Eichhörnchen in der Musik

  • Chantilly ist ein kleiner Ort in Frankreich, im Dept. Oise. Dort gibt es ein Museum, in dem der Codex Chantilly aufbewahrt wird. Auf den gregorianischen Choral folgte ja bekanntlich die Ars Nova, die Mehrstimmigkeit, mit den berühmten Komponisten Perotinus und Machaut an der Kathedrale Notre Dame in Paris. Auf diese Epoche folgte eine relativ kurze Epoche (1350-1400), die man die "Ars subtilior" nannte, weil die Komponisten mit viel Raffinesse versuchten, ihre Kompositionen zu komplizieren, besonders durch komplexe Rhythmen.
    Der Codex enthält 112 Kompositionen, die bekanntesten Komponisten sind Machaut, Baude Cordier, Andrieu.
    Meine Aufnahme ist diese:


    41+Wp4dxnSL.jpg


    Es singt sehr kompetent das Ensemble Organum unter Marcel Pérès. Die hohen Stimmen sind mit bekannten Interpreten besetzt, nämlich Gérard Lesne (Counter), Josep Benet (t), Josep Cabré (bar.). Diese beiden sind Spanier und singen in einer ganzen Reihe von Ensembles mit und haben auch ein eigenes, von mir sehr geschätztes: "La Colombina" (nach dem auch hier vorgestellten cancionero). Ein großer Vorteil ist, das Marcel Pérès selber nicht singt, wie er das leider auf seiner CD mit dem Requiem von Ockeghem tut.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Auf unserem letztjährigen Ausflug der Choralschola St. Lamberti Coesfeld waren wir nach einem zweitägigen Aufenthalt im Kloster Damme auf dem Rückwege in der Ausstellung "Singen wie die Engel im Dom zu Osnabrück, wo wir den
    "Codex Gisle" kennenlernten, dem goldenen Graduale der Gisela von Kerssenbrock, der mittlerweile über 700 Jahre alt ist.
    Das Faksimile, das wir bewunder konnten, ist mittlerweile bei unserem Partner am Urwaldfluss für schlappe 11200 Euronen zu haben:

    Hier ist es noch in einer größeren Abbildung zu sehen:

    .
    Der Codex Gisle aus dem 13. Jh. gehört zu den kostbarsten mittelalterlichen Handschriften
    Nordwestdeutschlands. Er enthält jene Gesänge, mit denen die Zisterzienserinnen des Klosters Rulle
    das Kirchenjahr gestaltet haben. Mit dem ungewöhnlichen Reichtum seiner Ausstattung, wunderbaren Malereien
    und großzügig verwendetem Gold ist er einzigartig für gotische Gesangsbücher.


    Ich bin als Choralscholar in zwei Choralscholen im Besitz eines "Graduale Romanum", das ähnlich wie das "Graduale Triplex" heute zum Handwerkszeug der Choralscholaren gehört.
    Das Graduale Triplex ist noch genauer als das Graduale Romanum vor allem in der Präzision der rhythmischen Notierung . Die jüngere, seit dem 12. Jahrhundert übliche Quadratnotation beschrieb den melodischen Verlauf genauer.



    Unser Dirigent und Choralkantor hat sich nun zur Aufgabe gemacht, uns nach und nach mit den rhythmisch neuesten Fassungen vertraut zu machen, die er handschriftlich mit den entsprechenden Retardierungsvorschriften versehen hat.


    Das Graduale ist sicherlich das umfangreichste Choralbuch, welches das ganze Kirchenjahr mit Chorälen abbildet, beginnend mit dem
    "Tempus Adventus", Heptomada Prima Adventus, also dem ersten Adventssonntag, und endet nach 890 Seiten mit dem "Feria V Heptomadae Sanctae", also dem Gründonnerstag.
    Dabei ist die Reihenfolge der Gesänge im Graduale nicht unbedingt gleich mit den Sonntagen im Kirchenjahr, denn wenn das Kirchenjahr am 1. Advent beginnt, muss es ja in der Woche vor dem nächsten 1. Advent enden.
    Allein die Inhaltsangabe mit sämtlichen Proprien und Gesängen umfasst 25 Seiten.
    Wie man also an dieser kurzen Übersicht sehen kann, ist das Graduale ein wirklich "gigantisches Eichhörnchen" in der Musik.
    Wie sehr mir an den gregorianischen Chorälen gelegen ist, konnte man auch in der Vergangenheit an den häufigen Einträgen im alten Thread über die Quellen der Freude der Taminos erkennen, die ich regelmäßig nach Choralscholaproben bzw. Auftritten dort veröffentlichte. Leider ist das nicht mehr nachzuprüfen, da dieser Thread den Weg alles Irdischen gegangen ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber William, ich staune ja täglich mehr über das, was du alles gesungen hast. Ich muss allerdings als evangelischer Tenor sagen, dass mir das Singen in einer evangelischen Schola mit 6 Männern unglaublich viel Freude bereitet hat. Es war natürlich auch ein Beweis für die These, dass Chormusik letzten Endes nur für den sie Singenden wirklich fassbar wird. Und der Gregorianische Choral, sprich das einstimmige Singen, ist mit das schwerste überhaupt, was man singen kann. Allerdings haben wir in unserer Schola dann auch mehrstimmige Sachen gesungen, die waren schon sehr aufregend.
    Ich glaube, lieber William, dass wir uns in vielem ähnlich sind, aber in einem unterscheiden wir uns doch radikal. Wir haben beide, glaube ich, eine ziemlich gute Übersicht über die Chormusik von 1200 bis 2016, weil wir das einfach alles mal gesungen haben. Aber im Gegensatz zu dir halte ich die Chormusik der Klassik, also Haydn, Mozart, Schubert, Beethoven, für absolut zweitrangig und sozusagen nur ein Nebenerwerb dieser Komponisten.

