Sinn und Unsinn von Hosenrollen

  • Genau, das ist die Aufnahme, die ich meine!
    Die Marschallin ist hier deutlich älter als Octavian, das hat schon etwas Ödipales ( Gibt's das Wort? :rolleyes: )
    Da gibt's in der Anfangsszene auch jede Menge Zärtlichkeiten, allerdings nicht einmal ein kleines Küsschen auf den Mund, obwohl Octavian hier auffallend viel Körperkontakt sucht- vergleichbar mit manchem Cherubino in der Gartenszene!
    Übrigens gefällt mir da das Cover auch sehr gut, obwohl ich mir Octavian mehr zwischen den beiden Frauen gewünscht hätte...
    Zu den Videos, die Du gepostet hattest:
    Das aus"Knallerfrauen" konnte ich beim zweiten Einstellen abrufen, keine Ahnung, was da beim ersten Mal schiefgelaufen ist... Naja, ziemlich plumper Gag, vor allem sicher auch deswegen, weil es recht offensichtlich war, was es "zu lutschen" geben würde, sobald die Worte ausgesprochen waren...
    Ist aber wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, wann ein Regisseur so etwas auch auf der Opernbühne verlangen wird- bin gespannt, wer sich dann dafür hergibt!
    Körpeiche Zäichkeiten zwischen zwei Frauen sind ja eine Sache- aber wenn's dann an Zungenküsse geht, ist da irgendwie auch die Grenze nicht nur erreicht, sondern überschritten...
    Muss aber dazu sagen, dass ich dad auch bei einem gegen geschlechtlichen Liebespaar auf einer Opernbühne nicht wirklich geschmackvoll fände!


    Oje, ich glaube, ich sollte jetzt langsam doch schlafen gehen...Dir auch schon einmal ein schönes Weihnachtsfest!!!
    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Die Marschallin ist hier deutlich älter als Octavian, das hat schon etwas Ödipales ( Gibt's das Wort? :rolleyes: )


    Übrigens gefällt mir da das Cover auch sehr gut, obwohl ich mir Octavian mehr zwischen den beiden Frauen gewünscht hätte...


    Worauf beziehen sich die beiden Zitate, und was meinst du mit "zwischen den beiden Frauen"?



    Das aus"Knallerfrauen" konnte ich beim zweiten Einstellen abrufen, keine Ahnung, was da beim ersten Mal schiefgelaufen ist... Naja, ziemlich plumper Gag, vor allem sicher auch deswegen, weil es recht offensichtlich war, was es "zu lutschen" geben würde, sobald die Worte ausgesprochen waren...
    Ist aber wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, wann ein Regisseur so etwas auch auf der Opernbühne verlangen wird- bin gespannt, wer sich dann dafür hergibt!


    Ich habe befürchtet, dass es wegen diesem wirklich dummen und unlustigen Sketch vielleicht zu Missverständnissen kommt, wenn ich es hier poste! Der Gag ist absolut unlustig, und es ging mir auch nicht darum, dass ich meine, dass ich sowas auf Opernbühnen sehen möchte, oder mir das von Octavian und der Marschallin erwarte! Ich habe das nicht gepostet mit der Aussage "SO gehört das inszeniert".


    Mir ging es tatsächlich nur einerseits um die Chemie zwischen den Darstellern (unabhängig vom Kontext, ob Sketch-Comedy oder Oper), andererseits darum zu zeigen, dass in einem billigen Sketch in einer Comedyshow so ein lustig gemeinter(!) Kuss, auch wenn er hier natürlich extrem ist, echter und realistischer aussehen kann, ohne zugepresste Lippen oder so.


    Was die Chemie betrifft, ich schaue die "Knallerfrauen" schon öfter, weil da auch gute Sketche dabei sind, und weil mir die Hauptdarstellerin Martina Hill, die auch bei "Switch" mitmacht, sympathisch ist. Die beiden Frauen in dem Clip spielen da oft unterschiedliche Rollen zusammen, und ich glaube, dass man da auch merkt, dass die sich kennen und verstehen.


    Was den Kuss betrifft, das ist, wie gesagt, ein "extremer" Kuss, sowas würde ich von niemandem erwarten auf der Opernbühne, ganz klar. Ich habe dieses Beispiel aber absichtlich gewählt, eben weil es extrem ist, und das aber in einem "gefühllosen", lustig gemeinten Sketch, wo ich viel eher erwarten würde, dass man da nur so tut, während es auf der Opernbühne aber darum geht, ernsthaft Figuren, die sich lieben, und ihren Umgang miteinander darzustellen. In beiden Fällen ist die Kamera nah dran, in beiden Fällen sieht man beide Charaktere von der Seite, in beiden Fällen, nehme ich an, stimmt die Chemie auch, nur in dem billigen Sketch gab es m.E. weniger Probleme mit einem extremen Kuss, während sich in der seriösen Oper bei einem Liebespaar bei einem harmlosen Kuss nicht mal die Lippen berühren.


    Bitte versteh das nicht falsch, ich wollte dich da nicht verstimmen indem du glaubst, dass ich auf S. Koch als Octavian schimpfe. :(





    LG,
    Hosenrolle1

  • Das Libretto von Reclam ist da! Jetzt kann ich endlich dieses Rezitativ genauer unter die Lupe nehmen :)


    Zwei Beispiele habe ich jetzt auf die Schnelle rausgesucht, die zeigen sollen, wie übersetzt wurde. Zum einen Figaros "Se vuol ballare". Zuerst das Original, dann eine Übersetzung von einer Webseite, die Libretti anbietet, und dann die Reclam-Übersetzung.


    Zitat

    Se vuol ballare, signor contino,
    il chitarrino le suonerò, sì,
    se vuol venire nella mia scuola,
    la capriola le insegnerò, sì.


    Zitat

    Will der Herr Graf ein Tänzchen nun wagen,
    mag er's mir sagen, ich spiel ihm auf.
    Soll ich im Springen Unterricht geben,
    auf Tod und Leben bin ich sein Mann.


    Zitat

    Will er tanzen, der Herr Gräflein,
    mit der Gitarre spiel ich ihm auf.
    Will er lernen in meiner Schule,
    die Kapriole bring ich ihm bei.


    Oder wenn die Gräfin den als Mädchen verkleideten Cherubino sieht:


    Zitat

    E chi è, narratemi, quell'amabil fanciulla ch'ha l'aria sì modesta?


    Zitat

    Und wer, sagt mir, ist dies liebliche Mädchen, das so schüchtern dreinschaut?


    Zitat

    Und sagt mir, wer ist das liebenswerte Mädchen dort, das die Bescheidenheit selbst zu sein scheint?


    Das ist von Reclam sicher nicht absolut 1:1 übersetzt, das ist vielleicht so eine "lyrische" Redewendung, irgendwas mit "Luft der Bescheidenheit" oder so. Aber es wurde "modesta" korrekt mit "bescheiden" übersetzt, während sie in der anderen Übersetzung meint, dass sie "schüchtern dreinschaut", was etwas ganz anderes ist.



    Einen Schwachpunkt, so es einer ist, habe ich aber schon gefunden:


    Zitat

    Quante buffonerie!


    Zitat

    Kein Ende der Scherze!


    Ich hätte das eher mit "So viele Scherze" oder so übersetzt. Die Webseite macht daraus "Welche Komödie". Also 100%ig ist diese Übersetzung wohl auch nicht, aber auf jeden Fall doch verlässlicher als die diversen Booklet- und Internet-Übersetzungen, die doch eher darauf achten, dass es sich reimt oder lyrisch klingt.



    Der Übersetzer Dietrich Klose schreibt im Nachwort auch:


    Zitat

    Jeder Opernfreund hat nicht nur die "unsterblichen" Melodien Mozarts im Kopf, sondern auch die einprägsamen, kaum adäquat zu übersetzenden Verse Da Pontes, wie etwa Figaros "Non piu andrai" (...) oder Cherubinos "Voi che sapete" (...) oder Susannas "Deh vieni non tardar" (...). Hier ist Sprache allein schon beinahe Musik geworden.


    Also auch der Übersetzer räumt ein, dass es schwer ist, adäquat zu übersetzen, und der letzte Satz gefällt mir besonders gut, weil ich auch meine, dass die Sprache hier schon musikalisch ist und schön klingt.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe das Rezitativ jetzt durchgenommen, und das hat länger gedauert als gedacht, und war ziemlich aufwändig, mit dem ständigen Durchlesen und Vergleichen etc.


    Zuerst einmal der Text des Rezitativs im Original, dazu die jeweiligen Tonartwechsel in Klammern an den Stellen, an denen sie Mozart notiert, damit meine Methode nachvollziehbar wird. Die Regieanweisungen habe ich, der Übersichtlichkeit wegen, großteils weggelassen.



    CONTESSA
    (B-Dur) Bravo! che bella voce! io non sapea
    che cantaste sì bene.


    SUSANNA
    Oh, in verità egli fa tutto (B7) ben quello che'ei (Es-Dur) fa.
    Presto, a noi, bel soldato: Figaro v'informò...


    CHERUBINO
    Tutto mi disse.


    SUSANNA
    Lasciatemi (C-Dur) veder: andrà benissimo.
    Siam d'eguale statura...Giù quel manto.


    CONTESSA
    Che fai?


    SUSANNA
    Niente (C7) paura.


    CONTESSA
    E se qualcuno entrasse?


    SUSANNA
    Entri, che mal (A-Dur) facciamo?
    La porta chiuderò.
    Ma come poi acconciargli i (D-Dur) capelli?


    CONTESSA
    Una mia cuffia prendi nel gabinetto. Presto.
    Che carta è (G-Dur) quella?


    CHERUBINO
    La patente.


    CONTESSA
    Che sollecita gente!


    CHERUBINO
    L'ebbi or da (G7) Basilio.


    CONTESSA
    Dalla fretta obliato hanno il (C-Dur) sigillo.


    SUSANNA
    Il sigillo di che?


    CONTESSA
    Della patente.


    SUSANNA
    Cospetto! che (D7) premura!
    Ecco la cuffia.


    CONTESSA (a Susanna)
    Spicciati: va (G-Dur) bene.
    Miserabili (A7) noi, se il Conte viene. (A-Dur) (D-Dur)



    Und hier auf Deutsch, ebenfalls mit den eingezeichneten Tonarten.



