Deh vieni non tardar - Eine Arie und ihre Interpretinnen

  • Im Gegensatz zu meinem Voi che sapete-Thread ist dieser hier schwierig für mich, denn die Figur Susanna, die „Deh vieni non tardar“ singt, ist mir absolut unsympathisch und auch ziemlich egal. Jedoch, in vielen Opern singen auch Bösewichte oder andere unsympathische Figuren teilweise sehr schöne Arien, die ins Ohr gehen und/oder herrlich instrumentiert sind, und auch in dieser Arie ist das der Fall, zumindest für mich.


    Die Frage ist, wie soll man nun eine Interpretation bewerten, wenn man mit einer Figur nichts anfangen kann, und ich auch keine bestimmte Vorstellung einer „idealen“ Susanna habe? Ich für meinen Teil halte es so, dass ich ausschließlich die Stimme sowie den Gesang bewerte, aber auch das „Gefühl“, der Ausdruck, der in den Gesang gelegt wird – anders gesagt, ich höre hier nur eine Sängerin eine Arie singen, und wenn das mit viel Gefühl passiert, dann verbinde ich das nicht mit der Figur Susanna.


    Bei „Voi che sapete“ ist es ja anders: dort möchte ich schon hören, wie die Sängerin die Figur Cherubino interpretiert, bei „Deh vieni“ interessiert mich das aber nicht. Von mir wird man also keine Sätze a la „Wie XY die Susanna hier singt, wie einfühlsam sie diese junge, sehnsuchtsvoll wartende Frau interpretiert, ist ein Wahnsinn“ lesen. Ganz ehrlich gesagt finde ich den Text dieser Arie wenig interessant, das geht mir aber bei so manchen anderen Operntexten („Durch die Wälder, durch die Auen, zog ich leichten Sinns dahin“ aus dem Freischütz etwa) nicht anders.


    Außerdem werde ich wie gewohnt auch hier nicht über die Musik sprechen, denn die meisten Aufnahmen bieten nicht das, was ich mir erwarte. Wenn überhaupt, werde ich nur etwa ein für mich zu schnelles oder zu langsames Dirigat erwähnen, wenn ich den Eindruck habe, dass die Sängerin damit ein Problem hat, oder die Stimme oder der Ausdruck dadurch nicht gut zur Geltung kommen.
    Interessant an dieser Arie ist für mich auch die vocal range: nicht nur hohe Töne werden verlangt, sondern an einer Stelle ein a (kleine Oktav). Zum Vergleich, dieses a liegt nur eine übermäßige Sekunde über dem ges, das Salome auf „Todes“ singt, am Ende ihres Schlussmonologes. Da achte ich auch darauf, wie die Stimme in den unterschiedlichen Lagen klingt.


    Ein weiteres Problem ist natürlich, dass ich zu wenig über den „richtigen“ Mozart-Gesang weiß, oder besser gesagt, darüber, wie seine Gesangsnoten zu interpretieren sind, da mir entsprechendes Fachwissen fehlt. Deswegen kann es vorkommen, dass ich toll finde, wie eine bestimmte Melodie gesungen wird, obwohl es eigentlich „falsch“ ist. Die meisten werden aber wissen, dass ich meinen Geschmack nicht über die Musik stelle, sondern umgekehrt die Musik über meinen Geschmack – man kann sich also sicher sein: hätte ich das entsprechende Fachwissen und gäbe es eine Interpretation, die definitiv verkehrt ist, dann würde ich das auch bemängeln und nicht mehr schön finden, denn für mich zählt die Vorstellung des Komponisten, das Werk, nicht das, was ICH gerne höre. Mich interessiert kein „Wunschkonzert-Figaro“, sondern Mozarts Figaro.
    Von meiner fachlichen Unkenntnis über alte Spielweisen einmal abgesehen ist es auch schwierig, den Gesang mit den Noten zu „vergleichen“. Ich benutze, doch auch da gibt es immer wieder Berichtigungen, dass Fermaten falsch stehen, oder Legatobögen, die gar nicht hingehören, usw.


    Noch ein Hinweis: es soll hier nur um die Arie „Deh vieni non tardar“ gehen, nicht um das der Arie vorausgehende Rezitativ Giunse alfin il momento gehen, auch wenn Mozart am Ende des Rezitativs nach dem abschließenden F-Dur Akkord attacca subito verlangt.




    LG,
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  • Barbara Bonney



    Diese Version gehört momentan zu meinen Favoriten. Barbara Bonney hat hier eine helle, vibratoarme Stimme, und benutzt das Vibrato nur an bestimmten Stellen, und dann auch nur dezent. Die Wortverständlichkeit finde ich ebenfalls sehr gut, Wörter werden nicht „verschmiert“.
    Außerdem gefällt mir, dass sie an keiner Stelle zu laut wird, besonders die hohen Töne (T. 40!) kommen nicht laut und schrill, sondern doch eher zurückgehalten und mühelos, ohne jedes Anstemmen oder Plärren daher.


    Aber auch die tiefe Stelle notturna face (T. 14-15) klingt sauber und deutlich, kein Knödeln oder gar Krächzen, auch hier scheinbar ohne große Anstrengung.


    Das Tempo ist mir persönlich einen Tick zu schnell. Mozart notiert die Arie als Andante, „gehend“, und bei dieser Stimme hätte ich manche Stellen gerne etwas langsamer gehört, damit sie nicht so schnell vorbeigehen. Meckern auf hohem Niveau: was mir ein bisschen abgeht ist hier das „Gefühl“, wenn man so möchte. Auch wenn sauber und schön gesungen wird, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein vorher gelernter Text routiniert gesungen wird, ähnlich wie bei Voi che sapete, wo das allerdings Teil des Stückes ist. Oder anders ausgedrückt, es wirkt auf mich irgendwie so, als würde die Sängerin hier eine Arie vortragen, statt für sich selbst zu singen. Aber wie gesagt, Meckern auf hohem Niveau. Vielleicht liegt es auch am Tempo.
    Was mir auch gefallen hat war, dass sie das Wort dolce quasi auch dolce nimmt, etwas weicher und leiser singt.




    LG,
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  • Anna Netrebko



    (Arie startet bei 1:00)


    Diese Einspielung, offenbar aus dem Jahr 2006, hat ein für mich deutlich zu schnelles Tempo, was zur Folge hat, dass manche Stellen sehr gehetzt und abgehakt wirken.
    Allerdings bin ich kein Freund von Netrebkos Stimme hier, die mir zu füllig klingt (womit ich nicht das Gewicht der Sängerin meine, sondern nur das Timbre; auch sehr schlanke Sängerinnen können eine „dicke“ Stimme haben!), und etwas ganz leicht Knödeliges in der Mittellage. Das notturna face wirkt wohl wegen des Tempos auf mich verschludert, Netrebko hat hier überhaupt keine Zeit, sich auf die tiefen Töne einzustellen, aber das Timbre gefällt mir hier leider auch nicht.
    Nur die hohen Töne, die zum Glück nicht zu sehr forciert werden, klingen für mich schön hell, und in T. 46 singt sie über der Fermate eine kleine, sehr sauber intonierte und gesungene Koloratur. (Ob diese Fermate ähnlich wie in Solokonzerten dafür gedacht ist, dass die Sängerin eine kleine Kadenz improvisieren kann, weiß ich leider nicht).
    Auch stört mich, dass die Wortverständlichkeit nicht sehr gut ist, Italienisch klingt das nicht wirklich.
    Also für mich keineswegs eine fürchterliche Interpretation, die Höhe gefällt mir, aber meines ist das nicht.




    LG,
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  • Irmgard Seefried



    (ab 1:25)


    Diese Version stammt, laut Beschreibungstext auf YouTube, von 1947.
    I. Seefried war nie eine meiner Lieblingssängerinnen, weder als Hänsel, noch als Agathe gefiel sie mir, und auch als Susanna ist das nicht anders. Die Wortdeutlichkeit lässt leider stark zu wünschen übrig (manchmal klingt es, als ob sie die Lippen gar nicht bewegt und nur Vokale singt, etwa bei , die Stimme gefällt mir überhaupt nicht, weder in der tiefen Lage (hier bei „notturna face“, das irgendwie nicht richtig klingt), noch in der Mittellage. Dazu werden hohe Töne meist angestemmt, auch wenn das hier zum Glück nicht so stark der Fall ist wie in anderen Aufnahmen.
    Was ich nur gut fand war, dass sie manche „C“s, etwa in „ciel“, „face“ und „tace“ weicher singt, und nicht so hart oder fast zischend, wie man das bisweilen hört. Also kein „taaatttsche“, sozusagen. Und auch kein Geplärre und kein starkes Vibrato hier, das ich ebenfalls positiv vermerken möchte.
    Aber dennoch, leider überhaupt nichts für mich.




    LG,
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  • Irmgard Seefried (1960)



    (ab 1:50)


    Diese Aufnahme entstand, wenn man der Infobox trauen darf, 1960, also 13 Jahre nach der vorhin besprochenen Einspielung. Obwohl die Tontechnik hier wesentlich besser ist (nicht, dass ich das Orchester so deutlich hören möchte, es geht mir nur um den Gesang!), finde ich den Vortrag hier leider, im Gegensatz zur vorigen Version, fast schon unerträglich.


    Gleich bei „Deh vieni, non tardar“ klingt die Sängerin irgendwie verschnupft, vor allem aber werden die Töne, im Vergleich zur alten Version, unschön angestemmt. Das „notturna face“ kommt hier zwar stärker heraus, klingt für mich aber ebenfalls verschnupft und unschön (wenngleich es auch hier unschönere Versionen gibt!). Unerträglich für mich besonders der Aufschwung bei „Qui mormora il ruscel, qui scherza l'aura“ – klingt das etwa bei Barbara Bonney anmutig und schön, wirkt es hier irgendwie plump, angestrengt und zu laut; 1947 hat sie das deutlich besser hinbekommen. Auch manche Wörter wie „ai piaceri” klingen nun härter; sang sie in der alten Version das “C” noch weich, ist das hier nicht mehr der Fall, und bei „vieni, vieni“ wird fürchterlich angestemmt!
    Das Tempo ist für mich gerade noch vertretbar, obschon hart an der Grenze zum Schleppen. Ein Andante ist das für mich eigentlich nicht mehr, eher ein Trauermarsch.




    LG,
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  • Rita Streich



    (ab 1:40)


    Diese Version, laut Infotext 1961 entstanden, finde ich gesanglich schon deutlich besser. Mir gefällt die Stimme besser, auch das "notturna face" in der Tiefe klingt ok. Schön fand ich auch, wie weich und stimmhaft das "gioia" hier genommen wurde, also kein hartes, zischendes „tttschoija“. Umso mehr wundert mich, wieso dann andere Stellen, wie etwa das "piaceri" wiederum so hart genommen werden.


    Was mich an dieser Version hier eigentlich am meisten stört ist der Ausdruck. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Sängerin hier meint, was sie singt, das Ganze klingt irgendwie so, als ob die Figur sich vor irgendetwas gruselt, besonders bei "notturna face" klingt es so, als ob sie gerade eine Gänsehaut bekommt. Ein irgendwie trostloser Vortrag, ein Umstand, den ich schon in ihrer HUG-Aufnahme von 1953 bemängelt habe.


    Für mich eine Einspielung, die ok ist, aber mir nicht im Gedächtnis bleibt.




    LG,
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  • Graziella Sciutti



    (ab 1:25)



    Diese Version ist für mich eine der besseren, auf jeden Fall weit auf den oberen Plätzen!
    Alleine schon die Umstände sind schon sehr günstig: Die sehr hübsche Graziella Sciutti war Italienerin, so dass das mit der Aussprache passt, und zum Zeitpunkt dieser Aufnahme (es gibt noch eine andere auf YouTube, die aber leider ziemlich mies klingt, stark verrauscht und sehr leise, und die ich nicht besprechen werde) war sie gerade mal 28 Jahre alt. Das muss natürlich nichts heißen, auch 17 jährige können „dicke“, schwere, alte Stimmen haben, aber dennoch finde ich das erwähnenswert.
    Aber nun zur Arie, zum Gesang.


    Das Tempo finde ich zu langsam, was gerade hier bedauerlich ist, weil es dann mit der Rollengestaltung schwieriger wird, wenn Sätze so zerdehnt werden.
    Was mir schon in der zweiten Zeile gut gefällt ist, wie sie die Worte per goder singt, oder besser, wie sie sie ausspricht, fast so, als würde sie sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein sehr weiches „D“, und ein rollendes R, das aber keineswegs hart klingt, sondern auch irgendwie weich.
    Auch das tiefe notturna face klingt sauber und unangestrengt, die Stimme klingt überhaupt nicht quäkig oder knödelig.
    Wundervoll auch, wie sie Qui mormora il ruscel, qui scherza l'aura vorträgt: in einem durch, ohne Luftholen, und die letzten beiden Worte mit hellem Timbre sehr zart gesungen, l'aura verklingt hier leise und verträumt …


    Auch die hohen Töne am Schluss kommen zurückhaltend und eher leise daher, kein Geplärre, und ohne Anstemmen. Der lange, hohe Ton bei incoronar gefällt mir auch gut, wiederum zurückhaltend, mit einem ganz feinen Vibrato, ähnlich wie bei Elisabeth Grümmer.
    Nur minimale Dinge trüben ein wenig das Vergnügen für mich; so finde ich, dass das Timbre der Sängerin, trotz des schönen Gesangs, nicht wirklich einen Wiedererkennungswert hat, und – und das ist jetzt wirklich Meckern auf ganz hohem Niveau – das Timbre klingt mir ein ganz klein wenig zu „alt“ für eine 28 jährige, bzw. für eine junge Susanna. Aber wirklich nur ganz wenig!


    Würde mir an der Susanna etwas liegen, würde ich vielleicht noch sagen, dass ich nicht wirklich merke, dass da die Figur verkörpert wird, sondern dass die Sängerin einfach nur sehr schön eine Arie singt, aber für mich reicht das in diesem Fall völlig.
    Wie gesagt, das sind nur kleine Dinge, die ich auch erwähnen wollte.




    LG,
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  • Ich schreibe das mal hier, weil es nicht wirklich in den Jubilare-Thread gehört (hierhin auch nicht wirklich, aber ich wollte jetzt keinen neuen Figaro-Thread aufmachen):



    Ich auch nicht! Er ist an ihr interessiert, also daran, sie ins Bett zu kriegen. Sie liebt einen anderen (das sagt Mozarts Musik meines Erachtens ganz eindeutig!) und ist vor allem daran interessiert, den Grafen zu foppen und ihm seine Grenzen aufzuzeigen!



    So einfach ist das ganze für mich nicht: Der Graf ist natürlich nicht "nur" daran interessiert, Susanna ins Bett zu bekommen, sonst wäre das Duett am Anfang des dritten Aktes in dieser Form gar nicht möglich. Nein, der Graf leidet wirklich, vielleicht, weil er seinen Willen nicht bekommt, vielleicht aber auch, weil er sich wirklich in Susanna verliebt hat, die mit ihrer tatkräftigen, lebensfrohen Natur ganz anders ist als seine depressiv auf dem Bett sitzende Gattin (zu deren Melancholie er sicher einiges beigetragen hat, aber so viel Reflexionsvermögen wird er kaum besitzen, um das zu erkennen).
    Zwei Punkte sind für mich für die Da-Ponte-Opern von großer Wichtigkeit:
    1. Die große Zärtlichkeit, mit der Mozart und da Ponte sich ihren Figuren nähern, ist schon erstaunlich. Das gilt insbesondere auch für die Verführer Giovanni und eben den Grafen. (Beide haben übrigens gemeinsam, dass sie während der Handlung der jeweiligen Oper wenig Erfolg haben.) Die werden nicht als plumpe Bösewichter oder ausschließlich brutale Machos gekennzeichnet. Könnte der Graf sonst glaubhaft "Contessa, perdono! Perdono! Perdono!" singen, eine der einfachsten und schönsten Melodien in allen Opern Mozarts und damit eines der großartigsten Ensembles der Opernliteratur auslösen? Dürfte die Gräfin ihm verzeihen, ohne völlig hohl und billig zu sein? Natürlich nicht. Giovanni übrigens ebenso: Lügt er Zerlina an, wenn er ihr im Rezitativ vor "La ci darem la mano" sagt, dass er sie heiraten will? Natürlich. Meint er trotztdem alles in der Sekunde, in der es ausspricht, genau so, wie er sagt, aber nun einmal nur für eine Sekunde? Natürlich auch, er ist ein Lügner, aber in der dem einen Moment meint er alles so, wie er singt, sonst wäre er wohl kaum so überzeugend. (Jetzt bitte keine Master-Arbeit, die alle Trugschlüsse in diesem Duett gezählt hat, als Gegenbeweis.) Zerlina ist ja auch nicht doof, sie ist sich ihres Zwiespalts völlig bewusst: "Vorrei e non vorrei." (Und dass es nicht weitergeht, liegt nicht an Giovanni und Zerlina, sondern an der hereinplatzenden Elvira.)
    2. Das Maskenspiel als Mittel der - auch erotischen - Verwirrung der Identität: Am stärksten natürlich in "Così", wo die Verwirrung so weit geht, dass am Schluss nicht einmal mehr gesagt wird, welche Paare sich nun eigentlich versöhnen, die alten oder die neuen. Das ist Mozart und da Ponte kaum zufällig passiert. In diesem Zusammenhang auch hochinteressant das Ständchen Giovannis aus dem zweiten Akt, das er in Leporellos Verkleidung singt, um Donna Elviras Zofe zu gewinnen. Auch hier ist alles gelogen oder auch nicht, die Zofe kann so schön sein wie beschrieben oder auch hässlich, aber die Musik dennoch von einfachster, purer Schönheit. Sie hat nichts Verlogenes, auch wenn sie durch eine Verkleidung hindurch erklingt.
    Diese beiden Punkte sind das, was ich im Zusammenhang mit der Rosenarie mit Unschärfedimension meine: Figaro glaubt, Susanna meint den Grafen. Hat Susanna einfach so gut Theater gespielt oder hat sie sich beim Spielen in etwas hineingesteigert? Ist sie so abgebrüht oder hat sie nicht auch Lust an dem Spiel mit Figaro und eventuell sogar mit dem Grafen?
    Das nur kurz, um meinen Gedankengang, den ich im übrigen für keine "Schmarrn" halte, ausführlicher zu begründen als das im Rahmen eines Höreindruckes möglich ist.

  • Lieber "Melomane",


    dein Beitrag verdient eine Antwort von mir als Angesprochenem, wenn auch in einer anderen Rubrik:



    "Contessa, perdono! Perdono! Perdono!" singen, eine der einfachsten und schönsten Melodien in allen Opern Mozarts und damit eines der großartigsten Ensembles der Opernliteratur auslösen?


    Eine der einfachsten und schönsten Melodien in allen Opern Mozarts, ja - und auch eine der kürzesten! ;)


    Noch schlichter und schöner ist meines Erachtens freilich die Antwort, also die musikalische Fortspinnung der verzeihenden Gräfin, die meiner Meinung nach erst wirklich das wunderbare Ensemble auslöst, was mich schon oft zu Tränen gerührt hat. Sie bringt die menschliche Größe auf, ihm - trotz allem, was war und trotz seiner Berechnung auch in diesem Augenblick - zu verzeihen, und erst da, in ihrem Nachsatz, wird die Musik für mich wirklich groß und göttlich.


    Lügt er Zerlina an, wenn er ihr im Rezitativ vor "La ci darem la mano" sagt, dass er sie heiraten will? Natürlich. Meint er trotztdem alles in der Sekunde, in der es ausspricht, genau so, wie er sagt, aber nun einmal nur für eine Sekunde? Natürlich auch, er ist ein Lügner, aber in der dem einen Moment meint er alles so, wie er singt, sonst wäre er wohl kaum so überzeugend.


    Oh, doch, er ist ein sehr guter Schauspieler! :D (Meine Meinung: Alles ist bei ihm Berechnung, um zum Ziel zu kommen - selbst die Provokation des Komturen am Ende...)


    Figaro glaubt, Susanna meint den Grafen.


    So ist es!


    Hat Susanna einfach so gut Theater gespielt


    Jap! ;)


    oder hat sie sich beim Spielen in etwas hineingesteigert?


    Auch das, was aber in diesem Falle kein Entweder-oder ist! Die "Hineinsteigerung", die du mit Recht hörst, gilt meines Erachtens der Vorfreude auf die Versöhnung und Vereinigung mit Figaro!


    Ist sie so abgebrüht


    Ein Stück weit auch das, aber ihr "Hineinsteigern" in das ersehnte Ziel ihrer Vereinigung mit Figaro zeigt zugleich, dass sie es nicht bzw. nicht nur ist.


    oder hat sie nicht auch Lust an dem Spiel mit Figaro


    Absolut, ja!


    und eventuell sogar mit dem Grafen?


    Und an diese Eventualität glaube ich eben nicht, denn das hätte sie auch früher und einfacher haben können. Das würde von Mozart meines Erachtens auch nicht mit dieser Poesie komponiert worden sein, weil es dem "Grundgeist" der Handlung widerspricht. Es würde den aufklärerischen Geist dieses Stückes total torpedieren! (Meine Meinung!)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Auch hier ist alles gelogen oder auch nicht, die Zofe kann so schön sein wie beschrieben oder auch hässlich, aber die Musik dennoch von einfachster, purer Schönheit. Sie hat nichts Verlogenes, auch wenn sie durch eine Verkleidung hindurch erklingt.


    Das ist eben das Problem: das ist ein oberflächliches Hören eines Hörers von heute, der die quasi versteckte Klangrede von Mozart, die rhetorischen Figuren nicht (mehr) entziffern kann. Und ja, auch ich bin ein heutiger Hörer, der das ebenfalls nicht kann, aber diesen Zustand nicht stolz beibehalten, sondern ändern möchte.
    Deswegen hüte ich mich auch davor, etwa bei Analysen von Opernfiguren von Mozart, nur oberflächlich auf die Musik zu hören, oder nur den Text herzunehmen, und weise immer darauf hin, dass die Musik mehr Auskunft geben könnte, wenn ich in der Lage wäre, es zu verstehen.


    Aber mehr möchte ich dazu nicht sagen, weil es hier um verschiedene Einspielungen von "Deh vieni non tardar" gehen soll :)



    (Jetzt bitte keine Master-Arbeit, die alle Trugschlüsse in diesem Duett gezählt hat, als Gegenbeweis.)


    Gerade solche Dinge sind es aber, die man berücksichtigen sollte - mich wundert so eine Aussage gerade von dir! Ich bin sicher, dass du Notenlesen kannst, und nicht am oberflächlichen Hören, an reinen "schön" oder "hässlich"-Urteilen interessiert bist. Das wären reine Geschmacksurteile, die eigentlich kaum eine Diskussion ermöglichen.




    LG,
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  • Irina Kostina



    (ab 1:35)


    Diesmal eine Live-Version, die recht neu ist. Sie stammt laut Infotext von einer Premierenvorstellung des Kolobov Novaya Opera Theatre of Moscow in Russland, aus dem Jahr 2014.


    Ursprünglich wollte ich schreiben, dass ich mit Anna Netrebko hier schon eine andere russische Interpretin dieser Arie besprochen habe, jedoch kommt die Sängerin offenbar aus Moldawien, dennoch gefällt mir der Gesang und das ebenfalls dunklere Timbre hier im Vergleich zu Fr. Netrebko deutlich besser.


    Aber trotzdem gibt es leider einige Minuspunkte für mich: zum einen ist es das ständig wechselnde Timbre; mal klingt die Stimme – scheinbar ab einer bestimmten Tonhöhe? – hell, dann plötzlich schlägt sie ins dunkle um, was hier mehrere Male passiert.
    Das dunklere Timbre fände ich an sich nicht so schlecht, es ist für mich so ein Beispiel, dass eine Frauenstimme eben etwas dunkler sein kann, ohne dabei alt zu klingen. Was mich hier nur stört ist, dass dieses Timbre nicht durchgehend gleich bleibt, sondern immer wieder wechselt. Besser kann ich es leider nicht beschreiben :(


    Live zu singen ist natürlich etwas ganz anderes als in einem Studio vor einem Mikro zu stehen, deswegen würde ich eine Live-Performance auch nie mit einer Studioaufnahme vergleichen. Dennoch stört mich, dass die Sängerin häufig forciert, an manchen Stellen unnötig laut, fast dramatisch wird. Ob das auch der Grund dafür ist, dass die Textverständlichkeit leider nicht gut ist, kann ich nicht beurteilen. Sehr italienisch klingt das nicht.
    Die hohen Töne am Ende klingen zwar wiederum hell, werden aber angestemmt, was ich schade finde, da ich glaube, dass es auch ohne gegangen wäre.




    LG,
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  • Lydia Teuscher



    Der Name der Sängerin kam mir von einer HUG-Aufnahme bekannt vor; sie sang das Sand- sowie das Taumännchen 2006 in Dresden in der Thalbach-Inszenierung. Aber das nur am Rande.


    Diese Version finde ich eigentlich ganz gelungen, nur wenige Dinge trüben auch hier das Vergnügen (zumindest meines, ich spreche ja nur für mich), diese fallen dafür umso stärker auf.
    Generell einmal gefällt mir die Stimme gut, sie ist hell, klingt „reif“ im Sinne von nicht aufgesetzt mädchenhaft, aber auch nicht alt. Das Vibrato wird dezent und präzise eingesetzt, kein unangenehmes Gewabere.


    Was mich bei ihrem Vortrag am meisten stört ist ihre Aussprache, die ich teilweise schon sehr seltsam finde, etwa bei „per goder“, das nach „päär godeeeeere“ klingt, und manchmal, etwa bei Wörtern wie „notturna“ oder „finché“, wo das „N“ so klingt wie ein „M“, und sogar die Lippen der Sängerin scheinen ein M zu formen. Geht es da nur mir so? Das Wort „sussurro“ spricht sie eindeutig als „sossorro“ aus. (Nebenbei, anschauen darf ich mir das Video nicht, denn die Sängerin macht beim Singen sehr eigenartige Mundbewegungen …)
    Mein größter Kritikpunkt ist hier also eindeutig die Aussprache.
    Ein bisschen störend finde ich auch, dass sie ab und zu die Schlusssilben von Wörtern etwas mehr betont, ähnlich wie Sena Jurinac das in ihrem „Voi che sapete“ getan hat, nur hier klingt es nicht so gut wie bei SJ.


    Ansonsten habe ich nicht wirklich was zu kritisieren. Ihre tiefen Töne bei „notturna face“ klingen sauber (wenngleich sie das „U“ nicht so stark hätte betonen müssen, wie ich finde), und besonders gut gefiel mir, dass sie die hohen Töne am Ende der Arie piano genommen hat, ohne Anstemmen, mit einem ganz feinen Vibrato. Auch ihre ebenfalls piano gesungene Koloratur bei der Fermate in T. 46 gefällt mir! Auch die Wörter „gioia“, „ascose“ und „rose“ kommen ohne störendes Zischen aus, werden eher stimmhaft und weich genommen
    Für eine Live-Version für mich sehr guter Durchschnitt!




    LG,
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  • Rosemary Joshua


    (ab 1:40)


    Wieder eine Susanna, die ich als Sandmännchen von einer meiner HUG-Aufnahmen kenne, diesmal die von 1994 unter Runnicles. Diese Figaro-Aufführung stammt von 2004.


    Und es ist wieder mal typisch: einmal eine HIP-Version, richtig schön klingende Oboen, Flöten und Fagotte – aber erneut SängerInnen, die mir den Spaß verderben. Bei der Figaro-Aufnahme unter Jacobs war es schon so, und auch seine Zauberflöte sowie seine Entführung leiden unter dem gleichen Problem.
    Zuerst einmal klingt die Sängerin für mich viel zu alt, die Stimme ist schwerfällig und unbeweglich. Teilweise stört mich auch die Aussprache, etwa das „gioia“ gleich zu Beginn, das recht hart gesungen wird, „ttttschoja“. Besonders arg ist aber die Stelle „notturna face“ – diese Aussprache KANN nicht ernst gemeint sein!
    Außerdem, und das störte mich schon bei Jacobs´ Figaro-Aufnahme, werden hier für meinen Geschmack nicht nur zu viele Koloraturen gesungen, sondern auch noch welche, die überhaupt nicht zu dieser Nummer passen und langweilig klingen, mal davon abgesehen, dass sie bei dieser Stimme sowieso unnötig sind, weil sie den Vortrag auch nicht mehr besser machen können.
    Sehr enttäuschend, weil die Musik hier einmal gepasst hätte!


    Ich habe mir jetzt zur Kontrolle einmal ihr Sandmännchen angehört, von der oben erwähnten HUG-Aufnahme, und schon da gefällt mir ihr Timbre und ihr ständiges, lautes Singen gar nicht; was mir aber besonders auffällt ist, dass sie an manchen Stellen Glissandi nach oben zum nächsten hohen Ton macht, die unschön klingen.




    LG,
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  • Martina Janková



    (ab 1:40)


    Und schon wieder eine Live-Version, und wieder ein „Ex-Sandmännchen“, diesmal das von der 1999er HUG-Version unter Welser-Möst.
    Ich weiß nicht, diese Version hat weder besondere Stärken noch Schwächen für mich, die Stimme finde ich ok, das Vibrato ebenfalls, die Textverständlichkeit teilweise nicht so gut. Nur das "notturna face" gefällt mir nicht wirklich vom Klang her.


    Für mich ein irgendwie unspektakulärer Vortrag, den ich schnell vergessen habe.




    LG,
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  • Diana Damrau



    (ab 1:20)


    Hier eine Studioaufnahme von 2008, mit dem Le Cercle de L'Harmonie, ein period instruments-Orchester. (Dass man sowas überhaupt extra erwähnen muss )


    Diana Damraus Interpretation gefällt mir sehr gut! Die tiefe Lage klingt gut, die mittlere Lage ebenfalls, und die Höhe hell und fast ohne Vibrato, besonders bei der Koloratur am Schluss. Die Textverständlichkeit finde ich ebenfalls gelungen, der ganze Vortrag ist eigentlich sehr zart und lieblich gestaltet, sinnlich und „nächtlich“ (die Arie wird ja in der Nacht gesungen), dabei aber nicht aufgesetzt-mädchenhaft, sondern durchaus „erwachsen“. Keineswegs bieder oder wie eine ältere Gouvernante.


    Negative Punkte finde ich hier eigentlich keine, vielleicht hätte das Crescendo bei „Qui mormora il ruscel, qui scherza l'aura“ weniger stark sein können, aber sonst fällt mir nichts ein. Besonders betörend finde ich solche Stellen wie „che col dolce sussurro il …“, wo nicht nur die Stimme hell und klar klingt, sondern auch der Ausdruck dahinter verführerisch-lockend klingt, also keineswegs mit schöner Stimme langweilig heruntergesungen; hier schlägt sie m.E. Barbara Bonney, wo diese Melodie nur schön klingt.


    Und auch hier werden Wörter wie „gioia“, „dace“ oder „rose“ nicht hart und/oder zischend, sondern ebenfalls weich und stimmhaft genommen, was gerade hier gut passt. Sowas ist für mich ein spannender Vortrag, auf jeden Fall momentan unter meinen Top3-Versionen!


    (Auch das Tempo finde ich hier gut gewählt, es ist nicht schleppend langsam, aber auch nicht zu hastig)




    LG,
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  • Edith Mathis



    (ab 2:32:20)


    Irgendwie kann ich mich auch mit Mathis´ Susanna nicht so wirklich anfreunden, obwohl die Sängerin zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade mal 29 war. Das liegt vor allem am Timbre, das in der Höhe zwar hell und klar ist (manchmal vielleicht etwas zu scharf), in der Mittellage und Tiefe aber „aufdickt“, deutlich tiefer wird, statt den hellen Charakter beizubehalten; auch hier höre ich manchmal dieses leicht knödelige bei bestimmten Worten, wenngleich sich das zum Glück doch in Grenzen hält. In einer späteren Rezension werde ich eine ebenfalls eher dunklere Stimme rezensieren, die mir aber vom Klang her deutlich besser gefällt. Wenn es soweit ist, werde ich auch nochmal auf Mathis zu sprechen kommen und vergleichen!
    Die Aussprache ist für mich soweit in Ordnung, nur das E in „ciel“ klingt mir ein bisschen zu geschlossen.


    Sicher keine schlechte Version, aber leider nicht meines. :(




    LG,
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  • Edith Mathis



    (ab 1:50)


    Diese Version gefällt mir im Vergleich zur vorigen schon besser, hier kommt mir die Stimme nicht so dick vor, auch das Knödeln ist noch geringer. Würde ich der vorigen Aufnahme auf jeden Fall vorziehen!




    LG,
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  • Elly Ameling



    (ab 1:25)


    Naja.


    Die Textverständlichkeit in dieser Version lässt doch zu wünschen übrig, und sehr „italienisch“ klingt die Aussprache nicht, besonders etwa bei Wörtern wie „ciel“, die eher wie „tschelll“ genommen werden. Ihr „notturna face“ klingt im Vergleich zum restlichen Vortrag irgendwie schwach, als würde sie als „Notlösung“ für dieses Register anders singen.


    Seltsam finde ich auch, dass sie (wie übrigens ein paar andere Sängerinnen auch) die Wörter „bella“ und „tace“ mit einer alternativen „Melodie“ singt: Mozart notiert hier auf beiden Silben die selbe Tonhöhe, aber gesungen wird es manchmal mit absteigenden Noten, ähnlich wie in einem Rezitativ. Dafür singt Elly Ameling hier keine Koloratur in Takt 46, sondern bleibt bei den drei notierten Noten.
    Die hohen Töne kommen dafür angenehm hell, unangestrengt und vibratoarm daher, und auch ohne Anstemmen. Keine Version, die mir im Gedächtnis bleibt.




    LG,
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  • Seltsam finde ich auch, dass sie (wie übrigens ein paar andere Sängerinnen auch) die Wörter „bella“ und „tace“ mit einer alternativen „Melodie“ singt: Mozart notiert hier auf beiden Silben die selbe Tonhöhe, aber gesungen wird es manchmal mit absteigenden Noten, ähnlich wie in einem Rezitativ.

    es handelt sich um eine besondere Weise, "Appogiaturen" (Vorschläge) zu notieren, die vor allem in Rezitativen auftaucht, aber auch in Arien angenommen wird. Ein schwer-leicht sekundweise absteigende Tonfolge, wobei der erste Ton dissoniert, der zweite diese Dissonanz auflöst, wird als Tonrepetition notiert. Diese Sitte war zeitweise in Vergessenheit geraten, was ein Grund für die unterschiedlich Ausführung ist. Es ist aber auch nicht immer klar, ob im Einzelfall nun eine Appogiatur oder keine oder eine Wahlmöglichkeit gemeint ist. Die NMA notiert in einschlägigen Fällen oft im Kleinstich einen Ausführungsvorschlag. Über die Richtlinien sollten Vorworte in der NMA Auskunft geben.

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  • Joan Sutherland



    (ab 1:50)


    Auweh, nein, das höre ich mir nicht nochmal an! Hier passt für mich überhaupt nichts. Das Ganze klingt für mich so, als ob da ein Kassettenrecorder zu langsam läuft: das Tempo schleppt sich mühevoll dahin, die Stimme ist viel zu tief, die Textverständlichkeit mies (es klingt so, als ob die Sängerin hier permanent mit dem Mund ein O formt und so alles runtersingt. In den YouTube Kommentaren sagt sogar ein offensichtlicher Freund ihres Gesanges folgendes:


    Zitat

    I usually find something to admire even in Sutherland's later recordings but here the tone is simply too elderly for Susanna and robs the aria of its essential freshness. Attacking the notes from below has here become the norm, which also detracts from the musical experience.


    Mehr möchte ich zu dieser Version auch gar nicht mehr sagen.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Die NMA notiert in einschlägigen Fällen oft im Kleinstich einen Ausführungsvorschlag.


    Die im Internet angebotene, leider offenbar schon ältere NMA, die ich benutze, gibt an den betreffenden Stellen keinen Aufführungsvorschlag an (dafür massenweise in den Rezitativen). Hast du eine NMA neueren Datums, wo über diesen Stellen die klein gedruckten Vorschläge stehen?

  • Die im Internet angebotene, leider offenbar schon ältere NMA, die ich benutze, gibt an den betreffenden Stellen keinen Aufführungsvorschlag an (dafür massenweise in den Rezitativen). Hast du eine NMA neueren Datums, wo über diesen Stellen die klein gedruckten Vorschläge stehen?

    nein, ich habe auch keine andere NMA. Wie gesagt, es ist nicht eindeutig, wo nun Appogiaturen hingehören und wo nicht, die NMA beschränkt sich (hier jedenfalls) mehr auf Vorschläge bei den Rezitativen, wenn aber eine Sängerin meint, diese paßten auch bei der Arie an bestimmten Stellen, so ist das jedenfalls nicht sicher falsch. Im Vorwort der NMA steht was dazu.

  • Anna Moffo



    (ab 1:25)


    Zuerst eine Info: diese Version stammt nicht aus der Gesamtaufnahme von 1960, in der Anna Moffo die Susanna sang, sondern aus einer Compilation mit Mozart-Arien von 1958, das bedeutet, die Sängerin war 26 Jahre alt.



    [Quelle: discogs.com]


    Zu der Gesamtaufnahme komme ich in einem der nächsten Posts.


    Anna Moffo kenne ich v.a. als Hänsel aus der 1971er Einspielung unter K. Eichhorn, und da ist sie für mich eine krasse Fehlbesetzung. Deswegen erwartete ich bei dieser Arie nun ebenfalls eine Enttäuschung, wurde aber doch eher positiv überrascht.


    Die Stimme klingt hier zwar auch etwas dunkler, jedoch, ähnlich wie bei Irina Kostina weiter oben, ebenfalls nicht alt oder schwer. Auch das Vibrato, das ich bei ihrem Hänsel doch unangenehm fand, hält sich hier in Grenzen und stört mich nicht wirklich, und besonders hat mir ihre Höhe gefallen, kein Anstemmen, keine Schwere. Doch auch ihr „notturna face“ fand ich überzeugend, es klang nicht „unschön“ oder angestrengt-brüchig.
    Bemängeln würde ich hier die Textverständlichkeit, die hat mir besonders bei Diana Damrau sehr gut gefallen.
    Ein bisschen schade fand ich auch, dass Anna Moffo hier in T. 46 keine kleine Koloratur singt, das hätte hier sicher schön geklungen!


    Positiv fand ich auch, wie sie die Zeile “Qui mormora il ruscel, qui scherza l'aura“ interpretiert hat: ich erwartete da ein lautes, dramatisches Gebrüll, ein starkes Crescendo, aber tatsächlich war das Crescendo zurückhaltend, keine Spur von „Operndiva-Dramatik“, und wie sie das „l'aura“ hier ganz leise und mit feinem Vibrato ein bisschen länger ausklingen lässt hat schon was :)


    Ich habe ja im Eröffnungsbeitrag erwähnt, dass mich die Susanna als Figur eigentlich nicht interessiert, oder genauer gesagt, ich „fühle“ nicht mit ihr, da sie mir ziemlich unsympathisch ist, weswegen ich diese Arie, die mir sehr gut gefällt, auch nur nach dem Gesang und dem Ausdruck bewerte. Als Bühnen-Susanna fände ich die Moffo eher weniger gut, weil sie zusammen mit anderen Figuren spielt, die jünger und älter sind – und da wäre mir ihre Stimme zu tief timbriert. Beispielsweise im Duett mit der Gräfin sollte sie, nach meinem Geschmack, eine hellere Stimme haben, während die Gräfin dunkler klingt.
    Aber da ich ja, wie gesagt, nicht danach gehe, sondern nur den Vortrag isoliert von der Figur, den anderen Charakteren und der Handlung bewerte, spielt das für mich hier keine Rolle.


    In dieser Version ist diese Arie für mich auf jeden Fall hörenswert, und hier habe ich auch Lust mir die Interpretation öfter anzuhören, um neue Details zu finden, etwa welche Wörter wie lange gesungen werden, und mit wieviel Vibrato, usw. (Mir gefällt etwa, wie sie sie „mondo“ das „mon“ mit einem betörenden Timbre und sehr schönem Vibrato singt, und dem „do“ mit ganz leicht hellerer Stimme und etwas Nachdruck Ausdruck verleiht, und wie fließend nur bei diesem Wort das Timbre vom etwas dunkleren ins hellere geht! Und auch hier werden „gioia“, „tace“, „rose“ etc. wieder weich gesungen. Wie gesagt, nur Details, aber ich achte gern auf sowas)



    Diese Interpretation hat mir auch gezeigt, dass es immer gut ist, sich ohne Vorurteile auf neue Dinge einzulassen ;)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Anna Moffo (1960)



    Und noch einmal Anna Moffo, in einer zwei Jahre später entstandenen Gesamtaufnahme. Diesmal finde ich die Interpretation etwas weniger gut, die Stimme kommt mir tiefer und etwas dicker vor, manche Endsilben ein bisschen "gepresster", während sie in der "alten" Version leichter ausklangen, die hohen Töne werden hier ein bisschen mehr gestemmt.


    Ich habe eigens für diesen Beitrag ein Vergleichsvideo erstellt, man hört zuerst immer die 1958er Version, dann die 1960er Version, vielleicht merkatz man es da deutlicher.



    Keineswegs eine schlechte Interpretation, aber mir ist die von 1958 doch lieber.




    LG,
    Hosenrolle1

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