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  • Zitat

    dr. pingel: Aber im Gegensatz zu dir halte ich die Chormusik der Klassik, also Haydn, Mozart, Schubert, Beethoven, für absolut zweitrangig und sozusagen nur ein Nebenerwerb dieser Komponisten.


    Lieber dottore, im Gegensatz zu dir würde ich nicht so pauschalisieren und würde die Chorwerke Haydns und Mozarts keineswegs als zweitrangig betrachten, zumal sie die Entwicklung der Messe bzw. des Oratoriums in neue Dimensionen geführt haben. Das gilt m. E. auch für Schuberts Messe Es-dur D,950 und natürlich die beiden Messen Beethovens in C und in D. Dass wir sie unterschiedlich gewichten, liegt sicherlich auch an unserer unterschiedlichen chorischen Entwicklung.
    Wenn du als 16jähriger das Tenorsolo im Chor "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes" gesungen hättest, und das in einem Schulchor, der allerdings sehr gut eingestellt war (wir sangen Chöre aus der Schöpfung 1962 anlässlich des 50.jährigen Jubiläums unseres Gymnasiums), dann könntest du dir vorstellen, wie mich dieses Erlebnis für mein weiteres Chorsängerleben geprägt hat. Drei Wochen später war ich in meinem heimatlichen Kirchenchor, in dem es allerdings noch nicht so zielstrebig zuging wie in meinem jetzigen Stammchor. Aber, um in der Zeit dieses Threads zu bleiben: Das "Ecce, quomodo moritur" von Jacobus Gallus hatten wir auch schon vor über 50 Jahren drauf, und es ist bis heute mein Lieblingssatz aus der Fastenzeit geblieben, zumal er ja für einen Tenor höchst anspruchsvoll ist, aber auch höchst dankbar für die wunderbar ergreifende hohe Lage. Wenn da nicht jeder in der Kirche erschauert, hat der Chor schlecht gesungen, oder es sitzen nur Atheisten in der Kirche. :D Zuletzt haben wir dieses wunderbare Stück am 13. März, am Passionssonntag gesungen, und wie all die Jahre zuvor, haben uns auch nach der musikalischen Andacht wieder viele Stimmen gerade zu diesem Chorsatz erreicht, die voll der Begeisterung waren.
    Wenn das Publikum, bzw. in der Liturgei die Gläubigen (manchmal auch die Ungläubigen :D ) vom Vortrag ergriffen sind, dann ist es m. E. völlig unwichtig, aus welchem Jahrhundert der jweilige musikalische Vortrag stammt, denkst du nicht?
    Um noch einmal auf den Punkt zurückzukommen:
    die Chormusik ist ja nicht bei der Renaissance und dem Barock stehengeblieben: Im Gegensatz: sie hat sich aus dem mehr klerikalen Raum herausentwickelt auch in den sekularen Raum, hat auf die Oper übergegriffen (in der sie natürlich in der ausgehenden Renaissance und im Barock auch schon beheimatet war). Aber wer kennt heute (außer den Spezialisten) noch Chöre aus Opern dieser Übergangszeit ind Madrigal- oder Motettenform?
    Wenn heute von Opernchören die Rede ist, kommen sie vornehmlich aus der Zeit der Klassik und Romantik, und im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert haben sich Komponisten (vornehmlich aus dem anglikanischen Raum (Rutter, Jenkins) gefunden, die frische Chorwerke komponiert haben, z. B. Rutter: Mass of the Children und Jenkins: Cantate Domino, und die auch, wie ich weiß, da wir sie beide in unserem Repertoire haben, gut ankommen.
    Ich habe jetzt Komponisten wie Brahms, Bruckner und Mahler gar nicht genannt, aber ich nehme an, dass du schon mal eine Achter Mahler live erlebt hast (oder auch eine Zweite)?


    Abschließend habe ich noch eine Tempofrage an dich (mein Lieblingsthema): Wie stehst du zum Tempo des "Ave verum", eher schnell oder langsam?


