Resteverwertung oder Meisterwerk ? - - - Bachs "Brandenburgische Konzerte"

  • :D auf die Prämie warte ich auch noch, ich habe meine leider noch nicht.
    Aber ich wollte diese Aufnahme ja gerade deshalb haben, weil sie überall so gelobt wird.
    Und das Ensemble ist absolute Spitze, ich bin jedenfalls ziemlich gespannt darauf - ich hoffe ja dass die CD bald kommt, dann kann ich Dir mehr sagen.


    :hello:

  • endlich, nach etwas längerer Wartezeit kam Heute meine Prämie :D





    Bach: die 6 Brandenburgische Konzerte
    Concerto Italiano / Alessandrini



    eins vorweg, wer diese Aufnahme so geschenkt bekommen hat wie ich, der soll sie gefäligst behalten ! :D


    Wer sie noch nicht hat soll sie sich anhören und dann wird er sie sowieso kaufen.


    Ich würde zwar nicht soweit gehe wie Fono Forum und sie als neue Referenz bezeichnen - denn ich könnte mir vorstellen, dass besonders der Einsatz der Hörner im ersten Konzert als etwas ungewöhnlich empfunden wird.
    Ich würde diese wirklich tollen Verzierungen aber wahrscheinlich nicht auf eine CD brennen - ich meine das sind solche Einfälle die sollten Einmalig bleiben, aber das ist nur meine persönliche Meinung.



    Aber generell ist dass alles wirklich sehr sehr gut, flott, transparent und doch voll.
    Sehr italienisch und mit viel Kraft gespielt.


    Es geht zwar rasant zu, aber alles in Maßen obwohl der erste Satz des 2. Konzert beispielsweise bei Lamon 5,14 dauert ist er hier nur 4,23 lang - also gut eine Minute kürzer 8o
    Dem Trompeter dürften die Lippen geglüht haben....


    Zusätzlich zu den beiden CD's gibt es noch eine DVD mit einer Dokumentation über die Aufnahme.



    ich kann nur sagen, eine rundum gelungene Aufnahme mit einem genialen und lustigem Cover.
    Diese Aufnahme dürfte demnächst bei mir öfter laufen und ich kann sie jedem nur empfehlen.


    Danke Fono Forum ( und Alessandrini :D )


    :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

  • Lieber Uranus, Lieber Lullist,


    Auch ich habe eigens wegen der Alessandrini-Einspielung ein Fono Forum-Abo abgeschlossen... Auch meine Prämie ist eingetroffen - jetzt muss ich nur noch reinhören.


    LG! :hello:
    Daniel

  • Salut,


    also, wenn ein weltberühmter Mozartkoch aus Süddeutschland seine aus hochwertigen Zutaten bestehenden "Reste" zusammenkippt und daraus etwas Neues kreiert...


    Ich finde das genial!


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Er würde es aber niemals tun...


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Um Deine Ausgangsfrage direkt zu beantworten, Alfred, kann ich Dir sagen, dass ich die Brandenburgischen Konzerte mit Genuss höre. Obgleich "Resteverwertung" freue ich mich immer, wenn sie gespielt werden.


    Da ich noch keine Aufnahme von ihnen besitze, vertraue ich Euren Empfehlungen und werde mir die gerade bei 2001 angebotene Edition von Harmonia Mundi France, eingespielt von der Akademie für Alte Musik Berlin, zum Preis von 8,99 Euro bestellen, die auch romeo & julia hier empfohlen haben. Auf die Interpretation mit historischen Instrumenten bin ich sehr gespannt.


    Mignon :hello:

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

  • Hallo BigBerlinBear und Pius,


    vielen Dank für den Hinweis auf die Einspielung mit ASMF/Marriner!


    Ich habe drei HIP-Einspielungen der Brandenburgischen Konzerte: sehr unterschiedlich und sehr profiliert sind die drei. Ich möchte keine dieser Aufnahmen missen: Ton Koopmann mit dem Amsterdamer Barockorchester, Nikolaus Harnoncourt mit dem Concentus (in dieser Aufnahme hörte ich die Brandenburgischen Konzerte als Schüler zum ersten Mal in meinem Leben!) und Il Giardino Armonico.


