Auf der Suche nach der inneren Wirklichkeit - Allan Pettersson

  • Dir wünsche ich viel Freude bei der weiteren Erschließung des Komponisten Allan Pettersson. Sei versichert - es lohnt!

    Vielen Dank für die guten Wünsche, ich bin auch davon überzeugt, dass sich diese Auseinandersetzung lohnt, auch wenn es echte Hörarbeit ist.


    Inzwischen ist diese hier eingetroffen und lag gestern abend auf dem Player.


    Die 7te kenne ich fast solange wie die 8te, also gut 30 Jahre. Es war m.W. auch die erste, die überhaupt eingespielt wurde, vom verehrten Antal Dorati und den Stockholmer, die LP habe ich immer noch. Übrigens ist m.W. Antal Dorati bisher der einzige international sehr bekannte Dirigent gewesen, der sich für Pettersson eingesetzt hat. Nein, stimmt nicht ganz, Blomstedt hat das 2. VC mit Ida Haendel dirigiert. Gut, und Leif Segerstam ist auch nicht ganz unbekannt. Er sollte ursprünglich alle 16 Symphonien für BIS einspielen, ist aber nach 3 CDs abgesprungen. Gründe sind unbekannt, vielleicht hat es ihn genervt, dass cpo schon weiter war und als erste über die Ziellinie ging. Aber offensichtlich läuft die Serie jetzt mit Christian Lindberg weiter und so wird es vermutlich irgendwann zwei Gesamtaufnahmen geben. Schon erstaunlich bei dieser schwierigen Musik.


    Ja, die 7te habe ich wieder gerne gehört, man sagt ja, es sei die zugänglichste (das ist alles relativ). Mir gefällt aber nach wie vor die 8te besser und die 6te ist auch starke Konkurrenz (s. weiter oben). Die 11te kannte ich noch nicht und da habe ich auch beim ersten Hören keinen Zugang zu gefunden. Ein Tamino hat sie ja auch gerade gehört, es würde mich mal interessieren, was er davon hält. Die cpo Aufnahme ist schon bestellt und so werde ich sie vermutlich demnächst noch einmal angehen.

  • Petterssons 10te ist für mich ein schwer zugängliches Werk. Ich hatte vor langer Zeit einmal eine LP dieser Symphonie unter Antal Dorati, die habe ich aber bald wieder verkauft. Nun nach gut 25 Jahren erneute Begegnung mit diesem Werk. Diese CD werde ich behalten, auch schon deshalb weil ich jetzt alle Symphonien zusammen habe. Und die 10te werde ich auch noch öfter hören, aber ich bin mir sicher, dass ich mit diesem Werk nie richtig warm werde, auch mit der 11ten nicht. Mir fehlen die lyrischen Ausklänge, die mich mit den vorherigen aufwühlenden und abweisenden Teilen versöhnen. Die 10te enthält zwar eine Andeutung davon am Anfang von Track 5, aber das Stück klingt nicht versöhnlich aus. Es ist auch in einer schwierigen Zeit (9 monatiger Krankenhausaufenthalt) geschrieben worden.


    Gleichzeitig eingetroffen das oben erwähnte Heft 162 der Musik-Konzepte. Den ersten Artikel von Michael Kube habe ich schon angelesen. Er plädiert darin u.a. dafür, dass man beginnen sollte sich mit der Musik Allan Petterssons zu beschäftigen ohne ständig den Kontext zu "Leben und Leiden" des Komponisten herzustellen. Das ist sicher ein wichtiger Gedanke. Also denken wir uns den letzten Satz des vorherigen Abschnitts einfach weg.

  • Ich war lange nicht mehr hier, die Welt ist halt groß und bunt und es gibt so viel zu sehen :D :D - Alfreds Mail "TAMINO NEWSLETTER -3 Oktober 2013" hat mich wieder hergelockt.


    Das Stück klingt ruhig und sogar ein wenig optimistisch aus.


    Hmm, in der Neunten bringt er ganz am Ende, irgendwie seltsam deplatziert, ja einen positiven Ausklang. Aber in der Sechsten? Da sehe ich keinen Optimismus am Ende (ich rede von der letzten Note); zu "Neutral" könnte ich mich ja noch überreden lassen. Aber gerade so eben :D. "Offen" passt vielleicht. Das todtraurige Finale ist jedenfalls grandios.
    Ich höre immer Trojahn, dabei wird es wohl auch bleiben, die Aufnahme ist das Maß aller Dinge, im Tempo genau richtig, die Betonung der Instrumente stimmt, der Klang, alles perfekt. Alles subjecktiv :D. Und ich sollte die Symphonie mal wieder hören, ist schon eine Weile her.


    Was die 10. und 11. angeht, das wird wohl in diesem meinem Leben nichts mehr. Ich komme damit nicht klar. Als Konsument (und ich bin ja nicht nur Musik-Hörer) habe ich noch so viel vor und meine Zeit ist begrenzt - und ich bin ja auch nicht nur Konsument - daher habe ich die beiden Symphonien aufgegeben. Mit der 9., und noch schwieriger, der 13. will ich es nochmal versuchen.


    1994/95 gab es übrigens einen groß angelegten Versuch, Pettersson in Deutschland bekanntzumachen; mit Unterstützung des Kultusministeriums NRW und des WDR gab es 63 Pettersson-Konzerte in 27 Städten zwischen Aachen und Detmold! - leider blieb das im deutschen Konzertleben bis heute fast ohne Folgen. Warum eigentlich?


    Weil er zu schwierig ist. Manche Werke verschrecken die Leute einfach. Die gut zugänglichen Werke (6. - 8. Symphonie sage ich mal) sind ja auch keine einfachen Werke, die sich einem gleich erschließen. Ich finde aber schon, dass sie Passagen haben, die den Neuling zum Wiederhören einladen. Dennoch. Bei der 10./11. denken die Leute wahrscheinlich an "Chaos statt Musik" und möchten schreiend den Saal verlassen.

  • Wiederbegegnung mit Petterssons 2. Symphonie. Diese Symphonie habe ich vermutlich vor 15-20 Jahren das letzte Mal gehört, in der Einspielung mit Stig Westerberg, die weiter oben im thread auch als die bessere eingeschätzt wird. Dazu kann ich gerade nichts sagen.


    Hier jetzt also die cpo Einspielung mit Alun Francis, gibt es gerade für traurige €2,99.
    Die 2. Symphonie ist letztendlich die erste freigegebene, von der 1. existieren Fragmente, kürzlich erschien auch eine Aufnahme davon, die ich aber noch nicht gehört habe. Die 2. entstand 1952/53, zum Ende des Studiums bei Rene Leibowitz. Heimlich, denn Leibowitz hätte wohl wenig Gutes über dieses Werk zu sagen gewusst. Zu weit ist diese Musik von der seriellen Doktrin der 50er entfernt. Und doch auch ein schwieriges Werk, alle späteren Kennzeichen der Musik von Pettersson sind hier schon voll ausgebildet, von einem Suchen und Tasten kann also überhaupt nicht die Rede sein. Das Werk ist in gewisser Weise fast radikaler als manche späteren, die zumindest partiell diese langen traurigen Gesänge beinhalten.
    Wenn man sich für Pettersson interessiert, ist auch dies ein Stück, das man unbedingt kennenlernen sollte. Zumal zu dem Preis.

  • Ich habe mich nie mit Petterssons Sinfonien anfreunden können, frage mich aber, ob dass nicht, zumindest partiell, an technisch unzulänglichen Aufführungen/Einspielungen liegen könnte. Es ist fast unmöglich, an die Partituren zu gelangen, so daß ich diesbezüglich spekulieren muß. Allen Gimbel im höchst unterschiedlich zuverlässigen "Third Ear Guide" beklagt etwa schlechte Orchesterleistungen bei fast allen cpo-Einspielungen. Vermag sich jemand diesbezüglich zu äußern?

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  • Ich habe mich nie mit Petterssons Sinfonien anfreunden können, frage mich aber, ob dass nicht, zumindest partiell, an technisch unzulänglichen Aufführungen/Einspielungen liegen könnte.

    Das ist natürlich für einen Laien, der eh keine Partituren lesen kann, schwer zu beurteilen.


    Ich empfehle als Lackmustest mal die 7te und die 8te zu hören, die 7te in der Ersteinspielung unter Antal Dorati und die 8te in der unter Leif Segerstam. Wenn beide nicht zünden, dann vergiss einfach den Komponisten, dann ist das nichts für Dich. :no:


  • Das ist einer der Tamino-Threads, dem man einige Anregungen entnehmen kann. Die Sinfonien Allan Petterson habe ich seit längerer Zeit auf meinem Radar. Ich habe mir die cpo-Box geordert, um mir einen Höreindruck zu verschaffen.


    Den Ausschlag gab dieses Zitat aus Beitrag 59 (lutgra)


    Zitat: " Jemand sagte mal, dass ich aus Selbstmitleid komponiere. Verdammt noch mal! Wie kann man Musik schreiben, wenn man nach innen gewendet ist? Komponiert man, muss man über sich selbst hinauswachsen. Mitgefühl? Gewiss. Aber Mitgefühl mit allen die leiden."
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich habe mich nie mit Petterssons Sinfonien anfreunden können, frage mich aber, ob dass nicht, zumindest partiell, an technisch unzulänglichen Aufführungen/Einspielungen liegen könnte. Es ist fast unmöglich, an die Partituren zu gelangen, so daß ich diesbezüglich spekulieren muß. Allen Gimbel im höchst unterschiedlich zuverlässigen "Third Ear Guide" beklagt etwa schlechte Orchesterleistungen bei fast allen cpo-Einspielungen. Vermag sich jemand diesbezüglich zu äußern?

    So, nun noch mal richtig:


    Ich empfehle als Lackmustest mal die 7te und die 8te zu hören, die 7te in der Ersteinspielung unter Antal Dorati und die 8te in der unter Leif Segerstam. Wenn beide nicht zünden, dann vergiss einfach den Komponisten, dann ist das nichts für Dich. :no:




  • Gestern kam die Box mit sämtlichen Sinfonien Allan Pettersons bei mir an. Ich hatte die CDs gesichtet und mir die 7. Sinfonie bereit gelegt. Bei den Interpreten war Gert Albrecht als Dirigent vermerkt. Ich las zur Vorbereitung die Worte, welche Gert Albrecht zum Komponisten geschrieben hatte. Sie hatten mich wegen der darin enthaltenen Aufrichtigkeit berührt. Jetzt lese ich in der Zeitung den Nachruf zu Gert Albrecht.



    Im Player dreht sich nun diese Aufnahme der 7. Sinfonie Allan Pettersons mit Gert Albrecht, der das Philharmonische Staatsorchester Hamburg dirigiert.


    Ich gebe hier die Zeilen wieder, welche der verstorbene Gert Albrecht (1935-2014) im Programmheft einer Aufführung dieser Sinfonie geschrieben hatte:


    Zitat aus dem Booklet der cpo-Aufnahme Seite 8/9:
    "Alptraum eines jeden, der Verantwortung trägt. - ich könnte Lektoren, Redakteure, Intendanten, Journalisten und auch und gerade besonders Interpreten nennen - man träumt: Das Genie, das verkannte, den Schubert, den Schumann der Düsseldorfer Zeit, den Bartok in USA, gibt es heute, hat es unter uns gegeben. Keiner hat ihn erkannt.


    Ist das ein Ammenmärchen oder eine Vision? Wenn man den berühmten Satz von Strawinsky über Anton Webern so umschreibt: 'Der Einsame, der unbeachtet von der Umwelt, unverzagt und mutig seine Diamanten schleift', könnte ein solcher Satz nicht auch auf Gustav Allan Petterson zutreffen? Ist es möglich, dass in unserer doch so keimfreien Musikwelt einer auf keinen Stuhl passt, dieses lächerliche Netz von Gerede, Kommerz gemacht und weitergereicht wird, durchfällt? Fragezeichen über Fragezeichen. Ich kann und will keine Antwort geben, muss nur gestehen, dass ich tief beschämt bin: Da gibt es dort oben in Stockholm einen kleinen, armen Bratscher, der wie ein Vulkan Sinfonie nach Sinfonie herausgespiehen hat - er ist tot seit 8 Jahren - vor vier Jahren habe ich zum ersten Mal von ihm gehört."
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich empfehle als Lackmustest mal die 7te und die 8te zu hören, die 7te in der Ersteinspielung unter Antal Dorati und die 8te in der unter Leif Segerstam. Wenn beide nicht zünden, dann vergiss einfach den Komponisten, dann ist das nichts für Dich. :no:


    Ich würde immer noch die Sechste nennen. Sie ist (noch) düsterer und ähnlich zugänglich. Sie hat ausreichend Ankerpunkte, die nach dem Ersthören das Interesse wecken. Sie ist mein Favorit. Alles ausserhalb 6-8 ist ja doch eine Spur schwieriger, meine Zeit erlaubt keine intensive Beschäftigung damit. Für die 6. bin ich AP jedenfalls höchst dankbar. Ich bin die cpo-Fassungen gewohnt, es besteht kein Bedarf für mich an anderen Interpretationen. Ich kann die Orchesterleistungen nicht beurteilen. Ich kann aber auch nicht sehen, wie man die Aufnahmen nicht genießen könnte. :love:

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  • Ich bin die cpo-Fassungen gewohnt, es besteht kein Bedarf für mich an anderen Interpretationen. Ich kann die Orchesterleistungen nicht beurteilen. Ich kann aber auch nicht sehen, wie man die Aufnahmen nicht genießen könnte.

    Ich habe Pettersson über die Aufnahme der 8ten unter Sergiu Commissiona und dem Baltimore SO kennen- und schätzengelernt. Das ist ja auch nicht gerade ein Weltklasseklangkörper. Ich denke, die Frage der Interpretation und der Orchesterqualität stellt sich erst, wenn man sich intensiver mit dieser Musik beschäftigen will. Und das tut man nur, wenn sie einem relativ spontan anspricht.


    Und ich denke, dass gilt allgemein. Ich habe noch nie erlebt, dass ich ein Stück erst nicht mochte und dann kam die "richtige" Interpretation und dann fand ich es auf einmal toll. :D

  • Ja - und meist gilt auch der umgekehrte Fall, jedenfalls bei mir: Spricht einen die Musik gleich an, ist genau die dazu gehörige Interpretation für lange Zeit die einzig richtige und das Maß der Dinge.

  • Amazon.de verkauft zurzeit die gesamten Symphonien von Allan Pettersson für den unglaublichen Preis von 18.71.- Euro:


    Was schade ist, denn dann ist sie bald ausverkauft und nicht mehr alle Symphonien greifbar. Ich denke aber, die überschaubare Zahl der Pettersson Fans bei Tamino haben sich schon zu früheren Zeiten eingedeckt, ich habe jetzt jedenfalls alle.

  • Zitat

    Was schade ist, denn dann ist sie bald ausverkauft und nicht mehr alle
    Symphonien greifbar. Ich denke aber, die überschaubare Zahl der
    Pettersson Fans bei Tamino haben sich schon zu früheren Zeiten
    eingedeckt, ich habe jetzt jedenfalls alle.

    Lieber lutgra,


    das wird sich aber bald wieder ändern. Christian Lindberg - eigentlich ein sehr bekannter Posaunist - nimmt mit dem Nörrköping Orchester alle Sinfonien Petterssons auf. In Schweden wird Pettersson sowieso sehr hoch angesehen - der schwedische Mahler - so viele Musikkenner. Die Sinfonien 1, 2, 6 und 9 sind bereits erschienen. Als nächstes müsste, wenn ich recht informiert bin, die 4. kommen.


    LG
    Christian

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  • Allan Petterson starb am 20. Juni 1980. Zu seinem Todestag habe ich eine Sinfonien-CD ausgesucht, die hier schon enmal gepostet wurde, die mir recht gut gefällt:



    Heute ist Allan Petterssons 35. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zum heutigen Geburtstag habe ich eine Aufnahme ausgesucht, in der die 7. Symphonie in einer Kombination mit Mozarts Fagottkonzert anzutreffen sit. Am Pult des Schwedischen Radio-Sonfonie-Orchesters steht Sergiu Commissiona:





    Heute ist der 104. Geburtstag von Allan Pettersson.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • BIS setzt seine verdienstvolle Reihe mit den Symphonien von Allen Pettersson mit Christian Lindberg und dem Norrköping SO fort. Nachdem ich vorgestern die 6. unter dem gleichen Dirigenten gehört habe und beeindruckt war, kann ich nicht ausschliessen, dass auch diese Aufnahme den Weg in meine Sammlung findet. Ich habe das Werk bisher wohl nur einmal gehört (die Commissiona Aufnahme, siehe Beitrag 34) erinnere aber, dass es zu den Werken zählte, die mich angesprochen haben.


  • Beeindruckend, finde ich! Weil ich nun die kompletten cpo-Aufnahmen habe, kann ich mich mit Pettersson endlich intensiver beschäftigen, dem ich vor Jahren in einem Konzert mit Leif Segerstam und dem Royal Stockholm PO in der Düsseldorfer Tonhalle begegnete.


    Schöne Grüße
    Holger