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Da hat aber wirklich einer wie ein Eichhörnchen gesammelt: Über 954 Choräle, "vornehmlich denen evangelischen Gemeinen im Stifte Naumburg-Zeitz gewidmet [...] herausgegeben von George Christian Schemelli [...] Leipzig 1736 verlegts Bernhard Christoph Breitkopf, Buchdr." (Das Wort "Gemeine" ist kein Tippfehler, sondern original, wie man unten sehen kann!) Ohne an dieser Stelle auf die durchaus spannend zu nennende Entstehungsgeschichte dieses Gesangbuchs eingehen zu können, sei erwähnt, dass 69 Generalbass-Melodien dieser Sammlung aus der Feder Johann Sebastian Bachs stammen sollen. Die Forschung belässt es bisher bei dieser unklaren Ausdrucksweise- man ist sich halt nicht sicher. Auch die nebenstehende cpo-Aufnahme ist nicht vollständig, weil sie nur 54 der 69 Lieder bietet - immerhin so viele, wie keine andere der mir bekannten Einspielungen...



    .


    MUSIKWANDERER

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  • Lieber William, das "Ave verum" habe ich nur einmal gesungen, da haben wir es langsam gemacht. Diese anbetenden Gesänge, wie ich es mal nennen will, singt man doch eher andachtsvoll langsam. Meine Abneigung gegen die Messen der Klassiker rühren eher von den sängerischen Anforderungen her für einen Tenor, der die Polyphonie zu singen gewöhnt ist: der Tenor ist zu leicht und meist nur Füllstimme. Die Stücke selber sind oft sehr schön. So gefiel mir die Krönungsmesse gut, vor allem, weil sie mich dauernd an "Cosi fan tutte" erinnerte (sind wohl gleichzeitig entstanden).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • [...] So gefiel mir die Krönungsmesse gut, vor allem, weil sie mich dauernd an "Cosi fan tutte" erinnerte (sind wohl gleichzeitig entstanden).

    Das, lieber Doktor, irritiert den Mozart-Begeisterten in mir. Du meinst doch sicherlich "Le Nozze di Figaro"..? Der wurde am 1. Mai 1786 uraufgeführt, KV 317 schon 1779. Das Sopransolo aus dem Agnus Dei von KV 317 nimmt also das "Dove sono" aus dem Figaro vorweg.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich habe schon verstanden: hier geht es nicht um die possierlichen Tierchen selbst sondern sie müssen - gleichsam im übertragenen Sinne - Patrone der Sammlung von Sammlungen sein.


    Trotzdem habe ich einfach mal überlegt, ob nicht doch auch die Tierchen selbst in musikalischen Werken vorgestellt werden.
    Eines ist mir eingefallen:
    Hermann Zilcher hat in seiner Sammlung "Kleine Lieder op 37"
    ein Lied, das heisst "Eichhorn und Wind"


    Davon gibt es eine sehr hübsche Aufnahme von Konrad Jarnot!


    Der Text stammt von Wihelm Hey:



    Eichhorn und Wind


    Eichhorn:
    Huhu! wie bläst du kalt, Herr Wind!
    Mein Türchen stopf ich zu geschwind
    und tu mir ein andres auf da drüben.


    Wind:
    Ich blase auch dort ganz nach Belieben.


    Eichhorn:
    So mache ich jenes wieder zu
    und rufe vergnügt: bleib draußen du!


    Der Wind der machte ein bös Gesicht,
    das Eichhörnchen sah es eben nicht.
    Der Wind der schüttelte an dem Baum,
    das Eichhorn drinnen merkt eh kaum;
    es ließ ihm draußen seinen Lauf
    und knackte sich ein Nüßchen auf.



    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso, dass ich das noch erleben darf: nach dem blauen Eichhörnchen ist das das erste richtige Eichhörnchen hier. Dennoch liegst du mit deiner Vermutung richtig, denn ich habe halt die Neigung Alfreds zu krachenden Titeln ausgenutzt; so nach dem Motto: "Von Alfred lernen, heißt siegen lernen!"
    musikwanderer: Die Erklärung zu Mozart ist viel einfacher: ich habe nie gewusst, wann die Krönungsmesse und wann Cosi und Figaro erschienen sind. Die Erklärung, nach dem Motto "Wirklich ist, was man dafür hält": als wir die Krönungsmesse geprobt haben, habe ich mich mit "Cosi fan tutte" beschäftigt, und da fielen mir halt viele Parallelen auf. Mehr hat es nicht zu bedeuten.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich kehre wieder zurück zur alten Musik, diesmal nach Italien und zwar nach Florenz ins Kloater Danta Maria degli Angeli, dort entstand zwischen 1410 und 1415 eine Sammlung musikalischer Werke von berühmten Komponisten des 14. Jahrhunderts (Trecento) Ziel war es die berühmten italienischen Komponisten jener Zeit vor dem Vergessen zu bewahren, wie man sieht war man sich dieser Gefahr schon damals bewusst. und man wollte sie ausschalten. Wie wir heute wissen ist das nur bedingt gelungen.
    Den Namen hat der Codex von einem Besitzer des Werkes im 15. Jahrhundert, Der Codex wurde handschriftlich verfasst zwischen 1410 und 1415, und zwar im Kloster Santa Maria degli Angeli zu Florenz. Zielsetzung der Verfasser war es, möglichst alle Werke der verstorbenen und noch lebenden Komponisten des Trecento zu sammeln.

    Benannt wurde der Codex nach einem seiner ersten Besitzer, Antonio Squarcialupi (1416-1480), einem Organisten und Komponisten.(Leider st keines seiner eigenen Werke erhalten)


    Er enthält 352 Werke von 12 Komponisten.
    Francesco Landini,Jacopo di Bologna, Bartolina da Padova, Johannes di Cascia, Donato da Firenze, Lorenzo di Firenze, um nur einige zu nennen.
    Wieder mal war es das Labell cpo , da hier unbedankte Pionierarbeit leistete und eine kleine Auswahl auf Tonträger veröffentlichte. Siehe Abbildung links oben.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Der „Codex Manesse“,


    auch „Große Heidelberger Liederhandschrift“ genannt (Cod. Pal. germ. 848), entstand zwischen ca. 1300 und ca. 1340 in Zürich und ist die umfangreichste Sammlung mittelhochdeutscher Lied- und Spruchdichtung.
    Der Codex besteht aus 426 beidseitig beschriebenen Pergamentblättern im Format 35,5 x 25 cm, die von späterer Hand paginiert wurden. Insgesamt befinden sich in ihr 140 leere und zahlreiche nur zum Teil beschriebene Seiten.


    walter.jpg --- Walter von der Vogelweide


    Die Handschrift enthält 140 Dichtersammlungen in mittelhochdeutscher Sprache und umfasst fast 6.000 Strophen. Ihr Grundstock entstand um 1300 in Zürich. Die umfangreiche Sammlung mittelhochdeutscher Lyrik des Zürcher Patriziers Rüdiger Manesse und seines Sohnes gilt als eine der Hauptquellen für den „Codex Manesse“. Mehrere Nachträge kamen bis ca. 1340 hinzu. Die Handschrift gilt als repräsentative Summe des mittelalterlichen Laienliedes und bildet für den ‘nachklassischen’ Minnesang die hauptsächliche und in vielen Fällen einzige Quelle.
    Die in gotischer Buchschrift von mehreren Händen geschriebene Handschrift überliefert die mittelhochdeutsche Lyrik in ihrer gesamten Gattungs- und Formenvielfalt von den Anfängen weltlicher Liedkunst um 1150/60 bis zur Zeit der Entstehung der Handschrift. Melodienotationen zu den Texten fehlen. Der Text wurde nicht nur in immer wieder verbesserten historisch-kritischen Ausgaben herausgegeben, sondern – im Unterschied zu anderen Handschriften – auch zeichengenau abgedruckt.
    Berühmt wurde die Handschrift vor allem durch ihre farbenprächtigen, ganzseitigen Miniaturen, die den Strophen von 137 der Sänger vorangestellt sind (eine weitere, die keinem Dichter zugeordnet werden kann, ist nur bis zur Federzeichnung gediehen). Die Miniaturen zeigen die Dichter in idealisierter Form bei höfischen Aktivitäten und gelten als bedeutendes Dokument oberrheinischer gotischer Buchmalerei. Die Miniaturen wurden von vier Malern gefertigt; dem sog. Grundstock-Maler werden 110 Miniaturen zugeschrieben, dem ersten Nachtragsmaler 20, dem zweiten vier und dem dritten drei Miniaturen (+ eine Vorzeichnung).


    heinrichVI.jpg --- Kaiser Heinrich


    Für die Reihenfolge der Dichter waren keine chronologischen oder regionalen Gesichtspunkte bestimmend, sondern es wurde das Prinzip der ständischen Rangordnung zugrunde gelegt. So steht am Anfang Kaiser Heinrich VI., der Sohn Friedrich Barbarossas. Es folgen Könige, Herzöge, Markgrafen, Grafen, Freiherren und Ministerialen und schließlich Bürgerliche.
    Über die frühen Besitzverhältnisse der Handschrift ist nur wenig bekannt. Sie lässt sich erst wieder am Ende des 16. Jahrhunderts im Besitz des Schweizer Calvinisten Johann Philipp von Hohensax (1550-1596), der seit 1567 zeitweise als pfälzischer Rat und Amtmann für den pfälzischen Kurfürsten amtierte, nachweisen. Wenige Jahre nach der Ermordung von Hohensax erhob Kurfürst Friedrich IV. (1583-1610) einen Rechtsanspruch auf die Handschrift. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es ihm im Jahr 1607, den Codex nach Heidelberg zu holen. Ob er schon in früheren Jahren einmal im Besitz der Kurfürsten war, ließ sich bislang jedoch nicht eindeutig nachweisen.
    Die Kurfürsten konnten sich nur wenige Jahre an dem Besitz der kostbaren Handschrift erfreuen. Vor der Eroberung Heidelbergs durch die Truppen der katholischen Liga unter Feldherrn Tilly im Jahre 1622 wurde die Handschrift vermutlich von der kurfürstlichen Familie in Sicherheit gebracht und auf der Flucht mitgeführt.
    Auf dieser CD ist ein kleiner Teil der Lieder des "Codes Manesse" enthalten:



    http://www.ub.uni-heidelberg.d…hriften/codexmanesse.html


    Ich habe mal ein Lied aus dieser CD herausgegriffen und die Übersetzung hinzugefügt:


    Friedrich von Hausen:


    Mîn herze und mîn lîp diu wellent scheiden



    Mîn herze und mîn lîp diu wellent scheiden,
    diu mit ein ander varnt nu mange zît.
    der lîp wil gerne vehten an die heiden:
    sô hât iedoch daz herze erwelt ein wîp
    vor al der werlt. daz müet mich iemer sît,
    daz si ein ander niene volgent beide.
    mir habent diu ougen vil getân ze leide.
    got eine müeze scheiden noch den strît.


    Ich wânde ledic sîn von solher swære,
    dô ich daz kriuze in gotes êre nam.
    ez wære ouch reht deiz herze als ê dâ wære,
    wan daz sîn stætekeit im sîn verban.
    ich solte sîn ze rehte ein lebendic man,
    ob ez den tumben willen sîn verbære.
    nu sihe ich wol daz im ist gar unmære
    wie ez mir an dem ende süle ergân.


    Sît ich dich, herze, niht wol mac erwenden,
    dun wellest mich vil trûreclîchen lân,
    sô bite ich got daz er dich ruoche senden
    an eine stat dâ man dich wol enpfâ.
    owê wie sol ez armen dir ergân!
    wie torstest eine an solhe nôt ernenden?
    wer sol dir dîne sorge helfen enden
    mit solhen triuwen als ich hân getân?


    Übersetzung:


    Mein Herz und mein Leib, die wollen sich trennen, die jetzt schon lange Zeit miteinander wandern. Der Leib will gerne gegen die Heiden kämpfen, das Herz dagegen hat eine Frau erwählt vor aller Welt. Seither bereitet es mir ständig Kummer, dass eins dem anderen nicht folgen will. Mir haben meine Augen großes Leid zugefügt. Gott alleine könnte den Streit noch schlichten.


    Ich hoffte, aus dieser Bedrängnis befreit zu sein, als ich zu Gottes Ehre das Kreuz nahm. Es wäre auch richtig, dass das Herz wie früher dabei wäre, nur hat seine Treue es ihm verboten. Ich würde ein vollständiger Mensch sein, wenn es auf seinen törichten Wunsch verzichten würde. Jetzt sehe ich wohl, dass es ihm ganz gleichgültig ist, wie es mir in dieser Beziehung ergehen wird.


    Da ich dich, mein Herz, nicht daran hindern kann, mich in großem Kummer zurückzulassen, so bitte ich Gott, er möge dich an einen Ort senden, wo man dich gut aufnimmt. O weh, wie wird es dir, Armes, ergehen! Wie hattest du den Mut, dich in solche Gefahr zu begeben? Wer wird dich aus deiner gefährlichen Lage befreien mit der gleichen Zuverlässigkeit, wie ich es getan habe?


    http://www.pohlw.de/literatur/sadl/ma/frha-min.htm


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber WilliamBA,
    den Codex Manesse hatte ich auch auf meiner Liste für diesen Thread, habe ihn aber wegen der Komplexität des Themas immer wieder nach hinten verschoben. Aus meiner Sicht ist es Dir vortrefflich gelungen die wichtigsten Fakten in komprimierter Form hier unterzubringen: Informieren - statt zu ermüden (nicht gerade eine meiner Kardinaltugenden)
    Ein einziges Detail möchte ich hier ergänzend anfügen; Es gibt so gut wie keine - oder aber auch gar keine Notenaufzeichnungen zu den überlieferten Texten. Wie kann es dann aber seinm daß es eine CD mit Liedern gibt ? Diese Frage hat mir einige Zeit lang Koopfzerbrechen bereitet, Dabei ist die Antwort ganz einfach: Einige wenige Lieder tauchen in anderen Sammlungen ebenfalls auf - und dort sind die Noten (Neumen ?) überliefert - welch ein Glück !!


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    da ich mein halbes Leben lang gregorianishe Choräle gesungen habe und ich in diesem Thread endlich im richtigen Zeitalter angekommen war, hat mich das Thema zunhemend interessiert, und ich habe die von mir gepostete CD (6,99€) in den Einkaufskorb gelegt und auch diesen Auszug aus dem Codex Manesse, der allerdings um 63 € teurer ist. Da will ich nach meinem Urlaub (20.4. biis 4.5.) mal etwas tiefer in das Thema eindringen:



    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Interessant ist auch noch zu der o. a. CD zu bemerken, dass sich die Gruppe, die die CD gemacht hat, wohl selbst nicht allzu ernst nimmt, indem sie sich "I Ciarlatani" nennt, also die Scharlatane, Kurpfuscher, Quacksalber oder Marktschreier. Da kann man sich das Passende aussuchen. Aber wenn die Musik zündet, sind es m. E.zumindest keine Scharlatane.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das burgundische Lied "L´homme armé" war eines der populärsten Lieder des 15. Jahrhunderts. Wer der Verfasser ist, weiß man nicht, man vermutet Antoine Busnois am Hofe Karls des Kühnen. Man deutet das Lied so, dass es Karl den Kühnen darstellen soll, aber man kann es auch als Warnung vor der Gewalt der Söldner verstehen. Es ist interessant, dass schon in diesem Lied die Position der amerikanischen Waffenlobby vertreten ist, denn angesichts des homme armé wird geraten, sich selbst auch zu bewaffnen.
    Jeder Komponist der damaligen Zeit hat eine Messe über dieses Lied geschrieben, man ist auf eine Zahl von 35 Messen gekommen. Daneben gibt es einen Zyklus von 6 Messen, fast alle vollständig, insgesamt 30 Sätze, die in einer Handschrift in der Biblioteca Nazionale in Neapel aufbewahrt werden.


