Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Was Du mir über die HIP- Interpretationen erzählt hast, interessiert mich in jedem Fall, auch wenn ich das ganze nicht so streng sehe wie du...


    Naja, dann haben solche Vergleiche nicht wirklich Sinn, wenn man beides ok findet, und kein "richtiges" Interesse daran besteht, Mozarts Musik ein Stück weit näher zu kommen, seine Klangfarben kennen zu lernen, die einem die herkömmlichen Aufnahmen vorenthalten. Das ist nicht böse dir gegenüber gemeint!


    Nur interessehalber: Welche "Holzwurm"- CDs kennst Du denn? Ich habe zu jeder Oper die passende für die Kinder besorgt, ich finde sie einfach witzig gemacht, nur ohne die eigentliche Oper zu kennen, bringen sie nicht viel, weil so viele Stücke einfach abgekürzt werden!


    Ich kenne die Walküre-CD, und die von Hänsel und Gretel. Erstere v.a. deswegen, weil ich gespannt war, was sie zum Inzest sagen. Überraschenderweise haben sie das nicht ganz rausgenommen, aber auch nichts Negatives darüber gesagt, allerdings auch nichts dazu erklärt - eigentlich wurden die beiden wie ein normales Liebespaar behandelt.


    Wegen der Nikiteanu-Version: ich werde auf jeden Fall noch mehr dazu schreiben, das Thema ist nicht vergessen :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • ...und es wurde noch soviel gesagt, worauf ich noch gar nicht eingegangen bin!!! Ich versuche mal, mich da nach und nach durchzuarbeiten!


    Ich habe mir das "Dammi un bacio, o non fai niente" gerade übersetzen lassen, das müsste heißen "Gib mir einen Kuss, oder tu gar nichts". Ich verstehe nicht, was "oder tu gar nichts" bedeuten soll in dem Zusammenhang. Gib mir einen Kuss, oder lass es bleiben, aber ruf nicht um Hilfe? Gib mir einen Kuss, oder ich gebe dir einen?
    Auf jeden Fall finde ich die Szene halt schade, und vermute fast, dass - wir sprachen ja schon darüber - Da Ponte oder Mozart sich da nicht solche Gedanken darüber gemacht haben, oder es witzig fanden, oder Cherubino ihnen nicht so "wichtig" war, dass sie ihn sympathischer darstellen.
    Vielleicht haben sie hier auch gar nicht an die Figur Cherubino gedacht, sondern wollten, was damals ja ungewöhnlich war, mal eine Frau den Macho auf der Bühne spielen lassen.

    Jaaaaa, die ominöse Gartenszene haben wir ja schon bis ins kleinste zerpflückt, ich habe sie nur noch einmal erwähnt, weil ich den Eindruck hatte, Du versucht, unseren gemeinsamen Liebling ein wenig zu verklären ;) Und er benimmt sich da wirklich daneben, aber wir hatten ihn ja schon dahingehend verteidigt, dass er hier nur als Lustspielelement herhalten musste...
    Ist die Übersetzung tatsächlich so? Die, die ich bekommen habe, lautet: "Gib mir einen Kuss, sonst tust du gar nichts!" Das verstehe ich als Botschaft so ungefähr wie: "Küss mich, eher lasse ich dich nicht in Ruhe! Und das Leute- Rufen werde ich schon zu verhindern wissen!"

  • Jaaaaa, die ominöse Gartenszene haben wir ja schon bis ins kleinste zerpflückt, ich habe sie nur noch einmal erwähnt, weil ich den Eindruck hatte, Du versucht, unseren gemeinsamen Liebling ein wenig zu verklären ;)


    Kein Problem, das war keine genervte Reaktion von mir, hoffentlich ist das nicht so rübergekommen :)
    Ich wollte mit dieser Seitenbemerkung, dass wir darüber geredet haben, nur daran erinnern, dass wir darüber geredet haben; keinesfalls sollte das bedeuten "Wir haben darüber schon geredet, wieso fängst du jetzt wieder damit an?".


    Keine Sorge, ich verkläre ihn schon nicht, weil es zu viele Punkte gibt, die ich problematisch finde, nicht nur die Gartenszene. Ich meinte ja auch kürzlich, dass ich es schade finde, dass sie ihn nicht "netter" oder "besser" gezeichnet haben, ohne so ein Verhalten, damit er mehr heraussticht aus diesem Umfeld.


    Ist die Übersetzung tatsächlich so? Die, die ich bekommen habe, lautet: "Gib mir einen Kuss, sonst tust du gar nichts!" Das verstehe ich als Botschaft so ungefähr wie: "Küss mich, eher lasse ich dich nicht in Ruhe! Und das Leute- Rufen werde ich schon zu verhindern wissen!"


    Der Google Übersetzer sagt "Gib mir einen Kuss, oder tu nichts", der DeepL Übersetzer, den ich besser finde, sagt "Gib mir einen Kuss, oder tu gar nichts". "O" heißt auf jeden Fall "oder".


    Wortwörtlich übersetzt heißt "o non fai niente" wohl "oder nicht tun nichts".




    LG,
    Hosenrolle1

  • Nein, alles gut, das kam nicht genervt rüber, aber Du hattest die Sache im Garten von Dir aus noch einmal erwähnt, und ich hatte den Eindruck, dass Du Cherubinos Verhalten nun auf einmal doch ein wenig verharmlost... Eben, weil du meintest, er würde ihr die Möglichkeit geben, abzulehnen!
    Also "Gib mir einen Kuss oder tu nichts!". Das würde ich so verstehen: "Küss mich oder wehr dich zumindest nicht, damit ich dich küssen kann!"

  • Naja, dann haben solche Vergleiche nicht wirklich Sinn, wenn man beides ok findet, und kein "richtiges" Interesse daran besteht, Mozarts Musik ein Stück weit näher zu kommen, seine Klangfarben kennen zu lernen, die einem die herkömmlichen Aufnahmen vorenthalten. Das ist nicht böse dir gegenüber gemeint!


    Alles ist gut, ich nehme so rasch nichts übel! Aber Deine Reaktion kam mir so ein wenig gekränkt vor, daher dachte ich, dass ich das jetzt mal besser nicht vertiefe...
    Allerdings hat mich deine Interpretation dessen, das ich geschrieben habe, schon ein wenig verwundert...
    Ich habe doch nicht mehr gesagt, als dass ich beidem gegenüber aufgeschlossen bin- zumindest war das so gemeint! Das sollte keine Kritik an nichts und niemandem sein...



    Grüße von der Dritten Dame

  • Ich kenne die Walküre-CD, und die von Hänsel und Gretel. Erstere v.a. deswegen, weil ich gespannt war, was sie zum Inzest sagen. Überraschenderweise haben sie das nicht ganz rausgenommen, aber auch nichts Negatives darüber gesagt, allerdings auch nichts dazu erklärt - eigentlich wurden die beiden wie ein normales Liebespaar behandelt.

    Ach ja, ich habe gehört, dass sie sich tatsächlich auch an den "Ring des Nibelungen" gewagt haben... Aber ehrlich gesagt, finde ich den thematisch für Kinder wirklich zu heftig! Der Holzwurm erwähnt beim "Figaro" übrigens sogar das "Recht der ersten Nacht", allerdings wird da nur gesagt, dass die erste Nacht mit der Braut dem Feudalherren gehörte, was den entsprechenden Bräutigam selbstverständlich ärgerte...
    Bei "Hänsel und Gretel" fand ich es schade, dass der "Abendsegen" so rüde abgeschnitten wurde...
    Und bei der "Zauberflöte" wird die erste Arie der Königin der Nacht abgekürzt und die zweite komplett unterschlagen! Sehr zum Ärger meiner Tochter, die gerade die Koloraturen liebt und mit ihrer Nachahmung derer die Nachbarschaft unterhält...

  • Wegen der Nikiteanu-Version: ich werde auf jeden Fall noch mehr dazu schreiben, das Thema ist nicht vergessen

    Da würde ich in jedem Fall die gesamte Aufnahme empfehlen, denn die ist voll von interessanten Ideen des Regisseurs- allerdings auch voller Gags... Mich kann man mit so etwas total begeistern, Dir könnte es schon ein wenig zu viel sein... ;)
    Eine originelle Idee- die ich zuvor auch noch nirgendwo erlebt hatte- fand ich beispielsweise Cherubino und Barbarina das Duett der Brautjungfern singen zu lassen! Die beiden treten während des Hochzeitsmarsches gemeinsam auf die Bühne, sie überreicht der Gräfin den Schleier für Marcellina, er dem Grafen den für Susanna- den ihm der Graf mit bösen Blick unwirsch aus der Hand reißt und Cherubino bringt sich schleunigst in Sicherheit... Er und Barbarina treten dann zusammen auf ein Podest in der Mitte der Bühne und singen das Duett, danach mischen sie sich unter die Menge und tanzen mit...

  • ...und mich würde auch sehr Deine Meinung zur Darstellung der Gartenszene interessieren und darüber, wie Cherubino sich da gibt...
    Dein letztes gepostetes Video habe ich mir jetzt angesehen. Optisch ist sie natürlich nicht so passend ( aber vielleicht müsste man sie in Verkleidung sehen, manche Cherubinos ( Ist das eigentlich der korrekte Plural? ;) ) und Octaviane erkennt man ja im Alltagsgewand nicht wieder...) und die Stimme wäre mir auch zu hell und mädchenhaft. Aber Dir ging es ja vordergründig um die Mimik: Die war allerdings sehr sparsam eingesetzt, das wäre also einer von der ganz schüchternen Cherubino- Fraktion! Für meinen Geschmack hätte da ruhig ein wenig mehr Emotion sein dürfen, aber nun war ja auch kein Gegenüber zum "Anschmachten" da! Und Cherubino soll vor der Gräfin ja auch nicht herumkaspern, sondern es soll schon klar sein, dass er vor ihr gehemmt ist! Und in der Regel weiß Cherubino ja auch, wie er sich vor der Gräfin zu benehmen hat, und nur wenige schlagen da über die Stränge, auch, wenn sie zuvor noch die größten Frechdachse gewesen sind!


    Ich finde den Gedanken gut, aber bin mir doch sehr unsicher, denn Cherubino taucht ja doch nicht so häufig auf. Wenn überhaupt eine Absicht dahintersteht, könnte ich mir doch eher vorstellen, dass der Regisseur zeigen wollte, dass es da sehr freizügig zugeht in dem Schloss, oder dass man der neuesten Mode hinterherhechelt, oder sowas in der Art. Weil wenn die Inszenierung länger geht, wird es ja unterschiedliche Cherubinos geben, die recht dünn sind, so dass es keine tiefen Ausschnitte mehr bräuchte, um das zu kaschieren.


    Da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt... Ich meinte das generell und nicht speziell auf die arme Liliana Nikiteanu und ihre griffigen Körperzonen bezogen. Dass da, wenn eine Hosenrolle vorkommt, bei manchen Regisseuren der Gedanke eine Rolle spielt, bei dieser die weiblichen Formen weitestgehend zu kaschieren und noch einmal einen draufzusetzen, indem man diese bei den Damen besonders betont!
    Ich habe mich dann noch ein wenig auf YouTube herumgetrieben und etwas Witziges festgestellt: Beim Figaro tauchen eher selten Tiefe Ausschnitte auf. In der Anfangsszene des "Rosenkavaliers" umso häufiger! Da trägt sie öfter ein tief ausgeschnittene Nachthemd,, während "er" ein weites Hemd o.ä. trägt- wie beispielsweise auch in der Szene, über die wir ausführlich gesprochen haben mit Viktoria Mester. Oder, wenn Octavian schon angezogen ist, das übliche vorne gerüschte Hemd...

  • Ich habe doch nicht mehr gesagt, als dass ich beidem gegenüber aufgeschlossen bin


    Mein Problem damit war halt hauptsächlich, dass ich selbst eigentlich nur Annäherungen an ein Werk gegenüber aufgeschlossen bin, weil ich auch nur daran interessiert bin.
    Aber ich habe jetzt mal ein Video im HIP-Thread gepostet, zu dem ich dort noch mehr sagen werde. Hier der Link:


    http://tamino-klassikforum.at/…&postID=620930#post620930



    Ach ja, ich habe gehört, dass sie sich tatsächlich auch an den "Ring des Nibelungen" gewagt haben... Aber ehrlich gesagt, finde ich den thematisch für Kinder wirklich zu heftig!