    CONTESSA
    (B-Dur) Bravo! Was für eine schöne Stimme! Ich wußte nicht, daß Ihr so gut singen könnt.


    SUSANNA
    Oh, in Wahrheit macht er alles (B7) gut, was er (Es-Dur) macht. Nun rasch zu uns, hübscher Soldat: Figaro hat Euch informiert …


    CHERUBINO
    Er hat mir alles gesagt.


    SUSANNA
    Laßt mich (C-Dur) sehen. Das wird vorzüglich gehen: Wir haben dieselbe Figur. Leg diesen Umhang ab.


    CONTESSA
    Was machst du?


    SUSANNA
    Keine (C7) Angst!


    CONTESSA
    Und wenn jemand hereinkommt?


    SUSANNA
    Soll er nur! Was tun wir (A-Dur) Böses? Ich schließe die Tür ab. Aber wie dann seine Haare (D-Dur) umfrisieren? –


    CONTESSA
    Hol eine von meinen Hauben aus dem Kabinett. Mach schnell! Was ist das für (G-Dur) ein Papier?


    CHERUBINO
    Das Patent.


    CONTESSA
    Was für ein Übereifer!


    CHERUBINO
    Gerade eben bekam ich es (G7) von Basilio.


    CONTESSA
    Vor lauter Eile haben sie das Siegel (C-Dur) vergessen.


    SUSANNA
    Das Siegel wovon?


    CONTESSA
    Von dem Patent.


    SUSANNA
    Die Eile (D7) ist bemerkenswert. Hier ist die Haube.


    CONTESSA (zu Susanna)
    Beeil dich. Gut (G-Dur) so! Wir Armen (A7), wenn der Graf jetzt käme. (A-Dur) (D-Dur)




    Ich habe zuerst versucht, eine Liste zu erstellen mit den Tonarten, in dem die beiden Frauen miteinander und mit Cherubino reden. Das hier ist meine Liste: (Falls ich etwas übersehen habe, Verbesserungen sind erwünscht!)



    Gräfin zu Cherubino: B-Dur, G-Dur, C-Dur


    Gräfin zu Susanna: C-Dur, C7, D-Dur, G-Dur, A7


    Susanna zu Cherubino: Es-Dur, C-Dur


    Susanna zur Gräfin: B7, Es-Dur, C7, A-Dur, D-Dur, C-Dur, D7



    Was mir hier auffällt ist, dass die Gräfin gegenüber Cherubino die "freundlicheren" Tonarten hat. Keine spannende Dominante, auch keine "unschönen" Tonarten. Nur Susanna fällt gegenüber Cherubino in das weniger schöne Es-Dur. Ansonsten gibt es zwischen den Frauen viele Septakkorde, die Spannung erzeugen, aber auch hier keine "extremen" Tonarten, auch Moll kommt nicht vor.


    Allerdings darf man so eine Auflistung nicht zu genau nehmen, denn die Tonarten richten sich sicher auch nach dem Inhalt der Worte, und müssen nicht zwangsläufig dafür stehen, wie die beiden Frauen miteinander klarkommen.


    Ein schönes Beispiel dafür ist etwa die Stelle, wo die Gräfin Cherubino nach dem Papier fragt. Cherubino macht aus dem G-Dur ein spannendes G7, als er sagt, dass er es von Basilio bekommen hat. Erst die Gräfin macht in ihrem nächsten Satz (Vor lauter Eile haben sie das Siegel vergessen" ein auflösendes, angenehmes C-Dur. Hier hat Mozart das spannungsgeladene G7 bei Cherubino sicher eingesetzt, um seine Stimmung nachzuzeichnen, und erst die Gräfin löst diese Anspannung wieder.


    Oder wenn die Gräfin ganz am Schluss zu Susanna zuerst "Gut so!" sagt, und in einem freundschaftlichen G-Dur bleibt, um im nächsten Satz auf die Gefahr hinzuweisen, dass der Graf kommen könnte, wobei die Tonart nach A7 wechselt, also wieder diese Spannung erzeugt.



    Weil so eine Liste dann doch nicht viel bringt, habe ich mir angesehen, wie moduliert wird, oder anders gesagt, wie die beiden Frauen aufeinander eingehen, und da habe ich doch was gefunden, was man vielleicht erwähnen könnte.


    Zweimal moduliert Susanna ziemlich sprunghaft.


    SUSANNA
    Oh, in Wahrheit macht er alles (B7) gut, was er (Es-Dur) macht. Nun rasch zu uns, hübscher Soldat: Figaro hat Euch informiert …


    CHERUBINO
    Er hat mir alles gesagt.


    SUSANNA
    Laßt mich (C-Dur) sehen. Das wird vorzüglich gehen: Wir haben dieselbe Figur. Leg diesen Umhang ab.



    Hier springt sie vom Es-Dur plötzlich zum C-Dur:





    Und ein zweites Mal an dieser Stelle:


    SUSANNA
    Laßt mich (C-Dur) sehen. Das wird vorzüglich gehen: Wir haben dieselbe Figur. Leg diesen Umhang ab.


    CONTESSA
    Was machst du?


    SUSANNA
    Keine (C7) Angst!


    CONTESSA
    Und wenn jemand hereinkommt?


    SUSANNA
    Soll er nur! Was tun wir (A-Dur) Böses?



    Wieder das gleiche Muster, wieder so ein großer Sprung.




    Würde sie das beide Male als Antwort auf die Gräfin machen, dann könnte man vielleicht meinen, dass sie gar nicht auf die Gräfin hört, ihren eigenen, "willkürlichen" Weg geht, aber beim ersten Mal redet sie nur mit Cherubino.
    Interessant ist vielleicht, dass Susanna zuerst in C-Dur beginnt und Cherubino auffordert, seinen Mantel abzulegen. Die Gräfin fragt daraufhin, was sie da tut, und Susanna antwortet "Keine Angst" - wechselt dabei aber nach C7. Sie sagt hier "Keine Angst", und dabei kommt so ein spannungsgeladener Akkord, der irgendwie nicht so recht zu ihrer beruhigenden Aussage passt. Ob sie hier vielleicht ein wenig genervt oder gereizt ist, weil die Gräfin sich da einmischt? "Die soll sich nicht so aufführen, wenn ich dem Pagen den Mantel abnehme, ich will eh nichts von ihm".


    Mein bisheriges Fazit: ich kann da nicht wirklich eine große Eifersucht oder ähnliches seitens der Gräfin ausmachen. Es gibt zwar einige spannungsgeladene Septakkorde, aber daraus würde ich nicht wirklich etwas ableiten wollen.





    LG,
    Hosenrolle1

  • Ich habe befürchtet, dass es wegen diesem wirklich dummen und unlustigen Sketch vielleicht zu Missverständnissen kommt, wenn ich es hier poste! Der Gag ist absolut unlustig, und es ging mir auch nicht darum, dass ich meine, dass ich sowas auf Opernbühnen sehen möchte, oder mir das von Octavian und der Marschallin erwarte! Ich habe das nicht gepostet mit der Aussage "SO gehört das inszeniert".

    Upps, da war offenbar eher meine Reaktion "missverständlich", kann das sein? Kam die jetzt irgendwie beleidigt oder so 'rüber? War absolut nicht so gemeint!
    Du hattest ja im Vorfeld schon diesen Sketch als "unlustig" bezeichnet und betont, dass Du nicht meinst, das solle jetzt eins zu eins auf der Opernbühne umgesetzt werden.
    Ich habe diese Szene einfach als Beispiel verstanden "was geht", eben als anderes Extrem, da wir ja über diese merkwürdige Kusstechnik zwischen Koch und Fleming gesprochen hatten.
    Kann sein, dass meine Gedankensprünge nicht so ganz nachvollziehbar waren, denn in der Tat habe ich mir vorgestellt, wie ich einen solchen "Extremkuss" auf der Opernbühne finden würde- wir hatten uns ja schon einmal ausführlich über geschmackvolle, erotische Darstellungen in der Oper unterhalten...
    Alles klar soweit? :)



    Kleiner Nachtrag: Seit die Mädels da sind, komme ich abends nicht mehr so oft zum Fernsehen, aber "Switch" fand ich auch immer Klasse... ;)

  • Ach ja, und natürlich erst einmal liebe Weihnachtsgrüße an alle hier! Ich hoffe, jeder hatte einen wundervollen Heiligabend, egal wo und mit wem, Hauptsache friedlich und harmonisch! Und vielleicht auch mit der einen oder anderen Schneeflocke...
    Bei uns waren es nun doch "nur" zehn Grad plus statt zwölf, aber für "Weiße Weihnachten" doch eher kontraproduktiv! :S


    Ganz liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Ich habe diese Szene einfach als Beispiel verstanden "was geht", eben als anderes Extrem, da wir ja über diese merkwürdige Kusstechnik zwischen Koch und Fleming gesprochen hatten.


    Jetzt bin ich doch erleichtert, weil ich befürchtet habe, dass du das Ganze jetzt als "Angriff" auf die total schlechte Schauspielkunst von S. Koch siehst, und zudem meinst, dass ich sowas auf Opernbühnen "verlange".


    Kann sein, dass meine Gedankensprünge nicht so ganz nachvollziehbar waren, denn in der Tat habe ich mir vorgestellt, wie ich einen solchen "Extremkuss" auf der Opernbühne finden würde- wir hatten uns ja schon einmal ausführlich über geschmackvolle, erotische Darstellungen in der Oper unterhalten...


    Genau! Und so einen Kuss wie in dem Sketch fände ich schon sehr eigenartig und übertrieben. Nein, es ging wirklich nur darum zu zeigen, dass wenn die in einem billigen Comedy-Sketch so extreme Sachen machen und das auch echt wirkt, ein normaler Bühnenkuss auch halbwegs realistisch wirken könnte, unabhängig davon, wer das spielt (also nichts gegen S. Koch, die ich schauspielerisch für einen sehr guten Octavian halte!). Man kann ihn ja auch weglassen, wenn man das nicht mag :)


    (Switch finde ich auch großartig, speziell den Max Giermann, der kann extrem gut parodieren, ich denke nur an seinen Stefan Raab, Klaus Kinski, Hugo Egon Balder, Johann Lafer, Jorge, Christian Rach ...)


    Ich hoffe, dass du ein schönes Fest hattest! War ja wirklich kein weißes Weihnachten (was mir persönlich aber eh recht ist, ich feiere kein Weihnachten, und Schnee brauch ich auch nicht unbedingt, weil der irgendwann matschig wird und man in lauter Pfützen steigt :D)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Da ist auch wieder die Frage, ob dieser Kuss vielleicht absichtlich so wirken soll, als ob Octavian nicht richtig küssen kann, und die Gräfin darüber lacht, wie dieser junge Mann keine Erfahrung hat und es "wie die Großen" machen will.

    Darf ich zuerst einmal ein klitzekleines bisschen stänkern...? Finde den Fehler in dem Satz oben! :D
    Prinzipiell könnte ich mir eine solche Regieidee schon vorstellen, denn dass die Marschallin Octavian immer wieder belächelt, ist offensichtlich! Er benimmt sich ja teilweise auch noch ein wenig "unreif", aber liebenswert! Wenn er da beispielsweise die Vorhänge vor die Fenster zieht, um die Nacht noch ein wenig zu verlängern oder zu schmollen beginnt, als sie ihm den Rüffel erteilt, weil er ausgerechnet seinen Degen neben dem Bett vergessen hat...
    In diesem Fall glaube ich aber nicht, dass das beabsichtigt ist. Die Inszenierung war für eine Opernbühne gedacht, für die Salzburger Festspiele 2009, glaube ich und wurde im Festspielhaus Baden- Baden dann nochmals aufgeführt ( Vielleicht auch nur für die Kamera? ).
    Von daher werden die zwei einfach das gemacht haben, was sie auch ohne Kamera getan haben! Sogar für die Zuschauer in den ersten Reihen wird das sicherlich ausreichend sein...
    Sophie Koch trägt ja auch auf dem Coverbild ihre schwarzen Ballettschuhe, und das ist offenbar auch keinem von den Verantwortlichen aufgefallen und wenn, war's ihnen egal!


    Zitat von »Dritte Dame«




    Die Marschallin ist hier deutlich älter als Octavian, das hat schon etwas Ödipales ( Gibt's das Wort? )

    Zitat von »Dritte Dame«




    Übrigens gefällt mir da das Cover auch sehr gut, obwohl ich mir Octavian mehr zwischen den beiden Frauen gewünscht hätte...

    Die beiden Zitate beziehen sich auf die DVD, deren Rezension Du bei Amazon an der verkehrten Stelle gefunden hast. Du hattest mir die Besetzungsliste geschickt, weil ich der Meinung war, es könne sich um die handeln, die ich auch habe. In der die Arie des Baron von Ochs auch ungekürzt wiedergegeben wird...
    Aber da ist natürlich ein Gedankenfehler von mir enthalten, denn das Cover kannst Du dann ja gar nicht kennen! Ich werde mal schauen, ob ich zumindest den Link dazu posten kann.



    Zu der Szene mit Fleming und Garanca: Das ist auch witzig! Garanca ist kein wirklich hübscher Octavian, wie ich finde, dafür aber eine bildhübsche Frau! Ich musste da gleich einmal ein wenig auf YouTube schnüffeln, weil Du erwähnt hattest, dass sie beispielsweise auch "Carmen" singt... Wow, was für ein Unterschied!!!
    Die Szene Marschallin/ Octavian gefiel mir sehr, man merkt da wirklich, dass die "Chemie" einfach stimmt! Ich stelle mir solche Szenen generell schwierig vor, wenn Du den jeweiligen Partner ( egal welcherlei Geschlechts) irgendwie nicht magst... Und den Gedanken "Tief durchatmen, wir ziehen das jetzt durch, sind ja nur zwanzig Minuten..." sieht man bei einer Filmaufnahme natürlich deutlicher als auf der Bühne...

  • Zu dem Rezitativ!
    Dass die Gräfin aufgeregt ist, kann man nachvollziehen! Sie hat ja, wie offenbar jeder im almaviv'schen Haushalt Angst vor dem Grafen!
    Kennst Du eigentlich die komplette Ponelle- Verfilmung? Da schlägt der Graf der Gräfin ins Gesicht, als sie, kurz bevor das Ankleidezimmer sich öffnet und Susanna heraustritt, noch einmal ihre Unschuld beteuert... Ich musste da echt schlucken, aber der Schlag passt leider perfekt an diese Stelle...
    Dass es sie beunruhigt, als Susanna Cherubino den Mantel auszieht, würde ich auch nicht unbedingt als eifersüchtige Reaktion der Gräfin werten! Nicht etwa "Huch, sie zieht ihn aus, das hätte ich auch gerne getan" ;) sondern "Huch, sie zieht ihn aus!"
    Der Junge kann froh sein, dass er sich innerhäusig befindet und vor Madama gerade einmal seinen Hut abnehmen darf!
    Falls Du es noch nicht gemacht hast, dann beobachte einmal Cherubinos Reaktion auf Susannas Übergriffigkeit! Mir fallen spontan gleich mehrere ein, deren Reaktion von verlegen bis erschrocken reicht!
    Die Spanier müssen da aber auch extrem spießig gewesen sein! Da gibt's im "Rosenkavalier" eine witzige Anspielung: Als der Baron von Ochs den als Zofe verkleideten Octavian partout nicht in Ruhe lassen will und die Marschallin sich da deutlich amüsiert zeigt ( an dieser Stelle findet das Octavian meist auch noch witzig...) sagt der Baron zu ihr, wie sehr er es zu schätzen wisse, dass sie nichts auf übertriebene Etikette gäbe und auf "spanische Tuerei"!
    Eifersucht könne man höchstens in den Text hinein interpretieren, da sie Susanna ständig wegschickt. Aber will sie da wirklich mit ihm allein sein, oder treibt sie nur zur Eile an?

  • In diesem Fall glaube ich aber nicht, dass das beabsichtigt ist. Die Inszenierung war für eine Opernbühne gedacht, für die Salzburger Festspiele 2009, glaube ich und wurde im Festspielhaus Baden- Baden dann nochmals aufgeführt ( Vielleicht auch nur für die Kamera? ).


    Das ist auch wieder ein Vorteil des Films. Wenn im Film so geküsst wird, dann kann man m.E. wirklich fragen, was der Regisseur damit aussagen wollte, weil der hat ihn ja gesehen und verwendet, andernfalls hätte er mehrere Versionen gedreht, bis es passt. Bei Operninszenierungen weiß man aber nicht, ob etwas spontan ist oder nicht, und ob so ein Kuss jetzt absichtlich so aussieht und vom Regisseur zwecks einer bestimmten Aussage so gewünscht, oder nur eine "Notlösung" für die Darsteller ist.


    Aber da ist natürlich ein Gedankenfehler von mir enthalten, denn das Cover kannst Du dann ja gar nicht kennen! Ich werde mal schauen, ob ich zumindest den Link dazu posten kann.


    Da bin ich gespannt :)



    Zu der Szene mit Fleming und Garanca: Das ist auch witzig! Garanca ist kein wirklich hübscher Octavian, wie ich finde, dafür aber eine bildhübsche Frau! Ich musste da gleich einmal ein wenig auf YouTube schnüffeln, weil Du erwähnt hattest, dass sie beispielsweise auch "Carmen" singt... Wow, was für ein Unterschied!!!


    Ich finde das immer arg, wenn so burschikose Hosenrollen dann selbst Frauen spielen (wie auch Nikiteanu in "Cosi fan tutte" - gerade noch die kurzen Haare und alles, und dann plötzlich mit Perücke und Kleid und tiefem Ausschnitt).


    Von der Garanca gibt´s auch einen anderen Octavian.




    Und hier bei den Proben für die MET-Inszenierung, ohne Perücke:



    Ich habe mir den letzten Kuss von Garanca-Fleming genauer und öfter angesehen jetzt, ich glaube, dass Garanca da ein bisschen "echter" küsst. Natürlich auch nicht wie eine Wilde, aber die Lippen treffen sich schon, und sind auch nicht so zusammengepresst. Aber man sieht es wirklich nicht so gut.


    Ich finde Küsse auf den Mund auf der Bühne sowieso problematisch, weil braucht man die wirklich, noch dazu mehrmals? Also nicht problematisch, weil ich prüde wäre (das bin ich absolut nicht!), sondern für die Darsteller, die das ja eher faken müssen, was dann schnell komisch aussieht. Man sieht ja schon an der Körpersprache und den Berührungen, dass die aufeinander stehen. Außerdem ist so ein Kuss aus meiner Sicht auch von der Regie her schwierig, weil er voyeuristisch wirken kann, statt dass er natürlich wirkt und unspektakulär.


    Knistert es nicht viel mehr, wenn es FAST zu einem Kuss kommt, so wie man das bei Cherubino öfter mal sieht, wenn er die Gräfin fast küsst, mit seinem Gesicht aber vor ihrem verharrt? Das hätte den Vorteil, dass es ebenfalls zeigt, dass beide das tun würden, dass es ebenfalls knistert, und dass es auch besser gespielt werden kann, weil es für die Darsteller sicher leichter ist, weil ja doch nichts passiert.




    LG,
    Hosenrolle1

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  • Kennst Du eigentlich die komplette Ponelle- Verfilmung? Da schlägt der Graf der Gräfin ins Gesicht, als sie, kurz bevor das Ankleidezimmer sich öffnet und Susanna heraustritt, noch einmal ihre Unschuld beteuert... Ich musste da echt schlucken, aber der Schlag passt leider perfekt an diese Stelle...


    Ganz habe ich es nicht gesehen, aber die Idee finde ich nicht so schlecht, weil es den Grafen nicht romantisch verklärt, und besonders die weiblichen Zuschauer werden sein "Contessa perdono" dann wohl auch nicht mehr so berührend finden, nehme ich an.



    Dass es sie beunruhigt, als Susanna Cherubino den Mantel auszieht, würde ich auch nicht unbedingt als eifersüchtige Reaktion der Gräfin werten! Nicht etwa "Huch, sie zieht ihn aus, das hätte ich auch gerne getan" ;) sondern "Huch, sie zieht ihn aus!"


    So sehe ich das auch. Dieser plötzliche Dominantseptakkord (dieser spannungsgeladene) auf "Keine Angst" kommt mir dennoch eigenartig vor. Sie sagt Cherubino "Zieh den Mantel aus". Die Gräfin fragt "Was machst du da?", und Susanna sagt "Keine Angst", und dabei kommt dieser Septakkord, als ob Susanna diese Nachfrage der Gräfin gestört hat.



    Falls Du es noch nicht gemacht hast, dann beobachte einmal Cherubinos Reaktion auf Susannas Übergriffigkeit! Mir fallen spontan gleich mehrere ein, deren Reaktion von verlegen bis erschrocken reicht!


    Meinst du eine bestimmte Inszenierung?



    Als der Baron von Ochs den als Zofe verkleideten Octavian partout nicht in Ruhe lassen will und die Marschallin sich da deutlich amüsiert zeigt ( an dieser Stelle findet das Octavian meist auch noch witzig...)


    Ich könnte mir vorstellen, dass beide das witzig finden, weil der Ochs sich ja als "Frauenkenner" oder so bezeichnet oder gibt, und er in Wirklichkeit eine Frau nicht von einem Mann unterscheiden kann, und offenbar allem hinterherläuft, so lange es nur Frauenkleider trägt. *gg*



    Eifersucht könne man höchstens in den Text hinein interpretieren, da sie Susanna ständig wegschickt. Aber will sie da wirklich mit ihm allein sein, oder treibt sie nur zur Eile an?


    Wenn es die Eile ist, dann stellt sich doch die Frage, wieso die Gräfin sich Cherubinos Arie in voller Länge anhört, weil ich glaube nicht, dass diese Arie so zu werten ist, dass die Zeit stillsteht.


    Wenn sie mit ihm allein sein möchte, dann wiederum stellt sich die Frage, warum sie zumindest in Worten eher abweisend reagiert. Ok, sie trocknet ihm die Tränen, das ist auch schon was, aber dennoch, die Szene bei Beaumarchais, wo sie das Band an sich nimmt und von diesem Jungen redet, fehlt bei Da Ponte komplett, und auch danach passiert ja nichts mehr in diese Richtung.


    Überhaupt frage ich mich, welchen dramaturgischen Zweck es bei Mozarts Figaro hat, dass Cherubino für die Gräfin schwärmt UND ihr auch noch eine Arie vorsingt. Bei Beaumarchais ist es klar: damit bereitet er den dritten Teil vor. Bei Mozart aber wird nichts vorbereitet, das Stück steht für sich. Wieso schwärmt er für die Gräfin, wenn nicht geplant ist, eine Fortsetzung zu machen?
    Stell dir einmal die Oper vor, ohne dass er für sie schwärmt. Viel würde sich nicht ändern. Er geht in das Zimmer, wird verkleidet (oder soll verkleidet werden), was problematisch ist, weil der Graf eifersüchtig ist. Cherubino könnte auch aus dem Fenster springen weil er selbst Angst vor dem Grafen hat, nicht weil er für seine geliebte Patin zu sterben bereit ist.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zu dem Rosenkavalier- Cover, das ich erwähnt habe: Ehe ich mich jetzt mit diesem ewig langen Link abrackere hier meine Lösung als Pragmatikerin: Gib einfach "rosenkavalier koch erdmann dvd" ein, dann bekommst Du 's sofort angezeigt!


    Was mir hier auffällt ist, dass die Gräfin gegenüber Cherubino die "freundlicheren" Tonarten hat. Keine spannende Dominante, auch keine "unschönen" Tonarten. Nur Susanna fällt gegenüber Cherubino in das weniger schöne Es-Dur. Ansonsten gibt es zwischen den Frauen viele Septakkorde, die Spannung erzeugen, aber auch hier keine "extremen" Tonarten, auch Moll kommt nicht vor.

    Was das Verhältnis Gräfin- Cherubino angeht, fallen mir mehrere mögliche Erklärungen ein, ohne, dass hier gleich amouröse Absichten eine Rolle spielen:
    1. Der Kleine genießt noch einen gewissen "Welpenschutz"
    2. Er ist, im Gegensatz zu Susanna ein Standesgenosse
    3. Susanna ist in diesem Falle diejenige, die parieren muss, damit der Plan funktioniert, Cherubino muss lediglich alles über sich ergehen lassen...


    Ich würde da seitens der Gräfin auch nicht zuviel hinein interpretieren, obwohl manchen Regisseuren diese Eifersuchtsidee außerordentlich gut zu gefallen scheint...

  • Überhaupt frage ich mich, welchen dramaturgischen Zweck es bei Mozarts Figaro hat, dass Cherubino für die Gräfin schwärmt UND ihr auch noch eine Arie vorsingt. Bei Beaumarchais ist es klar: damit bereitet er den dritten Teil vor. Bei Mozart aber wird nichts vorbereitet, das Stück steht für sich. Wieso schwärmt er für die Gräfin, wenn nicht geplant ist, eine Fortsetzung zu machen?
    Stell dir einmal die Oper vor, ohne dass er für sie schwärmt. Viel würde sich nicht ändern. Er geht in das Zimmer, wird verkleidet (oder soll verkleidet werden), was problematisch ist, weil der Graf eifersüchtig ist. Cherubino könnte auch aus dem Fenster springen weil er selbst Angst vor dem Grafen hat, nicht weil er für seine geliebte Patin zu sterben bereit ist.

    Weil Cherubinos Schwärmerei für die Gräfin einfach eine weitere Facette in seinem Wesen ist, die ihn rührend und liebenswert macht? Und weil es im Grunde keinen Grund für ihn gäbe, diesen ganzen Verkleidungsblödsinn mitzumachen, wenn er nicht diese beiden Frauen mögen, die eine davon sogar anhimmeln würde? So, wie der Graf sich gibt, riskiert Cherubino da Kopf und Kragen, warum sollte er das also sonst tun?



    Ganz habe ich es nicht gesehen, aber die Idee finde ich nicht so schlecht, weil es den Grafen nicht romantisch verklärt, und besonders die weiblichen Zuschauer werden sein "Contessa perdono" dann wohl auch nicht mehr so berührend finden, nehme ich an.

    Ich könnte mir vorstellen, dass diese Version gerade wegen der realistischen Darstellung ansprechend für Dich sein könnte! Der Graf hat da wirklich überhaupt nichts Sympathisches und was Kostüme usw angeht wird da kaum idealisiert: Figaro beispielsweise läuft mit deutlich sichtbaren Schweißflecken herum, das Zimmer, das er mit Susanna einrichtet, hat grobe, unverputzte Steinmauern, während das der Gräfin geradezu übermäßig ausgestattet ist... Cherubinos Hemd ist auch nicht blütenrein und er hat jede Menge Heu in den Haaren, als er durchs Susannas Fenster klettert ( Wo mag er wohl gerade herkommen? ;) ). Das nur ein paar kleine Beispiele, lohnt sich vielleicht für Dich?



  • Meinst du eine bestimmte Inszenierung?

    Da fallen mir gleich einige ein! Marina Comparato legt sofort schützend die Arme um den Oberkörper, als Susanna "ihm" den Mantel auszieht, Ute Trekel- Burckhardt ( das ist die Felsenstein- Inszenierung) macht das gleiche und legt dann verlegen die Arme auf den Rücken, als die Gräfin "ihn" ansieht, Maria Ewing beginnt, nervös an den Knöpfen "seines" Hemdes zu nesteln und Liliana Nikiteanu legt umgehend die Hände vor den Schritt- was natürlich eher witzig wirkt...
    Tja, da beweisen manche Regisseure wohl mehr Feingefühl als Susanna! :D

  • Zu dem Rosenkavalier- Cover, das ich erwähnt habe: Ehe ich mich jetzt mit diesem ewig langen Link abrackere hier meine Lösung als Pragmatikerin: Gib einfach "rosenkavalier koch erdmann dvd" ein, dann bekommst Du 's sofort angezeigt!


    Ah, das Cover kannte ich tatsächlich nicht, jetzt weiß ich auch, was du mit "zwischen den Frauen" meintest. Meinst du, dass er hin und hergerissen ist zwischen den beiden?


    Ich habe eine Rezension vom "Merker" zur Garanca-Fleming-BD gelesen, darin schreibt der Rezensent über Octavian und die Gräfin:


    Zitat

    Auch der Octavian der Elina Garanca ist anders als üblich, erwachsener als nur der „Bub“, auch ein Früchtchen, ein junger Mann, der nicht nur Spaß an der Situation hat, dass Ochs da plötzlich im Schlafzimmer auftaucht, sondern von Anfang an frech und aktiv mitagiert – auch eine nicht zu oft so modelliertes Charakterbild. Vor allem ist sie dann im dritten Akt, im Bordell, entfesselt in der Frauenrolle, schamlos, voll böser Lust, dem Ochs ein auszuwischen: Mariandl nicht auf schüchtern, sondern eine herausfordernde Teufelin. Das prickelt.


    Renée Fleming verabschiedet sich in dem Bewusstsein, eine der denkbar wunderbarsten Marschallinnen gewesen zu sein – nicht auf die Trauerweide gepolt, die viele Kolleginnen spielen mussten. Ihr Schicksal ist nicht wirklich tragisch, und man erlebt diese kluge, souveräne Frau eigentlich ärgerlich darüber, wie es im Leben so läuft, dass nichts Gutes bestehen bleibt, dass die schlechten Leut’ Oberhand haben, dass man nichts gegen das Älterwerden tun kann… sie ist zu gescheit, um zu leiden, es ist eben so…


    Was mir auch gefiel war diese Stelle über den Ochs, besonders der von mir fett markierte Satz:


    Zitat

    Allein, wie er auftritt, die Hände selbstbewusst in die Hüften gestützt, „Mariandl“ umweglos belästigend, sich zur Marschallin aufs Bett legend, sprühend vor Überheblichkeit, durchaus zu gewalttätigen Aktionen neigend – da spielt Günther Groissböck die Art von Mann, die wir zu verabscheuen gelernt haben – was nicht bedeutet, dass man nicht ein negatives Beispiel, so klug ausgefeilt wie dieses, auf die Bühne bringen kann. Ein harmlos-liebenswürdiger Ochs, der sich halt aus Dummheit schlecht benimmt, wie ihn frühere Generationen auch gesehen haben mögen, ist für uns nicht mehr denkbar.


    Glaubst du, ist das beim Grafen auch der Fall, oder sieht man den auch heute noch zu verklärt?



    Darf ich nochmal dieses Zitat von mir ins Spiel bringen? :)


    Zitat

    Ich habe einen anderen "Rosenkavalier-Kuss" gefunden, nämlich hier, wenn du auf 19:40 gehst:



    Es ist zwar kein richtiger Kuss, eher ein Bussi, also nicht wirklich mit Koch und Fleming vergleichbar, schon weil die Situation eine andere ist. Aber was mir hier gefiel war, dass das Bussi ganz natürlich wirkte, also nicht so, als würde man sagen "Schaut alle her was wir jetzt machen!", es war auch nicht direkt Richtung Kamera oder Publikum gewendet. Und es wirkte, auch wenn es natürlich vergleichsweise kurz war, nicht "verklemmt". (Nur der Octavian verrät durch eine winzige Geste, dass der Kuss zur Inszenierung gehört und geplant ist: er fährt sich ganz kurz mit der Zunge über die Lippen, weil die Sängerin schon weiß, was jetzt kommt, obwohl die Figur Octavian das nicht wissen kann :D)



    Was das Verhältnis Gräfin- Cherubino angeht, fallen mir mehrere mögliche Erklärungen ein, ohne, dass hier gleich amouröse Absichten eine Rolle spielen:
    1. Der Kleine genießt noch einen gewissen "Welpenschutz"
    2. Er ist, im Gegensatz zu Susanna ein Standesgenosse
    3. Susanna ist in diesem Falle diejenige, die parieren muss, damit der Plan funktioniert, Cherubino muss lediglich alles über sich ergehen lassen...


    Ich würde da seitens der Gräfin auch nicht zuviel hinein interpretieren, obwohl manchen Regisseuren diese Eifersuchtsidee außerordentlich gut zu gefallen scheint...


    Da muss ich mir nochmal anschauen, was für Tonarten im zweiten Rezitativ kommen, wie die Gräfin da tonartmäßig mit ihm redet. Aber ich finde deine Erklärungen durchaus einleuchtend. Dass sie einfach freundliche Töne anschlägt, zumal er gerade noch gesungen hat, das Rezitativ kommt ja unmittelbar nach seinem "Voi che sapete".
    Weil es mir grad einfällt: findest du es von der Gräfin bei Beaumarchais nicht schon fast übertrieben, dass ihr da angesichts seines Alters (13) dieses Band so wichtig ist, sie es ebenfalls verwenden will, weil er es schon verwendet hat, und davon redet, dass es sie erinnern soll an ihn, etc.?




    LG,
    Hosenrolle1

  • Weil Cherubinos Schwärmerei für die Gräfin einfach eine weitere Facette in seinem Wesen ist, die ihn rührend und liebenswert macht?


    Hmm, das schon, aber seit ich das Beaumarchais-Stück "kenne", wo die Schwärmerei ja als Vorbereitung dient und ein bestimmtes Ziel hat (nämlich eben dass die Gräfin im dritten Teil ein Kind von ihm hat), kommt mir die Cherubino-Schwärmerei so vor, als hätte man sie aus dem Original und aus dem Zusammenhang gerissen und weiterverwendet.



    Und weil es im Grunde keinen Grund für ihn gäbe, diesen ganzen Verkleidungsblödsinn mitzumachen, wenn er nicht diese beiden Frauen mögen, die eine davon sogar anhimmeln würde?


    Naja, vielleicht möchte er sich verkleiden lassen, damit er weiter im Schloss bleiben kann. Später lässt er sich von Barbarina ebenfalls verkleiden, damit er unerkannt bleiben kann.



    Ich könnte mir vorstellen, dass diese Version gerade wegen der realistischen Darstellung ansprechend für Dich sein könnte! Der Graf hat da wirklich überhaupt nichts Sympathisches und was Kostüme usw angeht wird da kaum idealisiert: Figaro beispielsweise läuft mit deutlich sichtbaren Schweißflecken herum, das Zimmer, das er mit Susanna einrichtet, hat grobe, unverputzte Steinmauern, während das der Gräfin geradezu übermäßig ausgestattet ist... Cherubinos Hemd ist auch nicht blütenrein und er hat jede Menge Heu in den Haaren, als er durchs Susannas Fenster klettert ( Wo mag er wohl gerade herkommen? ;) ). Das nur ein paar kleine Beispiele, lohnt sich vielleicht für Dich?


    Das klingt auf jeden Fall gut, ich mag diese zuckrig-verklärten, bllitzsauberen Inszenierungen eh nicht so wirklich, aber ich fürchte, dass ich die Musik nicht aushalten würde für die ganze Dauer, da müsste ich mich ständig ärgern, und das macht dann auch keinen Spaß, und stumm anschauen kann es ja auch nicht sein. (Im HIP-Thread wartet ein eigens für dich gebastelter Don Giovanni-Flötenvergleich auf dich :))




    LG,
    Hosenrolle1

  • Ah, das Cover kannte ich tatsächlich nicht, jetzt weiß ich auch, was du mit "zwischen den Frauen" meintest. Meinst du, dass er hin und hergerissen ist zwischen den beiden?

    Genau das meine ich! Er steht am Ende zwischen diesen beiden Frauen und ist mit seinen Gefühlen völlig überfordert. Und vor allem- und das wird leider stets und ständig in den Inhaltsangaben dieser Oper unterschlagen- hat er der Marschallin gegenüber ein total schlechtes Gewissen! Was, wie ich finde, völlig unnötig ist, denn die wird sich mit Sicherheit gleich den nächsten jungen Lover an Land ziehen...
    Was ich an Octavian gerade an dieser Stelle so rührend finde: Er knabbert an dem gleichen Problem, das auch Cherubino Kopfzerbrechen macht und das er im "Voi che sapete" so liebenswert zu Ausdruck bringt. Was ist Liebe und was ist Lust und wie kann ich da differenzieren, wenn die Grenzen so fließend sind?
    Rein körperlich sind bei der Frau Marschallin sicher keine Wünsche offen geblieben, aber Sophie muss ihn nur ansehen und macht ihn "ganz verwirrt"...
    Barbarina wird auch genau wissen, welche Knöpfe sie bei Cherubino drücken muss, um ihn schwach zu machen, aber ein Blick seiner Patin und "seine Seele steht in Flammen".
    Also zwei Jungs und das gleiche Problem! Nur, dass Octavian der Lösung schon ein Stückchen näher gekommen ist...

  • Das klingt auf jeden Fall gut, ich mag diese zuckrig-verklärten, bllitzsauberen Inszenierungen eh nicht so wirklich, aber ich fürchte, dass ich die Musik nicht aushalten würde für die ganze Dauer, da müsste ich mich ständig ärgern, und das macht dann auch keinen Spaß, und stumm anschauen kann es ja auch nicht sein. (Im HIP-Thread wartet ein eigens für dich gebastelter Don Giovanni-Flötenvergleich auf dich )

    Das ist so schlimm, dass Du's gar nicht anhören kannst? Dann gibt's ja vermutlich kaum DVDs, die Du mit Genuss anschauen kannst, oder?
    Ich tauche dann mal eben in den HIP- Thread ab... Besten Dank schon einmal im Voraus, bin gespannt!

  • as, wie ich finde, völlig unnötig ist, denn die wird sich mit Sicherheit gleich den nächsten jungen Lover an Land ziehen...


    "Du bist mein Bub, ich hab dich lieb" also gar nicht wirklich ernst gemeint? Die Musik klingt hier auch irgendwie kitschig, vielleicht soll das auch zeigen, dass das nur oberflächlich gemeint ist. Aber wie gesagt, ich kenne mich mit dieser Oper nicht aus, das sind nur Vermutungen von mir. Vielleicht wollten sie mit dem Cover zeigen, dass er am Ende zu Sophie geht und die Gräfin alleine zurückbleibt?




    Liebe Grüße,


  • Das ist so schlimm, dass Du's gar nicht anhören kannst? Dann gibt's ja vermutlich kaum DVDs, die Du mit Genuss anschauen kannst, oder?


    Wenn es um einzelne Arien geht (etwa im "Voi che sapete"- oder "Deh vieni non tardar"-Thread), dann geht es, das sind kurze Ausschnitte, und ich konzentriere mich auf die Stimme. Oder wenn es um die Regie geht, weil wir darüber sprechen und analysieren. Wenn es aber eine ganze Oper ist, die ich mir einfach so anschauen möchte, dann wirds schwierig, weil mir viele Sachen am Figaro auch nicht so gefallen, vom Gesang her, und wenn ich dann noch ein modernes Orchester höre, wird es unangenehm für mich.


    Opern-DVDs habe ich tatsächlich nur HUG-Aufnahmen, die gehen noch, weil die Instrumente soweit stimmen. Die Streicher spielen leider auf Stahlsaiten, was gerade beim Abendsegen bedauerlich ist, aber sonst passt es eigentlich.


    Das Problem ist halt das Angebot: es gibt praktisch kaum klassische live aufgeführte Opernmitschnitte on period instruments, und wenn, dann nur extrem wenig, und die dann vielleicht auch schon etwas älter und nicht mehr auf dem neuesten Stand.


    Vielelicht kann man das mit einem Western vergleichen: stell dir so einen guten Western-Film vor, und dazu spielt statt der Musik von Ennio Morricone die ganze Zeit Technomusik, mit Samples aus dem Originalsoundtrack. Da käme bei den Westernfreunden vermutlich auch keine Freude auf.




    LG,
    Hosenrolle1

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  • "Du bist mein Bub, ich hab dich lieb" also gar nicht wirklich ernst gemeint? Die Musik klingt hier auch irgendwie kitschig, vielleicht soll das auch zeigen, dass das nur oberflächlich gemeint ist. Aber wie gesagt, ich kenne mich mit dieser Oper nicht aus, das sind nur Vermutungen von mir. Vielleicht wollten sie mit dem Cover zeigen, dass er am Ende zu Sophie geht und die Gräfin alleine zurückbleibt?

    Dass er diese Beziehung ernster nimmt als sie finde ich von Anfang an offensichtlich! Und auch, dass er weder der erste ist noch der letzte sein wird... Da fallen auch gleich zu Anfang zwischendurch Andeutungen, die ihn auf der Stelle rasend eifersüchtig machen!
    Sie hat ihn sicherlich irgendwie lieb und findet ihn süß- und unterhaltsam! Mehr aber auch nicht...
    Dass er da wesentlich mehr empfindet zeigt sich spätestens am Ende des ersten Aktes, als sie ihn da so herzlos wegschickt- und er völlig verzweifelt, was sie allerdings kaum tangiert!


