Thielemann zerstört den romantischen Geist des "Freischütz"

  • @ Willi


    Warum absolut? Ich habe hier meine subjektive Meinung dargelegt. Dass sich diese nicht mit deiner Wahrnehmung bzw. derer anderer Forumsmitglieder deckt, kann für dich bzw. die anderen schmerzlich bzw. nicht nachvollziehbar sein, dennoch bleibt es mein Eindruck. Und diesen Eindruck hier kundzutun habe ich ein gleiches Recht wie jedes andere Mitglied hier.


    :hello: LT

  • Carlos Kleiber - das ist eben ein "absoluter" Maßstab.


    Da liegt aber genau das Problem. Wenn ich Arturo Benedetti Michelangelis überirdische Aufnahme von Debussys "Childrens Corner" nehme, sind so ziemlich alle Pianisten der Welt - auch die besten - biederes Mittelmaß.


    Also wäre die Frage: Wenn Thielemann Kleiber gegenüber "Mittelmaß" sein sollte, sind es dann nicht auch Harnoncourt und alle Anderen? Was ist das also für ein Mittelmaß?


    Schöne Grüße
    Holger

  • Eine bessere Werbung als Verisse dieser Art kann man wohl für die Interpretationen Thielemanns nicht machen....


    Wie schon berichtet, haben die vielen damaligen Verisse, die ich über Thielemanns Beethoven las, erst dazu geführt, dass ich meine alles in allem neue Referenzaufnahme (sie hält diesen Stand jetzt schon seit Jahren) dieser Symphonien fand.
    Von daher bin ich schon fast geneigt anzunehmen, dass ich ebenfalls sehr positiv von dieser Opern-Produktion mit Christian Thielemann überrascht wäre, vor allem auch, nachdem ich den aufschlußreichen und schönen Bericht Willis dazu las.


    Sollte ich also auf die Idee kommen, mir eine Blue-ray mit dem Freischütz zu kaufen, dann wird es wohl diese sein, wobei ich immer gerne vorab in die Sachen hineinhöre und hineinsehe, um es dann mit anderen Einspielungen zu vergleichen. Das wird dann ja wohl auch irgendwann ganz gut möglich sein.


    Noch einen kleinen Schwenker hin zum Grundsätzlichen, wenn man es mir nachsieht:


    Lieber Holger,


    das mit dem "absoluten" Maßstab ist so eine Sache. Ich will Dir nicht widersprechen, aber gerne diesen Aspekt aus meiner Perspektive beleuchten. Du hast ja mit guten Gründen die Anführungszeichen gesetzt. So wie ich meine, es gelernt zu haben, hängen diese Einschätzungen ab einem bestimmten, sehr hohen Niveau doch auch von den Maßstäben des Hörers ab. Wie will ich es denn hören? Wenn ich es absolut so hören will, wie z.B. der Kleiber oder der Michelangeli es gemacht hat, dann gibt es dafür sicherlich tausende von sehr guten Gründen dafür. Dann sind es die, die meine Maßstäbe setzten.


    Eine kleine Gefahr empfinde ich hierbei jedoch:
    Je älter ich werde, desto öfter habe ich erfahren, dass einige (nicht die Mehrheit) Interpretationen, die für mich immer den absoluten Maßstab darstellten, mich gegenüber Anderen Deutungen sozusagen immunisierten, weil sie eben so überzeugend und gut waren und sind. Es lag dabei nicht an den CDs, sondern es lag an mir. Bei den italienischen Annees mit Brendel geht es mir wohl immer noch so...


