Domenico SCARLATTI: 555 Sonaten - Höchste Kunst auf kleinstem Raum

  • Eine Frage an die Scarlattiexperten, die ich nur deshalb stelle, weil sich mir nie so recht erschlossen hat, woraus die Beliebtheit seiner Musik und die feststellbare Häufigkeit ihrer Interpretation resultiert.


    Wo legt das Geheimnis dieses Komponisten? Gibt es auch einen Scarlatti jenseits von Virtuosität und kluger eingängiger pianistischer Satztechnik? Ist Scarlattis Musik nur Musik für die Ohren oder ist sie auch für den Verstand gedacht?


    Vielleicht gibt es ja Meinungen/Hinweise dazu.

  • Zitat

    Original von tom
    Eine Frage an die Scarlattiexperten, die ich nur deshalb stelle, weil sich mir nie so recht erschlossen hat, woraus die Beliebtheit seiner Musik und die feststellbare Häufigkeit ihrer Interpretation resultiert.


    Wo legt das Geheimnis dieses Komponisten? Gibt es auch einen Scarlatti jenseits von Virtuosität und kluger eingängiger pianistischer Satztechnik? Ist Scarlattis Musik nur Musik für die Ohren oder ist sie auch für den Verstand gedacht?


    Sorry, aber das ist die typische Reaktion eines Bachianers, der Schwierigkeiten hat zu verstehen, dass es Musik ohne Krebsumkehrung mit der eigenen Verkleinerung im doppelten Kontrapunkt geben kann, und die trotzdem Leuten gefällt... :stumm: :D
    (nicht gegen Dich (denn Du hast es nicht behauptet), aber seltsam wie oft genau die Aspekte, die man einiger Musik des 20./21. Jhd. vorwirft, "konstruiert", "verkopft", "von kompositorischen Systemen dominiert" usw. für den Götterstatus von Bach verantwortlich sein sollen...)


    Musik ist in den meisten Fällen immer für die Ohren UND den Verstand. In der Tat ist bei z.B. Händel, Scarlatti, Mozart und Schubert oft schwieriger zu sagen, warum diese Musik so großartig ist, wo sie doch weitgehend ohne Spiegelfugen auskommt. Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen...
    Ich kann es natürlich auch nicht erklären, aber ich höre Scarlatti gewiß nicht wegen irgendwas pianistischem, da ich davon gar keine Ahnung habe.
    Ich finde es rhythmisch mitreissende, feurige, farbige, melodische, mit Witz und Überraschung gespickte Musik, teils auch melancholisch und nachdenklich, erstaunlich abwechslungsreich, wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Sonaten ähnlich strukturiert und meist in einem schnellen 3er-takt gehalten ist. Sie spielt u.a. mit perkussiven oder reinen Klang-Effekten, die man z.B. bei Bach kaum findet (vielleicht bei Rameau oder Couperin, das kenne ich zu schlecht). Wenn man mit dem Maßstab des WTK an Scarlatti herangeht kann das genausowenig funktonieren wie umgekehrt.


    viele Grüße

    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von AcomA
    bravo, sehr schön und IMO richtig formuliert !


    Ich hatte ja eigentlich die Hoffnung, dass einige der Pianophilen und Pianisten hier, meinen vagen Laieneindruck etwas substanzieller unterfüttern könnten.. :D


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • tom


    Eigentlich ist mir nie aufgefallen, daß Scarlattis Sonaten besonders beliebt sind, oder daß sie besonders oft aufgenommen wurden (Naxos nimmt ja immer ALLES auf ;) )


    Jedoch als am 31.1.2005 untenstehender Thread gestartet wurde
    (Moderation bitte NICHT zusammenlegen)
    fand im Tamino Klassikforum geradezu ein RUN auf Scarlatti und seine Sonaten statt


    Domenico Scarlatti - Essercizi K.1-30


    Mich persönlich hat das viel Geld gekostet, weil ich gleich einige CDs kaufen musste, um mitreden zu können :P


    Un nun wiederholt sich das ganze - ziemlich genau ein Jahr später...


    Ich werde dem Threadstarter gelegentlich eine Honorarnote senden :hello:


    Liebe Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Ich finde es rhythmisch mitreissende, feurige, farbige, melodische, mit Witz und Überraschung gespickte Musik, teils auch melancholisch und nachdenklich, erstaunlich abwechslungsreich, wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Sonaten ähnlich strukturiert und meist in einem schnellen 3er-takt gehalten ist. Sie spielt u.a. mit perkussiven oder reinen Klang-Effekten, die man z.B. bei Bach kaum findet (vielleicht bei Rameau oder Couperin, das kenne ich zu schlecht). Wenn man mit dem Maßstab des WTK an Scarlatti herangeht kann das genausowenig funktonieren wie umgekehrt.


    Lieber Johannes,


    eine kleine Ergänzung zu Deinen Ausführungen:


    Die Eigenart von Scarlattis Musik, die Du ja oben so schön beschrieben hast, verdankt sich zum größten Teil dem musikalischen Einfluss der iberischen Halbinsel. Den größten Teil seiner Cembalosonaten komponierte Scarlatti ja nachdem er seine Stellung als Kapellmeister des portugiesischen Königs Johann V. aufgab und der Prinzessin Maria Barbara 1729 an den spanischen Hof folgte, um dort als deren Musiklehrer und Cembalist zu wirken.


    Die Musiktradition der iberischen Halbinsel hatte sich aus verschiedenen Gründen immer eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber Einflüssen des übrigen Kontinents bewahrt (Das gilt auch für andere Bereiche der spanischen Kultur des 17. - und 18. Jahrhunderts- Spanien verlor ab einem bestimmten Punkt den Anschluss an die Entwicklungen auf dem übrigen Kontinent)


    Die perkussiven Effekte in seinen Sonaten entlehnte Scarlatti ebenso der spanischen Folklore, wie die Rythmen spanischer Volkstänze wie dem Fandango oder dem cante jondo. Auch bei seinen Melodien schöpfte Scarlatti aus dieser Quelle. Die Folge war die Entstehung einer Musik, die sich von den Gepflogenheiten auf dem übrigen Kontinent beträchtlich unterschied.


    Hörbar wird das, wenn man beispielsweise die Cembalo-Stücke Couperins mit denen Scarlattis vergleicht: Etwas vereinfacht ausgedrückt: Eine der Hauptquellen für die Musiksprache Couperins ist die höfische Kultur(präziser: der höfische Tanz), während Scarlatti die Quelle für seine Musik auf dem platten Land fand.
    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • hallo herr Roehl und Christian,


    christians erläuterungen entsprechen dem stand der wissenschaft. hierzu gibt es einen lehrreichen und schönen film mit christian zacharias. aber grundsätzlich haben mir herr Roehls ausführungen deswegen so gefallen, da sie das hörbare im kern sehr gut erfassten. überhaupt muss auch nicht alles, was berührt, wissenschaftlich untermauert sein.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Hallo Johannes, Tom, Christian und Siamak


    Ich kann die Diskussionslinie der letzten Threads nur unterstützen. Mir scheint es auch so, als würden Komponisten, die sich nur wenig komplexer Bauformen bedienen, gern als Kleinmeister abgetan werden - selbst wenn sie ausgesprochen raffinierte Harmoniker bzw. Melodiker sind. Ein solcher war eben Scarlatti in herausragender Weise. Johannes hat ja schon wunderbar ausgeführt, was seine Sonaten alles im Gemüt auslösen können...
    (Mich würde übrigens interessieren ob dieser sehr rationalitätsfixierte Bewertungsansatz typisch deutsch ist...)


    Das folkloristische Element, die Anlehnung an Gitarren- und Kastagnettenklänge verschafft der Musik eine ausgesproche Buntheit und Vitalität - sie ist geradezu das pralle Leben - und dem sollte man ja primär aus der Perspektive des Hedonisten und nicht aus der des Analytikers begegnen. Dann nämlich entwickelt Scarlattis Musik ein ungeheures Suchtpotential und man freut sich riesig, dass es 555-fachen Nachschub, also noch grenzenlos viel zu entdecken gibt...
    Ein anderer Aspekt, der diese Sonaten so reizvoll macht, ist die für damalige Zeit geradezu perverse Virtuosität - Scarlatti-Darbietungen sind mit ihren Armüberkreuzungen und ihrem grazilen Fingerspiel auch optisch ein Schauspiel (Im Alter wurde Scarlatti übrigens so fett, dass er seine Arme nicht mehr übereinander schlagen konnte...)
    Sie sind für mich eine Schatzkiste, bis zur Oberkante gefüllt mit schier grenzenloser Phantasie.
    Liebe Grüße :hello:
    dab

  • Hallo!


    Vielleicht ganz interessant für diesen Thread: Warner bringt die (bisher) einzige komplette Gesamteinspielung der Scarlatti-Sonaten recht günstig neu heraus:



    Scarlatti, Domenico (1685-1757)
    Die 555 Cembalosonaten
    Scott Ross (Cembali von Sidey, Dowd & Martin)
    34 CDs
    DDD, 1987


    Wer sich also "Scarlatti total" (und noch dazu auf Cembali) geben will, ist hiermit gut bedient ;)


    Gruß
    Karsten

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  • Zitat

    Geboren ist sie 1931, und sie gab dann ihren Rücktritt von der Konzertbühne bekannt, indem sie gleichzeitig alle noch ausstehenden Konzerte absagte.


    So früh? :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich bin ganz deiner Meinung, Karsten.


    Das Spiel von Scott Ross ist auch wunderbar. Ich habe befürchtet, dass ich mich mal satthören würde, aber die Befürchtung hat sich nicht bestätigt. Wohl sind viele der Sonaten im gleichen Stil, vieles klingt wie Fandango (ist es ja auch oft, oder?), doch es ist wirklich kaum je eine Sonate wie die andere.


    In Bezug auf die Aufnahmetechnik habe ich einen Einwand:


    Es gibt bei dieser Aufnahme - wie übrigens bei vielen Aufnahmen älteren Datums vor allem mit Cembalo oder Hammerklavier - ein Rumpeln. Ich stelle mir vor, direkt am Holz des Instrumentes befestigte Mikrophone haben die Erschütterungen vom Anschlag (und bei vielen Aufnahmen gegebenenfalls Pedal) übertragen. Zum Glück nicht bei jeder der 34 CDs! Interessanterweise sind CDs dabei, wo das "Rumpeln" von Anfang bis Ende kaum vorhanden ist. Im Kopfhörer stört es noch etwas weniger, doch wenn man im Raum gute Basslautsprecher stehen hat, dann ist das Getöse schon unverhältnismäßig zu dieser Art von Musik. Jedenfalls, Bässe auf halb gestellt, und dieses Problem ist halbwegs beseitigt, aber ich liebe es normalerweise schon, bei solchen Musikaufnahmen die Bassregler eingeschaltet zu haben, auch wenn in der Musik selber solche tiefen Freuquenzen natürlich nicht vorkommen.


    Als positives Gegenbeispiel möchte ich die Scarlatti-Box (2 CD) von Andreas Staier erwähnen. Der Klang ist hervorragend und ohne störende Nebengeräusche. Und nicht nur die erstklassige Aufnahmetechnik möchte ich bei Staiers Scarlatti hervorheben, sondern natürlich sein außergewöhnlich brilliantes Spiel. Da macht das Zuhören nicht nur Freude sondern auch so richtig Spaß. Ich möchte sagen, dass Andreas Staier seinen Scarlatti manchmal richtig fetzig spielt, was natürlich Geschmackssache ist. Im Unterschied zu einer älteren Scarlatti-CD von ihm (Reihe "Das alte Werk") sind bei dieser Box hier mit den 2 CDs einige der interessantesten und beliebtesten Sonaten ausgewählt.


    Sony&BMG-Link zu Staiers Scarlatti


    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Ich stelle mir vor, direkt am Holz des Instrumentes befestigte Mikrophone haben die Erschütterungen vom Anschlag (und bei vielen Aufnahmen gegebenenfalls Pedal) übertragen.


    Ich kann mir schwer vorstellen, dass irgendein Tonmeister ein Mikrophon an einem Tasteninstrument montiert. Es wird eher irgendeine unvorhergesehene äußere Störquelle gegeben haben müssen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Ich kann mir schwer vorstellen, dass irgendein Tonmeister ein Mikrophon an einem Tasteninstrument montiert. Es wird eher irgendeine unvorhergesehene äußere Störquelle gegeben haben müssen.


    Jedenfalls klingt es so für mich.


    Übrigens gibt es viele Aufnahmen, in denen ein Brummen vorkommt (und zwar klingt das in jeder dieser Aufnahmen gleich), als würde vor dem Haus, in dem aufgenommen wird, ein Auto oder Lastwagen vorbeifahren. Ich glaube nicht, dass ich mir das nur einbilde - ich weiß nur nicht, wie dieses Geräusch wirklich zustande kommt; vielleicht hat es etwas mit den Tonbändern zu tun, die früher verwendet wurden.


    Bei den Aufnahmen der Haydn-Sonaten mit Schornsheim (ich habe mit dieser Gesamtaufnahme trotzdem sehr viel Freude, muss ich dazusagen!) gibt es ebenfalls Geräusche, vor allem jeweils unmittelbar vor und nach Beginn des Spiels. Es ist irgendwas, das "in der Luft" liegt, es ist eine Art Hall, der beim Abhören der CD mit tiefen Frequenzen herüberkommt. Bei manchen anderen Aufnahmen fällt mir das ebenfalls auf (vor allem bei Cembalo), bei den meisten kommt das aber nicht vor.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich besitze im Moment lediglich die etwas kompremierte Form der Ross Aufnahme, eine Auskoppelung mit 3 CD's.
    Aber irgendwannn werde ich mir die Cembalosonaten ganz sicher komplett zulegen.


    Ich bevorzuge zwar eindeutig die französische Schule, aber ich finde seine Komposition recht originell.
    Allerdings meine ich dass er die Größe seines Vaters Alessandro Scarlatti nicht erreicht.
    Deshalb wird Domenico mich auch weiterhin nur sekundär interessieren.


    abgesehen davon gibt es noch weiter Threads zum Thema Scarlatti :hello: :



    Alessandro Scarlatti der Vater


    Das "Wunder von Neapel"- Domenico Scarlattis "Stabat Mater" (1715)

  • Zitat

    Allerdings meine ich dass er die Größe seines Vaters Alessandro Scarlatti nicht erreicht.


    Ich würde es eher so formulieren: Zu seines Vaters Lebzeiten erreichte er dessen Größe nicht. Erst nach seines Vaters Tod wurde er selber groß - durch eben seine vielen Sonaten. Denn wenn du jetzt beide vergleichen wolltest, müssten beide ja Vergleichbares geschrieben haben. Alessandro Scarlatti hat sicher nicht 555 hübsche Cembalosonaten geschrieben wie sein Sohn Domenico, den wir jetzt wegen seiner Sonaten schätzen.


    Ich habe hier einige Scarlatti-Aufnahmen, die ich empfehlen kann. Die Pogorelich-CD habe ich wegen der Englischen Suiten gekauft (bin überwältigt), erst so habe ich sein Scarlatti-Spiel kennengelernt.




    Mit Pletnev am Klavier geht es mir wie mit Andreas Staier am Cembalo: So macht Scarlatti Spaß!



    Kirkpatrick ist sehr gut, wie nicht anders zu erwarten. Die Aufnahme-Qualität ist auch überraschend gut (noch besser als seine ersten Bach-Stereo-Aufnahmen).



    Pinnock ist wie Kirkpatrick bei "ARCHIV Produktion", die Auswahl besteht nur aus späten Sonaten, sein Spiel ist recht kräftig, und hier hat sich wieder die Resonanz des Holzkastens zu sehr auf die Mikrophone übertragen, wie ich mich schon weiter oben bei einer anderen Aufnahme beschwert habe. Naja, Bassregler zurückdrehen, dann geht's.



    Ich muss gestehen, dass ich sonst nicht so ein Fan von den Aufnahmen von Horowitz bin, aber diese hier möchte ich nicht hergeben!


    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Übrigens gibt es viele Aufnahmen, in denen ein Brummen vorkommt (und zwar klingt das in jeder dieser Aufnahmen gleich), als würde vor dem Haus, in dem aufgenommen wird, ein Auto oder Lastwagen vorbeifahren. Ich glaube nicht, dass ich mir das nur einbilde - ich weiß nur nicht, wie dieses Geräusch wirklich zustande kommt; vielleicht hat es etwas mit den Tonbändern zu tun, die früher verwendet wurden.


    Nein, du bildest dir das sicher nicht ein. Da die Aufnahmen aus den 80erg stammen, und damit digital sind, fallen Tonbandprobleme weg. Aber es gibt viele Möglichkeiten.


    Der bekannteste Fall sind die Abbey Road Studios in Londen. Unter denen fährt die U-Bahn durch, was zu regelmäßigem Brummeln auf deren Aufnahmen führt (oft aber nur auf wirklich guten Anlagen eindeutig identifizierbar). Eine weitere Störquelle sind Klimageräte und Gerätelüfter (manchmal muss man auch im Aufnahmeraum irgendetwas herumstehen haben). Vernachlässigbar bei Pop-Aufnahmen, aber wenn ein leises akustisches Instrument aufgenommen wird und die Regler weit aufgedreht werden müssen....
    Ich besitze sogar eine Test- und Einstellungs-CD eines amerikanischen High-End-Levels, wo man ganz deutlich die Lüfter im Studio hören kann (in toller Qualität natürlich ;) ).


    Insbesondere Cembalo-Aufnahmen werden oft direkt im Museum mit kostbaren Instrumenten gemacht. Und dort hat der Tonmeister keinen Einfluss auf Klima-Geräte, die unter Umständen deutlich hörbar dahinsummen...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Melot1967
    Interessanterweise sind CDs dabei, wo das "Rumpeln" von Anfang bis Ende kaum vorhanden ist. Im Kopfhörer stört es noch etwas weniger, doch wenn man im Raum gute Basslautsprecher stehen hat, dann ist das Getöse schon unverhältnismäßig zu dieser Art von Musik. Jedenfalls, Bässe auf halb gestellt, und dieses Problem ist halbwegs beseitigt, aber ich liebe es normalerweise schon, bei solchen Musikaufnahmen die Bassregler eingeschaltet zu haben, auch wenn in der Musik selber solche tiefen Freuquenzen natürlich nicht vorkommen.


    Ich weiß nicht, was es alles sein könnte, aber es gibt m.E. "Raumrauschen", etwa hörbar auf angeblich digital (daher kann es nicht vom Band kommen, es ist auch kein so hochfrequentes Rauschen) aufgenommenen CDs, etwa mit Herreweghe bei harmonia mundi aus den 80ern. Das dürfte mit halligen Kirchen, Mikrophonposition und -empfindlichkeit zu tun haben und ist eigentlich nur per Kopfhörer merklich. Steht was im Booklet zu unterschiedlichen Aufnahmeorten?


    Zitat


    Als positives Gegenbeispiel möchte ich die Scarlatti-Box (2 CD) von Andreas Staier erwähnen.
    ...


    Im Unterschied zu einer älteren Scarlatti-CD von ihm (Reihe "Das alte Werk") sind bei dieser Box hier mit den 2 CDs einige der interessantesten und beliebtesten Sonaten ausgewählt.


    Dei Staier-CDs sind alle großartig! Allerdings ist die bei Das Alte Werk7Teldec erscheinene Aufnahme neuer als die harmonia mundi. Die Box ist eien Wiederveröffentlichung, ich habe die noch einzeln (mit sehr schönen Coverbildern).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von kleinershredder
    Wie kann man denn 555 Sonaten komponieren?
    Sind das alles richtige Sonaten mit allen Sätzen, oder hieß Sonate früher etwas anderes?


    Die Sonaten sind alle einsätzig; Spieldauern von knapp 2 bis ca. 12 min. (Die meisten dürften so 3-5 min dauern)


    viele Grüße


    JR

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  • Zitat

    Original von kleinershredder
    Waren die dann in Sonatenhauptsatzform geschrieben, oder war das damals was ganz anderes?


    "Sonate" ist ja wesentlich älter als die klassische Sonatenform. Barocke Kirchen- oder Kammersonaten sind auch nicht in der klassischen Sonatenform und heißen Sonaten.
    Die Scarlatti-Sonaten sind teils in einer Art Vorform der klass. Sonatenform gehalten. Die meisten (?) haben die zweiteilige Form /:A:/:B:/, teils sind durchführungsähnliche Elemente zu erkennen, ich weiß aber nicht, ob es ein einheitliches Modulationsschema gibt.
    Hör Dir einfach mal ein paar an, das ist am einfachsten! :D


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • hallo Melot,


    die von dir aufgeführten 'klavier'-aufnahmen von d.scarlatti-sonaten mit pogo., horo. und plet. sind klassiker und wurden auf der ersten seite dieses threads gezielt gewürdigt !


    gruß, siamak :rolleyes:

    Siamak

  • hallo,


    hier aus wikipedia zur untermauerung von herrn J. Roehl:


    "Sonata ("Klingstück") war in den Anfängen der selbstständigen Instrumentalmusik gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine allgemeine Bezeichnung für Instrumentalstücke ohne bestimmtes Formschema im Gegensatz zur Cantata ("Singstück"). Sie wurde zunächst von Giovanni Croce (1580) und Andrea Gabrieli, dessen "Sonate a 5 istromenti" (1586) verschollen sind mehrere, verwendet. Von seinem Neffen Giovanni Gabrieli sind einige Sonaten erhalten (1597 und 1615). Diese ältesten Sonaten sind Stücke für mehrere Instrumente (Violinen, Violen, Zinken und Posaunen), und ihr Schwerpunkt liegt in der Entfaltung harmonischer Fülle. Ihre praktische Bestimmung war die, einem kirchlichen Gesangswerk als Einleitung vorausgeschickt zu werden, die Sonate tritt in der Folge (völlig gleichbedeutend mit der Sinfonia) als Einleitung einer Kantate auf.


    Gegen Ende des 17. Jahrhunderts begann man die zwei Typen der Sonate zu unterscheiden. Beide fußen auf der Besetzung mit zwei Oberstimmen und einer Continuo-Stimme.


    Die Sonata da chiesa (Kirchensonate) bestand gewöhnlich aus einer langsamen Einleitung, einem lose fugierten Allegro, einem sanglichen langsamen Satz und einem lebhaften Finale in zweiteiliger Form. Dieses Schema wurde allerdings nicht in starrer Weise angewendet und erst in den Werken Händels und Bachs die Sonatenform schlechthin. In der italienischen Violinmusik findet sie sich bis ins 19. Jahrhundert hinein in der Musik Boccherinis.


    Die Sonata da camera (Kammersonate) dagegen bestand weitgehend aus stilisierten Tanzsätzen. Zur Zeit Bachs und Händels hatte sich ihre Entwicklung von der Sonata da chiesa vollkommen abgekoppelt und Suite, Partita, Ordre oder (mit einem vorangestellten Präludium im französischen Stil) als Ouvertüre bezeichnet, siehe Suite (Musik)."


    gruß, siamak :hello:

    Siamak

  • Zitat

    die von dir aufgeführten 'klavier'-aufnahmen von d.scarlatti-sonaten mit pogo., horo. und plet. sind klassiker und wurden auf der ersten seite dieses threads gezielt gewürdigt !


    Ach ja richtig, danke. Allerdings kenne ich weder die auf der ersten Seite gezeigte Horowitz-CD noch die Pogorelich-CD (auf meiner sind nur 4 Scarlatti-Sonaten drauf), werde sie mir aber sicher bald mal zulegen.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich habe mir die Ross-Box bestellt und warte derzeit auf deren Auslieferung. Ich kenne zwar nur Eizelnes aus der Edition, fand es aber so ordentlich, dass ich die Anschaffung der Komplett-Box für angemessen hielt.
    Leider hat man nicht die Wahl, wenn man alle Scarlatti-Sonaten kennenlernen will. Ross scheint auf keinen Fall von Belders betulicher, ebenfalls auf Vollständigkeit zielender Lesart (bei Brillant) eingeholt zu werden und die langsam wachsende Piano-Großtat bei Naxos wird von verschiedenen Pianisten eingespielt, die sich unterschiedlich versiert durch Scarlattis Sonatenkosmos pflügen. In absehbarer Zeit ist mit keiner ernstzunehmenden Alternative zu Ross zu rechnen - zu meinem Bedauern, denn ich würde es zu Lebzeiten gerne noch einmal erleben, dass ein bedeutender Pianist diese Mamutarbeit auf sich nimmt. am liebsten Christian Zacharias. Ich glaube aber kaum, dass der sich freiwillig für ein oder zwei Jahrzehnte voll auf Scarlatti kaprizieren würde. Solche (freilich wohltuenden) Spleens entwickeln wirklich nur Spezis für historische Tasteninstrumente - Andererseits: Scarlattis Sonaten hätten es verdient, dass sich der eine oder andere Pianist findet, der bereit ist, einen ganzen Abschnitt seines Lebens für sie zu "opfern" - Discographischer Ruhm wäre ihm jedenfalls sicher!


    LG :hello:
    Daniel

  • hallo Daniel,


    wenn ich mich recht erinnere gab es auf LP bei der DG eine gesamtaufnahme der scarlatti-sonaten mit dem exzellenten und temperamentvollen cembalisten kenneth gilbert !


    gruß, siamak :hello:

    Siamak

  • Lieber Siamak,
    bist du sicher, dass K. Giilbert seinerzeit eine GA eingespielt hat? Der Mann ist ja keineswegs schlechter als Ross, es sollte mich doch wundern, wenn die nicht für CD aufbereitet am Markt wäre - aber ich habe nie was davon gehört. Das müsste sich aber recherchieren lassen.
    Übrigens: Eben brachte mir der Paketbote das Warner-Würfelchen, es kann also losgehen!


    LG :hello:
    Daniel

  • Hallo Scarlatti Freunde,


    gestern spielte ich meinem 6jährigen zum ersten mal Scarlatti vor. Erst setzte eine fast beunruhigen Konzentration auf die Musik ein – dann fragte er „Papa – gell da spielen zwei?“ – „Nein mein Sohn“, sagte ich, „da spielt nur einer, aber der spielt verdammt gut.“


    Man sieht, selbst ein 6jähriger nimmt die Komplexität und den hohen Grad an Virtuosität in diesen faszinierenden „kleinen Übungen“ war. Ich bin erst seit letzter Woche im Scarlatti Fieber und dass ausnahmsweise nicht durch das Tamino-Forum. Ich habe vor Monaten die folgende CD geschenkt bekommen.


    Scarlatti
    Harpsichord Sonatas
    Gustav Leonhardt
    EssentialClassics(Sony)
    ADD 78


    „Aha, Harpsichord Sonats“, dachte ich, „vielleicht hör ich sie mir bei Zeiten mal an.“ – Erst letzte Woche war es soweit. Die Scheibe fand erstmalig den Weg in meinen Player – und siehe da - ich war sofort begeistert.


    Nachfolgend ein paar Kurznotitzen:


    K. 3: Schön, mir aber irgendwie ein bisschen zu kindlich. Effekthascherei !?
    K. 185/184: Eine wunderschöne Melodie die besonnen, aber flüssig dahintröpfelt ohne jemals seicht oder trivial zu wirken.
    K. 227: Wesentlich flotter als 184 aber auch sehr flüssig und perlend mit einem fulminanten Finale.
    K. 238/239: Sehr spanisch – mir zu spanisch!
    K. 52: Ein schönes verträumtes Stück. Vielleicht fast ein bisschen träge.
    K. 192/193: Jetzt wird es virtuos.
    K. 208: Eine kleine Verschaufpause.
    K. 208/209: Neckisch.
    K. 252/253: Ein sehr rythmisches Stück (kaum zu glauben, dass wir uns hier im 18 Jahrundert befinden)
    K. 191: Sehr virtuos. Vielleicht schon ein bisschen zuviel des guten. Oder ist hier der Pianist überfordert?


    Fazit: ein schöner Mix aus fröhlichen gute Laune machender Cembalo „Stückchen“, die mich vor allem durch Ihre Rythmik begeistern. Ich kannte den Pianist Gustav Leonhardt nicht und ich kann leider nicht beurteilen ob dass noch wesentlich besser geht. Habe nur sehr wenig Erfahrung, was das Cembalo anbelangt, bin aber der Meinung, dass dieses Instrument diesen Kompositionen sehr gut steht – und so war das ja ursprünglich von Herrn Scarlatti auch gedacht (hallo HIPS :hello: ). Wenn ich einmal reich bin hol ich mir trotzdem den Pogorelich. Denn ich hab jetzt Lust auf Mehr - mehr Scarlatti!


    Liebe Grüße aus Ulm
    Euer Gallo

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Zitat

    Original von GalloNero
    Wenn ich einmal reich bin hol ich mir trotzdem den Pogorelich. Denn ich hab jetzt Lust auf Mehr - mehr Scarlatti!


    Hallo Gallo,


    Ich weiß nicht, wie HIP diese Ausführungen sind, aber ich habe bei Brilliant Scarlatti-Boxen gesehen.
    Schau mal bei Brilliant.
    Tipp in der Searchfunktion Scarlatti und Du wirst staunen.


    LG, Paul

  • Einmal abgesehen, davon das Aline Zylberajch eine tadelose Leistung abliefert, ist das Isntrument besonders interessant auf dem sie spielt: Es handelt sich um den Nachbau eines Flügels des Fiorentiner Instrumentenbauers Christofori, also dem Instrument auf dem viele der Sonaten Scarlattis von seiner adeligen Schülerin gespielt wurden:





    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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