Franz Schubert – Kunstlieder modifiziert, arrangiert, manipuliert und verziert

  • Das Problem ist meines Erachtens kein anderes als bei der Verfilmung eines Romanstoffes oder bei der Orchestrierung eines Klavierstücks. Ravels Version der "Bilder" ist berühmter geworden als das Original. Welche Nachteile oder Vorteile diese Version gegenüber dem Original hat, wird man diskutieren dürfen oder müssen. Naturgemäß muss aber der Ausgangspunkt jeder Diskussion das Original als die gültige Größe bleiben - vorausgesetzt, es gibt ein solches, das man als geschlossenes Kunstwerk zu umreißen vermag. "Traditionals" wie "Greensleeves" oder die berühmte sogenannte "späte Folia" stellen dann eher Verfügungsmasse dar.


    Wie ich oben angedeutet habe, will Zender seine Bearbeitung als eine "Interpretation" verstanden wissen. Er wendet demzufolge andere Mittel der Verdeutlichung an, über die man wiederum diskutieren darf oder muss und die per se das Original zu respektieren haben.


    Ich verstehe Helmut Hofmanns Bedenken - es sind, solange ich mich mit Musik beschäftige, immer wieder auch meine gewesen. Altersweisheit ;) hat mich aber zunehmend dazu veranlasst, mir hierbei einen inneren Ruck zu gönnen und unbefangener zu reagieren.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Oh! Meine liebe SchallundWahn, da hast Du jetzt aber richtig Bewegung in diesen Thread gebracht

    Man tut, was man kann :D ...ich habe fast geahnt, dass meine Erwähnung auf negatives Echo stoßen würde.



    Das hat mit Schubert nichts zu tun. Das ist musikalischer Klamauk!


    Schuberts Erlkönig ist ein sich in der musikalischen Innerlichkeit ereignendes Lied. Ganz Goethes Ballade gemäß.

    Nun ja Klamauk, ist vielleicht etwas streng, sei's drum. Das mit der Innerlichkeit stimmt in jedem Fall und ich würde es auch jederzeit unterschreiben, ebsno die Nähe zu Goethes Absicht. Ich finde, dieses Lied ja auch so wunderbar, wie es ist, die Berlioz Orchestrierung stellt für mich keine Verbesserung dar (soll sie bestimmt auch nicht sein), auch keine Alternative, sondern eine Art Ergänzung in dem Sinne, dass ich das auch mal goutieren kann. Wie gesagt, ist sie sicher überdramatisierend und theatralisch, plakativ, also das Gegenteil von Schberts Innerlichkeit, aber ich gestehe ihr ein Existenzrecht zu, denn sie macht mir ab und zu richtig Spaß (aber das soll man bei Liedern anscheinend nicht haben).
    Um dem noch einen drauf zu setzen, hier eine Version (in der gleichen Orchestrierung), auf Französisch und auch noch mit verschiedenen Sängern besetzt, es wird quasi zum Monodrama :



    ^^

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Um dem noch einen drauf zu setzen, hier eine Version (in der gleichen Orchestrierung), auf Französisch und auch noch mit verschiedenen Sängern besetzt, es wird quasi zum Monodrama


    Natürlich habe ich diese französische Aufnahme auch in meiner Sammlung, aber dies sollte man wirklich nur als abschreckendes Beispiel verwenden.


    Man kann hier selbstverständlich solche Kuriositäten einstellen, weil es zum vorgegebenen Thema gehört. Mir geht es jedoch eher darum, Hinweise für bestimmte Aufnahmen im Sinne dieses Threads zu geben und diesen Hinweisen Informationen hinzuzufügen, die man normalerweise nur dann zur Verfügung hat, wenn man diese CDs auch besitzt. Die Angaben der Anbieter sind mir nämlich oft zu dürftig, denn nicht jeder im Klassik-Kunstliedforum kann – um ein Beispiel zu wählen – wohl etwas mit einer Winterreise mit dem Interpreten Yuri Honing anfangen.

  • Jede Modifizierung hat ein ihr zu Grunde liegendes Motiv, so soll beispielsweise die Wiedergabe von Schubertliedern mit Gitarrebegleitung jene neugierig machen und zum Kauf der CD verleiten, deren Archiv mit "üblichen" Aufnahmen bereits übervoll ist.
    Liszts Bearbeitungen von Schubertliedern war eine Zeiterscheinung: Vor der Einführung der Schallplatte war es kaum möglich die Lieder daheim zu hören - von Leuten mal abgesehen, die über einen Salon verfügten und musikalische Abende mit Künstlern veranstalteten. Ein klavier hatte aber damals fast jeder bürgerliche Haushalt zur Verfügung. Und so konnte man Schuberts Lieder - in eingeschränkter Form - ebenso wie Beethovens Sinfonien am Klavier - daheim hören.
    Im Falle von Mussorgskis "Bildern einer Ausstellung" war die Instrumentierung so verlockend, dass sich immerhin mehrere Komponisten daran versuchten - oder aber waren einige mit der Instrumentierung nicht zufrieden (?) - In meinen Ohren ist dem Original - also der Klavierversion - in jedem Falle der Vorzug zu geben.
    Das gilt meiner Meinung nach auch uneingeschränkt für Schuberts Lieder. Sie bedürfen keiner Bearbeitung.....


