann der Schlacht, voran zu kühnem Streit), der mit fugierten Einschüben zu einem hymnischen Schluß findet, schließt Händel das Oratorium ab.



    INFORMATIONEN ZUM WERK


    Charles Jennens bezeichnete SAUL im Originaltextbuch von 1738 „An Oratorio or Sacred Drama"; Händel vertonte das Libretto in der Zeit vom 23. Juli bis zum 27. September 1738. Aus dem Autograph ist ersichtlich, daß die Komposition in Händels gewohntem Arbeits-Rhythmus vonstatten ging, die Ausarbeitung einschließlich der Instrumentierung ihm aber offensichtlich große Schwierigkeiten bereitete, da es ungewöhnlich viele Streichungen und Abänderungen aufweist.


    Nachdem „Xerxes“ 1737 trotz einer Starbesetzung kein Erfolg war, die kommende Opern-Saison durch mangelnde Subskriptionen ein Fiasko zu werden drohte, wandte sich Händel endgültig dem englischen Oratorium zu. SAUL ist sozusagen der Wendepunkt in dieser Entwicklung, zumal die alttestamentlichen Sujets beim Publikum großen Anklang fanden.


    Für sein Libretto stützte sich Charles Jennens (1700-1770) nicht nur auf die beiden Bücher Samuel (1. Samuel 18-20, 28, 31 und 2. Samuel 1), sondern auch auf „The Tragedy of King Saul“ von Roger Boyle und die „Davideis“ von Abraham Cowley. Jennens hatte den Text bereits drei Jahre vorher Händel zukommen lassen, der ihn aber erst einmal unbeachtet ließ, sich jetzt jedoch mit Feuereifer seiner annahm. SAUL wurde erstmals am 16. Januar 1739 unter Händels Leitung im königlichen Theater am Haymarket aufgeführt. Die „Daily Post“ berichtete von einem zahlreichen und vornehmen Publikum, daß das Werk mit viel Beifall begrüßt habe.


    Für das neue Werk hatte sich der Komponist eine effektvolle Instrumentation ausgedacht, die in einigen Punkten Erstaunen hervorrief: Zu den zwei Trompeten kommen noch drei Posaunen, die den Auftritten des Königs Saul majestätisches Gepränge verleihen sollen; außerdem ließ er sich für 500 Pfund eine neue Orgel bauen und lieh sich aus dem Tower die großen Kesselpauken aus, die eine Oktave niedriger gestimmt waren, als die normalen Orchester-Pauken. Was allerdings noch mehr beeindruckte, war ein bis dahin noch weitgehend unbekanntes Instrument, das Jennens in einem Brief an einen Bekannten folgendermaßen beschrieb:


    Händel hat mehr Grillen im Kopf als je zuvor. Gestern fand ich in seiner Wohnung ein äußerst merkwürdiges Instrument vor, das er Carillon nennt, und er sagt, manche heißen es Trumscheit, ich nehme an, weil es sowohl im Aufbau und im Klang einem Satz von Hämmern gleicht, die auf Ambosse schlagen. Es wird mit Tasten gespielt wie ein Cembalo, und mit Hilfe dieses zyklopischen Instruments möchte er den armen Saul in den Wahnsinn treiben.


    Zumindest die Annahme, Saul werde durch die Musik mit „dem zyklopischen Instrument“ in den Wahnsinn getrieben, ist arg übertrieben...


    © Manfred Rückert für Tamino-Oratorienführer 2012
    unter Hinzuziehung folgender Quellen:
    Libretto
    Oratorienführer von Pahlen, Oehlmann, Scheibler/Evdokimova
    Hans Joachim Marx: Händels Oratorien, Oden und Serenaten. Vandenhoeck & Ruprecht

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    MUSIKWANDERER

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  • Händels SAUL ist beim Tamino-Werbepartner in etlichen Einspielungen erhältlich, eine Auswahl hier:



    mit Dietrich Fischer-Dieskau, Anthony Rolfe Johnson, Paul Esswood und Julia Varady; Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt


    mit Andreas Scholl, Nancy Argenta, Mark Padmore, Susan Gritton, Neal Davies; Gabrieli Consort & Players, Paul McCreesh


    mit Yorck Felix Speer, Team Meed, Maximilian Schmitt; der Dresdner Kammerchor und das Dresdner Barockorchester und der Leitung von Hans-Christoph Rademann


    mit Kirsten Blaise, Elizabeth Keusch, DanielTaylor, Norman Shankle und Markus Eiche; die Gächinger Kantorei Stuttgart, das Bach-Collegium Stuttgart, Leitung Helmuth Rilling


    mit Stephan MacLeod, David Cordier, Barbara Schlick, Claron McFadden, Knut Schoch, Marcel Beekman,und Gotthold Schwarz; Junge Kantorei, Barockorchester Frankfurt; Leitung Joachim Carlos Martini


    mit Nacy Argenta, Michael Chance, Stephen Varcoe, Laurie Reviol, Richard Berner und Steffen Baibach; der Kammerchor Maulbronn, die Hannoversche Hofkapelle, Jürgen Budday


    mit Gregory Reinhart, Matthias Koch, John Elwes, Simone Kermes, Johannes Kalpers; der Kammerchor Köln, das Collegium Cartusianum, Leitung Peter Neumann


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  • Saul (HWV 53)
    Oratorium in drei Akten
    von Georg Friedrich Händel.
    Das Libretto stammt von Charles Jennens, der sich auf die Bücher Samuel (1 Sam 18-20,28,31, 2 Sam 1) stützte.
    Die Uraufführung fand am 16. Januar 1739 im King's Theatre am Haymarket in London statt.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)