Jonas Kaufmann, von München aus die Welt erobert

  • Im Prinzip kann man meine Aussage auch auf das französische Fach übertragen (z.B. Carmen, Faust oder Werther), in dem er auch schon einmal etwas seltsam klingt und zudem auch eine etwas schwere Stimme hat - ziemlich unfranzösisch halt, obwohl er es ganz gut singen kann.

    Vor allem im französischen Fach! Da wirkt er doch meistens wie der Elefant im Porzellanladen. Wobei ich glaube, es hat nicht damit zu tun, dass die Stimme so wahnsinnig schwer ist (was ich nicht finde), sondern eher damit, dass er mit zu viel Druck singt und zuviel Gewicht auf die Stimme legt, sodass sie wenig flexibel und biegsam ist. Und im französischen Fach braucht man finde ich UNBEDINGT Eleganz, Biegsamkeit und eine leichte, unangestrengte und strahlende Höhe.

  • Und im französischen Fach braucht man finde ich UNBEDINGT Eleganz, Biegsamkeit und eine leichte, unangestrengte und strahlende Höhe.


    Genau darüber verfügt Jonas Kaufmann. Soweit meine Meinung und damit stehe ich sicher nicht allein da.


    Jolanthe

  • Er singt gaumig, undeutlich und die Stimme trägt schlecht wenn er nicht voll aussingt - und ja: er ist ein Frauentyp.

    Ja leider. Für gaumig kann man auch sagen, dass er kein "A"Sänger ist (offener Vokal) wie Wunderlich, Anders usw. Dass gibt es auch bei vielen Italienern. Schlimmer finde ich, dass sein Vortrag so uneinheitlich ist, kein piano, kein pianissimo, kein richtiges Falsett, aber je lauter, je besser. Aber das allein reicht nun einmal nicht. Ich höre gerade Cosi und Oberon mit ihm, was für eine Stimme!!! Toll. Aber jetzt? Brüllen konnten Hopf, Beirer u.a. besser.



    Inzwischen ist mir hinreichend bekannt, dass Herr Kaufmann hier im Forum viele Gegner hat.

    Das Wort Gegner passt mir hier nicht. Die einen mögen Herrn Brüderle, andere nicht. Warum auch. Jeder nach seinem Geschmack. Was mich bei dem sehr gut aussehenden Sänger und Schauspieler Kaufmann etwas stört, ist die uneinheitlich geführte Stimme beim Vortrag. Wenn ein Sänger ganz leise, leise oder mit halber Stimme singt (nicht haucht wie Kaufmann) muss er immer erkannt werden. Bei Kaufmann habe ich da aber große Mühe. Auch wenn Vickers mal piano singen musste, blieb er Vickers. Ich könnte hier viele Beispiele anführen. Kaufmanns Stimme strahlt da, wo es zu Sache geht, hoch und laut. Ob das immer reicht, weiß ich nicht. Den Vergleich zu den ganz Großen im italienischen und französischen Fach hält er wohl nicht stand. Sogar Cura, ein Sänger mit wirklich baritonalem Fundament, hat es geschafft, im Weihnachtskonzert aus dem Konzerthaus Wien ein wunderschönes piano zu singen. Es geht doch also.


    LG, Bernsward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ja leider. Für gaumig kann man auch sagen, dass er kein "A"Sänger ist (offener Vokal) wie Wunderlich, Anders usw. Dass gibt es auch bei vielen Italienern.


    Wie kommt so etwas zu Stande? Ich verstehe zu wenig von Stimmbildung und Ausbildung und auch von den organischen Grundlagen der Sangeskunst; aber das würde mich schon mal interessieren!

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  • Ja, gut gesungen! Aber das charakteristische und für viele gewöhnungsbedürftige Timbre war auch schön zu vernehmen. Dazu kommt jetzt die Gretchenfrage: in der 1. Reihe war sein Piano natürlich gut hörbar, aber wie war das in der 20.? Dazu bräuchte man Aussagen, um die Tragfähigkeit seines Pianos beurteilen zu können.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat Theophilus:

    Zitat

    Dazu kommt jetzt die Gretchenfrage: in der 1. Reihe war sein Piano natürlich gut hörbar, aber wie war das in der 20.? Dazu bräuchte man Aussagen, um die Tragfähigkeit seines Pianos beurteilen zu können.

