Anne Sofie von Otter - eine großartige und vielseitige Mezzosopranistin aus Schweden

  • Meinen 1000. Beitrag widme ich der Sängerin Anne Sofie von Otter, für die ich einen Thread eröffnen möchte. Sie ist eine der bedeutendsten und wohl auch interessantesten Sängerinnen unserer Zeit. Ihre Bedeutung als Sängerin in vielen Aufführungen und Aufnahmen spricht für sich. Besonders interessant ist die schwedische Mezzo-Sopranistin, weil ihr Spektrum außerordentlich weit reicht, von der Barockoper bis zu romantischer Musik und Musik des 20. Jahrhunderts. Dazu kommen überzeugende Nebenwege wie z.B. ihre CDs mit Weihnachtslie-dern, ihre CD mit Elvis Costello sowie ihr Album mit Liedern, die Autoren und Komponisten im KZ Theresienstadt geschaffen haben.




    Geboren wurde Anne Sofie von Otter am 9. Mai 1955 in Stockholm. Ihr Vater, Baron Göran von Otter, war Diplomat. Eine besondere Bedeutung kam ihm u.a. zu, als er während des Zweiten Weltkriegs Sekretär der schwedischen Gesandtschaft in Berlin war. In dieser Zeit wurde er von Kurt Gerstein ins Vertrauen gezogen und über die Vernichtungslager informiert. Von Otter setzte sein Außenministerium in Kenntnis, das diese Informationen dann aber wohl nicht ins Ausland weiterleitete. Nach Kriegsende versuchte er erfolglos, Kurt Gerstein zu retten.


    Über ihre musikalischen Anfänge sagt die Sängerin:


    „Ich habe als Kind Klavier gespielt, was mir keinen Spaß gemacht hat, aber im Chor zu singen, war sehr schön. Ich habe auch Gitarre gespielt und dazu gesungen. Meine Mutter hatte schon einmal gesagt, du könntest doch Folksängerin werden. Aber eigentlich kam man auf solche Ideen in meiner Familie nicht: Meine Geschwister sind alle Akademiker, mein Vater war Diplomat. Als ich dann 16, 17, 18 war, hat das Singen im Chor in der Schule mir so viel Freude gemacht, dass ich beschlossen habe, doch etwas mit Musik zu machen.“



    Am Stockholmer Konservatorium begann Anne Sofie von Otter ihr Studium, dass sie dann in Wien und London (u.a. bei Geoffrey Parsons) fortsetzte. Es folgten die ersten Berufsjahre in Basel und Drottningholm und anderen bedeutenden Opernhäusern. Richtig populär wurde sie, als sie 1986 den Preis der Maria Callas-Stiftung gewann. Es war der Start einer sehr erfolgreichen Karriere.


    Dazu gehören Engagements in den großen Opernhäusern und auf den bedeutenden Festspielen z.B. in Salzburg. Dazu gehört aber auch die Zusammenarbeit mit bedeutenden Musikern wie z.B. John Eliot Gardiner, Pierre Boulez und Marc Minkowski.


    Gleichzeitig ist sie mit ihren musikalischen Projekten eine ungeheuer innovative und profilierte Künstlerin, die bereit ist, neue Wehe zu gehen und sich in Neuland vorwagt. Es ist schon etwas besonderes, wenn eine gefeierte Händel-Opernsängerin eine CD mit Songs von ABBA herausbringt!


    Anne Sofie von Otter ist verheiratet mit dem Theaterregissseur Benny Fredriksson, Direktor des Stockholmer Stadttheaters und ist Mutter von zwei Söhnen. Sie bezeichnet sich selbst als eine bodenständige Persönlichkeit. Wenn man ihre Interviews liest, wird man in dieser Einschätzung bestätigt, was diese wunderbare Sängerin einfach sehr sympathisch macht.



    Um das weite Spektrum ihres musikalischen Engagement zu charakterisieren, möchte ich auf vier CDs hinweisen:



    Der Pianist Bengt Forsberg ist seit 1980 ihr Liedbegleiter. Mit ihm zusammen hat sie wunderbare Einspielungen romantischer Lieder vorgenommen, z.B. Lieder von Edvard Grieg:



    Edvard Grieg:
    Haugtussa-Lieder op. 67
    +Lieder op. 5 Nr. 1 & 3;op. 25 Nr. 2 & 4; op. 26, 1;op. 33 Nr. 2 & 5;op. 39, 1;op. 48 Nr. 1-6; op. 49, 6;op. 60, 3;op. 61, 3
    Anne Sofie von Otter, Bengt Forsberg




    Anne Sofie von Otter - Terezin (Theresienstadt)
    Lieder jüdischer Komponisten, die im Konzentrationslager Theresienstadt geschrieben wurden.
    Haas: 4 Lieder nach chinesischen Dichtern + Kalman: Terezin-Lied + Krasa: Ctyrversi (Vierzei-lengedicht); Vzruseni (Empfindung); Pratele (Die Freunde) + Roman: Karussell + Schulhoff: Sonate für Violine solo + A. Strauss: Ich weiß bestimmt, ich werd dich wieder sehn + Svenk: Vsechno jde!; Pod destnikem + Taube: Ein jüdisches Kind + Ullmann: Berjoksele aus "Drei jiddische Lieder" op. 53; Sonnets de Louize Labane op. 34 Nr. 5, 7,8 + I. Weber: Ich wandre durch Theresienstadt;Ade, Kamerad!; Und der Regen rinnt; Wiegala


    Ausführende: Anne Sofie von Otter (Mezzo-Sopran),Christian Gerhaher (Bariton),Bengt Forsberg (Klavier),Gerold Huber (Klavier)
    Label: DGG , DDD, 2006



    Eine der schönsten Einspielungen einer Oper von Händel ist sicher diese, in der Anne Sofie von Otter die Titelrolle singt:



    Georg Friedrich Händel:
    Ariodante
    Otter, Sedov, Dawson, Croft, Podles, Coadou, Choeur des Musiciens du Louvre, Les Musiciens du Louvre, Minkowski



    Eine tolle Weihnachts-CD ist diese: Ein Weihnachtslied der Künstlerin ist mit dabei, dazu ein fetziges Tomorrow shall be my dancing day, ein Stille nacht, das kitschlos und anrührend inter-pretiert wird, sogar ein spannendes White Christmas …



    Anne Sofie von Otter - Home for Christmas
    The Christmas Song; Sweet was the Song; Stille Nacht; Sancta Lucia; O come all ye
    faithful; Have yourself a merry little Christmas; Koppangen; Tomorrow shall be my dancing day; O Jesulein süß; Dil es ne, le divin enfant; Noel; Santa Lucia; Bred dina vida vingar; I won-der as I wander; Cantique de noel; White Christmas; Deck the Hall; Corpus Christi Carol; Mariä Wiegenlied u. a.


    Mit Kalle Moraeus (Gitarre, Violine, Mandoline)
    & Bengan Janson (Akkordeon, Orgel)
    Label: DGG , DDD, 1998




    Wir können gespannt sein und uns freuen auf weitere interessante und wunderbare Aufnahmen mit dieser großartigen, ausdrucksstarken und vielseitigen Künstlerin.


    Die von mir aufgeführten Aufnahmen habe ich nicht ausführlicher besprochen, andere mögen mehr dazu schreiben. Vor allem aber werden die anwesenden Paminas und Taminos sicher eine Reihe anderer Empfehlungen aussprechen oder interessante Beiträge liefern können.


    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Lieber Andrew,


    danke für die ausführliche Threaderöffnung! Ich hatte mich schon gewundert warum Anne-Sofie von Otter noch keinen Thread besaß. Was mich an von Otter unter anderem fasziniert: Ihre stilistische Vielseitigkeit. Anne Sofie von Otter singt genaus stilsicher Georg Friedrich Händel und Kurt Weil. Meine persönliche Lieblingsaufnahme ist eine Einspielung von Marienkantaten, begleitet wird die Sängerin dabei von der Musica Antiqua Köln:



    :jubel: :jubel: :jubel:




    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Guten Abend


    nenen der bereits von Caesar73 erwähnten Spitzenaufnahmen Händelscher Marienkantaten habe ich eine weitere Einspielung mit Anne Sofie von Otter und der Musica antqua Köln:



    "Lamenti"


    Hier lamentiert auf höchstem Niveau A.v.O. eine Stunde lang in Werken von Monteverdi, Vivaldi, Purcell, Bertali, Legrenzi, Rossi, Provenzale und Caldara :jubel: :jubel:


