UMFRAGE: Oper auf deutsch oder/und in der Originalsprache

  • Hallo,
    habe ich gerade entdeckt: Es gibt einen deutschsprachigen Mitschnitt von Meyerbeers "Robert le Diable" aus Berlin, mit Brigitte Hahn und einer Besetzung, die wohl an der Staatsoper im wesentlichen die französische Fassung sang. Zu beziehen über premiereopera
    Schöne Grüße
    wega

  • mit Brigitte Hahn und einer Besetzung, die wohl an der Staatsoper im wesentlichen die französische Fassung sang.

    Die an der Staatsoper NUR die französische Fassung sang, insofern fehlt mir der Glaube, dass das mit der Deutschsprachigkeit stimmt - es sei denn, es wäre irgendetwas vor 1990, weil in den 1980er Jahren in der Philharmonie öfter mal Opern auf Deutsch konzertant gegeben wurden.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich möchte hier noch mal auf das eigentliche Thema zurückkommen. Obwohl ich gerne Opern in Originalsprache höre, gibt es für mich auch gute, deutsch-gesungene Opernaufnahmen. Bei mir laufen momentan zwei Verdi-Opern als große Ausschnitte. Leider keine Gesamtaufnahmen, aber jeweils fast eine Stunde in Vinyl. "Rigoletto" mit Mimi Coertse, Sonja Draksler, Waldemar Kmentt, Walter Berry und Elisabeth Sobota. Mit dem Orchester der Wiener Volksoper unter der Ltg. von Argeo Quadri. Eine sehr hörenswerte Aufnahme, bei der ich das italienisch-gesungene nicht vermisse.


    "Der Troubadour" mit Gerda Scheyrer, Sonja Draksler, Waldemar Kmentt, Eberhard Wächter und Ludwig Welter. Mit dem Chor und Orchester der Wiener Volksoper unter der Ltg. von Franz Bauer-Theussl. Für mich ebenfalls eine der besten, deutsch-gesungenen Aufnahmen dieser Oper. Da vermisse ich ebenso keine italienische Aufnahme.

    W.S.

  • Davon gibt es leider keine Gesamtaufnahmen. Die beiden Opern sind aus einer Reihe von Querschnittaufnahmen, die in der ersten Hälfte der 1960er Jahre gemacht wurden.

  • Meine Meinung dazu ...


    Für mich ist die Originalsprache sehr wichtig, und zwar nicht nur aus rein musikalischen Gründen a la "Das klingt besser".


    Mehrere Gründe sind für mich ausschlaggebend:


    1.) Natürlich folgt ein Komponist dem Sprachrhythmus und dem Klang der Sprache. Beispiel: "Va pensiero" klingt völlig anders als die gängige Übersetzung "Flieg Gedanke". "Pensiero" vor allem klingt hier viel fließender, die Vokale sind auch anders als bei "Gedanke". Die Melodie von "Va pensiero" ist so, dass das "o" am Ende tiefer gesungen wird, was angesichts des Klangs dieses Wortes fast logisch erscheint. Dass das "e" in "Gedanke" aber tiefer sein soll, erschließt sich mir nicht wirklich.


    2.) Die Gefahr ist auch hoch, dass Übersetzungen den Inhalt zu sehr verfälschen. Man denke etwa an Zerlinas Arie "Batti, batti, o bel Masetto", zu Deutsch etwa "Schlag mich, schlag mich, o schöner Masetto". Man denke hier an die Übersetzung von Hermann Levi, der daraus "Schmäle, schmäle, lieber Junge" gemacht hat. Nein Danke.
    Aber selbst wenn ein Übersetzer die Absicht hat, texttreu zu sein, muss er Konzessionen machen, weil sich - je nach Oper - die deutsche Übersetzung reimen muss, oder zumindest ebenfalls lyrisch klingen muss.


    3.) Ein für mich besonders wichtiger Punkt ist auch der, dass Komponisten auch besonders darauf achten, auf welche Wörter, oder gar Silben, sie welche Akkorde legen, oder wie instrumentiert wird.


    Wenn ein Originaltext erst am Ende eines Satzes etwas brisantes enthüllt, und der Komponist auf dieses letzte Wort einen bestimmten Akkord legt, dann ist es problematisch, wenn die deutsche Übersetzung das Geheimnis schon ein paar Notenwerte früher verrät, denn dann passt der Akkord nicht mehr zum letzten Wort.
    Etwa in Mozarts Rezitativen wäre es ebenfalls wichtig, bei der Originalsprache zu bleiben, denn er moduliert oft an bestimmten Stellen im Text; eine Übersetzung in eine andere Sprache bringt diese sorgfältig ausgearbeiteten Stücke durcheinander.


    Ein zusätzliches Problem entsteht, wenn Komponisten bestimmte Motive (ob das Wagner, Strauss, Mozart oder Händel ist) verwenden, die nur im Zusammenhang mit dem Originaltext Sinn ergeben; wird da übersetzt, womöglich noch schlecht übersetzt, dann stehen diese Motive leer im Raum, sind dann kein Subtext mehr, sondern einfach nur irgendeine Musik, die vielleicht schön klingt, aber nichts mehr aussagt, ihrer Aussage beraubt wurde.



    Ich kann z.B. kein Italienisch, aber ich würde nie sagen "Das Werk muss so gefällig wie möglich sein, damit ich es verstehe". Ein Werk besteht nämlich aus vielen Feinheiten, die es erst ausmachen, und die wird man nicht entdecken, wenn man nicht bereit ist, ein bisschen Arbeit zu investieren, sich näher damit zu beschäftigen, beispielsweise indem man sich eine gute Übersetzung besorgt um zu verstehen, was da in der Originalsprache gesagt wird. Das ist eine ganz spannende Entdeckungsreise, auf die sich leider die meisten gar nicht begeben wollen (oder können).
    In einer deutschen Übersetzung, auch wenn sie noch so gut ist, versteht man vielleicht den Text besser, aber man wird immer nur an der Oberfläche schwimmen, die vielen Feinheiten bleiben dann verborgen.
    Wenn ich mich wirklich für ein Werk interessiere, und wissen möchte, was darin steckt, dann komme ich um die Originalsprache nicht herum.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Außerdem bin ich der Meinung, man sollte sich vorher intensiv mit dem Inhalt der jeweiligen Oper vertraut machen. Zudem ist es auch gut und hilft mit der Zeit etwas von der anderen Sprache mitzubekommen.

    Dem kann ich mich nur anschließen. Joachim Kaiser etwa riet in seinem Videoblog, man sollte Wagners Libretto vor dem ersten Opernbesuch sorgfältig lesen.


    ich finde die deutschen Texte wirklich gar nicht holprig. Und die alte Sprache finde ich absolut passend - wenn die Inszenierung denn auch entsprechend historische Kostüme und ein derartiges Bühnenbild liefert.

    Das ist wieder das alte Problem: man fordert Werktreue, allerdings nur hinsichtlich der Kostümierung und der Kulissen - Instrumente (Stichwort HIP) und die vom Komponisten gewünschte Sprache werden da gerne außen vor gelassen, hier akzeptiert man die ärgsten Verfälschungen. Eine Oper besteht aber nicht nur aus Kostümen und Kulissen, sondern aus vielen Feinheiten, was die Musik und das Libretto betrifft. DIE sollten m.E. zuerst ordentlich umgesetzt werden.


    Ich bin ein Verfechter der Originalsprache, zumal Übersetzungen meist sehr fragwürdig sind und den Duktus des Originals verfehlen. Dann müssen musikalische Änderungen vorgenommen werden, wobei aus einer Viertelnote zwei Achtel werden

    Auweh, ja, das kenne ich aus vielen Partituren, diese verwirrenden, alternativen Noten, die man in die Oberstimme setzt ...




    LG,
    Hosenrolle1

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  • Die Melodie von "Va pensiero" ist so, dass das "o" am Ende tiefer gesungen wird, was angesichts des Klangs dieses Wortes fast logisch erscheint. Dass das "e" in "Gedanke" aber tiefer sein soll, erschließt sich mir nicht wirklich.

    Was erschließt sich denn daran nicht? Beim Wort Gedanke ist genauso wie beim Wort "pensiero" die zweite Silbe betont und die letzte Silbe unbetont - beides passt exakt auf die von Verdie komponierte Melodie. Ganz doof waren die damaligen Übersetzer ja auch nicht!


    Etwa in Mozarts Rezitativen wäre es ebenfalls wichtig, bei der Originalsprache zu bleiben, denn er moduliert oft an bestimmten Stellen im Text; eine Übersetzung in eine andere Sprache bringt diese sorgfältig ausgearbeiteten Stücke durcheinander.