    Insofern war auch mein (von Theophilus beanstandeter - weil vermutlich missverstandener - Einwand zu Verstehen: Während Lisst noch einen - wenn auch nicht unbedingt stichhaltigen "Vorwand" hatte - Schuberts Lieder für Klavier zu bearbeiten, so sehe ich persönlich im Falle Zender nur einen stichhaltigen Grund: Den eigenen Namen mit jenem Schubert im kollektiven Bewusstsein der Klassikgemeinde zu verknüpfen - und auf diese Weise Interesse bei einem Publikum zu erwecken, das man ansonst nicht erreichen würde. Zur Ehre Zenders sei indes gesagt, daß er sich mit Anstand der selbst auferlegten Aufgabe entledigt hat - und daß diese Methode quer durch die Jahrhunderte immer wieder praktiziert wurde - mit unterschiedlichem Erfolg und unterschiedlicher Qualität)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred Schmidts Beitrag hat mich dazu bewogen, mich doch hier noch einmal zu Wort zu melden. Das Stichwort "Liszt" war der Auslöser.


    Die Schubert-Lied-Transkriptionen stellen unter mehrerlei Gesichtspunkten einen Sonderfall dar: Aus spezifisch musikalischen und aus historischen. Was den zweiten Aspekt anbelangt, so ist ganz einfach festzustellen:


    Ohne Franz Liszt wäre Schubert über seinen Lebensraum hinaus, also deutschlandweit, mit großer Wahrscheinlichkeit erst viel später bekannt geworden. Insofern trug Liszt ganz wesentlich zum Ruhm des Liedkomponisten Schubert bei. In der "Neuen Zeitschrift für Musik" gibt Schumann einen höchst bezeichnenden Bericht:


    "Der Künstler gab noch eine Phantasie über Themas aus den >Hugenotten< (Meyerber), das >Ave Maria<, >Ständchen< und, auf Verlangen des Publikums, noch den >Erkönig< von Schubert." Hierbei handelte es sich eben um die Liszt-Transkriptionen, und es lässt erkennen, welche Wirkung diese im Zusammenhang mit der Verbreitung des Schubert-Liedes hatten. Liszt nahm diese ja auf seinen Konzertreisen mit, und sie waren gefragt und beliebt. Erst über seine Fassungen der Schubertlieder wurde der Komponist in Norddeutschland bekannt, wo man von ihm zuvor gar nichts wusste.


    Zu dem musikalischen Aspekt:
    Zwischen 1833 und 1846 komponierte Liszt 55 Klavierfassungen von Schubertliedern. Dabei ging er - was im einzelen noch zu untersuchen wäre - mit seiner Vorlage relativ frei um, wobei - nicht verwunderlich - der Apekt der Virtuosität eine große Rolle spielte. Wenn auch die musikalische Substanz und vor allem auch die Struktur der melodischen Linie im wesentlichen erhalten bleiben, so handelt es sich - in der Ablösung der Musikvom lyrischen Text - um Instrumentalwerke. Im Grunde entfalten sie ihre eigentliche Wirkung, die in einer Anreicherung des Liedes durch musikalisch deutende Aussagen im Klaviersatz besteht, erst dann, wenn man den jeweiligen Text kennt.

  • Während Lisst noch einen - wenn auch nicht unbedingt stichhaltigen "Vorwand" hatte - Schuberts Lieder für Klavier zu bearbeiten, so sehe ich persönlich im Falle Zender nur einen stichhaltigen Grund: Den eigenen Namen mit jenem Schubert im kollektiven Bewusstsein der Klassikgemeinde zu verknüpfen - und auf diese Weise Interesse bei einem Publikum zu erwecken, das man ansonst nicht erreichen würde.

    Wohl ein zweifaches Missverständnis!
    Liszt hat nicht für bürgerliche Haushalte komponiert sondern für seine Auftritte. Er hat das im Konzert gespielt, was er komponiert hat. Der Rest war positiver Nebeneffekt.
    Und für die Unterstellung, dass Hans Zender eine Bearbeitung eines Schubert-Werks nur aus dem einen Grund komponierte, um seinen Namen in der Klassikgemeinde aufzuwerten, versage ich mir die hierfür eigentlich notwendigen Adjektive...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich weiß nicht, wie groß Zenders Ehrgeiz und seine Reputation als Komponist in Avantgarde-Kreisen ist. Aber dass er für dieses Publikum seinen Ruf mit einer Schubert-Bearbeitung erheblich verbessern könnte, halte ich für ziemlich zweifelhaft. Ich glaube, dass bei fast jeder Bearbeitung das Aufwand/"Ehre"-Verhältnis erheblich schlechter ist als bei einer Originalkomposition.
    Ausnahmen wie Ravels "Bilder" bestätigen da nur die Regel.


    Wenn relativ berühmte Komponisten Werke noch berühmterer bearbeiten, geschieht das m.E. entweder aus praktischen Gründen (heute kaum mehr, aber durchaus noch bis in die 1930er) oder, heute sicher hauptsächlich, weil sie von dem Originalwerk begeistert sind und evtl. meinen, ihm damit mehr Wirkung beim Publikum o.ä. verschaffen zu können. (Das wäre natürlich bei einem so berühmten Werk wie der Winterreise heute nicht mehr nötig. Aber Schönberg nannte das zB als eine Motivation seiner Orchestrierung von Brahms g-moll-Klavierquartett.)
    Ich kenne Zenders Bearbeitung nicht, besitze aber die Von Otter/Quasthoff-CD mit Schubert-Orchestrationen (von Reger, Berlioz u.a.), die ich zugegeben lange nicht gehört habe.


