Monteverdi "Maestro di Capella di San Marco" in Venedig

  • Guten Tag


    Am 19. Juli 1613 verstarb in Venedig nach nur vier Jahren Amtszeit als „Maestro di Capella di San Marco“ der aus Verona stammende Giulio Cesare Martinengo.
    Für Claudio Monteverdi, der sich schon vergeblich in Rom und Mailand für eine Domkapellmeisterstelle beworben hatte,
    ein günstiger Zufall sich für diese wichtige und einflussreiche Position zu interessieren.
    Die Prokuratoren von San Marco entschieden schnell, am 19. August 1613 leitete Monteverdi bereits im Markusdom ein festliches Konzert,
    unmittelbar danach wurde er einstimmig zum Nachfolger Martinengos als neuer „Maestro di Capella“ ernannt.
    Die Ungewissheit der letzten Jahre war beendet, er begleitete diese wichtige musikalische Stelle in Italien bis zu seinem Tode 1643.



    Mit dem Niveau der Domkapelle und die Disziplin der Kapellmitglieder war in den letzten Jahren enorm bergab gegangen,
    Monteverdi wurde mit größeren Befugnissen als seine Vorgänger ausgestattet,
    er konnte Personalangelegenheiten mitentscheiden, sorgte für regelmäßige Proben
    und bewies eine glückliche Hand bei der Organisation der Kapelle, um deren alten Glanz wiederherzustellen.
    In einem Brief von 1620 schrieb er über die Entscheidung der Prokuratoren für seine Person:


    "Sie haben ihre Entscheidung nie bereut,
    sondern haben mich geehrt und ehren mich noch immer in der Weise, dass man im Chor keinen Sänger anstellt,
    ohne vorher die Meinung des Kapellmeisters eingeholt zu haben und bei Klagen der Sänger
    wollen sie nur den Bericht des Kapellmeisters hören;
    sie stellen keinen Organisten, keinen zweiten Kapellmeister ein
    ohne die Meinung und den Bericht des Kapellmeisters gehört zu haben;
    zudem gibt es keinen Edelmann,
    der mich nicht schätzt, und wenn ich irgendwelche Musik aufführe, sei es Kammermusik oder Kirchenmusik,
    so schwöre ich, dass die ganze Stadt auf den Beinen ist.
    Und dann ist der Dienst höchst angenehm, weil der ganze Chor mit Ausnahme des Kapellmeisters dem Dienstplan unterworfen ist, ja,
    der Kapellmeister macht selbst den Plan und kann den Sängern Erlaubnis zum Fernbleiben erteilen oder nicht,
    und wenn er selbst nicht zum Dienst erscheint, kann ihm niemand etwas vorwerfen;
    und sein Gehalt ist ihm sicher bis zum Tode,
    was auch durch den Tod von Prokaturen oder Fürsten nicht aufgehoben werden kann.“


    Monteverdi, dem musikalischen und organisatorischen Chef der Kapelle, gelang es innerhalb kurzer Zeit
    –mehr durch die Kraft seiner künstlerischen Autorität-,
    aus dem Lotterhaufen wieder eine vorzügliche Musikertruppe zu formen.
    Er gab den Instrumentalisten, die bisher nur als Aushilfen herangezogen wurden, eine feste Stellung an San Marco;
    der unter Sopranistenmangel leidenden Chor wurde durch Kastraten und Falsettisten ergänzt.
    Die „Capella di San Marco“ umfasste zu Monteverdis Amtszeiten zwei Organisten, etwa dreißig Sänger und zwanzig Instrumentalisten,
    die bei besonderen Anlässen um auswärtige Musiker aufgestockt wurden.
    Durch umfangreiche Notenkäufe wurde das Repertoire der Kapelle erweitert, wobei man sich nicht nur auf moderne Werke beschränkte,
    sondern auch ältere Kompositionen wie etwa von Palestrina oder di Lasso anschaffte.
    Allerdings hatte er sich in seinem Kapellmeisteramt auch mit den „Gewerkschaften“ seiner Musiker und dem Fiskus herum zu streiten;
    oder e musste sich einigen Anfeindungen und Verleumdungen seiner Untergebenen erwehren.
    Das musikalische Repertoire des Ensemble von San Marco lässt sich nur erahnen,
    Monteverdi schuf für den immensen Musikbedarf an den Sonn- und den vielen Feiertagen in Venedig eine Fülle
    von Messen, Solomotetten und Psalmvertonunge,n sowie jede Menge weiterer kleiner und großer Kirchenwerke.
    Daneben griff man auf viele Werke früherer und zeitgenössischer Komponisten zurück.
    Erahnen lässt sich das reiche Musikleben an San Marco nur durch einige Veröffentlichen Monteverdis aus dieser Zeit wie die 1640 veröffentlichte Sammlung:


    »SELVA MORALE E SPIRITVALE DI CLAVDIO MONTEVERDE
    Maestro Di Capella della Serenissima Republica Di Venetia
    DEDICATA ALLA SACRA CESAREA MAESTA DELL'IMPERATRICE ELEONORA GONZAGA
    Con Licenza de Superiori & Priuilegio. [...] IN VENETIA MDCXXXX Appresso Bartolomeo Magni«



    oder der 1650 erschienenen:


    „Messa a 4 v. et salmi a 1-8 v. e parte da cappella & con le litanie della B.V.“



    Wie viel von den an San Marco aufgeführten Kirchenmusikwerken verschollen sind, lässt sich wohl nicht mehr bestimmen.


    Von der Sammlung „Selva morale e spirituale“ gibt es eine Unmenge Aufnahmen,
    von denen ich einige Vorstellen und gerne hierzu andere Meinungen und Aufnahmen wissen möchte.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Monteverdis geistliche Musik aus seiner Domkapellmeisterzeit in Venedig lernte ich erstmals
    mit dieser 1988 verschienenen hervorragenden




    Einspielung einer "Johannisvesper" mit dem
    Netherlands Chamber Choir und dem Monteverdi Ensemble Amsterdam,
    geleitet von Gustav Leonhardt,
    und schon damals in der "alten Musik" namhaften Solisten wie z.B.
    M. v.d. Sluis, E. Tubb, M. Chance, J. Elwes oder H. v.d. Kamp kennen und lieben.



    Als Referenzaufnahme der "Selva morale e spirituale"
    kann immer noch diese Gesamtaufnahme



    mit dem Cantus Cölln und dem Concerto Palatino gelten.
    Makellose Artikulation und stimmliche Virtuosität zeichnen diese mit zwölf Vokalsolisten
    und mit dem absolut stilsicher begleitenden Instrumentalisten des
    Concerto Palatino besetzte Aufnahme aus.
    In großen wie kleinen Besetzungen: Monteverdi wird zum Hörerlebnis.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo Bernhard,
    Mit <Orfeo> hatte ich mein erstes Monteverdi-Hörerlebnis und war begeister! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Dank Deiner informativen Aufzeichnung seines künstlerischen Werdeganges und somit der Erinnerung an diesen große Maestro, werde ich mich nun endlich auch seinen zahlreichen anderen Werken widmen.



    Mit lieben Grüßen,
    Diotima. :hello:

  • Guten Tag


    eine weitere hörenswerte Einspielung des "Moralischen und geistlichen Waldes"
    haben die Ensembles Akademia und la Fenice



    eingespielt.
    Der Chorleiter Françoise Lasserre hat Monteverdis Kompentium
    seiner in über drei Jahrzehnte geschaffener geistlicher Musik
    in die liturgische Form dreier Vesper-Zyklen zusammengefasst.
    Eingefügt wurden noch ein «Laudate pueri» von Giovanni Rovetta
    und eine "Sonata a 12" von Massimiliano Neri.
    Detailreich interpretieren die Vokalisten und Instrumentalisten in
    wechselnden Besetzungen von der Solomotette
    bis zur doppelchörigen Psalmvertonung den immensen Reichtum dieser Werke.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Im Sommer 1630 wurde vom Botschafter des Herzogs von Mantua beim Kaiser in Wien die Pest nach Venedig eingeschleppt
    in deren Verlauf mehr als 14.000 Personen verstarben.
    Ab Januar 1631 flaute die Pestepedemie etwas ab, am 21. November des selben Jahres wird das Ende der Pest mit einer feierlichen Prozession
    und einem großen Dankgottesdienst gefeiert für den Monteverdi eine Festmesse schrieb.
    Die Messe an San Marco war das Herzstück der an diesem Tag veranstaltenden Zeremonien.
    Zuerst stiegen der Doge und die signoria , im prächtige Kleidung gehüllt, auf die von Menschen überfüllte Piazza S Marco,
    dort verkündete ein Beamter des Gesundheitsministerium,
    dass die Pest nun überstanden und die Stadt Dank der Jungfrau Marias Hilfe errettet sei.
    Zwölf Trompeter und Trommler intonierten eine Fanfare, Kanonenschüsse erklangen und sämtliche Kirchenglocken Venedigs läuteten.
    Die anschließende Festmesse im Markusdom, so in Berichten überliefert, sei sehr feierlich zelebriert,
    zum Gloria und Credo seien Trompetenklänge erklungen und zur Wandlung Schüsse aus codetten (kleine Kanonen)
    vor der Basilika abgeschossen worden.
    Die meisten Vokalsätze dieser Festmesse stammten aus der später gedruckten Sammlung „Selva morale e spirituale“,
    Monteverdis Schüler Giovanni Rovetta steuerte wohl ebenfalls weitere Teile zu dieser Messe bei.


    Andrew Parrott und sein Taverner Consort, Choir & Players haben
    1989 eine spekulative Rekonstruktion dieser Festmesse eingespielt und unter dem Titel:


    „Hohe Messe zum Fest der S Maria della Salute
    als Danksagung für die Befreiung der Stadt Venedig von der Pest,
    Markuskirche, 21. November 1631“


    auf CD veröffentlicht.



    Neben Kompositionen von Monteverdi enthält die Aufnahme noch Werke
    von Anonymous, Girolamo Fantini, Giuseppe Scarani,
    Biagio Marini und Francesco Usper.
    Außer den reinen Musikwerken spiele Parrott noch
    Töne wie Kanonendonner, Ministrantenschellen und das Geräuch des Weihrauchfasses ein.
    Die Vokalsolisten überzeugen meist mit ihren Darbietungen,
    die Taverner Players bieten ein reichhaltiges Instrumentalensembe,
    darunter sieben Trompeter und fünf Paukenspieler, auf
    und lassen insgesamt ein farbiges und abwechslungsreiches Klangbild hören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Guten Tag


    Einen faszinierende Überblick über die Entwicklung der Musik
    in San Marco bietet diese




    CD mit Vokal- und Instrumentalmusikfür den Markusdom
    von Monteverdi und einiger seiner Zeitgenossen und Mitarbeiter
    wie Giovanni Gabrieli, Francesco Cavalli, Giovanni Croce,
    Alessandro Grandi, Biagio Marini und Claudio Merulo.


    Der von Thomas Hengelbrock geleitete Balthasar-Neumann-Chor &
    Ensemble
    musiziert mit technischer Perfektion, betörend farbig und
    agiert abwechslungsreich beim Einsatz diverser Instrumente.
    Man hört eine wunderbare Verschmelzung der Klangfarben
    von menschlichen und instrumentalen Stimmen,
    Beispielhaft etwa der Soprane mit den Zink-Virtuosen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfakz


    Bernhard

  • Guten Tag


    wer die großartige Selva morale e spirituale Monteverdis kennenkernen,
    aber nicht die ganze Sammlung erwerben möchte, kann auf diese



    Einspielung mit Auszügen zurückgreifen.
    William Christie und sein Ensemble les Arts Florissants
    spielten 1987 Teile der "Selva" überzeugend ein.
    Die Sänger und Instrumerntalisten (darunter Lyra, Harfe, Theorbe)
    agieren technisch markellos, bringen die großbesetzten Werke wie
    das confitebor tibi a 5, das Gloria a 7 oder beatus vir primo Ausdrucksstark zur Ausführung.
    Auch die Solomotette lautate domino basso solo wird
    untadelig dargeboten.
    Ebenfalls auf dieser CD die herrliche, kurze, sechsstimmige Motette
    adoramus te,
    1620 von dem Monteverdischüler Giulio Cesare Bianchi veröffentlicht,
    überzeugt durch ihre Innigkeit.


    Von bereits erwähnten Ensembe Akademia liegt eine CD mit Auszügen aus der "Selva" vor:



    Francoise Lasserre hat aus Teilen der "Selva" auf einer CD
    eine "Vespra a San Joanni -Baptista" zusammengestellt.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Bernhard
    Die „Capella di San Marco“ umfasste zu Monteverdis Amtszeiten zwei Organisten, etwa dreißig Sänger und zwanzig Instrumentalisten,
    die bei besonderen Anlässen um auswärtige Musiker aufgestockt wurden.


