Letzten Mittwoch habe ich es nochmal probiert. Die letzte Vorstellung der neuen Münchner Lucia. Es war ein Opernabend, der so schrecklich war, dass ich um mein einstiges Lieblingsaus an der Maximilianstraße nun einen noch grösseren Bogen mache. Die Vorgänger Inszenierung von 1991 am selben Ort war schon nicht so dolle, aber man konnte noch hingucken und mit Edita Gruberova und wechselnden tollen Tenören (u.a. Alvarez und Shicoff) hatte sie wenigstens musikalisch viel zu bieten. Aber was Intendant Bachler nun dem dummen Publikum als Lucia zu Höchstpreisen verkaufte, war szenisch und musikalisch eine absolute Frechheit, ja Lebenszeitverschwendung.
Ein schwarzer Vorhang öffnet sich (Der schöne Hauptvorhang der Münchner Oper kommt ja gar nichtmehr zum Einsatz, wohl weil das nicht RT-Kompatibel ist) und man sieht Baby-Lucia bei der Beerdigung ihrer Mama. Natürlich hat der blonde Rauschgoldengel schon eine Knarre in der Hand. Alles spielt in einer Hotelhalle im Amerika der 50er Jahre. Alles ist vergammelt, man sieht Schutthaufen auf der Bühne, schlechtsitzende Anzüge. Das Bühnenbild bleibt den ganzen Abend gleich. Egal ob Schlossgarten, Festsaal, Turmruine oder Friedhof. Was nicht in die Übertitel passt, wird einfach weggelassen oder geändert. Alle sind Kettenraucher, und Lucia läuft in der Wahnsinnsarie mit ihrer Knarre Amok. Toll. Originell. Man merkt, dass die polnische Regisseuse Barbara Wysocka von Oper soviel Ahnung hat, wie die Kuh vom Tanzen. Ob der Oldtimer, den Pani in diversen Szenen einsetzt, auf Autoklauwitze ihrer Landsleute anspielt - darüber kann man nur spekulieren, vielleicht eine Art Selbstironie, aber mit Lucia zu tun hatte es jedenfalls nichts. Achja Projektionen gibt es auch noch. Da haben mal wieder arbeitslose Video"künstler" auf Steuerzahlerkosten eine Beschäftigung gefunden.
Tja, wenn es wenigstens musikalisch gepasst hätte..... Aber Denkste. Diana Damrau war in der Titelrolle noch sowas wie die Einäugige unter den Blinden. Sie bewältigt die Partie zumindest. Alle Töne sind da - Hurra! Aber wenn man Interpretinnen wie Sutherland, Sills oder Gruberova im Ohr hat, dann kann und will man nicht zufrieden sein, mit dem was die Dame bietet. Eine absolute Chuzpe war Pavol Breslik als Edgardo. Eine typische Regietheater-Karriere. Macht jeden Sch**** mit, aber dafür null Stimme. Wie sich Pavolchen an diesem Abend durch die Partie ackerte, wäre wirklich lustig gewesen, wenn es nicht so traurig ist. Der Sänger war völlig überfordert. Pavarotti ist gestorben und die Welt wartet auf Mecker-Pavol. Tja, sowas wird einem heute eben als "Weltniveau" verkauft. Dalibor Jenis war ein blasser Enrico, fast nicht stimmlich und darstellerisch vorhanden. Aber vielleicht wollte das die Wysocka so. Grauenvoll war Georg Zappelfeld (jaja ich weiss der heisst anders, aber er agierte genau so) als Raimondo. Emmanuele d'Aguanno und Dean Power waren als Arturo und Normanno zwei weitere Tenörchen, die mit unserem Mecker-Pavol um die Wette jaulten.
Und der angebliche Wunder-GMD Kirill Petrenko? Mich hat er nicht vom Hocker gerissen. Da hat der vor zehn Jahren verstorbene Marcello Viotti 2003 bei der Lucia in München grössere Wundertaten im Graben vollbracht. Aber mei, solange man den Petrenko gut finden muss, wie vom Feuilleton verordnet, werden die Jubelorgien nicht enden.
Tja was lehrt mich dieser Abend?
Wer nicht hören will, muss fühlen. Ich bin selbst schuld, diesen Abend erlebt zu haben.
Mit der Münchner Oper bin ich nun entgültig fertig.