    Ich halte aber Helmuts Anmerkungen, sofern ich sie richtig verstehe, für historisch unsensibel und ein wenig unfair gegenüber den Intentionen der Bearbeiter. Man kann hier wohl immer unterstellen, dass große Faszination für das Originalstück immer eine zentrale Motivation gewesen ist. Reger hatte kaum die Macht, alleine eine problematische Konzertpraxis zu ändern, in der einzelne Klavierlieder mit Orchesterwerken in einem Programm kombiniert wurden und dann entsprechend "untergingen". Da er selbst weit mehr Kammer- und Klavier- als Orchestermusik komponiert hat, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass Reger durchweg eine derart verkehrte Vorstellung von Liedern hatte.
    Ganz unabhängig vom ggf. fragwürdigen Ergebnis war seine Intention doch nicht Schuberts Klavierlieder zu "verbessern", sondern den Stücken überhaupt bessere Geltung zu verschaffen.


    Jedenfalls zeigt unser Unbehagen mit solchen Bearbeitungen Regers, Mahlers (Bach, Beethoven) oder Schönbergs (Bach, Brahms) wie verschieden unser heutiges Verständnis im Vergleich zu dem solch herausragender und durchaus traditionsbewusster Komponisten vor kaum 100 Jahren ist.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zit. Johannes Roehl: "Ich halte aber Helmuts Anmerkungen, sofern ich sie richtig verstehe, für historisch unsensibel und ein wenig unfair gegenüber den Intentionen der Bearbeiter."

    Unter Berücksichtigung der Argumentation von Johannes komme ich nicht umhin, dies zu akzeptieren. Ich beurteile nun einmal die Bearbeitungen auf der Grundlage des jeweiligen Originals, seiner spezifischen kompositorischen Faktur und der musikalischen Aussage, die sie für mich macht. Dabei bleiben die jeweiligen historischen Umstände der Entstehung der Bearbeitung und die Intentionen des Komponisten unberücksichtigt. Man kann das durchaus als "historische Unsensibilität" einstufen.


    Es wäre freilich dabei zu bedenken, ob solche subjektiv-intentionale und historisch-situative Faktoren in allen Fällen die Existenz solcher Bearbeitungen zu legitimieren vermögen. Nach wie vor meine ich, dass das Original der primäre und entscheidende Maßstab sein muss, und insbesondere die Frage zu beachten ist, ob es sich bei der Bearbeitung um eine kompositorische Auseinandersetzung mit dem Original, verbunden mit einem musikalischen Aussage-Plus, handelt ( wie das meines Ereachtens etwa bei Zender der Fall ist ) oder ob nur eine neue musikalische Verpackung vorliegt, die auf nichts anderes als den klanglichen Effekt abhebt.


    Um auf meinen vorangehenden Beitrag Bezug zu nehmen: Im Falle von Franz Liszt würde ich ebenfalls von einer kompositorischen Auseinandersetzung mit dem Schubertlied sprechen, - in der Form einer Transkription des Liedes in einen Klaviersatz unter Berücksichtigung der Vorgabe Schuberts und - das ist wichtig! - der eigenen Leseweise des lyrischen Textes. Liszt transkribiert nämlich nicht nur so einfach. Er rezipiert die Lieder Schuberts und ihre zugrundeliegenden lyrischen Texte kompositorisch auf seine ganz eigene Weise.

  • besitze aber die Von Otter/Quasthoff-CD mit Schubert-Orchestrationen (von Reger, Berlioz u.a.), die ich zugegeben lange nicht gehört habe.

    Die vom Johannes angesprochene CD mit Anne Sofie von Otter / Thomas Quasthoff und dem Chamber Orchestra of Europe unter Claudio Abbado soll hier mit der Darstellung sachlicher Aspekte kurz vorgestellt werden.


    Folgende Stücke werden in dieser Reihenfolge auf der CD angeboten:


    Romanze D 797 / Die Forelle D 550 (Britten) / Ellens Zweiter Gesang D 838 (Brahms) / Gretchen am Spinnrade D 118 (Reger) /An Silvia D 891 / Im Abendrot D 799 (Reger) / Nacht und Träume D 827 (Reger) / Gruppe aus dem Tartarus D 583 (Reger) / Erlkönig D 328 (Berlioz) / Die junge Nonne D 828 (Liszt)/ Tränenregen D 795 (Webern) / Der Wegweiser D 911 (Webern) / Du bist die Ruh D 776 (Webern) / Ihr Bild D 957 (Webern) / Prometheus D 674 (Reger) / Memnon D 541 (Brahms) / An Schwager Kronos D 369 (Brahms) / An die Musik D 547 (Reger) / Erlkönig D 328 (Reger)


    Als Zugaben: Geheimes D 719 (Brahms) / Ständchen D 957 (Offenbach)


    Die ersten zehn Lieder singt Frau von Otter, danach folgt Thomas Quasthoff, bei den beiden Zugaben singt Anne Sofie von Otter das von Johannes Brahms orchestrierte „Geheimes“ und Thomas Quasthoff „Ständchen“ (aus Schwanengesang)


    Wir hören insgesamt 21 orchestrierte Stücke die von sieben Komponisten bearbeitet sind. Max Reger ist mit sieben Liedern auf dieser CD vertreten. Dass bei „An Silvia“ der Komponist der Orchestrierung fehlt, ist keine Nachlässigkeit, diese Orchestrierung ist anonym.


    Im recht umfangreichen Booklet (51 Seiten) findet man alle dazugehörigen Liedtexte und einige Erklärungen, wie zum Beispiel die, über die Situation als Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Orchesterlieder Eingang ins Standardrepertoire gefunden haben, und im Booklet heißt es wörtlich:


    „Schubert selbst bietet dafür einen Ausgangspunkt mit der Orchestrierung des reizenden Strophenlieds >Romanze< in seiner 1823 komponierten Musik zu Helmina von Chézys Schauspiel Rosamunde, Fürstin von Zypern.“


    Bei DG ist 1991 eine Gesamtaufnahme von Schuberts „Rosamunde“ herausgekommen, wo Anne Sofie von Otter und Claudio Abado zusammenarbeiten


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  • Im Falle von Franz Liszt würde ich ebenfalls von einer kompositorischen Auseinandersetzung mit dem Schubertlied sprechen, - in der Form einer Transkription des Liedes in einen Klaviersatz unter Berücksichtigung der Vorgabe Schuberts und - das ist wichtig! - der eigenen Leseweise des lyrischen Textes. Liszt transkribiert nämlich nicht nur so einfach. Er rezipiert die Lieder Schuberts und ihre zugrundeliegenden lyrischen Texte kompositorisch auf seine ganz eigene Weise.


    Bei Keith Anderson finde ich folgenden Text:


    Der Klang war nicht mehr Nebenkategorie der Klangfarbe, sondern wurde zum Selbstzweck und Baufaktor der Musik. Im Zuge der Erweiterung des Klavierklanges versuchte Liszt, Farbe und Klang des Orchesters und seiner verschiedenen Instrumente auf das Klavier zu übertragen, nirgendwo so deutlich wie in seinen Transkriptionen anderer Werke.



    Die Interpretin dieser CD ist 1938 in Russland geboren, lebt aber seit 1977 in Amerika und war in den Konzersälen der ganzen Welt zu Hause.
    Diese CD bietet dem Hörer 14 Schubert / Liszt – Transkriptionen (Aufgenommen 1994) und dem Leser (Booklet) immerhin sieben Seiten Text in Deutsch, was den Vorteil bietet, dass auch Hörer die mit den Schubertschen Liedtexten nicht so vertraut sind, in etwa wissen, um was es beim Klavierspiel geht. Auch Liszt selbst hielt es so, dass er das Publikum mit dem Textinhalt der Lieder bekannt machte.
    In diesem Begleitheft sind keine vollständigen Liedtexte abgedruckt, sondern Inhaltsangaben.


    Um das deutlich zu machen, zeige ich mal den Text zu „Trockene Blumen“:


    Trockne Blumen (Text von Wilhelm Müller) ist das 18. Lied in Schuberts Zyklus Die schöne Müllerin (D795). In diesem Lied stirbt unser Müller an gebrochenem Herzen. Das Thema ist altmodisch – die Sprache blumig; doch niemand wird über dieses Lied lächeln. Die „trocknen Blumen“ sind zweifelsohne die Vergissmeinnicht der ersten strahlenden Phase. Die toten Blumen des Frühlings sollen im Grab des Selbstmörders begraben werden, doch in einem neuen Mai werden andere gebeten, wieder zu erscheinen mit einer Erinnerungsbotschaft. Die Musik ist elegisch im Ton und marschartig im Rhythmus: Ein elfenhafter Begräbnismarsch für die verwelkten Vergissmeinnicht.



    Die Lieder auf der vorgestellten CD sind in dieser Reihenfolge zu hören:
    Auf dem Wasser zu singen / Wasserflut / Der Müller und der Bach / Ihr Bild / Ständchen (Schwanengesang) / Ständchen (Shakespeare) / Sei mit gegrüßt / Trockene Blumen / Frühlingsglaube / Du bist die Ruh / Der Doppelgänger / Gretchen am Spinnrade / Der Wanderer / Aufenthalt

  • Liszt war ein großer Schubert-Bewunderer, er liebte seine Musik über alles. Und es ist völlig richtig, was Helmut sagt, die Transkription ist weit mehr als nur eine biedere Tonsetzerarbeit. Liszt ist natürlich ein wahrer Meister des Klaviersatzes, wie er z.B. die Singstimme zum Klingen bringt, ohne daß sie im Passagenwerk untergeht. Dazu ist es sicher hilfreich zu wissen, daß die Romantik ein etwas anderes Verhältnis zum Werk hatte. "Das Knaben Wunderhorn" von Arnim und Brentano ist mehr als nur eine Volksliedsammlung - da gibt es Bearbeitungen und sogar Neudichtungen, die gar nicht eigens ausgewiesen sind, also nach philologischen Maßstäben von heute untragbar. Für den Romantiker stand nicht historische Treue im Vordergrund, also die Konservierung von längst Totem, sondern die Verlebendigung der Dichtung, sie für die Jetzt-Zeit sprach- und aussagefähig zu machen. Das schließt ein, daß man an einer Vorlage "weiterdichtet" - die Grenze zur Bearbeitung ist also fließend. Ähnlich ist es auch bei Liszt. Er bringt sich selbst ein bei der Transkription - wobei er aber zwischen Transkription und Paraphrase einen deutlichen Unterschied machte. (Zu erwähnen wäre hier auch Ferruccio Busoni. Für ihn war jede Partitur bereits die Transkription eines musikalischen Gedankens, so daß man ihn auch legitimer Weise weiter transkribieren darf.) Liszts Bearbeitungen sind deshalb sehr bewußt und klug kalkuliert. Ich finde die Schubert Lied-Transkriptionen von Liszt wunderbar. Sehr geglückt ist die Aufnahme von Jorge Bolet - er ist als Godowsky-Schüler der ideale Interpret für dieses Repertoire.


    Beste Grüße
    Holger

  • Ich kenne diese Interpretation von youtube und habe sie sehr gern gehört.
    Liszt scheint ja hier gnädiger genommen zu werden mit seinen Transkriptionen, als zb die Berlioz-Orchestrierung des "Erlkönigs".
    Liszt Transkriptionen finde ich in jedem Fall sehr gelungen, auch weil sie der Fraktur so heraus aus dem Begleitstadium lösen und sie zugänglicher machen (zumindets für mich) und auch die Akzente, die er setzt gefallen mir.
    Besonders angetan hat es mir dabei "Auf dem Wasser singen"
    Hier eine Kostprobe von Frau Yablonskaya (auch die anderen von hart oben im besagten Post 41 ausführlich genannten Lieder finden sich auf youtube) :


    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Sehr geglückt ist die Aufnahme von Jorge Bolet - er ist als Godowsky-Schüler der ideale Interpret für dieses Repertoire.



    Der US-amerikanisch-kubanische Pianist Jorge Bolet (1914-1990) hat diese Aufnahme im November 1981 in der Kingsway Hall, London eingespielt.
    In jüngeren Jahren wurde Bolet mitunter wegen seiner „zu großen Technik“ kritisiert, aber dieses Konzert entstand in seinen reiferen Jahren, wo er darauf achtete Virtuosität als Selbstzweck zu vermeiden.


    Das dreisprachige Booklet zu dieser CD ist mit 1 ½ Seiten (deutsch) nicht gerade opulent, aber auch hier möchte ich einige Schlusszeilen zitieren:

    "Puristen mögen über eine Verbindung des Naturkindes Schubert mit dem Weltmann Liszt die Nase kräuseln. Andere wieder werden seinen Scharfsinn und seine Großzügigkeit bewundern. Liszt hätte es vielleicht mit William Blake gehalten, der Schönheit als Überschwang und Vorsicht als eine Reiche und hässliche alte Frau, umworben von Unfähigkeit, definiert."

    Folgende 12 Lieder sind auf dieser CD zu hören:


    Die Forelle
    Der Müller und der Bach
    Wohin?
    Lebe wohl!
    Das Wandern
    Der Lindenbaum
    Horch, horch, die Lerch
    Auf dem Wasser zu singen
    Die Post
    Aufenthalt
    Lob der Tränen
    Erlkönig

  • Als Bolet - mit der Weisheit des Alters - die im letzten Beitrag gezeigte Aufnahme einspielte, war Thomas Duis gerade mal 23 Jahre alt.


    Diese Aufnahmen mit dem Pianisten Thomas Duis, Jahrgang 1958, stammen aus dem Jahre 1995. Thomas Duis gewann 1986 den Artur Rubinstein Wettbewerb in Tel Aviv und war 1988 Preisträger des Internationalen Wettbewerbs der ARD in München.
    Das dreisprachige Booklet gibt auf 1 ½ Seiten (in Deutsch) einen kleinen Einblick in die Entstehungsgeschichte dieser Transkriptionen; auf den Textinhalt der Lieder wird jedoch kein Bezug genommen.
    Wenn man die vielen CDs dieses Genres überblickt, ist es ganz interessant zu sehen (auch hier bei Bolet und Duis), in welcher Unterschiedlichkeit die Reihenfolge der Lieder zusammengestellt wird, man darf wohl annehmen, dass sich die Interpreten dabei nicht des Würfelbechers bedient haben, sondern etwas dabei gedacht wurde. Bei der Schallplatte war man an solche Reihenfolgen gebunden, heute hat man ja die technische Möglichkeit, die Stücke in der Reihenfolge des eigenen Geschmacks abspielen zu lassen.




    Liederfolge:
    Erlkönig
    Meeresstille
    Ständchen (Shakespeare)
    Ave Maria
    Ständchen(Schwanengesang)
    Die Forelle


    Die Winterreise
    Gute Nacht
    Die Nebensonnen
    Mut
    Die Post
    Erstarrung
    Wasserflut
    Der Lindenbaum
    Der Leiermann
    Täuschung
    Das Wirtshaus
    Der stürmische Morgen
    Im Dorfe


  • Valerie Tryon (*1934) ist eine britische Pianistin, zu deren Spezialgebiet die Musik von Franz Liszt zählt. Ein Wunderkind, wie so viele Pianisten, schon bevor sie zwölf Jahre alt war, spielte sie für die BBC. Die hier zu hörende Aufnahme entstand 1999 in einer Kirche.
    Im beigefügten Booklet werden die Lieder kurz erklärt, und es wird darauf hingewiesen, dass Liszt 1846 sechs der insgesamt 20 Müllerlieder in einer sorgfältig ausgearbeiteten Tonartenfolge zu einem eigenen Zyklus zusammenstellte.

    Das Konzert beginnt zunächst mit sechs Müller-Liedern:
    Das Wandern
    Der Müller und der Bach
    Der Jäger
    Die böse Farbe
    Wohin?
    Ungeduld (3. Version)


    Die Forelle
    Die Rose
    Meeresstille
    Der Gondelfahrer
    Liebesbotschaft (Schwanengesang)
    Ave Maria
    Ungeduld (1. Version)


    Geistliche Lieder
    Litaney
    Himmelsfunken
    Die Gestirne
    Hymne


    Lob der Tränen
    Erlkönig

  • Eben zum ersten Mal gehört. Einfach nur schauerlich!


    "Er hat den Knaben wohl in dem Arm" ist bei Schubert eine musikalisch beiläufige Feststellung, - weil der dichterische Text es so will. Hier, in dieser Aufnahme höre ich eine dramatische Emphase. Das hat mit Schubert nichts zu tun. Das ist musikalischer Klamauk!


    Schuberts Erlkönig ist ein sich in der musikalischen Innerlichkeit ereignendes Lied. Ganz Goethes Ballade gemäß. Jegliche dramatisierende Orchestrierung verfehlt den musikalischen Charakter des Liedes und dessen kompositorische Aussage.


    Meine Äußerung kommt etwas spät, denn die Debatte ist inzwischen weitergegangen - auch mit weiterführenden Gedanken: Mich verwundert diese totale Ablehnung, die die Umstände dieser Bearbeitung von Berlioz übersieht. Sie nimmt doch Schubert nichts weg oder stellt die Bedeutung seiner Komposition in Frage. Es ist Berlioz, dieser Neuerer, der Schubert schätzte. Das ist auch in seinen Memoiren nachzulesen. Berlioz wollte auch in dieser Bearbeitung trotz allen Respektes vor dem Original er selber sein. Wen das interessiert, sollte sich mal den "Freischütz" in der Bearbeitung von Berlioz anhören. Der ist genau so wenig Klamauk wie der "Erlkönig". Ich finde solche Bearbeitungen höchst spannend.


    Die hier eingestellte Version mit verteilten Rollen ist 1930 entstanden und ausschließlich historisch zu sehen und zu hören. Die Aufnahme hat einen gewissen Kultstatus eingenommen, schon wegen der Mitwirkung von Georges Thill, der nach meinem Verständnis einer des bedeutendsten Tenöre seiner Zeit war mit starken Nachwirkungen bis heute.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Gibt es eine zuverlässige Gesamtedition aller Schubertlieder neben der Naxosausgabe (wie weit ist die eigentlich gediehen?)?


    Lieber Yorick, in aller Bescheidenheit stelle ich hier - als eine Art Einschub zum eigentlichen Thema - mal eine kleine eigene Betrachtung zu Schubert-Lieder-Sammlungen auf CD ein, wobei meine Präferenz eindeutig bei Naxos liegt. Die Ausgabe ist abgeschlossen und in zwei verschiedenen Ausgaben erhältlich- für den großen und für den etwas kleineren Geldbeutel. Ich beziehe mich auf diese Ausgabe:



    Die ersten Aufnahmen von Liedern Franz Schuberts sind so alt wie die Schallplatte selbst. Bereits 1898 wurde in London das „Ave Maria“ mit der englischen Altistin Edith Clegg aufgenommen. Niemand hat gezählt, wie viele Aufnahmen seither folgten. Eine vollständige Diskographische gibt es nicht – wie denn auch? Die Einspielungen sind weit verstreut, mal im Studio entstanden, mal im Konzertsaal mitgeschnitten. Ständig kommen Titel hinzu, kaum ein Sänger kommt um Schubert herum und lässt sich auch angesichts der atemberaubenden Fülle nicht davon abhalten, der Vielzahl von Aufnahmen, die nur nach Legionen zu bemessen ist, neue hinzuzufügen. Der Pianist Michael Raucheisen hat als einer der ersten versucht, systematisch vorzugehen. Seine inzwischen auch auf CD übernommene berühmte Lied-Edition (leider nicht ganz völlständig) enthält 90 Schubert-Titel. Auf 129 Nummern bringt es die Ausgabe von historischen Einspielungen der Jahre 1898 bis 1952 – also von Beginn an - bei der EMI. Obwohl ausschließlich Künstler zu hören sind, die diesem Label oder seinen Vorgängern verpflichtet waren, fehlt kaum ein großer Namen.
    Auf 449 Nummern, die großen Zyklen eingeschlossen, kommt Dietrich-Fischer Dieskau in seiner nun auf 21 CDs verteilten Ausgabe, die bei der Deutschen Grammophon zuerst als prachtvoll aufgemachte Platten-Boxen herauskam und auch deshalb hoch gelobt wurde von der Kritik, weil der sensible Begleiter Gerald Moore nach seinem offiziellen Abschied noch einmal ins Studio zurückkehrte. Fälschlicherweise wird noch heute oft von einer Gesamtaufnahme der Schubert-Lieder gesprochen. Das ist schlicht falsch. Nicht einmal von einer Einspielung aller Lieder für Männerstimme kann die Rede sein. Um das in seinen Ausmaßen groteske Monster „Adelwold und Emma“ haben selbst Fischer-Dieskau und Moore einen Bogen gemacht, was sich nachvollziehen lässt. Für die fast 300 Verszeilen des heute vergessenen Dichters Friedrich Anton Franz Bertrand werden mehr als 25 Minuten gebraucht, mehr noch als für den ausufernden „Taucher“ nach Schiller. Folglich ist es das längste Lied von Schubert.
    Wer eine Gesamtaufnahme sucht, der ist bei Naxos richtig. Neben Hyperion hat dieses Label die verbindliche Deutsche Schubert-Lied-Edition vorgelegt. Eine Arbeit, die zu Recht wissenschaftlich zu nennen ist. Ich ziehe sie Hyperion vor. Dort wurde die thematische Ordnung der in loser Folge erschienenen Einzel-CDs in der Gesamtausgabe zugunsten der Abfolge der Lieder nach ihrer Entstehung wie sie im Deutsch-Verzeichnis zu finden ist, aufgegeben. Was auf den ersten Blick konsequent und sinnvoll erscheint, erschwert den Zugang zu den Liedern. Der Musikwissenschaftler Otto Deutsch (1883–1967) hatte die chronologische Entstehung der Werke Schubert akribisch erforscht und seine Ergebnisse 1951 in Buchform vorgelegt, zunächst in Englisch. Eine aktualisierte deutsche Ausgabe kam 1978 im Rahmen der Neuen Schubert-Ausgabe auf den Markt. Naxos entschied sich für eine inhaltliche Ordnung, die Lieder werden nach Dichtern bzw. literarischen Strömungen gruppiert. Also Lieder nach Goethe, nach Schiller, nach Mayrhofer, nach Freunden usw. Es fällt schnell auf, wie stark Schubert in der zeitgenössischen Dichtung verhaftet war. Alle Texte der hier besprochenen Ausgabe können aus dem Internet heruntergeladen werden, einer wesentlich aufwändigeren und folglich teureren Ausgabe der Edition, die im Handel auch noch zu haben ist, liegen sie in Buchform bei.
    CD 35 von insgesamt 38 enthält Raritäten, Fragmente und alternative Fassungen, die restlichen drei mehrstimmige Gesänge, von deren hinreißendem musikalischem Einfallsreichtum sich der Schubert-Freund auch schon in der vorzüglichen EMI-Box mit dem Titel „Das geistliche und weltliche Chorwerk“ überzeugen konnte. Nun sind diese kleinen Werke dort verortet, wo sie hingehören – in die Lied-Edition. Alternative Fassungen! Das Stickwort ist bereits gefallen. Mit vielen Liedern hat sich der Komponist mehrfach befasst, sie aus ganz praktischen Erwägungen oder aus künstlerischer Unzufriedenheit bearbeitet. Otto Deutsch unterscheidet zwischen Fassung und Bearbeitung: Unter Bearbeitungen werden unterschiedliche Kompositionen desselben Textes verstanden. Fassungen sind Ausführungen der gleichen Komposition, die in Details differieren. Von dem Lied „Der Jüngling am Bache“ nach Schiller – um nur ein Beispiel zu nennen – gibt es drei Bearbeitungen, von der dritten Bearbeitung wiederum zwei Fassungen. Im Textapparat ist Naxos um große Übersichtlichkeit bemüht. Wer dann noch ein Deutsch-Verzeichnis zur Hand hat – der so genannte „Kleine Deutsch“ als Taschenbuch aus dem Bärenreiter-Verlag tut es – bewegt sich mit nachtwandlerischer Sicherheit durch den Kosmos der 650 Lieder und seiner abgewandelten Formen.
    Was für ein Unternehmen - für die Ausführenden wie für die Konsumierenden. Selten hatte ich an einer Edition so große, so anhaltende Freunde. Sie ist etwas fürs Leben. Der Pianist ULRICH EISENLOHER, erfolgreicher Liedbegleiter und Kammermusiker, ist der Spiritus rector der Edition, bei der er meist selbst am Klavier sitzt. Beteiligt sind mehr als vierzig Sängerinnen und Sänger - alle deutscher Zunge. Infolge dessen ist durchweg eine große Textverständlichkeit gegeben. Um nur einige Namen zu nennen: CHRISTIAN ELSNER („Schöne Müllerin“), ROMAN TREKEL („Winterreise“), WOLFGANG HOLZMAIR, MICHAEL VOLLE („Schwanengesang“), ULF BÄSTLEIN, RUTH ZIESAK, REGINA JAKOBI, CHRISTIANE IVEN. Noch einen Vorteil haben die Mitwirkenden, sie sind jung, relativ jung. Nicht selten sogar gleichaltrig mit dem Komponisten, der ja schon mit Anfang dreißig starb. Nach meinem Eindruck sind sie dadurch in vielen Liedern näher am Original.
    Bei allem Respekt vor den ganz großen Namen des Liedgesangs, die ich nie missen möchte, die Sänger dieser Edition nähern sich den Liedern freier, unverstellter, natürlicher. Sie unterliegen keinen Zwängen, sie spielen Lieder oder Zyklen nicht zum fünften Mal ein in der Absicht, es immer besser machen zu müssen – oder zu können, was auch ein Trugschluss sein kann. Frischer sind Schubert-Lieder selten gesungen worden wie hier. Lieder können auch überinterpretiert werden. Eine Gefahr, die in dieser Edition gar nicht erst aufkommt. Mit anderen Worten: Wer sich auf diese Sammlung einlässt, der hört die Lieder von Franz Schubert ganz pur, nämlich aus sich selbst heraus und weniger in der Erwartung an das gesetzte Leistungsvermögen eines verehrten Sängers. Insofern ergänzen sich diese Edition und die vielen hundert Liedaufnahmen etwa von Schlusnus, über Janet Baker, Christa Ludwig, Lotte Lehmann, Elisabeth Schumann, Julius Patzak oder Hans Hotter. Am Ende gibt es ja sowie so nur einen Gewinner – das ist Franz Schubert selbst.


    Ich bitte für die Ausführlichkeit um Nachsicht.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich beziehe mich auf diese Ausgabe:



    Was unterscheidet jene Box von der einhundert Euro teureren, die genauso aussieht und auch die gleiche Anzahl CDs aufweist?


    Lieber Rheingold,


    jetzt hast du aber in letzter Sekunde mein Weihnachtsfest gerettet: Ich war nämlich schon drauf und dran, die Hyperionedition zu kaufen, bis ich las, dass dort die Lieder tatsächlich chronologisch gegeben werden, selbst die Zyklen sind auseinandergerissen! Was du hier zur Naxosausgabe schreibst, wird mich gleich bei amazon tätig werden lassen.

