Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Ja, ist schon so... Teil drei macht da wohl endgültig alles zunichte, was sich in Teil zwei an "glücklichen Gedanken" so anbahnte... Und schwanger nach nur einer Nacht? Nicht einmal eine kleine Affäre? Armer Cherubino... Dafür lässt du dein Leben?
    Wobei am Ende von Teil drei, soweit ich mich erinnere, Léon und Florestine ( oder Florentine) tatsächlich zusammenkommen...
    Ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass die beiden den Anfang zu einer besseren Welt machen werden- wie Sophie und Octavian am Ende des "Rosenkavaliers"?
    Da gibt es übrigens eine wunderschöne Interpretation der Schlussszene in meiner Traumbesetzung (Sophie Koch und Diana Damrau). Nach ihrem Schlussduett verlassen die beiden die beiden die Bühne nicht, sondern legen sich nebeneinander Hand in Hand auf den Boden, die Gesichter einander zugewandt. Sophie hat noch immer die Silberrose aus dem zweiten Akt in der Hand, die beiden führen ihre äußeren Hände nun zusammen, so, dass sie gemeinsam die Silberrose über sih halten.
    Der Diener ( der normalerweise allein noch einmal die leere Bühne betritt), tritt auf, betrachtet die beiden und zieht ihnen dann die Silberrose aus den Fingern. Er blickt sie verächtlich an, dann wirft er sie auf den Boden.
    Aus seinem Ärmel zieht er nun eine echte, rote Rose und schiebt sie den beiden ganz sanft zwischen ihre ineinander verschlungenen Hände.
    Er zieht den Vorhang zu...
    Kitschig? Ich fand es wunderschön...

  • Und schwanger nach nur einer Nacht? Nicht einmal eine kleine Affäre?


    Ich habe es jedenfalls so verstanden, dass es nur eine Nacht war. (Wobei, bei "Die Walküre" war es ähnlich: Sieglinde war jahrelang mit diesem Hunding verheiratet, und da gab´s kein Kind, aber als Siegmund auftaucht, ist sie sofort schwanger)


    Aber genau weiß ich es nicht. Ich weiß nur, dass sie ihn verbannt - aber auch hier nicht, WANN sie das tut. Nach dem ersten Mal? Nach einiger Zeit? Erst nachdem sie ihr Kind bekommen hat?


    Die Schlussszene vom Rosenkavalier klingt auch schön, aber was das bedeuten soll kann ich als Nicht-Kenner natürlich nicht sagen. Wieso mussten die beiden dafür auf dem Boden liegen? Hat keine andere Figur schräg geschaut dabei?



    Ich habe vor einiger Zeit eine Version von "Venite, inginocchiatevi" gefunden, mit einem Cherubino, den ich als Cherubino gut fand, nur die Verkleidung ist ein bisschen zu übertrieben. Die Inszenierung ist modern, die Aufführung offenbar von einer kleinen Opernschule, also nichts Großes. Aber mit seinen Hosen, den Schuhen und dem Shirt sowie den echten(!) kurzen Haaren fand ich ihn schon sehr burschikos. Was denkst du von ihm als "Mann" und dann als Frau verkleidet? (Die Inszenierung ist halt sehr auf Klamauk gebürstet, aber es geht hier sowieso nicht wirklich um Inszenierungen, sondern um die Darstellung des Pagen). Dennoch auch die Frage an dich, ob du findest, dass die Regie hier auf die Musik gehört hat, ob das Bühnengeschehen auch zur gerade laufenden Musik passt, oder eher nicht.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Aber genau weiß ich es nicht. Ich weiß nur, dass sie ihn verbannt - aber auch hier nicht, WANN sie das tut. Nach dem ersten Mal? Nach einiger Zeit? Erst nachdem sie ihr Kind bekommen hat?

    Von meinem Gefühl her- und orientiert an der verlogenen Doppelmoral- nehme ich einmal an, nach Bekanntwerden der Schwangerschaft. Was meinst keiner weiß, kann man getrost unter den Tisch kehren. Dumm nur, wenn es dann sichtbare Folgen gibt... Und irgendwie glaube ich nicht, dass die Gräfin die Kaltblütigkeit besessen hätte, so zu tun, als sei das Kind von ihrem Mann, um dann mit innerer Panik darauf zu hoffen, das es dem wahren Vater nicht allzu ähnlich sieht... Wobei es mich hier wiederum auch interessieren würde, wie alt Chérubin zu diesem Zeitpunkt eigentlich war...

    Die Schlussszene vom Rosenkavalier klingt auch schön, aber was das bedeuten soll kann ich als Nicht-Kenner natürlich nicht sagen. Wieso mussten die beiden dafür auf dem Boden liegen? Hat keine andere Figur schräg geschaut dabei?

    Es war keiner da, der schräg schauen konnte! Wenn die beiden endlich allein zu zweit sind und ihr Liebesduett anstimmen, ist wirklich niemand anders mehr auf der Bühne- auch nicht versteckt ;) . Sie hätten sich auch im Arm halten können - und ich habe mich auch gefragt, warum das nicht gereicht hätte... Aber in diesem Fall hatte das wirklich nur einen Touch von Erotik, wenn überhaupt. Sie lagen ja weder "aufeinander" noch haben sie wild geknutscht oder herumgefummelt. Es wäre sicher hilfreich, wenn man die Wirkung im Vergleich sehen könnte, vielleicht steckte vom Regisseur auch einfach nur die Absicht dahinter, dass diese Bewegung - eben, dass sich die Hände in der Mitte treffen und gemeinsam die Rose umschließen- einfach deutlicher sichtbar wird? Und, dass es so wahrscheinlicher wirkt, dass die beiden alles um sich herum vergessen haben und eben auch nicht mitbekommen, dass die Rose durch eine andere ersetzt wird (Sie zeigen übrigens keinerlei Reaktion darauf, worauf die ganze Situation etwas "Surreales" bekommt.). Das wäre so mein Empfinden dazu. Die Aussage fand ich schon sehr deutlich: Die ( in diesem Falle auch wirklich überladen kitschige) silberne Glitzerrose, Symbol dieser verlogenen Glitzerwelt, wird durch eine echte ersetzt... Man darf ein kleines bisschen darauf hoffen, dass mit Sophie und Octavian, die es als einzige gewagt haben, sich den Mechanismen der Gesellschaft entgegenzustellen, etwas Neues, etwas Besseres entstehts...?

  • Ach, Mensch, es ist zum Verzweifeln... Keine Ahnung, weswegen das Zitieren so ein Problem ist, aber zumindest lässt sich einfach sortieren, wie' s gemeint ist, oder? Mein liebes Smartphone ist halt nicht wirklich smart- und hat mal eben meine Antworten auch als Zitate deklariert...

  • Das Video ist Klasse!!! Habe mich köstlich amüsiert, war genau mein Fall! Ich habe prinzipiell nichts gegen moderne Inszenierungen, und wenn da so witzige Ideen kommen, umso besser! Und gerade diese Szene fordert doch dazu heraus!
    Aber es ging dir ja in erster Linie um Cherubino und wie er/ sie als Junge bzw. Mädchen herüberkommt. Ich fand sie sowohl optisch als auch in der Darstellung überzeugend. Unrealistisch fand ich als einziges die sehr hochhackigen Schuhe, mit denen er sofort problemlos laufen konnte...
    Auf die Musik wurde hier weitestgehend gehört, finde ich. Den Text sollte man wohl außen vorlassen...
    Übrigens wurde zu Beginn eine Kleinigkeit im Text verändert: Susanna redet tatsächlich von einer "Perücke" und keiner "Haube"... Finde ich unnötig, so etwas zu verändern ( der Zuschauer kennt ja Handlung und Text ohnehin, und sieht ja, was passiert, also weswegen?) Ist ähnlich wie mit Octavians Degen, der in modernen Inszenierungen ja kaum mehr auftaucht. Wenn da versucht wird, auch noch den Text anzupassen, wird's irgendwann unnötig kompliziert...
    In jedem Fall ein überzeugend burschikoser Cherubino- leichte Jungs- Allüren und auch als Mädchen hübsch! Hätte sie gerne auch singen gehört... Aber ich schätze, eine Gesamtaufnahme findet man im Internet nicht?

  • Von meinem Gefühl her- und orientiert an der verlogenen Doppelmoral- nehme ich einmal an, nach Bekanntwerden der Schwangerschaft.


    Ich finde es halt schade; dass Beaumarchais mit seinem Stück den Adelstand kritisieren wollte ist klar, und dass er keine Romanze, sondern Satire schreiben wollte, ebenfalls. Irgendwie wäre es aber doch schön gewesen, würden Cherubino und die Gräfin aus dem Ganzen ausbrechen und abhauen. Im dritten Teil leben Graf und Gräfin eh bürgerlich in Frankreich. Ich finde, dass so eine Aktion der Kritik an dieser Gesellschaft nicht geschmälert hätte, zumal die Gräfin sowieso nur angeheiratet war.



    Wobei es mich hier wiederum auch interessieren würde, wie alt Chérubin zu diesem Zeitpunkt eigentlich war...


    Wenn man das genaue Alter des Kindes wüsste, könnte man es exakt errechnen. Der dritte Teil spielt ja 20 Jahre nach dem Figaro. Der Sohn der Gräfin verliebt sich in eine andere und bleibt mit ihr zusammen, deswegen vermute ich einmal, dass er mindestens 16 sein wird. Das würde bedeuten, dass er 4 Jahre nach dem Figaro gezeugt wurde, und Cherubino dann 17 Jahre alt gewesen wäre. Wenn der Sohn älter ist, z.B. 18, dann wäre Cherubino 15 Jahre alt gewesen.


    Ein bisschen bedauerlich finde ich, dass man - zumindest habe ich davon noch nichts gelesen - nicht erfährt, was mit dem Pagen und der Gräfin weiter passiert ist. Mit der Wortsuche habe ich den dritten Teil durchforstet, Cherubinos Name taucht nur ein einziges Mal im Stück auf, der Graf erwähnt ihn beiläufig an einer Stelle. Was hat Cherubino gemacht, dass er die Gräfin bekommen konnte, und wieso hat sie nachgegeben?


    Die Tochter des Grafen wird ja ungefähr im gleichen Alter sein wie der Sohn, was auch bedeuten würde, dass er nur wenige Jahre nach dem Figaro wieder fremdgegangen ist. Lange hat das Treuegelöbnis nicht gehalten ...


    Das "Contessa perdono" des Grafen muss man ja schon kritisch betrachten; Gunthard Born schreibt in einem Kapitel seines Buches "Mozarts Musiksprache" über bestimmte Tonfiguren:


    Zitat

    Früh schon wurde darauf hingewiesen, daß aufsteigende (anabasis) und absteigende (katabasis) Tonfolgen nicht nur (im Rahmen der hypotyposis) Bilder zu malen hatten. "Im 17. Jahrhundert erklärt Kircher die katabasis betont von den Affekten her" (A. Schmitz). Mit ihr sollten Gefühle wie "Dienerschaft, Erniedrigung, Depression" ausgesprochen werden.


    Es folgen einige Beispiele solcher katabasis-Figuren aus anderen Opern, dann die besagte Stelle:


    Zitat

    Servilität spricht nicht gerade aus diesen Verneigungs-Noten, auch nicht aus Figaros „Perdono, perdono“-Flehen im Finale der Oper, wo er nur zum Schein vor dem Grafen „auf die Knie fällt“ (Szenenanweisung; F 29.386). Und der Graf selbst? Wer traut ihm echte Reue zu, wenn sie ihn so plötzlich überfällt? Sicher, er ringt seine gefalteten Hände (Achtel) und läßt sie dann flehentlich vor der „Contessa“ niedersinken (F 29.421). Aber blickt er bei den abschließenden Fermaten nicht schon verstohlen im Kreise herum, ob seine Theatralik auch Wirkung zeigt?




    Es war keiner da, der schräg schauen konnte! Wenn die beiden endlich allein zu zweit sind und ihr Liebesduett anstimmen, ist wirklich niemand anders mehr auf der Bühne- auch nicht versteckt ;) . Sie hätten sich auch im Arm halten können - und ich habe mich auch gefragt, warum das nicht gereicht hätte... Aber in diesem Fall hatte das wirklich nur einen Touch von Erotik, wenn überhaupt.


    Wenn die restliche Inszenierung auch ein bisschen mit Symboliken arbeitet, dann wäre das noch mehr nachvollziehbar, finde ich. Wenn der Rest aber "realistisch" gehalten ist, und dann plötzlich so etwas kommt, wäre die Gefahr, dass es wie ein Fremdkörper wirkt, oder?


    Das Video ist Klasse!!! Habe mich köstlich amüsiert, war genau mein Fall! Ich habe prinzipiell nichts gegen moderne Inszenierungen, und wenn da so witzige Ideen kommen, umso besser! Und gerade diese Szene fordert doch dazu heraus!


    Da stimme ich dir zu, bis auf den letzten Satz, denn streng genommen wird in dieser Szene ja nicht verkleidet, Susanna kämmt Cherubino nur die Haare und bewundert ihn dann ausgiebig, während der im Zimmer "weiblich" herumgeht.
    Aber, wie gesagt, auch ich habe kein Problem damit, wenn ein Regisseur es anders macht, solange es halt gut gemacht ist. In diesem Fall fand ich die Verkleidung zu unpassend, weil in DIESER Aufmachung wird Cherubino definitiv im Schloss auffallen, und eigentlich soll ja das Gegenteil bewirkt werden, man soll ihn übersehen und für eines von mehreren Mädchen halten.



    Ich fand sie sowohl optisch als auch in der Darstellung überzeugend.


    Vor allem ist es eine tatsächlich junge Sängerin, und sogar noch mit echten kurzen Haaren, statt eine deutlich ältere mit ebenfalls deutlich als solche zu identifizierenden Perücke. Liliana Nikiteanu fällt mir auch noch ein, die hatte ebenfalls sowohl als Cherubino als auch später als Hänsel (1999, Welser-Möst) echte kurze Haare.


    Unrealistisch fand ich als einziges die sehr hochhackigen Schuhe, mit denen er sofort problemlos laufen konnte...


    Meinst du? Ich fand, dass "er" damit eher ungelenk herumging, die Knie immer anhob und versucht hat, sexy zu gehen.
    Was ich aber an diesem Clip faszinierend fand war, wie unterschiedliche Kleidung einen Menschen verändern kann! Gerade noch flache Schuhe und weite Hosen und Shirt, ganz burschikos, und plötzlich Stöckelschuhe, Strumpfhosen und dieses kurze Kleid, und schon steht da wer ganz anderer auf der Bühne. Also hier ist der Unterschied kleidungstechnisch schon besonders stark, finde ich.


    In jedem Fall ein überzeugend burschikoser Cherubino- leichte Jungs- Allüren und auch als Mädchen hübsch! Hätte sie gerne auch singen gehört... Aber ich schätze, eine Gesamtaufnahme findet man im Internet nicht?


    Gesamtaufnahme nicht, aber das "Voi che sapete" findet man - und ich fand es enttäuschend. So ein burschikoser, hübscher Cherubino, der jung aussieht ... und dann so eine tiefe Stimme mit viel zu starkem Vibrato, wo ich mir denke: WARUM??



    Die Inszenierung hier ist leider auch nicht mehr lustig, mit seinen Tanzbewegungen. Das ist mir zu viel Klamauk, der billige Lacher provozieren soll. Ist mir fast peinlich, das zu verlinken ...




    LG,
    Hosenrolle1

  • Da kann ich leider nur zustimmen, das "Voi que sapete" war eine herbe Enttäuschung! Diese Stimme hat mir tatsächlich Gänsehaut im negativem Sinne verursacht... Die "Tanzeinlagen" sollten vermutlich hip und jugendlich wirken, verursachten bei mir aber nur Fremdschämen... Schade!
    Trotzdem fand ich ihn auf den hochhackigen Schuhen bemerkenswert geschickt! Er wackelt doch mit dem Hintern, weil er Susanna nach macht!
    Aaaaaber kleiner Fauxpas seinerseits: An dieser Stelle ist doch noch nicht geplant, ihn in einer Schar Mädchen untergehen zu lassen! Er soll doch abends Susanna beim Rendezvous mit dem Grafen vertreten...
    Worüber man allerdings nicht zu genau nachdenken darf: Was soll der arme Junge denn nun eigentlich tun, bis es dunkel wird? Sich in dieser Aufmachung zu verstecken wird eher schwierig...

    Zu Beaumarchais: Ich kenne die Stücke ja nur rudimentär, aber offensichtlich möchte er alles ausschließlich negativ und ausweglos zeigen, kann das sein? Irgendwie schien sich zwischen Chérubin und der Gräfin etwas anzubahnen, das schon so etwas wie echte Gefühle vermuten ließ, und dann wird man im dritten Teil "im Nebensatz" mal eben darüber aufgeklärt, wie traurig das ganze geendet hat... Einziger Hoffnungsschimmer wäre dann wirklich am Ende des dritten Teiles, dass Léon und Florestine zusammenkommen, so habe ich die Zusammenfassung zumindest in Erinnerung.
    Allerdings verwirrst du mich da etwas: Du sagtest, Léon würde sich in "eine andere" verlieben? Meinst Du damit Florestine- also die uneheliche Tochter des Grafen und Barbarinas oder gibt es da noch ein Mädel? Soweit ich mich erinnere, gibt es doch zumindest für die zwei ein "Happy End"...
    Warum die Gräfin Chérubin nachgegeben hat? Es waren doch beste Voraussetzungen! Offenbar mochten sie sich doch beide sehr gerne, und da der Graf ja hinter jedem weiblichem Wesen außer der eigenen Frau her ist, finde ich es mehr als verständlich, wenn man bzw. frau da schwach wird... Ich verstehe die Gräfin eher umgekehrt nicht: Weswegen sie sich so dermaßen an diese unbefriedigende Ehe klammert!
    Und das "Comtessa perdono" habe ich immer eher als ein "bis zum nächsten Mal" gesehen! Was bleibt dem Grafen auch anderes übrig in dieser Situation? Er ist ja blamiert bis auf die Knochen. Da hat er keine andere Wahl...
    Noch einmal zu dieser speziellen "Rosenkavalier"- Inszenierung: Es wird da schon mit surrealistischen Elementen gearbeitet, nicht die ganze Zeit über, aber in einzelnen Szenen, die dann fließend ( wie ich finde) wieder in Realismus übergehen. So zum Beispiel die erste Begegnung zwischen Octavian und Sophie, als er die Silberrose überbringt. Die ganze Zeit herrschte Hektik und geschäfttiges Treiben auf der Bühne und in dem Moment, als sie Octavian das erste Mal sieht, verändert sich zugleich mit der Musik die ganze Szenerie. Auf einmal ist alles dunkel, Sophie in ihrem weißen Kleid steht alleine auf dort und Octavian (ebenfalls im weißen Anzug) taucht auf einer Treppe stehend vor ihr auf. Es wird viel mit Spiegeln im Hintergrund gearbeitet, die immer wieder für neue, optische Eindrücke sorgen. Die beiden singen dann ihr kurzes Duett in dieser "abgehobenen" Atmosphäre, und als dann ihr "normales" Geplauder beginnt, verändert sich die Bühne wieder, als wäre nichts gewesen. Die Silberrose, die er ihr übergeben hat, trägt sie übrigens bis zum Schluss der Oper in der Hand...
    Es ist schwierig zu beschreiben, aber diese Aufnahme ist wirklich in allem gelungen, auch stimmlich eine Traumbesetzung (Sophie Koch, Renée Flemming und Diana Damrau). Ist übrigens die Inszenierung mit der Zigarette am Anfang...

  • Da kann ich leider nur zustimmen, das "Voi que sapete" war eine herbe Enttäuschung! Diese Stimme hat mir tatsächlich Gänsehaut im negativem Sinne verursacht


    Genau das meine ich: in diesem Fall sieht die Sängerin tatsächlich jung und burschikos aus - aber was nutzt das großartig, wenn die Stimme dann so klingt? Also es geht mir nicht nur um´s Aussehen oder nur um die Stimme!


    Aaaaaber kleiner Fauxpas seinerseits: An dieser Stelle ist doch noch nicht geplant, ihn in einer Schar Mädchen untergehen zu lassen! Er soll doch abends Susanna beim Rendezvous mit dem Grafen vertreten...


    Das stimmt, aber sie verkleiden ihn ja schon tagsüber, weil der Graf denken soll, dass er bereits abgereist ist. Vermutlich wollen sie, dass er als Mädchen verkleidet nicht so sehr auffällt.



    Einziger Hoffnungsschimmer wäre dann wirklich am Ende des dritten Teiles, dass Léon und Florestine zusammenkommen


    Inwiefern "Hoffnungsschimmer"? Den Zusammenhang verstehe ich nicht ganz.



    Allerdings verwirrst du mich da etwas: Du sagtest, Léon würde sich in "eine andere" verlieben? Meinst Du damit Florestine- also die uneheliche Tochter des Grafen und Barbarinas oder gibt es da noch ein Mädel?


    Jep, Florestine meinte ich, ich wusste nur die beiden Namen nicht :)



    Warum die Gräfin Chérubin nachgegeben hat? Es waren doch beste Voraussetzungen! Offenbar mochten sie sich doch beide sehr gerne, und da der Graf ja hinter jedem weiblichem Wesen außer der eigenen Frau her ist, finde ich es mehr als verständlich, wenn man bzw. frau da schwach wird...


    Das leuchtet mir auch ein, aber die genauen Umstände hätten mich doch interessiert. Wie Cherubino sich weiterhin verhalten hat, wie die Gräfin sich verhalten hat. Ich meine, versteckte Schwärmereien seitens der Gräfin sind ja eine Sache, aber dann tatsächlich fremd zu gehen, dazu braucht es schon etwas mehr, denke ich. Und da wäre es interessant zu erfahren, wie es dazu kam. Hat der Page ihr weiter schöne Augen gemacht, und und hat sie vielleicht immer deutlicher gezeigt, dass sie Interesse hat? Solche Sachen eben.


    Ich verstehe die Gräfin eher umgekehrt nicht: Weswegen sie sich so dermaßen an diese unbefriedigende Ehe klammert!


    Zumal sie ja vom Grafen, der ja selbst der Schlimmste ist, auch noch ordentlich fertig gemacht wird im dritten Teil für ihren Seitensprung mit Cherubino, was sie sich auch gefallen lässt. Ob sie sich da gewünscht hätte, doch bei Cherubino zu bleiben? Nein, die Gräfin ist sehr eigenartig gezeichnet. Hängt da so an ihrem untreuen Mann, selbst wenn dieser sie fertig macht, und verbannt lieber diesen Burschen, der sie mehr mochte, sogar als sie ihn weggeschickt hat.


    Gerade die Geschichte mit dem Band macht für mich wenig Sinn, wenn man daran denkt, dass sie am Grafen hängt. Sie möchte das Band für sich haben, sie lügt sogar, damit sie es weiter behalten kann - das alles ist ganz klar ein Zeichen dafür, dass sie auch an Cherubino Interesse hat. Sie verhält sich hier fast wie eine eifersüchtige Frau, die versucht, eine geheime Leidenschaft für sich zu behalten. Gleichzeitig aber will sie ihren Mann zurückhaben - also einerseits dieses aktive(!) Interesse an Cherubino, andererseits der Wunsch, den Grafen zurückzugewinnen. ("aktiv" deswegen, weil sie das Band an sich nimmt und sogar schwindelt, damit sie es weiterhin hat).




    LG,
    Hosenrolle1

  • Das stimmt, aber sie verkleiden ihn ja schon tagsüber, weil der Graf denken soll, dass er bereits abgereist ist. Vermutlich wollen sie, dass er als Mädchen verkleidet nicht so sehr auffällt.

    So habe ich das noch nie gesehen... Habe immer gedacht, es sei eine Art " Kostümprobe" für den Abend, oder dass die Szene halt einfach nur witzig sein soll. Cherubino den ganzen Tag als Mädchen verkleidet durchs Schloss stolpern zu lassen-wo er eh nicht der Geschickteste ist- scheint mir als Tarnung nicht eben clever. Genau wie ich die Idee Barbarinas, ihn dann noch praktisch auf dem Präsentierteller zwischen den Mädchenchor zu stellen, imer reichlich behämmert fand! Habe das immer als Lustspielelement gesehen: rein zur Freude des Publikums, dass Cherubino dann gleich zwei Mal in Mädchenkleidern bewundern darf. Okay, genau genommen nur einmal, wenn Inder "Verkleidungsszene" nicht verkleidet wird...

  • Inwiefern "Hoffnungsschimmer"? Den Zusammenhang verstehe ich nicht ganz.

    Habe jetzt auf die Schnelle keine Zusammenfassung des dritten Figaro- Teiles im Internet gefunden, insofern bewege ich mich argumentativ da auf dünnem Eis... Es ist doch aber so, dass Léon und Florestine am Ende des Stückes zusammenkommen! Da sie nun alle beide die "alte" und "neue" Ordnung sozusagen als "Erbe" in sich tragen- Léon noch um einiges mehr als Florestine, denn Chérubin verkörpert ja bei Beaumarchais durchaus "revolutionären" Geist ( soweit ich mich erinnere, beschreibt Beaumarchais ihn sogar selbst so...) . Die zwei "Kinder der Schande" sind durchweg Sympathieträger des Stückes. Wenn sie zum Schluss also zusammenkommen, denke ich schon, dass dies als "Hoffnungsschimmer" gemeint sein soll: Hier besteht zumindest die Möglichkeit, dass etwas Neues, Besseres entsteht!
    Vielleicht aber auch gut, dass Beaumarchais keinen vierten Teil geschrieben hat, womit er dann erneut jeden Gedanken an eine bessere Welt zunichte macht...

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  • Das leuchtet mir auch ein, aber die genauen Umstände hätten mich doch interessiert. Wie Cherubino sich weiterhin verhalten hat, wie die Gräfin sich verhalten hat. Ich meine, versteckte Schwärmereien seitens der Gräfin sind ja eine Sache, aber dann tatsächlich fremd zu gehen, dazu braucht es schon etwas mehr, denke ich. Und da wäre es interessant zu erfahren, wie es dazu kam. Hat der Page ihr weiter schöne Augen gemacht, und und hat sie vielleicht immer deutlicher gezeigt, dass sie Interesse hat? Solche Sachen eben.

    Da würden mich die näheren Umstände allerdings auch interessieren! Vor allem, ob es tatsächlich nur ein einmaliger "Ausrutscher" oder vielleicht doch eine kurze oder längere Affäre war- was über die Personen ja auch einiges Aussagen würde...

  • Zumal sie ja vom Grafen, der ja selbst der Schlimmste ist, auch noch ordentlich fertig gemacht wird im dritten Teil für ihren Seitensprung mit Cherubino, was sie sich auch gefallen lässt. Ob sie sich da gewünscht hätte, doch bei Cherubino zu bleiben? Nein, die Gräfin ist sehr eigenartig gezeichnet. Hängt da so an ihrem untreuen Mann, selbst wenn dieser sie fertig macht, und verbannt lieber diesen Burschen, der sie mehr mochte, sogar als sie ihn weggeschickt hat.

    Nun ist eine Trennung damals natürlich nicht so problemlos gewesen wie heute! Gemeinsam abzuhauen wäre da sicherlich die Variante, die am wenigsten skandalös gewesen wäre- wobei das auch mit einer Menge Entbehrungen verbunden ist. Und wenn die Lovestory dann doch in die Binsen geht, hat man den Salat ( siehe "Carmen" ;) ). Da gehört schon ein wenig Risikobereitschaft dazu! Ob Sie die einfach nicht besitzt, oder schlicht und ergreifend den Weg des geringsten Widerstandes geht?

  • Da würden mich die näheren Umstände allerdings auch interessieren! Vor allem, ob es tatsächlich nur ein einmaliger "Ausrutscher" oder vielleicht doch eine kurze oder längere Affäre war- was über die Personen ja auch einiges Aussagen würde...


    Eben das meine ich. Ein bisschen was hätte er schon dazu sagen können, finde ich. Nicht weil ich mir einbilde, dass das Ganze doch was romantisches ist, sondern, wie du schon sagst, die Figuren besser zu verstehen.


    Da gehört schon ein wenig Risikobereitschaft dazu! Ob Sie die einfach nicht besitzt, oder schlicht und ergreifend den Weg des geringsten Widerstandes geht?


    Da bin ich mir nicht so sicher ... sie versucht ja aktiv ihren Mann zurückzugewinnen, zur Besinnung zu bringen. Ich glaube nicht, dass sie gar kein Interesse an ihm hat und nur pro forma bei ihm bleibt, und das über 20 Jahre lang. Offenbar hatte sie auch nur den Seitensprung mit Cherubino, und mit sonst niemandem.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ach ja, nicht wundern, dass ich längere Texte Splitter: Mein Handy verabschiedet sich nun regelmäßig, wenn ich Längeres schreibe... Hatte heute morgen schon einen längeren Text geschrieben, in dem ich auf beinahe alles, das du gesagt hattest, eingegangen bin- musste ich vorhin alles noch einmal schreiben, weil beim Korrekturlesen alles verloren ging ;( .

  • "Texte splitten" meinte ich natürlich!!!

    Eben das meine ich. Ein bisschen was hätte er schon dazu sagen können, finde ich. Nicht weil ich mir einbilde, dass das Ganze doch was romantisches ist, sondern, wie du schon sagst, die Figuren besser zu verstehen.

    Was sagt denn der Graf (oder die Gräfin) genau darüber? Ist das so belanglos, dass man tatsächlich nichts zwischen den Zeilen lesen kann? Wie es den beiden "danach" ging, ist auch eine interessante Frage... Vielleicht hat ja jemand die Ambition, einen Roman zu schreiben, der die zwanzig Jahre füllt, die da fehlen! Wurde bei Star Wars ja nachträglich auch noch gemacht... ;)

    Da bin ich mir nicht so sicher ... sie versucht ja aktiv ihren Mann zurückzugewinnen, zur Besinnung zu bringen. Ich glaube nicht, dass sie gar kein Interesse an ihm hat und nur pro forma bei ihm bleibt, und das über 20 Jahre lang. Offenbar hatte sie auch nur den Seitensprung mit Cherubino, und mit sonst niemandem.

    Na, wenn die zwei ebenso brillante Geheimnisträger in Liebessachen sind wie Barbarina, war nach Bekanntwerden der Sache die Hölle los!!! Da wird der Gräfin die Ambition nach einem weiteren Seitensprung gründlich vergangen sein!
    Oder- da macht sich gerade meine sensible Ader wieder bemerkbar- Chérubin war tatsächlich auch ihre große Liebe und sie will danach gar keinen anderen mehr...
    Könnte auch sein, dass ihr schlechtes Gewissen das einzige ist, das sie bei ihrem Mann hält? Wobei sie ja in Mozarts "Figaro" deutlich sichtbar unter seinem Verhalten leidet...
    Es scheint wohl ein zeitloses Phänomen eines bestimmten Frauentypus zu sein, sich an Beziehungen zu klammern, in denen sie gedemütigt, mißhandelt, vergewaltigt usw. werden. Gibt es auch im Zeitalter der Gleichberechtigung erschreckend viele...
    Wie verhält sich die Gräfin eigentlich Léon gegenüber? Daraus könnte man vielleicht auch noch Schlüsse ziehen.


    Grüße und einen schönen Tag wünscht die Dritte Dame

  • Gerade die Geschichte mit dem Band macht für mich wenig Sinn, wenn man daran denkt, dass sie am Grafen hängt. Sie möchte das Band für sich haben, sie lügt sogar, damit sie es weiter behalten kann - das alles ist ganz klar ein Zeichen dafür, dass sie auch an Cherubino Interesse hat.

    Die Sache mit dem Band ist für mich auch eindeutig. Ein platonischer Freund, mit dem ich unzählige Diskussionen über das Thema "Männer und Frauen"" geführt habe, drückte es vor Ewigkeiten einmal so aus: "Damit habt Ihr Frauen echt 'ne Macke!"
    Er bezog sich damit auf eine Eigenart, die ich bis jetzt bei nahezu jeder Frau ( mich eingeschlossen ), aber tatsächlich bei keinem Mann gefunden habe: Nämlich getragene Kleidungsstücke des Schwarms oder geliebten Mannes an sich zu nehmen und bei sich bzw. selber zu tragen...
    Sobald ich die Sache mit dem Band gelesen hatte, war für mich klar, wie es um die Gräfin steht!
    Wenn Chérubin clever war, hat er an einem kühlen Abend, als der Herr Graf außerhäusig beschäftigt war, die Gelegenheit genutzt und ihr im Schloßgarten seinen Umhang umgelegt, damit sie nicht friert... Wenn ihrerseits bereits ein gewisses Interesse besteht, ist das eine beinahe hundertprozentige Erfolgsstrategie... ;)

  • Was sagt denn der Graf (oder die Gräfin) genau darüber? Ist das so belanglos, dass man tatsächlich nichts zwischen den Zeilen lesen kann? Wie es den beiden "danach" ging, ist auch eine interessante Frage...


    Ich habe das Stück nicht gelesen, ich weiß nicht mal, WANN der Ehebruch der Gräfin überhaupt auffliegt.


    In der franz. Wiki steht (von mir übersetzt):


    Zitat

    Es zeigt dem Grafen einen Brief, den Cherubino der Gräfin zur Zeit des Ehebruchs schrieb. Der Graf liest den Brief vor und erliegt weniger dem Zorn als dem Mitleid mit Rosine, die reumütig ist, und dem Cherubin, der aus Verzweiflung mit dem Schwert in der Hand den Tod fand. (...) Dann befiehlt er ihr, alle Briefe der Cherubim zu verbrennen, was sie unter Tränen tut.


    Offenbar passiert das während des Stückes, nicht vorher. Das würde bedeuten, dass sie Cherubino von sich aus, also ohne dass der Graf Bescheid weiß, verbannt. ("Dann befiehlt ER ihr", damit ist aber offenbar nicht der Graf gemeint, sondern eine andere Figur in dem Stück)


    Er bezog sich damit auf eine Eigenart, die ich bis jetzt bei nahezu jeder Frau ( mich eingeschlossen ), aber tatsächlich bei keinem Mann gefunden habe: Nämlich getragene Kleidungsstücke des Schwarms oder geliebten Mannes an sich zu nehmen und bei sich bzw. selber zu tragen...


    Naja, wahrscheinlich würden sich Männer genieren, wenn sie Blusen, Röcke oder BHs ihrer Freundinnen tragen, WENN sie ihnen überhaupt passen :D


    Wenn Chérubin clever war, hat er an einem kühlen Abend, als der Herr Graf außerhäusig beschäftigt war, die Gelegenheit genutzt und ihr im Schloßgarten seinen Umhang umgelegt, damit sie nicht friert... Wenn ihrerseits bereits ein gewisses Interesse besteht, ist das eine beinahe hundertprozentige Erfolgsstrategie... ;)


    Traust du Cherubino so ein Verhalten zu?


    Aber auch interessant: Cherubino ist ja für uns Zuseher eine Hosenrolle, für die Figuren natürlich ein echter Bursche, der allerdings - und das wird auch im Stück gesagt! - sehr weiblich aussieht, offenbar so sehr, dass Susanna so gar meint, dass sie selbst eifersüchtig auf sein Aussehen sei. Davon ausgehend frage ich mich, was für einen Männergeschmack die Gräfin eigentlich hat, wenn sie auf offenbar extrem feminine Burschen abfährt. Das ist nicht als Verurteilung gemeint! Nur interessehalber.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ok, ich habe gerade mehrere Textstellen übersetzen lassen, und einiges aufschlussreiches gefunden. Der Graf liest einen Brief der Gräfin sowie eine Antwort von Cherubino vor. Er zitiert (hier in Kursivschrift) und kommentiert (normale Schrift).
    Die Übersetzung ist natürlich holprig, aber man erkennt, was gemeint ist. Die Gräfin schreibt Cherubino:


    Zitat

    "Unglücklicher Narr! unser Los ist gefüllt. Die Nachtüberraschung, die du gewagt hast zu wagen um mich in einem Schloss, wo du aufgezogen wurdest, von dem du die Umwege kanntest; die Gewalt, die von ihm gefolgt ist, endlich dein Verbrechen, - meins... meins erhält seine gerechte Strafe. Heute, am Leonistag, dem Schutzpatron dieses Ortes und deinem, habe ich gerade die einen Sohn, meinen Vorwurf und meine Verzweiflung. Dank trauriger Vorsichtsmaßnahmen ist Ehre sicher; aber Tugend ist nicht länger. Ich glaube, dass sie ein Verbrechen nicht löschen werden... dessen Wirkung unverändert bleibt. Sehe mich nie wieder (...)


    "Die Nachtüberraschung" - offenbar kam Cherubino zu ihr in der Nacht, wo man Spaß hatte. (Stellt sich aber immer noch die Frage, ob das plötzlich kam, oder ob davor schon einige Dinge passiert sind, und vor allem ob die Gräfin ihm Zeichen gegeben hat, dass sie das auch möchte). Davon abgesehen wundert mich dieser Brief der Gräfin sehr, denn was sollte dann die ganze Geschichte mit dem Band? Da war die Tugend kein Thema, oder wie?
    Sie bereut hier, ohne dass der Graf davon weiß, was sie getan hat, meint, dass keine Tugend mehr da wäre, etc. Dass der Graf vorher schon massenweise Frauen und Mädchen hatte, das vergisst sie hier offenbar.


    Der Graf zitiert die Antwort von Cherubino:


    Zitat

    "Da ich dich nicht mehr sehen darf, ist mir das Leben verabscheuungswürdig, und ich verliere es mit Freude im lebhaften Angriff einer Festung, in der ich nicht befohlen werde. Ich sende euch alle eure Vorwürfe, das Porträt, das ich von euch gemacht habe, und die Locken aus Haaren, die ich von euch gestohlen habe. Der Freund, der dir das zurückgeben wird, wenn ich nicht mehr sicher bin. Er sah all meine Verzweiflung. Wenn der Tod eines unglückseligen Mannes dir einen Rest von Barmherzigkeit einflößt, unter den Namen, die dem Erben gegeben werden... eines anderen glücklicheren! möge ich hoffen, dass der Name von Leon manchmal an die Unglücklichen erinnert..., die durch Anbetung auslaufen und zum letzten Mal Cherubin-Leon von Astorga..."
    Dann in blutigen Charakteren! "Verwundet zu Tode, öffne ich diesen Brief noch einmal und schreibe dir mit meinem Blut dieses traurige, ewige Auf Wiedersehen. Erinnere dich..."
    Der Rest wird durch Tränen ausgelöscht... (Er ist aufgeregt.) Das ist auch nicht die Schrift eines bösen Menschen! Ein unglückseliger Fehler... (Er sitzt und bleibt resorbiert.) Ich fühle mich zerrissen!




    LG,
    Hosenrolle1

  • Naja, wahrscheinlich würden sich Männer genieren, wenn sie Blusen, Röcke oder BHs ihrer Freundinnen tragen, WENN sie ihnen überhaupt passen

    Danke für das charmante Kopfkino, mit dem ich den Tag beginnen durfte! Gott, wer da alles vor meinem geistigen Auge vorbeizog... :D Womit wir dann wieder beim Thema wären- nur umgekehrt: Männer in Frauenklamotten!
    Aber heutzutage hat frau ja durchaus nicht mehr nur "Mädchenplünnen" im Schrank u d das eine oder andere (neutrale!) T-Shirt wäre zu finden, so der Bedarf vorhanden wäre...
    Und schließlich muss man die Sachen ja auch nicht anziehen! Cherubino macht es vor, aber ein Trendsetter wurde er damit nicht... Ich würde allerdings auch nur bedingt empfehlen, das Lieblingshalstuch der Freundin zu Erste- Hilfe- Zwecken zu benutzen!

    Zitat


    Es zeigt dem Grafen einen Brief, den Cherubino der Gräfin zur Zeit des Ehebruchs schrieb. Der Graf liest den Brief vor und erliegt weniger dem Zorn als dem Mitleid mit Rosine, die reumütig ist, und dem Cherubin, der aus Verzweiflung mit dem Schwert in der Hand den Tod fand. (...) Dann befiehlt er ihr, alle Briefe der Cherubim zu verbrennen, was sie unter Tränen tut.

    Ich hätte da ja Basilio im Verdacht, die alte Petze! Ihm wäre es durchaus zuzutrauen, dem Grafen etwas derartig Privates zu zeigen, um dann der Gräfin gute Ratschläge zu geben, wie sie den Konsequenzen entgehen kann. Allerdings... Zu befehlen hätte er ihr natürlich nichts...
    Aber Moment mal!! "ALLE Briefe?!?" Dann sind offenbar zwischendurch mehrere Briefe hin und her gegangen! Das würde für mich dann doch eher für eine Affäre als einen einmaligen Ausrutscher sprechen! Vielleicht haben die beiden sich zwischendurch zum Kuscheln, Knutschen usw. getroffen und in besagter Nacht ist es zum erstem Mal bis zum Äußersten gekommen...

    Offenbar passiert das während des Stückes, nicht vorher. Das würde bedeuten, dass sie Cherubino von sich aus, also ohne dass der Graf Bescheid weiß, verbannt. ("Dann befiehlt ER ihr", damit ist aber offenbar nicht der Graf gemeint, sondern eine andere Figur in dem Stück)

    Dann wäre es also keine "offizielle" Verbannung, sondern nur so ein "Verschwinde, und komme mir nie wieder unter die Augen!" , das nur zwischen den beiden stattfand... Und er fügt sich ihrem Befehl von sich aus!

  • Und sie hat seine Briefe aufbewahrt! Das macht man nicht, wenn man denjenigen komplett vergessen will...
    Ist ja interessant, dass der uneheliche Sohn den Zweitnamen seines Vaters trägt! Die Übersetzung ist irgendwie nicht eindeutig, aber es hört sich so an, als sei es Chérubins Wunsch gewesen. Was es für das Kind natürlich umso schwieriger macht, denn so ist ihm jede Möglichkeit genommen, als Kind von Graf und Gräfin aufzuwachsen...
    Ob Du mir den Brief der Gräfin mal im Original schicken könntest? Oder den Link dazu?


    Grüße von der Dritten Dame

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  • Ich hätte da ja Basilio im Verdacht, die alte Petze! Ihm wäre es durchaus zuzutrauen, dem Grafen etwas derartig Privates zu zeigen, um dann der Gräfin gute Ratschläge zu geben, wie sie den Konsequenzen entgehen kann. Allerdings... Zu befehlen hätte er ihr natürlich nichts...


    Nein, irgendeine neue Figur namens Bégearss ist der Schuldige in diesem Fall.


    Weil du meintest, dass das eine typisch weibliche Eigenschaft sein soll, sich irgendwelches Gewand zu behalten - Cherubino tut das ja auch ... ob das auch ein "Hinweis" darauf ist, dass er kein "richtiger" Bursche ist?


    Dann wäre es also keine "offizielle" Verbannung, sondern nur so ein "Verschwinde, und komme mir nie wieder unter die Augen!" , das nur zwischen den beiden stattfand... Und er fügt sich ihrem Befehl von sich aus!


    Genau, sie schreibt: "Sehe mich nie wieder; das ist der unwiderrufliche Befehl der unglückseligen Rosine". Sie hätte genausogut schreiben können "Geh weg, du darfst mich nie wieder sehen, ich bleibe lieber meinem Kinder verführenden Mann treu, der ist mir doch wichtiger als du".


    Haben echt alle einen Klopfer in dem Stück.



    Ob Du mir den Brief der Gräfin mal im Original schicken könntest?


    Le Comte.
    Puisqu'enfin je suis seul, lisons cet étonnant écrit, qu'un hasard presque inconcevable a fait tomber entre mes mains (Il tire de son sein la lettre de l'écrin, et la lit en pesant sur tous les mots.) "Malheureux insensé! notre sort est rempli. La surprise nocturne que vous avez osé me faire, dans un château où vous fûtes élevé, dont vous connaissiez les détours; la violence 'qui s'en est suivie, enfin votre crime, - le mien... (il s'arrête) le mien reçoit sa juste punition. Aujourd'hui, jour de saint Léon, patron de ce lieu et le vôtre, je viens de mettre au monde un fils, mon opprobre et mon désespoir. Grâce à de tristes précautions, l'honneur est sauf; mais la vertu n'est plus. - Condamnée désormais à des larmes intarissables, je sens qu'elles n'effaceront point un crime... dont l'effet reste subsistant. Ne me voyez jamais; c'est l'ordre irrévocable de la misérable Rosine... qui n'ose plus signer un autre nom." (Il porte ses mains avec la lettre à son front et se promène.)... Qui n'ose plus signer un autre nom!... Ah! Rosine! où est le temps?... Mais tu t'es avilie!... (Il s'agite.) Ce n'est point là l'écrit d'une méchante femme! Un misérable corrupteur... Mais voyons la réponse écrite sur la même lettre. (Il lit.) "Puisque je ne dois plus vous voir, la vie m'est odieuse et je vais la perdre avec joie dans la vive attaque d'un fort où je ne suis point commandé.
    "Je vous renvoie tous vos reproches, le portrait que j'ai fait de vous, et la boucle de cheveux que je vous dérobai. L'ami qui vous rendra ceci quand je ne serai plus est sûr. Il a vu tout mon désespoir. Si la mort d'un infortuné vous inspirait un reste de pitié, parmi les noms qu'on va donner à l'héritier... d'un autre plus heureux!... puis-je espérer que le nom de Léon vous rappellera quelquefois le souvenir du malheureux... qui expire en vous adorant, et signe pour la dernière fois, Chérubin-Léon d'Astorga..." Puis, en caractères sanglants!... "Blessé à mort, je rouvre cette lettre, et vous écris avec mon sang ce douloureux, cet éternel adieu. Souvenez-vous..."


    Le reste est effacé par des larmes... (Il s'agite.) Ce n'est point là non plus l'écrit d'un méchant homme! Un malheureux égarement... (Il s'assied et reste absorbé.) Je me sens déchiré!




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ganz lieben Dank!!! Ich hatte gehofft, auch noch etwas zwischen den Zeilen herauslesen zu können, aber mein Schulfranzösisch ist leider schon einige Jahre alt und ziemlich eingerostet... Ich schicke das aber mal meinem Muttersprachler, der ist deutsch- französischer Abstammung, spricht beides fließend und kann uns im Zweifelsfall sicher auch sagen, wie manches "gefühlt" 'rüberkommt. Das ist ja immer schwierig, wenn man eine Sprache nur in der Schule gelernt hat!

  • "Die nächtliche Überraschung, die Sie mir zu .machen wagten, in einem Schloß, in dem Sie aufgewachsen sind und in dem Sie jeden Winkel kannten; die Gewalt, die darauf folgte; endlich Ihr Verbrechen und das meine... Das meine erhält nun seine gerechte Strafe: Heute, am Tage des Heiligen Léon, Schutzpatron dieses Ortes und auch der Ihrige, habe ich einen Sohn zur Welt gebracht..."
    Soweit erst einmal meine Übersetzung mittels meiner lausigen Kenntnisse...

    Also "Léon" gleich in vierfacher Ausführung: Heiliger des Geburtstages des Kindes, Schutzpatron des Ortes, Zweitname von Chérubin und damit auch sein Schutzpatron... Mann, was für Zufälle!!!

    Allerdings interessiert mich die "nächtliche Überraschung" viel mehr und so ungefähr kann ich mir schon vorstellen, was passiert ist!
    Cherubins Elternhaus! Merkwürdigerweise kam mir das auch in den Kopf, als wir angefangen haben, über die Umstände zu reden, unter denen Gräfin und Chérubin dann letztendlich zusammenkamen.
    Erst einmal musste er, denke ich, schon noch ein ganzes Stück älter gewesen sein, als zu "Figaros Hochzeit", denn ich schätze die Gräfin schon so ein, dass da eine gewisse Hemmschwelle vorhanden gewesen sein wird, mit einemDreizehnjährigen ins Bett zu gehen, der überdies noch ihr Patensohn ist! Auch, wenn die Zeiten damals andere waren ( Heute hätte sie nicht nur eine Klage wegen Verführung Minderjähriger sondern zusätzlich noch eine wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen am Hals! ).
    Abgesehen davon denke ich, dass Cherubino zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht soweit gewesen wäre, mit der Gräfin tatsächlich eine solche Beziehung einzugehen. Körperlich sicher, denn so, wie die Hormone bei ihm am Überkochen sind, funktioniert da sicherlich alles zur vollsten Zufriedenheit ;) . Aber emotional wäre er völlig überfordert gewesen, hätte seine liebe Frau Patin ihm tatsächlich mit einem Augenzwinkern eröffnet:"Mein Mann ist jetzt ein paar Tage in London, schau doch heute Nacht 'mal bei mir vorbei...!"
    Nicht wirklich, oder?
    Ich weiß, dass da viele anderer Ansicht sind (Joachim Kaiser beispielsweise...) , doch ich gehe davon aus, dass auch mit Barbarina nicht mehr läuft als Komaknutschen und etwas Herummachen...
    Mozarts Cherubino steht noch völlig am Anfang der Pubertät, der ist noch ganz mit sich selber beschäftigt...
    Falls du Interesse hast, vergleiche mal Octavians Text in der Anfangsszene mit dem Cherubinos. Die zwei besitzen die gleiche philosophische Ader- nur ist Octavian eben schon siebzehn und emotional viel weiter, eben auf einer ganz anderen "Entwicklungsstufe" der Pubertät. Er hat eben gerade das "Wir" entdeckt, während Cherubino noch am "Ich" herumlaboriert...
    Mist, ich bin abgeschweift...Später dann mehr!

  • Zitat

    "Die nächtliche Überraschung, die Sie mir zu .machen wagten, in einem Schloß, in dem Sie aufgewachsen sind und in dem Sie jeden Winkel kannten; die Gewalt, die darauf folgte; endlich Ihr Verbrechen und das meine... Das meine erhält nun seine gerechte Strafe: Heute, am Tage des Heiligen Léon, Schutzpatron dieses Ortes und auch der Ihrige, habe ich einen Sohn zur Welt gebracht..."


    Falls sie tatsächlich „wagten“ schreibt, und das auch in diesem Sinne meint, dann klingt das für mich so, als wäre es das erste und einzige Mal gewesen. Er hat gewagt, in der Nacht zu ihr zu kommen, und DAVON hat sie ihre „Strafe“ erhalten. Für mich klingt das nicht nach einer längeren Affäre.



    Zitat

    Allerdings interessiert mich die "nächtliche Überraschung" viel mehr und so ungefähr kann ich mir schon vorstellen, was passiert ist!
    Cherubins Elternhaus! Merkwürdigerweise kam mir das auch in den Kopf, als wir angefangen haben, über die Umstände zu reden, unter denen Gräfin und Chérubin dann letztendlich zusammenkamen.


    Was meinst du mit „Cherubins Elternhaus“? Was ist damit?



    Zitat

    Aber emotional wäre er völlig überfordert gewesen, hätte seine liebe Frau Patin ihm tatsächlich mit einem Augenzwinkern eröffnet: "Mein Mann ist jetzt ein paar Tage in London, schau doch heute Nacht 'mal bei mir vorbei...!"
    Nicht wirklich, oder?


    Eine gute Frage … ich glaube, er wäre schon gekommen, er ist ja auch frech genug, sie vor allen Leuten beim Essen anzustarren, ihr Band zu klauen und ihr auch persönlich, als sie alleine sind, von seinem Wunsch sie zu küssen zu erzählen.
    Ich denke, er wäre schon gekommen, hätte dabei aber nicht an das Eine gedacht, hätte nicht DIESE Absicht gehabt, sondern sich eher auf Küsse oder harmlosere Dinge gefreut.
    Ich bedaure es ja, dass Mozart den dritten Teil nicht mehr kannte, und frage mich, wie er und Da Ponte geschrieben und komponiert hätten, wenn sie gewusst hätten, was passieren wird.



    Zitat

    Ich weiß, dass da viele anderer Ansicht sind (Joachim Kaiser beispielsweise...) , doch ich gehe davon aus, dass auch mit Barbarina nicht mehr läuft als Komaknutschen und etwas Herummachen...


    Was ist „Komaknutschen“? Das habe ich noch nie gehört. Ansonsten denke ich das Gleiche wie du, wirklich viel wird da nicht passiert sein.
    Weil du J. Kaiser erwähnst: auf welche Quelle beziehst du dich da?





    LG,
    Hosenrolle1

  • Vielleicht hat es auch sein Gutes, dass Cherubino im dritten Teil nicht mehr auftaucht. Im zweiten Teil war er eine Hosenrolle, im dritten Teil hätte er aber von einem jungen Mann gespielt werden müssen (zumindest im Theater), weil er kein halbes Kind mehr ist, sondern eben 17 Jahre alt. Und das hätte sicher eigenartig gewirkt: zuerst wird er von einer Frau gespielt, und dann von einem Mann?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Übrigens, mir fällt da ein Brief von Cosima Wagner an Engelbert Humperdinck ein, in dem sie dem Komponisten einige Inszenierungsvorschläge unterbreitete:


    Zitat

    Ich habe das Bild der Inszenierung so ziemlich vor mir, und möchte Ihnen Einiges darüber mittheilen.
    Fürs erste finde ich, daß das Gretel etwas weniger zierlich, natürlicher sein könnte (...) Für den Hänsel wünschte ich als Anzug einen Kittel, oder Bluse, sehr faltig, wenn auch in ärmtlicher verwaschener Farbe und geflickt. Ich möchte, daß man die weiblichen Formen nicht so deutlich sähe.


    Achte hier auf den letzten Satz: Wagner wollte diese Formen unbedingt verdecken, wohl wegen der Illusion.


    Umso "komischer" finde ich es, wenn man dem Hänsel, aber noch häufiger dem Cherubino dann Hosen gibt, die alles andere als weit, in manchen wenigen Fällen sogar knalleng sind. Ganz verstehe ich eine solche Kleiderwahl nicht.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Falls sie tatsächlich „wagten“ schreibt, und das auch in diesem Sinne meint, dann klingt das für mich so, als wäre es das erste und einzige Mal gewesen. Er hat gewagt, in der Nacht zu ihr zu kommen, und DAVON hat sie ihre „Strafe“ erhalten. Für mich klingt das nicht nach einer längeren Affäre.


    Das ist die wörtliche Übersetzung: "Die nächtliche Überraschung, die Sie mir zu machen wagten;"
    Habe nichts dazu erfunden, damit es besser klingt... ;)
    Sie siezt ihn auch das ganze Schreiben über, aber das macht er in seiner Antwort auch, und ich denke, dass man das nicht überbewerten sollte, da es nicht unbedingt ein Zeichen emotionaler Distanz sein muss, sondern wohl damals tatsächlich üblich war...
    Octavian und die Marschallin siezen sich auch bzw. benutzen die Anredeform "er" und "sie", wenn sie miteinander reden. Das halten beide zwar nicht konsequent durch ( Octavian verfällt allerdings wesentlich häufiger ins "Du" als sie...), aber sie legen es nie ganz ab, auch wenn sie alleine sind!
    Mutet aber heutzutage schon merkwürdig an, wenn man da miteinander die um Längen intimste Situation, in die man geraten kann, zusammen verbracht hat, und sich immer noch so "distanziert" anspricht, oder?

    Was ist „Komaknutschen“? Das habe ich noch nie gehört. Ansonsten denke ich das Gleiche wie du, wirklich viel wird da nicht passiert sein.
    Weil du J. Kaiser erwähnst: auf welche Quelle beziehst du dich da?

    Was "Komaknutschen" ist? Na, sich gegenseitig "ins Koma knutschen"! Also küssen bis zur Besinnungslosigkeit, bis die Welt um einen herum nicht mehr existiert... Kann meiner Meinung nach intimer sein als Sex! Was mich zu meiner nächsten Frage führt- sonst reden wir aneinander vorbei:
    Wie definierst du eine "Affäre"? Beginnt sie erst, wenn man miteinander im Bett landet und "das ganze Programm" durchzieht, oder gehören schon Küssen, Schmusen, Herummachen usw dazu? Wie gesagt, ich finde, dass man gar nicht unbedingt zusammen im Bett landen muss, um intim miteinander zu werden.
    Und selbst wenn die gemeinsame Nacht in Cherubins heimatlichem Schloss die erste und einzige gewesen sein sollte, gehe davon aus, dass im Vorfeld schon eine Menge Heimlichkeiten passiert sein werden. So etwas kann sich ja sehr schnell auch zufällig ergeben, wenn man einander zugetan ist. Vielleicht hat er sie in den Arm genommen, weil ihr Mann mal wieder fremdgegangen ist ( oder sie ihn, weil er mal wieder die Treppe hinunter gefallen ist :P )
    So oder ähnlich ergab sich vielleicht der erste Kuss und wurde schnell zur Gewohnheit... Und eins ergab das andere...

  • Wie definierst du eine "Affäre"?


    Naja, in diesem Fall, dass man öfter miteinander schläft, nicht nur einmal, sondern mehrere Male, auch mit einer gewissen Planung dahinter.


    Und selbst wenn die gemeinsame Nacht in Cherubins heimatlichem Schloss die erste und einzige gewesen sein sollte, gehe davon aus, dass im Vorfeld schon eine Menge Heimlichkeiten passiert sein werden


    Schade, dass man das nicht erfährt! Die Frage bleibt offen, ob Cherubino von sich aus zu ihr kam und sie ganz überrascht war, oder ob vorher schon diverse Worte, Blicke oder Gesten passiert sind, die ihm gezeigt haben, dass da Interesse besteht.


    Vielleicht kam von ihrer Seite auch gar nichts, und er hat sich gedacht "Jetzt wage ich es einfach und geh zu ihr, schauen wir mal was passiert".




    LG,
    Hosenrolle1

  • Gerade sah ich auf YouTube einen Trailer für eine neue Figaro-Produktion, offenbar an der Bayerischen Staatsoper, Inszenierung von Christof Loy.



    Darin sieht man auch zwischendurch ein paar Ausschnitte von Cherubino, am Ende sprechen sowohl der Regisseur als auch die Sängerin über diese Figur und ihre Interpretation. Wenn ich das richtig verstanden habe, wird Cherubino hier als Transgender auf die Bühne gebracht, was auch erklären würde, dass er in der Gartenszene immer noch Frauenkleider trägt. Ich finde diesen Ansatz interessant und würde mir die Inszenierung ansehen um zu erfahren, was es mit dem Jungen in dieser Inszenierung auf sich hat.
    Schaut es sich jemand an?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Den schaue ich mir auch heute Abend in Ruhe an- ein transgender Cherubino... Bin da eher zwiespältig, aber mal sehen! Ich bin ja weder dafür, diese Figur allzusehr zu verklären ( als "Engel" o.ä. ) noch ihm zu viel Weiblichkeit anzudichten...
    Was eine gute Überleitung ist:

    Aber auch interessant: Cherubino ist ja für uns Zuseher eine Hosenrolle, für die Figuren natürlich ein echter Bursche, der allerdings - und das wird auch im Stück gesagt! - sehr weiblich aussieht, offenbar so sehr, dass Susanna so gar meint, dass sie selbst eifersüchtig auf sein Aussehen sei. Davon ausgehend frage ich mich, was für einen Männergeschmack die Gräfin eigentlich hat, wenn sie auf offenbar extrem feminine Burschen abfährt. Das ist nicht als Verurteilung gemeint! Nur interessehalber.

    Wir hatten ja schon ausführlich über die möglichen Gründe gesprochen, weswegen dieses " erstaunlich weibliche Aussehen" Cherubinos bei den Figuren des Stückes immer wieder Thema ist.
    Zunächst einmal gab es da ja die Wirkung aufs Publikum- eben, da Cherubino von einer Frau dargestellt wird.
    Übrigens fehlen solche Anspielungen im "Rosenkavalier" komplett! Kein einziges Mal fällt eine Bemerkung darüber, dass Octavian ein hübsches Mädchen abgibt, obwohl er in dieser Rolle ja auch überzeugt und es ausreichend Gelegenheit gäbe, einen Spruch darüber fallen zu lassen!
    Veränderter Zeitgeist? Die Oper wurde über hundert Jahre später geschrieben, und inzwischen dürfte sich auch der letzte Zuschauer an eine Frau in Hosen gewöhnt haben.
    Es gibt lediglich immer wieder Hinweise darauf, dass er noch sehr jung aussieht, allein der Kosename "Quinquin", der ihn ja dauerhaft begleitet und von allen möglichen Leuten, die ihn kennen benutzt wird. Sogar Sophie weiß bei ihrer ersten Begegnung schon darüber Bescheid.
    Daher noch ein neuer Gedanke:
    Könnte es sein, dass diese Hinweise auf Cherubinos weibliches Aussehen eher darauf Zielen, dass er eben noch sehr kindlich aussieht- praktisch auf das Noch- Fehlen gewisser männlicher Attribute wie Bartwuchs, kantigere Gesichtszüge usw. ?
    Der Begriff "Kindchenschema" war damals natürlich noch nicht bekannt, aber sicherlich wusste man darüber Bescheid, dass gewisse körperliche Merkmale wie große Augen, weiche Gesichtszüge usw. typisch kindlich sind, aber eben auch bei Frauen als "schön" gelten oder galten...
    Es wäre dann die Frage, ob er mit sechzehn/ siebzehn immer noch so ausgesehen hat, dass eine Susanna "eifersüchtig" geworden wäre...
    Und ich denke, im speziellen Falle der Gräfin kommt es mehr darauf an, dass sie hier einen jungen Mann vor sich hat, der den Boden küsst, auf dem sie geht! Was sie von ihrem Mann schon lange nicht mehr kennt!
    Eine gewisse Vertrautheit setze ich voraus, denn, wenn sie seine Patin ist, kennt sie ihn vermutlich auch schon sehr lange...
    Ich glaube, das hat mit einem speziellen Männergeschmack nicht allzu viel zu tun!
    Vielleicht reizt sie auch einfach, dass Cherubino charakterlich so ganz anders tickt als ihr Mann- eben nicht laut und aggressiv, sondern sensibel und eben auch sehr liebe bedürftig?

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