    Der niederländische Dichter und Diplomat Constantijn Huygens weilte im Frühjahr 1620 mit einer diplomatischen Delegation der "Niederländischen Generalstaaten" in Venedig.
    In seinem Reisetagebuch ist folgende Notiz zu lesen:


    "Am 24. Juni, dem Fest des heiligen Johannes des Täufers, führte man mich zur Vesper in die Kirche SS. Giovanni e Lucia,
    wo ich eine Musik erlebte, wie ich sie kunstvoller in meinem Leben nicht mehr hören werde.
    Ihr Komponist, der sehr berühmte Claudio di Monteverde, maestro di capella von St. Markus, führte sie bei dieser Gelegenheit auf
    und dirigierte sie selbst, begleitet von vier Theorben, zwei Zinken, zwei Fagotten, zwei Violinen,
    einer Baßviola von ungeheueren Ausmaßen, Orgel und anderen Instrumenten - alle gleichermaßen gut beherrscht und gespielt-
    ganz zu schweigen von 10 oder 12 Singstimmen.
    Ich war hingerissen vor Vergnügen"


    Abgesehen, dass es in Venedig keine den Hl. Johannes und Lucia geweihte Kirche gab,
    evtl. kommt die Kirche San Giovanni Battista in Bragore in Frage,
    gibt diese kurze Schilderung eine kleine Ahnung von den prächtigen Vespergottesdiensten unter Monteverdis Leitung.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard


  • Wow!
    Vier Theorben, eine riesige Bassviola und Orgel!
    Allein das Continuo ist ja schon mächtig!


    Du scheinst mir ja ganz schön belesen zu sein...RESPEKT :jubel:


    Danke für den schönen, interessanten Text.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Guten Abend



    Zitat

    Original von Glockenton
    [Wow!
    Vier Theorben, eine riesige Bassviola und Orgel!
    Allein das Continuo ist ja schon mächtig!


    Eine große Bassviola machte schon vor Monteverdis Zeiten in Venedig Eindruck,
    der engliche Venedigreisende Thomas Coryats schrieb 1608
    in einer Schilderung über einen Besuch einer Vesper für San Rocco:


    "Manchmal sangen sechszehn oder zwanzig Männer zusammen,
    die ein Meister oder Moderator leitete, und wenn sie sangen,
    spielten sechszehn Musiker zusammen auf ihren Instrumenten,
    zehn Posaunen, vier Zinken und zwei Violen da gamba von ungewöhnlich großer Bauart."


    Was in Vendig wohl für Riesengamben gestrichen wurden die den weitgereisten Zeitgenossen auffielen ?



    Ob Michael Praetorius in seiner Syntagma musicum solch eine
    Violone meinte bzw. beschrieb ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Bernhard
    Allerdings hatte er sich in seinem Kapellmeisteramt auch mit den „Gewerkschaften“ seiner Musiker und dem Fiskus herum zu streiten;
    oder e musste sich einigen Anfeindungen und Verleumdungen seiner Untergebenen erwehren.



    Ein anonymes Schreiben aus dieser Zeit wurde kürzlich aufgefunden, ein Sänger der Capella hat ihn wahrscheinlich bei der "Signori di stato" angeschwätzt:


    "An die erlauchten und vortrefflichen Herren Inquisitoren des Staates
    Mein Eifer für die Erhaltung meines Vaterlandes und Ihrer Durchlaucht veranlasst mich dazu, ihnen mitzuteilen,
    dass sich in dieser Stadt ein aus Cremona stammender Claudio Monteverde befindet, der zur Zeit als Kapellmeister in der Markus-Kirche dient.
    Dieser hat gesagt, dass er die Hoffnung nicht aufgegeben habe, ein Adler möge anstelle des Symboles des heiligen Markus diesen Platz beherrschen.
    Bei seinen Worten waren Ottavio Vicentino und Francesco dal´Orso, Barbiere mit dem Bärenladenschild auf dem Markusplatz, anwesend.
    Gelegendlich hat er auch gesagt, er wünsche, die durchlauchtigste Republik möge zum Heil der Seelen und das Joch des spanischen Königs kommen, und dabei waren Antonio Padoan, Giovanni Battista de Santa Maria und der Zinkenspieler Pietro Furlan anwesend.
    Außerdem beklagte sich dieser Monteverde am Tag des heiligen Vitus im Jahre 1623 in der Sankt-Vitus-Kirche,
    wo die Herren von Venedig anwesend waren und der Ritter des durchlauchtigsten Dogen mit eigener Hand vier Sänger für die Musik auf der Orgeltribüne geleitet hat, dass man ihn nicht um seine Zustimmung gebeten habe, und daraufhin sagte er:
    …und ich diene diesen Blödmännern, diesen Pantaloni, die weder meinen Dienst noch meinen Wert anerkennen.
    Und das in Gegenwart aller Sänger gesagt.
    Außerdem machte er zur Himmelfahrtszeit bei der Vesper einen offenkundigen Fehler mit der Capella in der Pergola.
    Und da er dafür von seinen Vorgesetzten gerügt wurde, sagte er anschließend:“ … ho in culo il clero e ne incago quanti presti si trovanto … und wisst, dass ich Claudio bin”.
    Und alle Sänger waren hierbei zugegen.
    Außerdem ist er so daran gewöhnt, die Namen unseres Herrn und der heiligen Jungfrau zu lästern, dass es kaum zu glauben ist.


    Ihr vortrefflichen Erlauchten Ihr sehr getreuer N."


    Schon interessant der Tratsch und Neid unter den Untergebenen Monteverdis, dass man ihn "Habsburgerfreundlichkeit" unterstellte.
    Welchen Fehler er bei der Himmelfahrtsvesper machte ?
    Beim Dirigieren? oder der Liturgie ?
    Die "Signori di stato" beachtete wohl das Schreiben nicht und legten es zu den Akten.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard


  • mahlzeit,


    was hältst du von der ss geremia e lucia, oben am cannaregio?



    (wirklich schade, dass dir der bellini von der fairyqueeni zu minder ist -sie lässt eh mit sich reden...)

  • Zitat

    Original von observator
    ss geremia e lucia, oben am cannaregio?


    Eher nicht, weil diese Kirche erst seit 1860 die heilige Lucia im Patrozinium führt - seinerzeit wurden die Reliquien der Heiligen dorthin transluziert, weil ihre bisherige Grabeskirche Santa Lucia abgerissen worden war: um dort den Bahnhof zu errichten (der nun wiederum seinerseits nach der Heiligen benannt ist).


    Abgesehen davon legt der Kontext der Aufführung von 1620 - der Namenstag Johannes des Täufers - ja eine dem Täufer geweihte Kirche als Ort des Geschehens nahe. San Giovanni in Bragora kommt da ganz gut hin. Ist ja eh eine musikalische Kirche...



    Viele Grüße


    Bernd

  • Guten Tag



    ein Meilenstein der Interpretation der geistlichen Musik Monteverdis
    sind die Einspielungen
    mit dem englichen Ensembles King´s Consort unter der Leitung von Robert King,
    die auf vier CDs zwischen 2003 und 2005 aufgenommen wurden:











    Die Stücke von Vol. 1 CD des King’s Consort mit geistlicher Musik Monteverdi entstammen der berühmten, 1640/41 erschienenen Sammlung Selva Morale e Spirituale.
    Disese umfangreiche Sammlung stellt ein Resümee des mehr als siebzig Jahre alten Komponisten über seine Tätigkeit als Kapellmeister von S. Marco in Venedig dar.
    In Vol. 2 ist Werken gewidmet, die von anderen Verlegern publiziert wurden.
    Lorenzo Calvi, Kapellmeister des Doms zu Pavia, schmückte seine Quarta raccolta de’ sacri canti 1629 mit Werken von Monteverdi;
    der venezianische Sänger Leonardo Simonetti erwies in einem Band mit dem Titel Ghirlanda Sacra dem Kapellmeister von San Marco seine Referenz.
    Die Aufnahmen von Vol. 3 & Vol. 4 sind zu fast gleichen Teilen aus der selva morale und des 1650 herausgegebenen Gedenkbandes Messa a quattro voci e salmi entnommen
    und enthalten Motetten, Messen Vesperpsalmen und eine Marienliternei.
    Robert King und seine vorzügliches Vokalisten als auch Instrumentalisten beweisen auch
    in dieser Veröffentlichung ihren Ausnahmerang innerhalb der Interpreten der Musik Monteverdi.
    Alle Interpreten, der kleine Chor, die vokalen Spezialisten und die famosen Instrumentalisten agieren auf sehr hohen Niveau.
    Sie bringen gekonnt und stilsicher das geistliche Werk Monteverdis dynamisch und spannend zu Gehör.