    Etwa wie beim Rita Streich? :stumm:

    W.S.

  • Wie kommt so etwas zu Stande? Ich verstehe zu wenig von Stimmbildung und Ausbildung und auch von den organischen Grundlagen der Sangeskunst; aber das würde mich schon mal interessieren!

    Mir geht es ebenso. Dennoch behaupte ich, dass mir die leisen Stellen in der Gralserzählung oder bei "Nun sei bedankt mein lieber Schwan oder in der Florestan-Arie, um nur einige zu nennen, nicht besonders gefallen.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Mir geht es ebenso. Dennoch behaupte ich, dass mir die leisen Stellen in der Gralserzählung oder bei "Nun sei bedankt mein lieber Schwan oder in der Florestan-Arie, um nur einige zu nennen, nicht besonders gefallen.


    LG, Bernward


    Geht mir genauso, nachdem ich dreimal den Scala-Lohengrin und zweimal das Sehnsucht-Programm gesehen und gehört habe!

  • Toll gelingt Kaufmann aber in der Gralserzählung besonders die dramaturgisch wohl beste Stelle:


    Wer nun dem Gral zu dienen ist erkoren,
    den rüstet er mit überirdischer Macht;
    an dem ist jedes Bösen Trug verloren,
    wenn ihn er sieht, weicht dem des Todes Nacht.


    Das singt er mit solcher Inbrunst und Ausdruckskraft, wie ich das ganz selten hörte!


    (Beziehe mich konkret auf folgendes Video, scheinbar identisch mit diesem Titel "Sehnsucht".)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Etwa wie beim Rita Streich? :stumm:


    Rita Streich hatte nicht die Stimme für dramatische Koloraturpartien in mittleren bis größeren Häuser. Das war ihr ganz offensichtlich bewusst, aber du kannst dich nicht mit dem Gedanken anfreunden.


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat von Theophilus

    Rita Streich hatte nicht die Stimme für dramatische Koloraturpartien in mittleren bis größeren Häuser. Das war ihr ganz offensichtlich bewusst, aber du kannst dich nicht mit dem Gedanken anfreunden.

    In der Tat, da bin ich anderer Meinung, und der Schönheit der Stimme tat es sowieso keinen Abbruch. Es mußte in diesem Zusammenhang einfach raus, weil unvergessen! :evil:

    W.S.


  • Deshalb werde ich mir jetzt als CD (dafür gab es 2010 den Echo Klassik) zulegen, was ich auf Sky zweimal sah; damit mein Hören nicht durch das Sehen beeinflusst wird:



    Ich denke, die Dreisternerezension spricht einige meiner Bedenken an; aber ich werde deine Worte beherzigen und nochmal nachhören!


    So, ich habe die CD heute zweimal mit Freunden gehört, die guten Willens waren und trotzdem mehrfach regelrecht lachen mussten. Mein Urteil jedenfalls hat sich bestätigt!

  • So, ich habe die CD heute zweimal mit Freunden gehört, die guten Willens waren und trotzdem mehrfach regelrecht lachen mussten. Mein Urteil jedenfalls hat sich bestätigt!


    Dein Urteil ist sicher das einzig richtige. Vielleicht kennst du auch einfach viel zu wenig von ihm.


    :hello:
    Jolanthe

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  • Dein Urteil ist sicher das einzig richtige. Vielleicht kennst du auch einfach viel zu wenig von ihm.

    Ja, ich werde dem weiter nachgehen! Ich wollte nur nicht extra weitere GAs von Opern erwerben; ob es noch andere Zusammenstellungen gibt?

  • Ich verfolge den Werdegang von Jonas Kaufmann schon über sehr lange Zeit, genauer: seit seinem (und seiner Frau Margarete Joswig's) Stuttgarter Engagement. Und seine Aufnahmen als lyrischer Tenor von damals machen deutlich, weshalb er eine so steile Karriere hinlegen konnte. Da war die Stimme klar, höhen- und koloraturensicher, es gab regelrechte Beifallsstürme, wenn er als Conte Almaviva seine perfekten Rossini-Perlen verschleuderte.
    Die Wende kam mit der Zuwendung zum Heldischen. Das begann in Zürich mit Florestan und setzte sich mit seinen Wagner-Partien fort. Und, so sympathisch ich den Sänger auch finde, ich finde sein Singen heute nicht mehr so schön wie früher. Über die Veränderung seiner Stimme wurde schon viel gesagt und geschrieben, das muß nicht immer wieder durchgekaut werden.
    Ich schätze Jonas Kaufmann so intelligent ein, daß er weiß, was er seiner Stimme wie lange noch zumuten kann. Und so lange werden seine Verehrer und seine Kritiker verschiedene Meinungen haben.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo,