    Wenn ich mir eine neue CD kaufte, dann wollte ich - wenn ich ehrlich in mich hineinhörte - dass die Einspielung eigentlich doch entscheidende Elemente von dem hat, die ich schon von meiner Lieblings-CD kenne und liebe. Dabei habe ich in Sachen Bach z.B. manchmal übersehen, dass z.B. der Herreweghische Verzicht auf bestimmte effektvolle Dinge keineswegs einen Nachteil gegenüber meinen CDs mit den "Erweckungserlebnissen" darstellt, sondern dass er wieder mit anderen Qualitäten überzeugen kann, die die "Erweckungs-CD" nicht bieten kann. Manchmal war auch die Erkenntnis, wie wohltuend dieser Verzicht gerade ist, ein neues Erweckungserlebnis. So bin ich dem Mann sehr dankbar, dass er einer der wenigen ist, die den Choraleinsatz " Brich an, du schönes Morgenlicht" aus dem Weihnachtsoratorium nicht ff herausbrüllen läßt, sondern sich kultiviert an den Rahmen der Möglichkeiten eines Chorals hält.
    Jeder große Interpret hat so seine eigene "Welt", die sich meistens sehr deutlich von den Welten der Anderen unterscheidet. Ich brauchte oft Jahre, in diese Denkweisen hineinzukommen, sozusagen deren Welt zu betreten. Das ist vor allem dann schwer, wenn man sich erst in der Klangwelt eines bestimmten Interpreten heimisch geworden ist und sich dort glücklich fühlt.


    Oft ist es dann so ausgegangen, dass meine ursprünglichen Referenzen weiterhin diesen Status behielten.
    Aber es gab und gibt auch jene Fälle, in denen ich nach Jahren merkte, dass ich von deren wunderbaren Welten so eingenommen war, dass meine Ohren für andere Ansätze nicht offen genug waren. Das sind dann ziemlich interessante Vorgänge.
    In einigen Fällen sah ich dann zum Schluß jeweils die Vorzüge der verschiedenen Sichtweisen, und es entwickelte sich bei intensiverer Beschäftigung mit der Partitur und vielleicht auch nach einer Zeit der Hör-Enthaltsamkeit eine eigenes Verständnis dieser Musik.


    Wenn man sich einen Text von Shakespeare nacheinander von verschiedenen, großen Schauspielern gesprochen anhört, dann sind es immer dieselben Worte und Inhalte. Das Schöne an dieser Kunst ist es aber dann ja auch, dass man bei jedem Vortrag "Shakespeare plus bwz. durch den Schauspieler" hört. Der große Schauspieler macht sich zum Diener der Kunst, will die Rolle durch sich wirken lassen und sich als Privatperson ganz zurücknehmen. Er ist dann nicht mehr der Herr Ganz, sondern eben der Führer. Frau Ganz hat in der Zeit, in der "Der Untergang" gedreht wurde, zwischendurch vor ihrem eigenen Mann Angst bekommen, weil er sich in jemanden anderen verwandelte, nicht nur bei Drehen. Dennoch bringt der Schauspieler dann immer doch einen gehörigen Teil von sich mit ein. Sollte sich alles auf einem Weltklasse-Niveau abspielen, dann kann es tatsächlich auch mehr als nur die eine absolute Darstellung geben, so undenkbar uns das manchmal bei gewissen Jahrhundertaufnahmen erscheinen mag. Meiner Hör- und Musiziererfahrung nach, ist es bei der Musik nicht anders.


    Das Stichwort Fischer-Dieskau sollte in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch fallen.... ;)
    Also: Das mit dem "absoluten Maßstab" ist manchmal auch eine Sache der persönlichen Hörperspektive.
    So relativ jedoch sind die Dinge nicht, dass etwas sehr Gutes plötzlich von einem anderen Standpunkt aus gehört schlecht sein muß. Man erkennt auch von dort die Vorzüge, aber entwickelt dann irgendwann seine mehr oder weniger gut begründeten Präferenzen.



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • das mit dem "absoluten" Maßstab ist so eine Sache. Ich will Dir nicht widersprechen, aber gerne diesen Aspekt aus meiner Perspektive beleuchten. Du hast ja mit guten Gründen die Anführungszeichen gesetzt. So wie ich meine, es gelernt zu haben, hängen diese Einschätzungen ab einem bestimmten, sehr hohen Niveau doch auch von den Maßstäben des Hörers ab. Wie will ich es denn hören? Wenn ich es absolut so hören will, wie z.B. der Kleiber oder der Michelangeli es gemacht hat, dann gibt es dafür sicherlich tausende von sehr guten Gründen dafür. Dann sind es die, die meine Maßstäbe setzten.