  • Der Pianist Michael Raucheisen hat als einer der ersten versucht, systematisch vorzugehen. Seine inzwischen auch auf CD übernommene berühmte Lied-Edition (leider nicht ganz völlständig) enthält 90 Schubert-Titel. Auf 129 Nummern bringt es die Ausgabe von historischen Einspielungen der Jahre 1898 bis 1952 – also von Beginn an - bei der EMI. Obwohl ausschließlich Künstler zu hören sind, die diesem Label oder seinen Vorgängern verpflichtet waren, fehlt kaum ein großer Namen.

    Meinst du diese Edition in 66 CDs?

    Diese extrem günstige mit 21 CDs?

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  • ...jetzt hast du aber in letzter Sekunde mein Weihnachtsfest gerettet: Ich war nämlich schon drauf und dran, die Hyperionedition zu kaufen, bis ich las, dass dort die Lieder tatsächlich chronologisch gegeben werden, selbst die Zyklen sind auseinandergerissen!


    Das ist nicht wirklich richtig. Die Zyklen sind nicht auseinandergerissen (wie auch sonst keinesfalls die Chronologie durchgezogen ist)! Lediglich die Winterreise von Matthias Goerne, die offenbar nicht auf eine CD passt, wurde auf zwei Hälften aufgeteilt, wobei sie jeweils die ersten zwölf Nummern zweier aufeinanderfolgender CDs belegt. Das hat Hyperion meines Erachtens bestmöglich gelöst! Bei der Schönen Müllerin hat man noch die Besonderheit, dass DiFiDi die nicht vertonten Gedichte Wilhelm Müllers rezitiert. Man kann gegen die Hyperion-Edition editorisch kaum etwas einwenden, sie ist sie ganz außergewöhnlich gelungen!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Das ist nicht wirklich richtig. Die Zyklen sind nicht auseinandergerissen (wie auch sonst keinesfalls die Chronologie durchgezogen ist)! Lediglich die Winterreise von Matthias Goerne, die offenbar nicht auf eine CD passt, wurde auf zwei Hälften aufgeteilt, wobei sie jeweils die ersten zwölf Nummern zweier aufeinanderfolgender CDs belegt. Das hat Hyperion meines Erachtens bestmöglich gelöst! Bei der Schönen Müllerin hat man noch die Besonderheit, dass DiFiDi die nicht vertonten Gedichte Wilhelm Müllers rezitiert. Man kann gegen die Hyperion-Edition editorisch kaum etwas einwenden, sie ist sie ganz außergewöhnlich gelungen!


    Besten Dank für den informativen Hinweis; aber jetzt habe ich wieder die Qual der Wahl ... 8-)

  • Etwas OT, aber mich interessiert das! Wusste ich gar nicht, dass Berlioz das gemacht hat...


    Liebe SuW, gern schicke ich Dir eine Kopie - nur wie? Du bist doch findig.
    LG Rheingold


    P.S.
    Einer der Moderatoren darf das gern wieder löschen, es gehört nun nicht mehr in dieses Thread.


    Carl Maria von Weber / Hector Berlioz
    DER FREISCHÜTZ
    [Sung in French, 1841 version]


    Paris, Salle Pleyel
    16.02.2002


    Max - Clifton Forbis
    Agathe - Michaela Kaune
    Annette - Annick Massis
    Gaspard - José van Dam
    Kouno - Jean-Philippe Courtis
    Ottokar - Marc Barrard
    L'Ermite - Carsten Stabell


    Choeur et Orchestre de Paris


    Conductor - Christoph Eschenbach

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Liebe Schubertfreunde,
    für den Themenbereich, der in den letzten Beiträgen angesprochen wurde, bestehen bereits sehr interessante Threads mit vielen Informationen, gerne nenne ich einige Beispiele:
    Franz Schubert --- Gedanken zum Schubertlied und seinen Interpreten
    Von Alfred Schmidt (4. November 2004)
    Raucheisen: Lied-Edition
    Von Johannes Roehl (5. November 2006)
    Interpretation des Schubertlieds im Wandel der Zeit
    Von Alfred Schmidt (12. Juni 2009)
    Das Naxos Schubertlied-Projekt --- Anspruch und Realisierung
    Von Alfred Schmidt (15. März 2010)


    In diesem Thread sollte eigentlich Schuberts „Lied-Musik“ vorgestellt werden, die zwar eindeutig als Schuberts Kompositionen erkannt werden, aber nicht in der von Schubert gedachten klassischen Interpretation – Sänger/Sängerin und Klavier – zur Aufführung kommen. Die weiteste Verbreitung haben dabei wohl Liszts Transkriptionen gefunden.


    Um wieder auf diese „Schiene“ zu kommen, nehme ich mal eine CD zu Hilfe, auf der nur zwei dieser Liszt-Liedtranskriptionen verborgen sind – nämlich:
    Du bist die Ruh (6:18) und Der Doppelgänger (5:09) – gute zehn Minuten herrliche Musik!


    David Fray (*1981) ist ein französischer Pianist, der 2006 schlagartig bekannt wurde, als er bei einer internationalen Konzertreihe für Hélène Grimaud einsprang. Auch er natürlich ein Wunderkind – mit vier Jahren begann er Klavier zu spielen, weil man das Instrument für seinen Bruder angeschafft hatte. Fay wurde oft mit Glenn Gould verglichen, aber sein großes Vorbild ist Wilhelm Kempff. Aus einem Spiegelartikel von 2008 wähle ich einmal einen Satz aus:


    «Der singende, tastende und dennoch erzählerisch auftrumpfende Klavierstil von David Fray gehört einem der unabhängigsten Klaviergeister der Gegenwart»


  • Warum setzt du diese Hinweise nicht gleich als Link?

  • Warum setzt du diese Hinweise nicht gleich als Link?


    Nicht fragen, machen :hello:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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