Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • In der Inszenierung mit Sophie Koch, Renée Fleming und Diana Damrau hatte der Regisseur im dritten Akt eine sehr tollkühne Oder: Da zieht Sophie Koch sich auf der Bühne um... Man hat also die "Verwandlung" vor Publikum! Ähnlich wie im Figaro, wo aus Cherubino ein Mädchen gezaubert wird...


    Sagst du mir die Zeit, dann such ich mal danach :)


    Zum Ausstopfen hätte ich zwei Ideen, wie man das umsetzen könnte. Entweder man macht es einfach so (wie auch in dem erwähnten Clip), oder aber man macht daraus auch so einen kleinen 4th-wall-gag, indem man das Ausstopfen nicht zeigt, sondern nur andeutet, und wenn man Octavian (oder auch Cherubino) wieder sieht, hat er plötzlich einen überzeugend-weiblichen Ausschnitt; der "Gag" wäre dann, dass diejenige, die ihn verkleidet, das besonders gut hinbekommen hätte. (Da muss ich an eine Freischütz-Inszenierung in der Wr. Volksoper denken, die ich vor 10 Jahren sah. Da stand ein Blumenstrauß in einer Vase auf dem Boden, und Ännchen hat sich davor hingekniet, so dass man das Teil nicht sah, und so getan, als würde sie einen Kranz flechten, und hatte plötzlich den fertigen, schönen Kranz in der Hand, den sie natürlich hervorgezaubert hat. Der Gag war hier auch, dass es so wirken sollte, als könne sie so schnell einen Kranz flechten)



    Das könnte vielleicht diese moderne Inszenierung von Peter Konwitschny gewesen sein? Ich habe die leider auch nicht gesehen, nur darüber gelesen und auch keine Bilder davon gefunden... Wenn Du da welche hast, also bitte, bitte posten! Da sollte es wohl so sein, dass Octavian in Wirklichkeit eine Frau ist bzw.entsprechende Verwirrung beim Publikum über sein wahres Geschlecht erzeugt werden sollte...


    Ich suche mal danach, vielleicht finde ich was.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe mir das Video aus "Cosi Fan tutte" angesehen- erst einmal total ungewohnt, sie mal als Frau zu sehen! Sie ist ja auf die Rolle des Octavian doch sehr festgelegt... Dabei ist sie so hübsch!
    Was ich allerdings gemerkt habe: Auch bei hübschen Frauen gelingt die Verwandlung vom hübschen Jungen zu hübschem Mädchen auf der Bühne nicht zwangsläufig!
    In der vorhin erwähnten Szene, in der Sophie Koch sich auf der Bühne umzieht, geht diese Wirkung komplett verloren, weil sie eine sehr alberne Perücke über den Kopf zieht...
    In einer anderen Inszenierung tritt sie/ er als Mariandel vor die Marschallin und diese Kleidung ist so dermaßen vorteilhaft, dass man das Interesse des Barons mehr als nachvollziehen kann- zumal sie/ er dann auch noch nach Kräften flirtet, so dass die Marschallin schon die Augen verdreht...

  • Sagst du mir die Zeit, dann such ich mal danach

    Oje, ich weiß gar nicht, ob das auf meinem uralten DVD- Spieler funktioniert... Ich schau mal!



    Zum Ausstopfen hätte ich zwei Ideen, wie man das umsetzen könnte. Entweder man macht es einfach so (wie auch in dem erwähnten Clip), oder aber man macht daraus auch so einen kleinen 4th-wall-gag, indem man das Ausstopfen nicht zeigt, sondern nur andeutet, und wenn man Octavian (oder auch Cherubino) wieder sieht, hat er plötzlich einen überzeugend-weiblichen Ausschnitt; der "Gag" wäre dann, dass diejenige, die ihn verkleidet, das besonders gut hinbekommen hätte. (Da muss ich an eine Freischütz-Inszenierung in der Wr. Volksoper denken, die ich vor 10 Jahren sah. Da stand ein Blumenstrauß in einer Vase auf dem Boden, und Ännchen hat sich davor hingekniet, so dass man das Teil nicht sah, und so getan, als würde sie einen Kranz flechten, und hatte plötzlich den fertigen, schönen Kranz in der Hand, den sie natürlich hervorgezaubert hat. Der Gag war hier auch, dass es so wirken sollte, als könne sie so schnell einen Kranz flechten)

    Das hört sich in jedem Fall witzig an! :D

  • Oje, ich weiß gar nicht, ob das auf meinem uralten DVD- Spieler funktioniert... Ich schau mal!


    Achso, ich dachte, das ist die Inszenierung die es in voller Länge auf YouTube gibt. Nein, da musst du jetzt nicht die DVD einwerfen, wenn es das nicht auf YouTube gibt! :)



    Das hört sich in jedem Fall witzig an! :D


    Meinst du? Nicht ein bisschen zu plump? Es wäre halt, wie ich finde, so ein 4th-wall-gag, aber wirklich nur dann, wenn das Kleid so einen Ausschnitt hat. Besser wäre es vermutlich, wenn es von Anfang an hochgeschlossen ist.



    Ich habe auf dieser Seite, wo Opernneulingen offenbar Hosenrollen (und unterschiedliche Hosenrollen-Typen) erklärt werden, etwas Interessantes speziell über Cherubino gefunden:



    Zitat

    The Page:
    The other type of travesti role is when a composer writes a male role with the intention that he be played by a female. This kind of “breeches” role most frequently took the form of the pageboy. While not always a literal page, this personality is characterized as a young, inexperienced, love-crazed male and is sung by a woman en travesti (most famously Mozart’s Cherubino in Le nozze di Figaro). The pageboy’s love is unrequited, and he usually expresses it in songs he has written. Some notable page roles include:


    Smeton in Donizetti’s Anna Bolena
    Urbain in Meyerbeer’s Les Huguenots


    In the case of the Figaro stories, Beaumarchais instructed that the role of Chérubin be played by a “pretty young woman, since no young actors were mature enough to appreciate the finer points in the role.”Many page roles, like those shown above, were relatively tame in nature and almost shepherd-like, but Mozart’s Cherubino is undoubtedly sexualized. While he has similar interests as the lascivious Count Almaviva, his feminine form keeps him from appearing overly masculine or threatening. This becomes part of his appeal to the other women in the opera. Scholar Heather Hadlock claims that the page’s appeal to women lies in his similarity to them. Susanna constantly calls him “pretty” and exclaims that his skin is “like a girl’s.” The women in the opera even go as far as to dress him as a girl. It isn’t until Cherubino is dressed as a girl in act II that he is able to declare his desire to the Countess and be taken somewhat seriously. The Countess keeps sending Susanna out of the room in order to be alone with the page. Mozart's Cherubino certainly breaks the mold of the page as an innocent bystander.


    Leider ist hier aber ein Fehler dabei, nämlich dass Cherubino laut Libretto eben NICHT in Frauenkleidern mit der Gräfin alleine ist. Ok, die Haare sind gekämmt, und offenbar hat er auch noch diese Haube auf, die Susanna ihm gibt, aber er ist nicht verkleidet.
    Ansonsten fand ich das ganz interessant. Was denkst du darüber?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe mir das Video aus "Cosi Fan tutte" angesehen- erst einmal total ungewohnt, sie mal als Frau zu sehen! Sie ist ja auf die Rolle des Octavian doch sehr festgelegt... Dabei ist sie so hübsch!


    Wobei ich sie in diesem Clip doch irgendwie burschikos fand, weil das Kleid nicht figurbetont war (finde ich), und die Socken und die Schuhe wirken fast schon sportlich, irgendwie :D
    In anderen Clips hat sie tatsächlich elegante Kleider an, das ist dann richtig ungewohnt, gerade wenn sie noch kurze Haare und einen Anzug hatte, und dann plötzlich so aussieht.


    Was ich allerdings gemerkt habe: Auch bei hübschen Frauen gelingt die Verwandlung vom hübschen Jungen zu hübschem Mädchen auf der Bühne nicht zwangsläufig!


    Inwiefern?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Achso, ich dachte, das ist die Inszenierung die es in voller Länge auf YouTube gibt. Nein, da musst du jetzt nicht die DVD einwerfen, wenn es das nicht auf YouTube gibt!

    Das wäre nicht das Problem, die DVD läuft sowieso gerade wieder einmal bei mir :)


    Meinst du? Nicht ein bisschen zu plump? Es wäre halt, wie ich finde, so ein 4th-wall-gag, aber wirklich nur dann, wenn das Kleid so einen Ausschnitt hat. Besser wäre es vermutlich, wenn es von Anfang an hochgeschlossen ist.

    Ach, Du weißt doch, ich mag solche Ideen! Wenn das nicht zu ungeschickt gemacht ist, kann man das bestimmt ganz witzig 'rüberbringen! Es sei denn, die Sängerin besitzt schon von Hause aus relativ viel Oberweite, dann wär's wohl ein wenig verfehlt... Die Idee mit den Taschentüchern aus der Box in der Inszenierung mit den jungen Sängerinnen fand ich auch gut!

  • Leider ist hier aber ein Fehler dabei, nämlich dass Cherubino laut Libretto eben NICHT in Frauenkleidern mit der Gräfin alleine ist. Ok, die Haare sind gekämmt, und offenbar hat er auch noch diese Haube auf, die Susanna ihm gibt, aber er ist nicht verkleidet.
    Ansonsten fand ich das ganz interessant. Was denkst du darüber?

    Das Zitat kommt mir total bekannt vor... Diese These, dass Cherubinos Anziehungskraft auf Frauen darin begründet ist, dass er ihnen ähnlich ist, habe ich in jedem Fall schon einmal gelesen. Der Gedanke ist jedenfalls interessant: er ist anziehend, weil er zwar "männlich" ist, aber nicht "gefährlich", weil er irgendwie bei den Mädels unbewusst das Gefühl auslöst "Er gehört zu uns..." Dann wäre es aber schon beinahe ein zwanghafte Mechanismus, dass die Damen ihn dauernd als Mädchen verkleiden wollen...


    Wobei ich sie in diesem Clip doch irgendwie burschikos fand, weil das Kleid nicht figurbetont war (finde ich), und die Socken und die Schuhe wirken fast schon sportlich, irgendwie
    In anderen Clips hat sie tatsächlich elegante Kleider an, das ist dann richtig ungewohnt, gerade wenn sie noch kurze Haare und einen Anzug hatte, und dann plötzlich so aussieht.

    Ich fand die Kleidung gar nicht burschikos, sie hat mich, im Gegenteil, irgendwie an eine Art Schulmädchenuniform erinnert, gerade wecken der Kniestrümpfe...
    Vom Text habe ich hier allerdings wirklich gar nichts verstanden! Ihre Aussprache auf Deutsch finde ich wesentlich besser! Dass sie Französin ist, hört man da gar nicht, finde ich.


    Inwiefern?

    Zum Beispiel in der Szene, in der Sophie Koch sich auf der Bühne umzieht! Das fängt wirklich spannend an: Octavian betritt das "Beisl" im schwarzen Anzug und mit Hut und trâgt eine schwarze Tasche in der Hand. Aus der zieht er dann ein Kleid und in dem Moment dachte ich schon "Das macht sie jetzt nicht wirklich!".
    Zumal das diese Inszenierung mit den großen Spiegeln im Hintergrund ist, also, selbst wenn sie dem Publikum den Rücken zudreht, sieht man sie im Spiegel ja trotzdem von vorn!
    Man beobachtet sie also unwillkürlich mit Spannung, aber alles ist so geschickt gemacht, dass man tatsächlich nichts sieht...
    Und dann zieht sie sich, bevor sie sich wieder zum Publikum wendet, diese total alberne Perücke auf, mit der sie eher lächerlich 'rüberkommt! Die Verkleidung sieht man im Trailer übrigens auch kurz. Also ein guter Ansatz, der dann richtig blöd beendet wurde. Schade...

  • It isn’t until Cherubino is dressed as a girl in act II that he is able to declare his desire to the Countess and be taken somewhat seriously.

    Kleiner Nachtrag zu Deinem Zitat: Diese Aussage hier halte ich für mehr als fragwürdig!

  • Dass sie Französin ist, hört man da gar nicht, finde ich.


    Dass sie Französin ist wusste ich gar nicht! Aber umso mehr würde mich interessieren, wie sie die Habanera singt!



    Und dann zieht sie sich, bevor sie sich wieder zum Publikum wendet, diese total alberne Perücke auf, mit der sie eher lächerlich 'rüberkommt! Die Verkleidung sieht man im Trailer übrigens auch kurz. Also ein guter Ansatz, der dann richtig blöd beendet wurde. Schade...


    Ja, das ist wirklich ärgerlich - vielleicht hatte der Regisseur Angst, dass es zu "ernst" wird, und wollte einen Lacher provozieren?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Kleiner Nachtrag zu Deinem Zitat: Diese Aussage hier halte ich für mehr als fragwürdig!


    Ich habe die Leute dort schon angeschrieben wegen dieser Passage, weil sie einfach inhaltlich falsch ist. Es wird behauptet, dass Cherubino als Frau verkleidet wird, und diese Behauptung wird dann als Grundlage für weitere Analysen verwendet.



    Der Gedanke ist jedenfalls interessant: er ist anziehend, weil er zwar "männlich" ist, aber nicht "gefährlich"


    Wobei die Frage wäre, ob das nicht v.a. mit seinem Alter zusammenhängt? Er ist ja erst 13, und nicht 17 oder noch älter.



    weil er irgendwie bei den Mädels unbewusst das Gefühl auslöst "Er gehört zu uns..."


    Hier wiederum frage ich mich, wie das gemeint ist. Ist er für die Mädels deswegen "süß" und harmlos, weil er dieses Gefühl auslöst, oder aber ist er für sie attraktiv, weil er das tut? Im letzteren Fall würde ich mich doch fragen, warum sie dann noch am Figaro oder am Grafen Interesse haben, die ja eindeutig nicht zu ihnen gehören.



    Ach ja, im Trailer ab 1:06 siehst Du die- meiner Meinung nach eher lächerliche- Mariandel-" Verkleidung gleich zwei Mal...


    Gerade gesehen, das schaut irgendwie eher wie ein Clownskostüm aus, mit den roten Haaren und dem gelben Oberteil, finde ich.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Bezüglich der tiefen Ausschnitte bei Hosenrollen: sind wir da also der gleichen Meinung, dass tiefe, nicht ausgestopfte Dekolletés bei diesen Rollen durch die Inszenierung irgendwie "erklärt" bzw. gerechtfertigt sein sollen?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Jetzt muss ich nochmal meine Frage von früher wiederholen, weil es mich doch interessiert :)


    Zitat

    Jetzt wiederum eine Frage von mir :)
    Wir haben ja darüber diskutiert, wann die Gräfin und Cherubino zusammenkommen könnten, wie beide zum Zeitpunkt des Figaro psychisch gerade drauf sind etc.
    Wenn du Regisseurin wärst vom Figaro, würdest du Cherubino als eher "lustigen", unsicheren Burschen darstellen, dessen Schwärmerei für die Gräfin auch nur "lustig" und nicht wirklich ernst ist? Oder würdest du es vielleicht andeuten, dass sein Gefühl für die Gräfin schon ernster ist? Oder anders gefragt, würdest du seine Gefühle hier "lustig" und nicht so wirklich ernst darstellen, oder wäre da schon etwas ernstes, echtes dabei, sozusagen als kleine Ankündigung auf das, was später mal passieren wird? Und generell, wie ernst würdest du ihn darstellen?





    LG,
    Hosenrolle1

  • Dass sie Französin ist wusste ich gar nicht! Aber umso mehr würde mich interessieren, wie sie die Habanera singt!

    Ich weiß gar nicht, ob die "Carmen" zu ihrem Repertoire gehört... Wäre aber wirklich interessant! Ich habe hier zumindest einen Konzertausschnitt gefunden, in dem Sie ein Liebeslied auf Französisch singt!




    Ich habe die Leute dort schon angeschrieben wegen dieser Passage, weil sie einfach inhaltlich falsch ist. Es wird behauptet, dass Cherubino als Frau verkleidet wird, und diese Behauptung wird dann als Grundlage für weitere Analysen verwendet.

    Ich finde die Aussage generell fragwürdig, dass er sich der Gräfin erst in Mädchen Verkleidung erklären kann und sie ihn dann erst ernst nimmt!
    Abgesehen davon, dass er ja laut Regie noch gar nicht verkleidet ist, wo ist da der Zusammenhang? Und überdies: Wo bitte nimmt ihn die Gräfin denn ernster als vorher?



    Wobei die Frage wäre, ob das nicht v.a. mit seinem Alter zusammenhängt? Er ist ja erst 13, und nicht 17 oder noch älter.

    Das sicherlich auch! Aber hier geht es ja wieder um diese feminine Seite Cherubinos. Und darum, ob und weswegen sie auf Frauen irgendwie faszinierend wirkt...



    Hier wiederum frage ich mich, wie das gemeint ist. Ist er für die Mädels deswegen "süß" und harmlos, weil er dieses Gefühl auslöst, oder aber ist er für sie attraktiv, weil er das tut? Im letzteren Fall würde ich mich doch fragen, warum sie dann noch am Figaro oder am Grafen Interesse haben, die ja eindeutig nicht zu ihnen gehören.

    Das heißt ja nicht zwangsläufig, dass sie ausschließlich Jungs vom Typus Cherubino anziehend finden. Und die Frage ist ja auch, inwieweit er als "Mann" von den Damen in diesem Fall überhaupt ernst genommen wird! Vielleicht ist er tatsächlich nur der süße Junge, der ein hübscher Anblick ist und zwischendurch geknuddelt wird, aber mehr auch nicht? Ähnlich wie der ewige beste Freund, den man (frau) zwar nicht missen möchte, der aber nie so recht zum Zuge kommt, weil er zwar ein "Frauenversteher" ist, bei dem sich über die "bösen" Männer beschwert wird, die Mädels aber dann aber doch immer nur die "echten" Männer wollen?



    Gerade gesehen, das schaut irgendwie eher wie ein Clownskostüm aus, mit den roten Haaren und dem gelben Oberteil, finde ich.

    Stimmt, Du hast Recht! Die Verkleidung erinnert wirklich an ein Clownskostüm!

  • Bezüglich der tiefen Ausschnitte bei Hosenrollen: sind wir da also der gleichen Meinung, dass tiefe, nicht ausgestopfte Dekolletés bei diesen Rollen durch die Inszenierung irgendwie "erklärt" bzw. gerechtfertigt sein sollen?

    Ich würde die tiefen Ausschnitte in diesem Fall eher vermeiden...

  • Zitat


    Jetzt wiederum eine Frage von mir
    Wir haben ja darüber diskutiert, wann die Gräfin und Cherubino zusammenkommen könnten, wie beide zum Zeitpunkt des Figaro psychisch gerade drauf sind etc.
    Wenn du Regisseurin wärst vom Figaro, würdest du Cherubino als eher "lustigen", unsicheren Burschen darstellen, dessen Schwärmerei für die Gräfin auch nur "lustig" und nicht wirklich ernst ist? Oder würdest du es vielleicht andeuten, dass sein Gefühl für die Gräfin schon ernster ist? Oder anders gefragt, würdest du seine Gefühle hier "lustig" und nicht so wirklich ernst darstellen, oder wäre da schon etwas ernstes, echtes dabei, sozusagen als kleine Ankündigung auf das, was später mal passieren wird? Und generell, wie ernst würdest du ihn darstellen?

    Ach ja, die Frage war ja auch noch offen, aber die Antwort hatte ich schon eine ganze Weile im Kopf...
    "Mein" Cherubino soll ruhig lustig sein und ab und zu vielleicht auch ein wenig überdreht- er ist ja noch sehr jung!
    Was seine Schwärmerei für die Gräfin angeht, so sollte diese aber nichts Lächerliches haben! Wenn man zum Zeitpunkt vom.Figaro zwar noch nicht weiß, wie ernst diese Gefühle zu nehmen sind, so sind sie für Cherubino in diesem Moment jedoch ernst! Sie könnten ein Strohfeuer sein oder auch nicht... Cherubino empfindet sie in jedem Fall als tief und echt, also sollte dies auch entsprechend dargestellt werden!

  • Ich weiß gar nicht, ob die "Carmen" zu ihrem Repertoire gehört... Wäre aber wirklich interessant! Ich habe hier zumindest einen Konzertausschnitt gefunden, in dem Sie ein Liebeslied auf Französisch singt!


    Hmm, ich kann zwar kein Französisch, aber ich glaube dass ich da auch nicht viel verstanden hätte, ich höre da eigentlich keine Worte heraus :(
    Was ich halt schade finde, weil sie einen, wie ich finde, jung klingenden, warmen, vollen Mezzo hat; das dauerhafte, wenn auch nicht zu starke Vibrato und die Textunverständlichkeit stören mich da doch zu sehr. :(



    Ich finde die Aussage generell fragwürdig, dass er sich der Gräfin erst in Mädchen Verkleidung erklären kann und sie ihn dann erst ernst nimmt!
    Abgesehen davon, dass er ja laut Regie noch gar nicht verkleidet ist, wo ist da der Zusammenhang? Und überdies: Wo bitte nimmt ihn die Gräfin denn ernster als vorher?


    Wahrscheinlich war das irgendein junger Student, der sich 2 oder 3 Inszenierungen angesehen hat und meint, er müsse jetzt einen "Wiki"-Artikel dazu schreiben :D
    Hätte der Autor zuerst ins Libretto geschaut, wäre dieser Fehler nicht passiert.


    Aber auch wenn er laut Libretto verkleidet ist (er trägt ja nur die Haube, wenn er sie nicht zwischenzeitlich abgenommen hat), fände ich diese Theorie sehr weit hergeholt. Sie nimmt ihn hier vermutlich nicht so ernst, wie es dargestellt wird, vor allem aber wäre es doch unlogisch, dass der Junge erst in Mädchenkleidern etwas zur Gräfin sagt.



    Vielleicht ist er tatsächlich nur der süße Junge, der ein hübscher Anblick ist und zwischendurch geknuddelt wird, aber mehr auch nicht? Ähnlich wie der ewige beste Freund, den man (frau) zwar nicht missen möchte, der aber nie so recht zum Zuge kommt, weil er zwar ein "Frauenversteher" ist, bei dem sich über die "bösen" Männer beschwert wird, die Mädels aber dann aber doch immer nur die "echten" Männer wollen?


    Das befürchte ich auch, wobei er vermutlich schon wegen seinem Alter nicht "zum Zuge kommen" wird. Wie würdest du denn das inszenieren? Absolut null Interesse bei den beiden Frauen? Cherubino als "Spielball", den man nicht ernst nimmt?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich würde die tiefen Ausschnitte in diesem Fall eher vermeiden...


    Würde ich ehrlich gesagt auch.


    Gut, jetzt könnte man natürlich einwenden, dass es doch eigentlich keinen Unterschied mehr macht, ob man den Busen direkt sieht, oder ob er sich unter einem Oberteil abzeichnet, weil beides die Illusion, dass das ein junger Mann ist, raubt. Aber ich persönlich finde, dass letzteres auch einen Teil des Reizes einer Hosenrolle ausmacht, dass ab und zu ganz leicht durchscheint, dass das kein echter Mann ist, auch wenn versucht wird, eben das zu verstecken. Wenn es aber so offen gezeigt wird, dann fällt dieser Reiz weg, und es wirkt auf mich dann so, als ob man gar nicht erst versucht, eine Illusion herzustellen. Das klingt jetzt alles wahrscheinlich irgendwie eigenartig und komisch.



    "Mein" Cherubino soll ruhig lustig sein und ab und zu vielleicht auch ein wenig überdreht- er ist ja noch sehr jung!
    Was seine Schwärmerei für die Gräfin angeht, so sollte diese aber nichts Lächerliches haben! Wenn man zum Zeitpunkt vom.Figaro zwar noch nicht weiß, wie ernst diese Gefühle zu nehmen sind, so sind sie für Cherubino in diesem Moment jedoch ernst! Sie könnten ein Strohfeuer sein oder auch nicht... Cherubino empfindet sie in jedem Fall als tief und echt, also sollte dies auch entsprechend dargestellt werden!


    Hmmm ... mich hat deine Idee dazu vor allem auch interessiert, weil wir ja darüber sprachen, wie weit sich der Junge im Klaren über seine Gefühle ist, dass er sich noch ausprobiert, etc.
    Da war für mich interessant, ob du das vielleicht auch zeigen würdest, dass das bei ihm zu diesem Zeitpunkt vielleicht nur "lustige", unernste, eher bedeutungslose Schwärmereien sind, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, was er will.


    Noch ein Gedanke von mir zu der "Clowns-Verkleidung" von Octavian: vielleicht wollte der Regisseur nicht, dass Octavian zu überzeugend, zu echt weiblich aussieht, und hat ihm deswegen so ein übertriebenes Kostüm angezogen, damit das Publikum deutlich merkt "Ah, eine falsche Frau", und nicht sagt "Die schaut ja genauso aus wie alle anderen Frauen".
    Würdest du als Regisseurin Octavian normales, "seriöses" Frauengewand anziehen, oder auch eher ein "lustiges" Kostüm, etwa ein Kleid, das viel zu weit und schlabbrig ist, oder aussieht als gehört das einer alten Oma, oder ähnliches?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Gut, jetzt könnte man natürlich einwenden, dass es doch eigentlich keinen Unterschied mehr macht, ob man den Busen direkt sieht, oder ob er sich unter einem Oberteil abzeichnet, weil beides die Illusion, dass das ein junger Mann ist, raubt. Aber ich persönlich finde, dass letzteres auch einen Teil des Reizes einer Hosenrolle ausmacht, dass ab und zu ganz leicht durchscheint, dass das kein echter Mann ist, auch wenn versucht wird, eben das zu verstecken. Wenn es aber so offen gezeigt wird, dann fällt dieser Reiz weg, und es wirkt auf mich dann so, als ob man gar nicht erst versucht, eine Illusion herzustellen. Das klingt jetzt alles wahrscheinlich irgendwie eigenartig und komisch.

    Nein, gar nicht, es ist mir schon klar, was Du meinst! Der Witz ist ja unter anderem, dass eine Frau in der Rolle eines Mannes ( oder Jungen) überzeugend 'rüberkommen soll. Die Herausforderung liegt eben auch ganz stark darin, auf welche Weise das gemacht wird, also würde ich dann eher auf ein übermäßiges Betonen weiblicher Merkmale verzichten! Als Gag zwischendurch finde ich 's schon lustig, wenn damit gespielt wird ( die Tücher aus der Schachtel, die immer mehr und mehr wurden fand ich schon Klasse! ), aber eben in Maßen!
    Und gerade im Falle Cherubino und auch Octavian legen die zwei es ganz bewusst darauf an, als Mädels durchzugehen, warum sollten sie es da mit der Frauenverkleidung übertreiben und damit riskieren, dass die Sache schiefläuft?
    Gerade Octavian, der ja alles von sich aus inszeniert ( und dem allenfalls gedämpftes Licht, aber keine Dunkelheit zur Verfügung steht...) wäre doch deppert, wenn er hier riskiert, vorzeitig erkannt zu werden, da der Baron ihn ja als Frau und Mann gleichermaßen kennt und sich bereits über die Ähnlichkeit gewundert hat... Die Ausrede mit der unehelichen Schwester sollte man da vielleicht auch nicht überstrapazieren, der "selige Herr Marchese" rotiert vermutlich eh schon im Grab! :D



    Ganz liebe Grüße und einen schönen Tag wünscht die Dritte Dame

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Noch ein Gedanke von mir zu der "Clowns-Verkleidung" von Octavian: vielleicht wollte der Regisseur nicht, dass Octavian zu überzeugend, zu echt weiblich aussieht, und hat ihm deswegen so ein übertriebenes Kostüm angezogen, damit das Publikum deutlich merkt "Ah, eine falsche Frau", und nicht sagt "Die schaut ja genauso aus wie alle anderen Frauen".
    Würdest du als Regisseurin Octavian normales, "seriöses" Frauengewand anziehen, oder auch eher ein "lustiges" Kostüm, etwa ein Kleid, das viel zu weit und schlabbrig ist, oder aussieht als gehört das einer alten Oma, oder ähnliches?

    Ich fand dieses alberne Kostüm im Kontext der Handlung völlig unpassend! Der Sinn der Kostümierung ist ja- wie im Figaro-, dass hier ein Lüstling "in flagranti" erwischt und dadurch öffentlich blamiert werden soll! Weshalb also so ein albernes Kleid? Octavian setzt ja darauf, dass der Baron "anbeißt", weil er ihn in Verkleidung der Zofe reizvoll fand... Also wäre es doch das Naheliegendste, bei diesem Stil zu bleiben und nichts Auffälliges zu wählen, oder?



    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame



    P. S. Zum Pubertätsjammer unseres gemeinsamen Lieblings werde ich mich auch noch einmal äußern, ebenso wie zu Frau Kochs Sprach(un)verständlichkeit... Das wird aber beides etwas ausführlicher und sprengt den Rahmen meiner täglichen Bahnfahrt! ;(

  • Als Gag zwischendurch finde ich 's schon lustig, wenn damit gespielt wird (die Tücher aus der Schachtel, die immer mehr und mehr wurden fand ich schon Klasse!), aber eben in Maßen!


    Ja genau, das ist auch so ein Beispiel :)
    Wenn es nicht übertrieben wird, warum nicht? Ich als Regisseur würde Cherubino oder Octavian keine tiefen Ausschnitte geben, aber wenn ich sowas sehe, und es eben als 4th wall-gag gemacht ist, dann hätte ich da überhaupt kein Problem damit.
    Bei Cherubino könnte ich es mir so vorstellen, dass Susanna sich "Ausstopfmaterial" nimmt, sich vor Cherubino stellt, und ihn vor den Blicken des Publikums verdeckt, dann so tut als ob sie das Zeug in das Oberteil stopft, und wenn sie wieder zur Seite tritt, hat Cherubino auf einmal einen überzeugenden, echt wirkenden Ausschnitt, weil Susanna das ja so toll hinbekommen hat :D



    Und gerade im Falle Cherubino und auch Octavian legen die zwei es ganz bewusst darauf an, als Mädels durchzugehen, warum sollten sie es da mit der Frauenverkleidung übertreiben und damit riskieren, dass die Sache schiefläuft?


    Eben, das ist einer der Gründe, warum ich es auch nicht machen würde. Andererseits, in der Oper gibt es schon so viele Unwahrscheinlichkeiten und Logiklücken, dass das vielleicht auch nicht mehr so sehr ins Gewicht fällt?


    Eine Frage: in der Szene im Figaro, wo die ganzen Bauernmädchen der Gräfin ein Ständchen singen, ist ja auch der verkleidete Cherubino dabei. In einer Inszenierung, die ich live gesehen habe in der Volksoper Wien, haben die Mädchen da eine kleine Choreografie aufgeführt, mit Drehungen und Knicksen, wobei Cherubino ungeschickt war und immer verzögert reagiert hat, sodass man sofort erkannt hat, dass er nicht dazu gehört.


    Wie würdest du diese Szene inszenieren? Soll schon während dem Ständchen Cherubino auf irgendeine Art und Weise auffallen, durch seine Bewegungen, durch seine Versuche, sein Gesicht zu verbergen, oder dadurch, dass er nicht mittanzen kann? Oder soll er hier, auch für das Publikum, perfekt in die Gruppe passen und nicht sofort erkennbar sein?


    Ich frage das deswegen, weil ich meine, dass da ein großer Unterschied ist. Wenn er schon während dem Lied auffällt, dann wird er auch der Gräfin und Susanna auffallen. Wenn er aber nicht auffällt, sogar den beiden Frauen nicht, dann würde das bedeuten, dass er tatsächlich überzeugend aussieht in dieser Gruppe, und erst später am Gesicht erkannt wird.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Wir sprachen ja erst kürzlich über Großaufnahmen beim Rosenkavalier, und da meinte ich ja, dass das einer der Vorteile beim Film ist, dass man das einmal dreht, und man das nicht immer wieder spielen muss, mit wechselnden Leuten, oder so.


    Beim Film ist das, so meine ich, generell ein Vorteil, dass dafür eigens Schauspieler gecastet werden, die am geeignetsten für eine Rolle scheinen, während ich bei Opern eher das Gefühl habe, dass man da sagt "Die Rolle ist ein Tenor, schauen wir mal wer da Zeit hat, das wird schon passen, egal ob der Sänger die Rolle auch überzeugend spielen kann, ob er überzeugend aussieht". Ich weiß nicht, wie Sänger in Opernhäusern eingeteilt werden, nach welchen Kriterien das stattfindet, aber zumindest ist das mein Eindruck.
    Der Repertoirebetrieb bei Opernvorstellungen hat für mich, im Gegensatz zum Film, ein bisschen was "fabrikähnliches", Programme werden mehrmals irgendwie abgespult, während man sich beim Film auf EIN Projekt konzentriert, das einmal macht, da das beste herausholt, und dann war´s das.


    Das stört mich auch irgendwie bei mehreren Opernaufnahmen, wenn mehrere Sänger auf mehreren Aufnahmen gemeinsam singen. Ein schönes Beispiel sind für mich die Aufnahmen aus den 70ern, wo etwa Peter Schreier und Theo Adam und noch ein paar andere SängerInnen mehrere Operngesamtaufnahmen zusammen gemacht haben. Der Eindruck, den ich da habe, ist der, dass für eine Produktion keine bestimmten Sänger gecastet, ausgewählt werden, sondern dass die SängerInnen gemeinsam verschiedene Opern "abarbeiten", so nach dem Motto "Was haben wir noch nicht? Fidelio? Ok, machen wir den."



    Natürlich ist es nicht so, dass es beim Film keine Kompromisse gibt; wenn nicht genug Geld da ist, um bestimmte Schauspieler zu verpflichten, oder wenn die gar kein Interesse an dem Projekt haben, dann muss man nach Alternativen suchen. Ich behaupte also nicht, dass beim Film immer der perfekte Schauspieler für eine Rolle ausgesucht werden kann! Aber ein Film ist meist doch ein einmaliges Projekt, wo gecastet und geplant wird, auf das sich Schauspieler gezielt vorbereiten und die ganze Energie stecken (im Idealfall), während es im Opernhaus laufender Betrieb ist, immer wieder muss neu besetzt werden, und SängerInnen müssen das Stück öfter und mit wechselnden Kollegen spielen.


    Besonders eigenartig finde ich in diesem Zusammenhang, dass manche Opernhäuser offenbar die Werbestrategien von Filmen zu kopieren versuchen, indem sie ebenfalls so kleine Werbefilme für nahende Premieren auf ihre Homepage oder auf YouTube stellen, die auch so gemacht sind, wie man das beim Film kennt: die SängerInnen der Premiere erzählen etwas über ihre Rollen, der Regisseur erzählt etwas über das Stück, dazwischen immer wieder kurze Ausschnitte aus der Inszenierung. Das erweckt doch den Eindruck, dass DIESE SängerInnen auch immer in dieser Inszenierung zu sehen sein werden (so wie die Schauspieler im Interview ja auch immer in diesem Film zu sehen sind und quasi dafür stehen), aber wenn die Inszenierung noch länger läuft, werden es immer andere Sänger sein, während die, die in dem Werbefilm noch geredet haben, schon längst in anderen Opernhäusern singen.


    Das klingt jetzt so, als ob ich die Oper generell schlecht fände, was ja nicht stimmt! Natürlich wäre es stinklangweilig, wenn immer die die selben SängerInnen in einem Stück zu sehen wären! Es geht mir auch keineswegs darum, die Oper gegen den Film auszuspielen; ich wollte nur über meine Eindrücke etwas sagen, und aufzählen, was ich beim Film doch vorteilhafter finde.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Hmm, ich kann zwar kein Französisch, aber ich glaube dass ich da auch nicht viel verstanden hätte, ich höre da eigentlich keine Worte heraus.

    Ich kann Französisch, aber hier geht es mir genauso! Ohne die Untertitel hätte ich kaum ein Wort verstanden!


    Merkwürdig... Auf Deutsch finde ich ihre Aussprache wesentlich deutlicher! Was aber auch daran liegen kann, dass ich den Text kenne.
    Ich habe jetzt einmal folgendes gemacht: meinem Bekannten, dem Muttersprachler dieses Video mit dem französischen Lied geschickt und ihn gebeten, mir zu sagen, was er von der Aussprache hältst! Bin total gespannt!!


    Liebe, wirklich saukalte, aber eisglitzernde Grüße von der Dritten Dame

  • In dem Buch von J. Kaiser, das du auch hast, schreibt er über die Gräfin:


    Zitat

    Und es schmeichelt ihr, hilft ihr wohl ein wenig im seelischen Leid, daß der junge Page Cherubino so für sie schwärmt. Ein Jammer, wie zurückhaltend er bleibt. Susannas Flirten mit dem Jungen macht sie durchaus eifersüchtig …


    Ich denke, dass das eine ziemlich freie Interpretation ist, schon allein deswegen, weil er sie mit keinem Wort begründet. (Und am Ende des Buches gibt es eine Inhaltsangabe des Figaro, die, wenn auch nicht von ihm geschrieben, wahrscheinlich doch von ihm abgesegnet folgendes behauptet:


    Zitat

    Begeistert geht man sogleich ans Werk: Cherubino hat eben probeweise den Reifrock der Gräfin über die Uniform gezogen, da kehrt unerwartet der durch Basilios Billet alarmierte Graf (…)


    Das ist eine nachweisbar falsche Eigeninterpretation, die den Leser vermutlich unterhalten oder belustigen soll, insofern traue ich Kaiser da überhaupt nicht über den Weg. Aber dennoch werde ich mir, wenn das besagte Libretto ankommt, einmal das Rezitativ zwischen „Voi che sapete“ und „Venite, inginocchiatevi“ genauer ansehen, und diesmal darauf achten, was Tonart-mäßig passiert, wenn Susanna mit Cherubino redet, oder die Gräfin mit Susanna spricht, ob man da vielleicht getrübte Stimmungen, die auf eine Eifersucht hindeuten könnten, erkennen kann.
    Aber der Satz „Ein Jammer, wie zurückhaltend er bleibt“ klingt so, als wäre es Cherubinos Schuld, dass sich nicht mehr ergibt, als würde sie nur auf ein entsprechendes „Zeichen“ von ihm warten; soviel ich weiß, sagt er zu ihr „Würde ich sterben, würde dieser Mund es wagen …“ oder so, worauf SIE sagt, dass er vernünftig sein soll. Wie Kaiser da zu so einer Behauptung kommt verstehe ich nicht.



    Wegen der Ausschnitt-Ausstopf-Idee ist mir noch was eingefallen. Ich glaube, bei Octavian würde das Ganze besser funktionieren und besser wirken als bei Cherubino, weil ersterer doch um einiges älter und reifer ist, und – in meinem Idealfall – ähnlich wie auf diesem Bild mit Cherubino im Schrank, auch zierlicher ist, also keineswegs groß und stattlich.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Beim Stöbern fand ich diesen 6 Monate alten Trailer für eine deutschsprachige Inszenierung von Beaumarchais´ Figaro:



    Ich habe nichts gegen moderne Inszenierungen (beim Figaro bin ich, wie schon erwähnt, dagegen, das Stück in eine andere Zeit zu verlegen, deswegen lieber eine abstrakte Inszenierung, oder in der richtigen Zeit), nur das was DA abläuft ist doch das Letzte. Mal ganz davon zu schweigen, dass Chérubin hier von einem erwachsenen Mann dargestellt wird, obwohl Beaumarchais das nicht wollte. Das Theater Baden-Baden, das diesen Unfug verkauft, hat auch die Kommentarfunktion unter dem Video deaktiviert - die wissen offenbar selbst, was für ein Schmarrn das ist.


    Aber seltsam finde ich, dass in keinem Theaterstück, das ich auf YouTube gesehen habe, Chérubin von einer Frau gespielt wird, wie es eigentlich intendiert war. Da nimmt man sich offenbar doch mehr Freiheiten als in der Oper.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Muss ich zu dem Trailer etwas sagen? Da erübrigt sich jeder Kommentar, oder? Ich habe auch nichts gegen moderne Inszenierungen, wenn die Idee gut ist, oder dagegen, ein Stück in eine andere Zeit zu verlegen...
    Aber das sieht ja wirklich nur noch nach Klamauk aus!
    Erinnerst Du Dich an das "Voi che sapete", das Du hier einmal gepostet hattest, mit dem Cherubino, dem noch ein Bart angemalt wurde? Wo die Darstellung inklusive das anschließende Verkleiden so arg albern inszeniert wurde?
    Dazu hatte ich zufällig auch noch etwas auf YouTube gefunden, ist schon eine Weile her, ich hab's irgendwie vergessen. Ist auch zum Fremdschämen, mal sehen, ob ich 's nochmal finde...

  • Gerade angesehen ... nicht so schlimm wie dieses Theaterstück, aber auch irgendwie zu albern, finde ich. Besonders dieses Grimassenschneiden finde ich auch für eine Opernbühne (wo man, im Gegensatz zum Film, ja doch ein bisschen mehr gestikulieren muss für die Zuschauer weiter hinten) arg übertrieben.


    Danke auf jeden Fall für´s raussuchen :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ach ja, das ist wieder etwas völlig untergegangen! Ich habe mir so ca 20 Minuten der "Masterclass" von Joyce di Donato angeschaut.
    So wie ich das verstehe, geht es ihr hier weder um den Text noch um korrekte Noten...
    Sie verlangt von dem Mädel, dass sie Gefühle in diese Arie hineinlegt und zwar sehr konkrete! Sie soll so singen, als wenn Cherubino durch das "Voi che sapete" eine direkte Liebeserklärung an die Gräfin macht...
    Das unterstreicht sie mit teilweise ganz schön derben Sprüchen! Schon witzig, ihr zuzuhören.. Aber schon ganz schön viel hinein interpretiert! Und ganz schön viel verlangt von dem Nacwuchs- Cherubino!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose