Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert

  • :) Zum heutigen trüben Regenwetter passen diese Klagegesänge! ;( Zum 1.Advent nicht so ganz ...


    Derzeit sitze ich am PC und lese mir die neusten TAMINO-Beiträge durch, habe den KH auf und höre nach langer Zeit wieder einmal in die Gorecki 3-CD hinein ... ob ich die CD auch bei intensivem Hören ganz durchhalten würde, wage ich zu bezweifeln. Dazu bin ich zu ungeduldig, mir so etwas "laues" als Ganzes anzutun.


    8-) Aber nun lasse ich die CD mal ganz durchlaufen ( ;) ich glaube das habe ich vorher noch nie geschafft). :D Diese Worte schreibend schaffe ich das!



    Philips, 1994, DDD



    Mich würde interessieren, wie IHR über dieses Werk denkt!?!
    Mir ein Rätsel wie so etwas in die Charts geschafft haben kann .... :baeh01:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Derzeit sitze ich am PC und lese mir die neusten TAMINO-Beiträge durch, habe den KH auf und höre nach langer Zeit wieder einmal in die Gorecki 3-CD hinein ... ob ich die CD auch bei intensivem Hören ganz durchhalten würde, wage ich zu bezweifeln. Dazu bin ich zu ungeduldig, mir so etwas "laues" als Ganzes anzutun.


    Aber nun lasse ich die CD mal ganz durchlaufen ( ich glaube das habe ich vorher noch nie geschafft). Diese Worte schreibend schaffe ich das !


    Interessant, wie unterschiedlich die Geschmäcker sein können. Ich habe einmal Auszüge aus dieser Symphonie in einer Dokumentation über Gorecki im Fernsehen gehört und war sofort ergriffen. Am nächsten Tag habe ich die CD gekauft - in der Einspielung mit Zinman und Dawn Upshaw, die wohl auch in den Charts war -, und mein erster Eindruck hat sich bestätigt und vertieft. Ich habe diese CD bestimmt zwanzig mal gehört, und mir kommen jedesmal die Tränen. Ganz egal, ob diese Symphonie neo-romantisch ist und musikalisch simpel gestrickt: die Musik und die Texte gehen mir zu Herzen und bewegen mich zutiefst.


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ganz egal, ob diese Symphonie neo-romantisch ist und musikalisch simpel gestrickt: die Musik und die Texte gehen mir zu Herzen und bewegen mich zutiefst.


    Geht mir genauso.
    Ich kenne die wohl erste Einspielung überhaupt, habe ich noch als LP:


    Stefania Woytowicz - Radio-Symphonie-Orchester Berlin - Wlodzimierz Kamirski

  • Hallo Bertarido und Lutgra,


    ich vermute mal, dass Eure bewegende Vorliebe für die Sinfonie NR.3 klar an der Aufnahme (bei Bertarido mit Zinman) liegen kann, als die eher nüchterne Kord-Aufnahme (Philips), die ich als einzige besitze. Aus Kritiken hatte ich ähnliches entnommen.
    Nun ja, der letzte Satz von ~18Min, den ich gestern wohl erstmalig als Ganzes hörte, hat ja schon den Geduldsfaden ordentlich strapaziert - diese minimalmusikhafte Musik wirkt dann doch sehr eintönig.



    Ich glaube bei mir müssen andere Kaliber her ...


    was mich zu Tränen rührt und mich total packt, wäre zum Beispiel die Britten-Sinfonia da Requiem ... :hail: ein Werk, wie für mich persönlich geschrieben.
    Ich sammle davon alle verfügbaren Aufnahmen (auch als Video), die alle verdammt gut sind und jede für sich etwas Besonderes hat - aber letztendlich bleibt die mit Britten / LSO (Decca) immer noch die Beste!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • was mich zu Tränen rührt und mich total packt, wäre zum Beispiel die Britten-Sinfonia da Requiem ... ein Werk, wie für mich persönlich geschrieben.
    Ich sammle davon alle verfügbaren Aufnahmen (auch als Video), die alle verdammt gut sind und jede für sich etwas Besonderes hat - aber letztendlich bleibt die mit Britten / LSO (Decca) immer noch die Beste !


    Das kann ich sehr gut nachvollziehen, das Stück mag ich auch sehr. Ich habe allerdings nur die eine Einspielung mit Britten selbst als Dirigent.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Das VC Nr.2 ist Anne Sophie Mutter gewidtmet.


    Ich finde - ein ganz famoses VC, das Penderecki nach seiner "Avantgardesackgasse" geschrieben hat, aus die er wieder gut herausgefunden hat - somit auch keine Experimentalmusik mehr ist. (Klar, dass das von den eingefleischten Avangardisten wieder Widersprüche auslöst ... . Ich höre den anderen Penderecki zwar auch mit Interesse, aber ab der Sinfonie Nr.2 ist er mir weitaus angenehmer ... )


    Von ASM ganz hervorragend unter der Leitung des Komponisten gespielt.
    Eine Aufnahme, ein Violinkonzert des 20.Jhd das mir ganz besonders am Herzen liegt - genau wie sein tolles Klavierkonzert (2001/2)




    DG, 1997, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wenn man nach der neue Sol Gabetta CD mit dem 2. Cellokonzert und kürzeren Stücken von Peteris Vasks seine 3. Symphonie von 2005 auflegt, mag man kaum glauben, dass das Werk vom gleichen Komponisten stammt. Eine weitgehend düstere, pessimistische Symphonie ist das geworden mit über 40 Minuten Länge, die immer wieder erhebliches dissonantes und angsterfülltes Potential entfaltet. Diese Symphonie steht nicht unbedingt in der Tradition eines DSCH, sondern erinnert eher an die ähnlich gestimmten späten Symphonien von Malcolm Arnold. Muß man sicher öfters hören, um sich ein abschliessendes Bild zu machen. Der Reviewer bei Gramophone war nicht ganz überzeugt, aber David Hurwitz bei classicstoday vergab 10/10.

  • Nachdem ich mich vor ca. 10 Jahren erstmals für Eduard Tubin interessiert hatte, kam irgendwie der Name Einar Englund (1918 - 1999) auf
    8o ... reingehört - gekauft - begeistert gewesen ...


    Inzwischen habe ich alles orchestral Verfügbare auf CD von Einar Englund, der auch von D. Schostakowitsch stark beeinflusst ist - ;):angel: kann es etwas besseres geben als so ein Vorbild?


    Die abgebildete CD enthält wahnsinnig starke Musik des 20. Jhd:



    ONDINE; 2000, DDD



    Auch The Grat Wall of China ist der Hammer ... janz mein Jeschmack!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Eugene Zador war ein ungarischer Komponist, der 1939 in die USA emigrierte und dort vor allem als Orchestrator für Filmmusik reüssierte. Landsmann Miklos Rosza machte sich seine Dienste über Jahrzehnte zu eigen. Daneben komponierte Zador für den Konzertsaal, vier seiner Stücke sind auf dieser CD zu finden, darunter das wohl bekannteste, ein Divertimento für Streichorchester und die von ihm selbst am höchsten geschätzten Studies for Orchestra. Die Kompositionen entstanden zwischen 1954 und 1975, klingen aber so als wären sie zwischen 1904 und 1915 entstanden. Delius, d'Indy und der frühe Bartok oder Stravinsky fallen mir als Vergleiche ein. Das ist alles nette Musik, erwartungsgemäß hervorragend instrumentiert, aber so richtig vom Hocker haut es mich nicht. Ein kurzes Reinhören in die Florida Suite, Petrushka oder die 1. Symphonie von Prokofieff zeigt, was fehlt, nämlich wirklich zündende melodische Einfälle.

  • 1999 schrieb Giya Kancheli für den Bratscher Yuri Bashmet das Konzert für Viola, Chor und Orchester "Styx". Obwohl mir die Musik von Kancheli üblicherweise gut gefällt, habe ich mit diesem Stück doch so meine Schwierigkeiten. Die Bratsche begleitet über weite Strecken unvirtuos das Orchester oft am Rande der Hörschwelle und wenn es gelegentlich laut wird, üblicherweise mit Chor, dann klingt es für mich doch sehr nach Carl Orff. Und das ist nicht einer meiner liebsten Komponisten. Selbst seine anscheinend unverwüstliche Carmina Burana spricht mich nicht besonders an. Also für mich funktioniert diese Kancheli Komposition nicht so richtig.
    Mal hören, was Sofia zu sagen hat.

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  • Also für mich funktioniert diese Kancheli Komposition nicht so richtig.


    Mit anderen Worten - entbehrtlich- wenn ich dich richtig verstehe, lieber Lutgra !
    Mit Orff geht es mir ähnlich wie Dir, aber die Carmina habe ich wenigstens in einer Aufnahme (brauche auch nur diese), die Spass macht = Jochum (DG) ...



    Die letzten beiden CD´s sind somit nicht der "Bringer".

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    eine Verwechslung mit "Stanford", also sozusagen zwangsweise was Neues... :D


    Patric Standford (1939-2014)
    Symphonie Nr.1
    + Cellokonzert; Prelude to a Fantasy (The Naiades)

    Raphael Wallfisch, Royal Scottish National Orchestra, David Lloyd-Jones
    Naxos, DDD, 2011


    Ich wähnte hier was Anderes, nämlich typische Insel-Spätromantik. Der mir bis dato gänzlich unbekannte Patric Standford bietet - bei den biographischen Daten nicht völlig überraschend - deutlich zeitgemäßere Musik. Der engl. Wiki-Eintrag gibt leider nicht wirklich viel her. Besprechungen bzw. weiterführende Links.


    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo Lutz,


    danke für den Hinweis. :)
    Ich bin im Nachgang sowohl über Deinen, als auch Alfreds Beitrag zu dieser Scheibe gestolpert.


    Ich würde die Musik ebenfalls in die "Interessant"-Schublade einordnen. Nichts revolutionär Neues, kein "Must", aber eben auch nicht unterdurchschnittlich, sondern vielmehr gut hörbare Moderne, die IMHO vom Hörer nicht allzu viel fordert.


    Viele Grüße
    Frank

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  • Jahrelang habe ich einen Bogen um sie gemacht, jetzt habe ich mir Zeit genommen, sie endlich einmal zu hören, die legendäre 1. Symphonie von Alfred Schnittke, eines der Schlüsselwerke des ausgehenden 20. Jahrhunderts, das den Komponisten und seine Polystilistik weltberühmt machten.
    Eine Monsterpartitur von 75 min Länge, die so ziemlich alles teils zitathaft verarbeitet, was die abendländische Musikgeschichte bereithält. Mozart meets Beethoven meets Mahler meets Ives meets Varese meets Stravinsky meets Penderecki meets Jazz....
    Beim Hören denkt man unwillkürlich: musste mal einer machen und ist auf seine Art ähnlich wie Stravinsky's Sacre sicher nicht mehr zu toppen.
    Allerdings frage ich mich schon wie oft man wohl bereit ist, Zeit und Muße aufzubringen, um sich dieser monströsen Partitur zu stellen.
    Allerdings würde ich mir vermutlich dieses Werke eher noch dreimal anhören, als einmal die in meinen Ohren "unsägliche" Turangalila Symphonie.


    Ohne einen Vergleich ist es natürlich schwierig die Leistung der Interpreten zu bewerten, aber mir scheint, dass Leif Segerstam der richtige Mann für diese Musik ist und was er und das Stockholmer Orchester hier live bieten, ist zumindest in meine Ohren mehr als eindrucksvoll.


  • Als eines der bekanntesten Werke des 20. Jhdts. bedarf Strawinskis Sacre du Printemps keiner weiteren Erläuterung, weswegen ich etwas mahr auf die Interpretation dieses Klassikers eingehen möchte:


    Normalerweise bin ich ja eher etwas vorsichtig im Umgang mit "sensationellen" Neueinspielungen bekannter Werke bei großen Plattenlabeln, weil ich mir da nie ganz klar bin, um was es dabei geht: um das Werk oder um den Interpreten. In diesem Fall hab ich es nun aus Interesse am Interpreten riskiert und wurde tatsächlich mit sensationellen Neueinspielung (ohne Anführungszeichen!) eines bekannten Werkes überrascht.
    In bester Aufnahmequalität liefert Currentzis hier eine der feuerigsten, temperamentvollsten Interpretationen des Sacre ab, die mir bis jetzt untergekommen ist, wobei es Currentzis es zu Wege, dieses Werk gleichsam von innen heraus brennen zu lassen.
    Und zwar derart, dass ich es nicht einmal als störend empfinde, dass auf dieser CD nur der Sacre drauf ist.


    John Doe

  • Kancheli's fast 40-minütige Elegie für Viola und Orchester gefällt mir nach wie vor sehr. Exemplarisch dargeboten.

  • Im Dezember hatte ich mir die mir noch fehlende CD mit der Sinfonie Nr.2 zugelegt.


    Aucg das Ballett Crossroads (1967) hat es mit in sich. In expressionistischen Farben werden polytonale Strukturen mit folkloristischen Tänze verschiedener Herkunft verwoben (portugisische und andalusische). Das Ballett wurde 1967 für ein Ballett-Company in Lisabon komponiert. Die einfache Handlung hat eine Entführung einer Braut bei einer Verlobungsfeier, die am Ende wohlbehalten ins Dorf zurückkehrt zum Inhalt.
    OK, der Braga Santos-Sound ist nicht so hypermodern, wie Lutras letzte CD-Vorstellungen hier, sondern eher auf neoklassischer Basis angesiedelt. Aber Klasse Musik des 20.Jhd !


    Von der Sinfonie Nr.2 (1947) hatte ich mir nach den Besprechungen im Braga-Santos - Thread noch etwas mehr versprochen.
    Die Sinfonien Nr.1, 4 und 5 wirken auf mich etwas kurzweiliger und haben mehr Power zu bieten. Worte sagen wieder mehr als nötig, denn - hörenwert ist die Zweite aber auch auf jeden Fall - :!: ja, auch ein Meisterwerk, das auch auf hiesige Konzertprogramme gehört !
    Das Bournemouth PO zeigt sich wieder in Bestform. Vorbildliche Aufnahme auch in Bezug auf die Klangqualität.



    MarcoPolo, 2000, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Anlässlich der Nachricht vom Tode von Pierre Boulez höre ich gerade die einzige CD mit Kompositionen des Komponisten, die ich besitze*.



    "Sur incises" ist eine späte Komposition (1996/98) für drei Klaviere, drei Harfen und drei Schlagzeuger, die vor allem Vibraphon und Marimbaphon bedienen. Das ergibt insgesamt einen sehr aparten Klang. Die Komposition ist weniger radikal als viele frühe. An einigen Stellen swingt es fast jazzartig, an anderen hört man komplizierte Pattern, die fast an Minimal Music erinnern. Für Hörer, die auch gerne Jazzimprovisationen hören, ein sicher weitgehend zugängliches Stück. Vielleicht ein wenig zu lang (37'06).


    Nicht zu lang sind mit 8'35 die Messagesquisse für Violoncello solo und sechs Violoncelli, in dem das, was das Solocello spielt zunehmend durch weitere Celli aufgegriffen und verdoppelt wird. Hörenswert.


    Mit dem letzten Stück Anthemes 2 für elektronisch bearbeitete Sologeige kann ich mich dann allerdings weniger anfreunden. Diese Arbeit entstand in Kooperation mit dem von Boulez gegründeten IRCAM. Aber ehrlich gesagt höre ich die Geige lieber pur als verfremdet.


    Insgesamt aber ein preiswerte Möglichkeit sich mit dem Spätwerk von Boulez auseinanderzusetzen.


    *Auf Vinyl habe ich noch die 2 Klaviersonate (Pollini) und die beiden frühen Werke "Pli selon Pli" und "Le Marteau sans Maitre".

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  • Schön, mal wieder eine CD mit dem Philadelphia Orchestra im Player zu haben. Die letzten Aufnahmen mit diesem Orchester habe ich vor ca. 20 Jahren gekauft, das war die Ära Riccardo Muti. Diese zum 60. Jahrestag des Ende des 2. Weltkriegs aufgezeichneten Liveaufnahmen bringen neben dem Bartok-Klassiker das Memorial für Lidice von Bohuslav Martinu und Gideon Kleins Partita für Streicher, zwei Werke, die man üblicherweise noch nicht mehrfach im Regal stehen hat. Alles drei sehr hörenswerte Interpretationen, beim Bartok gibt es sicher präzisere Studioeinspielungen aus Chicago, aber die Liveaufnahmen haben Schwung und reißen (zumindest mich) mit. Und die Tontechniker von Ondine lassen viele Kollegen bei den Majors ziemlich alt aussehen. Die Aufnahme ist derzeit beim Werbepartner zum halben Preis zu haben.


  • Lutoslawski´s bekanntes Konzert für Orchester (mit dem "ZDF-Magazin-Thema") höre ich am liebsten in der ausgezeichneten und favorisierten Dohnanyi-Aufnahme mit dem Cleveland Orchestra (Decca).


    Abgebildete CD hatte ich mir mal in der Musikbücherei des Schumannhauses Bonn ausgeliehen.
    Auch diese ausgefeilte Interpretation von Paavo Järvi mit dem Cincinnati SO überzeugt vollends und ist klanglich nicht minder spitzenmässig gelungen. Ich wünschte einen grössere Anzahl Lutoslawski´s Orchesterwerke hätten so einen spannenden und voll genießbaren Zugang ...


    Bartoks Konzert ist ebenfalls eine sehr gute Aufnahme mit Paavo Järvi.
    Doch bin ich durch meine Favoriten Boulez (SONY) und Solti mit dem CSO (Decca) und die mit den LSO (Decca) zu sehr geprägt, als dass mir diese (etwas andere persönliche Sicht von Paavo) noch etwas positiveres bringen könnte.


    Die CD gibt es auch als SACD:

    TELARC, 2008, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    Wilhelm Georg Berger (1929-1993)
    Symphonie Nr. 4
    + Violakonzert op. 12

    Nils Mönkemeyer, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Horia Andreescu
    CPO, DDD, 2009/2010


    Der rumänische Komponist Wilhelm Georg Berger ist weithin vergessen. Sein umfangreiches Schaffen wurde aufnahmeseitig bisher kaum gewürdigt. Gezeigte CPO-CD ist die einzige Produktion von Werken Bergers, die ich auf die Schnelle auffinden konnte.
    Das lyrische, rund dreißigminütige Violakonzert wirkt noch sehr traditionell und ist tonal komponiert. In meinen Ohren entsteht aus dem doch eher ungewohnten Klang der Bratsche bereits ein ganz besonderer Reiz des Konzerts, dass eben allein durch die Wahl des Solo-Instruments schon ganz anders klingt, als ein "übliches" Violinkonzert. Die dreisätzige Komposition bietet einige Schönheiten und ist vom Solo-Part her gedacht. Die Orchesterbegleitung wirkt auf mich narrativ - ein wenig erinnert mich der Stil an einigen Stellen an Rimsky-Korsakoffs "Scheherazade" bzw. auch an Filmmusik. Mir hat das Konzert gut gefallen.
    Die vierte Sinfonie ist - obgleich ebenfalls weitestgehend tonal - deutlich moderner und schroffer. Der circa zwanzigminütige Kopfsatz erinnert mich manchmal an Schostakowitsch (Schlagwerk). Auch an Strawinsky fühle ich mich an einigen Stelle des Werks erinnert. In Summe ist die Sinfonie meinem Eindruck nach eine spannende, abwechslungsreiche Hörerfahrung und ich würde mir wünschen, dass noch mehr Kompositionen von WGB (von CPO!) für den Tonträger aufgezeichnet werden.
    An der Leistung von Nils Mönkemeyer sowie dem Spiel des RSO Berlin unter Leitung des mir bisher unbekannten Dirigenten Horia Andreescu habe ich nichts auszusetzen.


    Viele Grüße
    Frank

  • Heute höre ich zum aktuellen Anlass - der Preisverleihung Nobelpreis für Musik in München - die Sinfonien Nr.1 "Sinfonia Austera" und Nr.2.


    Segerstam überzeugt als ausgezeichneter Kenner dieser Musik. Wobei ich mir kaum Vorteile für die neue CD-Aufnahme von Orama mit dem Wiener PH vorstellen könnte, was die Sinfonie Nr.1 anbetrifft.
    Die 3-sätzge Sinfonie Nr.1 wirkt auf mich interessant und abwechslungsreich, farbig, fassbar, voll geniessbar - ein tolles Werk des 20.Jhd mit einem Touch, den ich als Hörsspass definiere.


    Der Sinfonie Nr.2 kann ich/und konnte ich bisher wenig abgewinnen.
    Im Prinzip melodienlos ziehen sich Klanggebilde durch das Werk, die mit farbigen Abstufungen miteinander verbunden sind. Tonalität ist keine erkennbar. Höhepunkte und etwas Fassbares, bei dem man Hörspass empfinden könnte, bleiben aus - ein Gewusel, was ruhig anfängt und nach 21Minuten genau so beschliesst. Es wirkt kurzum = langweilig.



    Chandos, 1996, DDD



    Der nächste Beitrag bringt dann etwas aus dem 21.Jhd, was ungleich mehr Hörspass bereitet ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Auf CD steht die vorbildliche Naxos - Aufnahme mit Brian Jones, Timpani / Detroit SO / Neeme Järvi zur Verfügung - davon hatte ich im Daugherty-Thread schon berichtet.


    Heute höre und sehe ich auf YT eine ziemlich packende Aufführung der University of Michigan Symphony Band, Dirigent Michael Haithcock mit dem ausgezeichenten Timpani-Soltist Arlo Shultis vom April 2014:



    Das Konzert und Werk auch optisch verfolgen zu können hat schon was ! Es gibt auf YT mehere Aufführungen von dem nachvollziehbar beliebten Stück Raise the Roof. :thumbup:
    :thumbsup: Auf jeden Fall ist das etwas, was ich unter "Hörspass" einordene. :jubel:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Viktor Kalabis wird den meisten nichts sagen, auch mir ging es so. Es handelt sich um einen 1923 geborenen und 2006 verstorbenen tschechischen Komponisten.


    Viktor Kalabis trat bereits als Sechsjähriger öffentlich als Pianist auf. Ein Musikstudium war erst nach Ende der deutschen Besetzung (während der er zur Arbeit in einer Flugzeugfabrik verpflichtet war) möglich. Ab 1945 studierte Kalabis Musikwissenschaft an der Prager Karlsuniversität sowie Komposition am dortigen Konservatorium bei Emil Hlobil. 1948 bis 1952 schloss sich ein Studium an der Akademie der Musischen Künste bei Jaroslav Řídký an. Die Doktorarbeit von Kalabis (über Bartók und Strawinski), der den Eintritt in die Kommunistische Partei ablehnte, wurde jedoch erst 1991 anerkannt. Zwischen 1953 und 1972 war er als Redakteur und Musikregisseur beim Tschechoslowakischen Rundfunk in Prag beschäftigt. Danach lebte er als freischaffender Komponist. 1990 bis 2003 war Kalabis Präsident der Bohuslav Martinů-Stiftung, außerdem Gründer des Bohuslav Martinů-Instituts. Kalabis war seit 1952 mit der Cembalistin Zuzana Růžičková verheiratet. (Quelle: wikipedia)


    Mit der vierten Symphonie hat Kalabis IMO einen ziemlich eigenständigen Beitrag zur Symphonik des 20. Jahrhunderts geleistet, das Stück sollte bekannter sein. Leider ist es auf der kürzlich erschienenen 3er-CD mit Werken von ihm nicht drauf. Ich habe es kürzlich auf einer Supraphon-LP von 1975 gefunden. Zwei Sätze, ungefähr gleichlang. Das Adagio eröffnet misterioso und steigert sich eindrucksvoll zu einem Höhepunkt, der wie ein dissonanter Respighi klingt. Der zweite Allegrosatz ist zum Ende hin deutlich vom frühen Stravinsky vor allem vom "Sacre" beeinflusst. Ansonsten aber - wie gesagt - ziemlich eigenständige Musik. Noch tonal und strukturiert, aber mit viel Dissonanzen. "Age of Anxiety"-Music. Die Musik ist bei der Tschechischen Philharmonie unter Zdenek Kosler in guten Händen. Fünf Symphonien hat er insgesamt geschrieben, aber was mich noch mehr reizt: sieben Streichquartette, die es auch auf einer Doppel-CD mit dem Kocian und dem Zemlinsky Quartett gibt. Die wird wohl über kurz oder lang den Weg in meine Sammlung finden.

  • Ich habe heute seit langer Zeit mal wieder Michael Tippets 4. Symphonie gehört, ich hatte wohl vergessen, wie ich sie beim letzten Hören fand. Und ich habe mich gefragt, ob es wohl irgendjemand auf dieser Welt gibt, dem das Stück gefällt.


    Gibt es.


    Der Komponist selbst hatte Probleme, mir die Handlung zu erklären...) ist musikalisch ein toller Wurf, und später geht's ab in Richtung Atonalität und Mystizismus, und aus dieser Periode gibt's eine grandiose 4. Symphonie, die Solti eingespielt hat.


    Also ich finde das Stück ist eines der absoluten Tiefpunkte der Symphonik des 20. Jahrhunderts, ein zugegebenermaßen brilliant orchestriertes, aber leider musikalisches NICHTS. Zusammenhanglos werden Dutzende von kurzen Ideen angerissen und schnell wieder verworfen, ich kann überhaupt kein Konzept, keine Idee hinter diesem Werk erkennen. Dazu taucht regelmäßig eine ins Mikrophon hauchende menschliche Stimme auf, die ich nur enervierend finde. Ich vermute, Solti hat das Werk in Auftrag gegeben und fühlte sich dem Komponisten verpflichtet, es auch aufzuführen und einzuspielen. Mich würde interessieren, was er darüber dachte. Ich werde es hoffentlich nie wieder hören.


  • Niels Viggo Bentzon (1919-2000) war ein umtriebiger dänischer Pianist und Komponist. Er hat mehrere hundert Werke hinterlassen darunter 19 Symphonien. Davon kenne ich noch keine. Das vorliegende Stück ist überhaupt das erste, das ich von diesem Komponisten gehört habe. Es ist vielleicht nicht sonderlich originell, aber clever und effektvoll gemacht als Hybride aus Stravinsky' schem Jazz, Bartok'schem Misterioso und Hindemith'schem Furor. Unter den 11 Instrumenten sind drei Klaviere, die vom Komponisten und den Kollegen H.D. Koppel + A. Blyme bedient werden. Außerdem sind drei Perkussionisten unterwegs sowie Klarinette, Fagott und zwei Trompeten plus Kontrabass. Ob es das kurzweilige Stück auch auf CD gibt, habe ich nicht herausfinden können.


  • Und dann war da noch Alfredo Casella:



    Alfredo Casella (1883-1947)
    Symphonie Nr.1 op.5
    + Konzert für Klavier, Timpani, Percussion & Streicher op. 69


    Desiree Scuccuglia, Antonio Ceravolo, Orchestra Sinfonica di Roma, Francesco La Vecchia
    Naxos, DDD, 2008/2009


    Casella ist für mich eine der DER Entdeckungen der letzten Zeit, zeigt er doch,. wie man abseits von Avantgarde gut genießbare, abwechslungsreiche, moderne Musik mit einem hohen Grad von Eigenständigkeit komponieren konnte. Bereits seine erste Sinfonie op. 5 legt hiervon beredt Zeugnis ab.
    An anderer Stelle hat Teleton-Wolfgang mehrfach die Vorzüge der entsprechenden Alternativ-Aufnahmen auf Chandos gepriesen (BBC Philharmonic Orchestra, Gianandrea Noseda). In Unkenntnis dieser Vergleichs-Einspielung vermag ich nicht zu sagen, dass mir bei der La Vecchia-Deutung irgend etwas fehlt. Hier wird frisch, mit Verve und Einsatz musiziert, so dass ich keinen Mangel empfinde. Angesichts des günstigen Naxos-Preises möchte ich die CD daher nachdrücklich empfehlen - auch über ein erstes Kennenlernen hinaus.
    Ganz interessant übrigens auch der Booklet-Text auf der Naxos-Homepage.
    Besprechungen bei Naxos sowie MusicWeb.


    Viele Grüße
    Frank

  • Strawinski: Pulcinella



    Im Vergleich zu Strawinskis eigener Einspielung arbeitet Abbado ohne jegliche Überbetonung sowohl die modernen Stellen, als auch das dramatisches Element dieser Musik heraus, was im Resultat dazu führt, dass Abbados Pulcinella nicht so gleichförmig daherkommt wie in Strawinskis eigener Einspielung.


    John Doe

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