    Nun gelüstete es mich nach einer Non-HIP-Aufnahme. Ich habe mich für die in diesem Thread empfohlene Einspielung der Academy of St. Martin in the Fields unter Leitung von Marriner entschieden. Heute ist sie gekommen, und sie gefällt mir großartig. Allerdings weiß ich nun auch, warum HIP mir so außerordentlich gut gefällt. Nichtsdestotrotz erfreue ich mich an Sir Neville und seinem Ensemble, eine klangschöne, lebendige und fröhliche Einspielung, die mir rundum gefällt. :]


    Mit den HIP-Aufnahmen vergleiche ich sie nicht. Äpfel und Birnen kann man schließlich auch nicht vergleichen. :baeh01:


    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo, Andrew!



    Schön, daß Dir die Aufnahme auch gefällt!
    Bei Mozart greife ich auch gerne zu Marriner. Der Effekt z.B. gegenüber Harnoncourt ist da ähnlich wie von Dir eben beschrieben.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Ich hab sie mir weitgehend leidgehört - anders als die Werke für Soloinstrumente, bei denen es auch nach Jahren immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt, gehören die Brandenburgischen Konzerte und die Orchstersuiten nur noch selten zum abendlichen CD-Futter.

  • Guten Abend



    Schwierig zu beantworten. Besitze die CD-Aufnahmen mit dem "Concentus musicus" von 1982, der "Musica antiqua Köln" von 1987, der "Akademie für alte Musik" von 1998 und mit dem "concerto italiano" von 2005.
    Am besten würde ich mir die Sammlung aus verschiedenen Interpreationen zusammenstellen :)
    Das 3. z.B. könnte das Ensemble "Cafe Zimmermann" liefern, das 5. gibts in einer hervorragenden Aufnahme von Capriccio von 1989 mit der "Akademie für alte Musik" und beim 6. eindeutig die 1983-er Aufnahmen von Nikolaus Harnoncourt.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Ich höre gerade auch die schon genannte Aufnahme unter Alessandrini. Bis auf die recht ordentlichen Aufnahmen in der Brilliantbox habe ich mir immer gedacht, "warum nicht kleiner besetzt?".


    Aber vorliegende Aufnahme ist echt ein sgn. "Kracher". Hier sprüht Gruppendynamik. Die brennen alle auf gleicher Flamme. Es ist mitunter fast wie Kammermusik nur eben ... concertant :D

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

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  • Wenn es um die "Brandenburgischen" geht, so bin ich wohl ein hoffnungsvoller Fall kindlich/jugendlicher Hörprägung.


    Mit anderen Worten: Hier kann es nur eine geben!


    Ich kann heute noch den Leinenbezug der Schallplattenausgabe in den Fingerspitzen spüren, wenn ich das Cover ansehe. Nachdem ich einige Jahre versucht habe, mich mit Goebels sportiver Raserei anzufreunden, bin ich nun doch wieder zu den Anfängen (meines Klassikhörens) zurückgekehrt und habe mir die Richter-Aufnahme gekauft. Und während ich bei der Kölner Musica Antiqua stets das Gefühl hatte, eine Interpretation zu hören, sind es bei Richter schlicht und einfach die Brandenburgischen.


    Ich sage ja, ein Fall von unauslöschlicher Hörprägung. Sei es drum, ich bin sehr froh, dass ich mir die Aufnahme nun endlich als CD-Box nachgekauft habe.


    Mit Gruß von Carola

  • Das mit der "Resteverwertung" wundert mich doch sehr - Bach hat doch sein ganzes Leben lang immer wieder Werke parodiert und uminstrumentiert und bearbeitet ... ?(


    Da er oft Werke in 6er Gruppen zusammengestellt hat, von denen aber nie eine Veröffentlichung zustandekam, die er wie bei seinen Clavier-Übungen im Hinterkopf gehabt haben mag, sehe ich hier seinen Charakterzug wieder, Sammlungen von exemplarischen Werken zusammenzustellen.


    Was mich noch mehr wundert: Dass niemand hier auf den Originaltitel der Widmungspartitur zurückkommt:


    Concerts avec plusieurs instruments


    Hier ist eine Vielfalt von Stilistiken und Besetzungsformen in einer Vielfalt präsentiert, die ihresgleichen sucht - allenfalls bei Heinichens Konzerten für den Dresdner Hof, die Reinhard Goebel ebenso exemplarisch eingespielt und in seinem Begleittext ganz bewußt den "Brandenburgischen" an die Seite gestellt hat, findet sich vergleichbares, auch in der Formvielfalt, wie z.B. im 1. Konzert, wo Elemente der Suite von Tanzsätzen mit der Konzertform kombiniert sind.


    Wer weiß, was Bach noch so an Konzerten geschrieben hat, was verloren ging, oder in Leipzig recyclet hat - die Sinfonia aus BWV 48 legt z.B. solche Gedanken nahe ...


    Als Schüler hatte ich den "Brandeburger" von The Nice mit Keith Emerson gehört, das machte mich neugierig, also schenkte ich meiner Mutter, die keinen bach zwischen Ihren LPs von Beethoven und Schubert stehen hatte, die Brandenburgischen ganz eigennützig zum Geburtstag - ich weiß beim besten Willen nicht mehr, von wem gespielt.
    Ich kaufte mir später Pinnock auf LP, aber der ließ mich seltsam kalt. Harnoncourt kannte ich aus dem Radio, da sprang auch kein Funke über.
    Erst im CD-Zeitalter mit Reinhard Goebel / Musica antiqua Köln, da kam die Begeisterung, die bis heute anhält. Seiner Aufnahme kann ich immer noch Neues abgewinnen. Nur das Menuett im 1. ist nach seiner eigenen Aussage zu langsam - das hat er erst 15 Jahre später auf einer Konzerttournee nachgeholt, auf der er alle alternativen Früh- und Spätfassungen präsentierte (unverständlich, dass davon keine CD erschien!). Siegbert Rampe / La Stravaganza haben es dann endlich so schnell aufgenommen, wie es sich gehört.
    Des weiteren habe ich die Aufnahmen mit der Akademie für Alte Musik Berlin und Café Zimmermann - letztere finde ich das bisher beste an Aufnahmen dieser Werke.
    Alessandrini werde ich mir wohl zulegen müssen .... :rolleyes:


    Was Besetzungsfragen angeht, lese man das Buch von Siegbert Rampe und Dominik Sackmann und schweige .....


  • :jubel:


    Wobei man das "plusieurs" noch ein bisschen hervorheben sollte, denn es ging ihm wohl um möglichst exemplarische und kontrastierende Besetzungen.
    Und selbst wenn es Resteverwertung gewesen sein sollte – offensichtlich hat er ja aus einem Fundus vorhandener Konzerte nur sechs ausgewählt –, so großartige Reste lasse ich mir jedenfalls gerne gefallen. :D


    Die Richter-Aufnahme habe ich auch noch im Keller. Da bleibt sie auch. :D
    Als nächste kam dann Marriner – quasi die Emanzipation von Richter, obwohl da z. T. seltsame Instrumentierungen vorkamen. Die Platten stehen neben der Richter-Aufnahme. :D
    Neben den hier schon aufgetauchten Aufnahmen gefällt mir noch die von Giardino Armonico gut. Mit der "Akademie für Alte Musik Berlin" kann ich generell wenig anfangen. Wo nehmen die z. B. die crescendi her? Und zu oft spielen sie über alles mögliche einfach hinweg.
    MAK fällt bei mir unter Doping-Verdacht. Nach dem zweiten weiß ich aber wenigstens immer, warum Reiche irgendwann nach einem Auftritt mit Bachscher Trompetenstimme tot umgefallen ist. :D
    Um auf den Boden zurückzufinden, lege ich dann Harnoncourt auf.
    Auf dem Merkzettel steht jedenfalls noch das Café Zimmermann. Da bin ich gespannt.
    Und meine Wunschaufnahme wäre eine mit der Batzdorfer Hofcapelle. :yes:

  • Salü,


    für den Bericht von miguel54 dürfen wir wirklich sehr dankbar sein! :yes:


    Dennoch bleibt es nicht aus, Bach ggfs. eine Art Werbegag zu unterstellen. Da die Concerti eben besetzungsmäßig nicht zusammenpassen [was ja prinzipiell nicht weiter schlimm ist], hat er eben einfach einen passenden Titel gewählt, als an der Besetzung herumzuschrauben. Wobei letztere Möglichkeit die denkbar schlechteste gewesen wäre - hätte sie doch die Vielfalt unterschiedlicher Klangwirkung allzusehr beeinträchtigt.


    Besonders interessant und beachtlich finde ich auch Carolas Aussage:


    Zitat


    Und während ich bei der Kölner Musica Antiqua stets das Gefühl hatte, eine Interpretation zu hören, sind es bei Richter schlicht und einfach die Brandenburgischen.


    ...aber die Diskussion darüber gehört in einen anderen Thread.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Bei der Richter-Aufnahme erzeugt allein das Geklimper dieses überdimensionierten Eierschneiders auf 4 Nierentisch-Beinen Angstschweiss auf meiner Stirn :yes:


    Der Marriner war DAMALS eine echte Alternative und ist, im Gegensatz zur vorgenannten Einspielung, auch heute noch mit Einschränkungen anhörbar.


    Zum Für- und Wieder der Göbel bzw. Harnoncourt-Aufnahmen wurde hier schon eine Menge gesagt.


    Meine Lieblings-Einspielung der Konzerte ist noch immer die unter Philipp Pickett und nach meinem aktuellen Kentniss-Stand im Moment die einzige, die ich ohne Einschränkungen empfehlen würde:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Meine Lieblings-Einspielung der Konzerte ist noch immer die unter Philipp Pickett


    Lieber BigBerlinBear,


    die Pickett-Aufnahme schätze ich auch. Aus der Vielzahl der Einspielungen, die ich bei mir stehen habe, möchte ich zwei ältere noch herausheben.


    Die erste ist unter Joscha Horenstein. Es ist eine legendäre Aufnahme, der ich lange nachgejagt bin, bis ich sie endlich in den USA aufgetrieben habe.



    Jascha Horenstein dirigiert ein Kammerorchester der Wiener Symphoniker - und das Line-up macht die Sensation aus:


    Walter Schneiderhan, Solovioline
    Tortscanoff, Trimmel, Opawa, Lindner, Violine
    Paul Angerer, Solovioline, Violino piccolo, Cembalo und Blockflöte
    Karl Troetzmüller, Viola, Blockflöte
    Josef de Sardi, Viola
    Viktor Görlich, Violoncello
    Nikolaus Harnoncourt, Gambe
    Hoebarth, 2. Gambe
    Emil Kremer, Kontrabass
    Camillo Wanausek, Flöte
    Friedrich Waechter, Oboe
    Spurny, Koblinger, Obeo
    Leo Cermak, Fagott
    Franz Koch, Horn
    Karl Buchmayr, Horn
    Holler, Ortner, Trompete
    Josef Nebois, Cembalo


    Diese Aufnahme von 1954 dokumentiert die erste Aufnahme der "Brandenburgischen Konzerte" auf historischen Instrumenten. Nicht nur für einen Horenstein-Liebhaber, wie ich es bin, ein Muss.


    Die andere Aufnahme, die ich erwähnen möchte, gefällt mir ihrer Musikalität wegen. Kein Wunder, ist sie doch dirigiert von Benjamin Britten (1968 mit dem English Chamber Orchestra)


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Ulli
    Dennoch bleibt es nicht aus, Bach ggfs. eine Art Werbegag zu unterstellen. Da die Concerti eben besetzungsmäßig nicht zusammenpassen [was ja prinzipiell nicht weiter schlimm ist], hat er eben einfach einen passenden Titel gewählt, als an der Besetzung herumzuschrauben.


    Nö. Andersrum wird ein Schuh draus. Er hat möglichst nicht zusammenpassende Besetzungen ausgesucht. Konventionellere lagen bestimmt ebenfalls zuhauf in der Schublade, es ging ihm aber unbedingt um die extravaganteren Möglichkeiten.


    Betrachtet man sich die verschiedenen Interpretationsansätze für den Hintergrund der Zusammenstellung, die im Lauf der Zeit zusammengekommen sind, wird der "Werbegag" unwahrscheinlich.


    Eine hübsche Spekulation ist die, nach der jedes Konzert einem Zimmer im Schloss entspricht und dessen Bestimmung illustriert.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Nö. Andersrum wird ein Schuh draus. Er hat möglichst nicht zusammenpassende Besetzungen ausgesucht. Konventionellere lagen bestimmt ebenfalls zuhauf in der Schublade, es ging ihm aber unbedingt um die extravaganteren Möglichkeiten.


    Lässt sich das anhand von Quellen belegen?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zwischen Richter und MAK/Goebel ist ziemlich viel Platz. Man muß sich also keineswegs erste antun, wenn einem letztere zu extrem ist. :D Sie ist übrigens im Lichte der seitdem erschienen HIP-Aufnahmen gar nicht so extrem. Eine Handvoll Sätze sind extrem schnell (z.B. Ecksätze des 6., Erster des 4.), gewiß. Aber die meisten neueren sind (fast) ebenso zügig unterwegs und in einigen langsamen Sätzen läßt sich Göbel sogar richtig Zeit. Das 5. z.B. ist super (IIRC mit Staier am Cembalo) und nicht extrem.
    Hörenswert finde ich sie allemal, auch wenn in einigen der Highspeed-Sätze von "Klangrede" wenig zu merken ist. Goebel hat wohl selber mal gesagt, dass es ihnen teils schon auch um die Zurschaustellung der Virtuosität ging (was ja nicht völlig daneben ist, denn virtuose Soli sind auch ein integraler Bestandteil der Stücke). Dass man auf alten Instrumenten nicht richtig spielen könnte, läßt sich danach jedenfalls schwer aufrechterhalten.


    Ich habe außerdem noch Harnoncourt I auf Platte, Harnoncourt II auf CD und Giardino Armonico.
    Und nicht zu vergessen: W. Carlos' Version des 3. Konzerts!
    Damit ist mein Bedarf eigentlich gedeckt, auch wenn es zweifellos noch alle möglichen hörenswerten Aufnahmen gibt.
    Ich weiß nicht, ob das mit Räumen damals schon bekannt war, aber Goebel schlägt in seinem Booklet-Text ebenfalls an, dass die Konzerte unterschiedliche Aspekte höfischen Lebens bzw. die verschiedenen Rollen des Fürsten versinnbildlichen, so ungefähr 1 Jagd, 2 Krieg?, 4 Schäferidylle usw. (bzw. mir fällt für den Rest nichts Eindeutiges ein ;)))


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Original von pbrixius
    Die erste ist unter Joscha Horenstein. Es ist eine legendäre Aufnahme, der ich lange nachgejagt bin, bis ich sie endlich in den USA aufgetrieben habe.


    Diese Aufnahme von 1954 dokumentiert die erste Aufnahme der "Brandenburgischen Konzerte" auf historischen Instrumenten. Nicht nur für einen Horenstein-Liebhaber, wie ich es bin, ein Muss.



    Nach meinem Kenntnisstand ist die Einspielung nicht im heutigen Sinne HIP, da eine Mischung aus modernen und historischen Instrumenten verwendet wird. Das Orchester zählte 22 Mitglieder, und im wesentlichen ging es wohl darum, dem gemutmaßten "Cöthen-Sound" so nahe wie möglich zu kommen. Der Einfluß der Aufnahme auf die weitere Entwicklung der HIP-Bewegung ist gleichwohl beträchtlich. Und ich mag sie sehr - genau wie Horensteins Beethoven =)

  • Guten Tag


    mit den "Brandenburgischen Konzerten" habe ich Ende der 60-ziger Jahre mich erstmals mit Bach befasst. Damals kaufte ich mir diese LP



    in der Interpretation durch den Concentus Musicus Wien, Leitung N. Harnoncourt. :jubel: :jubel: :jubel:


    Zitat

    Original von miguel54


    sehe ich hier seinen Charakterzug wieder, Sammlungen von exemplarischen Werken zusammenzustellen.


    Ich sehe die "Brandenburgischen Konzerte" als Musterkoffer an, was Bach damals so an Instrumentalmusik so "drauf hatte".
    Interessant ja immer noch die Frage der Datierung; Köthen, Weimar, Weimar/Köhten ?

    Zitat

    Was mich noch mehr wundert: Dass niemand hier auf den Originaltitel der Widmungspartitur zurückkommt:


    Concerts avec plusieurs instruments


    Eben so wenig wie über die Entstehungsgeschichte weis man etwas über den Anlass der Wídmung an den Markgrafen.
    (Eigentlich bezeichnet der Titel "Markgraf von Brandenburg" des Widmungsträgers nur seine familiäre Abstammung; sein Haupttitel war "Markgraf von Schwedt"; aber "Schwedter Konzerte"; gewöhnungsbedürftig :hahahaha: )




    Zitat

    Wer weiß, was Bach noch so an Konzerten geschrieben hat, was verloren ging, oder in Leipzig recyclet hat - die Sinfonia aus BWV 48 legt z.B. solche Gedanken nahe ...


    Leider wird da das meiste wohl oder übel auf Ewig verloren sein ?
    Aber wer weis, vielleicht findet sich noch was.



    Zitat

    Was Besetzungsfragen angeht, lese man das Buch von Siegbert Rampe und Dominik Sackmann und schweige .....


    Lohnt sich die Anschaffung ?


    Ich besitze dieses



    Bärenreitertaschenbuch.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Schleuning fand ich bisher immer einen interessanten Autor, der etwas Lesenswertes zu sagen hat - kommt auf meine Anschaffungsliste! Danke für den Hinweis! :jubel:



    Was die allegorischen Bedeutungen hinter den Konzerten angeht:


    Thurston Dart hat gemutmaßt, dass Nr. 1 in der ersten Fassung als Inmstrumentalmusik der sog. Jagdkantate BWV 208 diente - gleiche Tonart, Instrumentierung etc.; es gibt eine CD davon mit The Parley of Instruments bei Hyperion.


    Phillip Pickett hat sich bei seiner Einspielung durch ähnliche Überlegungen leiten lassen, die damals viel Staub aufgewirbelt haben - in Concerto gab es eine heftige Diskussion, in der er ziemlich auseinandergenommen wurde. Werde mal die Hefte heraussuchen. Pickett hat da so einige sehr eigenwillige Besetzungsexperimente im Continuo gemacht: Was haben Truhenorgeln und Theorben in den Brandenburgischen zu suchen? Ich fand da einiges willkürlich in seiner Deutung und habe sie wieder verkauft.


    Goebel hat viele Jahre später ja selber zugegeben, dass er es nicht mehr so heftig machen würde, aber er hat den Stein ins Rollen gebracht, und seine Tempi sind inwischen wie schon erwähnt überboten worden. Damals aber waren sie Spitze, und das sitzt uns allen offensichtlich noch heute in den Knochen. Seine Deutung des 3. Konzertes mit dem wirbelnden 3. Satz - Udo Klotz hat in seiner Rezension in Concerto gemessen, dass er nur 1/11 Sekunde für das Sechzehntel gebraucht hat, eine "Assoziation von Jagd, Krieg, Getümmel, Lärm und Hektik", finde ich unerreicht. Oder der "Groove" im ersten Satz des 6.Konzerts! Ein Meilenstein in der Interpretationsgeschichte der Brandenburgischen Konzerte ist Goebels Einspielung allemal.

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von miguel54
    Thurston Dart hat gemutmaßt, dass Nr. 1 in der ersten Fassung als Inmstrumentalmusik der sog. Jagdkantate BWV 208 diente - gleiche Tonart, Instrumentierung etc.;l.


    Die Auffassung, dass eine Frühform des ersten Satzes des 1. Brandenburgischen Konzert die Sinfonia der "Jagdkantate" BWV 208 sein könnte, wird von etlichen Autoren vertreten. Eine große Kantate muss mit einer Sinfonia und nicht mit einem Rezitativ beginnen. Ob es wirklich das erwähnte Stück ist, wir werden es wohl nie erfahren.


    Welche weitere Frühformen der "Brandenburgischen Konzerte" sind bekannt, bzw. eingespielt ?


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Taqg


    Zitat

    Original von Hildebrandt


    Na z. B. die hier:



    Ist diese Aufnahme empfehlenswert ?
    Oder hat sie nur Repertoirecharakter ?


    Gruß :hello:


    aus Schwetzingen


    Bernhard

  • Ich kenne sie nicht, Hogwood halte aber ich immer für empfehlenswert.
    Und wohlgemerkt: Es handelt sich um Frühfassungen, was leider nicht auf dem Cover steht.

  • Hogwoods Aufnahme ist wie alles von ihm was ich habe (und das ist ziemlich viel) sehr gediegen im besten Sinne des Wortes: Gut recherchiert, flott und engagiert gespielt, aber nicht überzogen, was Tempi angeht, er hält sich an die Noten (bei den Brandenburgischen steht ja nun auch wirklich alles drin) und macht das Beste daraus - ich habe diese Aufnahme schon lange und würde sie nicht wieder hergeben, trotz des unglaublichen Goebel.


    Goebel hat 1997 mal ein Konzertprogramm mit allen Früh- und Spätfassungen, also allen, die von der Widnungspartitur abweichen, gemacht, es war fantastisch und für mich ist es, wie schon weiter oben erwähnt, unverständlich dass die Archiv-Produktion davon keine CD gemacht hat - es hätte bequem auf eine CD gepasst:


    Sinfonia F-dur BWV 1046A (früher BWV 1071) (1713)
    für 2 Hörner, 3 Oboen, Fagott, Streicher und b.c.
    Allegro C - Adagio 3/4 - Menuet 3/4 /Trio I 3/4 /Menuet 3/4 /Trio II 2/4 /Menuet 3/4


    Concerto F-dur BWV 1047A (1732)
    für Horn, Blockflöte, Oboe, Violine, Streicher und b.c.
    Tempo allabreve C/2 - Andante 3/4 - Allegro assai 2/4


    Concerto F-dur BWV 1057 (1732)
    für Cembalo, 2 Blockflöten, Streicher und b.c.
    3/8 - Andante 3/4 - Allegro assai C/2


    Concerto D-dur BWV 1050A (1719)
    für Cembalo, Traversflöte, Violine solo, Violine grosso, Viola und Violoncello
    Allegro C - Adagio C - Alegro 2/4


    Sinfonia Allegro C-Dur NWV 174 (1729)
    für 2 Hörner, 2 Oboen, Oboe da Caccia, Fagott, Streicher und b.c.
    (für die Kantate "Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüte)


    Rampe hat sowohl 1050 als auch 1050A aufgenommen. Ansonsten sieht es eher mau aus, von der Kantatensinfonia abgesehen.


    Rampe hat für MDG eine CD mit den Frühfassungen der Ouvertüren gemacht - wer weiß ..... ich kann mir aber auch vorstellen, dass er von Bach erst mal genug hat nach so vielen Aufnahmen und dem Buch.

  • Hallo,
    also ich liebe diese Konzerte


    Angefangen hab ich mit Marriner auf Philips LPs.
    Es folgten Pinnock, Harnoncourt, Akademie f. Alte Musik, Schuricht ;),Freiburger Barockorchester und als Schmankerl die Fassung für Klavier zu 4 Händen von Reger (Trenkner/Speidel)


    Ich hör die eigentlich alle gerne :yes:


    Bin mal gespannt ob es nicht auch bald eine Orgel oder Blechbläserfassung gibt :D




    Gruß
    embe

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von miguel54
    Goebel hat 1997 mal ein Konzertprogramm mit allen Früh- und Spätfassungen, also allen, die von der Widnungspartitur abweichen, gemacht, es war fantastisch und für mich ist es, wie schon weiter oben erwähnt, unverständlich dass die Archiv-Produktion davon keine CD gemacht hat - es hätte bequem auf eine CD gepasst:


    Naja, hoffen wir mal, manches wurde aus diversen Schallarchiven schon veröffentlicht - wenns überhaupt aufgenommen wurde :D


    Zitat


    Concerto F-dur BWV 1047A (1732)
    für Horn, Blockflöte, Oboe, Violine, Streicher und b.c.
    Tempo allabreve C/2 - Andante 3/4 - Allegro assai 2/4


    Es wird auch ein Concerto a quattro mit Generalbass, aber ohne Streicherbegleitung als Frühform des 2. BBK diskutiert.


    Zitat


    Sinfonia Allegro C-Dur NWV 174 (1729)
    für 2 Hörner, 2 Oboen, Oboe da Caccia, Fagott, Streicher und b.c.
    (für die Kantate "Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüte)


    Diese Sinfonia ist u.a. auch hier



    mit eingespielt.



    Zitat

    Rampe hat für MDG eine CD mit den Frühfassungen der Ouvertüren gemacht - wer weiß ..... ich kann mir aber auch vorstellen, dass er von Bach erst mal genug hat nach so vielen Aufnahmen und dem Buch.


    Seine "Overtüreneinspielung" besitze ich, das Buch interessiert mich und auf seine BBK-Frühfassungeneinspielungen warte ich :hahahaha:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

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