    Lieber Glockenton,


    inzwischen bin ich ja nun schon Opa (Du vielleicht auch... :D ) und je älter man wird, desto mehr Gelegenheit hat man, zu vergleichen und weiß die Vergleiche natürlich auch zu schätzen als Quelle der Bereicherung. Interessanter Weise geht es mir aber so, dass es bestimmte Aufnahmen gibt, die wie Fixsterne bleiben und eigentlich je länger sie am Himmel sind, um so stärker leuchten. Mit "absolut" (im Gegensatz zu "relativ") meine ich nicht, dass man es vielleicht nicht interpretatorisch anders machen kann (Michelangeli selber hat ja bis zuletzt immer wieder neue Seiten bei Debussy entdeckt und sogar verschiedene Interpretationen von demselben Stück dargeboten, für Fischer-Dieskau kann man glaube ich Ähnliches sagen). Bei einer "absoluten" Aufnahme habe ich einfach keinerlei Bedürfnis, zu vergleichen (wer macht was wo irgendwie anders). Sie steht sozusagen als eine Singularität für sich alleine - und das ist sehr beglückend. Bei anderen, "normal guten" denkt man dagegen: hier oder da würde ich vielleicht das anders gestalten, das ist nicht so perfekt usw. Bei einer "absoluten" Aufnahme kommt alles zusammen: technische Perfektion ("Childrens Corner" ist eigentlich so "leicht", dass es jeder etwas bessere Amateurpianist vom Blatt spielen kann, aber ABM spielt gerade das so unfaßbar, dass es unspielbar schwer erscheint...), eine überragende, maßstabsetzende Interpretation und geistige Durchdringung der Musik. Das alles zusammen kommt doch eben selten vor. Wenn man solche Aufnahmen hat, dann muß man sich allerdings bremsen, nicht "ungnädig" zu werden gegenüber weniger perfekten, nicht "absoluten". :D


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Noch einen kleinen Schwenker hin zum Grundsätzlichen, wenn man es mir nachsieht:


    z. B. dahin:

    Wenn ich mir eine neue CD kaufte, dann wollte ich- wenn ich ehrlich in mich hineinhörte- dass die Einspielung eigentlich doch entscheidende Elemente von dem hat, die ich schon von meiner Lieblings-CD kenne und liebe.


    Jeder große Interpret hat so seine eigene "Welt", die sich meistens sehr deutlich von den Welten der Anderen unterscheidet. Ich brauchte oft Jahre, in diese Denkweisen hineinzukommen, sozusagen deren Welt zu betreten. Das ist vor allem dann schwer, wenn man sich erst in der Klangwelt eines bestimmten Interpreten heimisch geworden ist und sich dort glücklich fühlt.


    :jubel:
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Nach meinem Verriss, dem durch das FonoForum hat nun auch das Magazin "Opernwelt" in der März-Ausgabe 2016 diese Veröffentlichung negativ kritisiert!


    :hello: LT

  • Nach meinem Verriss, dem durch das FonoForum hat nun auch das Magazin "Opernwelt" in der März-Ausgabe 2016 diese Veröffentlichung negativ kritisiert!


    :hello: LT


    Wenn auch ganz gewiss weit differenzierter und niveauvoller als du hier - ungelesen!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe diesen Thread über weite Teile verfolgt, für alle Beiträge hat es nicht gereicht.
    Wenngleich ich der Auffassung bin, daß wir mit Wilhelm Sinkovicz einen der hochrangigsten österreichischen Musikkritiker und Musikwissenschafter zur Verfügung haben, der sicher keine "Gefälligkeitskritiken" schreibt und dessen Ansprüche an einen Künstler sicherlich sehr hoch sind, so sollte man einem Mitglied, daß eine andere Meinung vertritt, zwar widersprechen dürfen, sollte es aber nicht ermuntern sich zurückzuziehen, weil er einen Dirigenten nicht mag und vielleicht parteiisch schreibt. In letzter Konsequenz erreicht dieser Thread etwas, wovon man nur tröumen kann: Die Neugier wird geweckt, man will Thielemanns Dirigat im Vergleich hören, man will "Liebestraums" Aussagen überprüfen, man will den Freischütz wieder mal in der alten Keilberth-Aufnahme erleben und ihr die Thielemann Lesart gegenüberstellen, man interessiert sich wieder mehr für Carl Maria von Weber .....
    Was wollen wir eigentlich sonst noch??


    mfg aus Wien
    Alfred :hahahaha:

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • so sollte man einem Mitglied, daß eine andere Meinung vertritt, zwar widersprechen dürfen, sollte es aber nicht ermuntern sich zurückzuziehen, weil er einen Dirigenten nicht mag und vielleicht parteiisch schreibt.

    Von "ermuntern sich zurückzuziehen" kann meinerseits keine Rede sein, aber einen schlechten Stil kritisieren und zu mehr Sachlichkeit und Differenzierungsvermögen auffordern, das muss schon erlaubt sein! Dieser Rubriktitel reicht weder "Liebestraum" noch dem "Tamino"-Forum zur Ehre und ich bedauere, dass er nun wieder "rausgekramt" wurde, anstatt es noch einmal neu und sachlich zu versuchen.


    Im Übrigen solltest du, Alfred, die auch die Rubrik zu Beethovens Siebter nochmal in Ruhe durchlesen...


    P.S.: Das "vielleicht" kannst du ganz sicher streichen!


    P.P.S.: Ich habe gestern jedenfalls ein umwerfend gutes "Walküre"-Dirigat von dem Dirigenten, den "Liebestraum" so hasst, erlebt!


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach meinem Verriss, dem durch das FonoForum hat nun auch das Magazin "Opernwelt" in der März-Ausgabe 2016 diese Veröffentlichung negativ kritisiert!


    :hello: LT


    Übersetzt: "Ich mag die Interpretation nicht, zwei andere auch nicht - das beweist, es muss schlecht sein."


    Äh - nein.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Nur Freunde von Herrn Thielemann können so abfällig über ihn urteilen - Denn - bei jedem Angriff auf seine Person wurde er interessanter, egal ob man ihn "ins rechte Eck stellte" oder seine Qualität als Dirigent anzweifelte, oder ihm "menschliche Defizite" nachsagte. Er wurde immer berühmter. Er bekleidet wichtige Positionen in Bayreuth, in Salzburg, leitet eines der bedeutendsten deutschen Orchester, ist auch bei den Wiener Philharmonikern beliebt, und maßgebliche Kritiker bescheinigen ihm einen künstlerischen Ausnahmestatus - unabhängig ob man ihn dort mag oder nicht.....
    Ich glaube er ist zur Zeit der berühmteste Dirigent Deutschlands....


    mfg aus wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich glaube er (Thielemann) ist zur Zeit der berühmteste Dirigent Deutschlands....


    "Der Glaube versetzt (bekanntlich) Berge."
    oder
    "Glauben heißt nichts wissen."


    mfg aus Nürnberg
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ich fragte mich schon, ob ein Tamino hier durch sein Harnoncourt- und Thielemann-Bashing heimlich beabsichtigt, deren Anhängerschaft zu vergrößern bzw. deren Tonträgerumsätze zu fördern.... :D
    Wenn solche Beiträge überhaupt irgendwelche Wirkungen zeigen, dann höchstwahrscheinlich diejenige, dass man dann erst recht sich solche Ton- und Bildträger bestellt bzw. in deren Konzerte geht, was ja nunmehr nur noch bei Thielemann möglich wäre.
    Mein größter Klassik-Live-Traum wäre es wohl, einmal im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins eine Beethovensymphonie mit den Wiener Philharmonikern unter Thielemann hören zu dürfen, am besten ca. Reihe 5 und dann in der Mitte.
    Meine größte Neuentdeckung im Bereich der Kapellmeister ist in den vergangenen Jahren eben gerade dieser Thielemann gewesen, und gerade bei Beethoven. Die Initialzündungen dafür waren bei mir dann auch diese hier und da zu lesenden Verisse - sie machten mich erst richtig neugierig.
    Dann brauchte ich nur noch mit offenen Ohren und einem offenen Geist zuzuhören, um recht bald sehr begeistert und auch langfristig überzeugt zu sein. Den Vereissern bin ich also zu großer Dankbarkeit verpflichtet :D



    ....und maßgebliche Kritiker bescheinigen ihm einen künstlerischen Ausnahmestatus

    Da braucht man sich nur den zweiten Satz der Vierten von Beethoven einmal in aller Ruhe und vorurteilsfrei anzuhören um festzustellen, dass diese Kritiker gar nicht anders konnten, als zu solchen Aussagen zu kommen.
    Was der Mann da im Konzert machte, ist tatsächlich pure Magie. Es sind diese unbezahlbaren Momente, in denen man den Atem anhält und die Zeit stehenzubleiben scheint. Gäbe man das absichtlich in LoFi als wiedergefundene Furtwängler-Liveaufnahme heraus, dann würden alle sagen: "ja natürlich, das hört man es, der große Furtwängler". Die Erkenntnis, dass Thielemann hier solche unglaublichen Wirkungen beim Hörer erzielte, die man bisher von bezeugten Furtwängler-Legenden kennt, wird sich vielleicht erst in einigen Jahren , noch später oder gar nie durchsetzen. Wenn jemand nämlich heute etwas überragend gut macht, weil er eben überragend gut ist, dann will man das von unserem Zeitgeist her sehr gerne relativieren, es einfach nicht wahr haben, dass sich da jemand vom Durchschnitt abhebt; man will es auf das Technische reduzieren und dementsprechend dann auch als "unterirdisch" angreifen. Möglicherweise wünscht man sich, dass die Zeit der ganz großen Persönlichkeiten am Pult nun endlich vorbei sein solle ( Leute wie Wand und Maazel sind ja weg, Harnoncourt hat -manche werden sagen endlich- aufgehört......) Da passt es natürlich nicht, dass da so einer wie Thielemann auftritt, der noch eine Menge vielversprechender Arbeitsjahre vor sich hat. Sich an großen und anerkannten Namen zu reiben......nun ja, ich weiß ja nicht, weshalb irgendjemand sich ausgerechnet deshalb besser bzw. als besserwissender Insider fühlen sollte.



    Zur Vierten Beethovens und einem Interpretationsvergleich verschiedener Einspielungen dann ggf. später im entsprechenden Thread etwas mehr.


    Ich wage es einmal dreist, einen Analogie hinsichtlich der großen Diskrepanz zwischen den Verissen und meinen eigenen Eindrücken von Beethoven hin zum Freischütz zu vermuten, selbst wenn ich mich mit dieser Oper in Thielemanns Interpretation noch nicht beschäftigt habe. Ob es dazu kommt, weiß ich noch nicht, denn - hilf Samiel- ehrlich gesagt, liegen mir erst einmal andere Komponisten noch näher am Herzen, wenn es um eventuelle Neuanschaffungen geht. Ich sage nicht, dass ich davon ausgehe, dass ihm immer alles besser gelingt als anderen - das wäre in der Tat lächerlich und besser passend für einen jugendlichen Fan. Da gibt es selbstverständlich mehr oder etwas weniger Gelungenes, wie bei jedem anderen Kapellmeister auch. Aber dass ausgerechnet bei Thielemann die Romantik zu kurz kommen soll, kommt mir doch mehr als unwahrscheinlich vor.....


