MENDELSSOHN-BARTHOLDY, Felix: ELIAS


  • Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847):


    ELIAS
    Oratorium nach Worten des Alten Testaments in zwei Teilen für Soli (SSATTB), Chor, z.T. doppelchörig (SATB) und Orchester, op. 70 (MWV A 25)


    Uraufführung am 26. August 1846 in Birmingham


    DRAMATIS PERSONAE


    Der Prophet Elias, Baß
    Die Witwe, Sopran
    Obadjah, Tenor
    Der König Ahab, Tenor
    Die Königin, Alt
    Ein Knabensopran


    Die Ereignisse sind im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts v.Chr. angesiedelt.



    INHALTSANGABE


    Erster Teil


    Der Fluch des Elias
    Der Beginn des Oratoriums ist ungewöhnlich: Nach vier ernst-düsteren d-Moll-Klängen des tiefen Blechs verkündet der Prophet Elias eine lange Trockenheit, die erst durch sein Wort nach drei Jahren enden werde. Noch ungewöhnlicher ist der von Mendelssohn hier angewandte Tritonus-Intervall (der „diabolus in musica“) auf dem Höhepunkt seiner Prophezeiung. Dieser Melodieschritt der verminderten Quinte (oder der übermäßigen Quarte) wurde noch bis in die Zeit der Klassiker strengstens gemieden, hat hier nicht nur tonmalerischen Charakter, sondern verschärft den Fluch des Propheten mit musikalischen Mitteln.


    Erst danach setzt die fugierte Ouvertüre ein, die durch ihre monotone Ausdruckslosigkeit auf den Hörer wie das musikalisch manifestierte Bild von Dürre und Trockenheit wirkt.


    Klage, Gebet und Verheißung
    Unmittelbar aus diesem Vorspiel geht die Chor-Klage um die verlorene Ernte hervor, die das Volk mit der Bitte um Hilfe verbindet: „Hilf, Herr! Willst du uns denn gar vertilgen?“ Dieses Flehen wird von zwei Sopranen als Gebet in typisch Mendelssohnscher Schlichtheit übernommen: „Zion streckt ihre Hände aus, und da ist niemand, der sie tröste.“


    Der fromme Obadja ruft die Kinder Israels inständig zur Reue auf: „Zerreißet eure Herzen, nicht eure Kleider“ um dann in seiner bekenntnishaften Arie (solistisch von Klarinette, Flöte und Fagott getragen) „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“ seine schwärmerische Gottessehnsucht auszudrücken, wie er aber auch um die vom Höchsten angebotene Hilfe weiß: Wer Ihn sucht, der wird Ihn auch finden. Doch das Volk läßt sich nicht beruhigen, es klagt verzweifelt über Jehovahs Fluch in einem wilden Chorsatz („Aber der Herr sieht es nicht, er spottet unser“) mit heftigen Sforzati-Schlägen, die man als Hilfe-Schreie deuten kann - und auch hier erklingt wieder mehrmals der Tritonus-Intervall. Doch so dramatisch der Chorsatz in c-Moll begann, so ruhig klingt er, jetzt nach C-Dur aufgehellt, aus, das Bild eines zürnenden dem eines gnädigen Gottes gegenüberstellend:


    „Denn ich, der Herr, dein Gott, ich bin ein eifriger Gott,
    der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern
    bis ins dritte und vierte Glied derer, die mich hassen.
    Und tue Barmherzigkeit an vielen Tausenden,
    die mich liebhaben und meine Gebote halten.“


    Wunder der Erweckung
    Ein Engel erscheint dem Propheten Elias und fordert ihn auf, das ausgedörrte Land zu verlassen und sich an den Bach Crith zu begeben, dort werden ihn von Gott gesandte Raben mit Brot versorgen. Diesem Rezitativ folgt eines der bedeutendsten Stücke des Werkes: ein Doppelquartett der Engel, mal homophon, mal in imitierendem Satz vertont: „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir“- das bei Aufführungen immer wieder einen bleibenden Eindruck hinterläßt.