    Ein Rezitativ dient dem reinen Texttransport und hat eigentlich gar keinen musikalischen Eigenwert. Wenn ich in diesem dem Textransport dienenden Rezitativ den Text aber icht transportiere, weil ich das in einer Sprache tue, die das Publikum nicht versteht, verfehlt dieses völlig seinen Sinn und Zweck - und übrig bleibe etwas Ödes, musiaklisch Minderwertiges, was seinem einzigen Zweck beraubt wurde.


    Wenn ein Originaltext erst am Ende eines Satzes etwas brisantes enthüllt, und der Komponist auf dieses letzte Wort einen bestimmten Akkord legt, dann ist es problematisch, wenn die deutsche Übersetzung das Geheimnis schon ein paar Notenwerte früher verrät, denn dann passt der Akkord nicht mehr zum letzten Wort.

    Noch problematischer finde ich es freilich, wenn der Text nicht nur an der falschen Stelle, sondern gar nirgends etwas Brisantes enthüllt, weil er in einer Sprache präsentiert wird, die der Zuhörer nicht versteht- und sich deshalb nur von den Vokalisen berieseln lässt und inhaltlich abschaltet...


    Ich kann z.B. kein Italienisch, aber ich würde nie sagen "Das Werk muss so gefällig wie möglich sein, damit ich es verstehe".

    Ich kann nur wenig Italienisch, jedenfalls viel weniger als Deutsch, aber ich würde nie sagen: "Das Werk muss so gefällig wie möglich (= originalsprachlich) sein, damit ich es NICHT verstehe...


    Wenn ich mich wirklich für ein Werk interessiere, und wissen möchte, was darin steckt, dann komme ich um die Originalsprache nicht herum.

    Wenn ich mich wirklich für ein Werk interessiere, und wissen möchte, was darin steckt, dann komme ich um eine gute deutsche Übersetzung nicht herum, es sei denn, dass Deutsch die Originalsprache ist. :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ein Rezitativ dient dem reinen Texttransport und hat eigentlich gar keinen musikalischen Eigenwert.


    Bitte was??
    Du überraschst mich: so eine Aussage hätte ich einem oberflächlichen, uninteressierten Hörer zugetraut, aber nicht dir.


    Noch problematischer finde ich es freilich, wenn der Text nicht nur an der falschen Stelle, sondern gar nirgends etwas Brisantes enthüllt, weil er in einer Sprache präsentiert wird, die der Zuhörer nicht versteht- und sich deshalb nur von den Vokalisen berieseln lässt und inhaltlich abschaltet...


    Dafür kann das Werk jedoch nichts. Wie gesagt, ein bisschen Arbeit muss man schon investieren, wenn man an mehr als nur oberflächlichem Textverständnis interessiert ist.
    Das wäre ungefähr so, als würde ich von Picasso verlangen, dass er seine Bilder "ummalt", damit ich besser erkenne, wieviele Leute drauf sind, damit ich sie besser "verstehe".
    Es spricht ja nichts dagegen, sich - sofern man daran interessiert ist - eine gute deutsche Übersetzung durchzulesen, damit man vorher weiß, was gesagt wird; das eigentliche Hören des Werkes, das nunmal für den italienischen, russischen, englischen Text ausgelegt ist, sollte dann schon in der Originalsprache sein, WENN man am Werk selbst mit all seinen Feinheiten interessiert ist.




    LG,
    Hosenrollle1

  • Du überraschst mich: so eine Aussage hätte ich einem oberflächlichen, uninteressierten Hörer zugetraut, aber nicht dir.

    Nein, genau das ist der Fakt! Und dazu passt die Aussage des Uraufführungs-Leporellos, dass in der Prager-Uraufführungsserie des "Don Giovanni" die Rezitative an jedem(!) Abend anders gesungen wurden. Offenbar maß der von dir erwähnte Mozart den Rezitativen selbet keinen musikalischen Eigenwert zu. Die Komponisten haben die Rezitative in der Regel so "komponiert" = gesetzt, dass der Text möglichst gut zu verstehen war. Das war alles. Nicht selten haben sie sogar die Ausführung der Rezitative irgendwelchen Schülern oder Kopisten überlassen.


    wenn man an mehr als nur oberflächlichem Textverständnis interessiert ist.


    Oper wird interessant dadurch, dass die Musik den Text kommentiert. Und wenn man nicht weiß, was da eigentlich inhatlich gesungen wird, kann man auch den Kommentar durch die Musik nicht verstehen. Deswegen war Komponisten wie Verdi immer das semantische Verstehen des Textes wichtiger als die Idiomatik. Daher hat er den DON CARLOS für Paris selbstverständlich in französischer Sprache komponiert und war völlig damit einverstanden, dass dieser in Italien auf Italienisch und in Deutschland auf Deutsch nachgespielt wurde. Nie hätte er gewollt, dass dies in diesen Ländern in der Originalsprache geschehen solle, wenn diese vom dortigen Publikum nicht verstanden wird.


    Aber es ist müßig immer wieder die gleichen Argumente für und gegen Original- und Landessprache zu wiederholen und auszutauschen. In einem reichen Opernangebot findet man beides originalsprachliche Aufführungen und deutschsprachige Aufführungen von ausländischen Opern. Ich möchte keines von beiden wissen - und kann von meiner persönlichen Erfahrung her nur sagen, dass ich gerade die Oper in Originalsprache besonders genießen konnte, die ich entweder vorher schonmal in deutscher Übersetzug live erlebt oder zumindest als Aufnahme gehört habe. Sollte das nicht mehr möglich sein aufgrund von argumenten von dir und anderen, zu denen sich auch immer gute Gegenargumente finden lassen, wäre das eine Verarmung, die der Gattung Oper ganz sicher nicht gut tut!


    Ich finde, darauf, dass es beiden nebeneinander geben sollte, also sowohl originalsprachliche als auch landessprachige Aufführungen geben sollte, sollten man sich ungeachtet aller persönlicher Vorlieben einigen können - alles andere wäre Fanatismus "an einem unrichtigen Objekt".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Oper wird interessant dadurch, dass die Musik den Text kommentiert.

    Wenn man an der Oberfläche bleiben und es darauf herunterbrechen möchte, dann stimmt das sicher.



    Sollte das nicht mehr möglich sein aufgrund von argumenten von dir und anderen, zu denen sich auch immer gute Gegenargumente finden lassen, wäre das eine Verarmung, die der Gattung Oper ganz sicher nicht gut tut!

    Das Berauben eines Kunstwerkes um wichtige Eigenschaften tut dem Werk also gut, ein Werk immer so aufzuführen wie es ist wäre eine Verarmung; Rezitative haben keinen musikalischen Eigenwert. Nehme ich zur Kenntnis..


    Wie gesagt, ich bin gerade ziemlich überrascht ...




    LG,
    Hosenrolle1

  • Fanatiker sind immer wahnsinnig überrascht, wenn sie erfahren, dass es noch eine andere, gegenteile Ansicht gibt als die eigene - und sie haben große Probleme, damit unzugehen! :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Fanatiker sind immer wahnsinnig überrascht, wenn sie erfahren, dass es noch eine andere, gegenteile Ansicht gibt als die eigene - und sie haben große Probleme, damit unzugehen! :D


    Es ist bedauerlich, dass du eine bisher sachlich verlaufene Diskussion auf so eine Ebene herunterzuziehen versuchst.
    Der respektvolle Gesprächston hat nicht lange angehalten :(
    Ich nehme an, dass dir das Thema sehr wichtig ist, und du deswegen so reagierst.


    Du hast aber sicher Verständnis dafür, dass ich bei themenbezogenen Argumenten bleiben möchte, und kein Interesse an gegenseitigen Beleidigungen habe.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Ganz doof waren die damaligen Übersetzer ja auch nicht!


    Das war aber wirklich eine brillante Entgegnung von Stimmenliebhaber; besonders gut gefällt mir der Satz: »Ganz doof waren die damaligen Übersetzer ja auch nicht!« Und ich möchte hinzufügen: das Publikum war es auch nicht!


    Von frühester Jugend an kannte ich alle Opern nur in deutscher Sprache gesungen, das war eben so üblich und wurde von allen Beteiligten über viele Jahre hinweg als völlig normal empfunden, und wenn mal Jose Carreras, Mario del Monaco, George London oder sonstwer als Gast vorbeikam, dann hat der seine Rolle eben nicht in Deutsch gesungen und das hat niemand gestört.
    Man bedenke, dass das bestimmt nicht die schlechtesten Jahrzehnte der deutschen Oper waren; wenn man sich die Ensembles der bedeutenden deutschsprachigen Opernhäuser anschaut und diese Stimmen kennt, dann hat man in etwa eine Ahnung von dem, was damals geboten wurde. Die konnten alles spielen, alle Gattungen waren prächtig zu besetzen.
    Da brachte dann Herbert von Karan den Duft der großen weiten Welt nach Wien, aber neben durchaus nachvollziehbaren künstlerischen Argumenten, war diese Umstellung auch von der monetären Seite her recht interessant ...


    Nach dieser Abschweifung zurück zur eigentlichen Fragestellung. Dank dieser guten Grundlage in Jugendtagen verstehe ich, was auf der Bühne gesungen wird, aber die fragwürdigen Zusammenraffungen in Über- oder Untertiteln regen mich auf, weil das keineswegs sprachliche Höhepunkte sind. Und die sich so sehr in den Vordergrund geschobene Regie tut dann oft noch einiges hinzu, dass das Ganze noch unverständlicher wird; da wedelt ja heutzutage der Schwanz mit dem Hund.


    Ganz nahe bin ich bei Stimmenliebhaber, wenn er meint:
    Ich finde, dass es beide nebeneinander geben sollte, also sowohl originalsprachliche als auch landessprachige Aufführungen.


  • Was hat denn das bitte mit "Respekt" zu tun(?), wenn du in deiner Antwort auf meinen Vorbeitrag so weitermachst, als hätte ich das nicht geschrieben:


    Ich finde, darauf, dass es beiden nebeneinander geben sollte, also sowohl originalsprachliche als auch landessprachige Aufführungen geben sollte, sollten man sich ungeachtet aller persönlicher Vorlieben einigen können - alles andere wäre Fanatismus "an einem unrichtigen Objekt".


    Offenbar bist du nicht in der Lage, das zu unterschreiben. Ich habe aber kein Interesse an Endlosdiskussionen um des Kaisers Bart mit immer denselben Argumenten und Gegenargumenten, wenn ein Mindestmaß an Toleranz für die Auffassung des Gegenübers nicht vorhanden ist. Du bist offenbar nicht in der Lage, zu akzeptieren, dass auch künftig nicht alle Aufführungen originalsprachlich sein sollen/müssen (die allermeisten sind es ja ohnehin schon, aus den bekannten Gründen: Zugeständnisse an den internationalisierten Sängerbetrieb etc.). Nun gegen die wenigen noch verbliebenen landessprachlichen Aufführungen permanent mit immer denselben Argumenten zu Felde zu ziehen, das halte ich für Fanatismus - sorry, aber es ist so!


    Denn wie "hart" in seinem Beitrag schon richtig andeutete: Früher waren landessprachliche Aufführungen völlig selbstverständlich - und in dieser Zeit ging es der Gattung Oper gerade auch bezügich einer möglichst breiten Akzeptanz als Gattung beim Publikum garantiert nicht schlechter als heute! (Auch in dieser Einschätzug bin ich ganz nahe bei "hart".)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Zitat von Stimmenliebhaber: kann von meiner persönlichen Erfahrung her nur sagen, dass ich gerade die Oper in Originalsprache besonders genießen konnte, die ich entweder vorher schonmal in deutscher Übersetzug live erlebt oder zumindest als Aufnahme gehört habe.

    Hier stimme ich völlig mit Stimmenliebhaber überein. Ich habe die meisten der bekannten fremdsprachigen Opern zunächst in deutscher Sprache kennengelernt und habe damals auch immer mir die Texte dazu beschafft und vor der Vorstellung gelesen, um das, was auf der Bühne (oder auch im Rundfunk oder auf Schallplatte) gesungen wurde, besser verstehen zu können. Ich kenne manche der bekannten Arien, Duette oder Chöre heute noch teilweise (in deutscher Sprache) auswendig. Später habe ich dann die Werke in fremden Sprachen kennen und noch intensiver lieben gelernt, wobei ich heute bei weitem die fremdsprachige Version vorziehe, vor allem in den romanischen Sprachen Französisch oder Italienisch, in denen ich allerdings nur wenige Arien im Text auch auswendig kann (z.B. eines meiner Lieblingsstücke: "Nessun dorma").
    Nehmen wir einmal "Rigoletto": Wieviel besser und auf die Musik angepasster klingt z.B. "Bella figlia dell'amore" als das deutsche "Holdes Mädchen sieh' mein Leiden" oder "La donna è mobile" gegenüber "Ach wie so trügerisch"?
    Und bei manchen Übersetzungen habe ich nach Lesen der Texte in der Originalsprache (was ich aber nur bei französischen oder italienischen Texten könnte) festgestellt, dass einige deutsche Übersetzungen wegen der versuchten Anpassung auf die Musik bestimmte Inhalte auch ein wenig verfälschen. Bei der heutigen Möglichkeit von Ober- oder Untertiteln oder auch bei zweisprachig gedruckten Texten hat man aber die Möglichkeit, den fremden Text wörtlich wiederzugeben. Ich habe allerdings bei vielen Untertiteln (Eine Oper mit Übertitel habe ich nur einmal gesehen) festgestellt, dass das auch nicht immer geschieht.
    Auch ich bin der Meinung, dass beides nebeneinander seine Existenzberechtigung hat, zum Kennenlernen, wer nicht gerne die Textbücher studieren möchte, die deutsche Version, zum noch größeren Genuss die fremdsprachige Aufführung.
    Was die Dialoge oder Rezitative in vielen Opern, die meist den wesentlichen Inhalt der Handlung enthalten, betrifft, wäre es sicherlich nicht von der Hand zu weisen, sie im deutschen Raum auch in deutscher Sprache zu geben, damit auch der weniger informierte Zuschauer die Handlung besser versteht.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich denke auch, dass das eine das andere nicht ausschließen muss. Es hängt, glaube ich, auch sehr vom Komponisten ab: in einer Barockoper z.B. glaube ich, dass in vielen Fällen die Verzahnung von Text und Musik weniger eng ist, und der Text häufig sehr floskelhaft und beinahe sinnentleert ist und nur als Aufhänger für virtuose Koloraturen dienen soll, während andere Komponisten bis in die Rezitative hinein eine enge Verknüpfung von Text und Musik vorgenommen haben, um bestimmte Effekte zu erzielen.
    So finde ich zum Beispiel, dass deutsche Übersetzungen von Offenbachs vielschichtigen, sprachverspielten im oft Deutschen eher hölzern klingen (obwohl Offenbach ja auch deutsprachige Libretti vertont hat).
    Verdi finde ich zum Beispiel im Deutschen oft durchaus gut anhörbar, auch wenn ich das sangliche, vokalreiche Italienisch bevorzuge. Die Originalsprache schafft v.a. eine sehr starke Atmosphäre, unabhängig von der Musik, und hat einen ganz eigenen klanglichen Charakter, der in der Übersetzung schwer wiederzugeben ist, selbst wenn der deutsche Text die musikalische Idee in gelungenener Weise zum Ausdruck bringt.

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  • Nehmen wir einmal "Rigoletto": Wieviel besser und auf die Musik angepasster klingt z.B. "Bella figlia dell'amore" als das deutsche "Holdes Mädchen sieh' mein Leiden" oder "La donna è mobile" gegenüber "Ach wie so trügerisch"?
    Und bei manchen Übersetzungen habe ich nach Lesen der Texte in der Originalsprache (was ich aber nur bei französischen oder italienischen Texten könnte) festgestellt, dass einige deutsche Übersetzungen wegen der versuchten Anpassung auf die Musik bestimmte Inhalte auch ein wenig verfälschen.

    Volle Zu - und Übereinstimmung, lieber Gerhard.
    Ganz schlimm im RIGOLETTO ist auch der deutsche Text Duca /Gilda: "Der Gott der Liebe ließ´mich Dich finden, um mein Geschick mit Deinem zu verbinden...
    Wie schön melodiös und geschmeidig klingt doch da: " Ah, inseparabile d’amore il dio stringeva, o vergine, tuo fato al mio!..."
    Im Übrigen verweise ich ergänzend auf m. Btr. 165 hier in diesem Thread.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • So finde ich zum Beispiel, dass deutsche Übersetzungen von Offenbachs vielschichtigen, sprachverspielten im oft Deutschen eher hölzern klingen (obwohl Offenbach ja auch deutsprachige Libretti vertont hat).

    Zum Halbsatz in Klammern: Eben! Und sofort nach der jeweiligen Pariser Uraufführung seiner "Offenbachiaden" (natürlich in der Landessprache seines Publikums) wurden diese überall in Europa nachgespielt - selbstverständlich in der jeweiligen Landessprache, weil das Verstehen des Textes natürlich wichtiger war als alle idiomatischen Fragen.


    Aber wie gesagt: Es ist müßig, immer wieder die gleichen Argumenten hin und her zu schieben - beides sollte weiterhin möglich sein, Originalsprachigkeit und Landessprachigkeit von Oper!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • In meinem lokalen Chor wurde ich 2013 gebeten, den "Messias" mitzusingen. Erstaunt war ich, dass in der tiefsten Provinz (die musikalisch toll sein kann) der Messias auf englisch statt auf deutsch gesungen wurde. Der Messias ist immer schön, auf deutsch oder englisch. Genervt war ich, dass in diesem Chor so viele Aussprachefehler gemacht worden waren. Ich habe mal 5 Semester Englisch studiert und hatte die größte Mühe, die Aussprache zu korrigieren. Allen war z.B. unbekannt, dass es in der klassischen Musik kein englisches -r- gibt, sondern dass es gerollt oder "geschlagen" wird. Der englische Text für ein deutsches Publikum dient nur zur Angabe!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Wenn ich die bisherigen Meinungsäußerungen richtig deute, fällt mir auf, dass viele Opernfreunde die Werke in deutscher Sprache kennengelernt haben. Das lässt wohl darauf schließen, dass sie bereits älter sind, denn heute ist ja die Aufführung Originalsprache weit verbreitet. Ich gehöre auch zu der Fraktion, die jene "Fremdsprachenlose" Zeit erlebt haben. Die Vorstellung, eine Oper in italienischer, französischer, englischer oder gar russischer Sprache zu erleben, war, jedenfalls nach meinem Kenntnisstand, obsolet. Dass heute die Aufführung in der Originalsprache des Werkes üblich ist, habe ich manchmal bedauert, bin aber in der Fürsprache zu dieser Art durchaus bei Hosenrolle1. Gleichwohl kann ich beides nebeneinander dulden, wenn ich, vor allen Dingen, an so manche Wiederveröffentlichung alter Labelschätze mit hervorragenden Interpreten denke. Insofern freue ich mich auf beide Möglichkeiten, Erich aus Wien in seiner Meinung beizupflichten.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich bin inzwischen der Auffassung, dass man die Janacek-Opern auf deutsch spielen muss. Da wir alle kein Tschechisch können, geht uns einfach zu viel verloren. Aber die ungeheure Dramatik der Janacek-Opern kann der deutsche Zuhörer nicht nachvollziehen, womit ein großer Teil der Wirkung verpufft. Außerdem ist in der Regel, dass das Tschechisch, was dort gesungen wird, für Tschechen kaum verständlich ist. Ich zitiere mal Prince Philip, der sagte: "Natürlich ist Englisch die Weltsprache, aber es ist bad English!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich kann unserem Dottore nur beipflichten: Dank seiner Hilfe erschließe ich mir erst jetzt die Werke Janaceks, wenn auch langsam, bedauere aber immer wieder, dass ich da eine Sprache hören muss, die mir idiomatisch nicht zusagt. Übrigens war für mich Russisch auch nur schwer zu ertragen, obwohl ich inzwischen auch da einen Wandel durchmache. Kann also durchaus sein, dass ich meine Meinung bezüglich der tschechischen Sprache (oder polnisch - ist auch für mich schwierig) noch ändere...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich bin inzwischen der Auffassung, dass man die Janacek-Opern auf deutsch spielen muss.


    Nun sind allerdings gerade bei Janacek Sprachmelodie und Musik aufs engste verzahnt, so dass hier wirklich viel verloren geht, wenn man seine Werke auf Deutsch spielt.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Und warum hat sich Janacek für solche "Sprachmelodien" entschieden? Aus idiomatischen Gründen? Nein, weil er wollte, dass die Texte in seinen Opern - im Gegensatz zur italienischen Oper - von seinem Publikum gutmöglichst verstanden werden.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und warum hat sich Janacek für solche "Sprachmelodien" entschieden? Aus idiomatischen Gründen? Nein, weil er wollte, dass die Texte in seinen Opern - im Gegensatz zur italienischen Oper - von seinem Publikum gutmöglichst verstanden werden.

    ... oder weil er wollte, daß seine Musik quasi "im tschechischen Tonfall" spricht? Letzteres wäre mehr oder weniger unabhängig davon, welche Sprache nun tatsächlich gesungen wird, obwohl eine Priorität wohl der Originalsprache zukäme.

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