Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Vielleicht zeigt Mozart dadurch - unabhängig davon ob er nun eine Charakterstudie von Cherubino oder nur eine witzige Verwechslungsszene auf die Bühne bringen wollte - dass er die falsche Susanna zwar schon an sich zieht und dabei auch nicht gleich locker lässt, jedoch sanfter vorgeht, während sie sich recht heftig von ihm losreißt. Die Figuren der Gräfin sind hier deutlich "brutaler".




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zitat von »Dritte Dame«
    Da sie dramaturgisch ja überhaupt keinen Wert hat- es sei denn, Cherubino von einer ganz anderen Seite zu zeigen- wurde sie eventuell auch nur eingeschoben, damit man am Ende alle Personen des Stückes glaubwürdig auf der Bühne zum "Ende gut- Alles gut"- Chor auf der Bühne versammeln kann?


    Das denke ich auch. Schnell noch eine witzige Szene einbauen, gar nicht groß darauf achten, was das über den Pagen aussagt. Vielleicht haben die Autoren hier wirklich nur an die Gräfin gedacht, oder an die Komik der Szene, dass Cherubino hier unwissentlich die Gräfin vor sich hat.



    Es gibt bei YT zwei französischsprachige Aufführungen des Theaterstücks: beide Male ist die Pagenszene im Garten enthalten. Und hier noch ein Auszug aus dem Stück (leider nicht vollständig):


    http://reader.digitale-sammlun…ay/bsb10923781_00236.html


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ach, das warst du mit dem Bild...! Ich erinnere mich, ich hatte ja die ganze Diskussion schon eine Weile verfolgt, und da brach sie auf einmal ab...
    Geht vom Aussehen her schon in die richtige Richtung, aber für meinen Geschmack sollte Cherubino schon ein wenig mehr "Kindchenschema" besitzen.
    Die Verfilmung von Ponelle kanntest Du ja nicht, hattest Du gesagt? Aber Maria Ewing sagt Dir sicher etwas. Sie wäre optisch beinahe .ein perfekter Cherubino: große, braune Kulleraugen, runde Wangen und einen irgendwie immer etwas zerzausten Lockenkopf. Es fehlt nur noch ein Touch dieser leicht "überirdischen" Schönheit... Auch die Darstellung gefiel mir außerordentlich gut. Cherubino soll ruhig noch ein wenig "bengelmäßiges" Verhalten zeigen, er wächst ja aus dieser Position gerade erst heraus!
    Die Stimme ist mir allerdings zu hell. Sie singt wie ein Engel, sie hat eine wunderschöne Stimme, aber Cherubino wünsche ich mir von der Stimmfärbung einfach "maskuliner".
    Es gibt übrigens auf YouTube sowohl das "Non so piu" als auch das "Voi que sapete" dieser Verfilmung. Gerade das "Voi que sapete" ist von der Darstellung her einfach bezaubernd. Der Blick aus diesen großen Rehaugen fließt beinahe über vor Verliebtheit...Nur diese fürchterliche barocke Lockenperücke hätte der Regisseur sich echt verkneifen sollen...

  • Edith Mathis ist vom Aussehen her auch nahezu perfekt! Sie besitzt eben diese etwas abgehobene Schönheit, die ich meine und hat durch ihre großen Augen und den weichen Gesichtszügen auch das entsprechende "Kindchenschema". Aber sie kommt einen Tick zu weiblich 'rüber und ihre Stimme ist ja auch glockenhell...
    Ich besitze übrigens eine DVD mit ihr als Cherubino. Harmloser habe ich die Gartenszene niemals gesehen...

  • Und die perfekte Stimme kam mir gerade in den Kopf! Sophie Koch! Ich weiß leider nicht, ob Cherubino auch zu ihrem Repertoire gehört, ich kenne sie nur als Octavian... Aber diese Stimme wäre für Cherubino perfekt, finde ich! Nur das Aussehen würde hier wiederum nicht hinhauen... Als Octavian überzeugt sie in jeder Hinsicht, stimmlich, optisch und auch von der Darstellung. Gerade ihre Mimik ist wundervoll. Für Cherubino würde aber das Kindliche im Aussehen fehlen...

  • Der Klassiker, der mir sofort in den Kopf kommt, wenn ich an Männer in Frauenkleidung denke ist "Manche mögen's heiß". Da wird "Daphne" ja gleichzeitig von dem alten Millionär und dem kleinen Hotelpagen aufs Heftigste angebaggert. Und ihr Desinteresse macht "sie" für beide nur noch interessanter!

  • Man muss gar nicht für jeden neuen Absatz, den man schreiben will, einen neuen Beitrag aufmachen! :D


    Man kann auch den vorigen zwei Stunden lang editieren, also auch erweitern. :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ach, das warst du mit dem Bild...! Ich erinnere mich, ich hatte ja die ganze Diskussion schon eine Weile verfolgt, und da brach sie auf einmal ab...
    Geht vom Aussehen her schon in die richtige Richtung, aber für meinen Geschmack sollte Cherubino schon ein wenig mehr "Kindchenschema" besitzen.


    Willst du Cherubino nur kindlich sehen? Ich persönlich finde ihn gut, wenn er kindliche Züge noch hat (Babyspeck etc.), aber nicht mehr besonders kindlich wirkt, sondern wie knapp vor der Pubertät, mit angedeutetem reiferen Gesicht. Bei dem Bild habe ich diese Eigenschaften gefunden: das Gesicht hat noch etwas kindliches, gleichzeitig aber auch etwas reiferes, jugendliches fast. Dazu auch solche Details wie etwa das Kinn, das hier nicht "total weiblich" ist, sondern schon ein bisschen "burschenmäßig", dabei aber doch so, dass es auch in weiblicher Verkleidung weiblich aussieht.


    Einen anderen möglichen Cherubino habe ich hier gefunden, die Darstellerin des Peter Pan aus dem gleichnahmigen Stummfilm von 1924.





    ie Verfilmung von Ponelle kanntest Du ja nicht, hattest Du gesagt? Aber Maria Ewing sagt Dir sicher etwas.

    Jep, die Version kenne ich, aber ich muss gestehen, dass ich die Ewing schon als junge (wie in diesem Film) irgendwie gruselig finde, gerade die Augen, die sie da aufreißt, dazu der starre Blick, und dass sie sich hier (sicher auch bedingt durch die Regie, die Großaufnahme) praktisch gar nicht bewegt.



    Edith Mathis ist vom Aussehen her auch nahezu perfekt! Sie besitzt eben diese etwas abgehobene Schönheit, die ich meine und hat durch ihre großen Augen und den weichen Gesichtszügen auch das entsprechende "Kindchenschema". Aber sie kommt einen Tick zu weiblich 'rüber und ihre Stimme ist ja auch glockenhell...


    Vor allem habe ich immer im Hinterkopf, dass ich sie auch als Susanna gesehen habe, und dieses Bild noch im Kopf habe - zuerst im Kleid "Deh vieni non tardar" singen, und dann selbst von einer anderen Susanna auf der Gitarre begleitet werden? Ich finde sie als Susanna auch glaubhafter, oder wenn sie burschikose Frauen spielt (wie etwa das Ännchen in diesem Freischütz-Film aus den 60ern),


    Hier unterscheiden sich unsere Definitionen von Wörtern wie "glockenhell" auch, denn für mich klingt sie ziemlich tief, manche Stellen (wie etwa das "me" in "fuori di me" klingen irgendwie sehr knödelig und gepresst) gefallen mir gar nicht. Deswegen versuche ich in Rezensionen immer anhand von Klangbeispielen klar zu machen, was MEINE Definition bestimmter Wörter ist, damit die Leser wissen, was ich meine, wenn ich diese Wörter benutze.
    Jetzt weiß ich z.B., was du mit "glockenhell" meinst, wie deine Definition davon ist; wenn du das in Zukunft wieder sagst, dann habe ich eine Referenz, was du darunter verstehst, und kann mir ein besseres Bild machen :)



    Ich besitze übrigens eine DVD mit ihr als Cherubino. Harmloser habe ich die Gartenszene niemals gesehen...


    Da frage ich mich immer, ob das auch den damaligen Zeiten geschuldet war, dass Dinge nicht eindeutiger gezeigt werden durfte. Ich bin ja froh, in der heutigen Zeit zu leben, wo die Kunst mehr Freiheiten hat. Aber das ist ein schwieriges Thema ... ich lehne im negativen Sinne verstaubte und biedere Inszenierungen ab, bin aber auch dagegen, dass man die heutigen Freiheiten voll ausnutzt, um einen halben Porno auf die Bühne zu bringen. Dass man etwas zeigen DARF und KANN heißt nicht, dass man es um jeden Preis auch voll ausreizen muss.


    Ein konkretes (erfundenes) Beispiel: wenn ein Regisseur zeigt, dass die Gräfin und Cherubino sich mit schmachtenden Blicken nähern und sich beinahe küssen, die Lippen nah beieinander, dann denke ich mir, dass so etwas in den 50ern vermutlich nicht in der Form möglich gewesen wäre. Vielleicht wäre es doch möglich gewesen, ich lasse mich da gerne anhand konkreter Beispiele eines besseren belehren, aber die alten Versionen, die ich gesehen habe, halten sich doch sehr stark zurück.


    Wenn der Page in der Inszenierung aber die Gräfin angrapscht und sie sich gegenseitig die Kleidung vom Leib reißen (ist jetzt nur ein bewusst extremes, erfundenes Beispiel!), dann habe ich nur das Gefühl, dass es nur darum ging, die Freiheit, sowas zu zeigen, voll auszunutzen. Nach dem Motto "Wir dürfen das, also machen wir es auch".


    Oder ein anderes, weniger extremes Beispiel: Salome.


    Ich weiß nicht ob es möglich gewesen wäre, in den 30ern, 50ern oder 60ern etwa Salome nackt, oder oben ohne auf der Bühne zu zeigen, selbst wenn es noch so geschmackvoll inszeniert worden wäre. Heutzutage ist das aber kein Problem, und darüber bin ich auf jeden Fall froh. Nur sollte es halt doch geschmackvoll sein, WENN man es so macht, und nicht wieder nach dem Motto "Wir zeigen alles, weil wir können, nicht weil wir meinen dass es künstlerisch Sinn macht".


    (Damit man mir jetzt nicht vorwirft, dass ich auf die gute alte Zeit schimpfe; was das Kino betrifft, so gab es im amerikanischen Film eine bestimmte Ära, die man "Pre-Code" nennt. Die dauerte, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, von 1930-1934. In dieser Zeit gab es in sehr vielen Filmen sehr viele "unanständige" Sachen, da wurde Alkohol getrunken, auf Gott und die Kirche geschimpft, viel nackte Haut gezeigt, da ging es um Prostituierte, um Drogen, und es gab sehr viele sexuelle Anspielungen, in Worten und in Gesten, und es wurde - o Graus! - vor der Ehe mit mehreren Männern geschlafen.


    Dann kam der sogenannte "Hays-Code" auf, der alle diese Dinge in Filmen verboten hat. Übelste Zensur. Die "Pre-Code"-Filme sind also die, die VOR diesem Hays-Code entstanden sind, und viel mehr Freiheiten genossen. Also damals konnte es durchaus zur Sache gehen.
    Hier geht es aber natürlich um Filme, nicht um Opernaufführungen; mir ging es nur darum zu zeigen, dass man nicht generell sagen sollte, dass alte Sachen automatisch auch bieder und verklemmt sind. Wie gesagt, ich lasse mich bezüglich der Opernaufführungen gerne anhand konkreter Beispiele eines besseren belehren!




    LG,
    Hosenrolle1

  • Der Klassiker, der mir sofort in den Kopf kommt, wenn ich an Männer in Frauenkleidung denke ist "Manche mögen's heiß". Da wird "Daphne" ja gleichzeitig von dem alten Millionär und dem kleinen Hotelpagen aufs Heftigste angebaggert. Und ihr Desinteresse macht "sie" für beide nur noch interessanter!


    Eben das meine ich - vielleicht wollten sie einfach nur eine witzige Szene auf die Bühne bringen, wo jemand sich verkleidet, und jemand anderer, für den die Verkleidung gar nicht gedacht ist, der nicht eingeweiht ist, fällt darauf herein und nervt.


    Ich glaube auch irgendwie nicht, dass das Publikum von damals sich wirklich Gedanken darüber gemacht hat, was Cherubino da sagt, so wie viele Autoren das heute tun. Damals fand man die Szene vielleicht witziger als heute; sollte die Szene tatsächlich einfach nur witzig gemeint sein und auf Lacher beim Publikum abzielen, dann wäre das einer der Fälle, wo ich finde, dass die Oper nicht so gut gealtert ist, weil wir uns doch weiterentwickelt haben seitdem, speziell was Frauenrechte angeht.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Dieser Peter Pan wäre mir wiederum vom Aussehen zu kindlich... Aber wäre beispielsweise als Hänsel prima. Ich
    Und nein, natürlich will ich Cherubino nicht nur kindlich sehen, er ist ja im Grunde auch kein Kind mehr. Und er steht meiner Meinung nach auch nicht kurz vor der Pubertät, sondern er pubertiert bereits, wenn er da auch noch in den Anfängen steckt. Er sagt ja selber, dass die Gefühle, die ihn da nicht mehr loslassen wollen für ihn "neu" und "nicht fassbar" sind. Aber er steht eben mit einem Bein noch in der Kindheit und auch die Umwelt behandelt ihn so: es fallen permanent Ausdrücke wie Bengel, Schlingel, Schelm usw. (Mal mehr, mal weniger freundlich gemeint.), es werden ständig Diminutive benutzt, wenn die Rede auf ihn kommt oder er angesprochen wird, er liefert sich mit Susanna eine Verfolgungsjagd durchs Zimmer, man verpflastert ihm eine Wunde usw.
    Von daher finde ich schon, dass er vom Aussehen her noch etwas Kindliches besitzen sollte und eben auch in seinem Verhalten zum Ausdruck kommen sollte, dass er die Kindheit eben noch nicht ganz hinter sich gelassen hat!

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  • Das sind gute Argumente ... was wäre dir wichtiger, dass er kindlicher aussieht, oder sich kindlicher (nicht kindischer!) verhält?



    LG,
    Hosenrolle1

  • Das ist so pauschal schwierig zu sagen... Kindliches Verhalten kann ja schnell überzogen oder einfach albern wirken, wenn das Aussehen nicht passt. Ich komme noch einmal auf Sophie Koch zurück ( Übrigens gehört Cherubino auch zu ihrem Repertoire, habe das rasch mal recherchiert...). Es würde vom Aussehen her einfach nicht passen, wenn sie sich auf diese Art kindlich verhält, wie ich es bei Cherubino gerne sehe. Ich denke, es würde einfach merkwürdig wirken, wenn sie/ er von Susanna abgekitzelt würde oder sich von ihr durchs Zimmer verfolgen lässt.
    Bei Liliana Nikiteanu wirkt das alles authentisch. Nicht zuletzt sicher deswegen, weil sie klein ist und sehr jungenhafte Gesichts züge besitzt...

  • Als "Universalinteressierter" der in vielen Threads schnuppert habe ich die bisherigen Diskussionen oft nur rudimentär verfolgt. Aber: Hat jemand von Euch die Personenbeschreibung von Cherubino (dort heisst er übrigens Cherubim)des Autors -nein nicht DaPonte, sondern Baumarchais - gelesen ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dieser Peter Pan wäre mir wiederum vom Aussehen zu kindlich.


    Wobei mir da gerade einfällt, dass im Roman gesagt wird, dass Peter Pan noch seine Milchzähne hat.


    Witzig ist auch, dass einige ziemlich alte Peter Pan-Illustrationen die Figur als sehr feminin zeigen, obwohl man beim Zeichnen keine Einschränkungen hat und man ihn als echten Jungen zeigen könnte. Ein Beispiel ist das hier von 1912 oder so:




    Mit den roten Lippen, den dünnen geschwungenen Augenbrauen und der rosigen Gesichtsfarbe wirkt der doch überhaupt nicht wie ein Junge, besonders im oberen Bild schaut es doch so aus, als ob da zwei Mädchen sich unterhalten, wobei eines verkleidet ist, oder?





    LG,
    Hosenrolle1

  • Und was die Freiheit in der Darstellung betrifft:
    Da fallen mir spontan gleich verschiedene Wagner-Inszenierungen ein... Gerade der "Ring" fordert ja dazu heraus, ein Höchstmaß an Sex auf die Bühne zu bringen, einfach "weil man es darf". Und wenn sich dann permanent knutsc hend und fummelnd am Boden gewälzt wird, hat das mit Kunst auch nicht mehr allzu viel zu tun , finde ich. Das löst bei mir ab einer gewissen Grenze eher ein Gefühl von Fremdschämen aus. Und nicht etwa, weil ich total verklemmt und spießig bin.
    Es kann außerdem sterbenslangweiligsein, wenn absolut nichts mehr der Fantasie überlassen bleibt!
    Hier muss nun als Beispiel auch noch einmal der Rosenkavalier herhalten. Die Oper beginnt ja mit dem Morgen nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht. Nun ist es aber mehr als albern, wenn dann beide komplett angezogen eng umschlungen miteinander im Bett liegen,wie ja in älteren Inszenierungen oft der Fall. Da drängt sich mir ( und sicherlich nicht nur mir.) halt sofort der Gedanke auf: Wie sollen die das denn gemacht haben?
    Aber es reicht doch völlig aus- und ist auch wesentlich charmanter, wenn einfach angedeutet wird, was passiert ist. Am besten gefiel mir da ein Auszug der Anfangsszene aus einem rumänischen Opernhaus: Da trägt sie ein langes,weißes Nachthemd (wie ja damals auch üblich) und Octavian ein weißes Männeroberhemd. Das reicht völlig aus, um nicht albern zu wirken, einen Touch von Erotik, die da in der Luft liegt ins Spiel zu bringen und dabei geschmackvoll zu bleiben...

  • Zu Deinem Bild von Peter Pan: Du wolltest doch wissen, ob ich mir diese Darstellerin als Cherubino vorstellen könnte! Dafür fände ich sie zu kindlich, aber als Peter Pan geht sie gut durch.
    Und was die Illustrationen angeht: Ich musste spontan an "Däumelinchen" denken...

  • @ Hosenrolle 1: Hattest Du die Beschreibung Cherubins nicht zwischendurch gepostet? War das der Text, der damit begann, dass "Cherubin nur von einer jungen, hübschen Frau gespielt werden kann"? Und war die Beschreibung vollständig oder nur ein Auszug? Wenn das der Fall ist, könntest Du sie dann einmal vollständig Posten, damit ich auch im Bilde bin?

  • Gerade der "Ring" fordert ja dazu heraus, ein Höchstmaß an Sex auf die Bühne zu bringen, einfach "weil man es darf".


    In gewisser Weise ja, wobei ich hier sehr viel kritischer bin, weil Wagner seine Regieanweisungen mit der Musik sehr genau synchronisiert. Eine Sexszene wird angerissen am Ende des 1. Aktes Walküre, wo rechtzeitig der Vorhang fällt. Da ist natürlich die Frage, ob er den Vorhang fallen ließ, weil ein knutschendes oder übereinander herfallendes Geschwisterpaar heftigen Ärger gegeben hätte, oder ob er das auch so gemacht hätte, wenn er keine Probleme zu befürchten hatte.
    In diesem Fall wäre ich aber auch dafür, dass man den Vorhang genau da fallen lässt, wo Wagner das tut, ebenfalls nicht deswegen, wiel ich prüde bin, oder ein Moralapostel ("Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen", Helmut Qualtinger), sondern wegen der Synchronisation mit der Musik.


    Es kann außerdem sterbenslangweiligsein, wenn absolut nichts mehr der Fantasie überlassen bleibt!


    Ganz deiner Meinung. Ich bin generell auch ein Freund davon, wenn man trotz der Freiheiten, die man hat, sich auf kleine Dinge beschränkt; Blicke oder Gesten können meist viel mehr aussagen als bloßes Gefummel oder nackte Körper (zugegeben, im Theater oder der Oper sieht man solche Details natürlich schlechter, wenn man weiter hinten oder oben sitzt!), und sind für mich auch wirkungsvoller. Man KÖNNTE mehr zeigen, tut es aber nicht, sondern beschränkt sich auf kleinere, aber wirkungsvolle Dinge.
    WENN es aber zum Fummeln oder zur Nacktheit kommt, dann bin ich ebenfalls der Meinung, dass man das geschmackvoll inszenieren sollte. In meinem Salome-Thread habe ich eine Aufführung mit Nicola Beller Carbone besprochen, wo sie den Schleiertanz performt. Da wird viel mit riesigen halbdurchsichtigen Tüchtern gearbeitet, und am Ende verschwindet sie zeitweilig hinter einem blickdichten Tuch, und kommt dann langsam komplett nackt aus den halbdurchsichtigen Tüchern heraus und zeigt sich kurz dem Herodes. Das fand ich geschmack- und fantasievoll inszeniert, wie die Tücher den Körper umspielen, und dieses Spiel mit der Erwartung, was passieren wird, etc.
    Es hat nicht wie ein billiger Effekt, wie reine voyeuristische Fleischbeschau gewirkt, sondern tatsächlich wie eine Performance, wie Kunst eben. In diesem Fall fand ich die Freiheit, sowas zu zeigen, gut genutzt (und nicht ausgenutzt).


    Hier muss nun als Beispiel auch noch einmal der Rosenkavalier herhalten. Die Oper beginnt ja mit dem Morgen nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht. Nun ist es aber mehr als albern, wenn dann beide komplett angezogen eng umschlungen miteinander im Bett liegen,wie ja in älteren Inszenierungen oft der Fall.


    Dazu habe ich mir die Regieanweisung in der Partitur angesehen. Dort steht:


    Octavian kniet auf einem Schemel vor dem Bett und hält die Feldmarschallin, die im Bett liegt, halb umschlungen. Man sieht ihr Gesicht nicht, sondern nur ihre sehr schöne Hand und den Arm, von dem das Spitzenhemd abfällt.



    Hattest Du die Beschreibung Cherubins nicht zwischendurch gepostet? War das der Text, der damit begann, dass "Cherubin nur von einer jungen, hübschen Frau gespielt werden kann"? Und war die Beschreibung vollständig oder nur ein Auszug? Wenn das der Fall ist, könntest Du sie dann einmal vollständig Posten, damit ich auch im Bilde bin?


    Mein Zitat war vollständig.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zum Beginn des Rosenkavaliers: Diese Regieanweisung, explizit das Knien auf dem Schemel finde ich total merkwürdig und irritierend. Welche Bewandtnis soll das haben? Mir kommt dabei nur in den Kopf: Wer macht so etwas und warum? Wenn die beiden gerade eine leidenschaftliche Liebesnacht zusammen verbracht haben, sollte man doch davon ausgehen, dass sie nebeneinander, wahrscheinlich sogar in inniger Umarmung, denn sie sind ja offenbar noch ganz frisch verliebt, eingeschlafen sind, oder? Umso merkwürdiger, wenn man bedenkt, dass Strauss selber geäußert hat, die Ouvertüre würde die vergangene Nacht schildern. Die ist ja auch "stürmisch bewegt" wird dann irgendwann ganz sanft und klingt mit diesem wunderschönen Motiv in den Violinen aus, das Octavian immer begleitet, wenn ihn zärtliche Gefühle bewegen... Es gibt keine musikalische Unterbrechung zwischen der Ouvertüre und dem Beginn des ersten Aktes, dieser Übergang ist fließend und man hört im Orchester sogar die Vögel draußen singen. Musikalisch wirkt es auf mich eindeutig: Es ist nun Morgen, und die beiden wachen gemeinsam auf.
    Warum sollte er also auf einem Schemel knien?!?

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  • Zu Deinem Beispiel aus Salome: Was Du da beschreibst, klingt ästhetisch und eben nicht plump pornographisch! Außerdem ist der Tanz der sieben Schleier ja Teil der Handlung, Salome legt es bewusst darauf an, Herodes "scharf" zu machen. Da wirkt das ganze auch eben nicht an den Haaren herbei gezogen.
    Nacktheit ist eben nicht gleich Nacktheit.
    Genauso muss man auch nicht zwangsläufig nackte Körper auf der Bühne zeigen, um ins Ordinäre abzusinken.
    Nimm einmal als Beispiel die Szene zwischen Cherubino und Susanna aus der Harnoncourt- Aufführung, die Du gepostet hast:
    Cherubinos Annäherung an Susanna ist da ganz eindeutig erotischer Natur. Er kommt ihr sehr nahe, streicht mit den Finger über ihren Körper, bringt sein Gesicht an ihren Hals, versucht, einen lasziv- verführerischen Klang in seine Stimme zu legen usw.
    Wäre der Regisseur nun einen Tick weiter gegangen, hätte Cherubino Susanna beispielsweise an Busen oder Po berührt, ihren Hals geküsst oder sich mit den Hüften an sie gedrängt, wäre die ganze Situation ins Vulgäre abgedriftet und hätte auf mich nur noch abstoßend gewirkt...
    So aber charakterisierte diese Szene, wie ich finde, Cherubino sehr treffend, und es ist deutlich, was er hier gerade versucht: Nämlich das Verhalten eines ( erwachsenen!) Mannes nachzuahmen und Susanna damit zu beeindrucken. Aber er ist nun einmal noch lange nicht erwachsen, und gerade auch durch seine Mädchenstimme wirkt alles eben liebenswert unbeholfen, niedlich halt!
    Wäre er übergriffig geworden, so hätte alles eine ganz andere Wirkung gehabt!

  • Übrigens steht am Ende des ersten Aktes der "Walküre" als Regieanweisung nach Siegmunds letztem Satz lediglich "zieht sie mit wütender Glut ab sich". Dann fällt der Vorhang... Nun bleibt es natürlich dem Regisseur überlassen, was er unter "wütender Glut" versteht und wie er das auf die Bühne bringen will, aber es klingt für mich auch nicht zwangsläufig so, als hätte Wagner da im Kopf gehabt, dass die beiden sich auf den Boden werfen und sich hemmungslos die Kleider vom Leib reißen ;) Aber natürlich zeigt er da auch ein Geschwisterpaar beim bevorstehenden Inzest, und ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie vorsichtig Wagner da bei der Darstellung sein musste...
    Aber auch Brünnhilde stürzt sich am Ende von "Siegfried nur "jubelnd in seine Arme."
    Sie ist allerdings seine Tante. Ich weiß nicht, ob andere da eine schnellere Auffassungsgabe haben als ich, aber mir wurde das erst klar, als ich einmal bewusst versucht habe, mir diese ganzen, schon zeus- verdächtigen Verwandtschaftsbeziehungen vor Augen zu führen, die da im "Ring" herrschen. Ob Wagner es bewusst war, dass sich hier ein weiterer "Inzest" anbahnt? Setze es inAnführungszeichen, denn vom Gesetz her, ist der Sex nur zwischen Verwandten in "auf- und absteigender" Linie strafbar... Aber es bleibt halt in der Familie ;)

  • Zum Beginn des Rosenkavaliers: Diese Regieanweisung, explizit das Knien auf dem Schemel finde ich total merkwürdig und irritierend. Welche Bewandtnis soll das haben?


    Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man hier nicht mehr zeigen wollte (vielleicht auch den damaligen Sängerinnen nicht "zumuten" wollte, intimer miteinander umzugehen; Marie Wittich, die Uraufführungs-Salome, meinte zu ihrer Partie "Sowas singe ich nicht", während sich heute keiner mehr über diesen Text aufregt). Damals war man ja, zumindest nach außen hin, wesentlich prüder.


    Nimm einmal als Beispiel die Szene zwischen Cherubino und Susanna aus der Harnoncourt- Aufführung, die Du gepostet hast(...)


    Das ist auch ein gutes Beispiel. Es ist auf jeden Fall ein großer Vorteil, dass Regisseure mehr Freiheiten haben, und hier finde ich auch, dass man diese Freiheit gut genutzt hat: keine plumpe "Provokation", aber auch kein verklemmtes Herumstehen.


    Aber natürlich zeigt er da auch ein Geschwisterpaar beim bevorstehenden Inzest, und ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie vorsichtig Wagner da bei der Darstellung sein musste...


    Mich wundert eh, dass so ein Stoff damals überhaupt möglich war, vermutlich gab´s eh Gegner, die sich darüber aufgeregt haben. Vielleicht konnte Wagner sich damit herausreden, dass er hier die Nibelungensage auf die Bühne bringt, und Sigmund und Sieglinde zur Hälfte von einem Gott gezeugt wurden. Ich las, dass die Götter Isis und Osiris, die ja in der Zauberflöte besungen werden, ebenfalls Bruder und Schwester waren.


    Sie ist allerdings seine Tante. Ich weiß nicht, ob andere da eine schnellere Auffassungsgabe haben als ich, aber mir wurde das erst klar, als ich einmal bewusst versucht habe, mir diese ganzen, schon zeus- verdächtigen Verwandtschaftsbeziehungen vor Augen zu führen, die da im "Ring" herrschen. Ob Wagner es bewusst war, dass sich hier ein weiterer "Inzest" anbahnt?


    Da bin ich mir sicher. Eigentlich müsste auch Wotan wissen, was passieren wird: Brünnhilde sagt zu Wotan am Ende ja, dass nur Sieglindes Kind sie aus dem Feuerring befreien soll - direkter gesagt, ihr Neffe soll sie befreien und als Frau haben. Das muss Wotan bewusst sein (und man hört an dieser Stelle auch schon das spätere Siegfried-Motiv). Nebenbei, er muss ja von Fricka aus den Inzest zwischen Siegmund und Sieglinde bestrafen, am Ende aber gibt er grünes Licht für die bevorstehende Verbindung zwischen Tante und Neffe. Mich würde ja interessieren, ob er dabei wieder an Fricka denkt, und was die dazu sagen wird, aber davon erfährt man nichts mehr.




    LG,
    Hosenrolle1

  • @ Kinderstück! Deinen Kommentar habe ich irgendwie überlesen, tut mir leid! Wie meinst Du das, dass die beiden "kein Liebespaar auf Augenhöhe seien"? "Nur" des hohen Altersunterschiedes wegen? Oder doch eher vom Charakter der beiden?

  • Und noch einmal zum Präsentieren nackter Haut auf der Bühne: In der Ponelle- Verfilmung wird Cherubino in der Verkleidungsszene komplett ausgezogen! Man sieht ihn natürlich nicht nackt, er steht versteckt hinter so einer Art Kleiderpuppe. Das Ganze wirkte auf mich aber gar nicht erotisch, sondern im Gegenteil peinlich und für Cherubino herabwürdigend. Es ist hier nämlich ganz offensichtlich, dass die Gräfin auch Interesse an Cherubino hat, das wird im Vorfeld überdeutlich gezeigt durch Gesten, Blicke usw. Susanna tut dies also offensichtlich, um die Gräfin zu erfreuen, die auch immer wieder neugierige Blicke ins Kabinett wirft, wohin Susanna mit ihm verschwunden ist... Man sieht sogar, dass Cherubino sich teilweise gegen Susannas Übergriffigkeit wehrt, indem er ihr eines seiner Kleidungsstücke wieder aus den Händen zu reißen versucht.
    Man darf jetzt natürlich nicht allzu sehr darüber nachdenken, wie Susanna, die in diesem Falle fast einen Kopf kleiner ist als Cherubino, es schafft, einen größeren Jungen, der sich ganz offensichtlich dagegen sträubt, komplett zu entkleiden...
    Wieder einer dieser Fälle, in denen ich gerne einmal den Regisseur Fragen würde, was damit ausgesagt werden sollte. Auf mich wirkte das ganze wie eine bewusste Erniedrigung Cherubinos, und dadurch, dass Maria Ewing ja durch ihr Aussehen so extrem jung herüberkommt, hatte es schon irgendwie etwas Pädophiles- da mag Cherubino für die Gräfin schwärmen, so viel er will..

  • Ich habe gerade auf einer französischsprachigen Seite eine sehr interessante Interpretation einer kleinen Geste gelesen, die sowohl bei Beaumarchais als auch bei Mozart vorkommt. Zu finden HIER.


    Die Gräfin möchte ja das Band, das Cherubino gestohlen und sich damit den Arm verbunden hat, wieder zurückhaben, und meint, dass sie es "wegen der Farbe" nicht gerne missen möchte, und weist Susanna an, ein anderes Band zu holen (darauf hast du schon aufmerksam gemacht).


    Laut der Interpretation möchte die Gräfin ihr Band aber nicht wirklich deswegen zurück haben, weil es ihr an sich wichtig ist, sondern vielmehr, weil Cherubino es an seinem Körper getragen hat, und wenn sie es wieder bekommt, dann erlaubt ihr das einen - wenn auch indirekten - verbotenen Kontakt mit dem Pagen.


    Hier die Stelle im Original, und dann in einer automatischen (und deswegen natürlich nicht perfekten) Übersetzung:


    Zitat

    Le page a volé le ruban à la comtesse, elle veut le reprendre, non pas tant parce qu’elle tient à l’objet que parce qu’il a été en contact avec le corps de Chérubin. Par ailleurs, quand elle évoque une "égratignure... de mes femmes", on comprend bien, dans l’hésitation, que c’est de son propre corps qu’il s’agit.
    Le ruban incarne ainsi un contact interdit, il permet l’aveu, à demi-mots, du désir.


    Der Page hat der Gräfin das Band gestohlen, sie will es zurücknehmen, nicht so sehr, weil sie sich um das Objekt kümmert, sondern weil es in Kontakt mit Cherubins Körper stand. Wenn sie sich außerdem auf einen "Kratzer... meiner Frauen" bezieht, so wird im Zögern deutlich, dass es um ihren eigenen Körper geht.
    Das Band verkörpert damit verbotenen Kontakt, es erlaubt die Aufnahme, halbe Worte, der Begierde.


    Das mit dem "Kratzer ... meiner Frauen" bezieht sich auf diese Textstelle im Original:


    À la première égratignure… de mes femmes, j’en ferai l’essai.


    Leider verstehe ich nicht, was das genau bedeuten soll; die Übersetzung sagt "den ersten Kratzer ... meiner Frauen, ich versuche es mal". Sehr eigenartig.
    Aber das mit dem Band habe ich so noch gar nicht gesehen. Was hältst du davon?



    Weiter heißt es im Text:


    Zitat

    Cette scène d’aveu, incomplète sur le plan des paroles, se joue bien plus profondément encore dans les gestes, les attitudes. Chérubin, poussé par Suzanne, est à genoux, attitude classique de la déclaration d’amour.
    Si la comtesse lui coupe d’abord la parole, refusant en quelque sorte la communication, on observera qu’une autre communication se fait, celle des corps. Un contact physique (la comtesse soignant le bras du page) est l’horizon de cette scène érotisée par le face-à-face, par le costume du page (à demi-dénudé), et surtout par la circulation de l’objet symbolique, taché de sang comme pour mieux incarner les corps qu’il a touché.


    Diese in Worten unvollständige Beichtenszene wird in Gesten und Haltungen noch tiefer ausgespielt. Cherubin, von Suzanne gedrängt, kniet auf Knien, klassische Haltung der Liebeserklärung.
    Wenn die Gräfin das Wort abschneidet und sich weigert, in irgendeiner Weise zu kommunizieren, werden wir feststellen, dass eine andere Kommunikation stattfindet, die der Körper. Ein physischer Kontakt (die Gräfin, die sich um den Arm des Pagen kümmert) ist der Horizont dieser Szene, erotisiert durch das Angesicht zu Angesicht, durch das Kostüm der Seite (halb entblößt), und vor allem durch die Zirkulation des symbolischen Objekts, gefärbt mit Blut, als ob man die Körper, die er berührte, besser inkarnieren könnte.


    Das bezieht sich auf die Szene danach, als die Gräfin und Cherubino alleine sind. Er kniet laut Anweisung von Beaumarchais immer noch vor ihr, und kurz bevor der Graf kommt trocknet sie ihm die Tränen. Die "Beichte", von der hier die Rede ist, bezieht sich auf den Satz des Pagen, dass er sie küssen möchte; das findet sich auch bei Mozart.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Und noch einmal zum Präsentieren nackter Haut auf der Bühne: In der Ponelle- Verfilmung wird Cherubino in der Verkleidungsszene komplett ausgezogen! Man sieht ihn natürlich nicht nackt, er steht versteckt hinter so einer Art Kleiderpuppe. Das Ganze wirkte auf mich aber gar nicht erotisch, sondern im Gegenteil peinlich und für Cherubino herabwürdigend.


    Ich fand das auch ziemlich lahm umgesetzt, denn es zeigt weder das, was in der Partitur steht (nämlich das Kämmen, und das Susanna ihm zeigt, die Haltung einer Frau einzunehmen), noch zeigt es das, was üblicherweise getan wird, nämlich ihn zu verkleiden. Natürlich muss eine Inszenierung nicht diese Tradition fortsetzen, aber die Alternative hier finde ich auch ziemlich plump.


    In dem Buch "Handlungsräume des Weiblichen", in der es um die Frauenfiguren in Mozarts Opern geht (und das aber leider mehrere inhaltliche Fehler aufweist), wird diese Inszenierung ebenfalls angesprochen.


    Zitat

    Jean-Pierre Ponnelle verzichtet in seiner Inszenierung in der Aufnahme unter Karl Böhm (1976/1988) auf die erotische Wirkung Cherubinos (Maria Ewing) und legt den Schwerpunkt auf das Aus- und nicht auf das Umkleiden. Cherubino zieht sich im Kabinett aus und ist von der Gräfin und vom Publikum nicht zu sehen. Nur Susanna (Mirella Freni) sieht ihn und wirft jedes ausgezogene Kleidungsstück in den Salon der Gräfin (Kiri Te Kanawa). Wenn er dann erscheint, ist er nicht als Mädchen verkleidet, sondern noch mit Strumpfhose und seinem Hemd bekleidet.


    Nebenbei, Susanna misst sich bei Mozart mit Cherubino und meint, dass sie die gleiche Größe haben, denn da ist geplant, dass er ihr Kleid anziehen soll. Dazu kommt es bei Mozart ja nicht mehr, und es ist auch egal, ob es in einer Inszenierung passiert oder nicht, aber wenn der Größenunterschied Cherubino-Susanna zu stark ist, dann würde ihr Satz "Wir haben die gleiche Größe" unfreiwillig komisch wirken, glaube ich :D




    LG,
    Hosenrolle1

  • Das finde ich einen hoch interessanten Gedanken! Sie tut also das gleiche wie Cherubino, der ja das Band aus eben diesem Grunde behalten möchte!
    Übrigens (das wird mir zum ersten Male bewusst) hat Cherubino tatsächlich mit keiner Silbe gesagt, das Band könne seine Wunden heilen! Dieses kindliche magische Denken unterstellt ihm lediglich die Gräfin, als sie seinen Satz für ihn beendet und ihn damit wieder in die Position eines kleinen Jungen drängt...
    Schade, dass sie ihn nicht hat ausreden lassen!

  • Die Bemerkung mit dem Kratzer finde ich eindeutig! Sie sagt "Beim ersten Kratzer..." dann unterbricht sie sich, weil ihr offenbar auffällt, was sie da gerade sagen wollte und fährt fort "meiner Frauen werde ich es versuchen und dann werden wir es sehen!" Sie wollte aber ursprünglich sagen (daher unterbricht sie sich an dieser Stelle), "an MIR werde ich es versuchen!"
    Sie hat also das gleiche vor wie Cherubino, eben mit dem Band ihre nächste Verletzung zu umwickeln, damit es ihre Wunde heilt- weil er es zuvor getragen hat!!
    Ach, warum nur gibt es hier keinen Smily mit Herzchen in den Augen?!?
    Wenn das keine wunderschöne Liebeserklärung ist, dann weiß ich auch nicht...
    Schade, dass die Gräfin bereits mit so einem Ekelpaket verheiratet ist!
    Und das eine Liaison mit Cherubino laut Strafrecht unter "Missbrauch von Schutzbefohlenen" fallen würde... ;) u

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