    Meine Aufnahme ist die des "Huelgas Ensembles" unter Paul van Nevel. Der Name dieses Ensembles zeugt immer für Qualität. Die berühmten Vokalensembles von Herreweghe, Christina Pluhar, Jordi Savall, Manfred Cordes (Weserrenaissance) und die vielen englischen Formationen scharen sich immer um einen sehr kompetenten Dirigenten, der eine Stammbesetzung hat und dann die benötigten weiteren Musiker je nach Stück dazu verpflichtet.


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  • Das Fitzwilliam Virginal Book fehlt noch in unserer Auflistung, Dabei handelt es sich um eine sehr umfangreiche Sammlung von Cembalo Werken englischer Komponisten des sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert. Wer sie zusammengestellt hat ist ungewiss, mehrheitlich wird vermutet, daß Francis Tregian (1574-1619) der Sammler war.
    Gelegentlich wurde sie auch mit Elisabeth I ("Queen Elizabeth's Virginal Book") in Verbindung gebracht, eine Legende, die sich aber als nicht haltbar herausgestellt hat.
    Über zahlreiche Umwege gelangte die Sammlung in den Besitz von Richard FitzWilliam, 7th Viscount FitzWilliam of Merrion (1745–1816), nach dem sie bis heute benannt ist. Er stiftete das Fitzwilliam Museum in Cambridge, dem er seine Bücher und Sammlungen vermachte, wie sie noch heute aufbewahrt sind. Die Sammlung umfasst knapp 300 Kompositionen von berühmten und weniger berühmten englischen Komponisten zwischen ca1500 und 1630.
    Das Labbel Brilliant Classics hat eine Auswahl davon veröfferntlicht. Der Interpret ist Jan Belder
    Ich besitze die Folgen 1 und 2 - (je 2 CDS)
    Da ich die Größe der Sammlung nicht kannte, hielt ich das Projekt für abgeschlossen. Bei meiner heutigen Rechersch habe ich nun Folge 3 und 4 (ebenfalls je 3 CDs) entdeckt (der Lohn der guten Tat) Damit sind etwa ein Drittel der in dieser Sammlung enthaltenen Werke auf CD verfügbar. Ob das Projekt nun abgeschlossen ist, oder ob weitere Folgen in Planung sind, das entzieht sich meiner Kenntnis. Es sieht aber so aus, als sollte die Sammlung komplett eingespielt werden, Ein eigener Thread wäre sicher kein Fehler.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Michael Prätorius lebte von 1571 - 1621 und wirkte vor allem in Ostdeutschland. Er war einer der Hauskomponisten der Reformation; sein bekanntestes Stück ist "Es ist ein Ros entsprungen". Er war auch Musiktheoretiker, sein dreibändiges Werk hier heißt "Syntagma musicum" und ist eine wichtige Quelle der Musik seiner Zeit. "Terpsichore" (die griechische Muse des Tanzes; Betonung auf dem i) war der Auftaktband einer auf 8 Bände angelegten Sammlung. Unser Eichhörnchen kam aber nicht weiter als bis zu diesem ersten Band. Es enthält nur Tänze, 312 an der Zahl. Auch französische Komponisten wie Certon oder italienische, wie z.B. Orazio Vecchi, sind vertreten.
    Das Ensemble, das eine Auswahl von 30 Stücken bietet, ist ein schwedisches Ensemble, das ich in den 80ern in Skokloster in der Nähe von Uppsala gehört habe: Vestra Aros Pijpare, also die "Stadtpfeifer von Västeros". Es sind mehr oder weniger Laienmusiker, allerdings doch sehr erfahrene. Damals spielten sie spanische Musik. Das Besondere ist, dass sie immer mit Kostümen aus der jeweiligen Zeit auftreten.


    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)


  • Für Johannes Brahms war Volksmusik eine Quelle der Inspiration und insofern darf ich ihn hier mal unter die Eichhörnchen einreihen. Seine Bearbeitungen von Volksliedern, sowohl für Singstimmen in verschiedenen Lagen, aber auch als chorischer Gesang, sind legendär geworden - wenn man sich denn dafür interessiert.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Johann Krieger lebte von 1651 - 1735, geboren in Nürnberg, wirkte Zeit seines Lebens in Zittau. Die oben genannte Sammlung wurde 1684 veröffentlicht. Ein Stück dieser Sammlung wurde im Radio neben anderen Liedkomponisten des Frühbarock gespielt. Eine eigene Aufnahme scheint es nicht zu geben. Krieger war hier sein eigenes Eichhörnchen.

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  • Da ich aus dem Urlaub wieder zu Hause bin, möchte ich mich auch hier wieder beteiligen.
    Wenn hier schon Brahms erwähnt wird, denke ich, dass auch die Liebesliederwalzer op. 52 und op. 65 hier Erwähnung finden sollten, da die Texte auch aus Volksdichtungen ihren Ursprung haben:

    Zitat

    Wikipedia: Liebeslieder-Walzer ist der Name zweier Zyklen von Liedern im Walzer- bzw. Ländler-Takt für vier Singstimmen (Chor) und Klavier vierhändig von Johannes Brahms: die Liebeslieder. Walzer op. 52 und Neue Liebeslieder op. 65. Die Texte stammen (mit einer Ausnahme) aus der Sammlung Polydora von Georg Friedrich Daumer, die aus freien Nachdichtungen internationaler Volksdichtungen besteht.


    Die Polydora ist ein weltpoetisches Liederbuch aus dem Jahre 1855:


    51n+kltjdaL._SX382_BO1,204,203,200_.jpg



    Ich habe zu diesen Zyklen eine besondere Beziehung, da wir sie vor einigen Jahren in zwei aufeinanderfolgenden Konzerten samstags und sonntags mit meinem Stammchor aufgeführt haben, und, wie ich meine, mit großem Erfolg.
    Ich finde, hier sind sie in einer ansprechenden Einspielung getroffen:


    Werter William B.A.

    Die Nummern des ehemaligen Werbeträgers non grata führen zu eigenartigen Ergebnissen. Wenn du Alfred mitteilst, um welche Werke es sich handelt, können entsprechende Texte oder Bild gesetzt werden.


    Danke!


    moderato




    Ich habe auch die Notenausgabe hinzugefügt. Da der Zeitraum der internatioen (russischen, polnischen und ungarischen) Textvorlagen nicht angegeben sit, denke ich, dass es zulässig sei, die Sammlungen hier einzustellen.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • "Frische teutsche Liedlein" ist eine fünfteilige Liedsammlung, die 1539–1556 von dem Arzt, Komponisten und Liedersammler Georg Forster (* um 1510 in Amberg; † 12. November 1568 in Nürnberg) herausgegeben wurde. Sie umfasst 380 mehrstimmige, vorwiegend weltliche deutsche Lieder. Ihren Sammelnamen erhielt die Sammlung später. Es ist die umfangreichste und bedeutendste Liedpublikation der Zeit und eine der wichtigsten Quellen für Tenorlieder (mit dem Cantus firmus im Tenor, wie sie beispielsweise eine Fassung von Innsbruck, ich muss dich lassen von Heinrich Isaac oder Mir ist ein rot Goldfingerlein von Ludwig Senfl darstellen):


    Hier ist eine Aufnahme des bekannten "Innsbruck, ich muss dich lassen:


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Liebesliederwalzer zu singen ist ein Glück, das mir im Leben ein paar Male passiert ist, wie dir ja auch, lieber William. Ich habe übrigens vom ersten Zyklus eine Fassung von vier Solisten mit Orchester; ich weiß jetzt nicht, ob diese Fassung von Brahms selber stammt. Meine Lieblingslieder sind "Die grüne Hopfenranke" und "Am Donaustrande"! Bemerkenswert finde ich, dass Brahms immer auch melancholische Töne hineinmischt wie später Gustav Mahler.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Da haben wir ja schon wiedert etwas gemeinsam, lieber Dottore, denn die beiden Lieder gehören auch zu meinen Lieblingen. Ich habe sie vor meinem Beitrage gehört und war sofort wieder ergriffen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Neben dem "Amfiparnaso" von Vecchi und Cavalieris "Rappresentazione" gibt es noch einen direkten Vorläufer der Oper, nämlich die Komödie "La Pellegrina". La "Pellegrina" heißt "die Wallfahrerin", eine squadra de pellegrina ist im Italienischen das, was wir als "Gurkentruppe" bezeichnen (nein, nein, ich spreche nicht von den Bayern). Der Schöpfer dieses Werkes war Giulio Bargagli aus Siena, er schrieb das Werk für die Hochzeit des Medici-Fürsten Ferdinand I. mit der Prinzessin Christine von Lothringen, 1589. Der Erfolg dieses Werkes war gering, erst als Sammlung von Intermedien, also musikalischen Zwischenspielen, wurde sie ein Erfolg. Die Komponisten waren damals die crème de la crème, nämlich Giulio Caccini, Cavalieri, Malvezzi, Marenzio und Peri, der bei der Aufführung auch seine eigenen Sachen, begleitet von der Chitarrone, sang.


    Meine Aufnahme ist diese:


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    Die anderen, die ich nicht kenne, aber die ich auf Grund der Ausführenden blind empfehlen würde, sind diese:



    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Diese Sammlung existiert auf keiner CD, enthält aber berühmte Lieder wie "Das Geläut zu Speyer", "Ach, Elslein", "Innsbruck" oder "Bonjour, mon Coeur".
    Unser Eichhörnchen hieß auch Hieronymus Andreae und war Holzschneider und Drucker, damit auch Verleger. Außer Musik hat er auch Werke von Albrecht Dürer gedruckt.
    Die Kenntnis dieses Eichhörnchens verdanke ich einer der schönen Musikfeatures des WDR am Samstagabend.

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  • Lo sposalizio ist die Vermählung, hier die Vermählung Venedigs mit dem Meer, ein Ritus, der jedes Jahr in Venedig mit dem Schiff des Dogen an der Spitze und mit Messen gefeiert wurde. Unser Eichhörnchen heißt diesmal Robert King mit seinem Ensemble, der diesen Ritus aus der Zeit um 1600 "nachgebaut" hat. Die Musik war vorhanden, der Ritus wurde angepasst. Es gibt eine sehr schöne CD.



    Im Haydn-thread hatte ich darauf hingewiesen, dass ein großer Teil meiner Musiksammlung aus Aufnahmen von WDR 3 besteht; diese hier auch, dazu gab es einen begleitenden informativen Text. Gespart habe ich hier 18,99.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Gespart habe ich hier 18,99.


    Ich nehme aber an, lieber Dottore, dass Deine Radio-Mitschnitte klanglich keine CD-Qualität aufweisen. Ich habe auch noch viele Stunden Radio-Mitschnitte aus den seligen Zeiten des Digitalen Satelliten Radios (DSR), digital direkt vom Receiver auf DAT-Bänder überspielt. Die Qualität entsprach zwar nicht ganz der CD (nur 32 statt 44,1 kHz), aber immerhin kam man damals ohne Datenreduktion aus.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Das Problem stellt sich insofern nicht, da meine Ohren in meinem Alter auch keine CD-Qualität mehr haben.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Das Kloster Santa Maria la Real de las Huelgas liegt im nördlichen Spanien in der Nähe von Burgos. Dort entstand eine Sammlung von 45 einstimmigen und 141 polyphonen Kompositionen (ca. 1300). Offensichtlich war dieses Werk im Kloster selbst im liturgischen Gebrauch, wobei gesagt wird, dass der Chor dieses Frauenklosters zeitweise 100 Sängerinnen umfasste (wenn das Beethoven geahnt hätte). Die Eichhörnchen für diese Sammlung waren 1904 zwei Benediktinermönche, die die Handschrift neu entdeckten. Die erste Aufführung gab es aber erst in den 1930ern.
    Die Noten sind frei zugänglich bei ChoralWiki.
    Es gibt zwei Aufnahmen. Die eine von der früher berühmten "Frauenband" "Anonymus 4" (USA), die auch sehr schöne Aufnahmen von Hildegard von Bingen vorgelegt haben.



    Vor allem aber ist diese Aufnahme zu empfehlen, von einer Formation, die sich nach dieser Sammlung genannt hat.
    Paul van Nevel, der Leiter, hat in wechselnden Besetzungen viel alte Musik aufgenommen, meist in sehr guter Qualität.


    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Die Edda


    Ich bin über die "Edda" gestolpert, und bei näherem Nachlesen entdeckte ich, dass die Edda aus zwei verschiedenen, in altisländischer Sprache verfassten literarischen Werken besteht, die beide im 13. Jahrhundert im christianisierten Island niedergeschrieben wurden und skandinavische Götter- und Heldensagen behandeln und trotz der Gemeinsamkeiten unterschiedlichen Ursprungs und literarischen Charakters sind.
    Ursprünglich kam dieser Name nur einem Werk, der Snorra-Edda des Snorri Sturluson († 1241), zu, das dieser um 1220 für den norwegischen König Hákon Hákonarson und den Jarl Skúli verfasste. Es ist ein Lehrbuch für Skalden (die altnordische Bezeichnung für „Dichter“) und gliedert sich in drei Teile, deren erste beiden die mythologischen und sagenmäßigen stofflichen Grundlagen der Skaldendichtung unter Benutzung alter mythologischer Lieder und Heldenlieder in Prosa nacherzählen. Der dritte Teil, das „Strophenverzeichnis“, bringt für jede Strophenform eine Beispielstrophe. In dieses Werk schiebt er oftmals als Beispiele einzelne Strophen oder kurze Strophenfolgen aus alten Liedern ein. So werden hier ganz nebenbei Lieder von ungewissem Alter überliefert.
    Das zweite Werk, welches als Lieder-Edda bezeichnet wird, wurde erst im späten Mittelalter so benannt, doch der Name hat sich eingebürgertund gilt als die bekanntere Edda: Um 1270 wurde auf Island eine Sammlung Lieder unterschiedlichen Alters niedergeschrieben. Einige der von Snorri zitierten Strophen stimmen fast wörtlich damit überein. Diese Sammlung überliefert aber ganze Lieder, nicht nur Ausschnitte, und verbindet nur ganz wenige Texte durch Inhaltsangaben in Prosa.
    Weitere Einzelheiten sind in dem u. a. Artikel zu finden:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Edda
    Hier ist das Deckblatt einer isländischen Abschrift der Snorra-Edda aus dem Jahre 1666:



    Meine Frage geht jetzt dahin, ob es Tondokumente mit Aufnahmen von Liedern aus dieser großen Sammlung gibt.
    Diese CD habe ich gefunden, es sind aber keine Tonbeispiele vorhanden:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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