    ich habe mir die Wagner-CD von Kaufmann nun mehrfach angehört und ich möchte meine Meinung kundtun. Der Tenor hat die aufgenommenen Stücke klug gewählt, auch weil sie den hörenden Wagnerianer über den weiteren Weg seiner Stimme im Unklaren lassen. Hervorragend "Ein Schwert verhieß mir der Vater", kraftvoll, mit metallischer Stimme, sehr beeindruckenden Wälse-Rufen und sehr wortdeutlich gesungen. Ideal für Kaufmanns baritonal timbrierte Stimme. Überaus ehrenwert auch die Romerzählung des Tannhäuser, obwohl er die Phrasen vor den großen dramatischen Stellen rhetorischer singt, als üblich, was auf Überforderung hindeuten könnte. In die Richtung von Selbstbeschränkung zeigt auch die Szene aus Siegfried, denn "Das der mein Vater nicht ist", ist eine lyrische Erzählung und keine dramatische Heldentenor-Klippe, wie etwa die Schmiede-Arie "Nothung, Nothung-Neidliches Schwert". Hat der Tenor auch deshalb, um Rudolf Schock zu zitieren, "das Schubert-Lied der Meistersinger" "Am stillen Herd" gewählt und nicht das sehr viel schwierigere Preislied des Stolzing, in dem die Höhe in langen Legato-Bögen mit Kraft gebildet werden muß ? Rienzis Gebet ist zwar sehr achtbar, doch fühlt sich Kaufmanns Stimme hier hörbar nicht wohl. Das große Verdienst der CD ist auch, daß man die Urfassung der Gralserzählung wieder hören kann, von Kaufmann bravourös gesungen. Über die von Kollo begonnene Unsitte, als Wagnertenor die Wesendonck-Lieder zu interpretieren, schweige ich! Ich habe jetzt Kritisches ausgeführt, was jedoch nichts am Rang von Kaufmann herabsetzen soll. Gott sei Dank durchbricht mit ihm wieder ein Sänger mit baritonalem Timbre das ewige Mantra vom "Lyrischen Wagnertenor". In einem Interview nahm er dezidiert Bezug auf Ramon Vinay. Er sollte allerdings Bühnenauftritte als Siegfried, Tannhäuser oder Tristan noch einige Trainings-Jahre hinauszögern !
    Gruß,


    Antalwin

  • TELE 5-Opernnacht mit Star-Tenor Jonas Kaufmann


    Sonntag, 31.03., 00.10 Uhr


    Jonas Kaufmann singt Wagner – Die Walküre


    Zitat

    TELE 5 präsentiert eine der aufwendigsten und teuersten je realisierten Neuproduktionen der New Yorker Metropolitan Opera. In dieser großartigen Neuinszenierung von Richard Wagners Walküre gibt Jonas Kaufmann den Helden Siegmund, Bryn Terfel den Göttervater Wotan und Deborah Voigt die Brünnhilde.


    Die Oper ist in HD aufgezeichnet und wird in voller Länge und ohne Werbeunterbrechungen gezeigt.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,