    Aber der Bach Crith bietet Elias nicht lange Schutz; als das Wasser auch hier versiegt, weist der Engel den Propheten nach Zarpath, wo eine Witwe ihn auf Gottes Geheiß versorgen werde, bis die Dürre vorbei ist. Der rezitativische Willkommensgruß der Witwe für den Gottesmann zeigt sie zwar als gottesfürchtige Frau, aber auch als eine niedergeschlagene Mutter, die um ihren toten Sohn trauert. Ihre Bitte um Hilfe kann Elias nicht überhören; er wendet sich betend an Gott und der Allmächtige hilft dem Propheten, der den Toten ins Leben zurückruft. Diese Szene bettet Mendelssohn in ein dramatisches Duett, das sowohl die Klagen der Witwe als auch das Gebet des Elias mit dem mütterlichen Dank großartig zu verbinden vermag.


    Ein froher Lobgesang „Wohl dem, der den Herren fürchtet und auf seinen Wegen geht“, erhält seinen charakteristischen Klang durch rollende Sechzehntelfiguren der Violoncelli. Er setzt fugenmäßig zunächst in der gleichen Tonart mit Sopran und Tenor ein, denen Alt und Baß auf der Quinte folgen. Der Mittelteil dieses Satzes, „Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis“, holt melodisch weiter aus, ohne die harmonisch-klassische Tonartenfolge zu beachten: Der jeweils letzte Ton des aufsteigenden Dreiklangthemas bildet den ersten Ton des neuen Einsatzes - ein Ausdruck für romantisch-religiöse Zuversicht in reinem G-Dur.


    Das Wunder des Feuers
    Die Ruhe, die der letzte Chor vermittelte, wird nun durch die dramatische Hauptszene des Oratoriums abgelöst: Elias findet nach drei Jahren Verborgenheit den Weg zurück in die Welt und kündigt nicht nur das Ende der Trockenheit an, sondern will sich vor König Ahab begeben, um ihn des Abfalls von Jehovah anzuklagen. Seine rezitativische Rede wird von schweren Bläserakkorden begleitet, hier von c-Moll nach Es-Dur wandernd und abermals mit dem Tritonus-Intervall die Symbole prophetischer Würde des Elias malend.


    Vor dem König stehend, wird aber zunächst Elias vom Herrscher der Volks-Verwirrung angeklagt. Doch Elias weist diese Beschuldigungen ruhig zurück und gibt stattdessen ihm und seinem Herrscherhaus die Schuld für das über Israel hereingebrochene Unheil. Die Abwendung von Gott und Zuwendung an den heidnischen Baalskult hat Jehovah erzürnt und muß nun entschieden werden. Elias fordert, der König solle das Volk und die Baalspriester auf dem Berg Carmel versammeln; dort sei ein Brandopfer vorzubereiten, aber kein Feuer anzulegen. Wer nun der wahre Gott sei, werde durch die Anrufung der Baalspriester auf der einen, und den wenigen Jehovah-Priestern auf der anderen Seite entschieden: Der Gott, der das Feuer entzünde, solle dann als wahrer Gott anerkannt und angebetet werden. Eine Szene von großer, dramatischer Wucht, die in jeder Oper einen ersten Platz hätte.


    Zunächst rufen die Baalspriester mit antiker Feierlichkeit zu ihrem Götzen; dem Männerchor, von Hörner und Posaunen begleitet, gesellen sich auch Frauenstimmen zu, um sich schließlich zu einem achtstimmigen, gewaltigen Tutti zu vereinen. Plötzlich wird aus dem rituellen Pathos ein erregter Allegrosatz, der zwischen Dur und Moll schwankt, weil sich Baal nicht rührt. Elias höhnt, man möge doch lauter rufen, denn Baal dichte vielleicht oder sei auf dem Felde oder schlafe gar. So angestachelt werden die Baalspriester immer wilder, Fanfarenstößen gleich rufen sie nach ihrem Gott - in dissonanzenreichem fis-Moll vertont - doch Baal bleibt stumm; seine Ohnmacht wird durch zwei Generalpausen symbolisiert.


    Nun kommt der Triumph des Elias: Mit einem Adagio, das mehrmals vom Grundton um eine Dezime absinkt, sich dann wieder in gleichmäßigen Schritten zur Dominante erhebt, wendet er sich betend an Jehovah:

    „Herr Gott Abrahams, Isaaks und Israels,
    lass heut kund werden, dass du Gott bist und ich dein Knecht.“


    Bevor sich aber der Gott Israels als Sieger in diesem denkwürdigen Wettstreit erweisen kann, wird ein Soloquartett als retardierendes Element eingeschoben: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn“ ist Musik von warmer Innigkeit, das durch gehaltene Bläserakkorde fast schon Volksliedcharakter annimmt.


    Elias ergreift wieder das Wort und fleht zu Gott, Feuer vom Himmel zu schicken - und das Wunder geschieht. Der Hörer erlebt es wegen des fehlenden Bühnenbildes nur als eine Reflexion: Mendelssohn schildert das Geschehen in einem e-Moll-Satz (in dem die Melodie um einen Tritonus aufwärts springt), das beim Volk Erstaunen auf das Feuerwunder auslöst. Am Ende, zu den Zeilen „Der Herr, unser Gott, ist ein einiger Herr, und des sind keine anderen Götter neben ihm“, wird aus dem Gesang ein feierlicher Choral.


    Kaum, daß der Feuerzauber zu Ende ist, wendet sich Israel geschwind wieder seinem Gott zu, und Elias beweist durch sein Handeln, daß dieser Gott ein strafender ist:


    „Greift die Propheten Baals, daß ihrer keiner entrinne,
    führt sie hinab an den Bach und schlachtet sie daselbst!“


    Diesen Aufruf zu einem Autodafé folgt das Volk nur zu gerne und mit den Worten des Propheten stürzen sie sich auf die Götzenpriester und vollziehen das Gottesurteil. Des Elias dunkle Seite wird in seiner anschließenden a-Moll-Arie noch wesentlich deutlicher:


    „Ist nicht des Herrn Wort wie ein Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt? (...) Gott ist ein rechter Richter, und ein Gott, der täglich droht, will man sich nicht bekehren,
    so hat er sein Schwert gewetzt, und seinen Bogen gespannt und zielet!“


    Auch in diesem wild auffahrenden Stück setzt Mendelssohn an markanten Stellen wieder den (melodisch aufwärts führenden) „diabolus in musica“ ein. Aber unabhängig von dieser auffälligen (weil leitmotivisch eingesetzten) musikalischen Struktur verlangt die Arie vom Solo-Bass enorme stimmliche Fertigkeiten, da nicht nur Spitzentöne zu singen sind, sondern am Ende des Satzes die Melodie ohne begleitendes Orchester über anderthalb Oktaven geführt wird.


    Dann wird ein Arioso für den Alt eingeschoben - es ist Gott selber, der sich über das wankelmütige Israel beklagt, es hat sich lügnerisch von ihm abgewandt und muß bestraft werden: Zweimal ruft die Stimme drohend „Weh ihnen!“


