Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Idealerweise macht er das durch Mimik und gelegentliche "stubenreine" Berührungen- also keine dauernde Küsserei und kein ständiges, nerviges Gefummel.
    Und da gibt's ja viele Möglichkeiten:
    Edith Mathis beispielsweise legt Susanna zur Begrüßung von hinten die Arme um die Taille und den Kopf auf die Schulter- mehr nicht. Kein Herandrücken, kein Küssen, einfach eine freundschaftliche Begrüßung.


    Ah ok, also eben durch Umarmungen etc., dass ihm nur die Nähe wichtig ist, und kein Fummeln.


    Ich mag die Szene besonders, in der er, nach dem "Non so piu" zu lachen beginnt, zu Susanna krabbelt und ihr den Kopf in den Schoß legt.
    Und- was dir ja nicht so gefallen hat- wie die beiden sich in den Arm nehmen, als der Graf ihn in ihrem Zimmer entdeckt...


    Was mir nicht so gefallen hat? An die Szene erinnere ich mich gar nicht. Habe ich sowas gesagt?


    In der oben genannten Inszenierung wird Cherubino verkleidet, geschminkt und gepudert, dass ihm Hören und Sehen vergeht... Die Gräfin ist da zwar kein unbeteiligter Zuschauer, aber eher Susannas "Handlanger". Auf die Anweisung "Den Kragen etwas höher" beginnt die Gräfin, sich am Kragen zu schaffen zu machen, greift nochmals zum Puder und bearbeitet damit Cherubinos Hals und Oberkörper. Cherubino blickt sie dabei unverwandt an, was sie zunächst nicht merkt, doch irgendwann treffen sich ihre Blicke und er beginnt ganz leicht zu lächeln. Sie haben dann für wenige Sekunden ganz intensiven Blickkontakt und ihre Gesichter sind sich so nahe, dass man tatsächlich auf den Gedanken kommt, sie würden sich gleich küssen... Die Gräfin wendet dann ein wenig verlegen den Blick ab und schiebt Cherubino sanft wieder zu Susanna hinüber...
    Kein Knutschen, kein Fummeln! Doch die Luft hat geknistert...


    Hab mir die Szene gerade nochmal angesehen: ja stimmt, da knistert es auf jeden Fall! Wie er sie da anschaut, sowas finde ich wesentlich wirkungsvoller als Gefummle.
    Was ich auch ungewöhnlich fand war, dass man, als "er" sich in den Spiegel schaut, man recht viel von "seinem" Ausschnitt sieht, denn auf einer Seite ist das Hemd recht weit heruntergezogen, und da sieht man doch deutlich, dass das kein Junge ist.


    Wenn ich mir aber den Text so betrachte, ist Cherubino da schon ganz schön frech! So gerne ich das Beste von ihm annehmen will, aber auf ihre Drohung "Weg von mir oder ich rufe Leute!" antwortet er : "Gib mir einen Kuss, sonst tust du gar nichts!"


    Ich habe mir das "Dammi un bacio, o non fai niente" gerade übersetzen lassen, das müsste heißen "Gib mir einen Kuss, oder tu gar nichts". Ich verstehe nicht, was "oder tu gar nichts" bedeuten soll in dem Zusammenhang. Gib mir einen Kuss, oder lass es bleiben, aber ruf nicht um Hilfe? Gib mir einen Kuss, oder ich gebe dir einen?
    Auf jeden Fall finde ich die Szene halt schade, und vermute fast, dass - wir sprachen ja schon darüber - Da Ponte oder Mozart sich da nicht solche Gedanken darüber gemacht haben, oder es witzig fanden, oder Cherubino ihnen nicht so "wichtig" war, dass sie ihn sympathischer darstellen.
    Vielleicht haben sie hier auch gar nicht an die Figur Cherubino gedacht, sondern wollten, was damals ja ungewöhnlich war, mal eine Frau den Macho auf der Bühne spielen lassen.


    Dein Video kann ich leider im Moment nicht abrufen und auch der nächste Schleiertanz muss noch bis übermorgen warten... Habe mein letztes Datenvolumen aufgebraucht! Wird aber nicht vergessen, versprochen!!!


    Ah, schade. Bin auf jeden Fall gespannt auf deine Meinung! Und wie gesagt, ich sehe das nicht als "Referenz-Performance" oder so, ich fand nur die Mimik in dem Video könnte auch ein bisschen zu dieser Figur passen. (Du brauchst unlimitiertes Internet ;))


    Der Marina Comperato Cherubino wird im Begleitheft der DVD als 16 jähriger deklariert!


    Oh, das ist interessant. Was steht da genau? Dass Cherubino selbst 16 ist, oder dass er in DIESER Inszenierung von 13 auf 16 Jahre hochgestuft wurde?


    Wobei Du ja immer wieder betonst, dass Dir Sozialkritik am Herzen liegt.


    Das stimmt schon, was die restlichen Figuren angeht, aber Cherubino wäre theoretisch doch eine Figur, die da positiv herausstechen könnte. Ich frage mich ja ehrlich gesagt auch, wieso Beaumarchais eine solche Figur in sein Stück einbaut, wenn es ihm, wie er selbst sagt, um Sozialkritik ging. Wollte er ihn nur als komödiantische Figur einbauen, ohne damit etwas "aussagen" zu wollen? Oder wollte er wenigstens eine Figur sympathisch sein lassen? Ich versteh´s nicht.


    Wenn eine Inszenierung richtig gut gemacht ist, dann kann ich damit leben, wenn sie nicht sozialkritisch ist, obwohl solche Dinge wie der Graf, der 12 jährige Mädchen anmacht, oder gnädigerweise darauf verzichtet, seine Dienstmädchen vor der Hochzeit entjungfern zu wollen, für mich nicht mal ansatzweise komisch sind. Also ab und zu eine solche Inszenierung ist ok, ich finde nur, dass man nicht generell glauben sollte, dass das ganze eine heitere Komödie ist, sondern im Hinterkopf haben sollte, was die ursprünglichen Absichten des Stücks waren, und was für grausige Lebensumstände das damals waren, speziell für die Leibeigenen, die unter solchen Adeligen gelitten haben.
    Dass das vielen Leuten nicht bewusst ist, merkt man eh an der Reaktion, wenn eine Inszenierung mal nicht lustig, sondern eher ernst ist. In 100 oder 150 Jahren vielleicht wird man, weil der 2. Weltkrieg schon so lange her ist, Chaplins "Der große Diktator" für eine reine, spaßige Komödie halten, und blind sein für die Sozialkritik, die Kritik an der damaligen Politik, die darin enthalten ist, denn dann ist diese Zeit wirklich ewig lange her, ein Ereignis in den Geschichtsbüchern. Zeitzeugen wird es dann ja auch nicht mehr geben. Dann gibt es sicher Sekundärliteratur, wo drinsteht, wen genau Chaplin hier eigentlich parodiert ...
    Und auf die gleiche Weise sehen leider viele Leute heute diese Zeit. Über die hässlichen Sachen weiß man entweder nichts, oder will nichts darüber wissen, was zählt sind einzige die lustigen Gags und die "fröhliche" Musik, und bitteschön hübsche Kulissen.


    Franz Dingelstedt, der ja leider so eine miserable dt. Übersetzung abgeliefert hat (denk an die Szene, wo die Gräfin sagt "Beim ersten Kratzer .... eines meiner Mädchen" - Dingelstedt macht daraus "Aber ich werde es an diesem Bande versuchen, wenn sich einmal Jemand im Hause geschnitten hat." Das sich Verhaspeln fehlt hier völlig!), schreibt dennoch richtig in seinem Vorwort:


    Er [Beaumarchais] bietet dem Leser nicht ein reines Kunstwerk, das sich selbst erklärt, auch nicht ein hohes Meisterwerk von der Formvollendung einer griechischen Tragödie oder der ursprünglichen, ewigen komischen Kraft einer Komödie Shakespeare's, Molière's; »Figaro's Hochzeit« ist vielmehr ein Zeit- und Sittengemälde, ein Stück Tendenzliteratur.



    Deine Frage war, ob diese Aktion meiner Meinung nach anders gewirkt hätte, wenn Cherubino statt von einer Frau von einem Mann gespielt werden würde... Meine Antwort darauf wäre ein hundertprozentiges "Ja!". Es hätte einfach nicht diesen verspielten Charakter gehabt, sondern wäre deutlich obszöner 'rübergekommen, vielleicht sogar geschmacklos.
    Aber weswegen eigentlich?


    In gewisser Weise vergesse ich auch, dass das eine Frau ist, aber man (oder zumindest ich) sehe es schlussendlich doch, weil die Illusion natürlich nie "perfekt" sein kann, und auch nicht sein soll, sonst könnte man einen echten Burschen nehmen.


    Ich könnte mir vorstellen, dass ein Grund dafür, dass es nicht obzsön ist, daran liegt, dass man vielleicht unterbewusst das Gefühl hat, dass die beiden Frauen da eine solche Situation nachstellen, die in der Realität so nicht funktionieren würde.
    Stell´ dir das mal umgekehrt vor, vielleicht in so einem billigen-Sketch: zwei männliche Darsteller, und einer davon spielt eine Frau, mit falschen Brüsten, Kleid etc. Und in dem Sketch greift der Mann der falschen Frau an die Brüste, worauf die "Frau" ganz empört dreinschaut. Wäre die Frau eine ECHTE Frau, würde das wohl ziemlich blöd wirken, weil ein echter Mann einer echten Frau auf die Brüste greift. Wenn der echte Mann aber auf FALSCHE Brüste greift, und das auch ein Mann ist, dann kann man das leichter komisch finden, weil man weiß, dass das selbst ein Kerl ist, und keine echte Frau betatscht wird.


    Und vielleicht ist das hier auch so: wäre der Cherubino ein echter Mann oder Bursche, und würde die Susanna dem in den Rock greifen, dann wüsste man, ganz direkt und unverblümt gesagt, dass da auch etwas ist, wonach sie greifen kann. Wenn der Bursche aber in Wirklichkeit eine Frau ist, dann weiß man, dass sie "ins Leere greift", und die Frau nur so TUT, als wäre da etwas, als wäre sie ein Bursche, der das mitbekommt. Das Nachmachen einer Reaktion des anderen Geschlechts, ich glaube, das ist einer der Gründe, wieso diese Szene mit einem Mann nicht funktionieren würde.


    (Übrigens, in der selben Inszenierung ganz am Ende, nach der Vorstellung, kommen ja alle SängerInnen an die Rampe für den Applaus. Für den Cherubino haben sie sich was Witziges einfallen lassen. Im Hintergrund ist ein großer Tisch, wo lauter Frauen rundherum sitzen, auch ein paar der Sängerinnen. Als Cherubino an der Reihe ist, kreischen die Frauen am Tisch plötzlich kurz auf, und die Sängerin kommt unter dem Tisch hervor und läuft zur Rampe. Ich finde das ganz witzig, wenn beim Schlussapplaus die SängerInnen noch halb in ihrer Rolle bleiben, oder witzige Aktionen eingebaut sind. Dann wartet die Cherubino-Sängerin an der Seite, an eine Säule gelehnt, und als die Sängerin der Gräfin vorbei Richtung Rampe geht, gibt "er" ihr eine Rose in die Hand.





    LG,
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  • BR-Klassik hat auf seiner Seite über den Figaro an der Bayerischen Staatsoper berichtet, den ich ja kürzlich ansprach. Auch über den Cherubino wird da geredet:



    Zitat

    Die Mezzosopranistin Solenn Lavnanat Linke singt den jugendlichen Cherubino mit Dreispitz und in Kniebundhosen. "Das ist eine der schwierigsten Arien für Mezzo, weil die liegt ganz hoch", erklärt die Sängerin über die Arie "Voi che sapete". "Und jetzt bin ich wie ein Chamäleon und wandele an dieser Grenze." Neben der stimmlichen Herausforderung ist die Rolle des Cherubino auch schauspielerisch kein Kinderspiel: Seit Wochen spaziert Solenn Lavanant-Linke durch die Straßen und beobachtet junge Männer. Wie könnte sich ihr Cherubino die Haare aus dem Gesicht streichen, wie ist sein Gang, wie seine Mimik? Und dann ist da auch noch das komplizierte Seelenleben der Teenager: Sie sind kompromisslos, pausenlos auf Konfrontationskurs und haben eine schwärmerische Vorstellung von der Liebe: "Jugendliche können zum Beispiel nicht aushalten, wenn ein Pärchen seit 20 Jahren zusammen ist und sich nicht mehr küsst", sagt die Darstellerin des Cherubino, "sie können das gar nicht nachvollziehen, sie würden sagen: dann sich lieber trennen. Und da glaube ich, ist Cherubino auch ein bisschen wie ein Eros und erinnert uns daran, dass Liebe knackig und frisch ist und immer wieder neu erschaffen werden sollte."


    Das ist zwar eine Utopie, wie wir alle wissen: Der Alltag überrollt die wonnigen Stunden der selbstvergessenen ersten Liebe irgendwann. Und doch spinnt Regisseur Loy den Gedanken als Vision in Cherubino weiter: "Da ist der Cherubino für mich tatsächlich so ein Unschuldsengel", sagt Loy. "Ich möchte die Figur, so wie der Name ist, Cherub, da möchte ich gerne etwas Engelhaftes hineinlegen. Und etwas, was eigentlich mit einer Utopie zu tun hat, wo man denken könnte, es gibt Sinnlichkeit, es gibt Erotik, ohne dass es gleich mit Moral in Verbindung gebracht wird."



    Ich fand die Herangehensweise der Sängerin hier interessant! Sie achtet also auch auf den Gang und die Mimik. Wäre jetzt doch interessant, sie in dem Stück zu sehen ...
    Nur "Mezzo-Sopranistin" klingt schon mal nicht so gut.




    LG,
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  • Mir fällt übrigens gerade eine Szene im Figaro ein, die wir gar nicht erwähnt haben, und die ich immer noch nicht verstehe. Wenn die ganzen Mädchen auftauchen und ihr Lied singen, ist ja auch Cherubino, diesmal wirklich von Barbarina verkleidet, dabei.


    Da sagen dann Susanna oder die Gräfin sowas wie "Das ist ja ein besonders hübsches Mädchen", und die Gräfin gibt ihm da einen Kuss auf die Stirm, worauf Susanna sagt "Wie sie errötet!".


    Da frage ich mich immer: wissen die beiden, dass es sich hier um Cherubino handelt, und nutzt die Gräfin hier ihre Chance, ihm einen Kuss zu geben (wenn auch auf die Stirn), weil sie sich notfalls darauf rausreden kann, dass sie getäuscht wurde und dachte, das sei ein Mädchen? Oder ist sie wirklich darauf reingefallen?
    Dieser Kuss ist nämlich mal KEINE Idee in einer Inszenierung, sondern tatsächlich eine Regieanweisung - dem Jungen muss ja ziemlich heftig zumute gewesen sein, falls das das erste Mal war, dass sowas passiert ist!
    Wieso er danach noch von Susanna einen Kuss haben möchte, wo ihn schon die Gräfin persönlich so beglückt hat, verstehe ich umso weniger.





    LG,
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  • Ergänzung:


    Ich habe die besagte Szene falsch dargestellt: es ist die Gräfin, die das mit dem Erröten sagt, nicht Susanna.


    Hier die Stelle und die dt. Übersetzung:


    CONTESSA
    Onoriamo la bella forestiera.
    (a Cherubino)
    Venite qui ... datemi i vostri fiori.
    (Prende i fiori di Cherubino e lo bacia in fronte.
    Fra sé)

    Come arrossi .
    (a Susanna)
    Susanna, e non ti pare.
    Che somigli ad alcuno?



    GRÄFIN
    Ehren wir die fremde Schöne.
    (zu Cherubino)
    Kommt her ... gebt mir Eure Blumen.
    (nimmt die Blumen Cherubinos entgegen und küßt
    ihn auf die Stirn. Für sich)

    Wie sie errötet .
    (zu Susanna)
    Susanna, scheint dir nicht.
    daß sie jemandem gleicht?.



    Das gibt noch mehr Rätsel auf.
    Die dt. Übersetzung dürfte hier aber ungenau sein, die Gräfin sagt "Come arrossi", was offenbar soviel heißt wie "Wie rot"; sie sagt aber nicht "Wie ER" oder "Wie SIE errötet", denn dann wäre fraglich, ob sie wirklich weiß, wer das ist, denn sie sagt das für sich, also ungehört von den anderen.


    Dann fragt sie Susanna, ob ihr nicht eine Ähnlichkeit auffällt - weiß die Gräfin hier schon längst, dass es Cherubino ist? Oder weißt sie es erst NACH dem Kuss, vielleicht wegen seiner Reaktion darauf?
    Kurz darauf, als der Junge enttarnt wird, sagt die Gräfin, wiederum für sich, "O Himmel!". Sagt sie das, weil sie überrascht ist, dass es Cherubino ist, oder weil sie nicht wollte, dass er enttarnt wird?




    EDIT: ich habe mir jetzt mal mehrere verschiedene Versionen dieser Szene auf Youtube angesehen, darunter die Nikiteanu-Version, die von Salzburg 2006 unter Harnoncourt, den Film aus den 70er Jahren mit Maria Ewing, Glyndebourne 1999 usw., und in keiner einzigen Version küsst die Gräfin Cherubino auf die Stirn. Im Gegenteil, mir fällt auf, wie lächerlich sie oft inszeniert wird, als wolle der Regisseur da jetzt unbedingt was Komisches raushauen. Da benimmt sich Cherubino so übertrieben schüchtern, das man sich in einem Kindertheater wähnt, aber nicht in einer Opernvorstellung.
    Gut, in manchen Fällen wird der Kuss vermutlich entfallen, weil vorher schon so herumgefummelt und geknutscht wurde, dass so ein Bussi auf die Stirn für den Jungen nichts Besonderes mehr wäre.




    LG,
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  • (Du brauchst unlimitiertes Internet )


    Wem sagst Du das?!? Ich bräuchte vor allem einmal einen anständigen PC, damit ich nicht mehr nur mittels eines launischen Smartphones ins Internet komme!!! Bald gibt's ja Weihnachtsgeld... :rolleyes:




    Was mir nicht so gefallen hat? An die Szene erinnere ich mich gar nicht. Habe ich sowas gesagt?


    Ich hab's gesucht und gefunden!!! Pass auf!!!

  • Wem sagst Du das?!? Ich bräuchte vor allem einmal einen anständigen PC, damit ich nicht mehr nur mittels eines launischen Smartphones ins Internet komme!!! Bald gibt's ja Weihnachtsgeld... :rolleyes:


    In Deutschland gibt´s sicher auch diverse Internet-Würfel mit unlimitiertem Netz, die sind ziemlich schnell. :)




    LG,
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  • Zitat von »Dritte Dame«




    Als er in ihrem Zimmer entdeckt wird und der Graf immer weiter auf Susanna eindringt, nähert sie sich Cherubino, greift nach seiner Hand und sie nehmen sich in die Arme! Sie beschützen sich da also gegenseitig!

    Solche Einfälle finde ich bei diesem Stück ziemlich daneben, weil es die Figuren romantisiert. In einer anderen Inszenierung kam kurz vor "Non piu andrai" Barbarina auf die Bühne und hat Cherubino schützend festgehalten gegen die anderen, erwachsenen Figuren. Das finde ich noch eher glaubhaft.


    Ist schon eine ganze Weile her, das war auf Seite vier...
    Ich finde es nach wie vor durchaus realistisch, dass Cherubino eine sehr innige Beziehung zu Susanna haben könnte.
    Du setzt ja in dieser Beziehung eher auf Barbarina, wenn ich mich recht erinnere. Wobei ich zu Barbarina ein eher negatives Verhältnis habe und ihr auch nicht wirklich abkaufe, dass ihr tatsächlich besonders viel an Cherubino liegt! Wir sind aber irgendwie nicht mehr weiter darauf zu sprechen gekommen...

  • Ah stimmt, jetzt kann ich mich erinnern! Danke für´s Raussuchen :)


    Ja, da hat mich offenbar gestört, dass Susanna hier sympathischer gezeichnet wird, weil ich nicht glaube, dass sie so ist. Was Barbarina angeht, sehe ich das mittlerweile auch eher so wie du. Gut, sie ist, im Gegensatz zur Gräfin oder zu Susanna auch noch sehr jung, und sie sagt, dass der Graf sie "so oft" geküsst und umarmt hat. Also ein bisschen tut sie mir schon leid. (Und ich verstehe auch besonders die weiblichen Zuschauer der Oper nicht, die vom "Contessa perdono" gerührt sind. Klar kann es toll gesungen sein, aber dennoch scheinen viele auszublenden, oder gar nicht zu wissen, was der Typ alles aufführt, und noch aufführen wird. Mir gefällt z.B. die Arie "Deh vieni non tardar" von Susanna ausgezeichnet, und mir gefällt wenn es mitreißend gesungen wird, aber emotional lässt mich das Stück kalt, weil ich die Figur absolut unsympathisch finde. Ich meine, ihr war es bis jetzt egal, ob der Graf die Leibeigenen außerhalb des Schlosses vergewaltigt verführt, sie lebt ja im Luxus und hat es gut, aber sobald es sie selbst betrifft, steigt sie auf die Barrikaden. Genauso wie die Gräfin, die später einen netten Burschen wegschickt, damit sie den grauslichen Graf "Ich mach´s auch mit 12 jährigen" Almaviva wieder hat)




    LG,
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  • Hab mir die Szene gerade nochmal angesehen: ja stimmt, da knistert es auf jeden Fall! Wie er sie da anschaut, sowas finde ich wesentlich wirkungsvoller als Gefummle.
    Was ich auch ungewöhnlich fand war, dass man, als "er" sich in den Spiegel schaut, man recht viel von "seinem" Ausschnitt sieht, denn auf einer Seite ist das Hemd recht weit heruntergezogen, und da sieht man doch deutlich, dass das kein Junge ist.


    Habe mir die Szene auch noch einmal angesehen! Weißt Du, was mir zum ersten Mal aufgefallen ist? Susanna und die Gräfin sind beide auffallend tief dékolletiert... Vielleicht auch bewusst von der Regie eingesetzt, damit die beiden sehr auffällig "weiblich" aussehen? Gerade, weil Cherubino Liliana Nikiteanu ja doch recht üppige Formen besitzt...? Und ja, du hast Recht, ich nehme einmal an, das Hemd sollte sicherlich nicht so weit herunterrutschen...
    Übrigens geht die Szene interessant weiter! Die Gräfin ist auf einmal auffallend zickig und ganz offensichtlich eifersüchtig auf Susanna, die sie gar nicht schnell genug loswerden kann...

  • Habe mir die Szene auch noch einmal angesehen! Weißt Du, was mir zum ersten Mal aufgefallen ist? Susanna und die Gräfin sind beide auffallend tief dékolletiert... Vielleicht auch bewusst von der Regie eingesetzt, damit die beiden sehr auffällig "weiblich" aussehen? Gerade, weil Cherubino Liliana Nikiteanu ja doch recht üppige Formen besitzt...? Und ja, du hast Recht, ich nehme einmal an, das Hemd sollte sicherlich nicht so weit herunterrutschen...


    Das stimmt, wobei ich das in mehreren Inszenierungen gesehen habe - vielleicht haben die nur auf die Mode dieser Zeit geachtet. Vor längerer Zeit habe ich mal aus Interesse nach Frauenbildern gesucht, die zwischen 1770 und 1800 entstanden sind, also grob der Zeitraum, wo der Figaro spielt. Da war ich überrascht, dass es da doch einige Kleider gab, wo der Ausschnitt ziemlich tief war, wo ich eigentlich vermutet hätte, dass es da sehr "züchtig" und hochgeschlossen zuging.


    Was mich bei dem Video ein bisschen gewundert hat: Cherubino schaut die Gräfin an, und ist dabei mit seinem Gesicht besonders nah an ihrem - ich kann mir fast nicht vorstellen dass sie DAS nicht gemerkt hat. Dann schaut sie ihn an, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie hier nicht wirklich "verzaubert" oder "gebannt" ist, sondern vielmehr angetan von ihm und in den Flirtmodus schaltet, so wie sie andeutet, dass sie ihn küssen möchte, es aber doch nicht tut.
    Es wirkte mir, grob gesagt, so, als ob sie mit ihm ein bisschen spielt, dabei aber diejenige ist, die den Ton angibt.




    LG,
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  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Wo wir gerade von Liliana Nikiteanu sprechen: die sah ich kürzlich auf YouTube als eine der Schwestern in "Cosi fan tutte", ebenfalls späte 90er oder Anfang 2000er Jahre. Das war ungewohnt, sie als echte Frau zu sehen, mit Langhaar-Perücke und Kleid, diesmal jedoch nicht in komödiantischer Verkleidung.



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  • Leid tut mir Barbarina auch, ich halte sie einfach für abgebrüht und ein Stück verwahrlost- schau Dir den Vater an, eine Mutter gibt es ja offensichtlich nicht mehr! Ich mag die Kaltschnäuzigkeit nicht, mit der sie alles betrachtet. Sie hat ja nur einige kurze Auftritte, aber das fällt mir immer wieder negativ auf! Als Cherubino seine Angst äußert, der Gräfin könne ihn ein weiteres Mal entdecken, antwortet sie nur lapidar "Dann wär's ja nicht das erste Mal!" Sie müsste den Grafen und seinen Jähzorn soweit kennen. Dass sie den Grafen später praktisch, erpressen will, um Cherubino heiraten zu dürfen, halte ich auch nicht unbedingt für ein Indiz dafür, dass sie Cherubino tatsächlich mag oder gar liebt. Vielmehr können sich im Moment ja beide nicht gegen dieses Ansinnen wehren! Der Graf nicht, weil sie da Intimes offengelegt hat und Cherubino nicht, weil er gerade eh wieder auf verlorenem Posten ist!
    Warum sie ihn überhaupt heiraten will? Er ist adelig und er sieht gut aus, was will man mehr?

  • Wo wir gerade von Liliana Nikiteanu sprechen: die sah ich kürzlich auf YouTube als eine der Schwestern in "Cosi fan tutte", ebenfalls späte 90er oder Anfang 2000er Jahre. Das war ungewohnt, sie als echte Frau zu sehen, mit Langhaar-Perücke und Kleid, diesmal jedoch nicht in komödiantischer Verkleidung.

    Ich habe auch schon Bilder von ihr in Frauenrollen gesehen, sie besitzt wohl ein ungewöhnlich großes Repertoire verschiedener Rollen! Aber erst einmal wirkt sie als Frau total ungewohnt, das geht mir genauso! Octavian gehört auch zu ihrem Repertoire, aber leider habe ich im Internet keine Bilder dazu gefunden! Da denke ich nämlich, dass sie für diese Rolle eher zu "jung" wirkt. So wie Sophie Koch mich als Cherubino optisch nicht so recht überzeugt...

  • Dass sie den Grafen später praktisch, erpressen will, um Cherubino heiraten zu dürfen, halte ich auch nicht unbedingt für ein Indiz dafür, dass sie Cherubino tatsächlich mag oder gar liebt.


    Dass sie ihn mag kann sein, aber ich glaube nicht, dass das Liebe ist. Aber ich denke schon, dass sie ihn AUCH deswegen heiraten will, damit der Graf Cherubino nichts tut, bzw. damit dieser im Schloss bleiben kann. Sie hat ihn ja auch verkleidet, damit er nicht weg muss.
    Klar dürfte aber sein, dass Cherubino Barbarina nicht wirklich liebt, denn sein Herz gehört ja eigentlich der Gräfin.


    Mozart kannte ja leider den dritten Teil nicht, und wusste nicht, dass Barbarina später ein Kind vom Grafen bekommt, und die Gräfin von Cherubino - ich weiß leider auch nicht, was da passiert ist. Ob Cherubino und Barbarina eine Zeit lang verheiratet waren, und wenn ja, ob beide dann fremdgegangen sind, oder so.




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  • Ich habe auch schon Bilder von ihr in Frauenrollen gesehen, sie besitzt wohl ein ungewöhnlich großes Repertoire verschiedener Rollen! Aber erst einmal wirkt sie als Frau total ungewohnt, das geht mir genauso!


    Normalerweise ist es ja eher umgekehrt: Sängerinnen haben lange Haare, und für Hosenrollen tragen sie eine Perücke. Bei Nikiteanu war es aber so, dass sie selbst kurze Haare hatte, und für Frauenrollen eine Perücke trug.




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  • Dass Cherubino und Barbarina tatsächlich geheiratet haben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen! Ich denke, sie machen einfach ein wenig zwanglos herum... Barbarina, weil er ein süßer Bengel ist und sie vielleicht auch vor ihren Freundinnen mit ihm ein bißchen angeben kann und Cherubino, weil er da nicht dauernd etwas auf die Finger bekommt, wenn sene Hormone überkochen...
    Oder, wie der Holzwurm der Oper es ausdrückt: "Barbarina ist die, die mit dem Pagen gerne mal unterm Tisch sitzt und knutscht!"

  • Das stimmt, wobei ich das in mehreren Inszenierungen gesehen habe - vielleicht haben die nur auf die Mode dieser Zeit geachtet. Vor längerer Zeit habe ich mal aus Interesse nach Frauenbildern gesucht, die zwischen 1770 und 1800 entstanden sind, also grob der Zeitraum, wo der Figaro spielt. Da war ich überrascht, dass es da doch einige Kleider gab, wo der Ausschnitt ziemlich tief war, wo ich eigentlich vermutet hätte, dass es da sehr "züchtig" und hochgeschlossen zuging.

    Das hätte ich jetzt auch gedacht! Und die Inszenierungen im traditionellen Stil kenne ich auch beinahe ausschließlich mit hochgeschlossenen Kleidern. Ich fand die beiden in dieser Inszenierung immer schön recht tief dékolletiert, aber mir kam zum ersten Mal der Gedanke, dass das vielleicht sozusagen als "Kontrast" zu der Hosenrolle beabsichtigt sein könnte...

  • Auweh, diese verharmlosenden "Holzwurm der Oper"-CDs kenne ich auch, zumindest zwei davon.


    Ich wette, dass Ilja Richter da mit keinem Wort das Alter von Barbarina erwähnt, was der Graf mit ihr macht, oder was das jus primae noctis genau ist, oder?
    Ich weiß sowieso nicht, warum man Kindern einen solchen Stoff "näherbringen" möchte, wo noch nicht mal die meisten Erwachsenen sich mehr dafür interessieren, und darin nur eine lustige Komödie mit hübschen Kostümen und süßlicher Musik sehen.




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  • Ich fand die beiden in dieser Inszenierung immer schön recht tief dékolletiert, aber mir kam zum ersten Mal der Gedanke, dass das vielleicht sozusagen als "Kontrast" zu der Hosenrolle beabsichtigt sein könnte...


    Ich finde den Gedanken gut, aber bin mir doch sehr unsicher, denn Cherubino taucht ja doch nicht so häufig auf. Wenn überhaupt eine Absicht dahintersteht, könnte ich mir doch eher vorstellen, dass der Regisseur zeigen wollte, dass es da sehr freizügig zugeht in dem Schloss, oder dass man der neuesten Mode hinterherhechelt, oder sowas in der Art. Weil wenn die Inszenierung länger geht, wird es ja unterschiedliche Cherubinos geben, die recht dünn sind, so dass es keine tiefen Ausschnitte mehr bräuchte, um das zu kaschieren.




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  • Was mich bei dem Video ein bisschen gewundert hat: Cherubino schaut die Gräfin an, und ist dabei mit seinem Gesicht besonders nah an ihrem - ich kann mir fast nicht vorstellen dass sie DAS nicht gemerkt hat. Dann schaut sie ihn an, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie hier nicht wirklich "verzaubert" oder "gebannt" ist, sondern vielmehr angetan von ihm und in den Flirtmodus schaltet, so wie sie andeutet, dass sie ihn küssen möchte, es aber doch nicht tut.
    Es wirkte mir, grob gesagt, so, als ob sie mit ihm ein bisschen spielt, dabei aber diejenige ist, die den Ton angibt.


    Hast Du Dir das "Voi que sapete" dieser Inszenierung einmal angesehen? Da wird ganz offenkundig, wie Cherubino zu beiden Frauen steht...
    Und ja, sie gibt den Ton an! Als Susanna nach dem Verkleiden endlich den Raum verlässt, wird Cherubino so ausgiebig von ihr geknuddelt, dass ihm Hören und Sehen vergeht! Susanna hatte ihn praktischerweise vorher schon beherzt aufs Bett der Gräfin geschubst, um ihn zu verpflastern...
    Und als Zuschauer hofft man inbrünstig, dass Susanna auch daran gedacht hat, die Türe ordentlich zu verschließen, denn was sagt man dem überraschend heimkehrenden Ehemann, wenn der einen im Bett beim Schmusen mit einemHalbwüchsigen erwischt, der geschminkt und gestylt ist wie zum Christopher- Street- Day...? Schwierig...

  • Hast Du Dir das "Voi que sapete" dieser Inszenierung einmal angesehen? Da wird ganz offenkundig, wie Cherubino zu beiden Frauen steht...


    Ich glaube nicht, zumindest kann ich mich nicht dran erinnern. Werde ich jetzt aber nachholen, wenn ich was finde!


    Nur bei "Venite, inginocchiatevi" kam es mir halt nicht wirklich so vor, als ob die Gräfin jetzt irgendwie gefesselt wäre von ihm, sondern so tut als würde sie sagen "Du hättest gerne einen Kuss, richtig? Na, geb ich dir einen, geb ich dir einen ... nein, ich geb dir doch keinen, was für ein Pech, dreh dich wieder weg".




    LG,
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  • Mein Vater war ein großer Opernfreund und mein Bruder und ich schon vor dem Grundschulalter Dauergast in der Oper...
    Meine Kinder sind drei und fünf Jahre alt und kennen inzwischen auch bereits mehrere Opern: "Hänsel und Gretel", "Die Zauberflöte" und auch "Die Hochzeit des Figaro".
    Natürlich kennt die Große den historischen Hintergrund nur rudimentär und die Kleine gar nicht.
    Und natürlich habe ich nur Inszenierungen ausgewählt, die nicht in irgendeiner Form angsteinflößend o.ä. sind.
    Und auch ohne brutale, historische Einzelheiten zu kennen, verstehen Kinder schon sehr genau, was moralisch und unmoralisch ist!
    Und was Kinder betrifft, geht es dann selbstverständlich in erster Linie um die Musik und die Darstellung! Warum sollte man ihnen das vorenthalten?

  • Nur bei "Venite, inginocchiatevi" kam es mir halt nicht wirklich so vor, als ob die Gräfin jetzt irgendwie gefesselt wäre von ihm, sondern so tut als würde sie sagen "Du hättest gerne einen Kuss, richtig? Na, geb ich dir einen, geb ich dir einen ... nein, ich geb dir doch keinen, was für ein Pech, dreh dich wieder weg".


    Das habe ich jetzt wiederum ganz anders empfunden! Sie spielt mit ihm, das stimmt ( Wie gesagt, schau Dir das "Voi que sapete" an!), aber gerade an dieser Stelle denke ich: Jetzt hat er sie, jetzt bringt er SIE aus der Fassung! Auf mich wirkt sie äußerst verlegen, als wenn sie nicht so recht weiß, was sie jetzt machen soll... Da schiebt sie ihn besser weg...

  • So, ich habe mir jetzt Voi che sapete bis zum Klopfen des Grafen angesehen - allerdings fällt es mir gerade schwer, was dazu zu sagen, weil da so viele Details drin stecken, dass ich das erst ausführlicher ansehen muss, mit Loops und Zeitlupe teilweise, weil da auch kleine Gesten dabei sind. Jede Person muss ich mir einzeln ansehen, damit ich alles mitbekomme.


    Was mir auf jeden Fall aufgefallen ist ist die Eifersucht der Gräfin, als Susanna sich an ihn ranmacht. Auch die Art, wie sie seine Hand hält, bevor sie sie unter "seine" Brust gibt. Apropos Brust: die machen das ja absichtlich bei ihm, dass er auch einen Ausschnitt hat, was ich aber eine gute Idee fand, aber dazu werde ich mehr sagen, wenn ich den Clip öfter gesehen habe.


    Zumindest weiß ich jetzt, warum sie bei der Szene im 3. Akt, als Cherubino tatsächlich als Mädchen verkleidet ist, auf den Kuss der Gräfin verzichten - er bekommt ihn schon bei "Voi che sapete", aber das war eine Regieidee, die mir nicht gefallen hat, ehrlich gesagt, wahrscheinlich, weil ich es schon so oft gesehen habe, und ich es für zu unrealistisch halte, dass sie sich da einfach einladend zurücklehnt um ihn zu küssen - und das während Susanna dabei ist! Ich meine, was soll Susanna sich denken? Das wäre doch viel zu gefährlich, dass die Kammerzofe das ausplaudert, und selbst wenn sie es nicht tut, wird Susanna sich vielleicht denken "Na toll, jammert herum, dass sie ihren Mann zurückhaben möchte, wir schmieden da Pläne, und dabei ist sie selbst um nichts besser und knutscht da mit Minderjährigen herum".



    Was mir aber auf jeden Fall gut gefallen hat waren die Rezitative! So häufig hört man - leider auch heute noch - dieses mechanische, Notengetreue heruntersingen, das ich echt unerträglich finde! Harnoncourt hat in Interview immer wieder betont, wie wichtig ihm gerade die Rezitative sind, und dass Mozart NICHT wollte, dass man seine Noten exakt so wiedergibt, wie sie da stehen. Hier wird "natürlicher" gesungen, mit langsamer- und schneller werden, lauter und leiser, Pausen, etc.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zumindest weiß ich jetzt, warum sie bei der Szene im 3. Akt, als Cherubino tatsächlich als Mädchen verkleidet ist, auf den Kuss der Gräfin verzichten - er bekommt ihn schon bei "Voi che sapete", aber das war eine Regieidee, die mir nicht gefallen hat, ehrlich gesagt, wahrscheinlich, weil ich es schon so oft gesehen habe, und ich es für zu unrealistisch halte, dass sie sich da einfach einladend zurücklehnt um ihn zu küssen - und das während Susanna dabei ist! Ich meine, was soll Susanna sich denken? Das wäre doch viel zu gefährlich, dass die Kammerzofe das ausplaudert, und selbst wenn sie es nicht tut, wird Susanna sich vielleicht denken "Na toll, jammert herum, dass sie ihren Mann zurückhaben möchte, wir schmieden da Pläne, und dabei ist sie selbst um nichts besser und knutscht da mit Minderjährigen herum".


    Er bekommt gar keinen Kuss, sie lässt ihn doch auflaufen! Er plumpst da ungebremst aufs Bett, weil sie sich im letzten Moment wegdreht! Und im selben Moment fällt Susnna im Hintergrund von der Couch, weil sie sich offenbar den Hals verrenkt hat, um zu sehen, was da passiert...
    Und bevor der Graf kommt, wird auch nicht geküsst, sondern nur gekuschelt- zugegebenermaßen so intensiv, dass die Gräfin schon in Erklärungsnotstand käme, sotte der Graf hereinplatzen...

  • Und was Kinder betrifft, geht es dann selbstverständlich in erster Linie um die Musik und die Darstellung! Warum sollte man ihnen das vorenthalten?


    Was die Musik angeht, so würde ich sie auf jeden Fall fernhalten von dem, was da als Mozarts Musik ausgegeben wird, und ihnen lieber die Schönheiten, den Reichtum an Klangfarben einer HIP-Interpretation zeigen, damit sie sich daran gewöhnen und keine falsche Vorstellung davon bekommen, wie Mozart klingen soll. Ich hatte dieses Glück leider nicht, aber heutzutage gibt es ja schon genügend solcher Aufnahmen, und auch Opernhäuser, die sich darauf spezialisiert haben. (Dein Interesse vorausgesetzt, kann ich dir in einem passenden Thread hier ein paar Klangbeispiele mit Vergleichen zwischen HIP- und modernem Orchester erstellen, damit du dir selbst einen Eindruck machen kannst, wie unterschiedlich das klingt)


    Natürlich ist das kein "Originalklang", denn 100%ig kann man nie wissen, ob es so klingt wie es der Komponist wollte, aber auf jeden Fall ist etwa das Spielen auf einer Holzflöte, die genau so gebaut wurde wie die zur Zeit Mozarts, korrekter als auf einer Metallflöte, der Klang nähert sich dem "Mozartklang" auf jeden Fall mehr an als wenn man seine Werke auf einem romantischen Orchester spielt.


    Was die Darstellung angeht: ich weiß halt nicht, was es bringt, gerade solche Stoffe, die man aus ihrer Zeit heraus verstehen muss, wofür auch ein bisschen historisches Wissen gehört, Kindern zu zeigen, die sich vielleicht nur kleine Aspekte herauspicken, die ihnen gefallen, etwa wenn der junge Cherubino sich lustig verkleidet oder der Graf ihn unter dem Tuch entdeckt.
    Es gibt heutzutage so viele kulturelle Angebote speziell für Kinder, Theatervorstellungen, Museen, usw., dass ich nicht weiß, wieso es eine Vorstellung sein muss, die eben komplizierter ist.



    Jetzt hat er sie, jetzt bringt er SIE aus der Fassung! Auf mich wirkt sie äußerst verlegen, als wenn sie nicht so recht weiß, was sie jetzt machen soll... Da schiebt sie ihn besser weg...


    Das glaube ich auch! Die Gräfin flirtet da ein bisschen herum, und merkt hinterher "Ups, was mach ich da eigentlich?" :D




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich finde das Zusammenspiel zwischen den drei Sängerinnen einfach klasse! Irgendwie passt da so alles- finde ich zumindest...
    ( Was ich auch immer wieder faszinierend finde: da stehen Menschen unterschiedlichster Nationalitäten auf der Bühne- in diesem Falle eine Rumänin, eine Spanierin und eine Italienerin- und alle sprechen bzw.singen dieselbe Sprache, so dass alles harmoniert...)

  • Er bekommt gar keinen Kuss, sie lässt ihn doch auflaufen! Er plumpst da ungebremst aufs Bett, weil sie sich im letzten Moment wegdreht!


    Oh, das habe ich gar nicht so gesehen! Für mich sah das nach einem Kuss aus, wenngleich auch verdeckt durch die Oberarme. Ich muss mir das auf jeden Fall öfter ansehen, damit ich alles mitbekomme!


    Ich finde das Zusammenspiel zwischen den drei Sängerinnen einfach klasse! Irgendwie passt da so alles- finde ich zumindest...


    Auf jeden Fall, da muss ich dir Recht geben! Man merkt auch, dass die Personenregie sehr sorgfältig war. Die Sängerinnen stehen oder sitzen nicht einfach nur herum, die man das leider oft in älteren Mitschnitten zu sehen bekommt. Da macht es auch Sinn, sich kleine Gesten anzusehen, etwa, wie genau die Gräfin Cherubinos Hand hält.
    Ich bin schon froh, dass die 50er und 60er Jahre vorbei sind :D




    LG,
    Hosenrolle1

  • Was Du mir über die HIP- Interpretationen erzählt hast, interessiert mich in jedem Fall, auch wenn ich das ganze nicht so streng sehe wie du...
    Nur interessehalber: Welche "Holzwurm"- CDs kennst Du denn? Ich habe zu jeder Oper die passende für die Kinder besorgt, ich finde sie einfach witzig gemacht, nur ohne die eigentliche Oper zu kennen, bringen sie nicht viel, weil so viele Stücke einfach abgekürzt werden!

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