Claudio Abbado - "übersehener" Großer?

  • In welcher Box sind eigentlich die Wiener-Beethoven-Aufnahmen drin?


    Lieber Holger,


    die Box sah seinerzeit so aus (Preisvergleich lohnt):



    Letztere war ohne Ouvertüren, die gab es einzeln:



    Die Siebte bekommt man aber auch einzeln (wie natürlich auch den Rest) in verschiedenen Variationen:



    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich wäre übrigens mal an einem Vergleich zwischen der 60er-Jahre- und der 80er-Jahre-Aufnahme der Siebten von Beethoven mit den Wiener Philharmonikern interessiert.


    Ist die ältere gar noch besser (was ja kaum geht)? Wie sieht es klangtechnisch aus? Vielleicht hat ja jemand beide (oder zumindest die ältere).


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ist die ältere gar noch besser (was ja kaum geht)? Wie sieht es klangtechnisch aus? Vielleicht hat ja jemand beide (oder zumindest die ältere).


    Lieber Joseph,


    die Aufnahme der 7. von 1966 ist auch einzeln erhältlich:



    und reicht -aus dem Gedächtnis heraus- nicht an die spätere heran.
    Insbesondere das Finale, obwohl im Tempo nur um sechs Sekunde differierend, trennen Welten. Wo Abbado 1987 das Orchester "loslässt", es furios und temperamentvoll aufspielen lässt, ist er über 20 Jahre vorher viel kontrollierter, erheblich weniger "extatisch".


    Der "frühe Abbado" hat Beethoven noch erheblich "romantischer" gesehen als der "spätere" aus Wien (und der "noch spätere" zeichnet in seinem letzten Beethoven-Zyklus aus Rom das "entschlackteste", "frischeste" Beethoven-Bild; eine erstaunliche Entwicklung) und wartet mit durchweg langsameren Tempi auf. Das Allegretto und das Scherzo sind jeweils 1966 eine Minute langsamer als 1987.
    Tempi sind natürlich kein alleiniges Qualitätsmerkmal, verdeutlichen hier aber u.a. die "romantischere" Grundhaltung Beethoven gegenüber in "jungen Jahren" und nehmen gerade dieser Sinfonie in meinen Ohren etwas den Schwung.


    Klangtechnisch habe ich nichts negatives in Erinnerung. Die Sinfonie wurde übrigens im Sofiensaal aufgenommen.


    Ich werde demnächst beide Aufnahmen noch einmal hören und mich detaillierter melden.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Nicht zu vergessen seien seine Strawinsky-Einspielungen, welche ich parallel zu jenen von Boulez einst zum Vollpreis erwarb. Sie erschienen mir - bedingt durch die Tontechnik der DDG - immer etwas schlanker im Klang, was durchaus seinen Reiz haben konnte. Heute findet man sie nur noch auf der abgebildeten Doppel-CD. Ich kann mir vorstellen, daß aus dem traurigen Anlass des Ablebens des Maestro, die eine oder andere Abbado CD in die Sammlungen unserer Mitglieder wandern wird - und dann werden wir sehen welche Vergleiche sich realisieren lassen - seien es Abbados Dirigate der Beethoven Sinfonien in den verschieden Schaffensperioden, sei es die Bewertung der Strawinsky Aufnahmen im Vergleich mit anderen Dirigenten.....

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Lieber Norbert,


    vielen herzlichen Dank für die sehr ausführlichen und erhellenden Worte!


    Ich hätte aus dem Bauch heraus darauf getippt, dass Abbado 1966 noch energischer an das Werk herangegangen wäre.


    Interessant finde ich, dass der Finalsatz 1987 mit 9 Minuten formal eigentlich ziemlich langsam ist. Aber gleich Klemperer 1970 in seiner letzten Aufnahme (live in London mit dem New Philharmonia Orchestra) gelingt es Abbado, einen ekstatischen Spannungsbogen sondergleichen aufzubauen, der wohl selten erreicht, aber schwerlich jemals übertroffen wurde.