    Das Wunder des Regens
    Obadja wendet sich an den Propheten mit der Bitte um ein zweites Wunder. Er solle doch Gott bitten, endlich den dringend benötigten Regen zu schicken. Und Elias fleht Jehovah an, die Not zu beseitigen, vom Volk in seinem Gebet unterstützt. Dann schickt Elias einen Knaben zum Meer, zu schauen, ob der Herr sein Gebet erhört habe. Dreimal verneint das Kind, wobei ein leiser, ausgehaltener C-Dur-Akkord der Holzbläser die atemlose Spannung versinnbildlicht; dreimal ruft Elias flehend seine Bitte um Regen zum Himmel empor. Plötzlich, durch arpeggierende Läufe in den Violen leise angedeutet, kommt Wind auf und nach mächtigen Akkorden der Hörner und Posaunen sieht der Knabe das Nahen einer Wolke. Mendelssohn komponiert dieses Bild mit schnell anwachsendem Orchestertremolo und löst unmittelbar darauf einen Freudenchor aus, dessen Worte „Danket dem Herrn“ von Elias (wieder mit einem fallenden Tritonus) aufgegriffen werden. Auch den Regen malt Mendelssohn tonmalerisch mit Triolenfiguren in den Streichern. Darauf folgt der Schlußchor des ersten Teils, der durch dissonanzenreiche Akkorde in den Chorstimmen, aber auch rollende Begleitung in den Orchesterstimmen die jubelnde Freude verdeutlicht:


    „Dank sei dir Gott, du tränkest das durst’ge Land!
    Die Wasserströme erheben sich, sie erheben ihr Brausen.
    Die Wasserwogen sind groß und brausen gewaltig.
    Doch der Herr ist noch größer in der Höhe.“


    Zweiter Teil


    Mahnung und Zuspruch
    Eine kontemplative Sopran-Arie steht am Anfang: „Höre, Israel, höre des Herrn Stimme“ - eine schlichte h-Moll-Melodie, von Klarinetten, Flöten und Oboen begleitet, die zu den schönsten musikalischen Eingebungen Mendelssohns zählt. Sie enthält als beschwörende Forderung die mehrmals wiederholte Formel „Ach, daß du merktest auf sein Gebot!“ Im Rezitativ wird angekündigt, daß Gott nun selber zu den Menschen sprechen wird:


    „Ich bin euer Tröster. Weiche nicht denn ich bin dein Gott!
    Ich stärke dich! Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen fürchtest,
    die doch sterben? Und vergissest des Herrn, der dich gemacht hat,
    der den Himmel ausbreitet und die Erde gegründet.
    Wer bist du denn?“


    Gottes Trostworte nimmt der Chor des Volkes in einem majestätischen Satz, der zwischen e-Moll und G-Dur pendelt und in eine dissonanzenreiche Fuge mündet, dankend auf: „Fürchte dich nicht, spricht unser Gott!“


    Bedrohung und Rückzug des Elias
    Mit dem Auftritt des Propheten vor dem König wird die Handlung weiter fortgesetzt. Als Elias Ahab vor dem versammelten Volk der Götzendienerei beschuldigt, schaltet sich die Königin wütend ein und hetzt die Menge gegen Elias auf. Und das Volk läßt sich gerne in die Rolle des rasenden Mobs drängen, denn es verlangt nach den Anklagen der Königin wie diese ebenfalls den Tod des Propheten. Der Realismus dieses Chorsatzes („Wehe ihm, er muss sterben“) äußert sich wieder mit dissonanzenreichen, fugierten Stimmeneinsätzen und wilden Orchesterfiguren.


    Obadja bringt mit seinem ariosen A-Dur-Rezitativ etwas Ruhe in die Dramatik des Handlungsablaufs. Er rät Elias, in die Wüste zu fliehen; dort werde Gott mit ihm sein. Elias nimmt diesen Ratschlag an und zieht sich zurück. Seine fis-Moll-Arie „Es ist genug“, von sanften Celli-Klängen begleitet, ist wiederum eines der herausragenden Stücke in diesem Oratorium. Innigkeit, gepaart mit einer sanften Resignation wegen der vergeblichen Mühen um die Besserung des Volkes Israel, gleichzeitig aber die Erkenntnis verbreitend, daß es im Jenseits besser ist, läßt einen Propheten wahrnehmen, der sich zu den Vätern begeben will.


    Nach dieser erschütternden und aufwühlenden Arie erklingen abermals berückend-innige Weisen, die zum Besten gehören, was Mendelssohn jemals geschrieben hat: Das Zuversicht verströmende A-capella-Terzett der Engel „Hebe deine Augen auf “, der Chor „Siehe der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht“, die Alt-Arie „Sei stille dem Herrn“ (eine der meistgesungenen Arien der Oratorienliteratur) und der schlichte Chorsatz „Wer bis an das Ende beharrt“ sind hervorragende Beispiele für Mendelssohns Musiksprache und romantische Religiosität. Diese Musikstücke können alle volksliedhaften Rang beanspruchen.


    Die Gotteserscheinung
    Dem zweifelnden und verzweifelten Elias befiehlt ein Engel, auf den Horeb zu steigen, sein Antlitz zu verhüllen, da sich ihm der Herr nahen werde. Und diese Begegnung, die als Erfüllung von Elias' Leben gelten darf, wird chorisch tonmalerisch-farbig berichtet:

    „Der Herr ging vorüber, und ein starker Wind, der die Berge zerriss und
    die Felsen zerbrach, ging vor dem Herrn her, aber der Herr war nicht im Sturmwind.
    Der Herr ging vorüber, und die Erde erbebte, und das Meer erbrauste,
    aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer,
    aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen.
    Und in dem Säuseln nahte sich der Herr.“


    Eine musikalische Zeichnung von aufrüttelnder Visionen: Den felsenspaltenden Sturm, das tobende Meer, die bebende Erde. Der zunächst dreifach ansetzenden Schilderung - in stark anschwellenden e-Moll-Harmonien des vollen Orchesters mit Blechbläsern - folgt die von flüsternden Streicherfiguren getragene E-Dur-Schilderung der Erscheinung Gottes in „sanftem Säuseln“.


    Dann, nach einem kurzen Alt-Rezitativ, das die Seraphim ankündigt, singen die Engel in reinem C-Dur, von Bläserharmonien untermalt, das Gotteslob: „Heilig ist Gott der Herr“. Ein Männerchor, dem sich in den letzten Takten auch die Soprane und Alte zugesellen, fordert Elias rezitativisch auf, den Berg Horeb zu verlassen, um nochmals den Kampf gegen die Götzendienerei aufzunehmen - noch haben sich nämlich „siebentausend“ nicht dem Baalskult gebeugt und bedürfen der Aufmunterung. Und der von Gott gestärkte Elias geht diesen Weg gehorsam, sich in einem schlichten Arioso äußernd „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen“.


    Die Himmelfahrt des Elias
    In einer Art Ballade schildert der dunkle f-Moll-Chor „Und der Prophet Elias brach hervor wie ein Feuer, und sein Wort brannte wie eine Fackel“ den letzten wütenden Einsatz im Namen Gottes über das abtrünnige Volk. Die plötzlich einsetzende Fanfare des Orchesters leitet über zur Darstellung der Himmelfahrt des Propheten: Ein „feuriger Wagen mit feurigen Rossen“ entrückt Elias mit lichtem A-Dur-Klang in den Himmel. Für immer den irdischen Bereich verlassend, hat der Mann Gottes seine Aufgabe erfüllt und wird mit der Tonartenfahrt von d-Moll über C-Dur nach Es-Dur in die Ewigkeit entrückt.


    Erlösung und Ankündigung
    Den Schlußteil kann der Hörer eigentlich nur als einen Anhang werten, denn die vorherige dramatische Szene mit der Himmelfahrt des Elias läßt kaum eine weitere Steigerung zu. Aber Mendelssohn wirft einen Blick in die Zukunft, dabei Gedanken seines Librettisten aufgreifend: Des Elias Werk wird von einem viel Größeren vollendet werden, dem Messias. Die Tenor-Arie „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich“ gibt einen ersten Hinweis auf eine Ewigkeit ohne Trauer; der Sopran erinnert rezitativisch noch einmal an den göttlichen Auftrag des Elias, das Herz der Väter zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu den Vätern zu bekehren, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt; der Chor weiß es noch genauer: Da kommt ein Auserwählter, an dem „seine Seele ein Wohlgefallen“ haben wird, auf dem der „Geist der Wahrheit und des Verstandes, des Rats, der Stärke, der Erkenntnis und der Furcht des Herrn“ ruht. Und zu diesem sollen alle Durstigen kommen, lautet die Quintessenz eines Quartettsatzes.


    Der Schlußchor „Aber einer erwacht von Mitternacht“ verkündet, daß die Herrlichkeit Gottes alle Gläubigen zu sich nehmen wird, ehe dann die Musik zu den Worten „Herr unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen“ in eine kräftige Fuge mündet, die in strahlendem D-Dur noch einmal das Lob Gottes breit aussingt und das Oratorium beschließt.



    INFOMATIONEN ZUM WERK


    Felix Mendelssohn-Bartholdy hat uns drei Oratorien hinterlassen: Paulus, ELIAS und das unvollendet gebliebene Christus-Oratorium. 1836 wurde zunächst „Paulus“ mit großem Erfolg in Düsseldorf auf dem Rheinischen Musikfest uraufgeführt. Dadurch kam sofort der Gedanke an ein neues Oratorium auf und nach einem Briefwechsel mit seinem Jugendfreund Klingemann fiel bald die Entscheidung für die biblische Prophetengestalt des Elias.


    Nach der gemeinsamen Erarbeitung eines Grundkonzepts begann Klingemann alsbald mit der Ausarbeitung des Textes, arbeitete nach Mendelssohns Meinung aber zu langsam. Der Komponist betraute daraufhin den Pfarrer Julius Schubring mit der Aufgabe, das Libretto zu vollenden. Aber zwischen den beiden traten auch schon nach kurzer Zeit Differenzen über die inhaltliche Ausrichtung zu Tage: Schubring wollte einen deutlicheren Ausblick auf das neue Testament mit einem Auftritt von Christus am Ende des Werkes, Mendelssohn dachte jedoch eher an die dramatischen Aspekte und es kam zum erneuten Abbruch der Arbeit.


    Als Mendelssohn 1845 eine Einladung zum Musikfest im englischen Birmingham erhielt und sich nochmals mit Pfarrer Schubring wegen des ELIAS in Verbindung setzte, war dieser nunmehr bereit, ohne weitere Diskussionen den Text zu vollenden. Am 26.August 1846 leitete Mendelssohn selber die Uraufführung des Werkes, die ein umjubelter Erfolg wurde.


    Grundlage des Handlungsablaufs ist die alttestamentliche Schilderung über den Propheten Elias im 1. und 2. Buch der Könige, der, obwohl über ihn kein eigenes biblisches Buch bekannt ist, zu den bedeutendsten Prophetengestalten der Bibel gehört. Wie Moses wird auch Elias geachtet und verehrt. Beiden wichtigen Gestalten des AT verbindet nicht nur die Gottesbegegnung am Berg Horeb, sondern beide haben auch das Volk vor jeglichem Irrglauben bewahren wollen.


    Elias (zu deutsch „Mein Gott ist Jahwe“) soll aus Tisbe in Gilead stammen und trat unter den Königen Ahab (871-852 v.Chr.) und Ahasja (852-851 v.Chr.) als Prophet auf. Unter Ahab verbreitete sich mehr und mehr die kanaanäische Baalsreligion, die vor allen Dingen durch seine kanaanäische Frau Isebel stark gefördert wurde. Dagegen stand Elias mit allen Mitteln auf, da er in dem Götzenglauben eine Bedrohung für den „wahren Gott Jahwe“ sah. Baal war ein Wetter- und Regengott, der jeden Herbst von Todesgöttern besiegt und in jedem Frühjahr durch seine Frau, die Göttin Astarte, wieder zu Macht kam; das typische Tier seines Kults ist der Stier.


