Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Wenn man sich die verschiedenen Portraits damaliger Romeo-Darstellerinnen ansieht, mit ihren Frisuren und der damaligen Kleidung, dann versteht man vielleicht umso mehr, wie ungewöhnlich es war, diese Sängerinnen plötzlich in Männerkleidung zu sehen.

    ...was speziell die Herren de Schöpfung sicherlich freute, zumal dem "Romeo" auf der Zeichnung auch noch lasziv das Hemd von der Schulter rutscht... ;)



    So ein Bild hätte mir beim Figaro besser gefallen, irgendwie ... beim Rosenkavalier finde ich es irreführend, weil es m.E. impliziert, dass die beiden zusammen sind, oder zusammengehören.

    Das kann man jetzt so oder so sehen! Für Octavian scheint mir die ganze Sache schon sehr viel ernster zu sein als für die Marschallin! Wie er sich das auf Dauer vorstellt, sei einmal dahingestellt, aber er ist ja auch erst siebzehn und macht sich offenbar nicht so viele Gedanken darum...
    Würde sie ihm nichts bedeuten, würde er sich am Ende des ersten Aktes, als sie ihn permanent abwehrt und mit Vorwürfen überhäuft völlig anders verhalten. Dann würde er bestimmt nicht dermaßen verzweifelt um ein freundliches Wort von ihr kämpfen, sondern vermutlich schon nach den ersten Sätzen kopfschüttelnd und mit dem Hinweis "Kannst Dich ja melden, wenn Du wieder klar denken kannst!"verschwinden...


    Habe jetzt den Trailer angesehen, ja der hat da einige an. Zuerst das "Nachtgewand", dann die Kleidung beim Fechten ...

    Wie gefällt Dir denn ihr Outfit als "Rosenkavalier" mit dem weißen Zylinder? Ich finde, es hat schon etwas "transgender"mäßiges. Erinnert mich ein wenig an Marlene Dietrich...
    Übrigens wirkt ihre "Fechtposition" schon sehr gekonnt finde ich! Da müsste sie sicher lange üben, bis das so locker vonstatten ging!



    Ganz liebe Grüße und einen schönen Tag wünscht die Dritte Dame

  • Meine einzige Erklärung dafür wäre, dass Garanca speziell mit ihren blonden Haaren ganz ohne Schminke vielleicht nicht sehr "männlich" gewirkt hätte, und der schwarze Kajal (wenn es denn einer ist, ich kenne mich mit Schminke nicht aus) soll das Gesicht und speziell den Blick ein bisschen "stärker", "dämonischer" wirken lassen.

    Von Schminke habe ich auch nicht viel Ahnung, tut mir leid, ich brauche die nur zu Halloween und zum Fasching! :D
    Ich würde mal sagen: Wenn Romeo damit männlicher wirken sollte, war der Versuch leider ein Fehlschlag! Auf dem "Rosenkavalier" - Cover sieht sie wesentlich mehr wie ein Junge aus!

  • (Sophie Koch scheint sich wirklich nicht sehr wohl zu fühlen in manchen Szenen. Bei 0:25 sieht es irgendwie so aus, als ob Octavian die Gräfin "abschnüffelt", bei 1:29 hat er seine Lippen, im Gegensatz zur Marschallin, ganz stark zugepresst.


    Findest Du? Die Szenen schaue ich mir am We auch noch einmal genauer auf der DVD an! Will nicht ausschließen, dass Du da besser ( und objektiver ;) ) beobachtest als ich...


    Zitat


    Und denken müssen Sie die ganze Zeit, denn die Kamera blickt in Ihr Gehirn, und die Zuschauer sehen, was die Kamera sieht...


    Das ist vielleicht auch ein Problem bei Live-Mitschnitten in der Oper, oder im Theater: die SängerInnen spielen für das Publikum mit größeren Gesten etc., die vor der Kamera, besonders in diesen Großaufnahmen, übertrieben wirken, oder aber die Kamera offenbart Dinge, die man eigentlich nicht so deutlich sehen sollte.)

    Da muss ich doch spontan an Cherubino Maria Ewing denken! Weil Du schon das eine oder andere Mal erwähnt hast, das Du ihre aufgerissenen Augen so gruselig fändest... Sie hat natürlich das Problem, dass es sich bei den Video- Beispielen in der Regel um die Ponelle- Verfilmung handelt. Und die Kamera beinahe konstant auf ihr Gesicht gerichtet ist...



    Das ist eine gute Frage! Meine Theorie ist die: als die Gräfin als Susanna verkleidet dort sitzt, sind ja rundherum Figaro und Susanna und observieren. Vielleicht hätten Susanna, die Gräfin und Figaro das gleiche getan, wenn Cherubino dort gesessen wäre, und wären eingeschritten im Notfall.


    Octavian hat da übrigens auch seine Helfer rundherum platziert, die den Baron zwischendurch ablenken und an seinem Verstand zweifeln lassen sollen... Ich fand hier die Perücke ein wenig daneben, denn der Baron hat die "Zofe" ja auch ohne kennengelernt, also ist sie im Grunde überflüssig! Oder der Gedanke dabei war, dass er befürchtet, der Baron würde ihn sonst doch erkennen? Immerhin haben sie sich im Akt zuvor schon sehr direkt gegenüber gestanden...

  • Mir ist gerade eine neue Theorie eingefallen bezüglich Cherubinos Zudringlichkeiten gegenüber der als Susanna verkleideten Gräfin. Wir wissen jetzt ja, dass er bei Mozart Spaß macht, ber er glaubt ja trotzdem, dass das die echte Susanna ist.
    Ich glaube, die Szene soll auch dadurch lustig wirken, weil Cherubino hier auf einen Streich hereinfällt, den er ursprünglich SELBST hätte spielen sollen. Eigentlich sollte ER ja als Susanna verkleidet werden, und nun sitzt jemand anderer statt ihm da, und ausgerechnet er fällt darauf herein. Nebenbei, ich habe mir jetzt ein Figaro-Libretto bestellt, von Reclam, das ich mir schon mal ausgeborgt habe aus der Bücherei. Darin gibt es eine fast wörtliche Übersetzung, die sehr gut ist und nicht versucht "poetisch" zu sein, sondern ganz trocken den Inhalt des Originals vermittelt, ohne Reime etc. So heißt es etwa in "Se vuol ballare" nicht "Will der Herr Graf ein Tänzchen wagen, ich spiel ihm auf", sondern es wird genau so übersetzt; Figaro redet von einer kleinen Gitarre, also taucht die auch in der Übersetzung auf. Wenn das Libretto ankommt, dann kann ich jederzeit schauen, was gesagt wird, ich bin auch gespannt wie sie Cherubinos Sätze übersetzt, wo er meint, dass er sich jetzt einen Spaß erlaubt.

    Dann lässt Du mich bestimmt nicht im Unklaren darüber, was Du herausgefunden hast! Ich befürchte aber, dass wir speziell aus dieser Szene wirklich alles Wissenswerte herausgeholt haben...
    Ich glaube, ich hatte schon einmal erwähnt, dass es michschon, als ich den Figaro kennengelernt habe stutzig gemacht hat, dass Cherubino nicht sofort nach den ersten Sätzen hellhörig wird- denn außer, dass die Gräfin die Stimme zu verstellen versucht, fällt die auffällig aus der Rolle! So würde Susanna nicht reden, und ich hatte im Grunde damit gerechnet, dass ihm das auffallen würde..
    Eben, weil ER hier stehen sollte und weiß, dass der Graf hier gefoppt werden sollte!


    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • ...was speziell die Herren de Schöpfung sicherlich freute, zumal dem "Romeo" auf der Zeichnung auch noch lasziv das Hemd von der Schulter rutscht... ;)


    Haha, tatsächlich! Mir ist das gar nicht aufgefallen! Auch komisch irgendwie. Ist die Frage, ob das eine Interpretation des Zeichners ist, oder ob die tatsächlich so als Romeo auftrat.
    Aber auch für einen echten Mann auf der Bühne, in diesem Kostüm, würde so eine freie Schulter irgendwie komisch wirken, finde ich.



    Das kann man jetzt so oder so sehen! Für Octavian scheint mir die ganze Sache schon sehr viel ernster zu sein als für die Marschallin! Wie er sich das auf Dauer vorstellt, sei einmal dahingestellt, aber er ist ja auch erst siebzehn und macht sich offenbar nicht so viele Gedanken darum...
    Würde sie ihm nichts bedeuten, würde er sich am Ende des ersten Aktes, als sie ihn permanent abwehrt und mit Vorwürfen überhäuft völlig anders verhalten. Dann würde er bestimmt nicht dermaßen verzweifelt um ein freundliches Wort von ihr kämpfen, sondern vermutlich schon nach den ersten Sätzen kopfschüttelnd und mit dem Hinweis "Kannst Dich ja melden, wenn Du wieder klar denken kannst!"verschwinden...


    Das von dir vorgeschlagene DVD-Cover finde ich z.B. schon wesentlich passender, weil es für mich nicht den Eindruck erweckt, dass das jetzt die "große Liebe" ist, sondern es auch etwas flüchtiges sein kann. Auf dem anderen Cover aber "posieren" die beiden ja schon fast so, als wären sie das Hauptliebespaar, um das es geht. Bei anderen Opern fände ich es doch passender. Aber das ist nur ein subjektiver Eindruck!



    Wie gefällt Dir denn ihr Outfit als "Rosenkavalier" mit dem weißen Zylinder? Ich finde, es hat schon etwas "transgender"mäßiges. Erinnert mich ein wenig an Marlene Dietrich...


    Ja stimmt, ich weiß, worauf du anspielst ;)
    Ich fand ihre Outfits auf jeden Fall gut gemacht, die haben ihr auch gut gepasst. Transgender weiß ich jetzt nicht, aber ich habe auch irgendwie an ähnliche Kostüme aus den alten 1930er Jahre-Filmen gedacht, "Viktor & Viktoria" etc.



    Übrigens wirkt ihre "Fechtposition" schon sehr gekonnt finde ich! Da müsste sie sicher lange üben, bis das so locker vonstatten ging!


    Ich habe mal gelesen, dass sehr oft zur Schauspielausbildung auch das Fechten gehört, nicht ausschließlich dafür, dass man später Schwertkämpfe gut spielt, sondern wegen der Bewegungen, und dass man auf das eingeht, was der andere tut ... irgendsowas in die Richtung, die genaue Erklärung weiß ich leider nicht mehr. Gary Oldman nahm für seine Rolle als Dracula auch Fechtstunden, obwohl er im Film nicht fechtet.
    Vielleicht hat Sophie Koch auch einmal Fechten gelernt in einer Schauspielschule oder ähnliches?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Weil Du vor kurzem einmal gesagt hast, Du hättest den Eindruck, dass Cherubino die wesentlich "kreativeren" Kostümierungen angetan werden als Octavian...Ich habe da eine Dvd- Aufnahme, in der die Handlung des "Rosenkavaliers" in die Entstehungszeit der Oper verlegt wurde. Sophie Koch trägt da ein ganz fürchterliches lila Kunststoff- Outfit... Mal sehen, ob ich ein Bild davon finde!
    Ansonsten wird dich da eher im zweiten Akt an Octavians "Rosenkavalier"- Ausstattung ausgetobt! Da wirkt er manchmal wie ein verhinderter Weihnachtsengel!

  • Haha, tatsächlich! Mir ist das gar nicht aufgefallen! Auch komisch irgendwie. Ist die Frage, ob das eine Interpretation des Zeichners ist, oder ob die tatsächlich so als Romeo auftrat.
    Aber auch für einen echten Mann auf der Bühne, in diesem Kostüm, würde so eine freie Schulter irgendwie komisch wirken, finde ich.

    Geht Dir nicht alleine so! Ein Romeo, dem das Hemd von der Schulter rutscht, wirkt auf imich auch etwas merkwürdig. Sieht eher wieder danach aus, dass es etwas zu gucken geben soll! ;)


    Ich habe mal gelesen, dass sehr oft zur Schauspielausbildung auch das Fechten gehört, nicht ausschließlich dafür, dass man später Schwertkämpfe gut spielt, sondern wegen der Bewegungen, und dass man auf das eingeht, was der andere tut ... irgendsowas in die Richtung, die genaue Erklärung weiß ich leider nicht mehr. Gary Oldman nahm für seine Rolle als Dracula auch Fechtstunden, obwohl er im Film nicht fechtet.
    Vielleicht hat Sophie Koch auch einmal Fechten gelernt in einer Schauspielschule oder ähnliches?

    Das wusste ich gar nicht, kann ich mir aber gut vorstellen! Ich habe einmal gehört, dass in Hollywood früher Grundkenntnisse im Tanzen erwartet wurden- was ja auch einen gewissen Einfluss auf die Körperhaltung und die Beweglichkeit hat.Ob das heute auch noch so ist, weiß ich allerdings nicht...

  • Findest Du? Die Szenen schaue ich mir am We auch noch einmal genauer auf der DVD an! Will nicht ausschließen, dass Du da besser (und objektiver ;)) beobachtest als ich...


    Naja, SO genau muss man gar nicht hinschauen, weil es eh schon eine Großaufnahme ist. :)
    Und da sieht man doch deutlich, dass der Octavian die Lippen zusammenpresst, als ob ihm das unangenehm wäre. (Wieso meinst du, dass ich das objektiver sehe als du?)


    Wie gesagt, wenn man in einem großen Opernhaus sitzt, womöglich noch ganz hinten auf einem der Ränge, ohne Operngucker, dann fällt einem so ein Detail nicht wirklich auf, aber in einer so ungünstigen Großaufnahme (bei der ich mich frage, warum man das überhaupt gemacht hat) sieht man eben jede Regung, jedes Detail.



    Da muss ich doch spontan an Cherubino Maria Ewing denken! Weil Du schon das eine oder andere Mal erwähnt hast, das Du ihre aufgerissenen Augen so gruselig fändest... Sie hat natürlich das Problem, dass es sich bei den Video- Beispielen in der Regel um die Ponelle- Verfilmung handelt. Und die Kamera beinahe konstant auf ihr Gesicht gerichtet ist...


    Stimmt, das kommt erschwerend hinzu! Eine starre Kameraeinstellung, die praktisch nur das Gesicht zeigt, und nichts von der restlichen Körpersprache. Aber diese 70er-80er Jahre Opernverfilmungen finde ich sowieso großteils misslungen, da staubt es einem schon entgegen. Wenn ich an den Salome-Film denke von 1973, an den HUG-Film von 1981, an den Freischütz aus den 60ern, an den Rosenkavalier aus den 50ern, oder eben an diesen Figaro ...
    Ein oft vorgebrachtes Argument ist ja, dass das halt ältere Produktionen sind, aber das ist für mich kein Argument, denn es gab immer schon großartige Regie, großartige Kameraarbeit.
    Ich meine, ja, sicher wird es auch gute Ideen in diesen Filmen geben, schöne Sets oder Kostüme oder so, aber dennoch überzeugt mich das ganze Werk einfach nicht.


    (Wenn du dir mal meine Platz 1 bei den Salome-Schleiertänzen, die nicht von Strauss sind, anschaust, und das mit dem Schleiertanz von 1973 vergleichst, dann finde ich, dass da schon ein sehr großer Unterschied ist. Bei letzterem gibt es ein großes Set mit viel mehr Möglichkeiten, aber der langweilt mich durchgehend und wirkt teilweise ziemlich verstaubt auf mich, während der andere Tanz nur in einem Kreis stattfindet, praktisch ohne Kulissen auskommt (nur stimmungsvoll beleuchtete Wände), aber durchgehend spannend gefilmt und gespielt ist.)



    Dann lässt Du mich bestimmt nicht im Unklaren darüber, was Du herausgefunden hast! Ich befürchte aber, dass wir speziell aus dieser Szene wirklich alles Wissenswerte herausgeholt haben...


    Ich werde auf jeden Fall sagen, was die dort schreiben, und ich habe mir das Teil auch geholt, damit ich generell immer nachschauen kann. Kann ja sein, dass wir mal über eine andere Szene sprechen, und dann habe ich gleich eine brauchbare Übersetzung zur Hand :)
    Was die Cherubino-Szene betrifft, so glaube ich auch, dass wir das meiste schon diskutiert haben. Das ist ja das Schöne an solchen Diskussionen, wenn man gemeinsam über Opernhandlungen nachdenkt und auf verschiedene Dinge draufkommt :)





    LG,
    Hosenrolle1

  • Weil Du vor kurzem einmal gesagt hast, Du hättest den Eindruck, dass Cherubino die wesentlich "kreativeren" Kostümierungen angetan werden als Octavian...Ich habe da eine Dvd- Aufnahme, in der die Handlung des "Rosenkavaliers" in die Entstehungszeit der Oper verlegt wurde. Sophie Koch trägt da ein ganz fürchterliches lila Kunststoff- Outfit... Mal sehen, ob ich ein Bild davon finde!
    Ansonsten wird dich da eher im zweiten Akt an Octavians "Rosenkavalier"- Ausstattung ausgetobt! Da wirkt er manchmal wie ein verhinderter Weihnachtsengel!


    Ich schaue mir meist die Bilder in Rezensionen zu Rosenkavalier-Aufführungen an, und da habe ich beispielsweise noch nie einen Octavian mit E-Gitarre in der Hand gesehen, oder als 50er Jahre-Halbstarker mit Schmalzlocke etc., deswegen mein Eindruck, dass Cherubino da meist stärker verändert wird. Aber ich kann mich natürlich auch täuschen :)



    Geht Dir nicht alleine so! Ein Romeo, dem das Hemd von der Schulter rutscht, wirkt auf mich auch etwas merkwürdig. Sieht eher wieder danach aus, dass es etwas zu gucken geben soll! ;)


    Ja, das kann sehr gut sein ... damals war DAS ja schon etwas Ungewöhnliches, wenn man sich eben die Frauenkleidung von damals ansieht. Mich würde ja auch interessieren, wie das Frauen und Männer als Publikum sehen. Klar, die Männer werden, wenn es um das rein optische geht, eine Freude an solchen Figuren haben, aber wie ist das mit dem weiblichen Publikum? Wäre es dem nicht lieber, wenn eine männliche Figur auch tatsächlich männlich ist? Ist eine Hosenrolle für ein weibliches Publikum nicht eine Art "verpasste Chance", einen hübschen, vielleicht auch jungen Mann zu sehen, der einem viel besser gefallen würde?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe kurz überlegt, ob folgendes eher in den "Voi che sapete"-Thread passt, aber dort bespreche ich ja nur unterschiedliche Interpretationen, was ich in diesem Fall aber nicht tun möchte. Ich habe gerade dieses Video entdeckt, wo Joyce DiDonato eine "Masterclass" gibt, und einer jungen Nachwuchssängerin (da habe ich schon bessere Laiensänger auf YouTube gehört, aber das nur am Rande) Tipps für ihren Voi che sapete-Vortrag gibt.



    ab 3:35


    Ich sage jetzt mal nichts dazu, dass das Stück nicht in der korrekten Stimmung und Tonart runtergeklimpert wird, was DiDonato nicht groß zu stören scheint ...


    Was ich komisch fand waren ihre ziemlich häufigen "Zwischenrufe", wo sie der Sängerin immer sagt, welches Gefühl sie gerade rüberbringen soll, allerdings m.E. am Text vorbei. Lautet der Text etwa "Donne vedete", fragt DiDonato wiederholt "How much do you LOVE her?!", usw.
    Ich hab gleich danach abgedreht, weil ich das sehr seltsam fand.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Guten Morgen! Wow, um diese unchristliche Zeit schon wach? Oder noch wach? Ich bin gerade am Aufstehen und habe nur rasch geschaut, was es Neues gibt!Nachher in der Bahn habe ich dann wieder ein wenig mehr Zeit!


    Wünsche einen ganz zauberhaften Tag, die Dritte Dame

  • Naja, SO genau muss man gar nicht hinschauen, weil es eh schon eine Großaufnahme ist.
    Und da sieht man doch deutlich, dass der Octavian die Lippen zusammenpresst, als ob ihm das unangenehm wäre. (Wieso meinst du, dass ich das objektiver sehe als du?)

    Na, da gibt es doch nicht viele Möglichkeiten, wenn Dir in einer Aufnahme, die ich herauf und herunter gespielt habe etwas auffällt, das ich nicht bemerkt habe: Entweder ich empfinde es generell anders oder ich bin da eventuell ein wenig voreingenommen, weil Sophie Koch nun einmal mein Lieblings- Octavian ist und die Objektivität da vielleicht ein Stück weit baden geht ;)
    Ich will das nicht ausschließen, kann ja durchaus ab und zu auch selbstkritisch sein...
    Habe noch nicht geschaut, welche Szenen Du meinst, aber da Du von "zusammengepressten Lippen" redest, wird es vermutlich der Kuss sein?



    Ganz liebe, leider wieder nicht verschneite, dafür aber wenigstens schon einmal eisglitzernde Grüße von der Dritten Dame

  • (Sophie Koch scheint sich wirklich nicht sehr wohl zu fühlen in manchen Szenen. Bei 0:25 sieht es irgendwie so aus, als ob Octavian die Gräfin "abschnüffelt", bei 1:29 hat er seine Lippen, im Gegensatz zur Marschallin, ganz stark zugepresst.

    Da war doch noch etwas, das ich sagen wollte... Jaaaaaaa, endlich ist es mal einem von uns passiert! Du hast "Gräfin" geschrieben!!! :P

  • Na, da gibt es doch nicht viele Möglichkeiten, wenn Dir in einer Aufnahme, die ich herauf und herunter gespielt habe etwas auffällt, das ich nicht bemerkt habe: Entweder ich empfinde es generell anders oder ich bin da eventuell ein wenig voreingenommen, weil Sophie Koch nun einmal mein Lieblings- Octavian ist und die Objektivität da vielleicht ein Stück weit baden geht ;)


    Ok, dann habe ich es doch richtig verstanden :)



    Habe noch nicht geschaut, welche Szenen Du meinst, aber da Du von "zusammengepressten Lippen" redest, wird es vermutlich der Kuss sein?


    Genau, den sieht man im Trailer nur flüchtig (Wieso wird eigentlich gerade DIESE Szene im Trailer gezeigt? Ich frage das jetzt völlig unkritisch!), aber man sieht eben durch diese, wie ich finde, unvorteilhafte Großaufnahme, dass Octavian keine rechte Freude an der Grä... äh, Marschallin hat :D:D
    Ich habe schon Cherubinos gesehen, die da bei der Gräfin weniger "verklemmt" gewirkt haben, meist in der Szene, wo er sagt "Würde ich jetzt sterben, würde dieser Mund es wagen ..."
    (Die Diskussion um diese 2 Sekunden lange Szene wirkt jetzt so, als hätte ich keine anderen Sorgen, aber zum einen beleuchte ich gerne kleine Details, sowohl in den Noten als auch in Inszenierungen oder in der Kameraführung, zum anderen finde ich es generell interessant, Aufführungen, Darstellungen zu vergleichen und darüber zu diskutieren, ob eine Darstellung "unnatürlich" wirkt oder nicht. In diesem Fall passt das Thema gut zum Threadtitel, denn man könnte einwenden, dass ein echter junger Mann als Octavian besser wäre, weil der vielleicht weniger Probleme mit so einem Kuss. Vielleicht ist das eine der "Schwächen" von Hosenrollen, dass sie bei diversen Zärtlichkeiten mit anderen Frauen größere Probleme haben als Männer? Was denkst du dazu?)



    Da war doch noch etwas, das ich sagen wollte... Jaaaaaaa, endlich ist es mal einem von uns passiert! Du hast "Gräfin" geschrieben!!! :P


    Peinlich! Ja, das Wort "Marschallin" ist so umständlich, und Gräfin liegt so leicht in den Fingern, sozusagen, und wir haben ja immer über die Gräfin gesprochen, da waren die Hände schneller als der Kopf *gg*




    Liebe, kalte, aber keineswegs verschneite Grüße,
    Hosenrolle1

  • Ich habe mir die Szene mit dem Kuss zwischen Octavian und Marie Theres' jetzt noch mehrmals angesehen und auch das "Beschnüffeln"... ( Schon komisch, dass sowohl im Figaro als auch beim Rosenkavalier alle Personen beim Namen genannt werden- nur Graf/ Gräfin bzw. Feldmarschall/ Marschallin nicht.... Gibt man bei der Heirat automatisch seine Persönlichkeit beim Standesbeamten ab? ).
    Ich kann da irgendwie bei beiden nichts "Gezwungenes" feststellen. Natürlich hat dieser Kuss keine Hollywood- Qualität, sondern wird eben nur "angedeutet", aber dafür, dass sich hier zwei Frauen auf einer Opernbühne müssen, finde ich das schon recht überzeugend!
    Aber ich kenne natürlich auch die gesamte Szene. Renée Fleming ( Sorry für das Doppel- M, das meine Rechtschreib- Korrektur ihr dauernd spendieren will!) und Sophie Koch agieren da sehr locker und ungezwungen miteinander und erwecken insgesamt den Eindruck, dass sie beide Spass an dieser Szene haben und gerne zusammenarbeiten...
    Ich versuche noch einmal, die Schlussszene derselben Inszenierung zu Posten, das wollte ich kürzlich schon einmal aus anderen Gründen, hat aber leider nicht geklappt! Hier hast Du noch einmal einen Kuss zwischen Octavian und Sophie. Was Du zu dem sagst, würde mich sehr interessieren...







    Die Zeit ist nicht nötig, denke ich... Kommt gleich zu Anfang!



    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Ich kann da irgendwie bei beiden nichts "Gezwungenes" feststellen. Natürlich hat dieser Kuss keine Hollywood- Qualität, sondern wird eben nur "angedeutet", aber dafür, dass sich hier zwei Frauen auf einer Opernbühne müssen, finde ich das schon recht überzeugend!
    Aber ich kenne natürlich auch die gesamte Szene. Renée Fleming (Sorry für das Doppel- M, das meine Rechtschreib- Korrektur ihr dauernd spendieren will!) und Sophie Koch agieren da sehr locker und ungezwungen miteinander und erwecken insgesamt den Eindruck, dass sie beide Spass an dieser Szene haben und gerne zusammenarbeiten...


    Ich will natürlich nicht, dass jetzt aufgrund meiner (kleinen) "Kritik" der Eindruck bei dir entsteht, dass ich das gesamte Schauspiel, oder deren Zusammenarbeit schlecht finde! Dieser Kuss ist ja wirklich nur ein winziges Detail, und der Rest kann natürlich großartig und glaubwürdig gespielt sein! Dass der ohnehin nur kurze Kuss in der Großaufnahme auf mich nicht so überzeugend wirkt heißt natürlich keineswegs, dass die Chemie zwischen den Sängerinnen nicht stimmt.


    Ich werde mal nach Inszenierungen mit Hosenrollen suchen, wo ebenfalls geküsst wird, und darauf achten, wie das passiert, wie das rüberkommt, sozusagen als Vergleich.



    Hier hast Du noch einmal einen Kuss zwischen Octavian und Sophie. Was Du zu dem sagst, würde mich sehr interessieren...


    Das ist auch wieder schwierig für mich, weil ich jetzt schon ein schlechtes Gewissen habe wegen meinem Einwand zum ersten Kuss, und ich da nicht möchte, dass du denkst "Der redet mir die ganze Zeit meine Oper, meine Inszenierung schlecht".




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich will natürlich nicht, dass jetzt aufgrund meiner (kleinen) "Kritik" der Eindruck bei dir entsteht, dass ich das gesamte Schauspiel, oder deren Zusammenarbeit schlecht finde! Dieser Kuss ist ja wirklich nur ein winziges Detail, und der Rest kann natürlich großartig und glaubwürdig gespielt sein! Dass der ohnehin nur kurze Kuss in der Großaufnahme auf mich nicht so überzeugend wirkt heißt natürlich keineswegs, dass die Chemie zwischen den Sängerinnen nicht stimmt.

    Das sollte jetzt von meiner Seite aus auch keine Kritik an Deiner Kritik sein! ;)
    Prinzipiell finde ich es auch überhaupt nicht schlimm, wenn Du so etwas anders wahrnimmst als ich und fühle mich da auch gar nicht angegriffen oder beleidigt!
    Ich war jetzt einfach nur total gespannt, ob mir vielleicht etwas entgangen ist.
    Es hätte genauso gut sein können, dass ich gedacht hätte: "Mensch, stimmt, er hat recht, ist mir bis jetzt gar nicht aufgefallen!"
    Mich interessiert jetzt wirklich Deine ehrliche Meinung zu dem anderen Kuss ( den Du ja hier in die ganze Szene eingebunden siehst...).
    Und bei der Gelegenheit: Ich wäre auch gespannt darauf, wie Du die Harmonie zwischen diesen beiden Stimmen findest! Das war der ursprüngliche Grund, warum ich das Video vor kurzem schon einmal posten wollte...

  • Mich interessiert jetzt wirklich Deine ehrliche Meinung zu dem anderen Kuss ( den Du ja hier in die ganze Szene eingebunden siehst...).
    Und bei der Gelegenheit: Ich wäre auch gespannt darauf, wie Du die Harmonie zwischen diesen beiden Stimmen findest! Das war der ursprüngliche Grund, warum ich das Video vor kurzem schon einmal posten wollte...


    Der Kuss ist auf jeden Fall länger und von der Pose her leidenschaftlicher als der zwischen Marschallin und Octavian zu Beginn, das mir eher wie ein flüchtiges Bussi gewirkt hat, eher förmlich.
    In diesem Fall aber fand ich den Kuss auch irgendwie nicht so wirklich überzeugend, zumindest in der Großaufnahme nicht; er wirkt mir irgendwie (was aber an der Regie liegen kann!) wenig spontan, zu sehr getimt, als ob beide sagen "Achtung, jetzt gleich müssen wir uns küssen, wenn die Musik lauter wird". In diesem Fall sieht man die Lippen beim Kuss selbst nicht, kurz vor dem Kuss sind die Lippen von Octavian aber nicht so zusammengepresst wie bei der Marschallin, nur als er von Sophies Lippen wieder weggeht sieht man, dass sie wieder zusammen waren. (Ich weiß nicht ob es an der Wange liegt, oder der Schattenwirkung, aber während dem Kuss sah es so aus, als würde Octavian Sophie "aufsaugen" wollen).


    Was die Chemie angeht, so traue ich mir da kein wirkliches Urteil zu, weil ich meine, dass die Regie hier wenig macht. Die beiden schauen sich kaum an. Diana Damraus als Sophie fand ich optisch jetzt nicht SO passend, weil ich sie altersmäßig ungefähr auf einer Stufe mit der Marschallin schätzen würde. Also rein optisch wirkt es auf mich, als würde der junge Octavian eine "ältere" Frau für eine andere "ältere" Frau verlassen, aber nicht für ein junges Mädchen. (Mir gefielen übrigens die hohen Töne von Sophie Koch, die trotz des dunkleren Timbres nicht forciert oder vibratogeschwängert klangen :))




    LG,
    Hosenrolle1

  • Achso, noch etwas Wichtiges: wenn ich meine Eindrücke schildere, und die eher negativ sind, oder nicht so begeistert, dann heißt das nicht, dass das eine festgefahrene, unumstößliche Meinung von mir ist, über die ich gar nicht erst diskutieren möchte! Ich schildere da meine Eindrücke, höre mir andere Eindrücke an und rede und diskutiere darüber, und komme dadurch vielleicht auf Dinge, die mir vorher entgangen sind, und mir ein Werk schmackhaft machen. Ich höre da vielleicht neue Sichtweisen, die dann auch mir eine neue Sichtweise ermöglichen, und dann kann es sein, dass ich sage "He, so habe ich das noch gar nicht gesehen, jetzt wirkt das auf mich ganz anders".


    Mir ist es schon öfter so gegangen, bestes Beispiel die Salome, die ich am Anfang fürchterlich fand. Da habe ich dann mit Leuten diskutiert, die sie mochten, habe erklärt, was mir daran nicht gefällt, und mir angehört, was anderen daran gefällt, und habe dadurch das Werk dann ein bisschen anders gesehen, manche Dinge haben dann vielleicht mehr Sinn gemacht, habe ich dann besser verstanden, oder mir einfach den Zugang erleichtert.


    Bei Filmen oder Serien beispielsweise ist es auch ähnlich. Es gab schon Serien, die ich schrecklich fand, bis ich mit Fans diskutiert habe, was mir dann ermöglicht hat, das Werk aus einem anderen Blickwinkel, mit einer anderen Erwartungshaltung zu sehen, und dann war es gar nicht so schlecht. Nur braucht es dazu eben Diskussionen, was vorraussetzt, dass beide Seiten Meinungen austauschen, und nicht sagen "Ok, du hast deine Meinung, ich habe meine, belassen wir es dabei. Wenn es dir nichts gibt, dann lass es halt".




    LG,
    Hosenrolle1

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • (Die Diskussion um diese 2 Sekunden lange Szene wirkt jetzt so, als hätte ich keine anderen Sorgen, aber zum einen beleuchte ich gerne kleine Details, sowohl in den Noten als auch in Inszenierungen oder in der Kameraführung, zum anderen finde ich es generell interessant, Aufführungen, Darstellungen zu vergleichen und darüber zu diskutieren, ob eine Darstellung "unnatürlich" wirkt oder nicht.

    Hihi...Dieses Problem mit den "kleinen Details" kenne ich! Ich kann mich an so etwas auch total festbeißen, aber oft ernte ich da eher ein Kopfschütteln und die Frage "Hast Du eigentlich nichts anderes zum Nachdenken?"




    In diesem Fall passt das Thema gut zum Threadtitel, denn man könnte einwenden, dass ein echter junger Mann als Octavian besser wäre, weil der vielleicht weniger Probleme mit so einem Kuss. Vielleicht ist das eine der "Schwächen" von Hosenrollen, dass sie bei diversen Zärtlichkeiten mit anderen Frauen größere Probleme haben als Männer? Was denkst du dazu?)

    Ich denke, dass gerade in diesem Fall zwei Frauen miteinander weniger Schwierigkeiten hätten als zwei Männer. Eben weil Zärtlichkeiten unter Frauen auch gesellschaftlich viel üblicher sind als umgekehrt. Ein Kuss auf den Mund ist natürlich noch etwas spezieller, da denke ich, dass es generell Überwindung kostet, einen solchen zu "schauspielern". Gerade zwischen zwei Frauen ist das aber vielleicht eher Sache der "Chemie" und gar nicht einmal sehr der Umstand, dass da eine andere Frau geküsst wird...

  • Ich weiß nicht ob es an der Wange liegt, oder der Schattenwirkung, aber während dem Kuss sah es so aus, als würde Octavian Sophie "aufsaugen" wollen).

    Das ist mir auch aufgefallen! War jetzt echt gespannt, ob Du dazu etwas sagen würdest! Aber ihre Wangen verändern sich nicht, als der Kuss zuende ist, also dachte ich, es liegt vielleicht an ihren eher schmalen Wangen?


    Was die Chemie angeht, so traue ich mir da kein wirkliches Urteil zu, weil ich meine, dass die Regie hier wenig macht. Die beiden schauen sich kaum an. Diana Damraus als Sophie fand ich optisch jetzt nicht SO passend, weil ich sie altersmäßig ungefähr auf einer Stufe mit der Marschallin schätzen würde. Also rein optisch wirkt es auf mich, als würde der junge Octavian eine "ältere" Frau für eine andere "ältere" Frau verlassen, aber nicht für ein junges Mädchen. (Mir gefielen übrigens die hohen Töne von Sophie Koch, die trotz des dunkleren Timbres nicht forciert oder vibratogeschwängert klangen )

    Auf mich wirkt Diana Damrau viel jünger als die Marschallin, was aber auch daran liegen kann, dass sie irgendwie viel "Kindchenschema" im Gesicht hat... Und ihre Stimme klingt eben sehr jung, finde ich- im Gegensatz zu der von Renée Fleming.
    Irgendwie witzig! Sophie Koch ist in dieser Inszenierung tatsächlich schon vierzig! Ich habe noch eine Aufnahme, in der sie 45 ist! Ich habe das Gefühl,diese Frau wird einfach nicht älter!
    Und ich bin immer noch der Ansicht, man tut Octavian Unrecht, wenn man behauptet, er würde die Marschallin "verlassen". Sie hat ihn bereits am Ende des ersten Aktes 'rausgeschmissen! Für Octavians "Marie Theres',Sie sind so gut!" am Ende, als sie da so großmütig auf ihn "verzichtet", möchte ich ihn eigentlich jedes Mal schütteln!



    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Hihi...Dieses Problem mit den "kleinen Details" kenne ich! Ich kann mich an so etwas auch total festbeißen, aber oft ernte ich da eher ein Kopfschütteln und die Frage "Hast Du eigentlich nichts anderes zum Nachdenken?"


    Da fällt mir ein Zitat aus Richard Spechts Richard-Strauss-Biografie von 1920 ein, wo er zwar über Details in den Noten schreibt, aber eigentlich lässt sich das auch auf Details in vielen anderen Kunstformen umlegen, auf die Filmkunst, auf das Schauspiel, usw.


    Zitat

    Ich kann mir nicht helfen: ich kann gerade über solch kleine Züge, die an sich ganz unwesentlich sind, mit dem Werk als Totalität nicht viel zu schaffen haben und die man gar nicht ungebührlich betonen dürfte, um nicht dem Sekundären allzu breiten Raum zu geben, in helles Entzücken geraten. (...) Denn diese ungeheure Prägnanz der Motivbildung bis ins kleinste gehört doch geradeso zu seinen Elementen wie die subtile Sorgfalt des Tondichters im geistreichen Durchbilden der geringfügigsten Einzelheit.


    Denk nur an die Nikiteanu-Inszenierung: da bringt es auch etwas, wenn man sich das genauer anschaut, auch mal kleine Gesten, kurze Blicke, die vielleicht nur Sekunden dauern, einfach, weil es da viel zu entdecken gibt. :)




    Ich denke, dass gerade in diesem Fall zwei Frauen miteinander weniger Schwierigkeiten hätten als zwei Männer. Eben weil Zärtlichkeiten unter Frauen auch gesellschaftlich viel üblicher sind als umgekehrt. Ein Kuss auf den Mund ist natürlich noch etwas spezieller, da denke ich, dass es generell Überwindung kostet, einen solchen zu "schauspielern". Gerade zwischen zwei Frauen ist das aber vielleicht eher Sache der "Chemie" und gar nicht einmal sehr der Umstand, dass da eine andere Frau geküsst wird...


    Hmm, da kann ich natürlich nicht mitreden, deswegen hat es mich doch interessiert, ob Frauen vielleicht eher ein Problem, eine höhere Hemmschwelle dabei haben, als Männer. (Wobei ich jetzt NICHT die Hemmschwelle meine, dass man eine quasi fremde Person küsst, sondern tatsächlich die Hemmschwelle, dass die andere Person das gleiche Geschlecht hat wie man selbst!)


    Das ist übrigens tatsächlich etwas, worauf ich unbewusst achte, wenn ich eine Hosenrolle sehe: wenn ein echter Mann irgendwelche Zärtlichkeiten mit einer Sängerin austauscht, dann "sehe" ich das einfach nur. Wenn das aber eine Hosenrolle ist, dann ist es irgendwie automatisch so, dass ich unfreiwillig darauf achte, wie sich die Hosenrollen-Sängerin da verhält, ob man merkt, dass ihr das unangenehm ist, ob das alles erzwungener, oder krampfhafter, oder statischer, oder mechanischer wirkt, weil da vielleicht eine deutlich sichtbare Hemmschwelle ist.



    Wenn es um den Vergleich Film-Oper geht, dann finde ich das bei Filmen besser: dort gibt es nur eine Besetzung, und dort wird auch anders gespielt, weil man weiß, dass es Großaufnahmen gibt, und dass man das einmal dreht, und das war´s dann - man holt das Maximum aus sich heraus, damit das auf dem fertigen Film gespeichert ist. Wenn ein Take dabei nicht gut war, dann wird es so lange gedreht, bis es sitzt und überzeugend wirkt.


    In der Oper und im Theater aber hast du immer wieder neue Besetzungen, immer neue Aufführungen, unterschiedliche Verfassungen der SängerInnen. Vielleicht hat Sophie Koch während diesen Aufführungen noch 2 oder 3 andere Marschallinnen oder Sophies küssen "müssen", also immer neue Leute, und nicht nur EINE Person. Immer auf neue PartnerInnen einstellen.


    Da fällt mir nochmal ein anderes Kapitel aus dem besagten Michael Caine-Buch ein, wo er über Liebesszenen schreibt:


    Zitat

    Ich denke, bei Liebesszenen ist es das Beste, sich bei der ganzen Sache extrem professionell zu verhalten. Es ist ein Job, und zufälligerweise gehört dazu auch, daß wir beide gemeinsam nacht im Bett liegen sollen. Es ist völlig egal, daß wir uns vorher noch nie begegnet sind. In Wirklichkeit ist man sowieso selten völlig nackt, aber man muß doch intime Stellungen einnehmen, und natürlich küßt man sich richtig. (…) Für die Schauspielerin besteht das Problem, sich in einen Zustand versetzen zu müssen, wo es ihr nichts ausmacht, daß ein fremder Mann ihren Hintern streichelt. Doch das gehört einfach mit zum Job, und niemand von uns kann es sich leisten, zimperlich zu sein.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Ach ja, was ich Dich schon lange einmal fragen wollte: Kannst Du Dir Sophie Koch als Cherubino vorstellen? Nicht optisch- darüber hatten wir ja schon einmal gesprochen- sondern von der Stimme her?

  • Das ist mir auch aufgefallen! War jetzt echt gespannt, ob Du dazu etwas sagen würdest! Aber ihre Wangen verändern sich nicht, als der Kuss zuende ist, also dachte ich, es liegt vielleicht an ihren eher schmalen Wangen?


    Nachdem ich mir beide Küsse (Marschallin und Sophie) jetzt mehrmals ganz genau angesehen habe, muss ich mich einmal korrigieren: beim ersten Kuss mit der Marschallin sieht man es aufgrund der Überblendung nicht so deutlich, aber auch da hat Sophie Koch kurz vor dem Kuss leicht geöffnete Lippen.


    Und da ist mir auch aufgefallen, was sie in beiden Fällen tut: kurz vor dem Kuss sind die Lippen leicht geöffnet, sobald man sich berührt gehen sie aber fest zusammen. Beim Kuss mit Sophie glaube ich jetzt zu wissen, warum die Wange so aussieht: Koch hat die Lippen wieder zusammen, und Damrau drückt mit ihrem Gesicht ein bisschen gegen seinen Unterkiefer, der sich etwas verschiebt und die Wange deswegen so hohl aussehen lässt. Dadurch, dass die Lippen von Koch geschlossen sind, wirkt die Wange noch hohler.



    Und ihre Stimme klingt eben sehr jung, finde ich- im Gegensatz zu der von Renée Fleming.


    Absolut, sie ist auch momentan eigentlich - bis auf Wiederruf - meine Lieblingssängerin von "Deh vieni non tardar". Und sie schreit nicht herum. :D



    Ach ja, was ich Dich schon lange einmal fragen wollte: Kannst Du Dir Sophie Koch als Cherubino vorstellen? Nicht optisch- darüber hatten wir ja schon einmal gesprochen- sondern von der Stimme her?


    Das kann ich noch nicht beantworten, ich werde mir morgen mehr von ihr auf YouTube anhören, und auch dieses Duett, und dann was dazu sagen.



    Jetzt wiederum eine Frage von mir :)
    Wir haben ja darüber diskutiert, wann die Gräfin und Cherubino zusammenkommen könnten, wie beide zum Zeitpunkt des Figaro psychisch gerade drauf sind etc.
    Wenn du Regisseurin wärst vom Figaro, würdest du Cherubino als eher "lustigen", unsicheren Burschen darstellen, dessen Schwärmerei für die Gräfin auch nur "lustig" und nicht wirklich ernst ist? Oder würdest du es vielleicht andeuten, dass sein Gefühl für die Gräfin schon ernster ist? Oder anders gefragt, würdest du seine Gefühle hier "lustig" und nicht so wirklich ernst darstellen, oder wäre da schon etwas ernstes, echtes dabei, sozusagen als kleine Ankündigung auf das, was später mal passieren wird? Und generell, wie ernst würdest du ihn darstellen?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe mir jetzt, wie versprochen, verschiedene Sophie Koch-Interpretationen angehört, darunter etwa auch diese Nummer hier aus Cosi fan tutte:



    Bei ihr tu ich mir ein bisschen schwer, weil es für mich persönlich mehrere gute, aber auch mehrere weniger gute Dinge gibt.
    Positiv finde ich auf jeden Fall einmal ihre hohen Töne, die auch mal piano genommen werden und dann auch hell klingen, nur eben mit dieser leichten Mezzo-Färbung, die der Stimme in dieser Lage eine dunklere Farbe gibt, ohne sie aber aufzudicken, „fett“ zu machen. Generell auch ist ihr Gesang, soweit ich das hören konnte, vibratoarm, also ich habe bis jetzt noch kein Geiere gehört.
    Was mir weniger gefiel war beispielsweise die Textverständlichkeit sowohl auf Deutsch als auch auf Italienisch.Auf jpc habe ich mir Hörproben von ihr von Strauss-Liedern angehört, und kein Wort verstanden.
    Was mich auch ein bisschen gestört hat war, dass das Vibrato, obwohl nicht stark, doch dauerhaft präsent ist, wodurch es etwa am Ende von langen Noten, wo es schön klingt, an Wirkung verliert.


    Mein größter Kritikpunkt wäre aber, dass nicht alle Lagen gleich und gleich schön klingen, in meinen Ohren. Die hohe Lage beispielsweise gefällt mir, wie oben erwähnt, sehr gut, und auch in der Mittellage gibt es manche Töne, die sehr warm und voll und schön, aber nicht alt oder schwer klingen. Auch ein paar der gelegentlichen tieferen Töne klingen manchmal gut, aber häufig leider eher unschön, „verschmiert“, kehlig. In dem verlinkten Video höre ich das beispielsweise ein paar Mal: zuerst richtig schöne Töne, und dann plötzlich tiefere, die unschön klingen. Auch kommt mir öfter mal der Wechsel zwischen helleren Tönen und dunklen Tönen sehr ruppig vor, die Stimme verändert da, für meinen Geschmack, zu sehr ihre Farbe.
    Bei meinem Lieblingshänsel beispielsweise fand ich jede Lage schön, auch die ganz tiefe, und die Stimmfarbe war immer gleich, ohne diesen plötzlichen Wechsel zwischen hell und voll und warm.


    Ich habe mir die Arie auch mit Elina Garanca angehört, da kam mir der Übergang fließender vor, die stimmlichen Unterschiede waren nicht so groß, allerdings ist mir bei ihr wiederum das Vibrato zu schwer, und der Vortrag (wie auch bei ihrer Habanera) zu technisch, zu akademisch, während ich bei Sophie Koch mehr Emotionen höre.


    Also als Cherubino könnte ich sie mir schon vorstellen, wenn die paar Dinge, die mich noch etwas stören, wegfielen, weil ich doch finde, dass ihr Mezzo gut klingt.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Gerade habe ich in einer Rezension des Online Merkers ein Bild vom Octavian in der Wiener Staatsoper gesehen, ganz offenbar verkleidet als Mariandl.



    Was mich hier wundert ist der tiefe Ausschnitt, denn würde er nicht eher ein Kostüm anziehen, das ihn gut verdeckt, damit nicht auffällt, dass er männlich ist? Du kennst ja mehr Inszenierungen als ich, haben andere „Mariandls“ ebenfalls so tiefe Ausschnitte, oder sind die eher hochgeschlossen?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Was mich hier wundert ist der tiefe Ausschnitt, denn würde er nicht eher ein Kostüm anziehen, das ihn gut verdeckt, damit nicht auffällt, dass er männlich ist? Du kennst ja mehr Inszenierungen als ich, haben andere „Mariandls“ ebenfalls so tiefe Ausschnitte, oder sind die eher hochgeschlossen?

    Ich weiß jetzt nicht, inwieweit Du mit der Handlung des "Rosenkavaliers" vertraut bist- ich glaube, Du hattest erwähnt, ihn einmal gesehen zu haben? Es gibt ja zwei "Mariandel-" Verkleidungen: einmal die aus dem ersten Akt ( also das Kleid der Kammerzofe, das Octavian sich überzieht, da er im Schlafzimmer der Marschallin nicht erwischt werden will) und die aus dem dritten, in der er zum Rendezvous mit dem Baron geht, um diesen zu blamieren...
    Theoretisch hat Octavian ja im ersten Akt keine Wahl, er muss das überziehen, das er gerade findet... Aber ein tief ausgeschnittenes Kleid wäre vom Regisseur dann doch eine eher ungeschickte Wahl, finde ich! Es sei denn, er will ganz bewusst den Eindruck erwecken, dass Octavian wirklich eine Frau sein könnte... In dieser etwas abgefahrenen Inszenierung von Peter Konwitschny war das wohl der Fall, da war letztendlich nicht klar, ob Octavian nicht eigentlich eine Frau ist... Liliana Nikiteanu spielte da übrigens den Octavian.
    Im dritten Akt will er ja ganz bewusst mit "weiblichen Reizen" spielen- die er ja im Grunde gar nicht hat, weil er ja ein Mann ist! Da fände ich einen tiefen Ausschnitt auch eher unangebracht!
    An einen Octavian mit auffallend tiefem Ausschnitt erinnere ich mich auch nicht- das wäre mir mit Sicherheit im Gedächtnis geblieben!
    In der Inszenierung mit Sophie Koch, Renée Fleming und Diana Damrau hatte der Regisseur im dritten Akt eine sehr tollkühne Oder: Da zieht Sophie Koch sich auf der Bühne um... Man hat also die "Verwandlung" vor Publikum! Ähnlich wie im Figaro, wo aus Cherubino ein Mädchen gezaubert wird...

  • Im dritten Akt will er ja ganz bewusst mit "weiblichen Reizen" spielen- die er ja im Grunde gar nicht hat, weil er ja ein Mann ist! Da fände ich einen tiefen Ausschnitt auch eher unangebracht!


    Die einzige Möglichkeit, einen tiefen Ausschnitt "gut" rüberzubringen wäre in meinen Augen die, die man in diesem einen Cherubino-Verkleidungsvideo gesehen hat: den Ausschnitt ausstopfen mit Tüchern und ähnlichem, und zwar im Stück.


    Wenn Octavian sich aber einfach nur ein Kleid anzieht und das so aussieht, dann finde ich das schon zu unrealistisch. Wenn er schöne, weiche Haut hat ist das eine Sache, sogar Susanna weist bei Cherubino darauf hin, aber wenn er auch noch deutlich sichtbare, echte Brüste hat, die nicht versteckt werden, dann wirds eigenartig, finde ich.


    Ich kann mich erinnern vor wenigen Jahren eine Rosenkavalier-Rezension gelesen zu haben, wo Octavian im Stück tatsächlich eine Frau war, also nicht ein Octavian, bei dem man nicht sicher ist, sondern eine tatsächliche Frau. Vielleicht weißt du oder jemand anderer, welche Inszenierung das war? Ich bilde mir ein, dass der Octavian damals lange rote Haare hatte?





    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe meinem letzten Beitrag gerade noch eine Kleinigkeit hinzugefügt...



    Ich kann mich erinnern vor wenigen Jahren eine Rosenkavalier-Rezension gelesen zu haben, wo Octavian im Stück tatsächlich eine Frau war, also nicht ein Octavian, bei dem man nicht sicher ist, sondern eine tatsächliche Frau. Vielleicht weißt du oder jemand anderer, welche Inszenierung das war? Ich bilde mir ein, dass der Octavian damals lange rote Haare hatte?

    Das könnte vielleicht diese moderne Inszenierung von Peter Konwitschny gewesen sein? Ich habe die leider auch nicht gesehen, nur darüber gelesen und auch keine Bilder davon gefunden... Wenn Du da welche hast, also bitte, bitte posten! Da sollte es wohl so sein, dass Octavian in Wirklichkeit eine Frau ist bzw.entsprechende Verwirrung beim Publikum über sein wahres Geschlecht erzeugt werden sollte...

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