    Und Opernarien von Mozart, Haydn und Gluck, singt A.v.O. begleitet vonThe English Concert auf dieser



    hörenswerten CD. :jubel: :jubel:






    "Music for a While"


    A.v.O singt hier Barocklieder von Dowland, Ferrari, Frescobaldi, Johnson,
    Kapsberger, Monteverdi, Purcell, Romano, Storace u.Strozzi. :jubel:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Räusper... :untertauch:
    ich muss diese Elogen hier leider mal ein bisschen torpedieren.
    Solange ich von Otter nur von ihren Cds und insbesondere im Barock-Repertoire kannte, hätte ich mich euren Hymnen sofort angeschlossen. Insbesondere an Stilsicherheit und Musikalität kommt ihr so leicht niermand gleich. Von den hier genannten Cds besitze ich fast Alle und noch Andere- aber......



    Ich habe sie live mit Bengt Forsberg erlebt und war sowas von enttäuscht, dass ich das nicht verheimlichen kann und will.


    Ein hochinteressantes Lied-Programm , skandinavische Komponisten, dazu französiche und deutsche Lieder, und Lieder von Offenbach am Ende-das Programm war vom Feinsten und natürlich ausverkauft.
    Sie hat alles gut und richtig gesungen und dabei nciht den Funken einer Emotion transportiert.
    Eine Schneekönigin, dazu noch ohne die Anmut, die auch aus Eisprinzessinnen Funken schlagen kann.
    Tut mir leid, aber das war eine der grössten Enttäuschungen meines Konzert-Lebens. Nur noch getoppt von Barbara Bonney, deren Cd-Aufnahmen ich abgöttsich liebe......


    Es muss wohl Sänger geben, die man besser nur auf Konserve hören sollte.......... ;( ;( ;(


    Otter hat gewiss nicht schlecht gesungen, aber je höher die Erwartung, desto tiefer der Fall.


    Das nur, um einer anderen Wahrheit Genüge zu tun. Zwischen Studio-Cds und Konzerten liegen leider nicht selten Welten. :(


    F.Q.

  • Danke für den überfälligen und sehr liebevoll eröffneten Thread über diese enorm vielseitige Künstlerin, Andrew, und herzlichen Glückwunsch zu Deinem tausendsten Posting. :jubel::jubel::jubel: .


    Ganz wunderbar finde ich Ihre Einspielung der orchestrierten Schubert-Lieder unter Claudio Abado und alternierend mit einem ebenfalls sehr beeindruckenden Thomas Quasthoff (man vergleiche mal beider Erlkönige, bei der m. E. von Otter klar die Nase vorn hat, was aber auch an der Orchestration von Hector Berlioz liegt, die sie singen darf):



    Dem hier bereits geäußerten Lob auf diverse ihrer Aufnahmen, auch und gerade des genannten Weihnachtsalbums, das auf jeden Adventstisch gehört, kann ich nur zustimmen. Zwei Seiten Anne Sofie von Otters, die hier aber noch gar nicht zur Geltung kamen, und die mir besonders gut gefallen, sind


    1. ihr Engagement für die Musik Kurt Weills vor allem auf dieser derzeit sehr preiswerten Aufnahme der "Sieben Todsünden" und anderer Stücke unter der Stabführung von John Eliot Gardiner:



    2. ihr umwerfender Humor, der am besten auf ihrer Zusammenstellung mit Couplets und Arien Jacques Offenbachs zum Tragen kommt, weshalb es mich natürlich besonders freut, dass ich hier darauf aufmerksam machen kann:



    Wer bei dieser Zusammenarbeit von Otters mit Marc Minkowski nicht umgehend beste Laune bekommt, dem ist wirklich nicht zu helfen. Es gibt sie auch als DVD unter dem TItel "Offenbach-Gala", auf der man auch ihre vielfältigen Facetten als spielende Komödiantin kennen lernen kann. In nicht berauschender Bild- und Tonqualität kann man übrigens eine ganze Reihe dieser Auftritte auf YouTube sehen, wenn man dort die Wortkombination Otter und Offenbach eingibt.


    Leider schon wieder gestrichen, aber höchst erstrebenswert, zumal es sie sehr günstig im Marketplace gibt, ist ein Querschnitt aus ihrem gesamten (bei DG veröffentlichten) Schaffen, in dem auch ihr unermüdlicher Einsatz für die Komponisten ihrer schwedischen Heimat zum Tragen kommt: THE ARTIST'S ALBUM.



    Sie gehört definitiv zu meinen Lieblingssängerinnen und war (neben der ganz anderen Cecilia Bartoli) bis zum Auftauchen von Elina Garanca meine bevorzugte aktive Mezzosopranistin in ihrem breiten Repertoire.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Hallo Andrew,


    das finde ich auch eine gute Thread-Idee, da ich Anne Sofie von Otter ebenfalls sehr schätze.


    Zitat

    Original von Andrew
    Geboren wurde Anne Sofie von Otter am 9. Mai 1955 in Stockholm. Ihr Vater, Baron Göran von Otter, war Diplomat. Eine besondere Bedeutung kam ihm u.a. zu, als er während des Zweiten Weltkriegs Sekretär der schwedischen Gesandtschaft in Berlin war. In dieser Zeit wurde er von Kurt Gerstein ins Vertrauen gezogen und über die Vernichtungslager informiert. Von Otter setzte sein Außenministerium in Kenntnis, das diese Informationen dann aber wohl nicht ins Ausland weiterleitete. Nach Kriegsende versuchte er erfolglos, Kurt Gerstein zu retten.


    In der schwedischen Botschaft gab es übrigens zeitweilig jemanden, der auch falsche schwedische Pässe an Juden im Untergrund ausgestellt hat. Ihr Vater muß als Vorgesetzter beide Augen zugedrückt haben. Noch umfangreicher wurden von mehreren dänischen Botschaftsangehörigen Pässe ausgegeben, aber die schwedischen waren begehrter, da von einem neutralen, unbesetzten Land und viel seltener. Mein Großvater kam immerhin an einen dänischen Paß, was sein Überleben im Berlin im Untergrund mit der Unterstützung einiger guter Freunde mit ermöglichte.


    Mir geht naheliegender Weise diese besonders nahe:



    Anne Sofie von Otter - Terezin (Theresienstadt)
    Lieder jüdischer Komponisten, die im Konzentrationslager Theresienstadt geschrieben wurden.
    Haas: 4 Lieder nach chinesischen Dichtern + Kalman: Terezin-Lied + Krasa: Ctyrversi (Vierzei-lengedicht); Vzruseni (Empfindung); Pratele (Die Freunde) + Roman: Karussell + Schulhoff: Sonate für Violine solo + A. Strauss: Ich weiß bestimmt, ich werd dich wieder sehn + Svenk: Vsechno jde!; Pod destnikem + Taube: Ein jüdisches Kind + Ullmann: Berjoksele aus "Drei jiddische Lieder" op. 53; Sonnets de Louize Labane op. 34 Nr. 5, 7,8 + I. Weber: Ich wandre durch Theresienstadt;Ade, Kamerad!; Und der Regen rinnt; Wiegala


    Ausführende: Anne Sofie von Otter (Mezzo-Sopran),Christian Gerhaher (Bariton),Bengt Forsberg (Klavier),Gerold Huber (Klavier)
    Label: DGG , DDD, 2006

    [/quote]


    Die CD bietet einen hochinteressanten Überblick vom Opperettenlied und Kabarett-Song bis zu neueren Musik von Haas, Krása, Ullmann, Schulhoff. Alles ist auf traurig bittere, gelegentlich sarkastisch-galgenhumorige Weise irgenwie auch sehr schön. Allen beteiligten Interpreten hört man an, dass diese durchwegs außerordentlich gelungenen Aufnahmen ihnen wirklich eine Herzensangelegenheit waren. Es wäre zu wünschen, das Anne Sofie von Otters relative Popularität mit dazu beiträgt, die genannten Komponisten, von deren Werken inzwischen einige gute CD-Aufnahmen vorliegen, einem breiteren Klassikpublikum bekannt zu machen, so dass vielleicht auch andere die tollen Lieder von Haas, Krása und Ullmann, von denen hier ja nur einige wenige drauf sind, entdecken und in ihr Liedrepertoire aufnehmen und am besten auch sie selbst hier noch weitere Lieder einspielt.


    Ansonsten schätze ich sie vor allem mit Liedern Alban Bergs, Korngolds, für den sie sich auch sehr engagiert hat :jubel: und im skandinavischen Liedrepertoire, in dem es auch über Grieg hinaus viel zu entdecken gibt.


    Mit ihren Pop-Ausflügen kann ich zwar nichts anfangen, aber singen kann sie das auch. Begeistert war ich jedoch, als ich sie einmal mit Musikern aus der schwedischen Jazzavantgarde um einen Stockholmer Jazzcellisten live erlebt, wie sie Stücke von Weill, Tom Waitts und von ihrer CD mit Elvis Costello, aber ganz anders, als auf dieser eher gefälligen CD, zu wirklich abgefahren schräger Begleitung mit richtig guter Jazzphrasierung und tollem Jazz-adäquaten tieferen Timbre darbrachte und ihre klassische Stimmschulung dann für gelegentlich quasi instrumentale Improvisationsausflüge verwendete. Davon gibt es leider keine CD und ist wohl leider auch kaum eine zu erwarten.


    :hello: Matthias

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Es muss wohl Sänger geben, die man besser nur auf Konserve hören sollte.......... ;( ;( ;(


    ja, leider. das ist mir mal mit meiner so verehrten renee fleming gegangen. stocksteif am flügel gelehnt, keine bewegung, keine gestik, keine mimik. nur nervig amerikanisches unpassendes dauergrinsen. einfach GRÄSSLICH ...


    :no: X( ;(

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Liebe Fairy Queen,


    Vielleicht hast Du einfach einen schlechten Tag erwischt?
    Ich habe sie, neben dem oben von mir beschriebenen Jazzauftritt, auf dem es wirklich abging, auch schon in Kopenhagen mit einem französisch/schwedischen Liedprogramm erlebt, da wirkte sie am Anfang, nun ja...sehr konzentriert, insofern kann ich mir das, was du beschreibst, schon als negative Steigerung dieses Anfangs vorstellen, aber dann wurde sie zunehmend gelöster und bei der Zugabe mit am Ende Weill also für skandinavische Verhältnisse :D geradezu Funken sprühend. Der skandinavische Charme ist halt etwas zurückhaltender, trockener. :pfeif:


    Aber findest du ihre CD´s mit französischem und skandinavischem Programm auch zu kühl?



    Lieber J.Rideamus,


    die Schubert-CD mit Quasthoff und Abbado hatte ich ja in meinem ersten Beitrag ganz vergessen, dabei liebe ich die auch ganz besonders.


    Bei der Weill-CD ist mir Gardiner ein bischen zu perfekt, alles etwas zu gelackt. Da finde ich sie besser, wenn sie Weill nur zur Klavierbegleitung singt. Aber gut ist die schon auch. Und sie kann Weill wirklich auch in den unterschiedlichsten Kontexten, wie auch in dem von mir oben kurz beschriebenen Jazz-Konzert, stimmig darbieten. Aber die Weill-Interpretin aus dem Klassik-Bereich bleibt für mich Cathy Berberian.


    Und bei Offenbach und v.Otter höre sogar ich auch mal Operette. Da bringt sie den Humor Offenbachs wirklich toll rüber. Wirklich wunderbar, um schlechte Laune zu vertreiben! - Vielleicht sogar die, die bei miesen Konzerterinnerungen hochkocht, wenn man sich so richtig darauf gefreut hatte, und dann kommt nur die Riesenenttäuschung, - kenne ich leider auch, liebe Fairy. Mein Top-Erlebnis war hier, als der große Trompeter Don Cherry, zwei Stücke wenig und völlig an den Themen vorbei spielte, um dann im dritten volltrunken von der Bühne zu fallen und zurück blieb bloß noch ödes Ethno-Getrommel seiner afrikanischen Begleiter. Wenn ich nur dran denke :angry: - Ich glaub, ich leg gleich mal die Offenbach-CD ein!


    :hello: Matthias

  • Lieber Matthias, das Einzige wo die Dame in unserem Konzert etwas Temperament entwickelt hat, waren die Offenbach-LIEDER und die Zugabe(Griserie aus der Perichole).
    Hinzu kam noch , dass sie in einem unmöglichen Kleid aufgetreten ist und ich irgendwie insgesamt das Gefühl hatte, als Publikum nicht so ganz ernst genommen zu werden- ein emotionslos runtergesungenes Programm ohne Engagement und dazu in einem Gartenoutfit.
    Es ging immerhin um einen Weltstar und die Karten ware nicht eben leicht zu bekommen!


    Ob sie einen schlechten Tag hatte, kann ich natürlich nicht beurteilen.


    Zu Deiner Frage, ob ich sie insgesamt zu kühl finde, muss ich sagen: Ja, im romantischen Repertoire .
    Das hat mich auf den Cds, die ich habe aber weniger gestört, weil sie musiklaisch einfach perfekt sind und das Timbre der Stimme im Barockrepertoire ganz anders rüberkommt als in den romantischen Liedern.
    Die Grieg-Cd mag ich z.B. schon nicht so sonderlich, obschon ich sie Greig-Fans nur empfehlen kann. die Frau ist einfach musikalsich Top und das ist bereits ein sehr hoher Wert. Mit deutschem Lied würde ich sie gar nciht erst kaufen, da gibt es weitaus bessere Interpreten in ihrem Fach-ich nenne nur Bernarda Fink oder Christa Ludwig.
    Im französischen Lied finde ich sie aber viel besser als im Deutschen, denn da zählen andere Dinge.
    Neben den Offenbachs fand ich in besagtem Konzert ihre Debussy-Melodies am Besten-die kühle und perfekte Eleganz passt da einfach gut hinein.


    Ich bin inzwischen insgesamt sehr skeptisch geworden, was in Studios alles in die Stimmen reingemischt wird.
    Bevor ich einen Sänger nciht live erlebt habe oder in einem Live-Mitschitt gesehen habe, glaube ich gar nichts mehr.
    :no:


    F.Q.


    Ich will hier nciht die Begeisterung für diese Künstlerin schmälern-dass sei ganz grosse musikalische Meriten hat, wird ja hoffentlch deutlich genug.

  • Eigentlich bin ich großer Fan von tiefen Frauenstimmen, und ich habe fast alle der weiter oben vorgestellten CDs im Schrank. Bei aller Liebe muß ich jedoch Fairy Queen recht geben, was die Live-Auftritte betrifft. Mein erstes Live-Erlebnis (wenn auch nur vor dem heimischen Fernsehschirm) vor mehr als 10 Jahren war das Silvesterkonzert aus Berlin 1997, das es auch als CD oder DVD gibt:



    Von Otter als Carmen - eine Enttäuschung. Obwohl sie nicht schlecht sang, aber die kurzen blonden Haare, die nordische Erscheinung, das unterkühlte Temperament - na ja, meine "Carmen" war das nicht!


    Trotz allem habe ich mir vor einiger Zeit die "Glyndebourne"-Carmen als DVD zugelegt - angesehen habe ich sie mir aus Zeitmangel bisher nicht, will das nun aber schnellstens nachholen:



    Georges Bizet (1838-1875)
    Carmen


    2 DVDs
    Sound: DTS 5.1 / Bild: WS;Sub: D, E,F, Sp
    Specials: Informationen zu den Themen
    Kostüme, Choreografie, Besetzung, Glyndebournes
    Gärten und einer illustrierten Synopse zur Oper


    Otter, Haddock, Naouri, Milne, Best, Wise, London PO, Jordan (220 Min.)
    OpusArte


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Geht mir mit Anne-Sophie von Otter genau umgekehrt: meine erste Begegnung mit der Sängerin fand in der Kölner Philharmonie statt, wo sie zusammen mit Peter Mattei auftrat. Ein absolut begeisternder Abend - der auszugsweise auch später auf 3sat gesendet wurde und nun auch bei mir im Video-Archiv schlummert. Nun bin ich überhaupt kein Freund von Temperamentsausbrüchen - weder auf der Bühne, noch im richtigen Leben, das mögen Südländer und noch weiter entfernte bitte unter sich ausmachen - und so liegt mir dieser Typ Sängerin sehr (wie mir auch eine della Casa weitaus näher liegt als eine Schwarzkopf, Tebaldi näher als Callas). Mit von Otter-Beteiligung habe ich mir dann umgehend ein Roman-Messe zugelegt, reflektiere gegenwärtig auf ihr Mahler-Interpretationen (das Krokodil hat bereits zugeschnappt)


    Daß ein hübscher Blondschopf ein gängiges Carmen-Bild nicht bedient will ich wohl glauben; wie war die Carmen denn sanglich?


    Um auf das eingangs angemerkte zurückzukommen: einen ASO-Abend würde ich sofort wieder besuchen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Bevor ich einen Sänger nciht live erlebt habe oder in einem Live-Mitschitt gesehen habe, glaube ich gar nichts mehr.


    Liebe Fairy,


    dem ließe sich freilich ein ganzer Thread widmen. Live-Mitschnitt lasse ich in diesem Zusammenhang auch nur dann gelten, wenn dirkret 1:1 gesendet und dann am anderen Ende von mir mitgeschnitten wird. Da kann der Tonmeister dann in die Mikrophon-Balance eingreifen (was immer noch zu deutlichen Klangunterschieden im Vergleich zum tatsächlichen live-Erlebnis führt - in Köln bestens bei den "Go-Live"-CD's der Philharmonie nachzuvollziehen), es können aber nicht drei verschiedenen Live-Aufzeichnungen mit unterschiedlichen Mängeln eine perfekte zusammengeschnitten werden. Auch "live" ist idR gepfuscht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas,


    ich habe mir die teure Glyndebourne-Doppel-DVD der "Carmen" mit Anne Sofie von Otter angesehen und anschließend - noch bin ich ja lernfähig - mein obiges Urteil revidiert!


    Ihre Leistung unter der Regie von Davis McVicar und der musikalischen Leitung von Philippe Jordan ist aller Ehren wert! Gesanglich gibt es eigentlich nichts auszusetzen (wenn man ganz penibel ist, könnte man bei einigen Stellen Probleme mit den tiefen Tönen bemerken) - und auch schauspielerisch hält sie sich wacker, auch wenn man sie mit langen roten Haaren eher für eine irische Freiheitskämpferin statt einer Zigeunerin halten muß. Ihr Französich - es wird die Dialog-Fassung gegeben - ist tadellos. Nur bei der Tanzszene in Lillas Pastias Bodega ist sie ziemlich inaktiv, sie steht singend in der Mitte und reckt die Arme hoch, während die Zigeunerinnen um sie herumtanzen.


    Die komplette Opern-DVD hätte einen eigenen Thread verdient, hier nur noch ein Satz zur Bildführung: Wenn die Kamera ganz nah an die Anne Sofie heranfährt und ihr Gesicht in Großaufnahme zeigt, kann man unschwer erkennen, daß man kein junges Mädchen, sondern eine fast 50-jährige (2002) vor sich hat.


    Trotzdem - alles in allem eine Carmen, die herausragend ist!



    LG


    Harald


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Anne Sofie von Otter war lange Zeit für mich der Klischee-Begriff der "nordischen Kühle": Ich hörte perfektes und stilsicheres Singen, aber wenig Bewegendes.


    Vor einigen Jahren konnte ich meine Ansicht revidieren: In einem Seminar hörten wir Schumann-Lieder nach Vertonungen von Andersen-Gedichten. "Der Soldat" ging wirklich unter die Haut - und endete in einem gesungenen Schrei, den man nicht so leicht vergisst.


    :hello: Petra

  • Meldung der Nachrichtenagenturen von heute morgen:


    Zitat

    Die Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter erhält am Dienstag den Frankfurter Musikpreis. Sie wird für ihre außergewöhnliche Stimme und ihr variationsreiches Repertoire geehrt, das vom Barock bis Jazz reicht. Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert und wird anlässlich der Internationalen Musikmesse in Frankfurt verliehen, die am Mittwoch beginnt.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Die wunderbare Mezzosoprnistin Anne Sofie von Otter wurde am 9. Mai 1955 in Stockholm geboren. Zu ihrem heutigen Ehrentage habe ich eine Bach-CD ausgesucht:



    Anne Sophie von Otter feiert heute ihren 60. Geburtstag.



    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Frau von Otter war ja schon in der Vergangenheit nicht abgeneigt, gelegentlich "Crossover"-Gefilde zu beschreiten. Ihre neueste CD nahm sie mit dem New Yorker Avantgarde-Streichquartett Brooklyn Riders auf. Lieder u.a. von John Adams, Kate Bush, Björk, Elvis Costello u.a.