    Die Booklets sind sehr informativ und graphisch ansprechend gestaltet und enthalten neben den gesamten Texten
    gut verständliche Erläuterungen zu Monteverdis Schaffen am Dom zu San Marco.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Das Ensemble Elyma unter ihrem Leiter Gabriel Garrido hat Monteverdis
    „Selva morale e spirituale“ („Moralischer und geistlicher Wald“) ebenfalls eingespielt.



    Garrido entschloss sich in der vorliegenden Aufnahme zu einer Zusammenstellung für eine Vesper für ein Märtyrer-Fest.
    Er ergänzte die ausgewählten mehrstimmigen Vesperpsalmen und das Magnificat zu diesem Zweck mit gregorianischen Antiphonen.
    So bekommt der Hörer einen Eindruck davon, wie die in der "Selva" enthaltenen Vesper-Kompositionen
    ursprünglich in einen liturgischen Zusammenhang eingebaut worden sein könnten.
    Einige Stücke wurden in unterschiedlicher Besetzung auch zweimal aufgenommen.
    Garrido hat die "Selva" in drei Etappen mit teils unterschiedlichen Besetzungen eingespielt.
    Auf der Ebene der Vokalisten hat er mit Sängerinnen und Sängern wie Adriana Fernandez,
    Cyril Auvity oder Philippe Jaroussky einige Glücksgriffe getan;
    im vokalen Ensemble-Bereich gibt es aber die eine oder andere Schwäche.
    Das Instrumentalensemble ist reichhaltig bestückt, neben Streichern, Zinken und Posaunen
    treten in einzelnen Sätzen noch Theorben, Harfen, Flöten, Orgel und Cembalo in Aktion.


    Bemerkenswert der Einsatz des Kinderchores Les Petits Chanteur de Saint-Marc aus Lyon.
    Dies kann sich durchaus auf eine an San Marco übliche Chorpraxis berufen.
    An der Markusbasilika gab es neben der capella mit ihren festangestellten, professionellen Sängern
    -zwischen 1616 und 1635 erweiterte Monteverdi ihre Anzahl von 24 auf 35 Sänger-,
    noch die giovanni di coro und den coro dei zaghi.
    Dies waren weitere vom maestro di coro geleitete Sängerensembles;
    im coro di giovanni erhielten die auszubildenden Priester am Priesterseminar ihre musikalische Unterweisung,
    die Musiktheorie, Notenlehre und cantus-firmus Gesang umfasste.
    Der coro dei zaghi (Knabenchor) umfasste rund 40 bis 50 Knaben.
    Möglicherweise sangen diese beiden Chöre an denjenigen Wochentagen,
    an denen die capella nicht anwesend sein musste, auch polyphone Werke.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Guten Abend


    eine weitere Gesamtaufnahme der "Selva morale e spirituale" hat das Ensemble La Venexiana mit der Schola gregoriana



    eingespielt.


    Auch in der beim Festival von Cuenca mitgeschnittenen Aufführung folgt Claudio Cavina Weg einiger seiner Vorgänger.
    Aus dem Material der "Selva" hat der Leiter von La Venexiana zwei Vespern und eine Messe zusammengestellt
    und die Musik durch Antiphone und Responsorien in einen liturgischen Kontext eingebunden.
    Interessant ist, dass Monteverdi seine Sammlung der Wiener Kaiserin Eleonora Gonzaga widmet
    (wie drei Jahre vorher sein 8. Madrigalbuch Kaiser Ferdinand III.) und sich an den kirchenmusikalischen Bedürfnissen der Kaiserin
    sowie den musikalischen und literarischen Vorlieben des Wiener Kaiserhofes orientierte.
    Bei dieser Aufführung, die in einer Kirche mitgeschnitten wurde, waren die Musiker offenbar
    -nicht anders als auch an San Marco- im Kirchenraum verteilt.
    Der so erklingende Hall verleiht dieser sakralen Musik viel an Glanz und Räumlichkeit, in der sich die prächtigen Bläsereinsätze herrlich entfalten können.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag



    Heinrich Schütz plante ab 1627 eine weitere Studienreise nach Vendig; bekanntlich weilte er erstmals von 1609 bis 1613 dort
    um u.a. bei Giovanni Gabrieli seine musikalische Studien zu vervollkommen.
    Als Claudio Monteverdi 1613 Kapellmeister an San Marco wurde war Schütz nicht mehr in Venedig.
    Sein Ruf und die Kunde von ungewöhnlichen kompositorischen Neuerungen waren natürlich auch zu Schütz gelangt, er wollte sich an Ort und Stelle informieren.
    Es war eine beschwerliche Reise, Schütz berichtete Anfang November kurz nach seiner Ankunft 1628 aus Venedig an seinen Kurfürst:


    „Wegen der zum Teil in Deutschland und an den venezianischen Grenzen gesperrte Pässe erst vor wenigen Tagen erst am Ziel angelangt sei“


    und


    „Daß das Reisen ein ziemlich gekostet".


    Weiterhin wies er nochmals in dem Brief auf den Studiencharakter der Reise hin:


    „verspüre, daß von der Zeit an, da ich das erste Mal an diesem Örtern gewesen bin, sich ganze Werk sehr geändert und die Musik,
    welche an fürstlichen Tafeln, Comedien, Baletten und dergleichen Repräsentationen dienlich ist, sich jetzt merklich verbessert und zugenommen hat.“


    Schütz wird gleich nach seiner Ankunft in Venedig sich umfassend über die derzeitige Musikszene informiert haben.
    Denkart, Geschmack und Mode hatten sich seit Gabrielis Zeiten geändert, mit Monteverdi kamen Neuordnungen und neue Anregungen in die Lagunenstadt.
    Man weis wenig über das Verhältnis von Schütz und Monteverdi zueinander, Monteverdi war bereits 61 Jahre und Schütz 43 Jahre alt
    und beide waren ausgereifte und charakterfeste Musikerpersönlichkeiten.
    Dass sie sich kennengelernt und ausgetauscht haben, darf man wohl mit Sicherheit annehmen.
    Belege, dass Schütz ein „Meisterschüler“ Monteverdis war, gibt es keine.
    Der Aussage von David Schirmer, ein Dresdner Hofpoet:


    „Der edle Mont de verde wies ihn mit Freuden an, /
    Und zeigt ihn voller Lust die offt gezeigte Bahn /“
    ,


    darf man nur bedingt Glauben schenken.
    Man darf sich wohl mehr ein Gedankenaustausch auf der Ebene zweier gleichberechtigter musikalischen Kapazitäten vorstellen.
    Neue musikalische Eindrücke wird Schütz jedenfalls von Monteverdi und seiner Umgebung eine Menge erfahren haben.
    Ende November 1629 traf Schütz wieder in Dresden ein, nachdem er noch weitere Orte in Italien besucht und einige Instrumente und Musikalien erworben hatte.
    In die Widmung zu seinem 1. Buch der "Symphoniae sacrae" schrieb er:


    „Durch meine Abwesenheit, bester Prinz, bin ich nicht von euch entfernt,
    denn dank der Aufträge Eures edlen Vaters begleite ich Euch in die exquisite Welt der Musik…
    Für meine Rückreise plane ich, Zeugnisse meiner Studienreise mitzubringen, die ihrer Hoheit würdig seien.
    Glücklicherweise meine ich die dieses geschenk gefunden zu haben.
    Eurer gnaden möge es anhören.
    Als ich nach Venedig kam, beschloss ich in dieser Stadt zu verweilen,
    in der ich während meiner Jugendjahre erste Schritte meiner Kunst unter der Leitung des großen Gabrieli gemacht hatte.
    Ja Gabrieli ihr unsterblichen Götter, welch ein Mann !