    Um dem Werk Geschlossenheit zu verleihen, hat Mendelssohn bewußt die Tonarten in die Gesamtkonzeption mit einbezogen: C-Dur steht für das Erscheinen des Göttlichen z. B in der Engel-Arie „Sei stille dem Herrn“ oder in den „Heilig“-Rufen nach der Erscheinung Gottes. Vorangestellt ist das „Eliasmotiv“, das aus der d-Moll-Kadenz der Bläser und dem folgenden zur Oktave aufsteigenden Molldreiklang besteht. Wenn es erklingt, erscheint der Prophet als Beauftragter seines Gottes. Das „Fluchmotiv“ erscheint als Folge von drei absteigenden verminderten Quinten, dem „diabolus in musica“. Dieser Tritonus steht in der Figurenlehre für Sünde, Falschheit und Tod, im ELIAS für den von ihm angekündigten Dürre-Fluch des Herrn. Im Schlußchor wendet sich der Tritonus auf die Worte „und die Herrlichkeit des Herrn“ um in eine aufsteigende Figur als Überwindung des Fluchs. Wenige Takte vor dem Ende erscheint im Chorbaß noch einmal die ursprüngliche fallende Figur auf dem Wort „Amen“.


    © Manfred Rückert für Tamino-Oratorienführer 2012
    unter Hinzuziehung folgender Quellen:
    Klavierauszug
    Oratorienführer von Oehlmann, Pahlen, Leopold und Harenberg
    Martin Geck: Felix Mendelssohn-Bartholdy, Rowohlt-Verlag

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    MUSIKWANDERER

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  • Natürlich haben unsere Werbepartner auch Mendelssohns geniales Oratorium in vielen Einspielungen im Angebot; einige davon seien hier vorgestellt:


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    MUSIKWANDERER


  • In dieser Box von Intense Media ist auch ein Elias (Elijah) versteckt: die Decca-Einspielung unter Josef Krips mit Jacqueline Delman (Sopran), Norma Procter (Alt), George Maran (Tenor) und Bruce Boyce (Bariton), dem Hampstead Parish Church Boys’ Choir, dem London Philharmonic Choir und dem London Symphony Orchestra. Die in der Kingsway Hall entstandene Aufnahme in englischer Sprache von 1954 markiert das Ende der segensreichen Mono-Ära. Sie galt über Jahrzehnte als Maßstab und Referenz für dieses Chorwerk. Generationen haben damit Zugang zu Mendelssohn gefunden. Wer auf sich hielt, hatte schon die Schallplatten im Schrank. Es dürfte die erste Gesamtaufnahme gewesen sein, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gelangte, wo Mendelssohn während des Nationalsozialismus geächtet war. Inzwischen ist die Zahl der Einspielungen nicht mehr zu zählen, die Krips-Deutung voller Innigkeit und Schwung und Größe in den Chören hat ihre Einmaligkeit bewahrt.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Felix Mendelssohn Bartholdy
    Elias
    Höhepunkte


    Arleen Auger, Sopran
    Mira Zakai, Mezzosopran
    Werner Hollweg, Tenor
    Bernd Weikl, Bass


    Berliner Konzertchor
    The Scottish Choir
    Zamir Chorale Jerusalem
    Neve Shir Choir


    Jerusalem Sinfonie-Orchester
    Dirigent: Gary Bertini


    2. September 1982
    Freiluftkonzert in der Jerusalemer Altstadt
    Koproduktion des ZDF mit dem Israelischen Fernsehen
    Gesendet am 12. Mai 1983 (Himmelfahrt) im ZDF
    Überspielt von LP, herausgegeben vom ZDF



    Kennt jemand die gesamte Aufführung aus dem ZDF?


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent