Diebstähle in der Musik

  • Zitat

    Original von Michael Becker
    Ich hätte noch einen "Klau":


    Schubert Große C-Dur-Sinfonie 2. Thema (Klarinetten) ist täuschend ähnlich mit Beethovens 1 Jahr älterem "Freude, schöner Götterfunken". Aber NUR in den Tönen, das macht es so schön. Denn was bei Beethoven pathetisch und laut ist, wird bei Schubert zärtlich und klein (nein, das ist kein Reinhard Mey-Zitat). Passiert Schubert übrigens öfter (das mit Beethoven, meine ich)


    LG
    M


    auch wenn die musikwissenschaft nicht einhellig diese meinung vertritt (:hello:ben cohrs, dank meiner regen rezeltätigkeit besitze ich nun auch endlich das schubert-handbuch :] ), bin ich doch überzeugt, dass die stelle schubert nicht "passiert" ist, sondern er wie seine späteren kollegen brahms (1.), dvorak (9.) und mahler (1.) -noch wer?- der referenz reverenz erweist, wie edwin oben geschrieben hat.


    :hello: aus schubert-town

  • Na ja, dass Max Bruch im zweiten Satz seines Violinkonzertes g-moll hemmungslos bei den Beatles abgeschrieben hat, dürfte allgemein bekannt sein.... Aber fein hat er's gemacht. Oder man hält dem Max zugute, dass es halt so etwas wie Doppelschöpfungen gibt.


    Gruß
    B.

  • geklaut bei Klassikakzente:


    Zitat

    Übrigens: Wer genau hinhört, entdeckt in der "Alpensinfonie" ein Thema aus Bruchs Violinkonzert op. 26. "Warum nicht? Es ist doch schön.", verteidigte Strauss den Ideenklau und meinte während einer Probe zum Orchester: "Bitte nochmal vom Bruchkonzert an!" Der Einsatz kam perfekt.



    Ich selbst habe die Stelle allerdings noch nicht entdeckt, muss erst mal schauen, ob ich Bruchs Violinkonzert op. 26 überhaupt besitze....

  • Salut,


    man sollte jedem die "Doppelerfindung" von einzelnen Motiven zugestehen - die klassische Kadenz I-IV-V-I benutzte ja auch jeder. Dies unabhängig von bewussten "Zitaten", wie offensichtlich im obigen Beispiel.


    Erst die Aneinanderreigung mehrerer ["geklauter"] Motive iVm den entsprechenden Harmonien und ggfs. der Instrumentation würde ich faktisch als "Diebstahl" bezeichnen.


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    "Doppelerfindung" von einzelnen Motiven zugestehen


    Spannende Idee! - Für mich ein Paradebeispiel: Mussorgskijs "Bilder"/"Katakomben": Das schleicht sich doch eindeutig die "Walküre" ein. Ich halte es aber für ziemlich ausgeschlossen, dass Mussorgskij 1874 die 1870 uraufgeführte aber wohl kaum bis nach Russland gedrungene Wagner-Oper kannte.

    ...

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  • Salut,


    die "Glühbirne" wurde m. W. auch fast zeitgleich von zwei Personen erfunden. Es ist also ein kleiner Beweis dafür, dass alle Materie und Nichtmaterie "latent" ist. Es ist im Prinzip alles da - man muß es nur [er-]finden [im 18. Jh wurde die Komposition übrigens auch als "Erfindung" bezeichnet, z.B. "Ein Konzert vom Meister Beethoven von seiner Erfindung"].


    Fraglich allerings ist die Parallele zwischen Gazzanigas und Mozarts Don Giovanni: Zwischen der UA beider Werke liegen ein knappes halbes Jahr und rund 800 km ... Die Musik ist an den entscheidenden Stellen gar nahezu identisch. Entweder liegt es an dem Stoff selbst, der zur Materie führt [dann müsste es weitere Beispiele aus anderen Don Giovannis geben, bei denen der Autor die vorher verfassten Werke nicht kannte] oder die Telekommunikation war damals trotz Postkutsche doch weitaus schneller, als wir heute annehmen. Bei Deinem Beispiel sind es gar ~ 4 Jahre, rund das 8fache also an Zeit...


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • ich mach mir gern den Spaß, am Schluß der Zauberflöte, beim Chor: "Heil sei dir Osiris....Dank..." den Rhythmus der Streicher leicht zu verändern - und schwupps habe ich Wagners Pilgerchor...



    "Könnte jeder Brave Mann"- auch bekannt unter "Sah ein Knab ein Röslein stehn"

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    Original von observator
    woran erinnert denn das duett papa/pami im ersten akt "könnte jeder brave mann...", nachdem sie mit schnellen füßen, raschem mut und etwas magie den häschern entkommen?


    --> Endlich hat's einer gewusst... <-- [oder: siehe eins drüber...]


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo zusammen!


    Vielleicht liege ich mit meiner Ansicht ganz falsch, aber ich habe den Eindruck, dass es in der abendländigen Musik einen Kanon von bestimmten Noten, Phrasierungen, Musikweisen zumindest innerhalb einer Epoche für bestimmte musikalische Aussagen, für bestimmte Gefühlszustände usw. gibt. Daher kann es vorkommen, dass Phrasen von Komponisten einer Epoche einander ähneln, ohne dass der eine vom anderen abgeschrieben hat und ohne die Werke des anderen zu kennen.

  • Da liegst du gar nicht falsch, die in der barocken Affektenlehre beschriebenen Figuren haben nach wie vor ihre Gültigkeit,...
    Vorhalte, bestimmte Intervalle in der Melodieführung
    das Prinzip der Auflösung existiert auch noch...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Weiß einer vielleicht die Antwort?


    Vor Jahre hörte ich im Wagen über den Rundfunk (symphonische?) Musik. Spät 19. oder 20. Jahrhundert.
    Darin hörte ich deutlich "Auf des Lebens raschen Wogen" von Lortzings Wildschütz.


    Wer war der Komponist und welches Werk war es???

  • Salut,


    Vanhal, Sinfonie d-moll, Trio des Menuettes = Mozart, Alternativo zu Nr. 6 aus "Sechs Deutsche Tänze" KV 509.


    :P


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Dass auf der Moldau Enten schwimmen, berichtet Smetana: Das Gesangsthema der Symphonischen Dichtung ist "Alle meine Entlein...".


    Arrgh! Seitdem ich das gelesen habe, muss ich mich zusammenreißen, beim Hören der Moldau nicht dieses Lied im Kopf mitzusingen! Schönen Dank auch. :motz: :P ;)


    (Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mir das bisher nicht aufgefallen ist :rolleyes: )


    Herzliche Grüße


    Stephan

    "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." - Friedrich Nietzsche

  • Zitat

    Original von Ulli


    Schubert war ein großer - der größte? - Beethovenverehrer.


    Na bitte, dann lässt sich wohl auch die Ähnlichkeit des Klavierparts von der ersten Strophe des Schubertliedes "An den Mond" (gibt übrigens mindestens zwei Schubertlieder mit diesem Titel - also erklärt mich nicht für verrückt, wenn ihr das nicht so hört...) mit der Mondscheinsonate Beethovens als Zitat erklären.
    Ich sollte doch öfter ins Thread-directory schauen, bevor ich neue Threads starte...
    Sollte ich diesen Schubert-zitiert-Beethoven-Verdacht zufällig durch eine Passage in einem Schubertbrief oder sonstwo finden, erwecke ich diesen Thread noch mal zum Leben... :hello:

  • Richard Strauss wurde anlässlich seiner "Elektra" von einem italienischen Musikwissenschaftler namens Tebaldini beschuldigt, sich ausführlich bei der "Kassandra" von Vittorio Gnecchi bedient zu haben. Tebaldinis Beweisführung wird aber von der späteren Forschung stark in Zweifel gezogen. Verlierer des Streits war Gnecchi, der nun als Wadlbeißer galt, obwohl er wohl gar nicht hinter Tebaldinis Vorwürfen stand.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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  • Wenn man freilich Gnecchis wirklich interessante "Cassandra" kennt, begegnet einem durchaus rund die Hälfte der Strauss'schen "Elektra"-Themen, "Agamemnon" inklusive...


    Überprüfbar dank dieser Aufnahme:


    :hello:

    ...

  • Ich durfte die Kassandra auch kürzlich kennenlernen. Tolle Musik, wie ich finde. Vor allem die teils archaische Melodik (modale Tonalität) sagt mir sehr zu.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von die winterreisende


    Na bitte, dann lässt sich wohl auch die Ähnlichkeit des Klavierparts von der ersten Strophe des Schubertliedes "An den Mond" (gibt übrigens mindestens zwei Schubertlieder mit diesem Titel - also erklärt mich nicht für verrückt, wenn ihr das nicht so hört...) mit der Mondscheinsonate Beethovens als Zitat erklären.
    Ich sollte doch öfter ins Thread-directory schauen, bevor ich neue Threads starte...
    Sollte ich diesen Schubert-zitiert-Beethoven-Verdacht zufällig durch eine Passage in einem Schubertbrief oder sonstwo finden, erwecke ich diesen Thread noch mal zum Leben... :hello:


    Salut,


    "mindestens zwei" ist gut... :rolleyes:


    Lieder mit Titel "An den Mond"


    D 193 "Geuß, lieber Mond..."
    D 259 "Füllest wieder Busch und Tal..."
    D 296 "Füllest wieder Busch und Tal..."
    D 311 [betitelt, aber ohne Text, da Fragment]
    D 468 "Was scheinst Du so hell..."


    Weitere Mondlieder, die ich fand:


    D 499 "Der Mond ist aufgegangen"
    D 614 "An den Mond in einer Herbstnacht"
    D 875 "Mondenschein"


    Ich nehme an, Du meinst D 193. Es steht in f-moll, soll langsam. wehmütig gespielt werden und es sind 8tel Triolen, wie in Beethovens "Mondscheinsonate".


    Ganz, ganz, ganz vielleicht könnte sich evtl. sogar damit die bisher ungeklärte Herkunft der Werkbeinamens zu Beethovens Sonate klären... ? Dazu aber müßte das Lied D 193 damals extrem bekannt gewesen sein...


    Im 2. Satz von Haydns Klaviertrio G-Dur all'ongarese übrigens kann man auch schon die Mondscheinsonate [im 2. Teil] hören, wenn man mag... 8)


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Wenn man freilich Gnecchis wirklich interessante "Cassandra" kennt, begegnet einem durchaus rund die Hälfte der Strauss'schen "Elektra"-Themen, "Agamemnon" inklusive...


    Gnecchi wurde übrigens vor dem Strauss-Eklat vor allem in Deutschland geschätzt, in seinem Heimatland hatte er schon immer einen schweren Stand gehabt. Nachdem er mit RS "aneinandergeraten" war, war er leider auch hierzulande nicht mehr so wohlgelitten.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

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  • Hier habe ich was feines. Bin gespannt, wie ihr alles dies wertet.


    Original:
    Aria "Es ist vollbracht" aus der Johannespassion von JSB.
    Das Thema benutzt Beethoven in der Durchführung der 3. Cello Sonate (A-Dur).
    Nun reicht meine Kenntnis nicht aus, um zu wissen, ob es geklaut ist oder einfach ein Zufall ist. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass der gute Ludwig diese Arie kannte.


    Was ist mit "Moldau" und "Alle meine Entchen" :hello:, wer hat da von wem abgekuckt?? :wacky:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Salut AS,


    Beethoven kannte Bachs Musik sehr wohl sehr gut - nicht umsonst meinte er, er müsste Meer heißen. Das Thema kann durchaus adaptiert sein.


    Weniger glaube ich, dass Smetana "Alle meine Entchen" kannte, wenn es das überhaupt bereits gab...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    Meer, hehe, das Zitat bzw. den Satz kenne ich, wusste nicht dass der von Beethoven stammt.
    Jedenfalls klingt die Durchführung sehr schauerlich, wenn man dazu noch die Arie kennt.
    Und das mit der Moldau war auch ein Witz.


    Nicht zuvergessen sind auch die unzähligen Dies Irae - bearbeitungen von Liszt, Rachmaninov, Berlioz, (Elfman), ...


    Und auch wenn das Stück wohl den meisten auch aus dem Halse raussteckt...:
    Paganinis 24. Capr.

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

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  • Genau das meine ich. Ich hätt ja die D-Verzeichnisnummer dazugeschrieben, habe allerdings grad zu Hause KEIN Internet, und nehme mir immer vor, das nächste Mal schaust nach und schreibst es auf und dann kannst du vollständig posten. Ja denkste...


    Zitat


    Es steht in f-moll, soll langsam. wehmütig gespielt werden und es sind 8tel Triolen, wie in Beethovens "Mondscheinsonate".


    Ganz, ganz, ganz vielleicht könnte sich evtl. sogar damit die bisher ungeklärte Herkunft der Werkbeinamens zu Beethovens Sonate klären... ? Dazu aber müßte das Lied D 193 damals extrem bekannt gewesen sein...


    Wieso ungeklärt? Ich dachte, es war so:


    "Die 1801 komponierte Klaviersonate von Ludwig van Beethoven erhielt ihren Namen lange nach ihrer Entstehung und ohne die Zustimmung Beethovens vom Musikschriftsteller Ludwig Rellstab, der sich beim Hören des ersten Satzes an eine Bootsfahrt auf dem Vierwaldstättersee erinnerte."


    Zitiert aus Wikipedia...

  • Und der Beiname "Mondscheinsonate" ist ja eigentlich doppelt unnötig, weil sie schon eine vom Komponisten verpasste hat: quasi una fantasia (quasi um die untypische Form zu erklären bzw zu entschuldigen...)

  • Hallo!


    Zitat

    Original von die winterreisende
    Und der Beiname "Mondscheinsonate" ist ja eigentlich doppelt unnötig, weil sie schon eine vom Komponisten verpasste hat: quasi una fantasia


    :yes: :yes:


    Da, seht Ihrs! Da stehts!
    Und völlig ohne mein zutun! :angel:


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    quasi una fantasia ist kein Werkbeiname, sondern eine nähere Erläuterung zu Sonata. Wobei ich anscheinend schwer von Begriff bin, was daran jetzt "fantasiatisch" sein soll...


    ?(


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Brahms klaut von Schumann...
    den charakteristischen Rhythmus des ersten Themas der 3. Sinfonie (wenn man die Pausen nicht berücksichtigt, über 3 Takte exakt wie in der "Rheinischen"). Könnte auch Zufall gewesen sein, aber wegen der Begleitumstände (gleiche Sinfonie-Nr.) halte ich das für eine absichtliche, freundlich gemeinte Reverenz.


    Noch was für die Experten: ich bin bisher nicht dahintergekommen, aber mein Musiktheorielehrer behauptete, Brahms hätte sein Violinkonzert formal vom Schumannschen Violinkonzert abgeschrieben und u.a. aus diesem Grund dessen Veröffentlichung verhindert (besagter Lehrer hatte so seine Marotten und wohl was gegen Brahms. "Erst klaut er ihm die Frau, dann auch noch das Violinkonzert". Aber vielleicht ist wirklich was an der formalen Ähnlichkeit dran.)

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