    Kleiner Nachtrag: Wollen wir nicht einen virtuellen Fond gründen, in den immer dann eine kleine, imaginäre Spende eingezahlt wird, wenn Gräfin anstatt Marschallin gesagt wird? :P

  • Dass er diese Beziehung ernster nimmt als sie finde ich von Anfang an offensichtlich! Und auch, dass er weder der erste ist noch der letzte sein wird... Da fallen auch gleich zu Anfang zwischendurch Andeutungen, die ihn auf der Stelle rasend eifersüchtig machen!
    Sie hat ihn sicherlich irgendwie lieb und findet ihn süß- und unterhaltsam! Mehr aber auch nicht...


    Hmm ... weiß das Octavian auch? Wenn er das weiß, dann wäre sein Wechsel zu Sophie für mich weniger schlimm, wenn er es nicht weiß, dann schon.



    Kleiner Nachtrag: Wollen wir nicht einen virtuellen Fond gründen, in den immer dann eine kleine, imaginäre Spende eingezahlt wird, wenn Gräfin anstatt Marschallin gesagt wird? :P


    Grrrrr! Schon wieder dieser Patzer von mir! :D:D
    Ich bin halt auch schon alt, da passiert sowas schon mal ;)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Hmm ... weiß das Octavian auch? Wenn er das weiß, dann wäre sein Wechsel zu Sophie für mich weniger schlimm, wenn er es nicht weiß, dann schon.

    Prinzipiell würde ich das auch so sehen wie Du: Wenn beide sich einig sind, dass man nur Spaß hat und nichts weiter, gönne ich das jedem,warum nicht?
    Heikel wird es, wenn einer von beiden tiefere Gefühle hat, und das ist hier ganz offensichtlich der Fall! Von daher finde ich die Frau Grä... Pardon, Marschallin auch nicht wirklich sympathisch und sie verdient von meiner Seite aus kein bisschen Mitgefühl dafür, dass Octavian sich am Ende für Sophie entscheidet!
    Denn sie spielt da äußerst herzlos mit den Gefühlen eines siebzehn jährigen Bengels, der völlig hin und weg von ihr ist.
    Außerdem hat sie am Ende des ersten Aktes praktisch mit ihm Schluss gemacht, also weswegen beschwert sie sich?
    Vor allem kommt er ja tatsächlich erst einmal zu ihr, als er am Ende zwischen den beiden Frauen steht und sie schickt ihn da nochmals mit ziemlich giftigen Sprüchen weg!
    Und er ist so ein Schaf, dass er ihr noch dankt und sagt, sie sei ja "so gut"?
    Wo denn bitte schön?
    Das ist für mich ähnlich wie das "Contessa, perdone!" nur eben umgekehrt!
    Nachdem sie ihn als Spielball benutzt hat, um ihr eigenes, verkorkstes Liebesleben zu kompensieren und ihn gedemütigt hat, bedankt er sich noch bei ihr für ihre "Güte", dass er zu einer anderen gehen "darf"!
    Da hoffe ich nur, dass Sophie ihn ein wenig mehr zu schätzen weiß und der nächste Lover der Marschallin den Spieß einmal umdrehen wird...



    Ganz liebe, immer noch zu warme, aber wenigstens trockene Grüße von der Dritten Dame

  • Vielelicht kann man das mit einem Western vergleichen: stell dir so einen guten Western-Film vor, und dazu spielt statt der Musik von Ennio Morricone die ganze Zeit Technomusik, mit Samples aus dem Originalsoundtrack. Da käme bei den Westernfreunden vermutlich auch keine Freude auf.

    Okay, das ist echt eine gruselige Vorstellung...
    Aber ich bin eben mit Opernmusik querbeet aufgewachsen, da haben wir sicherlich unterschiedliche Grundvoraussetzungen?

  • Aber ich bin eben mit Opernmusik querbeet aufgewachsen, da haben wir sicherlich unterschiedliche Grundvoraussetzungen?


    Witzigerweise nicht, ich habe bis vor ca. einem Jahr selbst praktisch nur moderne Orchester gehört und mir nichts dabei gedacht. Ich glaube, ich wusste nicht mal was HIP war, vermutlich dachte ich, dass HIP bedeutet, dass man auf Darmsaiten spielt, und das war´s.



    Nachdem sie ihn als Spielball benutzt hat, um ihr eigenes, verkorkstes Liebesleben zu kompensieren und ihn gedemütigt hat, bedankt er sich noch bei ihr für ihre "Güte", dass er zu einer anderen gehen "darf"!
    Da hoffe ich nur, dass Sophie ihn ein wenig mehr zu schätzen weiß und der nächste Lover der Marschallin den Spieß einmal umdrehen wird...


    Ich habe mir ja immer gedacht, vielleicht enden Sophie und Octavian so wie das junge Paar in der letzten Szene von "Die Reifeprüfung", mit Dustin Hoffman :D
    Vielleicht ist das ganze Stück eh kritisch und soll ebenfalls zeigen, wie verrückt die ganzen Hoheiten sind?




    Liebe, sehr nebelige Grüße,
    Hosenrolle1

  • Einen wunderschönen zweiten Weihnachtsfeiertag! Meine Mädels sind mit ihrem Vater zu seiner Verwandtschaft ins Erzgebirge gefahren, die guten Freunde sind durch die Bank bei ihren Familien oder müssen arbeiten...
    Da werde ich in den nächsten Tagen wohl auch zu einem der Weihnachtswanderer hier werden!
    Und die Aliterationen im letzten Satz finde ich echt gelungen, muss ich hier einmal betonen! Schon vergleichbar mit "Winterstürme wichen dem Wonnemond" oder "Garstig glatter, glitschiger Glimmer".
    Wagner wäre bestimmt stolz auf mich!!!



    Zitat

    Auch der Octavian der Elina Garanca ist anders als üblich, erwachsener als nur der „Bub“, auch ein Früchtchen, ein junger Mann, der nicht nur Spaß an der Situation hat, dass Ochs da plötzlich im Schlafzimmer auftaucht, sondern von Anfang an frech und aktiv mitagiert – auch eine nicht zu oft so modelliertes Charakterbild. Vor allem ist sie dann im dritten Akt, im Bordell, entfesselt in der Frauenrolle, schamlos, voll böser Lust, dem Ochs ein auszuwischen: Mariandl nicht auf schüchtern, sondern eine herausfordernde Teufelin. Das prickelt.

    Kleine Kritik am Rande: Bei dem Etablissement im dritten Akt handelt es sich mitnichten um ein Bordell ( es sei denn, es wird in dieser Inszenierung so dargestellt...) , sondern um ein Gasthaus, in dem es ein Hinterzimmer gibt, in dem man sich... ääh...amüsieren kann... Für die weibliche Begleitung muss aber selber gesorgt werden, denn der Baron von Ochs führt ja das "Mariandel" dahin aus, um sie nach allen Regeln der Kunst beim netten, kleinen Candle-light-Dinner betrunken zu machen und anschl ießend zu vernaschen! In ein Bordell hätte er sie wohl kaum eingeladen...


    Dass die Idee, Octavian in Zofenverkleidung im Schlafzimmer der Marschallin ( jetzt wollte ich auch Gräfin schreiben!!!) auf Teufel komm 'raus mit dem Baron flirten zu lassen, als "selten" dargestellt wird, überrascht mich doch etwas, denn das habe ich öfter schon gesehen- von Zuzwinkern, Kehrseite zudrehen, laszivem An- ihm- Vorbeidrücken oder gar auf den Schoß setzen alles dabei...
    In der Regel ist der Spaß für ihn spätestens dann vorbei, wenn der Baron dann richtig zudringlich wird! Dann flüchtet er sich öfter einmal sogar hinter die Marschallin, und an der traut sich der Ochs dann nicht mehr vorbei...



    Renée Fleming verabschiedet sich in dem Bewusstsein, eine der denkbar wunderbarsten Marschallinnen gewesen zu sein – nicht auf die Trauerweide gepolt, die viele Kolleginnen spielen mussten. Ihr Schicksal ist nicht wirklich tragisch, und man erlebt diese kluge, souveräne Frau eigentlich ärgerlich darüber, wie es im Leben so läuft, dass nichts Gutes bestehen bleibt, dass die schlechten Leut’ Oberhand haben, dass man nichts gegen das Älterwerden tun kann… sie ist zu gescheit, um zu leiden, es ist eben so…

    Klar, leid tun kann sie einem schon irgendwie: Sie erzählt ja selber, dass sie als junges Mädchen vom Fleck weg mit einem ungeliebten Mann verheiratet wurde! Angst hat sie vor ihm offenbar auch ( Hören wir da die Frau Gräfin klopfen? ). Ihr Gefühlsleben wurde also schon früh komplett versiebt. Dafür kann aber nun Octavian auch nichts, dem sie ja immer wieder an unterschiedlichen Stellen vorwirft, er sei ja "eh wie alle Männer".
    Ich zweifle also an tieferen Gefühlen, denke, sie ist eher ein wenig traurig, weil der Junge ja doch irgendwie ganz putzig und ein netter Zeitvertreib war, aber sie wird sich sicher schnell trösten...


    Glaubst du, ist das beim Grafen auch der Fall, oder sieht man den auch heute noch zu verklärt?

    Der Graf ist ein Widerling, keine Frage! Ich habe nur meine Zweifel, ob Susanna für ihn tatsächlich nur "eine von vielen" ist! Mich macht da das Duett Susanna/ Graf, als sie sich mit ihm im Garten verabredet immer etwas stutzig, weil er da wirklich äußerst gefühlvolle Töne anschlägt. Okay, das macht Don Giovanni auch, aber er macht das zu "Verführungszwecken". In diesem Fall redet er aber mit sich!
    Und gerade an dieser Stelle neigen viele Regisseure dazu, ihn sympathisch darzustellen. Ist Dir das vielleicht auch schon einmal aufgefallen?
    Ach ja, im Gegensatz zum Grafen ist der Baron von Ochs so dermaßen deutlich als Unsympathieträger vom Dienst gezeichnet, dass der Graf sich dagegen teilweise wie ein Kavalier Alter Schule ausnimmt...