    ich habe mir die Wagner-CD von Kaufmann nun mehrfach angehört und ich möchte meine Meinung kundtun. Der Tenor hat die aufgenommenen Stücke klug gewählt, auch weil sie den hörenden Wagnerianer über den weiteren Weg seiner Stimme im Unklaren lassen. Hervorragend "Ein Schwert verhieß mir der Vater", kraftvoll, mit metallischer Stimme, sehr beeindruckenden Wälse-Rufen und sehr wortdeutlich gesungen. Ideal für Kaufmanns baritonal timbrierte Stimme. Überaus ehrenwert auch die Romerzählung des Tannhäuser, obwohl er die Phrasen vor den großen dramatischen Stellen rhetorischer singt, als üblich, was auf Überforderung hindeuten könnte. In die Richtung von Selbstbeschränkung zeigt auch die Szene aus Siegfried, denn "Das der mein Vater nicht ist", ist eine lyrische Erzählung und keine dramatische Heldentenor-Klippe, wie etwa die Schmiede-Arie "Nothung, Nothung-Neidliches Schwert". Hat der Tenor auch deshalb, um Rudolf Schock zu zitieren, "das Schubert-Lied der Meistersinger" "Am stillen Herd" gewählt und nicht das sehr viel schwierigere Preislied des Stolzing, in dem die Höhe in langen Legato-Bögen mit Kraft gebildet werden muß ? Rienzis Gebet ist zwar sehr achtbar, doch fühlt sich Kaufmanns Stimme hier hörbar nicht wohl. Das große Verdienst der CD ist auch, daß man die Urfassung der Gralserzählung wieder hören kann, von Kaufmann bravourös gesungen. Über die von Kollo begonnene Unsitte, als Wagnertenor die Wesendonck-Lieder zu interpretieren, schweige ich! Ich habe jetzt Kritisches ausgeführt, was jedoch nichts am Rang von Kaufmann herabsetzen soll. Gott sei Dank durchbricht mit ihm wieder ein Sänger mit baritonalem Timbre das ewige Mantra vom "Lyrischen Wagnertenor". In einem Interview nahm er dezidiert Bezug auf Ramon Vinay. Er sollte allerdings Bühnenauftritte als Siegfried, Tannhäuser oder Tristan noch einige Trainings-Jahre hinauszögern !
    Gruß,


    Antalwin

    Danke für die schöne Besprechung, du meinst sicher diese CD hier: Jonas Kaufmann, von München aus die Welt erobert

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  • Natürlich ! Von dieser CD rede ich. Ich bin gespannt auf andere Meinungen !


    Gruß,


    Antalwin


    Sie kam heute mit der Post, bin nach deinen Ausführungen wirklich sehr gespannt; werde dir aber leider nicht mehr antworten können!

  • Für den 15. Februar 2013 ist ein neues Album angekündigt: Jonas Kaufmann - Wagner



    Und was für ein Album! Einen besseren Rienzi hat man selten gehört. Kaufmann beherrscht alle Nuancen der Figur. Er durchdringt sämtliche Figuren wirklich, ob Rienzi, Lohengrin, Tannhäuser, Stolzing, Parsifal (der hier fehlt), Siegmund oder Siegfried. Anders als Vogt, bei dem alles irgendwie nach Lohengrin klingt. Das Highlight ist wohl neben dem Rienzi-Gebet die Gralserzählung in der Urfassung mit der zweiten Strophe. Welcher heutige Tenor kann all diese Partien auf ähnlich hohem Niveau singen? Habe gestern noch zufällig die Rienzi-Arie von Jess Thomas gefunden. Deutlich schwächer gesungen, obwohl ich seinen Lohengrin und auch Siegfried wirklich schätze.


    Wer kennt das Album denn neben Antalwin und mir mittlerweile auch schon und würde seine Eindrücke schildern?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Diese CD finde ich einfach nur umwerfend. Sie ist ein Ereignis. Ich kenne keinen aktiven Tenor, der es mit dem Jonas Kaufmann dieser Wagner-CD aufnehmen kann. Etwas einschränkend soll das heißen: Es ist eine wohl kalkulierte Studioaufnahme! Auf der Bühne hat Kaufmann bisher um Siegfried, Rienzi und Tannhäuser einen Bogen gemacht, was ich sehr klug finde. Die Zukunft wird zeigen, ob er diesen kräftezehrenden Killer-Partien gewachsen ist. Planungen soll es geben. Die CD ist also auch ein Zerrbild, was nicht kritisch-mäkelnd verstanden werden soll. Kein Heldentenor bekommt das Gebet des Rienzi am Ende dieser Oper so zart anhebend hin wie Kaufmann, der eben nur diese Szene zu singen hat. Am tiefsten berührt bin ich vom jungen Siegfried. "Dass der mein Vater nicht ist!" Dieses fast liedhafte Sinnen nach Herkunft, diese Sehnsucht nach der Mutter, wann hat man das je so verinnerlicht und zugleich so unschuldig naiv gehört? Jedes Wort findet seine Bedeutung. Da weiß einer, was er singt. Jedes Wort ist auch zu verstehen. Die Romerzählung bringt den Sänger – und das muss auch so sein – an die Grenzen. Siegmund ist noch mehr verfeinert und etwas schwerer im Ansatz. Kein Vergleich zu den Winterstürmen der CD „Sehnsucht“ unter Abbado, wo er wie auf einem Bärenfell sich räkelnd singt – Thomas Manns „Wälsungenblut“ lässt grüßen. Die komplette Gralserzählung kann auch Kaufmann nicht retten, der Strich ist einer des besten in der Opernliteratur. Wunderbar hört es sich trotzdem an. Die Wesendonck-Lieder klingen um Welten besser als bei Kollo in der Einspielung unter Thielemann. Trotzdem bleiben sie für mich Frauen-Lieder. Donald Runnicles beharrt auf langsamen Tempi. Das bringt Kaufmann nicht in die Bredouille, aber leichter wird es für ihn dadurch nicht. Damit will ich nichts gegen langsame Tempi gesagt haben. Ich bin ihr Verfechter. Wer so gut singen kann wie Kaufmann, so einen langen Atem hat, dem kommen sie sogar entgegen. Er hat mehr Zeit und Spielraum für Gestaltung. Also ich teile die Begeisterung von Joseph II. und auch die Anmerkungen von Antalwin auf der ganzen Linie.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ja, umwerfend trifft es sehr gut, lieber Rheingold.