    Hmm, wieso das? Ich finde ihn nicht schlimmer als den Figaro, tatsächlich sogar noch zeitloser (Geld und Macht).



    Der Holzwurm erwähnt beim "Figaro" übrigens sogar das "Recht der ersten Nacht", allerdings wird da nur gesagt, dass die erste Nacht mit der Braut dem Feudalherren gehörte, was den entsprechenden Bräutigam selbstverständlich ärgerte...


    Oh, das überrascht mich jetzt doch! Dann wird diese Serie vielleicht doch nicht für ganz kleine Kinder sein.



    ...und mich würde auch sehr Deine Meinung zur Darstellung der Gartenszene interessieren und darüber, wie Cherubino sich da gibt...


    Kannst du mir die Zeit sagen?



    Dein letztes gepostetes Video habe ich mir jetzt angesehen. Optisch ist sie natürlich nicht so passend ( aber vielleicht müsste man sie in Verkleidung sehen, manche Cherubinos ( Ist das eigentlich der korrekte Plural? ;) ) und Octaviane erkennt man ja im Alltagsgewand nicht wieder...) und die Stimme wäre mir auch zu hell und mädchenhaft.


    Was die Stimme angeht, ich habe diese Version in meinem "Voi che sapete"-Thread besprochen. Ich fand die Stimme tatsächlich sehr gut, eben weil sie hell war, dabei aber doch eine gewisse burschikose Färbung hatte. Es klang sehr jung, dabei aber nicht künstlich jung. Wenn ich die Augen zumache, kann ich mir den Jungen, der da steht und singt, gut vorstellen, während ich das bei Nikiteanu beispielsweise rein vom Gesang her nicht kann.



    ber Dir ging es ja vordergründig um die Mimik: Die war allerdings sehr sparsam eingesetzt, das wäre also einer von der ganz schüchternen Cherubino- Fraktion! Für meinen Geschmack hätte da ruhig ein wenig mehr Emotion sein dürfen, aber nun war ja auch kein Gegenüber zum "Anschmachten" da! Und Cherubino soll vor der Gräfin ja auch nicht herumkaspern, sondern es soll schon klar sein, dass er vor ihr gehemmt ist! Und in der Regel weiß Cherubino ja auch, wie er sich vor der Gräfin zu benehmen hat, und nur wenige schlagen da über die Stränge, auch, wenn sie zuvor noch die größten Frechdachse gewesen sind!


    Da gebe ich dir völlig Recht. Was mir gefallen hat war, dass manchmal eben dieses Lächeln kam. Da könnte ich mir vorstellen, wie die Gräfin Cherubino anschaut, und wenn er dann mal so lächelt, um manche Worte oder Sätze zu unterstreichen, ganz hingerissen ist. Würde er ständig lächeln oder ständig schüchtern dreinschauen, wäre es wohl langweilig und monoton, aber wenn mal so ein süßes Lächeln kommt, dann wirkt das doch anders, finde ich.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Kannst du mir die Zeit sagen?


    Aber gerne doch! Die besagte Szene findet sich bei 30:02! Und wenn Du damit durch bist und Lust hast, kannst Du ja mal einen Blick auf 2:25 werden- da beginnt der Auftritt der Blumenmädchen! Auch sehr liebevoll ausgearbeitet, aber ich sage jetzt weiter gar nichts dazu ( alles wieder gelöscht! :P ) , damit ich dich nicht beeinflusse...

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  • Oh, das überrascht mich jetzt doch! Dann wird diese Serie vielleicht doch nicht für ganz kleine Kinder sein.


    Die CDs, die ich besitze, sind für Kinder ab 7 Jahre deklariert. Allerdings denke ich, dass das meist weniger am Thema liegt, sondern eher daran, dass schon eine gewisse Konzentrationsfähigkeit vorausgesetzt wird, denn es wird hier ja nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern Musikstücke ( teilweise in voller Länge! ) eingespielt, worauf die Kinder sich eben auch schon einlassen können müssen... Meine Tochter liebt klassische Musik, sie ist interessiert und besitzt auch das Vorwissen über die Themen der Opern, von daher eignen sich die CDs teilweise auch schon für sie. Bei Opern wie "Don Giovanni", "Carmen"
    oder eben auch "Der Ring des Nibelungen" wäre ich mir hingegen nicht sicher, ob diese sich thematisch für Siebenjährige schon eignen!

  • Hmm, wieso das? Ich finde ihn nicht schlimmer als den Figaro, tatsächlich sogar noch zeitloser (Geld und Macht).


    Mit den Themen "Geld und Macht" habe ich keine Probleme, sondern mit der Inzest-Geschichte! Ich wäre eher fähig, einer ganzen Horde Fünfjähriger das "Recht der ersten Nacht" plausibel zu erklären, als ein inzestuöses Geschwisterpaar, das dann noch für den Rest der Oper als Sympathieträger durch die Gegend stolpert. Sexuell aufgeklärt sind die meisten Kinder heute schon früh und leider besteht auch die Notwendigkeit, sie schon früh über die Möglichkeit sexueller Übergriffe, die ihnen passieren könnten, zu warnen. Sie wissen also, dass es Menschen gibt, die Dinge auch gegen den ausdrücklichen Willen des anderen tun!
    Aber gerade weil sexueller Missbrauch häufig durch Familienmitglieder und eben nicht durch Fremde verübt wird, finde ich es total unangebracht, einen Inzest zu verharmlosen oder gar noch zu beschönigen!


    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Was die Stimme angeht, ich habe diese Version in meinem "Voi che sapete"-Thread besprochen. Ich fand die Stimme tatsächlich sehr gut, eben weil sie hell war, dabei aber doch eine gewisse burschikose Färbung hatte. Es klang sehr jung, dabei aber nicht künstlich jung. Wenn ich die Augen zumache, kann ich mir den Jungen, der da steht und singt, gut vorstellen, während ich das bei Nikiteanu beispielsweise rein vom Gesang her nicht kann.


    Da bin ich doch einmal ausnahmsweise ein wenig selbstkritisch... Ich habe ja nun sehr auf die Mimik geachtet, und da die Sängerin sehr mädchenhaft aussieht, haben da vielleicht meine Augen das Gehör beeinflusst und ich habe die Stimme vor meinem geistigen Ohr mädchenhafter gemacht, als sie tatsächlich ist...
    Ich werde mir die Sache nachher noch einmal Anhören, ohne das Mädel dabei anzusehen! Und dann das gleiche einmal mit Liliana Nikiteanu versuchen! Bin gespannt...

  • Was war denn jetzt noch offen...? Wir reden ja offenbar beide äußerst gerne, und da fällt mancher interessante Gedanke unter den Tisch und fällt mir erst später wieder ein!! Ich krame dann einiges einfach wieder hervor, wenn's okay ist?


    (Übrigens, in der selben Inszenierung ganz am Ende, nach der Vorstellung, kommen ja alle SängerInnen an die Rampe für den Applaus. Für den Cherubino haben sie sich was Witziges einfallen lassen. Im Hintergrund ist ein großer Tisch, wo lauter Frauen rundherum sitzen, auch ein paar der Sängerinnen. Als Cherubino an der Reihe ist, kreischen die Frauen am Tisch plötzlich kurz auf, und die Sängerin kommt unter dem Tisch hervor und läuft zur Rampe. Ich finde das ganz witzig, wenn beim Schlussapplaus die SängerInnen noch halb in ihrer Rolle bleiben, oder witzige Aktionen eingebaut sind. Dann wartet die Cherubino-Sängerin an der Seite, an eine Säule gelehnt, und als die Sängerin der Gräfin vorbei Richtung Rampe geht, gibt "er" ihr eine Rose in die Hand.


    Das kann ich mir total gut vorstellen, und wäre bei mir auch gut angekommen! Leider habe ich so witzige Ideen beim Schlussapplaus noch nicht erlebt, schade...

  • Aber gerne doch! Die besagte Szene findet sich bei 30:02!


    Hab´s mir gerade angesehen. Ich fand ihn in dieser Szene ziemlich lästig, weil er ständig an "Susanna" dranklebte. Was mich aber stutzig gemacht hat war die Untertitelung kurz vorher, wo Cherubino sagt, er will sich einen Scherz mit ihr erlauben. "Non risponde,colla mano il volto asconde,or la burlo in verità." sagt er da, leider spuckt mir der Übersetzer da nichts Sinnvolles aus. Wenn dieser Untertitel stimmt und nicht sinnentstellend ist, vielleicht meinte er es gar nicht so ernst, wenn er dann so freche Sachen sagt? Es ist ja doch auffällig, wie anders er hier plötzlich redet - da könnte es vielleicht doch sein, dass er sowas sonst nicht sagen würde, und sie nur schockieren möchte?


    Ich werde mir die Sache nachher noch einmal Anhören, ohne das Mädel dabei anzusehen! Und dann das gleiche einmal mit Liliana Nikiteanu versuchen! Bin gespannt...


    Schau nicht hin, und stell dir vor, dass da ein hübscher Junge steht, der auch etwas feminines an sich hat :)



    Das kann ich mir total gut vorstellen, und wäre bei mir auch gut angekommen! Leider habe ich so witzige Ideen beim Schlussapplaus noch nicht erlebt, schade...


    Mir kommt gerade eine Idee: ich werde mal den Schlussapplaus verschiedene Live-Aufführungen auf YouTube miteinander vergleichen und darauf achten, wer den lautesten Applaus, die lautesten Bravo-Rufe bekommt.


    Hier übrigens der besagte Schlussapplaus:



    Geh hier bitte auf 1:28:15, direkt nachdem die Marcellina hier fertig ist kommt die Cherubino-Sängerin unter dem Tisch hervor an die Rampe. Dann wartet "er" an der Säule, und kurz darauf kommt die Gräfin. (Habe mich übrigens geirrt, es ist keine Rose, sondern irgendeine andere Blume. Das hatte ich falsch in Erinnerung)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Dame eins und zwei müssen noch ins Bettchen komplimentiert werden, danach bin ich wieder da, spätestens gegen zehn!!! Vielleicht bist du dann auch da, würde mich freuen...

  • Nur lästig? Ich fand ihn ganz schön grob, vor allem am Anfang, wo er sie immer wieder auf den Stuhl herunterdrückt, während sie ständig versucht, seine Hände wegzuschieben...
    Und wie er sich, kurz bevor der Graf erscheint, praktisch auf sie drauf legt!
    Das steht schon im krassen Gegensatz dazu, wie er mit Susanna sonst die ganze Zeit umgegangen ist!
    So hundertprozentig verstehe ich ihn auch nicht, ungefähr sagt er: "Nicht antworten... Mit der Hand das Gesicht verstecken...Ich mache einen Spaß, ehrlich!"
    Ich denke eher, er will sie nur etwas beruhigen, aber in Wirklichkeit einfach ausprobieren, wie weit er gehen kann!

  • Hier übrigens der besagte Schlussapplaus:

    Das war ja Marina Comperato!!! Die habe ich zuerst gar nicht erkannt ohne die furchtbaren Barock- Löckchen an der Seite! Die ist echt ein zuckersüßer Cherubino! Wie er da so an der Säule lehnt und der Gräfin im Vorbeigehen die Blume überreicht... Eine wirklich schöne Idee!
    Beim Thema Schlussapplaus fällt mir auch noch etwas ein! Leider wird der auf den DVDs meist ausgeblendet, aber bei dieser anderen Aufführung mit Marina Comperato ist er komplett zu sehen. Da tat mir die Gräfin total leid. Sie kam vor den Vorhang und der Applaus wurde kaum lauter... Kurz danach betrat Marina Comperato die Bühne und wurde mit donnerndem Applaus und Bravorufen bedacht! Muss ganz schön bitter für die Gräfin gewesen sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie da zwei sauschwere Arien zu singen hat...

  • Schau nicht hin, und stell dir vor, dass da ein hübscher Junge steht, der auch etwas feminines an sich hat

    Habe die Probe aufs Exempel gemacht und bei der Gelegenheit gleich noch Marina Comperato und Edith Mathis hinterher geschoben... Allzusehr habe ich mich doch nicht täuschen lassen. Liliana Nikiteanu bleibt meine Favoritin!
    Sie hat halt dieses etwas dunkle, jugenhafte in der Stimme, das ich so mag! Die Stimme der von dir zuletzt geposteten Sängerin klingt mir nach wie vor zu hell und zu sehr nach Mädchen... Aber ich weiß, was du mit "leicht burschikos" meinst, das habe ich auch herausgehört!

  • Was mich aber stutzig gemacht hat war die Untertitelung kurz vorher, wo Cherubino sagt, er will sich einen Scherz mit ihr erlauben. "Non risponde,colla mano il volto asconde,or la burlo in verità." sagt er da, leider spuckt mir der Übersetzer da nichts Sinnvolles aus. Wenn dieser Untertitel stimmt und nicht sinnentstellend ist, vielleicht meinte er es gar nicht so ernst, wenn er dann so freche Sachen sagt? Es ist ja doch auffällig, wie anders er hier plötzlich redet - da könnte es vielleicht doch sein, dass er sowas sonst nicht sagen würde, und sie nur schockieren möchte?


    Hab's auch noch einmal per Internet versucht, meine Version muss wohl so ungefähr richtig sein... Dann habe ich mir noch einmal ganz unelegant meine ganzen Figaro- DVDs vorgenommen und die Untertitel eingeblendet, weil ich sehen wollte, wie der Satz dem Sinne nach zu verstehen ist... Da wird Cherubinos "Or la burla, in verita" durch die Bank übersetzt mit "Jetzt mache ich mir einen Spaß!", Nun erlaube ich mir ein Späßchen!" oder auch "Jetzt werde ich sie richtig necken!"
    Da wird also davon ausgegangen, dass er mit sich selber redet, nicht zu "Susanna"!
    Was mich wundert, denn in den deutschen Versionen, die ich kenne, sagt Cherubino direkt zu Susanna "Ist ja nur Scherz, ich schwör' es dir!" und in der Felsenstein Inszenierung "Sieh, ich scherze, willst du keinen Spaß versteh'n?"
    Das macht schon einen Unterschied, ob der Zuschauer da quasi Cherubinos Gedanken hört oder ob er zu "Susanna" spricht- wovon ich jetzt immer ausgegangen bin...
    Dieser andere Satz ( "Gib mir einen Kuss oder tu gar nichts!") wird bei den Untertiteln leider meistens unterschlagen, weil gerade da alle durcheinander singen. Ein einziges Mal wurde er eingeblendet und zwar als "Küss mich oder du tust nichts!" Was mich auch nicht viel schlauer gemacht hat...

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Keine Sorge, ich verkläre ihn schon nicht, weil es zu viele Punkte gibt, die ich problematisch finde, nicht nur die Gartenszene. Ich meinte ja auch kürzlich, dass ich es schade finde, dass sie ihn nicht "netter" oder "besser" gezeichnet haben, ohne so ein Verhalten, damit er mehr heraussticht aus diesem Umfeld.

    Er muss doch aber kein Engel sein, um im almaviv'schen Haushalt positiv aufzufallen, oder? Was mich jetzt interessiert: Wo siehst du ihn denn, außer in der Gartenszene noch nicht "nett"? Ich bin vorsichtig optimistisch, dass es mir gelingt, dir das auszureden... ;) Er ist doch schon mein besonderer Liebling!

  • Hier war noch etwas offen:

    Was steht da genau? Dass Cherubino selbst 16 ist, oder dass er in DIESER Inszenierung von 13 auf 16 Jahre hochgestuft wurde?


    Es wird eher nebensächlich erwähnt. Da wird über die "Spielarten der Liebe" gefachsimpelt, die im Figaro dargestellt werden. Zitat:
    "Der "farfallone", der Schmetterling Cherubino, der die Verwirrungen seiner sechzehn Jahre kaum erträgt und die Gräfin ebenso anhimmelt wie die gleichaltrige, kokette Barbarina, die es faustdick hinter den Ohren hat, zeigen das stürmische Erwachen der Liebe beim Erwachsenwerden."

  • Nur lästig? Ich fand ihn ganz schön grob, vor allem am Anfang, wo er sie immer wieder auf den Stuhl herunterdrückt, während sie ständig versucht, seine Hände wegzuschieben...


    Ok, das stimmt natürlich, das habe ich auch gesehen ... am meisten ist mir halt aufgefallen, wie er an ihr klebt. Auf jeden Fall kein netter Cherubino hier, da gebe ich dir völlig Recht.
    (Gestern hab ich noch kurz in einen Figaro-Film von 1956 reingeschaut, da war sein Verhalten absolut harmlos. Die verkleidete Gräfin ging hin und her, während Cherubino hinter ihr her ging, ohne sie zu berühren, nur am Schluss, kurz bevor der Graf kommt, umarmt er sie von hinten)



    Wenn du hier auf 2:19:15 gehst, siehst du die Szene. (Nebenbei, ich finde, dieser Cherubino bewegt sich wenig jungenhaft, oder? :D)


    Das war ja Marina Comperato!!! Die habe ich zuerst gar nicht erkannt ohne die furchtbaren Barock- Löckchen an der Seite! Die ist echt ein zuckersüßer Cherubino! Wie er da so an der Säule lehnt und der Gräfin im Vorbeigehen die Blume überreicht... Eine wirklich schöne Idee!


    Jetzt habe ich, weil du "Comperato" geschrieben hast, auch immer Comperato geschrieben, im Abspann steht aber Comparato - war das jetzt falsch?


    Ich fand die Frisur von ihm hier auch viel hübscher, optisch auf jeden Fall sehr gut, wie ich finde. Die Idee gefällt mir ebenfalls (auch wenn das Ganze im Hinblick auf den dritten Teil einen bitteren Beigeschmack bekommt), schön romantisch eigentlich.


    Da tat mir die Gräfin total leid. Sie kam vor den Vorhang und der Applaus wurde kaum lauter... Kurz danach betrat Marina Comperato die Bühne und wurde mit donnerndem Applaus und Bravorufen bedacht! Muss ganz schön bitter für die Gräfin gewesen sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie da zwei sauschwere Arien zu singen hat...


    Ich war gestern zu müde, um mir viele Videos anzusehen, aber ein paar hab ich geschafft.


    Bei Christine Schäfer als Cherubino war´s ungefähr so ähnlich. Zuerst die anderen Sänger, und als Schäfer rauskam wurde es richtig laut. Röschmann und Netrebko bekamen zwar auch Jubelrufe, aber ich hatte das Gefühl, dass die vergleichsweise leiser, auf jeden Fall aber eher "pro forma" waren, dass da keine richtige Energie dahinter war.


    Von Stade bekam 1973 in Glyndebourne überhaupt keinen lauten Applaus, der klang bei ihr so wie bei den anderen.


    Nikiteanu bekam, wenn ich das richtig höre, am meisten "Bravo"-Rufe, die anderen SängerInnen zwar auch, jedoch etwas weniger.


    Die Frage ist auch, wem und was das Publikum applaudiert. Applaudiert man der Figur, weil sie einem am sympathischsten ist? Applaudiert man der Sängerin, weil sie toll gesungen hat? Oder weil sie die Figur gut dargestellt hat, auch wenn der Gesang vielleicht nicht gefallen hat?
    Ich glaube, eine Rolle spielt vielleicht auch, wie die SängerInnen auftreten. Oft ist es ja so, dass Figaro und Susanna, Graf und Gräfin etc. gemeinsam an die Rampe kommen, Cherubino meist alleine, was auch nochmal anders wirkt.



    Sie hat halt dieses etwas dunkle, jugenhafte in der Stimme, das ich so mag! Die Stimme der von dir zuletzt geposteten Sängerin klingt mir nach wie vor zu hell und zu sehr nach Mädchen... Aber ich weiß, was du mit "leicht burschikos" meinst, das habe ich auch herausgehört!


    Es ist halt eine leicht dunkle Färbung in der Stimme, die verhindert, dass es zu mädchenhaft klingt (könntest du dir diese Stimme als Barbarina vorstellen?), aber die die Stimme dennoch nicht alt klingen lässt, sondern einfach nur jungenhafter. Für mich eine richtige Mischung aus jungen- und mädchenhaft, eigentlich, so wie ja auch Cherubino irgendwie eine Art Mischform ist.


    Hab's auch noch einmal per Internet versucht, meine Version muss wohl so ungefähr richtig sein... Dann habe ich mir noch einmal ganz unelegant meine ganzen Figaro- DVDs vorgenommen und die Untertitel eingeblendet, weil ich sehen wollte, wie der Satz dem Sinne nach zu verstehen ist... Da wird Cherubinos "Or la burla, in verita" durch die Bank übersetzt mit "Jetzt mache ich mir einen Spaß!", Nun erlaube ich mir ein Späßchen!" oder auch "Jetzt werde ich sie richtig necken!"
    Da wird also davon ausgegangen, dass er mit sich selber redet, nicht zu "Susanna"!
    Was mich wundert, denn in den deutschen Versionen, die ich kenne, sagt Cherubino direkt zu Susanna "Ist ja nur Scherz, ich schwör' es dir!" und in der Felsenstein Inszenierung "Sieh, ich scherze, willst du keinen Spaß versteh'n?"
    Das macht schon einen Unterschied, ob der Zuschauer da quasi Cherubinos Gedanken hört oder ob er zu "Susanna" spricht- wovon ich jetzt immer ausgegangen bin...


    Danke erstmal für´s raussuchen!
    Ich werde mir demnächst nochmal diese Übersetzung von Reclam besorgen und nachsehen, was die schreiben. Es ist auf jeden Fall fraglich, was er da genau sagt, und wie er es meint.
    Außerdem, und das darf man gerade bei Mozart nicht außer Acht lassen, spielt die Musik eine sehr große Rolle, weil die oft Regieanweisungen gibt, die nicht schriftlich festgehalten sind (s. das Fechtduell zwischen Don Giovanni und dem Komtur, wenngleich das sehr offensichtlich, fast schon lautmalerisch ist; es gibt auch wesentlich schwieriger zu verstehende "Anweisungen", was die Figuren machen), und weil sie vielleicht auch mehr verrät über Absichten, Gedanken der Figuren. Das kann man mit reinem Gefühl nicht erfassen, dazu braucht es bestimmte Kenntnisse, die ich leider nicht habe, auch wenn ich versuche daran zu arbeiten.


    Der Text mit dem Scherz gibt mir aber ein bisschen Hoffnung, dass Cherubino es wirklich nur so meint, dass er absichtlich solche Sachen redet, um die falsche Susanna zu erschrecken, zu necken. Was er da sagt passt ja wirklich nicht zu einem "Cherubino d´ Amore", oder zu der Beschreibung, die J. Kaiser da abgibt.


    Ich hoffe, dass Da Ponte und Mozart das Ganze wirklich nur als Scherz sahen, und auch meinen, dass diese Figur sowas nicht tut. Dass sie sich dachten "Jetzt erlaubt sich der Junge einen Scherz und ist dabei absichtlich ganz dreist, und der Witz ist der, dass er nicht weiß, dass das die Gräfin ist, und DIE das zu hören bekommt". Dass sie also nicht wollten, dass er das tatsächlich so meint, was er sagt, sie seinen "wahren Charakter" herausstellen wollten.


    Er muss doch aber kein Engel sein, um im almaviv'schen Haushalt positiv aufzufallen, oder? Was mich jetzt interessiert: Wo siehst du ihn denn, außer in der Gartenszene noch nicht "nett"?


    Nett vielleicht schon, aber dass er etwa zu Barbarina geht, obwohl er von der Gräfin am meisten begeistert ist, dass er sich von dem Mädchen helfen lässt, und dann aber in der Gartenszene (falls es kein Scherz war) wieder zur nächsten geht und sich dort Küsse abholen möchte.


    "Der "farfallone", der Schmetterling Cherubino, der die Verwirrungen seiner sechzehn Jahre kaum erträgt und die Gräfin ebenso anhimmelt wie die gleichaltrige, kokette Barbarina, die es faustdick hinter den Ohren hat, zeigen das stürmische Erwachen der Liebe beim Erwachsenwerden."


    Das klingt wirklich so, als ob sie die Figuren des Stücks meinen, v.a. die "gleichaltrige Barbarina" stimmt ja gar nicht.


    P.S.: wie fandest du die Hörvergleiche im HIP-Thread?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Wieviele Figaro-Kauf-DVDs und VHS hast du eigentlich? Meine Sammlung an HUG-DVDs (private Mitschnitte aus dem TV nicht mit eingerechnet) ist vermutlich ziemlich klein im Vergleich.


  • Ok, das stimmt natürlich, das habe ich auch gesehen ... am meisten ist mir halt aufgefallen, wie er an ihr klebt. Auf jeden Fall kein netter Cherubino hier, da gebe ich dir völlig Recht.
    (Gestern hab ich noch kurz in einen Figaro-Film von 1956 reingeschaut, da war sein Verhalten absolut harmlos. Die verkleidete Gräfin ging hin und her, während Cherubino hinter ihr her ging, ohne sie zu berühren, nur am Schluss, kurz bevor der Graf kommt, umarmt er sie von hinten)


    Er umarmt sie nicht nur das eine Mal von hinten, das macht er mehrmals! Dafür aber auch nichts anderes. Und im Vergleich zu anderen Cherubinos ist er wirklich harmlos... Gerade diese Szene ist oft zum Fremdschämen! Besonders peinlich finde ich die penetranten Klammeräffchen...Ich überlege gerade, bei wem ich diesen Auftritt nicht unangenehm fand: Edith Mathis zerrt Susanna ständig am Arm herum, Maria Ewing ist auch permanent am Anklammern und Herumgrabschen, ebenso wie Patricia Risley...
    Liliana Nikiteanu hatten wir ja besprochen.
    Am ehesten kann ich mich noch mit Ute Trekel- Burckhardt in der Felsenstein- Inszenierung anfreunden. Cherubino ist da zwar auch recht übergriffig, aber es wirkt eher wie so ein spielerisches Gerangel. Allerdings geht die Übersetzung am Original vorbei, denn er bittet hier tatsächlich um einen Kuss, wird also verbal nicht ganz so unverschämt...

  • Wenn du hier auf 2:19:15 gehst, siehst du die Szene. (Nebenbei, ich finde, dieser Cherubino bewegt sich wenig jungenhaft, oder? )


    Das stimmt allerdings, der scharwenzelt da wirklich sehr girlie- mäßig durch die Gegend...


    Jetzt habe ich, weil du "Comperato" geschrieben hast, auch immer Comperato geschrieben, im Abspann steht aber Comparato - war das jetzt falsch?


    "Comparato" ist korrekt, du hast Recht! Der Name ist in der Worterkennung meines Handys verkehrt gespeichert, danke für den Hinweis!



    Ich fand die Frisur von ihm hier auch viel hübscher, optisch auf jeden Fall sehr gut, wie ich finde.


    Diese schrecklichen barocken Lockenperücken können manche echt entstellen! Ich habe ja an anderer Stelle erwähnt, dass man Marina Comparatos hübsches Gesicht erst wirklich wahrnimmt, als Susanna Cherubino die Haube über den Kopf zieht.
    Bei Maria Ewing war ich auch heilfroh, als Susanna die Perücke entfernt und der süße, zerzauste Lockenkopf wieder zum Vorschein kommt.
    Mir fällt als einzige Edith Mathis ein, die nicht einmal diese Perücke entstellen konnte... Aber die ist auch wirklich außergewöhnlich hübsch!

    ( auch wenn das Ganze im Hinblick auf den dritten Teil einen bitteren Beigeschmack bekommt), schön romantisch eigentlich.



    ...aber auch irgendwie schlimm, dass man jetzt irgendwie immer den dritten Teil im Kopf hat, bei so etwas, oder?

  • Bei Christine Schäfer als Cherubino war´s ungefähr so ähnlich. Zuerst die anderen Sänger, und als Schäfer rauskam wurde es richtig laut. Röschmann und Netrebko bekamen zwar auch Jubelrufe, aber ich hatte das Gefühl, dass die vergleichsweise leiser, auf jeden Fall aber eher "pro forma" waren, dass da keine richtige Energie dahinter war.


    Das ist mir da auch aufgefallen, und ich konnte es nicht so recht nachvollziehen ( Obwohl ich, wenn ich ehrlich bin, den allgemeinen Hype speziell um Anna Netrebko auch nicht wirklich verstehe! )
    Stimmlich waren alle drei gleich gut- fand ich- und die Darstellung war für jeden in dieser Inszenierung anspruchsvoll!


    Von Stade bekam 1973 in Glyndebourne überhaupt keinen lauten Applaus, der klang bei ihr so wie bei den anderen.

    Die Aufnahme habe ich, ich fand den Cherubino da relativ langweilig ( wobei Frederica von Stade ja nichts für die Regie kann...) . Ich mag aber auch ihre Stimme nicht so, da ist permanent so ein leichtes Zittern drin, das mich ganz kirre macht!

    Nikiteanu bekam, wenn ich das richtig höre, am meisten "Bravo"-Rufe, die anderen SängerInnen zwar auch, jedoch etwas weniger.


    Ich mag sie ja nun besonders gerne, tue aber mein bestes, um objektiv zu sein! Ich finde diese Aufnahme rundum gelungen und auch stimmlich musste sich keiner verstecken!

  • Die Frage ist auch, wem und was das Publikum applaudiert. Applaudiert man der Figur, weil sie einem am sympathischsten ist? Applaudiert man der Sängerin, weil sie toll gesungen hat? Oder weil sie die Figur gut dargestellt hat, auch wenn der Gesang vielleicht nicht gefallen hat?


    Das mag beim einzelnen sicher unterschiedlich sein, aber ich würde da natürlich in erster Linie Gesang und Darstellung "bewerten".
    Ganz gerecht kann das natürlich niemals sein! Wenn ich da beispielsweise die Gräfin nehme, die zwei super schwere Arien zu singen hat und darstellerisch nicht so viele Möglichkeiten, sich einzubringen und ihr Cherubino gegenüberstelle, der durch zwei kurze "Liedchen", die meist nicht einmal als "Arien" bezeichnet werden, die Möglichkeit hat, einen Risenapplaus einzuheimsen sowie durch gute Regie zum Publikumsliebling zu werden, muss dazu wohl nicht mehr allzu viel gesagt werden...
    Nach Sympathie der dargestellten Figur zu gehen, wäre wohl etwa verfehlt... Da dürfte es für Don Giovanni und die Königin der Nacht echt verflixt eng werden... ;(

  • Das klingt wirklich so, als ob sie die Figuren des Stücks meinen, v.a. die "gleichaltrige Barbarina" stimmt ja gar nicht.


    Erst einmal das, und ich würde beim Verhältnis Cherubino- Barbarina auch nicht unbedingt von "Anhimmeln" sprechen! Gerade in dieser Inszenierung nicht, in der er ihr gegenüber so deutlich den Macho gibt ( Man denke an die Szene mit dem Hut...) !

  • Er umarmt sie nicht nur das eine Mal von hinten, das macht er mehrmals! Dafür aber auch nichts anderes. Und im Vergleich zu anderen Cherubinos ist er wirklich harmlos... Gerade diese Szene ist oft zum Fremdschämen! Besonders peinlich finde ich die penetranten Klammeräffchen...Ich überlege gerade, bei wem ich diesen Auftritt nicht unangenehm fand: Edith Mathis zerrt Susanna ständig am Arm herum, Maria Ewing ist auch permanent am Anklammern und Herumgrabschen, ebenso wie Patricia Risley...
    Liliana Nikiteanu hatten wir ja besprochen.
    Am ehesten kann ich mich noch mit Ute Trekel- Burckhardt in der Felsenstein- Inszenierung anfreunden. Cherubino ist da zwar auch recht übergriffig, aber es wirkt eher wie so ein spielerisches Gerangel. Allerdings geht die Übersetzung am Original vorbei, denn er bittet hier tatsächlich um einen Kuss, wird also verbal nicht ganz so unverschämt...


    Interessant wäre jetzt tatsächlich zu wissen, was in dieser Szene laut Partitur (damit meine ich Regieanweisungen UND Musik!) passiert, und wie es gemeint ist.


    Gehen wir mal testweise davon aus, dass es so ist: die Intrige der Gräfin, die verkleidet ist, ist in vollem Gange, da kommt Cherubino her, und möchte die vermeintliche Susanna seinerseits reinlegen, indem er sie neckt und lauter unsinnige Sachen sagt - was witzig wäre, weil er selbst dabei nicht weiß, dass er die falsche Person vor sich hat.
    Dass es hier wirklich nur um Humor geht, indem Cherubino jemanden reinlegen möchte, aber seinerseits unabsichtlich reingelegt wird.
    Wenn man sich nur die schriftlichen Regieanweisungen ansieht, dann steht da nur, dass er am Ende versucht sie zu küssen.


    Dann wäre dieses Begrapschen und Klammern vielleicht zuviel des Guten, oder?


    Dann ist da aber auch die Musik; Born meint in seinem Buch (ich glaube, auf die Stelle habe ich schon hingewiesen), dass die Musik hier Zieh-Figuren spielt, die hin und her gehen, sozusagen wie der Junge die Gräfin an sich zieht, und sie sich wiederum heftig losreißt. Wenn das der Fall ist, dann wäre das an-sich-ziehen doch passender und dabei aber - weil es im Scherz gemeint ist - harmloser als sanfte Gewalt wie bei Nikiteanu, oder Fummeln und Grapschen.



    Diese schrecklichen barocken Lockenperücken können manche echt entstellen! Ich habe ja an anderer Stelle erwähnt, dass man Marina Comparatos hübsches Gesicht erst wirklich wahrnimmt, als Susanna Cherubino die Haube über den Kopf zieht.


    Ja, kann mich erinnern, dass dir dieser Regieeinfall gefiel :)



    Mir fällt als einzige Edith Mathis ein, die nicht einmal diese Perücke entstellen konnte... Aber die ist auch wirklich außergewöhnlich hübsch!


    Weil du grade von ihr sprichst, ich habe in meinem Voi che sapete-Thread auch ihre Version besprochen (glaube ich). Bitte schau nicht, was ich geschrieben habe, und sag mir, was du von ihrem Voi che sapete hältst, wobei ich den s/w Film einer Live-Aufführung meine, keine Gesamtaufnahme auf CD oder so.


    ...aber auch irgendwie schlimm, dass man jetzt irgendwie immer den dritten Teil im Kopf hat, bei so etwas, oder?


    Es hat natürlich seine Vor- und Nachteile. Man sollte eigentlich nie aus den Augen verlieren, was die ursprünglichen Absichten des Stücks waren, und dass Beaumarchais keine schöne Romanze erschaffen wollte, und dass die zugegeben romantischen Szenen (der Versprecher der Gräfin mit dem Band, etc.) aus dem zweiten Teil im Grunde nur als Vorbereitung für den dritten Teil dienen, der alles andere als romantisch ist.


    Das Problem ist, dass Da Ponte und Mozart den dritten Teil gar nicht kannten, und darüber, was danach passieren könnte, nur Vermutungen aufstellen konnten. Mozart hätte sich, rein theoretisch, denken können "Die Gräfin kommt sicher einmal mit Cherubino zusammen, bei Beaumarchais merkt man das schon deutlich, und in meiner Oper hat man auch schon Hinweise darauf. Wenn sie zusammenkommen haben sie es sicher schöner", und mit so einer Interpretation hätte er dann auch seine Musik geschrieben.
    Das war jetzt nur ein Beispiel, das heißt nicht, dass er das wirklich gedacht hat! Vielleicht hat er auch gedacht, dass das mit Cherubino überhaupt nichts ernstes ist, und die Gräfin nie einen Seitensprung wagen würde.


    Es fällt einfach schwer, dass man die Oper als Stück für sich sieht, wenn man weiß, was passieren wird. Die Situation ist problematisch, so dass man sich an romantischen Regieideen eigentlich auch nicht wirklich freuen kann, auch wenn man weiß, dass Mozart vom dritten Teil nichts wusste, und die Oper von Da Ponte stammt, nicht von Beaumarchais.
    Soll man die Oper als eigenständiges Stück sehen, das nur die Namen und Orte sowie den groben Handlungsverlauf nutzt, sozusagen "Frei nach Beaumarchais"? "Darf" man die Figuren darin als "neue", ganz eigene Figuren sehen, die vielleicht eine andere Zukunft haben als die, die Beaumarchais ihnen aufgeschrieben hat?




    LG,
    Hosenrolle1

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