    Beste Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Obwohl ich sie an verschiedenen Stellen des Forums bereits mehr als einmal empfahl, möchte ich im Zusammenhang dieses Threads zwei von Abbados wunderbar romantischen Brahms-Interpretationen nicht unerwähnt lassen:



    Zusammen mit Rattles Einspielung haben diese Symphonien für mich Referenzstatus, und für das Requiem mag ich die Wiener Live-Aufführung mit den Berliner Philharmonikern, Terfel und Bonney immer noch am liebsten von allen mir bekannten Aufführungen. Ich sollte diese Aufnahmen einmal in meinen Unverzichtbaren bei Gelegenheit besprechen.


    Den Einlassungen zu Abbados Wiener Beethovenaufnahmen kann ich mich ebenfalls mit voller Überzeugung anschliessen und hier die warme 6. sowie die enorm feurige und für mein Hören im Ganzen und in den Details einfach "richtige" 7. besonders hervorheben. Den passenden Tonfall der Sechsten richtig zu treffen ist m.E. ziemlich wenigen Dirigenten gelungen. Es ist ein schwer aufzuführendes Stück, wenn man es richtig gut machen will.

    Abbado ist gehört mit dieser Aufführung nicht nur dazu, sondern nimmt unter diesen nach meinem Dafürhalten einen der zwei bis drei Spitzenplätze ein.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Lieber Joseph,


    man möchte meinen, daß -analog zu Muti oder Maazel beispielsweise- der junge Abbado ein "Stürmer und Dränger durch und durch" gewesen ist, aber das trifft nicht unbedingt zu.


    Vergleicht man z.B.


    und



    miteinander, so stellt man ähnliches fest wie bei Beethoven. Die erste Aufnahme entstand Ende 1970, die zweite 18 Jahre später.
    Abgesehen vom Finale, in dem Abbado in beiden Aufnahmen das in etwa gleiche Tempo anschlug, lässt sich auch hier feststellen, dass Abbado 1970 durchweg "langsamer unterwegs war" als 1988, wenngleich nicht so stark differierend wie bei Beethovens 7.
    Auch bei Brahms ist der "frühere Abbado" romantischer in der Sichtweise. Der oft benutzte (aber für mich wenig sinnvolle) Beiname Brahms' "Pastorale" trifft hier wirklich zu. Es handelt sich hier um einen "warmherzigen", fast sogar "weichen" Brahms (ganz exemplarisch zu hören bei den Flöten zu Beginn des ersten Satzes) mit "satten Klangfarben", eher "dunkel grundiert" und sehr melodiös ausgestattet. Es ist, um mal ein Klischee Italiens zu verwenden, die Sichtweise des "melodienseligen, opernliebenden Italieners".


    1988 agierte Abbado wesentlich "klassizistischer", zeigte deutlicher die Binnenstrukturen der einzelnen Sätze auf, betonte mehr das, was Brahms komponiert hat und nicht das, was er damit auszudrücken versuchte. Die spätere Aufnahme ist keineswegs "kalt" oder gar "technokratisch", es dirigiert immer noch Abbado und nicht Mackerras, aber weniger "gefühlsbetont". Das ist auch zu hören im Orchesterklang, der 1988 "schlanker" ausfiel als 1970.


    Die zweite Aufnahme schätze ich sehr, die erste liebe ich heiß und innig.


    Zitat

    Interessant finde ich, dass der Finalsatz 1987 mit 9 Minuten formal eigentlich ziemlich langsam ist. Aber gleich Klemperer 1970 in seiner letzten Aufnahme (live in London mit dem New Philharmonia Orchestra) gelingt es Abbado, einen ekstatischen Spannungsbogen sondergleichen aufzubauen, der wohl selten erreicht, aber schwerlich jemals übertroffen wurde.


    Klemperers Aufnahme kenne ich zwar nicht, aber Abbado beweist eindrucksvoll, dass Temperament, Leidenschaft und auch Ekstase keine Frage des (schnellen) Tempos sind.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • An seine ausgezeichneten Ravel-Aufnahmen von Abbado hat hier noch keiner gedacht (So wie auch sonst Ravel in den letzten Jahren wenig Interesse bei Tamino zeigt !).


    Auf die Ravel-Orchesterwerke-DG-Box bin ich durch die meiner persönliche Einschätzung nach beste Aufnahme von Ravel-Daphnis et Chloe gekommen, die ich durch Empfehlung eines geschätzten Taminos (der jetzt leider bei Tamino nicht mehr aktiv ist) erhalten hatte. Diese glänzende Daphnis-Aufnahme mit dem LSO hat mich so begeistert, dass ich mir dann gleich die 3er-DG-Box bestellt habe. Ich wurde in keinster Weise enttäuscht:


    :angel: Auch der weitere Ravel mit Abbado ist zum geniessen und dahinschmelzen. Das LSO in ganz ausgezeichneter Form - da geht kein Detail unter.
    In La Valse zeigt sich Abbado sogar als recht radikal (was ich so nie von ihm erwartet hätte), wenn auch nicht ganz so umwerfend, wie bei meinem Favoriten Ansermet (Decca).


    :thumbup: Unterstützt wird der sehr positive Gesamteindruck von Abbados Int von der ausgezeichneten DG-Klangtechnik, die alleine schon begeistern kann.
    Ich finde gut, dass Abbado sich des LSO bedient hat um diese hohe Niveau dieser Ravel-Aufnahmen zu erreichen. Auch wenn es böse klingt - ich zweifele ob er dass mit anderen Orchestern (nenne ja keine Namen) bei Ravel auch genau so erreicht hätte ...



    DG, 1989, DDD



    DG, 1982-1989, DDD


    Die Daphnis et Chloe-CD ist in der TRIO-DG-Box ebenfalls enthalten. Sehr übersichtlich in 24 Tracks eingeteilt. Meine Dutoit-Aufnahme (Decca) ist nach Abbado ohnehin entbehrlich geworden, aber Daphnis in einem Track anzubieten, war dort absolut daneben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Teleton,


    von Abbados Ravel-Aufnahme habe ich leider nur die CD mit dem Bolero, Rhapsodie espagnole, Ma mere l´oye. Das ist fabelhaft, eine meiner liebsten Aufnahmen - die Aufnahmetechnik wirklich extrem gut, ungeheuer dynamisch, verzerrungsfrei und durchsichtig - absolut konkurrenzlos. "Daphnis et Chloe" fehlt mir leider. Ich habe da zwei inteprretatorisch wirklich überragende Haitink-Mitschnitte (aus Boston und Chicago), die sind aber leider aufnahmetechnisch sehr mäßig. Das Werk bringt wohl viele Tontechniker zur Verzweiflung.


    Bei Abbados Mahler ist mir übrigens auch aufgefallen, daß die älteren Aufnahmen durchaus gemächlich "romantischer" sind, während die letzten aus Zürich eher in Richtung virtuoser Orchesterbrillianz gehen (z.B. bei der 7.). Das scheint wohl eine durchgehende Tendenz bei ihm zu sein. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Arte sendet am Sonntag, dem 26. Januar um 17.10 "Die Stille hören", ein Porträt über Clauio Abbado.


    Um 18.10 im gleichen Kanal folgt Mozarts Requiem vom Luzern-Festival 2012 und schließlich
    am Montag morgen 1.30 ebenfalls auf Arte Tschaikovskyjs Pathétique mit jungen venezolanischen Musikern.


  • Abbado war für einen Italiener ungewöhnlich wortkarg und scheu - kommunizierte mit feinen Gesten und Andeutungen. In dieser zurückhaltenden Art interpretiert er die Kindertotenlieder mit einer beeindruckenden Feinsinnigkeit und Intensität, die aus radikaler Verinnerlichung entspringt. Tiefe Trauer lamentiert nicht, sie wird stumm. Die Musik bewegt sich auf der Grenze zum Verstummen, ein stilles, leises Entsetzen über das Undenkbare. Auch in "In diesem Wetter, diesem Braus..." vermeidet Abbado jegliche naturalistisch-tonmalerische Oberflächendramatik. Gerade dadurch wird die Musik zum Aufschrei, der aus dem tiefen Inneren kommt. Dazu paßt die lyrisch-feine Stimme von Marjana Lipovsek einfach ideal.


    Luigi Nonos Il canto sospeso ist eine musikalische Reflexion über Prosatexte - letzte Lebenszeichen von zum Tode Verurteilten. Man hat Nono vorgehalten, dass seine Musik die Texte nicht vertone. Aber kann man solche Prosatexte überhaupt vertonen im herkömmlichen Sinne, den Wortausdruck zu verstärken? Nono geht vielmehr einen anderen Weg - die Musik wird zum Spiegel des Grauens, welcher sich hinter dem in Worten Ausgesagten verbirgt. Das ist serielle Musik - zugleich höchst fein, farbig und elementar expressiv. Nr. VI zeigt die Umkehrung des Ausdrucksprinzips. Die Musik versetzt den Hörer in Schockstarre, insistiert auf einem Ton, implodiert gleichsam zur Unmöglichkeit von Ausdruck im gewaltsam überwältigenden Eindruck. Eine höchst eindrucksvolle Aufnahme mit wirklich exzellent spielenden Berliner Philharmonikern - höchste Durchsichtigkeit und Expressivität zugleich.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich muss gestehen, dass mich Abbado nie zu Begeisterungsstürmen hingerissen hat. Seine Verdienste um die Musikwelt, gerade auch in den letzten Jahren durch sein Engagement in Luzern, stehen sicherlich außer Frage. Aber ich kenne keine einzige Aufnahme unter seiner Leitung (live habe ich ihn nie gehört), die zu meinen Lieblings-Einspielungen gehört. Seine Beethoven- und Mahler-Interpretationen beispielsweise sind solide, aber für meine Ohren nicht herausragend.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Seine Beethoven- und Mahler-Interpretationen beispielsweise sind solide, aber für meine Ohren nicht herausragend.


    Da bin ich ganz anderer Meinung! Die eben besprochene Aufnahme der Kindertotenlieder ist jedenfalls für mein Empfinden singulär.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich muss gestehen, dass mich Abbado nie zu Begeisterungsstürmen hingerissen hat.

    Mich schon, ich verdanke ihm nämlich einige meiner allereindrücklichsten Live-Konzerterlebnisse meines Lebens. :rolleyes:



    Aber ich kenne keine einzige Aufnahme unter seiner Leitung (live habe ich ihn nie gehört), die zu meinen Lieblings-Einspielungen gehört. Seine Beethoven- und Mahler-Interpretationen beispielsweise sind solide, aber für meine Ohren nicht herausragend.

    Ich schätze nicht nur seine Beethoven-, Schubert-, Brahms- und Mahler-Einspielungen sehr, sondern auch Opernaufnahmen wie den französischen "Carlos", die "Carmen" oder den "Boris Godunow". :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich kenne zu wenige seiner Aufnahmen aus dem klassisch-romantischen Standardrepertoire, aber m.E. liegen seine hauptsächlichen Verdienste auf anderen Gebieten: Klassische Moderne (Stravinsky, Ravel, Berg...), Avantgarde, Mussorgsky, Rossini, und einigen von vielen Mainstream-Dirigenten oft übersehenen Werken: Schumanns Faust-Szenen, Brahms' Werke f. Chor und Orchester usw.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Seine Beethoven- und Mahler-Interpretationen beispielsweise sind solide, aber für meine Ohren nicht herausragend.


    Lieber Bertarido,


    da frage ich einmal nach: Welche kennst Du denn?


    Abbado ist ein Dirigent, der einen starken Wandel durchzogen hat. Er hat Werke nicht immer nach dem gleichen Schema dirigiert, sondern sie und damit auch sich stets in Frage gestellt und ist zu stellenweise stark abweichenden Endergebnissen gekommen.


    Soll heißen in Bezug auf Beethoven: Die Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern sind größtenteils "gediegen", eher romantisch als streng klassizistisch angelegt. Wenig spektakulär mit einigen Ausnahmen (dem furiosen Finale der 7. Sinfonie beispielsweise).
    Nimmt man hingegen den zweiten Zyklus mit den Berliner Philharmonikern (Live-Aufnahmen aus der Accademia de Santa Cecilia in Rom bis auf -leider- die 9.), so entdeckt man, daß sich Abbado zwar den Metromangaben Beethovens angenähert hat, aber trotzdem in meinen Ohren unglaublich inspiriert, engagiert, frisch, aber individuell spielen ließ.


    Oder, bezogen auf Mahler: Seine späte Aufnahme der 6. Sinfonie (aus 2004) ist (bewusst, vielleicht bedingt durch seine damals überwunden geglaubte Krebserkrankung?) komplett "gegen den Strich gebürstet", fast positivistisch und "schön klingend" ausgelegt (und das bei der "Tragischen"). Er lieferte eine kontrovers zu diskutierende, für mich in Details anfechtbare, neue Sichtweise auf die Sinfonie, aber eine alles andere als "solide".


    Auch bei Mahlers 2. ist ein Wandel erhörbar. Während er 1992 mit den Wiener Philharmonikern eine sehr gelungene, durchaus positiv "solide" Interpretation ablieferte, agierte er 2003 mit dem Lucerne Festival Orchester einerseits detailtreuer, andererseits ausdrucksstärker und somit bewegender.


    Falls Du Deine Aussagen auch auf diese Beispiele beziehen solltest, dann ist das so zu akzeptieren, sonst aber hat man viele Gelegenheiten, Abbado "neu zu erhören".


    Ich beziehe mich auf folgende Aufnahmen:



    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Gibt es sogar zwei spätere Aufnahmen/Mitschnitte von Mahlers 9. nach der Wiener Aufnahme aus den 80ern? Sind die empfehlenswert? Ich kenne leider nur die 7. aus Chicago, die ist u.a. klangtechnisch suboptimal (klingt "künstlich"). Allerdings benötigte ich momentan SEHR gute Gründe, noch eine Mahler-Sinfonie zu kaufen, aber bei der 9. wäre ich wohl eher bereit als bei der 6. (zumal ich nicht sicher bin, ob ich hier mit einem "abgeklärten" Zugang was anfangen könnte).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Apropos früher Mahler-Aufnahmen von Abbado: Es gibt noch eine Dritte vom 9. Juni 1978 mit dem Concertgebouw-Orchester. Solistin ist Christa Ludwig. Es singt das Collegium Musicum Amstelodamense. (Link).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II,


    erstaunlich dieser Mitschnitt aus Amsterdam! Klingt zu Beginn ganz anders als die Aufnahme mit den Wienern und spricht für einen "kollegialen" Dirigenten, der die Möglichkeiten des jeweiligen Orchesters nutzt und nicht autoritär negiert. Besten Dank! Das werde ich mal weiter durchhören... :hello:


    Von der 2. gibt es noch diese alte Aufnahme aus Chicago - die erste, die ich in meinem Leben - noch als LP - kaufte :)



    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Bertarido,


    da frage ich einmal nach: Welche kennst Du denn?


    Die Zahl meiner CDs mit Abbado-Interpretationen von Beethoven und Mahler ist begrenzt, eben weil mir alles, was ich habe, zwar nicht missfallen hat, aber auch lange nicht so gutgefallen, wie die Interpretationen durch andere Dirigenten. Ich habe einige seiner relativ frühen Mahler-Einspielungen mit dem Chicago Symphony Orchestra:


    4166QHMEKTL.jpg


    Einige der späteren Aufnahmen aus der Berliner Zeit:



    Und auch die Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien mit den Berliner Philharmonikern:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich bin ja ein großer Bewunderer von Claudio Abbado - verdanke ihm in meiner Jugend mit entscheidend das Kennenlernen des Orchesterrepertoires. Während ich Mahler durch ihn überhaupt so richtig lieben lernte, war mir sein Bruckner bis heute völlig unbekannt. Für nur 2x Euro gibt es im Moment diese 5 CD-Box - da habe ich zugegriffen:


    Ich habe heute wirklich mit großer Freude die 4. von ihm gehört. Ein sehr guter Klappentext gehört zu dieser DGG-Box - dort wird finde ich sehr treffend die herausragende Qualität von Abbados Bruckner beschrieben - David Patrick Steans charakterisierte diesen als "schwerelose Tiefe":


    "Der Ausdruck ist gewichtig, dabei aber immer noch leicht. Die musikalischen Motive jeder Bruckner-Symphonie, die alle ihre spezifische Farbe und Bewegung haben, doch abrupt aufeinander folgen, flossen hier auf eine Art und Weise ineinander, wie ich es selten gehört habe."


    Die 4. Bruckner bei Abbado (Studioaufnahme mit den Wiener Philharmonikern) ist einfach unglaublich schön - romantisch im besten Sinne. Im Fall Bruckner geht es mir wie wohl vielen anderen auch - ich habe zu ihm ein etwas zwiespältiges Verhältnis. Die Musik ist einerseits unglaublich originell, hat große Tiefe und Intensität. Sie ist aber auch sehr "deutsch" - verkörpert gewisse Schwächen des 19. Jahrunderts: das unelegante, pompöse Blech, die manchmal etwas aufgesetzte Theatralik. Nichts eigentlich für musikalische Romanen (zu denen ich mich auch zähle :) ). Abbado gelingt es tatsächlich, Bruckners Musik diese typisch deutschen Schwächen auszutreiben, sie mit der Eleganz und dem Sinn für Klassizität, die er als Italiener mitbringt, feingeistig zu dirigieren, ohne ihr das Gewicht zu nehmen und sie in einen Mendelssohnschen Sommernachtstraum zu verwandeln. Alles entwickelt sich organisch auseinander und ist zudem von einer betörenden Farbigkeit und höchst feinsinnigen Sinnlichkeit, perfekt in den dynamischen Verhältnissen austariert. Man merkt bei Abbado zudem sehr deutlich (besonders im ersten Satz), dass Bruckners Symphonik vom Orgelspiel her inspiriert ist. Einfach hinreißend und beglückend. Wer Bruckner eher nicht mag wird ihn in Abbados Lesart bestimmt mögen! Ich kann diese Box nach diesem ersten Reinhören nur wärmstens empfehlen! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Claudio Abbado, der im letzten Jahr von uns gegangen ist, wurde am 26. Juni 1933 geboren. Zu seinem Ehrentag habe ich sein letztes Konzert ausgesucht:



    Heute wäre er 82 Jahre alt geworden.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Diese Box kann ich nur empfehlen! Für nur 20 Euro bekommt man neben der "Fantastischen Symphonie" einige schon früher einzeln erschienene Aufnahmen, die einfach klanglich deutlich klarer und sauberer klingen wegen moderner Digitaltechnik der Abmischung. Ich habe z.B. die 1. Mahler, meine CD Nr. 2 aus den 80igern. Der Unterschied ist deutlich, auch bei den Bartok-Konzerten mit Pollini, die im Vergleich mit dieser neuen Überspielung etwas aufgeweicht klingen.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Interessant ist, wie sich Threadtitel abnützen. Es stelt sich die frage, ab er zum Zeitpunkt des Threadstarts angemessen war - aber heute klingt er gradezu wie eine Parodie oder Verhöhnung


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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