    Ach ja, übrigens, einen Exkurs für den Bibelzitierer hätte ich dann noch, denn es heißt im Hebräerbrief: "Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht"


    "....aber dennoch hört - oder eben auch nicht" möchte man da im Hinblick auf so manche Thielemann-Interpretation und einige Kritiker hinzufügen, aber man soll ja den Schriftstellen weder etwas hinzufügen, noch etwas weglassen.... ;)


    Glauben heisst ja auch, dass man Dinge einfach innerlich weiß, ohne sie gleich immer rational erklären zu können. Wenn es um die Musik geht, dann weiß man manchmal sehr schnell, wenn jemand eine wirklich große Musik auch genau dementsprechend interpretieren kann. Dafür muss man nicht immer alles erklären können, aber bereit sein, genau und offen hinzuhören. Bei der Werkanalyse ist das auch so: Irgendwann ist man mit dem Analysieren am Ende. Wäre das nicht so, dann könnte die Analytiker ja im Grunde auch das konstruieren, was Bach oder Beethoven hinbekamen. Doch das kann er eben nicht. Es kommt dann irgendwann der Punkt der unerklärlichen Inspiration, von dem ab man nicht mehr begründen kann, weshalb etwas wirklich so genial und gut gemacht wurde. Wohl dem, der es trotzdem hören und in seinem Inneren bewegen kann....



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Glockenton:Was der Mann da im Konzert machte, ist tatsächlich pure Magie...


    Ich habe, lieber Glockenton, Thielemann vor knapp 13 Jahren zum ersten Mal live erlebt, als ich mit meiner Abschlussklasse eine Woche in Berlin war. Damals war er noch an der Deutschen Oper und dirigierte eine Aufführung der Schöpfung von Haydn, der ich mit meiner Begleitperson beiwohnen durfte.
    Ich habe an jenem Abend genau das erlebt. Seit jener Zeit habe ich noch ca. ein halbes Dutzend Liveaufführungen der Schöpfung erlebt, aber bei keiner habe ich diesen Zauber wieder gespürt. Wir sollten froh sein, wieder so einen Dirigenten in Deutschland zu haben und ihn nicht mit unqualifizierten Äußerungen kleinreden, weil ja, wie du ganz richtig bmerkst, letzten Endes das Gegenteil damit erreicht wird. Übrigens offtopic: Kennst du schon diese Box?:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wir sollten froh sein, wieder so einen Dirigenten in Deutschland zu haben und ihn nicht mit unqualifizierten Äußerungen kleinreden,...

    Eben!



    Kennst du schon diese Box?

    Leider nein, lieber Willi, aber ich besitze wenigstens die Brahms 1 mit Thielemann in der DG-Aufnahme mit den Münchener Philharmonikern.
    Das warme Klangbild ist mir dabei besonders gut im Gedächtnis haften geblieben.
    Irgendwann tauchen die Blue-rays sicher auch noch in meiner Sammlung auf...


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)


  • Eben!


    Kritik zu äußern halte ich für erlaubt und sogar für geboten. Nicht nur in diesem Forum gibt es sehr unterschiedliche Meinungen über Thielemann, und das aus guten Gründen, wie ich meine. Allerdings sollte diese Kritik sachlich und nicht bösartig sein.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Allerdings sollte diese Kritik sachlich und nicht bösartig sein.


    Und das ist genau der entscheidende Punkt! Bei einer so reißerischen Rubriküberschrift rechnet niemand ernsthaft mit "Sachlichkeit" des Betreffenden, und zwar zu Recht!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Bertarido: Kritik zu äußern halte ich für erlaubt und sogar für geboten. Nicht nur in diesem Forum gibt es sehr unterschiedliche Meinungen über Thielemann, und das aus guten Gründen, wie ich meine. Allerdings sollte diese Kritik sachlich und nicht bösartig sein.


    Ich schließe mich ausdrücklich den Worten von Stimmenliebhaber an. Auch ich halte sachliche Kritik für äußerst zielführend, weil Gottseidank nicht jeder Musiker ein Stück in gleicher Weise interpretiert und es gerade auf dem Gebiet der Dirigenten, ausgehend von der Vielfalt der Komponisten aus den verschiedendsten stilistischen Epochen die unterschiedlichsten Werke gibt, die nicht alle Musiker spielen, nicht alle Dirigenten dirigieren und nicht alle Sänger singen. Genauso haben Gottseidank nicht alle Musikliebhaber den gleichen Geschmack in Bezug auf die unterschiedlichsten Werke und ihre Interpreten.
    Ich kenne eine Reihe von Taminos, mit denen man sich über die unterschiedlichsten Werke in diesem Forum sachlich und konziliant austauscht und u. u. auch kontrovers diskutiert. Aber es gibt leider auch den einen oder anderen, mit dem dies nicht möglich ist, genau wie im richtigen Leben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat

    Und das ist genau der entscheidende Punkt! Bei einer so reißerischen Rubriküberschrift rechnet niemand ernsthaft mit "Sachlichkeit" des Betreffenden, und zwar zu Recht!


    Absolut einverstanden - Allerdings hat dieser Thread - vermutlich GRADE EBEN DESHALB bereits 78 Beiträge und 3622 Seitenaufrufe erzielt. Zudem wurden einige wirkliche sachlich und interessante Beiträge verfasst - Thielemanns Stellenwert wurde einmal mehr diskutiert - und sein Ausnahmerang erneut bestätigt.


    Ein sachlicher, korrekter Threadtitel hätte das nie erreicht.


    Wir hatten auch in der Vergangenheit immer "polarisierende" Artikel im Forum........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Absolut einverstanden - Allerdings hat dieser Thread - vermutlich GRADE EBEN DESHALb bereits 78 Beiträge und 3622 Seitenaufrufe erzielt.


    Weißt du, Alfred, dein so großes Schielen auf die "Seitenaufrufe" hat mich hier schon immer etwas verwundert - es will mir nicht so recht zum elitären Klassik-Liebhaber und Lordsiegelbewahrer alles Konservativen passen. Elitär ist eben nicht populär! Aber versuch's doch mal mit einer Pop-Musik- oder gar Porno-Seite, da wirst du "Seitenaufrufe" erzielen, von denen du hier selbst bei einer solch reißerischen Rubriküberschrift nur träumen kannst! :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Da ich momentan zu selbst gewählter Arbeitslosigkeit verurteilt bin, habe ich diesen Thread von Anfang an gelesen. Dabei habe ich immer wieder eure Geduld im Umgang mit dem Ersteller bewundert - besonders die von Willi. (Ich könnte das nicht, aber ich bin fleißig am Üben!)


    Zur Sache fiel mir auf, dass "Liebestraum" es nicht für nötig hielt, ein Wort über die Sänger zu verlieren. Dabei fällt die Fähigkeit des Dirigenten, Sänger zu begleiten, völlig unter den Tisch. Und gerade Thielemann ist dafür bekannt, Sänger zu streicheln und ihnen Höchstleistungen zu entlocken. Vielleicht könnte einer, der die Aufnahme inzwischen kennt, darüber etwas sagen, dann könnte ich sie mir u.U. auch zulegen (und ggf. ein Wörtchen dazu sagen, weil Gesang ja zu meinen Spezialitäten gehört).


    Ich würde mich über eine positive Reaktion freuen und grüße die Freischütz-Runde!


    Sixtus

  • Lieber Sixtus,


    dann würde ich dir noch einmal die Lektüre meines Beitrages Nr. 44 empfehlen. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lässt sich der "romantische Geist" des FREISCHÜTZ durch einen Dirigentgen "zerstören"? Ich kann mir nichts darunter vorstellen? Wie sollte ein Dirigent etwas zerstören sollen und können? Diese Reizwort, dem ich beim ersten Auftauchen dieses Themas natürlich auch sofort unterlag, erwies sich als das was es ist - ein Reizwort. Wir wissen, dass Liebestraum diesen Freischütz nicht mag. Er drückt seine Empfindungen drastisch aus. Was ist daran so schlimm? Niemand von uns wird sein Urteil ändern können. Dafür hat er die Pfähle zu tief eingerammt. Warum sich also lange dabei aufhalten? Mich hat die Produktion auch nicht hingerissen. Ich finde sie etwas nichtssagend, nicht gründlich genug erarbeitet. Es ist allerdings auch nicht einfach, sich diesem Werk immer und immer wieder zuzuwenden, sofort damit auch noch auf den Musikmarkt zu gehen und sich einer überwältigenden Konkurrenz auszusetzen. Dafür hat Thielemann nach meinem Empfinden nicht genug Neues und Aufregendes mitzuteilen. Warum tut er sich das also an? Ein neuer Freischütz auf Tonträgern ist so überflüssig wie ein Kropf.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wir wissen, dass Liebestraum diesen Freischütz nicht mag.

    Wir wussten vor allem schon lange vorher, dass er diesen Dirigenten nicht mag. Warum kauft er sich dann dessen Neuaufnahme? Offenbar aus dem einzigen Grund, um sie öffentlich zerreißen zu können. Sein Urteil stand fest, noch bevor er den ersen Ton gehört hat, davon bin ich überzeugt!


    Die Feststellung von "Sixtus", dass "Liebestraum" die Sänger gar nicht erwähnt, ist auch bemerkenswert!



    Warum sich also lange dabei aufhalten?

    Er war es selbst, der kürzlich diese Rubrik mit dem reißerischen Titel wieder hochholte, um einen "Autoritätsbeweis" für sein vernichtendes Urteil zu ergänzen...


    Übrigens empfinde ich eine Neuaufnahme des "Freischütz" im 21. Jahrhundert keinesfalls als überflüssig, es sei denn, man würde dieses Werk als inzwischen überflüssig betrachten. Das ist aber nicht meine Auffassung.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Jetzt wollen wir es aber genau wissen. Ich bin jedenfalls gespannt auf Willis Eindrücke von der Aufnahme.
    Warum sollten wir uns nicht mit der xten Einspielung des Freischütz befassen? Von der Traviata gibt es noch viel mehr, und es wird nicht langweilig.


    Was die Kleiber-Einspielung betrifft: Da war die Besetzung äußerst problematisch. Schreier selbst hat sich dahingehend geäußert, dass Kleiber ihn so lange bekniet habe, bis er nachgegeben hat. Aber es war ihm selbst peinlich. Dirigenten und Besetzungen sind ein sehr weites Feld, bis hin zu Karajan.


    Bis demnächst!
    Sixtus

  • 1. Ich habe mir den Freischütz auf Blu-ray gekauft, weil es der Freischütz ist und eben deshalb, weil diese Oper von meinem Lieblingskomponisten geschrieben wurde. -- Denn selbst ich blättere nicht einfach mal so 30 Euro auf den Ladentisch.


    2. Die Kritik-Verweise waren durchaus nützlich und auch notwendig; machen sie indes deutlich, dass nicht nur mir (wie einige das hier versucht haben, mir einzureden!) diese Produktion nicht gefallen hat.


    :hello: LT

  • Was die Kleiber-Einspielung betrifft: Da war die Besetzung äußerst problematisch. Schreier selbst hat sich dahingehend geäußert, dass Kleiber ihn so lange bekniet habe, bis er nachgegeben hat. Aber es war ihm selbst peinlich. Dirigenten und Besetzungen sind ein sehr weites Feld, bis hin zu Karajan.


    Richtig, die Carlos-Kleiber-Aufnahme ist sängerisch höchst problematisch (es ist ja nicht nur Schreier, auch Adam singt hier eine Rolle, die er live wenig bis gar nicht gesungen hat , und Frau Janowitz empfinde ich auch nicht als ideal, da ziehe ich jede der Grümmer-Aufnahmen vor. Und hat Crass nicht mal erzähl, dass er den Eremiten aufs schon fertige Orchester draufsang?


    Die Orchesterleistung, die Carlos Kleiber der Staatskapelle Dresden damals abtrotzte, ist freilich grandios - aber das ist eben nur eine Seite einer Operngesamtaufnahme.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"