    Die Wälse-Rufe sind von einer solchen Wucht und Kraft, das habe ich so gefühlt von keinem Tenor seit Jahrzehnten mehr gehört.


    Dass es natürlich ein "künstliches" Studioprodukt ist, kann man nicht abstreiten. Aber wenn es so perfekt gelungen ist, dann darf das ruhig auch mal sein. Die heutigen Wagnertenöre haben es nicht unbedingt leichter, sie werden oft verglichen mit den früheren, die eben noch unter Studiobedingungen Gesamtaufnahmen machen durften. Von Kaufmann werden wir wohl kaum einen Ring aus dem Studio bekommen.


    Ich glaube, Wagner wäre stolz auf diese CD.


    P.S.: Hat jemand das "Konkurrenzprodukt" von Klaus Florian Vogt eigentlich gekauft und vergleichend gehört?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Lustig - für mich war es gerade umgekehrt. ...


    Das könnte von der Aufnahme abhängen. Ich habe ihn jetzt in einer Vorstellung aus München gesehen, wo er vom ersten Ton weg sehr gut bei Stimme ist (2010). Man muss nur damit klar kommen, dass es so klingt, als sänge ein Bariton den Cavaradossi...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Jonas Kaufmann hat sich von seiner bisherigen Plattenfirma Deutsche Grammophon/Universal Music getrennt.


    Seine Platten erscheinen künftig auf dem Sony-Label.
    Den Anfang macht ein Verdi-Recital, das er in Parma mit dem Dirigenten Pier Giorgio Morandi aufgenommen hat.
    Kaufen kann man die CD jedoch erst im September. Hier schon mal vorab die Titelliste:


    GIUSEPPE VERDI (1813–1901)

    Rigoletto

    1) La donna è mobile” (Duca)


    Aida
    2) Se quel guerrier io fossi! … Celeste Aida” (Radamès)


    Un ballo in maschera
    3) Di’ tu se fedele” (Riccardo)
    4) Forse la soglia attinse … Ma se m’è forza perderti” (Riccardo)

    Il trovatore

    5) Ah! sì, ben mio … Di quella pira” (Manrico)
    mit Giovanni Gregnanin als Ruiz und Erika Grimaldi als Leonora


    Luisa Miller
    6) Oh! fede negar potessi … Quando le sere al placido” (Rodolfo)


    Simon Boccanegra
    7) O inferno! Amelia qui! … Sento avvampar nell’anima … Cielo pietoso, rendila” (Gabriele)


    Don Carlo
    8) È lui! desso, l’Infante! … Dio, che nell’alma infondere” (Don Carlo)
    mit Franco Vassallo als Rodrigo und Daniele Cusari (un frate)


    La forza del destino
    9) La vita è inferno all’infelice … O tu, che in seno agli angeli” (Alvaro)


    I masnadieri
    10) Destatevi, o pietre! … Giuri ognun questo canuto” (Carlo)


