Mein Kandidat Nr. 5 (ohne Rangordernung) ist BORIS BEREZOVSKY.
Für den am 04. 01. 1969 in Moskau geborenen und seit 2001 in Belgien lebenden Pianisten scheint es so gut wie keine technischen Schwierigkeiten zu geben. Trotzdem würde man sein geniales Spiel verkennen, wenn man ihm allein das Label eines Tastenlöwen anhängen würde. Gerade weil er selbst die schwierigsten Klavierwerke mit einer höchst erstaunlichen inneren Ruhe und Leichtigkeit beherrscht, kann er sich voll auf den Gehalt der interpretierten Werke, deren Zusammenhänge und Differenzierungl konzentrieren, und bei allem virtuosen Zugriff gleichzeitig ein höchst kultiviertes Spiel präsentieren.
Ungeachtet vieler großer Preise, die er erspielte, wie vor allem bereits 1990 die Goldmedaille beim Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau, blieb er angenehm bescheiden und erlag nicht wie manch anderer weniger genialer Kollege ärgerlichen Starallüren.
Schon zu Beginn seiner Karrierre, die 1988 mit einem Debut in Londons Wigmore Hall begann, beschrieb ihn die "Times" als einen "artist of exceptional promise, a player of dazzling virtuosity and formidable power".
Das Repertoire BEREZOVSKYs ist sehr breit und reicht von den Einspielungen der BEETHOVEN-Klavierkonzerte, inkl. Tripelkonzert, über CHOPIN, TSCHAIKOWSKY, LISZT (Etudes d'exécution transcendante!!!), RACHMANINOFF, BALAKIREW, RAVEL, bis hin zu modernen Werken von ADAMS, CRUMB, LIGETI etc. Für seine CD mit RACHMANINOFF's erster Sonate und den CHOPIN-Variationen op. 22, sowie für seine Interpretation der CHOPIN-Etuden, erhielt er den deutschen Schallpattenpreis. Seine Wiedergabe der so immens schwierigen CHOPIN-Etuden ist absolut faszinierend und mitreißend.
BORIS BEREZOVSKY hat schon mit fast allen großen Orchestern und Dirigenten musiziert, und diesbezüglich gibt es für ihn kaum noch Steigerungspotential. Zunehmend findet auch die Einspielung von Kammermusik sein Interesse, vor allem mit dem Geiger DIMITRI MAKHTIN und dem Cellisten ALEXANDER KNIAZEV, aber auch mit vielen anderen großen Solisten.
Für mich zählt deshalb dieser Pianist zu den ganz großen Klavierkünstlern unserer Zeit, und man kann sich kaum vorstellen, wie und womit er noch zusätzliches Steigerungspotential freimachen könnte. Wichtig dürfte es deshalb nun sein, daß er dieses hohe künstlerische und technische Niveau noch für lange Zeit konservieren kann.
Viele Grüße
wok