Und Mozart starb den Hungertod in Wien..... Vorurteile-Klischees- Falschmeldungen zu Mozart

  • Wie erhält man ein "gerundetes Bild"?

    Wenn dann nur durch die Briefe und auch Berichten von Zeitzeugen. Zweiteres ist aber auch manchmal problematisch da meist mehr oder weniger Jahre verstrichen sind und eventuell danach in der Erinnerung etwas verfälscht, überzogen widergegeben, manchmal sogar bewußt durch irgendeine Motivation heraus gelogen wird. Das bekannteste Beispiel wäre hier Schindler über Beethoven oder die Zensurversuche und -maßnahmen von Constanze Mozart (sie hätte dazu sicher viel erzählen können, hat das Meiste davon mit ins Grab genommen).


    Der von John Röhl hochgelobte Braunbehrens konnte sich ja auch nur vorwiegend auf Briefe und Zeitzeugen stützen, somit erhält er mit ihm auch kein runderes Bild. :D Aber ich kann diese Empfehlung nur unterstützen, Braunberehns läßt im Gegensatz zu vielen anderen Biographen einfach nur die Fakten sprechen ohne sie selbst psychologisch deuten zu wollen. Wahrscheinlich die beste Biopgraphie über Mozart mit dem einzigen Manko daß hier nur die Wiener Jahre abgehandelt werden.


    :hello:

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Ach ja, der Braunbehrens: den wollte ich, Johannes folgend, ebenfalls noch ausdrücklich empfohlen haben, was ich dann aber verschwitzt habe. Also hier der Nachtrag: das Buch ist tatsächlich sehr gut und sollte im Bücherschrank eines jeden Mozart-Begeisterten (notabene jedes Musikfreundes) stehen!


    (...) oder die Zensurversuche und -maßnahmen von Constanze Mozart (sie hätte dazu sicher viel erzählen können, hat das Meiste davon mit ins Grab genommen).

    Was aber für mich nachvollziehbar ist. Ich bin mir sicher, daß man Constanze Mozart deshalb nicht als "Zensorin" bezeichnen kann. Wenn sie Briefe hat verschwinden lassen (genauso könnten einige aber auch verloren gegangen sein), wird sie private Gründe gehabt haben. Bestimmt waren einige darunter, die fremde Augen nicht lesen sollten... :stumm:


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Was aber für mich nachvollziehbar ist. Ich bin mir sicher, daß man Constanze Mozart deshalb nicht als "Zensorin" bezeichnen kann. Wenn sie Briefe hat verschwinden lassen (genauso könnten einige aber auch verloren gegangen sein), wird sie private Gründe gehabt haben. Bestimmt waren einige darunter, die fremde Augen nicht lesen sollten... :stumm:

    Jetzt mal abgesehn davon daß sie auch die Textstellen der Kanons abgeändert hat (o.k. noch verständlich wenn sie diese zum Verkauf anbieten wollte) und auch Namen in Briefen unkenntlich gemacht hat, habe ich den starken Verdacht daß Sie so manche interessanten (es müssen nicht immer private) Details verschwiegen hat, zum Einen wenn es möglicherweise nicht dem positiven Image Mozarts zuträglich war (worauf Sie natürlich sehr bedacht war da sie ja auch finanziell Kapital aus ihm schlagen konnte) oder eventuell auch nicht wirklich zur Aufklärung gewisser wichtiger Fragen wie zu seinem Tod beitragen wollte (Soweit ich weiß hat Sie sich angebilch bis zu ihrem Tod generell sehr verschlossen über biographische Details gezeigt). Ihre Rolle ist eher ziemlich ominös würde ich sagen, nach seinem Tod wird der von Mozart favorisierte Süßmayr (Sophies Zeitzeugenbericht beschreibt noch wie er angeblich bis zuletzt...also wo er noch bei Sinnen war... mit ihm das Requiem durchgegangen ist) übergangen um zuerst Eybler (bzw. Stadler) zu beauftragen, Mozarts Grab wird erstmals 1808 (17 Jahre nach seinem Tod!) besucht (so nebenbei war sie auch nicht bei der Trauerfeier am Stephansdom anwesend, aus welchen Gründen auch immer sei mal dahingestellt) und ich denke mit bischen mehr Willen hätte Sie auch einen Freund/Gönner/Verehrer mit Geld auftreiben können der für ein höherklassiges Grab aufkommt. (Ich glaube da gibt es sogar eine Aussage von Jemanden er wäre gerne dafür aufgekommen, war aber schon zu spät als er vom Tod erfuhr) Warum der wohlhabende van Swieten mit dem Mozart öfters zu tun hatte zu geizig dafür war ist ja wieder eine andere - evtl. aber auch eine zusammenhängende - Frage (was ja wieder die These von Ludwig Köppen wenn auch nicht bewiesen recht plausibel macht) Da auch kein Brief von ihr an Mozart erhalten geblieben ist, kann man nur mutmaßen inwieweit Sie seine Liebe erwidert hat. Für mich ist sie jedenfalls ziemlich rätselhaft und undurchschaubar.
    :hello:

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Und sie schlüpfte durch die Netze der bekannt unerbittlichen österreichischen Zensur.


    Ach ja? Du bist im falschen Jahrhundert, denn Joseph II. schaffte 1781 die Zensur ab! Sie wurde zwar noch zu seinen Lebzeiten wieder teilweise eingeführt, aber wenn sie so "unerbittlich" gewesen wäre, hätte es keinerlei Grund für Da Ponte gegeben, irgendwelche Versprechen bezüglich des Inhalts abzugeben - es wäre ja ohnehin nichts Verfängliches durchgekommen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Jeder Biograph wird die Briefe normalerweise verwendet haben, aber eben nicht nur diese. Und wie Thomas schon erwähnte, betont Braunbehrens u.a., dass wir keineswegs ein vollständiges Bild von Mozart und seinem Charakter haben! (Wenn auch ein erheblich weniger fragmentarisches als zB von Bach oder Händel.)
    Er zeigt aber ein wesentlich vollständigeres als es eine Briefauswahl vermag. U.a. durch solche Dinge wie Mozarts Bücher und seine Kleider, einen Blick auf die unterschiedlichen Wohnungen usw.
    Dass Mozart zB zeitweise ein Pferd besaß und einen eigenen Billardtisch spricht ebenso gegen den monomanischen Nur-Musiker wie seine Freude an Tanzveranstaltungen, Karneval usw. gegen den egoistischen Karrieristen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Ach ja? Du bist im falschen Jahrhundert, denn Joseph II. schaffte 1781 die Zensur ab! Sie wurde zwar noch zu seinen Lebzeiten wieder teilweise eingeführt, aber wenn sie so "unerbittlich" gewesen wäre, hätte es keinerlei Grund für Da Ponte gegeben, irgendwelche Versprechen bezüglich des Inhalts abzugeben - es wäre ja ohnehin nichts Verfängliches durchgekommen.


    Auszug aus einem Text des AEIOU - Österreichlexikons


    Zitat

    Zensur: Als Vorkontrolle von Druckwerken vor deren Veröffentlichung gab es Zensur im 18. Jahrhundert besonders zur Zeit Maria Theresias. Die Zensur wurde unter Joseph II. zuerst gelockert, ab der Errichtung der geheimen Polizei nach 1786 wieder verstärkt. Von einer Kommission ausgeübt, wurde die Zensur als kulturpolitische und pädagogische Einrichtung für Theater, Schule und Kirche gesehen. Zur Zeit der Französischen Revolution wurde die Zensur auf den Briefverkehr ausgedehnt

    Die Zensur wurde GELOCKERT - nicht aufgehoben .
    Und als gelernte Österreicher wissen wir, dass zwischen Gesetz und Realität ein großer Unterschied besteht.
    Da Ponte, eine der schillerndsten Persönlickeiten seines Metiers, wusste genau was er tat, als er sich die Erlaubnis von Joseph II holte die Oper aufzuführen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Er zeigt aber ein wesentlich vollständigeres als es eine Briefauswahl vermag. U.a. durch solche Dinge wie Mozarts Bücher und seine Kleider, einen Blick auf die unterschiedlichen Wohnungen usw.

    Bei einer kleinen Briefauswahl geb ich dir recht. ;) Aber da Braunbehrens nur einige Briefe stellenweise zitiert kompensiert eine umfangreiche Briefzusammenstellung auch etwas. Übrigens...für alle Mozartinteressierten sei ein interessanter link zum durchlesen empfohlen, geschrieben vom Mozartforscher Dr. Michael Lorenz der Interessantes über seine Wohnstätten am Alsergrund (Währingerstraße) und Landstraße herausgefunden hat. (link am Ende angeführt) Da 2009 publiziert also auf einem neueren Wissensstand als in den meisten Biographien (inkl. Braunbehrens)


    Demnach hat er bei recherchen in Archiven entdeckt daß Mozarts o.a. Wohnstätten wie zuvor angenommen keineswegs so günstig oder wesentlich schlechter als in der Domgasse/Schulerstraße waren (jedes Mal das größte und teuerste Appartement des Hauses und für damalige Mietverhältnisse noch sehr teuer). Dennoch bin ich nicht seiner Meinung, man könnte dadurch vermuten Mozart hätte in Wahrheit keine Schulden gehabt. In der Auflistung im link kann man sehen, daß er sich beim Wechsel von der Innenstadt zur Landstraße immerhin mehr als die Hälfte der Miete erspart hat.(450 fl -> 200 fl) Lorenz geht sogar soweit indem er vermutet die Bettelbriefe Mozarts an Puchberg wären nur fingiert gewesen um an noch mehr Geld zu kommen - also das find ich schon eine sehr gewagte, an den Haaren herbeigezogene These. Ich denke indem Mozart immer auf großem Fuß gelebt hat beweist ja noch lange nicht daß er das auch aus eigenen finanziellen Mitteln zahlen konnte.


    http://homepage.univie.ac.at/michael.lorenz/alsergrund/


    :hello:

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Übrigens...für alle Mozartinteressierten sei ein interessanter link zum durchlesen empfohlen, geschrieben vom Mozartforscher Dr. Michael Lorenz der Interessantes über seine Wohnstätten am Alsergrund (Währingerstraße) und Landstraße herausgefunden hat. (link am Ende angeführt)


    Was habe ich mich schon oft geärgert, daß ich kein Englisch gelernt habe! Hier schon wieder! ;(


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Was habe ich mich schon oft geärgert, daß ich kein Englisch gelernt habe! Hier schon wieder! ;(

    Du könntest zur Not die Seite bei zB babelfish übersetzen lassen, das Deutsch wird dann wohl sicher etwas merkwürdig klingen aber in dem Fall wohl sicher noch besser bevor man nichts oder kaum etwas versteht. ;)


    :hello:

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)