    Otello
    11) Dio! mi potevi scagliar” (Otello)
    12) Niun mi tema” (Otello)
    mit Franco Vassallo als Jago


    BONUS TRACK:
    Macbeth
    13) O figli, o figli miei! … Ah, la paterna mano” (Macduff)


    JONAS KAUFMANN
    Coro del Teatro Municipale di Piacenza
    Orchestra dell’Opera di Parma
    PIER GIORGIO MORANDI


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Und weil's der Her Kaufmann ist, gibt's auch schon ein Cover:


    (erscheint am 13.09.)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Jedenfalls darf man sehr gespannt sein. Ich finde den Sänger auch hochsympathisch, habe ihn auch schon live und oft auf Tonträger gehört und mag seine Stimme im Prinzip schon, muss jedoch auch zugeben, dass ich einige Kritikpunkte, die hier genannt worden sind, teile, v.a. das bereits erwähnte sogenannte "gaumige" Singen. Es wurde bereits mehrfach die Frage aufgeworfen, wie sich diese Technik von der Stimmphysiologie und Technik erklären lässt.
    Dabei kommen verschiedenen Elemente zum Tragen. Beim Gesangsunterricht stellt man sich, je nach Schule und Singtechnik, unterschiedliche Dinge vor. Ein Bild, mit dem bisweilen gearbeitet wird, ist, wo man den Tonstrom, also die Luft, die von den Stimmbändern kommt, hinlenkt, um Resonanz zu erzeugen. Man kann also z. B. solche Redensarten finden wie "in die Maske singen", d.h., man versucht den vorderen Bereich des Kiefers, der Nasen- und Stirnhöhlen besonders zur Klangverstärkung und Resonanz zu nutzen (ohne jedoch zu nasal zu werden). Die Zähne zum Beispiel verstärken dabei das "Metall" der Stimme.
    Waltraud Meier hat einmal in einem Interview beschrieben, dass sie sich immer vorstellt, den Klang an einen Punkt zu lenken, der etwa zwischen ihren Augen liegt, und dass er sich von dort aus in den Raum fortpflanzt und mühelos den Saal füllt.
    Umgekehrt sollte man aber idealerweise nicht nur "vorne" singen, da man größtmögliche Resonanz erzeugen will, deshalb singt man mit einer sogenannten "Gähnstellung", bei der v.a. der hintere Rachenraum stark geweitet wird. Je größer der Hohlraum, desto größer die Resonanz (bis hinab in den Brustraum - und noch tiefer: bisweilen wird sogar mit der Vorstellung gearbeitet, selbst die Beckenbodenmuskeln zu kontrahieren, oder mit der Idee, dass der Ton bis durch die Fußsohlen in den Boden dringen soll). Wenn man dabei allerdings nicht aufpasst, und der Ton zu weit "hinten" sitzt, entsteht dieser dunkle Klang mit starker Resonanz am Gaumensegel/ hinteren Rachenraum.
    Auch das sogenannte "Decken", bei der man die Zunge eher nach hinten im Rachenraum positioniert, dient dazu, den Klang abzudunkeln; will man mehr "vorne" singen, lässt man sie hinter den unteren Schneidezähnen liegen.
    Die Kunst besteht also darin, den Klang "in die Mitte" zu lenken, so dass er nach "vorne" und "hinten" ausstrahlen kann und eine Balance entsteht.
    Mann kann sich das Vorstellen wie bei einer Trompete: vorne am Mundstück wird die Luft stark fokussiert, hinten, am Trichter wird der Klang weit in alle Richtungen gestreut.
    Wie gesagt, das alles ist sehr schwer zu beschreiben, ich hoffe, meine Ausführungen sind einigermaßen verständlich. Man muss es sehen, man muss es ausprobieren und spüren. Und es ist schwer umzusetzten, es dauert Jahre.
    Jede Gesangsschule arbeitet mit anderen Bildern und Vorstellungen, und was dem einen richtig erscheint, ist für den anderen grundfalsch.
    Ich hoffe jedoch, dass ich zumindest ganz grob eine Vorstellung davon geben konnte, welche technischen Faktoren bei diesem "gaumigen" Singen mitunter zum Tragen kommen können.

  • Lieber Don Galferos, welch verständiger und vernünfitger Beitrag! Und da gibt es Leute, die positives über z.B. Villazon äussern...

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