    Als ich bei alten Freunden in Venedig weilte, wurde mir klar, dass sich die Kompositionskunst gewandelt hatte.
    Die Rhythmen der Vergangenheit waren zum Teil verlassen worden,
    und man versuche nun, den Ohren mit neuen Sinnlichkeiten zu schmeicheln.
    Damit ihr dies neue Genre kennen lernen könnt, habe ich Geist und Kraft eingesetzt.“


    Hörbar ist, dass Schütz Monteverdis Werke kannte, in seiner Psalmvertonung „Es steh Gott auf“ aus den Symphoniea sacrae II.
    Der erste Teil dieses Stückes, der musikalisch mit einer alla-Battaglia-Stilistik einen kriegerischen, sich gegen seine Feinde erhebenden Gott proklamiert,
    stammt mit seinem Anfangsmotiv aus Monteverdis Madrigal „Armato il cor“ ,
    die finale Chiaconne deutlich hörbar aus dem Ciaconnenthema des monteverd´schen „Zefrio torna“ Madrigal.
    Schütz macht jedoch hierzu die Bemerkung:


    „Wolle aber deßwegen niemand meine übrige Arbeit in ungleichen Verdacht ziehen
    als der ich nicht gefliessen bin mit frembden Feder meine Arbeit zu schmücken.“


    In seinen "Symphoniae sacrae II" erwähnt Schütz zum ersten Mal überhaupt Monteverdi direkt:


    „ nach des scharffsinigen Herrn Claudii Monteverdes Meynung /
    In der Vorrede des achten Buches seiner Madrigal /
    die Music nunmehr zu ihren entlichen Vollkommenheit gelangt seyn soll“


    Kritische Distanznahme oder Bewunderung ?
    Enge Freunde sind sie wohl kaum geworden, und wenn es bei Monteverdi für Schütz etwas zu lernen gab,
    hat er die mutmaßlichen Treffen eher zur Erweiterung seines Könnens genutzt, er brauchte sein Licht nicht unter einen Scheffel zu stellen.


    Einen eindrucksvollen Höreindruck der Paslmvertonung
    "Es steh Gott auf" bietet diese



    Teileinspielung der "Symphoniae sacrae II" durch das Ensemble
    La Chapelle Rhenane .


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo,


    während Monteverdi heutzutage meist als Komponist von Opern und geistlichen Werken (z. B. Marienvesper) bekannt ist, war er bei seinen Zeigenossen besonders wegen seiner 8 Madrigalbücher bekannt und sehr geschätzt.


    Eine kleine Auswahl aus dem II. V. VI. und VIII. Madrigalbüchern sind auf dieser CD zu hören. Dabei handelt es sich um Chorwerke mit Continuo-Begleitung und Solosängern einerseits und A-capella-Chören andererseits.


    Hören und viel Freude haben ist das Motto dieser CD, auch wenn die Madrigale die Klangpracht der großen Werke natürlich nicht erreichen können. (Die Texte der Madrigale sind im Booklet - auch in deutscher Sprache - enthalten.)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Claudio Monteverdi wurde am 14. Mai 1567 geboren und starb am 29. November 1643. Zu seinem Geburtstag habe ich diese Box ausgesucht:



    Heute ist sein 448. Geburtstag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Gerade bei Youtube entdeckt: Koskys spraktakulärer "Orpheus" als Auftakt seines dreiteiligen Monteverdi-Zyklus' 2012 an der Komischen Oper Berlin, in deutscher Sprache und in der Fassung/Instrumentation der zeitgenössischen Komponistin Elena Kats-Chernin.


    Ich war im September 2012 drin und begeistert, ja überwältigt (die Live-Wirkung etwa der Szene ab 6:45 gibt die Fernsehaufzeichnung nicht im entferntesten wieder). Dann war ich noch in zweites Mal im Juli 2013 drin und war nicht mehr so begeistert. Bei Kupfer-Inszenierungen an diesem Haus war meine Zufriedenheit beim zweiten Besuch meistens noch größer als beim ersten und auch bei jedem weiteren entdeckte man immer wieder noch etwas Neues, das ging mir mit Koskys "Orpheus" leider anders, aber die Erstbegegnung gehört zu meinen stärksten Musiktheatererlebnissen überhaupt Zwischendurch hatte ich im Oktober im Oktober 2012 eine schlechte regietheatermätzchenbehaftete und geradezu widerliche "Poppea" (um wie viel großartiger war die Rheinsberger "Poppea" im Jahr davor!) und im Juni 2013 den guten "Odysseus" gesehen.


    Aber diesen "Orpheus" darf man sich schon mal ansehen, wenn im Video auch nicht so unmittelbar erlebbar wie damals im Theater:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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