    Liebe und sehr, sehr sonnige Grüße von der Dritten Dame

  • Es ist zwar kein richtiger Kuss, eher ein Bussi, also nicht wirklich mit Koch und Fleming vergleichbar, schon weil die Situation eine andere ist. Aber was mir hier gefiel war, dass das Bussi ganz natürlich wirkte, also nicht so, als würde man sagen "Schaut alle her was wir jetzt machen!", es war auch nicht direkt Richtung Kamera oder Publikum gewendet. Und es wirkte, auch wenn es natürlich vergleichsweise kurz war, nicht "verklemmt". (Nur der Octavian verrät durch eine winzige Geste, dass der Kuss zur Inszenierung gehört und geplant ist: er fährt sich ganz kurz mit der Zunge über die Lippen, weil die Sängerin schon weiß, was jetzt kommt, obwohl die Figur Octavian das nicht wissen kann )

    Hihi, ja, das mit der Zunge habe ich auch gesehen... Wenn Du jetzt nach natürlich und spontan wirkenden Küsschen suchst, dann kommen da eh nur die "neueren" Versionen in Frage, Schwarzkopf usw. kann man da wohl getrost außen vor lassen ;)
    Da lege ich Dir einmal speziell auch die "Mariandel"Szene im Schlafzimmer der Marschallin ans Herz. Eine weitere, sehr beliebte Idee kreativer Regisseure ist nämlich auch, dass Octavian das Geplänkel zwischen der Marschallin und dem Baron ( der ja quasi auf einer Schleimspur vor ihr herrutscht! ) äußert eifersüchtig beobachtet! Er kommt dann öfter einmal, während er geschäftig im Zimmer herumwuselt zur Marschallin an, um sich in Erinnerung zu bringen und sich auch mal ein schnelles Küsschen abzuholen, wenn der Baron nicht guckt.
    Eine witzige Idee kam einmal an der Stelle, an der die Marschallin "Mariandel" befiehlt, das Medaillon mit Octavians Bild zu bringen. Octavian gehorcht auch umgehend, doch bevor er es der Marschallin überreicht, lächelt er leicht und deutet mit dem Finger auf seine Wange. Die Marschallin erwidert das Lächeln, küsst ihn rasch und erhält das Medaillon.

  • Witzigerweise nicht, ich habe bis vor ca. einem Jahr selbst praktisch nur moderne Orchester gehört und mir nichts dabei gedacht. Ich glaube, ich wusste nicht mal was HIP war, vermutlich dachte ich, dass HIP bedeutet, dass man auf Darmsaiten spielt, und das war´s.

    Ich kann diese modernen Versionen gar nicht so negativ sehen, weil eben auch wunderbare Kindheitserinnerungen damit verbunden sind! Mein Bruder und ich waren schon Dauergäste in Opern, bevor wir überhaupt wussten, wie das Wort geschrieben wird...
    Ich nehme sie nicht als "Missklang" wahr, sie klingen im Vergleich zu den HIP- Versionen eben fad und irgendwie langweilig.
    Woran ich mich spontan erinnern musste, als Du erwähnt hast, dass Du Mozart immer als "langweilig" empfunden hast: Ich habe schon öfter einmal zu anderen gesagt, dass ich Mozarts Musik mag, ich aber offen zugebe, sie nicht als "genial" zu empfinden! Weil eben vieles einfach gleich klingt... Und nach Deinen HIP- Vergleichen ist mir jetzt auch klar, woran das liegt! :D
    "Hip" kenne ich als neudeutschen Ausdruck für lässig und cool!
    ;)
    Der Cherubino mit dem "Coffee-to-go"- Becher, der aus dem Voi che sapete eine Nummer im Stile von "Saturday Night Fever" machen wollte, war eindeutig hip! :D
    Ach ja, ich tauche mal rasch in den HIP- Thread ab, die Ouvertüre habe ich vorhin schon herauf und herunter gehört...




    Liebe Grüße von der Dritten Dame

  • Kleine Kritik am Rande: Bei dem Etablissement im dritten Akt handelt es sich mitnichten um ein Bordell ( es sei denn, es wird in dieser Inszenierung so dargestellt...) , sondern um ein Gasthaus, in dem es ein Hinterzimmer gibt, in dem man sich... ääh...amüsieren kann... Für die weibliche Begleitung muss aber selber gesorgt werden, denn der Baron von Ochs führt ja das "Mariandel" dahin aus, um sie nach allen Regeln der Kunst beim netten, kleinen Candle-light-Dinner betrunken zu machen und anschl ießend zu vernaschen! In ein Bordell hätte er sie wohl kaum eingeladen...


    Dazu kann ich selbst natürlich nichts sagen, nur die Rezension zitieren, in der noch etwas gesagt wird:


    Wenn im zweiten Akt kurz eine Kanone herumsteht, um zu zeigen, womit der Herr von Faninal (wie viele andere damals auch) reich geworden ist, und wenn eine Frühform der Hochzeitgesellschaft in weißen Gewändern Walzer tanzt (als seien sie das Jung-Komitee am Opernball), dann passt das ebenso in das Konzept dieser Regie wie das lustvoll mit Personal und Accessoirs ausgeschmückte Puff am Ende – zumal, wenn man weiß, wie sich Bordelle in Wien hinter Restaurants oder gar Beiseln („ein ordinäres Beisl“!) tarnten…



    Dass die Idee, Octavian in Zofenverkleidung im Schlafzimmer der Marschallin ( jetzt wollte ich auch Gräfin schreiben!!!) auf Teufel komm 'raus mit dem Baron flirten zu lassen, als "selten" dargestellt wird, überrascht mich doch etwas, denn das habe ich öfter schon gesehen- von Zuzwinkern, Kehrseite zudrehen, laszivem An- ihm- Vorbeidrücken oder gar auf den Schoß setzen alles dabei...


    Ich stelle mir das als ziemliche schauspielerische Herausforderung vor: zuerst spielt man vielleiecht eine Carmen, die "echt" lasziv und sexy wirken soll, mit entsprechenden Bewegungen, Gesten, Mimiken etc., und dann spielt man einen Burschen, der das gleiche macht, nur muss diesmal dabei erkennbar bleiben, dass das ein Bursche ist.


    Übrigens, ich habe ja erwähnt, dass Susanna Anspielungen darauf macht, dass Cherubino so weiblich aussieht. Jetzt habe ich noch eine gefunden, diesmal allerdings von Figaro, in "Non piu andrai". Da sagt er "Quel vermiglio donnesco color", übersetzt mit "Dieser rosige, mädchenhafte Teint". :D



    Sie erzählt ja selber, dass sie als junges Mädchen vom Fleck weg mit einem ungeliebten Mann verheiratet wurde! Angst hat sie vor ihm offenbar auch ( Hören wir da die Frau Gräfin klopfen? ). Ihr Gefühlsleben wurde also schon früh komplett versiebt. Dafür kann aber nun Octavian auch nichts, dem sie ja immer wieder an unterschiedlichen Stellen vorwirft, er sei ja "eh wie alle Männer".
    Ich zweifle also an tieferen Gefühlen, denke, sie ist eher ein wenig traurig, weil der Junge ja doch irgendwie ganz putzig und ein netter Zeitvertreib war, aber sie wird sich sicher schnell trösten...


    Also eigentlich eh wie bei Salome: lauter kaputte Leute, nur dass die Musik so walzerselig ist, während sie bei der Salome deutlich macht, dass die durcheinander sind :D



    Der Graf ist ein Widerling, keine Frage! Ich habe nur meine Zweifel, ob Susanna für ihn tatsächlich nur "eine von vielen" ist! Mich macht da das Duett Susanna/ Graf, als sie sich mit ihm im Garten verabredet immer etwas stutzig, weil er da wirklich äußerst gefühlvolle Töne anschlägt. Okay, das macht Don Giovanni auch, aber er macht das zu "Verführungszwecken". In diesem Fall redet er aber mit sich!


    Ich weiß schon, welches Duett du meinst, das, wo Susanna sich manchmal verspricht und die falsche Antwort gibt. Da müsste man sich die Musik bei diesem Duett genauer anschauen.
    Eine schwierige Frage ... ich bin mir da nicht sicher, weil Mozart und Da Ponte den dritten Figaro-Teil nicht kannten, und weil sie die Gräfin bitten lassen "Gib mir meinen Mann oder den Tod" (oder so). Wenn der Graf tatsächlich echte Gefühle für Susanna hätte, die über seine Freude am Entjungfern junger Mädchen hinausgeht, dann wäre das vielleicht zu offensichtlich, dass das Ende nicht versöhnlich ist.
    J. Kaiser meint, dass der Graf sich schon sehr bemüht um sie, aber ich glaube, dass das nur mit seinem Jagdtrieb zu tun hat. Don Giovanni macht sich auch große Mühe, wenn jemand widerspenstig ist, und sagt nicht "Na gut, dann nicht, such ich mir eine, bei der es leichter geht".
    Susanna sagt auch zu Beginn, dass der Graf keine Lust mehr hat, außerhalb des Schlosses herumzumachen, und jetzt im Schloss weitermacht. Dass er zu Barbarina geht weiß man schon, vermutlich wird er das auch bei anderen dort machen. Jetzt versucht er es halt mit Susanna, und weil die widerspenstiger ist, bemüht er sich noch mehr.
    Seine Reaktionen, wenn etwas nicht nach Plan läuft (schon dass er überhaupt Pläne hat, um an diese Frau zu kommen zeigt m.E., dass das nicht viel mit Liebe zu tun hat), verraten, glaube ich, auch, um was es ihm geht.


    Achso, wegen der Szene mit Cherubino und der verkleideten Gräfin im Garten, da habe ich jetzt die Übersetzung aus meinem neuen Libretto rausgesucht.


    CHERUBINO
    Pian pianin, le andrò più presso, tempo perso non sarà.


    CONTESSA
    Ah, se il Conte arriva adesso qualche imbroglio accaderà!


    CHERUBINO
    Susannetta! Non risponde, colla mano il volto asconde, or la burlo in verità.


    wird übersetzt mit:


    CHERUBINO
    Ganz leise geh ich näher zu ihr hin, verlorne Zeit soll das nicht sein.


    CONTESSA
    Ach, wenn jetzt der Graf kommt - das wird ein Unglück geben!


    CHERUBINO
    Susannchen ... sie antwortet nicht ... Mit der Hand bedeckt sie ihr Gesicht ... Jetzt mach ich mir wirklich einen Spaß mit ihr.


    Ob das ganz richtig übersetzt ist weiß ich nicht, er sagt "or la burlo in verità", das klingt für mich eher nach "Es ist in Wahrheit nur ein Scherz", und nicht nach "Jetzt mach ich mir wirklich einen Spaß mit ihr". Ich werde mich da mal schlau machen.


    Später sagt Cherubino "Dammi un bacio, o non fai niente", was aber übersetzt wird mit "Gib mir einen Kuß, mehr brauchst du nicht zu tun". Ich dachte, dass das heißt "Gib mir einen Kuss, oder sag nichts mehr". Auch da mache ich mich schlau. Wenn das falsch übersetzt wurde, dann ärgere ich mich aber!



    Wenn Du jetzt nach natürlich und spontan wirkenden Küsschen suchst, dann kommen da eh nur die "neueren" Versionen in Frage, Schwarzkopf usw. kann man da wohl getrost außen vor lassen ;)


    Was ich halt nicht so gut finde ist, wenn diese Küsse eben so offensichtlich auf Effekt getrimmt sind, nach dem Motto "Schaut her, jetzt gibt´s was zu gucken!". Das andere Extrem sind eben diese alten Inszenierungen, wo es ganz züchtig zuging. Aber wie gesagt, spannender finde ich beinahe-Küsse, wo man kurz davor ist, und WENN geküsst wird, sollte es halt natürlich wirken, und nicht "effektvoll". Die Inszenierung mit Garanca-Fleming mag toll sein, die Chemie mag stimmen, aber diese beiden Küsse finde ich schon sehr offensichtlich auf den Effekt hin inszeniert, die wirken auf mich wenig spontan, sondern wie diese "Ok, bringen wir das jetzt hinter uns"-Momente, die du kürzlich mal erwähnt hast. Wenn es so inszeniert wird, sehe ich nicht mehr die Figuren, sondern die Darsteller, die etwas hinter sich bringen müssen



    Ich kann diese modernen Versionen gar nicht so negativ sehen, weil eben auch wunderbare Kindheitserinnerungen damit verbunden sind!


    Das kann ich schon nachvollziehen, auch wenn ich diesen Eindruck nicht teile, sondern mich rückblickend ärgere, dass ich beispielsweise so viele Freischütz-Aufnahmen gekauft habe, wo gar kein Freischütz drin ist. Mich interessiert immer nur, dass man dem Werk so nahe wie möglich kommt. Wenn mir eine HIP-Aufnahme gefällt, und es nach einiger Zeit erwiesen ist, dass sie falsche Instrumente benutzt oder Spieltechniken falsch sind, dann bin ich der Erste, der sagt "Es klingt sicher gut, aber jetzt ist diese Aufnahme für mich uninteressant geworden, weil es eine neue Aufnahme gibt, die noch näher am Werk ist".
    Was ich an diesen modernen Versionen besonders schlimm finde ist, dass sie die meisten uninformierten Zuhörer glauben lässt, das sei jetzt Mozarts Musik, das sei jetzt Beethovens Musik, und natürlich, dass es die Hörer unempfindlich macht gegenüber den Feinheiten wie der erwähnten Tonartencharakteristik. Ich sehe, was diese modernen Versionen angerichtet haben und immer noch anrichten, deswegen allein finde ich sie schon so negativ.



    "Hip" kenne ich als neudeutschen Ausdruck für lässig und cool! ;)


    Ich finde diese ganzen Ausdrücke HIP und HAP und was weiß ich eigentlich fürchterlich! Wenn die jeweilige Musik richtig gespielt wird, dann würde man die jeweils richtigen Instrumente mit der jeweils richtigen Spielweise in der jeweils richtigen Stimmung etc. spielen, dann müsste man nicht dazu erwähnen, dass diese Aufführung HIP und on period instruments ist. Solche Dinge sollten eine Selbstverständlichkeit sein, wenn man Mozart und Co. spielt. Stattdessen ist das - auch wenn sich die Situation gebessert hat - immer noch etwas "Spezielles" mit eigenen Ausdrücken, die gar nicht notwendig sein sollten, die gar nicht existieren dürften.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Wenn im zweiten Akt kurz eine Kanone herumsteht, um zu zeigen, womit der Herr von Faninal (wie viele andere damals auch) reich geworden ist, und wenn eine Frühform der Hochzeitgesellschaft in weißen Gewändern Walzer tanzt (als seien sie das Jung-Komitee am Opernball), dann passt das ebenso in das Konzept dieser Regie wie das lustvoll mit Personal und Accessoirs ausgeschmückte Puff am Ende – zumal, wenn man weiß, wie sich Bordelle in Wien hinter Restaurants oder gar Beiseln („ein ordinäres Beisl“!) tarnten…

    Okay,alles klar, es wird also tatsächlich als Bordell dargestellt! Peter Konwitschny macht daraus wohl einen Nachtclub... Wobei ich mich in beiden Fällen frage: Weswegen sollte denn ein Typ, der eine Frau verführen will, diese in ein solches Etablissement ausführen? Nichts gegen moderne Inszenierungen, aber das sieht dann doch ein wenig nach Effekthascherei aus!


    Ich stelle mir das als ziemliche schauspielerische Herausforderung vor: zuerst spielt man vielleiecht eine Carmen, die "echt" lasziv und sexy wirken soll, mit entsprechenden Bewegungen, Gesten, Mimiken etc., und dann spielt man einen Burschen, der das gleiche macht, nur muss diesmal dabei erkennbar bleiben, dass das ein Bursche ist.

    Ohja, das ist echt eine darstellerisch Herausforderung! Da spielt eine Frau nicht nur einen Jungen, sondern einen Jungen, der sich als Mädchen verkleidet hat und einen Mann davon überzeugen will, dass er ein Mädchen ist- dabei darf sie als Mädchen aber auch nicht ZU überzeugend 'rübergekommen, da sie ja einen Jungen spielt... Echt nicht leicht!
    Da fällt mir eine Mariandel- Szene mit Fassbaender als Octavian ein: Da greift ihr der Baron an den Allerwertesten und sie quietscht auf und bringt sich bei der Marschallin in Sicherheit. Das wirkte schon irgendwie merkwürdig, dass Octavian da quietscht wie ein Mädchen, wenn das eine spontane Reaktion sein soll...
    Reaktion eines anderen Octavian: Der Baron greift zu und Octavian verpasst ihm dafür einen Stoß mit dem Ellenbogen...
    Und meine besondere Freundin Sophie Koch: Der Baron versetzt Octavian einen Klaps auf den Hintern, worauf er ausholt und dem Baron einen äußerst derben Schlag auf den Hintern zurückgibt! Der ist daraufhin sichtlich verwirrt und Octavian scheint auch zu merken, dass er da etwas verkehrt gemacht hat. Also lächelt er den Baron maliziös an, entfernt sich schleunigst mit leichtem Hüftwackeln und sortiert weiter die Kissen auf dem Bett...

    Also eigentlich eh wie bei Salome: lauter kaputte Leute, nur dass die Musik so walzerselig ist, während sie bei der Salome deutlich macht, dass die durcheinander sind

    Also, ich fasse einmal zusammen:
    Beim Figaro sind am Ende alle pseudo- glücklich...
    Beim Rosenkavalier sind am Ende zumindest zwei glücklich, aber man weiß nicht, wie lange es dauert...
    Und bei Salome sind am Ende alle tot!
    Da lobe ich mir Hänsel und Gretel!!! Alle sind glücklich, die Hexe ist tot und Kuchen gibt's auch :D

    Seine Reaktionen, wenn etwas nicht nach Plan läuft (schon dass er überhaupt Pläne hat, um an diese Frau zu kommen zeigt m.E., dass das nicht viel mit Liebe zu tun hat), verraten, glaube ich, auch, um was es ihm geht.

    Also wäre Susanna im Grunde auch austauschbar mit jeder anderen hübschen Frau, die ihm Widerstand entgegensetzt?

    Später sagt Cherubino "Dammi un bacio, o non fai niente", was aber übersetzt wird mit "Gib mir einen Kuß, mehr brauchst du nicht zu tun". Ich dachte, dass das heißt "Gib mir einen Kuss, oder sag nichts mehr". Auch da mache ich mich schlau. Wenn das falsch übersetzt wurde, dann ärgere ich mich aber!

    Wir waren bei "Gib mir einen Kuss oder tu nichts!" angelangt und der Sinn dessen war uns beiden nicht wirklich klar!
    "Gib mir einen Kuss, sonst brauchst Du nichts zu tun!" finde ich aber durchaus sinnvoll!


    Was ich halt nicht so gut finde ist, wenn diese Küsse eben so offensichtlich auf Effekt getrimmt sind, nach dem Motto "Schaut her, jetzt gibt´s was zu gucken!". Das andere Extrem sind eben diese alten Inszenierungen, wo es ganz züchtig zuging. Aber wie gesagt, spannender finde ich beinahe-Küsse, wo man kurz davor ist, und WENN geküsst wird, sollte es halt natürlich wirken, und nicht "effektvoll". Die Inszenierung mit Garanca-Fleming mag toll sein, die Chemie mag stimmen, aber diese beiden Küsse finde ich schon sehr offensichtlich auf den Effekt hin inszeniert, die wirken auf mich wenig spontan, sondern wie diese "Ok, bringen wir das jetzt hinter uns"-Momente, die du kürzlich mal erwähnt hast. Wenn es so inszeniert wird, sehe ich nicht mehr die Figuren, sondern die Darsteller, die etwas hinter sich bringen müssen

    Jetzt ist es aber so, dass Cherubino und Octavian völlig andere Voraussetzungen haben! Zwischen Cherubino und der Gräfin ist ja noch nichts passiert und wenn da eine Annäherung stattfindet, ist das eben total spannend!
    Aber Octavian und die Marschallin haben da gerade eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbracht und da sollten die zwei schon ein wenig liebevoll miteinander umgehen, finde ich. Sie müssen sich ja nicht ständig küssen oder begrapschen, aber die eine oder andere zärtliche Geste sollte schon sein...




    Liebe Grüße von der Dritten Dame

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