O welche Lust - Beethovens Fidelio

  • Nur auf dieser DVD singt Adam den Pizarro:



    Die Mehta-DVD scheint kein professioneller Mitschnitt zu sein, daher von eher fragwürdiger Qualität!



    :hello: LT

  • siehe Beitrag Nr. 168 - O welche Lust - Beethovens Fidelio


    Auch hier auf dieser DVD singt Theo Adam den Pizzarro!


    Aufnahme: 1977, live, Video, Orange
    Dirigent: Zubin Mehta
    Israel Philharmonic Orchestra
    New Philharmonia Chorus
    Label: Bel Canto Society #612, Better Opera OMD 005 (1 DVD)


    Don Fernando: Juan Soumagnas
    Don Pizarro: Theo Adam
    Florestan: Jon Vickers
    Jaquino: Misha Raitzin
    Leonore (Fidelio): Gundula Janowitz
    Marzelline: Stella Richmond
    Rocco: William Wilderman

    [Quelle: A. Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen, S. 651]



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Da hast du natürlich vollkommen Recht, lieber liebestraum, und in Posting 174 habe ich das noch auf die Reihe gekriegt. Theo Adam singt den Pizarro natürlich in der Dresdner Aufnahme:


    In der Berliner Aufnahme singt natürlich Gustav Neidlinger den Pizarro, und die Berliner Aufnahme gefällt mir natürlich trotz Gustav Neidlinger, der mir als Pizarro mehr böse guckt als böse singt, wegen einer ansonsten ähnlich illustren Sängerriege mit Greindl als Rocco Miljakovic als Marzelline und Grobe als Jacquino sowie wegen der ausgezeichneten Inszenierung von Gustav Rudolf Sellner.
    Ich hoffe, dass das heute mein einziger fauxpas bleibt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat

    liebestraum: Nur auf dieser DVD singt Adam den Pizarro:

    Da scheine ich heute Abend ja wohl nicht der einzige "Irrländer" zu sein.


    Liebe Grüße


    Willi ?(^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wie gesagt, habe diese DVD nicht bei jpc gefunden, daher bestimmt fragwürdiger Ton und bescheidenes Bild (bestimmt Piraten-Aufzeichnung und nicht kommerziell). - Daher kein Irrläufer!


    Und ehrlich gesagt, bin ich von Mehta (bis auf eine ganz winzige Anzahl von Aufnahmen) nie recht begeistert.


    :hello: LT

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich kann natürlich auch nachträglich meinen Text korrigieren und so einen Fehler vertuschen. Wie kannst du sonst um 20.41 Uhr auf eine DVD Bezug nehmen, von der erst um 20.51 Uhr die Rede ist?
    Und wenn es wirklich so wäre, dass die von Harald gepostete DVD von nicht so guter Qualität wäre, was ja längst nicht erwiesen ist, so ist es doch wohl eine DVD. Und wenn Harald sagt, dass Adam auch auf der DVD den Pizarro singt, so ist deine Behauptung, lieber Liebestraum, in Beuzug auf die Hamburger Aufnahme: "Nur auf dieser DVD singt Adam den Pizarro", schlichtweg falsch. Das kann man doch ruhig mal zugeben.
    Übrigens kommt es schon mal vor, dass man eine Aufnahme beim Anbieter nicht findet, wenn sie nämlich nicht lieferbar ist.


    Bei uns im Münsterland sagt man in Fällen, dass man einen Fehler nicht zugeben will, auch wohl: "Wenn de Buer nich schwemmen kann, dann ligg et anne Badebüxe".


    Liebe Grüße


    Willi :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wie gesagt, habe diese DVD nicht bei jpc gefunden, daher bestimmt fragwürdiger Ton und bescheidenes Bild (bestimmt Piraten-Aufzeichnung und nicht kommerziell).

    Wenn ich recht verstehe, ist alles, was Du bei jpc nicht findest, Schrott.
    Es soll im Netz aber noch andere Quellen geben, die durchaus hochwertige Musik liefern (bei amazon ist die DVD gelistet, allerdings ohne Bildchen, was die Sache natürlich kompliziert macht!) [hier]


    Im Übrigen erstklassiges Bild (TV-Mitschnitt),
    Ton Dolby-digital 5.1 bzw. LPCM Stereo,
    Untertitel wahlweise deutsch, englisch oder spanisch
    Mit ca € 35,-- auch kein Schnäppchen...


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Auf diesen FIDELIO möchte ich noch einmal abheben. Es ist die Aufnahme mit dem natürlichsten Umgang mit den schwierigen gesprochenen Dialogen. Ja, das sollte auch einmal festgestellt werden. Denn die Dialoge sind oft der Schwachpunkt, aber sie gehören nun einmal dazu. Sie zu komponieren, wie es Bodanzky im Met-Mitschnitt mit Kirsten Flagstad von 1938 versucht hat, ist auch keine Lösung sondern aus heutiger Sicht ehr als Unikum zu werten. Die Hamburger Inszenierung unter Leitung von Leopold Ludwig ist so schön klar und übersichtlich, wenngleich im guten Sinne unspektakulär. Das schauspielerische Element, das in dieser singspielartigen Oper einen besonderen Stellenwert hat, habe ich auf einem so hohen Niveau nicht wieder gefunden. Anja Silja als Leonore ist auf ihre sehr individuelle Weise ein Ereignis. Hinreißen Lucia Popp als Marzelline. Der einzige Schwachpunkt ist in dieser Inszenierung Theo Adam. Er kann darstellerisch nicht mithalten. In dem Moment, in dem er um die Ecke biegt, ist alles hin. Er versucht sich als Bösewicht, wirkt in seiner Gockelhaftigkeit aber lächerlich. Gefährlich ist dieser Pizarro nicht. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich schätze Adam als Wagnersänger sehr, hier kommt er an seine Grenzen.


    In diesem Thread gibt es durch die Bank sehr gute Beiträge, die Freude machen. Ich teile die Begeisterung mit dem Wiener Mitschnitt unter Bernstein, in dem die Janowitz fast zu Bruch geht, was die Dramatik des Werkes auf die Spitze treibt. Es ist als ob sie zerbricht. Das kommt in dem Mitschnitt aus Orange nicht so heraus. Vickers ist für mich einer der besten, wenn nicht der beste Florestan. Er singt die lange Kerkerhaft für mich am glaubhaftesten. Und er ist noch nicht zugrunde gegangen, weil er von einer unverwüstlichen Freiheitsidee beseelt ist. Alles das ist und kann Vickers. Die Einspielung mit Knappertsbusch mit der Jurinac ist zum Glück hier auch sehr gut weggekommen, sie hat es verdient.


    In meiner Sammlung ist Fidelio eine der am stärksten vertretenen Opern. Schade, dass Aufnahmen mit vielen bedeutenden Sängern nicht offiziell zugänglich sind oder längst vergriffen. Ich möchte Sängerinnen der Titelpartie nennen: Inge Borkh, Ursula Schröder-Feinen, Gladys Kuchta, Julia Varady, Ute Vinzing, Ludmila Dvorakova (mit ihr gibt es neben einem Mitschnitt aus Bern, wo Windgassen der Florestan ist, auch tschechisch gesungene Szenen vom Prager Rundfunk), Teresa Kubiak, Ingrid Bjoner, Marion Lippert, Gertrude Grob-Prandl. Hanne-Lore Kuhse, die ich ganz besonders verehre, ist eine der wenigen Sängerinnen, die gleichzeitig auch in der LEONORE gesungen hat. Ein Mitschnitt des so genannten Ur-Fidelio aus den USA unter Leinsdorf dürfte bei dortigen Anbietern inzwischen auch auf CD erhältlich sein. Eine konzertante Aufführung wurde auch in Leipzig mitgeschnitten. Sie ist beim Deutschen Rundfunkarchiv zu beziehen, wo es auch eine Fidelio-Gesamtaufnahme mit der Kuhse gab, von der sich aber nur die Szenen der Leonore erhalten haben. Es gibt sogar einen französisch gesungen Fidelio mit Geneviève Moizan. Er wurde 1953 beim Französichen Rundfunk unter Inghelbrecht konzertant aufgeführt.


    Eine sehr bewegendes filmisches Fidelio-Dokument ist der BBC-Film "Call to Freedom" über die Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper 1955 mit Fidelio, gesungen von Martha Mödl. Ausschnitte gibt es bei Youtube, die vollständige Fassung habe ich nicht gefunden. Kann mich jemand korrigieren? Im vollständigen Film sind nämlich die wichtigsten Szenen der Leonore enthalten.


    Es grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Rheingold 1876: In meiner Sammlung ist Fidelio eine der am stärksten vertretenen Opern.

    Bei mir, lieber Rheingold, ist sie sogar an erster Stelle mit 13 GA's, vor Don Giovanni (10) und Zauberflöte (9); dahinter ein Quartett (6), dessen erste Oper "Rheingold" heißt".


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute Abend war der Fidelio an der Reihe, den Karl Böhm im Dezember 1969 an der Deutschen Oper in Berlin aufgeführt hatte, und dessen Filmsequenzen am 9. bis 21. Februar 1970 bei der BUFA in Berlin hinzugefügt wurden. So konnte die Produktion am 16. Dezember 1970, dem mutmaßlichen 200. Geburtstag Ludwig van Beethovens, im Fernsehen gezeigt werden. Ich habe diese Aufnahme schon einige Male im Fernsehen gesehen, vorwiegend auf Classica, und ich war der Meinung gewesen, ich hätte einen Bericht darüber schon einmal im DVD-Thread gepostet. Dem war aber wohl nicht so.
    Die Inszenierung stammt von Gustav Rudolf Sellner, die schon 1962 an der Deutschen Oper herauskam, an der Sellner damals Hausherr war. Das Bühnenbild stammte von Wilhelm Reinking. Beides war wirklich überzeugend.
    Einige filmische Mittel waren nicht alltäglich. So wurde während der von Böhm aufregend gestalteten Ouvertüre eine Einführung in die Handlung gegeben mit Fotos und Untertiteln, einige Dialoge wurden nicht gesprochen, sondern nur von den Protagonisten "gedacht", und während der Orchestereinleitung zum zweiten Akt wurde ausführlich der Abgang der desillusionierten Gefangenen gezeigt, die gerade "frische Luft" geschnuppert hatten und nun zurück mussten in ihre Kerker, misstrauisch beobachtet von Don Pizarro, der ebenso misstrauisch plötzlich Leonore gegenüberstand, als ob er schon etwas ahnte.
    Die gesanglichen Leistungen waren superb, auch Gustav Neidlinger gefiel mir nun schon besser. Olivera Miljakovic gab eine entzückende Marzelline und tat dies mit einer frischen, lyrischen Stimme. Donald Grobe kenne ich schon seit fünfzig Jahren als Jacquino, seit er diese Rolle zum ersten Mal unter Lorin Maazel gesungen hatte. Er ist ein überzeugender Jacquino. Dann natürlich Josef Greindl, den man als Rocco schon in einem Atemzug mit Gottlob Frick und Kurt Böhme nennen kann. Martti Talvela ist ein "geborener" Don Fernando, stimmlich und figürlich.
    Gwyneth Jones erfüllt ihre Rolle mit sehr viel Leidenschaft und ist ihr auch stimmlich gewachsen. James King halte ich für einen der besten Florestans überhaupt, auf einer Höhe mit John Vickers, aber auch René Kollo, den ich in meinem letzten Fidelio-Posting am 8. März vorgestellt hatte, rechne ich zur Florestan-Spitze, ebenso wie Jonas Kaufmann.
    Sehr überzeugend waren auch Barry McDaniel und Manfred Röhrl als Erster und Zweiter Gefangener. Auch der Chor der Deutschen Oper Berlin war stimmlich hervorragend, darstellerisch haben mich allerdings in der Aufnahme aus der Wiener Staatsoper unter Bernstein die Herren des Staatsopernchores etwas mehr überzeugt.
    Allles in allem ist dies eine referenzwürdige Aufnhame.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Fidelio,
    Oper in 2 Akten
    von Ludwig van Beethoven.
    Text von Joseph Ferdinand von Sonnleithner, Stephan von Breuning und Georg Friedrich Treitschke
    nach Jean-Nicolas Bouillys Léonore ou L'amour conjugal.
    - Uraufführung der 1. Fassung in 3 Akten als Fidelio oder Die eheliche Treue: 20.11.1805 Wien, Theater an der Wien.
    - Uraufführung der 2. Fassung in 2 Akten als Leonore oder Der Triumph der ehelichen Liebe: 29.3.1806 ebd.



    Uraufführung der 3. Fassung als Fidelio: 23.5.1814 Wien, Kärntnertortheater,
    mit Anna Milder-Hauptmann • Julius Radicki • Michael Vogl • Karl Friedrich Klemens Weinmüller • Ignaz Saal • Anna Bondra,
    Dirig. Beethoven unter Assistenz von Ignaz Umlauff.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich glaube, es wird mal wieder Zeit, nach 2 3/4 Jahren, wieder etwas in dieser Rubrik zu schreiben. Wieder einmal, ich weiß nicht, zum wievielten Male, habe ich mir in der ersten Nachthälfte die Aufnahme zu Gemüte geführt, die mein letzter Vorgänger in diesem Thread, Harald Kral, nur wenige Monate vor seinem Tode, gepostet hat zum 200järhigen Jubiläum der Aufführung der Endfassung am 23. Mai 1814 im Kärtnertortheater in Wien.
    Ich habe die von Harald gepostete CD-Aufnahme als DVD gehört und gesehen:

    Ludwig van Beethoven, Fidelio op. 72
    Hans Helm: Don Fernando
    Hans Sotin: Don Pizarro
    Florestan: René Kollo
    Leonore: Gundula Janowitz
    Rocco: Manfred Jungwirth
    Marzelline: Lucia Popp
    Jaquino: Adolf Dallapozza
    Erster Gefangener: Karl Terkal
    Zweiter Gefangener: Alfred Sramek
    Chor der Wiener Staatsoper: Norbert Balatsch
    Orchester der Wiener Staatsoper
    Dirigent: Leonard Bernstein


    Welch eine Besetzung, und welch eine Aufführung! Ich habe mir mal die Mühe gemacht und den kurzen Artikel übersetzt, den die "Opernwelt" auf der Kassette abgedruckt hat:

    Zitat

    Opernwelt: Leonard Bernsteins Aufführungen 1978 von Beethovens einziger Oper haben als Meilenstein in die Geschichte der Wiener Staatsoper Einzug gefunden, brillant inszeniert von dem großen Wiener Otto Schenk und und aufgeführt von einigen der bemerkenswertesten Sängerinnen und Sänger dieser Zeit. "Jede Phrase, jede Artikulation, hatte ihre Bedeutung... so überzeugend und so richtig, dass da kaum Fragen irgendeiner anderen Interpretation auftauchten. An diesem Abend ereignete sich ganz einfach einer, Beethoven".


    Gemeint mit "diesem Abend" ist der 29. Januar 1978, als diese Aufführung live im Fernsehen übertragen wurde und ich zum ersten mal dieses Wunder miterleben durfte. Erst viele Jahre später erwarb ich zuerst die CD-Aufnahme und nochmals Jahre später die DVD, die ich nun zum wiederholten Male genossen habe.
    Ich will vorab mal den überragenden Star des Abends nennen: Leonard Bernstein, der mit niemals nachlassender Intensität, grenzenloser Leidenschaft und doch immerwährender Kontrolle das Orchester zu Höchstleistungen antrieb und es in den großen temporalen Steigerungen, z. B. in der endlich mal wieder aufgeführten Leonorenouvertüre III vor dem Schlussbild bis an seine Grenzen führte. Und ohne diesen formidablen Klangkörper, hinter dem die Wiener Philharmoniker stecken, hätte dieses Unterfangen nicht geklappt. Aber das Orchester folgte jeder Regung Bernsteins und bewältigte jede Klippe der Partitur in der von Bernstein vorgegebenen Zeit.
    Sprechen wir nun über die Sängerinnen und Sänger, und beginnen wir mit Gundula Janowitz:
    Es war sicherlich ein großes Wagnis, dass sie als lyrischer Sopran diese Rolle übernahm, und so kam sie natürlich in der großen Arie "Abscheulicher, wo eilst du hin?" in den dramtischen Sequenzen an ihre Grenzen, wirkte (zu) leichtgewichtig, aber mit welcher Leidenschaft und mit welchem Zauber in den lyrischen Sequenzen: "Komm Hoffnung, lass den letzten Stern der Müden nicht erbleichen" glich sie dieses stimmliche Manko aus und sang in dieser Direktübertragung auch mit vollem Risiko, was ihr in der dramatischen Höhe so manchen Kiekser einbrachte, der aber ihr sängerisches Engagement um so menschlicher machte. Ich habe selten eine Leonore gehört, die so in ihrer Rolle aufgegangen ist, und ich habe einge Dutzende in meiner Sammlung. Mein Eindruck von ihrer Leistung deckte sich mit dem Szenenbeifall und dem Schlussbeifall des Wiener Publikums, das gewiss nicht auf der Brennsuppen daher geschwommen ist.
    Dann beeindruckt mich von Mal zu Mal Hans Sotin als sinistrer Don Pizarro mehr und mehr, vor dem Manfred Jungwirth als Rocco fast zitternd kuscht, und Jungwirth macht das toll. Vor allem diese zwielichtigen Züge seines Charkaters als Rocco, der Sucht nach dem "Gold" bringt er beeindruckend rüber.
    Lucia Popp als Marzelline ist m. E. eine Idelabesetzung, fast eine "Überbesetzung". Sie muss sich sicherlich manchmal zurückhalten, um nicht den bedauernswerten Adolf Dallapozza als Jaquino an die Wand zu spielen. Wie anders ist die Figur doch in der Aufführung der Züricher Oper aus dem Jahre 2004 in der Regie von Jürgen Flimm gestaltet, in der Christoph Strehl einen Jaquino gibt, der alles unter Kontrolle hat,was seine Belange betrifft und dies auch äußerlich immer demonstriert mit der Waffe in der Hand.
    Karl Terkal und Alfred Sramek sind mir nicht nur von meiner Tättigkeit im Erinnerungsthread her bekannt, sondern auch schon als erster und zweiter Gefangener begegnet, was mich zu der Feststellung führt, dass natürtlich auch der Wiener Staatsopernchor in dieser Aufführung grandios singt.
    Bliebe noch René Kollo, der zuerst in meiner Sammlung auftauchte als Tannhäuser in der 1970er-Aufnahme unter Sir Georg. Damals sang er mit Christa Ludwig und Helga Dernesch, Auch Hans Sotin und Manfred Jungwirth waren schon mit von der Partie.
    Worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Im Tannhäuser schüttelte er sich diese bärenstarke Partie m. E. so aus dem Ärmel, und die Florestan-Partie 8 Jahre später ist zumindest in der phänomenlaen Arie zu Beginn des zweiten Aktes auch nicht so ganz ohne. Aber er war der Erste in meiner Sammlung, der diese Arie aus dem Pianissimo begann und ein grandioses Crescendo sang. Erst der Zweite aus der vorhin schon genannten Auffhührung der Züricher Oper unter Harnoncourt, Jonas Kaufmann, machte es ebenso. Andere sind mir nicht in dieser Weise erinnerlich. Mein erster Florestan vor 54 Jahren, James Mac Cracken, haute mir das "Gott, welch Dunkel hier" im Fortissimo nur so um die Ohren.


    Bliebe als Schlussbemerkung, dass diese Aufführung aus Wien sicherlich eine der Besten ist, die ich in meiner Sammlung habe.


    Liebe Grüße


    Willi


    Liebe Grüße


    Willi


    P. S.:Oben heißt es: "Leonard Benrsteins Aufführungen": die von Harald gepostete CD ist im Februar 1978 im Wiener Musikverein wohl konzertant aufgenommen worden. In der CD-Version singt nämlich Dietrich Fischer-Dieskau den Minister. Alle anderen Rollen sind identisch mit der Live-Aufnahme.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vielen Dank, lieber Willi, du hast mich inspiriert, es dir nachzutun. Kollo war damals schon ein rechtes Pfund.
    Und an Lucia Popp erinnere ich mich immer gerne, erlebte ich sie mit ihrer Engelsstimme doch mal als beseelte Pamina in München.
    :hail:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Vielen Dank, lieber Willi, für diese Lobrede auf eine wirklich große Aufführung. Auch ich stand damals in der jubelnden Menge am Stehplatz. Ich habe seither keinen vergleichbaren "Fidelio" mehr erlebt.


    (Was gäben wir heute, wenn wir einen James McCracken in der damaligen Form hätten ..., Zartheit war seine Sache nicht)


    Liebe Grüße -
    Erich

  • Ich weiß nicht, Zufall oder nicht, über Mittag lief der folgende FIDELIO bei mir. Trotz ihres Alters, für mich eine der besten Aufnahme dieser Oper. Erstaunlich: Marcel Cordes als Minister!


    W.S.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Es ist lange her, dass ich mir den Fidelio-Film angesehen habe. In bester Erinnerung habe ich ihn nicht. Für mich konnte Felsenstein mit dem Medium Film nichts anfangen. Sein Metier war die Bühne. Deshalb hier nur der Zusatz, dass Schauspieler und Sänger nicht durchgehen identisch waren:


    Don Fernando ERWIN GROSS, gesungen von ALFRED PÖLL
    Pizarro HANNES SCHIEL, gesungen von HEINZ REHFUSS
    Florestan RICHARD HOLM
    Leonore, unter dem Namen Fidelio CLAUDE NOLLIER, gesungen von MAGDA LÁSZLÓ,
    gesprochen von GRETE ZIMMER
    Rocco GEORG WIETER, gesprochen von WOLFGANG HEBENSTREIT


    WIENER SYMPHONIKER, WIENER STAATSOPERNCHOR


    Musikalische Leitung FRITZ LEHMANN
    Inszenierung WALTER FELSENSTEIN
    Bühnenbild und Kostüme ROCHUS GLIESE, LEO METZENBAUER
    Chorleiter HERMANN LÜDDECKE

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • O welcher Frust - Knappertsbuschs FIDELIO!

    Als glühender Knappertsbusch-Verehrer tue ich mich mit dieser Aufnahme allerdings sehr schwer - und höre sie nie. Der Dirigent lässt die Sänger an der langen Leine seiner Tempi fast verhungern. Alles wirkt sehr zelebriert, vor allem beim Melodram im Kerker und sogar im Duett. An einigen Stellen kommt es mir vor, als sei der Player defekt, so zieht es sich.

    Lieber Rüdiger,


    heute ist die Doppel-CD bei mir angekommen, und obwohl Du mich vorgewarnt hattest, habe ich schon während der Ouvertüre, die sich wie Kaugummi zieht, abschalten wollen! Ich habe dann noch bis nach dem Quartett durchgehalten - aber die ganze Oper in diesem Tempo, nein, das war denn doch entschieden zuviel!

    Man könnte glauben, Knappertsbusch hätte die Oper vom Bett aus dirigiert, mit der Zipfelmütze auf dem Kopf (Wer kennt ihn nicht, den Mann mit dem Licht? :D…).

    Was mag "Kna" sich dabei gedacht haben? Er war ja nie für stürmische Tempi bekannt, aber diese Lethargie ist echt enervierend.

    Ich besitze u.a. eine Doppel-CD mit ihm, da dirigiert er Wiener Walzer und die Nußknacker-Suite (!), da ist er auch nicht überschäumend, aber trotzdem überzeugt er mich da auf der ganzen Linie:

    Ob ihn die Wiener Philharmoniker inspiriert haben? Interessanterweise gefällt er mir am wenigsten bei Brahms (Haydn-Variationen, Akademische Festouvertüre), eben wegen seiner getragenen Tempi. Dagegen dirigiert er die Ouvertüre zu Nicolais "Die lustigen Weiber von Windsor" mit wahrer Spielfreude, prächtig!


    Aber wir sind ja beim FIDELIO: Die paar Euro, die das Album gekostet hat, sind sicher kein weggeworfenes Geld, aber haben muß man es ganz sicher nicht. Auch mir kam es so vor, als hätte der Player eine Macke. Manchmal zog "Kna" das Tempo an, und ich dachte, jetzt wird es besser, aber das war immer nur eine kurze Momentaufnahme.

    Ich werde mir in den kommenden Tagen den Rest noch anhören und dann meinen Gesamteindruck beschreiben. Doch ich fürchte, viel Positives wird dabei nicht mehr zutage kommen. Übrigens, die Sänger (Jurinac kam noch nicht vor) machen ihre Sache gut; aber sie sind mit Knappertsbuschs Tempo total überfordert. Die Klangtechnik ist in Ordnung: gutes, rauscharmes Stereo (Aufnahme: München, 12/1961). Das Booklet ist bebildert und enthält eine gute Einführung in die Oper, allerdings nur in englisch.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Danke für Deine Einschätzung dieser Einspielung, lieber nemorino.


    Ich hatte mich vor allwieviel Jahren wohl mal sehr euphorisch über die Aufnahme geäußert. Dies geschah vermutlich während einer "Kna"-Hochphase, wo ich wirklich alles von diesem Dirigenten zusammentrug, was ich bekommen konnte. Zum anderen habe ich mich mit dem Fidelio aber nie so recht beschäftigt, obwohl ich Beethoven verehre. Dass diese Oper dem Zugang á la Knappertsbusch nicht so entgegenkommt wie Wagner, wundert mich aus heutiger Sicht nicht. Vielleicht wäre weniger mehr gewesen. Hätte Westminster damals lieber ein paar in gutem Stereo erklingende Ouvertüren und Symphonien von Beethoven unter Kna's Dirigat eingespielt ... Die Ouvertüren Fidelio und Leonore III sind ja wohl doch die Highlights der Aufnahme. Ich entsinne mich an eine der wenigen Filmdokumente mit Knappertsbusch, wo er 1962 die dritte Leonoren-Ouvertüre mit den Wiener Philharmonikern dirigiert. Dort sogar noch getragener, aber welch gewaltige Entladung am Ende (ab etwa 15:30). Alles zielt daraufhin ab. Wie ein Herrscher thront der Kna im Video. Erst zuletzt geht er auf und erhebt sich zum orchestralen Höhepunkt mit pathetischem Gestus. Solche Szenen werden live vor Ort unvergesslich gewesen sein.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Was mag "Kna" sich dabei gedacht haben? Er war ja nie für stürmische Tempi bekannt, aber diese Lethargie ist echt enervierend.

    Tja, gute Frage! Ich vermute, Ähnliches wie Herr Barenboim, wenn er frühere Wagner-Werke wie "Tannhäuser" (den hat Kna ja "verschont") oder zeitlich noch deutlich frühere Opern wie eben Beethovens "Fidelio" so dirigiert wie "Parsifal", als wären sie also auch spätromantische Werke der 1880er Jahre (das habe ich live oft genug erlebt und erlitten, am schlimmsten bei Mozart-Aufführungen!).

    Wenn Kna "Parsifal" wie "Parsifal" dirigiert, dann ist das wunderbar! Wenn er den "Ring" und den "Tristan" wie "Parsifal" dirigiert, dann geht das auch noch gut, aber schon seinen Studio-"Meisteringern" werde ich langsam unwillig und der wiederentdeckte Münchner "Lohengrin" hat mich so herzlich wenig überzeugt wie auch der Bayreuther "Holländer" - von Interpretationen von Werken anderer Komponisten ganz zu schweigen...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Die paar Euro, die das Album gekostet hat, sind sicher kein weggeworfenes Geld, aber haben muß man es ganz sicher nicht.

    Das, lieber nemorino, weiß man eben erst im Nachhinein. Vorher muss man die Aufnahme kaufen, will man sich nicht mit einem Probehören bei Spotify oder einem ähnlichen Dienst begnügen. ;) Auch ich habe mir den "Fidelio" abermals angehört - und zwar komplett. Wir alle neigen ja gelegentlich dazu, uns ein paar Stellen aus einem Stück herauszupicken und auf dieser Grundlage ein abschließendes Urteil zu fällen. Bei dieser Aufnahme ist dies nicht ratsam, wie ich finde. Erst der Gesamteindruck offenbart, was sich der "Kna" dabei gedacht haben mag. Joseph hat im Zusammenhang mit der oben eingestellten Leonore III auf die gewaltige Steigerung zum Ende verwiesen, die kaum ein anderer Dirigent so hinbekommen hat. Diese Steigerung vernehme ich auch aus der "Fidelio"-Produktion, mit der ich mich - wie schon gesagt - auch schwer tue. Alles scheint mir auf die letzten drei Minuten hinauszulaufen. Dann wird auch das Tempo bei starker musikalischer Klarheit und Transparenz angezogen. Dann wird mir klar, welch großen, fast schon antiken Gedanken er in der Architektur seiner Interpretation hat anlegen wollen. Vielleicht machst Du ja nochmal einen Anlauf, das Ganze durchzuhalten. Dieser Dirigent macht es einem nicht leicht. Auch deshalb liebe und verehre ich ihn. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die Ouvertüren Fidelio und Leonore III sind ja wohl doch die Highlights der Aufnahme.

    Lieber Joseph II.,


    danke für Deine Erwiderung! Bis zur "Leonore III" bin ich noch nicht vorgedrungen (werde sie aber heute sowohl von der CD als auch die von Dir eingestellte Wiener Version anhören), aber die "Fidelio"-Ouvertüre, die ich gestern hörte, fiel für mich schon sehr aus dem Rahmen, wegen des "Auf-der-Stelle-tretens". Nun bin ich natürlich gespannt auf den Rest der Aufnahme und besonders auf die "Leonore III".


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Wir alle neigen ja gelegentlich dazu, uns ein paar Stellen aus einem Stück herauszupicken und auf dieser Grundlage ein abschließendes Urteil zu fällen. Bei dieser Aufnahme ist dies nicht ratsam, wie ich finde.

    Lieber Rüdiger,


    …. deshalb werde ich mir die Aufnahme auch so bald wie möglich komplett anhören. Joseph hat ja schon auf die dritte Leonoren-Ouvertüre aufmerksam gemacht, die ohnehin ein orchestrales Highlight Beethovens ist.


    Alles scheint mir auf die letzten drei Minuten hinauszulaufen. Dann wird auch das Tempo bei starker musikalischer Klarheit und Transparenz angezogen.

    Ich bin sehr gespannt und werde meine Eindrücke berichten.

    Dieser Dirigent macht es einem nicht leicht. Auch deshalb liebe und verehre ich ihn.

    Dieser Dirigent hat es niemand leicht gemacht, weder seinen Kollegen noch seinen Kritikern! Mit Clemens Krauss verband ihn eine herzliche Abneigung, und auch Herbert von Karajan blieb nicht ganz ungeschoren.

    Als Karajan 1951 in Neu-Bayreuth aufkreuzte, verlangte er im Festspielhaus eine eigene Toilette. Knappertsbusch, der immerhin 20 Jahre älter war und von seinem Selbstverständnis her nicht hinter Karajan zurückstehen wollte, fand das gar nicht lustig und knurrte: "Hängt ein Schild an die Tür: Nur für einen A.... reserviert!" Karajan vermied es in der Folge, sich mit ihm anzulegen, denn "ein Mann, dem, um mit einem besonders unangenehmen Kritiker fertig zu werden, die unnachahmliche Wortschöpfung Kathedralenhundpisser einfiel, war durchaus fähig, jede Art von Krieg zu gewinnen, der gegen ihn angezettelt würde" (Richard Osborne: Karajan - Leben und Musik). Die Rache kam viel später: Knappertsbusch hatte ein glänzendes Verhältnis zu den Wiener Philharmonikern und trat gerne und häufig in Wien auf, doch als Karajan 1957 Operndirektor wurde, wurde er nicht mehr eingeladen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Rache kam viel später: Knappertsbusch hatte ein glänzendes Verhältnis zu den Wiener Philharmonikern und trat gerne und häufig in Wien auf, doch als Karajan 1957 Operndirektor wurde, wurde er nicht mehr eingeladen.

    Das muss man etwas präzisieren, lieber nemorino. Fakt ist, dass Knappertsbusch bei den Berliner Philharmonikern zuletzt 1957 eingeladen wurde. Vermutlich waren diese Konzerte bereits vor Karajans offiziellem Amtsantritt 1956 geplant worden. In Wien hatte Karajan als Staatsoperndirektor keinen Einfluss auf die Konzertplanung der Wiener Philharmoniker, die ja nicht identisch sind mit dem Wiener Staatsopernorchester (auch wenn jeder Philharmoniker Mitglied des Staatsopernorchesters ist, aber nicht umgedreht). Es trifft indes zu, dass Knappertsbusch an der Wiener Staatsoper zuletzt 1955 auftrat (übrigens mit dem Rosenkavalier). Er wurde allerdings noch häufig zu Abonnementkonzerten und zu den Wiener Festwochen eingeladen, wo er die Wiener Philharmoniker leitete, laut Konzertregister in den Jahren 1957, 1958, 1960, 1961, 1962, 1963 und 1964. Zudem machte er noch einige Platteneinspielungen für Decca mit diesem Orchester, darunter Wiener Musik, Bruckners Fünfte und Wotans Abschied aus der Walküre mit George London.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das muss man etwas präzisieren

    Lieber Joseph II.,


    da habe ich mich tatsächlich mißverständlich ausgedrückt. Sollte heißen, daß er nicht mehr in die Staatsoper eingeladen wurde, was nicht die Konzerte mit den Wiener Philharmonikern betraf.


    Wiener Philharmoniker, die ja nicht identisch sind mit dem Wiener Staatsopernorchester (auch wenn jeder Philharmoniker Mitglied des Staatsopernorchesters ist, aber nicht umgedreht).

    Das hatte ich durcheinander gebracht. Für Nicht-Wiener ist das ziemlich schwer verständlich. Ich war bis vor kurzem noch der Meinung, daß das Orchester der Wiener Staatsoper = Wiener Philharmoniker ist, und nur aus rechtlichen Gründen bei Plattenaufnahmen unterschiedlich firmiert wurde. Man lernt nie aus ….


    Nun habe ich, wegen Zeitmangels, soeben nur aus der GA die "Leonore III" gehört, alles andere muß ich auf die kommenden Tage zurückstellen. Zeitlich liegt "Kna" mit 15.10 Spielzeit gar nicht so daneben, aber mir kommt es zumindest vor, als ob er viel langsamer sei als z.B. Fricsay (DGG), Vaclav Neumann (Tel) oder Karajan (EMI) in meiner alten Lieblingsaufnahme von 1953 (mit dem Londoner Philharmonia Orchestra), die alle nur ca. 1 Minute schneller sind.

    Die Steigerung zum Schluß bringt Knappertsbusch sehr gut zur Wirkung, aber die vorgenannten Versionen habe ich als besser gelungen im Sinn. Müßte mal wieder alle miteinander vergleichen. Auf alle Fälle werde ich die GA nicht beiseite legen, bevor ich sie komplett gehört habe. Ich komme darauf zurück.


    Wenn Kna "Parsifal" wie "Parsifal" dirigiert, dann ist das wunderbar!

    Das war ja seine Domäne! Wie es heißt, mußte im Orchestergraben immer eine Taube "schweben", damit Kna überhaupt bereit war das Werk zu dirigieren. Bis zu seinem Ende hat er sich nicht damit abgefunden, daß die Taube nicht mehr auf der Bühne zu sehen war.

    Da ich kein eingeschworener Wagner-Fan bin, kann ich ansonsten dazu wenig beitragen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Lieber Joseph II, lieber Rüdiger,


    …. habe mir nun doch noch das Finale der Knappertsbusch-Aufnahme gegönnt. Richtig, in dieser letzten Viertelstunde läuft Kna zu großer Form auf. Das ist hinreißend und überzeugend dirigiert.

    Enttäuscht hat mich allerdings der Minister: Frederick Guthrie macht keine gute Figur, er singt kleinstimmig, in den Höhen fast stimmlos und wirkt als mächtiger Minister fast wie eine Karikatur. Welch ein Unterschied zu Martti Talvela, der unter Karl Böhm (1969) einen souveränen, machtbewußten Mann darstellt, dem es gegeben ist, Gnade zu gewähren und Unrecht zu bestrafen. Für mich der beste Don Fernando aller mir bekannten Aufnahmen.


    In Kürze werde ich mir die ganze Oper einmal komplett anhören.


    Schönen Abend und Grüße,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Für Nicht-Wiener ist das ziemlich schwer verständlich. Ich war bis vor kurzem noch der Meinung, daß das Orchester der Wiener Staatsoper = Wiener Philharmoniker ist, und nur aus rechtlichen Gründen bei Plattenaufnahmen unterschiedlich firmiert wurde. Man lernt nie aus ….

    Lieber nemorino,


    das ist selbst für Wiener nicht sofort durchschaubar. Anders als die Berliner Philharmoniker, die als Konzertorchester gegründet wurden und bis heute dort ihren Schwerpunkt ansiedeln, haben die Wiener Philharmoniker ihre Wurzeln als Opernorchester. Der Verein der Wiener Philharmoniker wurde 1842 gegründet und setzt sich aus Mitgliedern des Orchesters der Wiener Hofoper bzw. (nach Ende der Monarchie) der Wiener Staatsoper zusammen. Das bedeutet, dass jedes Mitglied der Wiener Philharmoniker auch Mitglied des Wiener Staatsopernorchesters ist und Aufführungen in der Staatsoper absolviert. Bei besonders wichtigen Anlässen (mit Film- und Tonaufnahmen) darf man annehmen, dass ausschließlich Philharmoniker im Orchestergraben der Staatsoper sitzen. Reine Staatsopernmitglieder spielen m. W. nicht bei Konzertprogrammen außerhalb der Staatsoper. Man könnte es also also eine Art Nobilitierung bezeichnen, wenn ein Staatsopernmitglied zum Philharmoniker aufsteigt. Nicht allen gelingt das; manche bleiben zeit ihrer Karriere auf die Staatsoper beschränkt.


    Was die Knappertsbusch-Aufnahme des Fidelio angeht, so muss ich noch hinzufügen, dass ich mir gestern die Leonore III auch aus Klemperers fast gleichzeitig entstandener Gesamtaufnahme angehört habe und diese tatsächlich noch überzeugender fand. Außerdem ist der Klang dort besser. Für Knappertsbuschs Einspielung spricht bei nüchterner Betrachtung insgesamt wenig, deswegen fristet sie auch seit ihrem Erscheinen ein Schattendasein und ist vielen gar nicht geläufig. Ich würde diese Aufnahme auch nicht zum "Must-have" bei diesem Dirigenten erklären.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II, lieber Rüdiger,


    …. habe mir nun doch noch das Finale der Knappertsbusch-Aufnahme gegönnt. Richtig, in dieser letzten Viertelstunde läuft Kna zu großer Form auf. Das ist hinreißend und überzeugend dirigiert.


    Ich würde diese Aufnahme auch nicht zum "Must-have" bei diesem Dirigenten erklären.

    Wer weiß? Am Ende finden wir doch noch alle zu der Aufnahme. ;) Ich habe solche Wunder schon mehrfach erlebet. :)


    Vielleicht hilft uns diese Stelle dabei?


    FERNANDO zu Rocco.

    Du schlossest auf des Edlen Grab,

    Jetzt nimm ihm seine Ketten ab -

    Doch halt! - Euch, edle Frau, allein,

    Euch ziemt es, ganz ihn zu befrein.

    LEONORE nimmt die Schlüssel, löst in größter Bewegung Florestan die Ketten ab; er sinkt in Leonores Arme.

    O Gott! - Welch ein Augenblick!

    FLORESTAN. O unaussprechlich süßes Glück!

    FERNANDO. Gerecht, o Gott, ist dein Gericht!

    MARZELLINE UND ROCCO. Du prüfest, du verläßt uns nicht.

    ALLE. O Gott! o welch ein Augenblick!

    O unaussprechlich süßes Glück!

    Gerecht, o Gott, ist dein Gericht,

    Du prüfest, du verlässt uns nicht!


    Dabei handelt es sich ja um ein Quintett. Das wird bei Knappertsbusch so wunderbar klar indem er es ausbreitet wie einen Teppich. Und zwar ziemlich unerbittlich. Der Mann hat Nerven. Die Struktur wird genau durchsichtig - und hörbar. Wenn nun noch alle Mitwirkenden stimmlich besser zueinander passen würden, könnte das nach meiner Überzeugung noch deutlicher heraustreten. Auch der Klang, mit dem ich nie zufrieden war, müsste besser, transparenter sein. Und dann diese Wendung zum Jubel der Schlusses, der ja so jubelig nun auch wieder nicht ist. Man merkt die Unsicherheit, die sich über alle legt - trotz der Befreiung, mit der man ja auch etwas anfangen muss. Befreiung ist nicht immer fröhlich. Je häufiger ich mir die Aufnahme anhöre, umso näher rückt sie mir, ohne dass ich nun in die große Begeisterung verfalle. Das kommt vielleicht noch. Oder übertreibe ich zu sehr in dieser vorgerückten Stunde?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold!

    Je häufiger ich mir die Aufnahme anhöre, umso näher rückt sie mir, ohne dass ich nun in die große Begeisterung verfalle.

    Das erstaunt mich wirklich! Ich habe in Berlin, München und Bayreuth viele Aufführungen von Knappertsbusch gehört. Dabei waren etliche, die mich gefangen genommen und ergriffen haben, viele, die mich fasziniert und überwältigt haben - aber leider auch einige, die ich quälend fand. Doch diese Aufnahme des Fidelio finde ich einfach nur verfehlt! Da mag ich nicht mal ausführlicher aufzählen, was ich alles einzuwenden hätte. Nimm es mir nicht übel!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso, warum sollte ich Dir etwas verübeln? Dir doch nicht. Es gibt zwar gewisse unumstößliche Kriterien für die Bewertung musikalischer Leistungen. Deine Kompetenz im Forum ist bekanntlich unumstritten. Spannender finde ich immer die individuellen Urteile und Wahrnehmungen. So wie ich manchmal Deine Begeisterung für neue Stimmen überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist es Dir unmöglich das zu teilen, was ich für mich an dieser Aufnahme von Knapperftsbuschs "Fidelio" herausgefunden habe nachdem ich sie nach ursprünglicher Ablehnung und mehr als zehn Jahren Pause wieder intensiv und mehrfach gehört habe. Damit können wir doch wohl gut leben. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose