Was ist dran an Thielemann? - Annäherung an ein Phänomen

  • Mir ist kein Dirigent bekannt, der nicht "schwierig" (ich würde dieses Wort in diesem Zusammenhang nicht unbedingt gebrauchen) ist. Nett und beliebt reicht nicht. Wie sollte jemand dann etwas zustande bringen? Deshalb finde ich diese Debatte nicht sehr originell. Aus meiner Sicht macht der Christian Thielemann einen ganz hervorragenden Job. Er hat ein Orchester, ein Opernhaus, Bayreuth und die Osterfestspiele in Salzburg. Was will er mehr?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Was wollen wir mehr?

    Auch ich meine, dass Thielemann ein ausgezeichneter Dirgent ist, der sich klug auf ein ihm liegendes Repertoire, entsprechende Aufgaben und Positionen konzentriert. Wovon ich träume sind die großen Pultheroen, a la Furtwängler, Klemperer, Bruno Walter, Clemens Krauss, Karajan, Carlos Kleiber, Celibidache und Solti. Wie auf anderen Gebieten gibt es diese Dinosaurier nicht mehr. Unserer Zeit fehlen die großen Idole.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Unserer Zeit fehlen die großen Idole.


    Nein lieber Operus, ich glaube unsere Zeit will keine großen Idole. Vielleicht wären sie ihr sogar unheimlich, wenn es jetzt noch welche geben würde. Aber ich glaube, auch ein Karajan wäre heute "nur" ein guter Thielemann.


    Kein Mensch würde ihm zugestehen, wochenlang Aufnahmen zu machen, nur um des ewigen Ruhmes willen. Und auch manches andere würde heute wohl auch nicht mehr so funktionieren. Die Zeit der großen Helden ist vorbei.

  • Wie der Facebook Seite des Orchesters zu entnehmen ist, wird Christian Thielemann das Neujahrskonzert 2019 leiten:


    Zitat

    New Year's Concert 2019 under the baton of Christian Thielemann
    We are proud to announce that Christian Thielemann will conduct the Vienna Philharmonic New Year's Concert 2019 for the first time!
    The artistic collaboration between the Vienna Philharmonic and Christian Thielemann began in the year 2000. Since that time, Thielemann has regularly conducted the orchestra in subscription concerts, on tour and at the Salzburg Festival.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Beim Tamino habe ich eigentlich einen Beitrag über Thielemanns Silvesterkonzert aus der Semeperoper Dresden 31.12.17 17:30Uhr ZDF.
    Offenbar war das Interesse gering ... was ich nachvollziehen kann.


    Ich machs kurz:
    Das musikalische Motto sollte "Filmmusik" sein ... stattdessen wurden alte Filmsongs aufgewärmt ... so absolut an meinem Musikgeschmack vorbei. Nach dem 3.Musikbeitrag habe ich weggeschaltet und später noch mal reingeschaut ... der selbe "Seim". :thumbdown: Mir hat es überhaupt nicht gefallen.
    Hätte ich in der Semperoper für teures Geld gesessen ... ;( ich hätte mich schwarz geärgert ... Programm war sowas von daneben ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich machs kurz:
    Das musikalische Motto sollte "Filmmusik" sein ... stattdessen wurden alte Filmsongs aufgewärmt ... so absolut an meinem Musikgeschmack vorbei.

    Das, lieber Wolfgang, ist aber nur ein Teil der Wahrheit, denn es hieß ja in den Vorankündigungen, man wolle mit Filmmusik der vor 100 Jahren gegründeten UfA gedenken. Insofern waren die "Filmsongs" genauso geplant. Das muss man nicht mögen, wie man Filmmusik überhaupt nicht mögen muss, wie Musik überhaupt kontrovers beurteilt wird. Mir hat die nostalgische Reise in die UfA-Filmmusik jedenfalls gefallen, manche Titel zum (innerlichen!) Ausruf "Ach von dem ist das!" gebracht.


    Ach ja: Ein frohes Neues Jahr!


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Hallo!


    ...und Daniel Behle und Angela Denoke waren hervorragend und mit viel Verve dabei!


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Zitat

    Kein Mensch würde ihm zugestehen, wochenlang Aufnahmen zu machen, nur um des ewigen Ruhmes willen. Und auch manches andere würde heute wohl auch nicht mehr so funktionieren. Die Zeit der großen Helden ist vorbei

    .


    Das sehe ich etwas anders. Karajan bekam die Proben nicht wegen "des Ewigen Ruhmes" seiner Person zugestanden, sondern man erhoffte sich daruch eine entrechend lange sprudelnde Geldquelle. Eine Rechnung die letztlich aufgegangen ist.


    Kommen wur zurück zu Thielemann,
    Sein Plus ist, daß er polarisiert, oft angegriffen wird , und somit im Mittelpunkt steht.


    Sein Minus ist IMO, daß er eigentlich nicht dauerhaft einem Label verpflichtet ist, das ihn als "Übermensch" vermarktet, wie es einst Herbert von Karajan durch die DGG vergönnt war.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sein Minus ist IMO, daß er eigentlich nicht dauerhaft einem Label verpflichtet ist, das ihn als "Übermensch" vermarktet, wie es einst Herbert von Karajan


    Aber das funktioniert doch heute nicht mehr. Wenn diese Strategien noch zögen, dann würden sie auch angewendet. Da sie nicht mehr angewendet werden, liegt der Verdacht nahe, dass man mit Übermenscheninszenierungen heutzutage kein Geld mehr verdienen kann - zumindest nicht im Bereich der Klassik. Ob in anderen Musiksparten (Popmusik z.B.) Übermenschen erfolgreich in Szene gesetzt werden, weiß ich gar nicht.
    Aber einen Thielemann zu inszenieren wie man es einst mit Karajan tat (lässig am Kotflügel des Porsche lehnend mit ebenso lässig umgehängtem Pullover, mit geschlossenen Augen entrückt sich der Kunst weihend, als Übervater der Beethoven- /Bruckner-/Brahmsexegese) - das spült kein Geld mehr in die Kassen.


    Grüße
    Garaguly

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  • Lieber Garaguly, Deiner Ansicht schließe ich mich an. Wenn ein Label mit Thielemann das Geld würde verdienen können wie einst mit Karajan, dann würde ein Titel nach dem anderen auf den Markt geworfen. Heutzutage werden ohnehin meist nur noch Mitschnitte vermarktet, um die Produktionskosten zu drosseln. CDs und DVDs müssen auch gekauft werden. Und wenn sie technisch noch so ausgeklügelt sind. Auch bei den berühmten Sängern halten sich die Kataloge bekanntlich sehr in Grenzen. Das Konsumverhalten hat sich drastisch geändert. In meinem Bekannten- und Freundeskreis kauft niemand mehr in dem Maße ein wie früher, als man jede Neuerscheinung haben musste. Heute höre ich bei Spotify hinein und komme meistens ganz schnell zu dem Schluss, dass ich das nicht haben muss. Erst vorige Woche habe ich meinen gesamten DVD-Bestand mit Thielemann bei einem bekannten Netzaufkäufer veräußert, einschließlich Karajan-"Walküre" aus Salzburg. Für den Erlös hätte ich nicht einmal gut essen gehen können. Was soll's, ich bin den Stapel los. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • Wie man soeben lesen kann, hat der Aufsichtsrat Thielemann in Salzburg nach 2022 nicht verlängert und stattdessen Bachler auf den Thron gesetzt. Über einen Nachfolgedirigenten, bzw. ein neues Orchester nach den Dresdenern ist noch nichts bekannt.

    Östereich den Östereichern?

    Nun denn, es bleibt spannend... Auch die Frage wieviele Sponsoren dann noch mitmachen, wenn Bachler sein "modernes Operntheater" durchsetzt...

  • Kleiner Nachtrag:

    Bachler hat vor mit jährlich wechselnden Orchestern und Dirigenten das Programm Richtung Ballett und Jazz zu erweitern.

    Von ihm ist ja sowieso eine weitere RT-Brutstätte zu erwarten.

    Da müssen dann auch die hohen Preise sinken. Ob sich das rechnet und das Publikum das mitmacht...

    Fragen über Fragen :stumm:

  • Dass Bachler als neuer Intendant der Salzburger Osterfestspiele nicht auf die künstlerische Gesamtverantwortung verzichten wollte, ist nachvollziehbar. Und da Thielemann die nicht abgeben wollte, musste der Aufsichtsrat sich von einer der beiden Personen trennen. Dass die Entscheidung so und nicht andersherum ausfiel, hat mich nicht überrascht, es wäre doch ein arger Gesichtsverlust für den Aufsichtsrat gewesen, erst einen neuen Intendanten zu verkünden und dann gleich wieder einen Rückzieher zu machen.


    Dass ich Nikolaus Bachler aufgrund seiner Arbeit an der Bayerischen Staatsoper, die ich mehrere Jahre vor Ort verfolgen konnte, sehr schätze, ist kein Geheimnis. Er steht für genau die Art von Musiktheater, die ich an unseren Opernhäusern sehen möchte. Dennoch habe ich Zweifel, ob er für die bisher eher traditionell ausgerichteten Osterfestspiele, die sich bislang vor allem an eine zahlungskräftige Klientel von wahrscheinlich eher konservativem Geschmack richten, eine gute Wahl war. Immerhin ist damit zu rechnen, dass man demnächst dann auch mal wieder die Berliner Philharmoniker unter ihrem neuen Chefdirigenten dort zu hören bekommt, der - die Welt ist klein - bis vor kurzem GMD unter Bachler in München war. :)

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ja, ja, der Herr Bachler wird dann mit 72 die personifizierte Zukunft dieses Festivals sein. :saint:

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dennoch habe ich Zweifel, ob er für die bisher eher traditionell ausgerichteten Osterfestspiele, die sich bislang vor allem an eine zahlungskräftige Klientel von wahrscheinlich eher konservativem Geschmack richten, eine gute Wahl war. Immerhin ist damit zu rechnen, dass man demnächst dann auch mal wieder die Berliner Philharmoniker unter ihrem neuen Chefdirigenten dort zu hören bekommt, der - die Welt ist klein - bis vor kurzem GMD unter Bachler in München war.

    Ich gehe davon aus, daß man in fertig machen wird. Die zitierte zahlungskräftige Klientel befiindert sich derzeit - was ihren Einfluß betrifft -nämlich im Aufwind......


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Über den Schumann reden wir besser nicht, das war wahrlich eine Katastrophe (die DG-Studioaufnahmen wurden nie mehr neu aufgelegt und werden es vermutlich auch nicht mehr).

    Lieber Joseph II.,


    erst gestern bin ich erstmals in den Thielemann-Thread geraten und fand diesen Eintrag von Dir aus dem Jahr 2014 vor.

    Vorausschicken möchte ich, daß ich Thielemanns Schumann nicht kenne, aber eine Anmerkung des inzwischen verstorbenen Münchener Kritiker-"Papstes" Joachim Kaiser will ich Dir nicht vorenthalten, denn sie hat mich vor einiger Zeit veranlaßt, diese Aufnahme auf meine Merkliste zu setzen:

    Joachim Kaiser schreibt dazu in seinem Band 2 von "Kaiser's Klassik": ".... immer, wenn man jammern möchte, die alten (und toten) Interpreten seien besser gewesen als die jungen, dann muß man umlernen. Christian Thielemann, ein politisch konservativer, musikalisch besessener 38-jähriger Dirigent (das Buch erschien 1999!), legt jetzt eine Interpretation von Schumanns Zweiter vor, die mit furtwänglerischer Inbrunst und Freiheit fasziniert."

    Von Thielemann ist nicht viel in meinem Bestand, aber diese Aussage fand ich vielversprechend und wollte mir selbst ein Bild machen (obwohl ich das Werk in mindestens 10 Aufnahmen habe). Als ich Deinen alten Beitrag las, war mein erster Gedanke: Sollte sich Kaiser da so geirrt haben, oder spielen vielleicht eher persönliche Motive eine Rolle? Man weiß ja, daß Kaiser und Thielemann eine sehr enge persönliche Beziehung hatten.

    Meine Frage: Was findest Du an der Aufnahme so katastrophal? Schumanns Zweite ist bekanntlich das schwierigste, sperrigste sinfonische Geschöpf des Komponisten. Ich persönlich bevorzuge die alte Aufnahmen unter Schuricht (Decca, mono) oder Sawallisch (EMI). Auch Karajan überzeugt (mich).


    Inzwischen gibt es ja brandneu einen neuen Schumann-Zyklus mit Thielemann (und der Dresdner Staatskapelle):

    dessen Existenz mir bisher aber nur aus dem Internet bekannt ist.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Werter nemorino,


    ich danke Dir herzlich, dass Du diesen Thread mit einer hochspannenden Frage wiederbelebst.


    Ich habe im von Dir wiedergegebenen Zitat vor mittlerweile fünf Jahren eine recht abfällige Anmerkung zu Thielemanns Schumann gemacht, die ich aus heutiger Sicht teilweise korrigieren muss. Wie es der Zufall will, habe ich mir kurz nach dem Erscheinen der von Dir ebenfalls abgebildeten Neueinspielung der vier Symphonien mit der Staatskapelle Dresden für Sony ebenfalls die etwa zwanzig Jahre alten DG-Produktionen noch einmal vorgenommen. Es handelte sich um drei einzelne CDs, die in kurzer Abfolge nacheinander erschienen und neben den vier Symphonien dankenswerterweise auch weitere Orchesterwerke Schumanns enthielten, darunter auch selten Eingespieltes wie das Konzertstück für vier Hörner. Hier die beiden anderen CDs:



    Um auf den Punkt zu kommen: Ich hatte mir vor zig Jahren die DG-Aufnahme der 4. Symphonie unter Thielemann aufgelegt und war sehr ernüchtert. Nicht nur dass mich das interpretatorisch nicht von den Socken haute, gibt es auch noch einen wirklich makaberen und für ein Label wie DG geradezu unverzeihlichen Schnittfehler im Kopfsatz (darauf wird auch in einer Rezension hingewiesen). Aber: Beim nüchternen Wiederhören der drei anderen Symphonien musste ich doch zugestehen, dass diese Thielemann ungleich besser gelangen. Tatsächlich ist Joachim Kaiser zuzustimmen, wenn er die Aufnahme der 2. Symphonie besonders hervorhebt. Auch die Erste und die Dritte sind mehr als beachtlich und brauchen sich nicht verstecken. Ob Thielemanns Lesart der Zweiten "furtwänglerisch" ist, sei mal dahingestellt, da Wilhelm Furtwängler dieses Werk m. W. niemals dirigierte, geschweige denn einspielte. Leider machten die meisten großen Dirigenten seiner Generation einen Bogen um dieses verkannte Meisterwerk.


    Klanglich fand ich die Sony-Einspielungen den alten DG-Einspielungen unterlegen. Solch ein mulmiger Klangbrei sollte bei einer Neuproduktion wirklich nicht mehr vorkommen. Vielleicht liegt das daran, weil es keine echten Studioaufnahmen sind, sondern Live-Konzerte verwendet wurden, bei denen die Publikumsgeräusche getilgt wurden. Die DG ließ sich damals nicht lumpen und produzierte noch klassisch im Studio. Wirklich seltsam ist, dass einzig die 4. Symphonie bei Sony nicht nur klanglich besser klingt als die anderen, sondern auch interpretatorisch die alte DG-Aufnahme hinter sich lässt. Dies ist aber wirklich der einzige Fall, wo ich die Neuaufnahme bevorzugen würde, denn ansonsten erscheinen mir die DG-Aufnahmen erste Wahl. Außerdem bekommt man ja noch weitere Orchesterwerke als Beigabe.


    Für Dich wohl nicht von Interesse, aber vielleicht für den einen oder anderen: Die DG legte kürzlich sämtliche DG-Produktionen mit Thielemann unerwartet doch noch einmal neu auf. Hier sind auch die Schumann-Symphonien inkludiert. Ist man lediglich an diesen interessiert, fährt man aber wohl mit gebrauchten Angeboten der ursprünglichen CDs günstiger.



    Summa summarum: Wenn Du an die DG-Aufnahmen günstig herankommst, greife ruhig zu. Einzig bei der Vierten die genannten Einschränkungen. Da Dich besonders die Zweite interessiert, darfst Du m. E. beruhigt käuflich tätig werden. Noch ein Tipp: Bei diesem Werk empfehle ich als Geheimtipp die 1965er Decca-Einspielung unter Ernest Ansermet in astreinem Stereo. Eloquence Australien legte die Aufnahme dankenswerterweise endlich auch als (recht unscheinbare) CD auf. Sie ist meine Lieblingsaufnahme meiner Schumann'schen Lieblingssymphonie.



    R-5373453-1391788586-6243.jpeg.jpg Original-LP

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich kenne diese Aufnahmen (Thielemann - Schumann) zugegebenermaßen alle nicht, aber ich habe seinerzeit (1997) Thielemanns Debüt-Konzert bei den BerlinerPhilharmonikern erlebt, das er damals mit einer begeisternden Schumann 2 beschloss.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Ich kenne diese Aufnahmen (Thielemann - Schumann) zugegebenermaßen alle nicht, aber ich habe seinerzeit (1997) Thielemanns Debüt-Konzert bei den BerlinerPhilharmonikern erlebt, das er damals mit einer begeisternden Schumann 2 beschloss.

    Beneidenswert. Thielemann scheint die Zweite auch am meisten zu schätzen, wenn ich mir seine Konzertprogramme ansehe. Er setzte sie vor einiger Zeit auch in Wien bei den Philharmonikern an. Man merkt auch, dass er bei dieser Symphonie etwas zu sagen hat. Heutzutage ist er sicherlich einer der bedeutenden Interpreten des Werkes, das nach meinem Eindruck mittlerweile auch häufiger gespielt wird als früher und nicht mehr so zurückgesetzt daherkommt gegenüber den anderen dreien. Vielleicht kommt die Berliner Aufführung von damals ja noch irgendwann auf CD heraus - oder zumindest in die Digital Concert Hall.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • RE: Schumann. Sinfonie Nr.2


    Dank an nemorino für die Frage und Dank an Josef für den wiederholten Hinweis auf Ansermet !


    Angesichts meiner zahlreichen ausgezeichnete Aufnahmen der Schumann-Sinfonien (u.a. Karajan, Solti, Bernstein, Levine ...) und insbesondere der Zweiten, die genau wie bei Josef auch mein Steckenpferd ist, würde ich ehrlich gesagt nie auf die Idee kommen mir die Thielemann - Aufnahmen zulegen zu wollen; bei aller guten aber auch nicht überschwänglichen Kritik hier. Thielemanns ist in der Regel durch seinen überromantischen Ansatz einfach nicht mein Dirigent ...


    Leider enthält die Ansermet-Doppel-CD jede Menge Monoaufnahmen von Schumann-Werken, mit denen ich bereits bestens versorgt bin. Somit scheidet ein Kauf, den ich schon länger erwogen hatte nun nach genauer Abwägung für mich aus.

    :thumbup: Aber die Zweite in Stereo mit Ansermet (Decca, 1965) ist wirklich der Hammer.

    Wozu die CD ? ... ich habe sie mir heute endlich mal von YT heruntergeladen: Die Paukenstellen sind, wie bei den Beethoven-Sinfonien mit Ansermet sehr präsent und gehen beim Hörgenuss total unter die Haut ! :saint: Den Finalschluss hat man selten mit soviel "schwingenden Paukenfellen" gehört.

    Dass diese Josefs Lieblingsaufnahme ist, kann ich nachvollziehen ... könnte auch meine werden, wenn ich sie mal richtig in Gänze gehört habe.


    Ich habe auf YT auch mal bei Thielmann reingehört ... na ja ... was soll ich bei der Ansermet-Int noch mit Thielemann ? :untertauch:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Joseph II.,


    ganz vielen Dank für Deinen umfangreichen und erhellenden Beitrag von gestern.

    Auch mir geht es manchmal so, daß ich eine Aufnahme nach dem ersten Hören achtlos beiseite lege und erst viel später darin Qualitäten erkenne, die mir zunächst entgangen sind. Ob ich mir Thielemanns Schumann 2 nun kaufen werde, hängt sehr davon ab, wie mir Ansermets von Dir so sehr gepriesene Aufnahme gefällt, die schon seit mindestens zwei Jahren ungehört :untertauch: bei mir im Regal steht. Ich hatte mir das Album vor allem wegen der "Frühlings-Sinfonie" gekauft, die ich mit Ansermet bereits als LP besessen habe. Sie entstand 1951, doch Mono hin oder her, für mich ist sie immer noch das Nonplusultra aller mir bekannten Versionen. Kennengelernt hatte ich das Werk mit Fricsays Aufnahme (DGG), ebenfalls Mono, eine gute, aber etwas pauschale Interpretation. Doch niemand versteht es so sehr wie Ansermet, das geheimnisvolle Frühlingserwachen, die zarten Stimmungen, das neu erwachende Raunen und Leben der Natur so ergreifend und in solchen Pastellfarben zu malen. Dabei kommt die Pracht, das strahlende Licht der schönsten Jahreszeit, das Karajan in der Vordergrund seiner Auslegung stellt, vielleicht etwas zu kurz, aber man wird mehr als entschädigt mit den unzähligen Detailmalereien aus Ansermets reich bestückter Farbenpalette. Da spielt das antiquierte Klangbild bei mir keine Rolle.

    Ich habe mir dieses Stück, das ich Jahre nicht mehr gehört hatte (die LP existiert nicht mehr), mehrmals mit großen Genuß angehört, die übrigen aber sträflicherweise ganz unbeachtet gelassen. Das wird jetzt aber, zumindest was die Zweite betrifft, umgehend nachgeholt. Das Album liegt schon neben mir!


    neben den vier Symphonien dankenswerterweise auch weitere Orchesterwerke Schumanns enthielten, darunter auch selten Eingespieltes wie das Konzertstück für vier Hörner.

    Dieses Konzertstück habe ich bereits von Thielemann, und zwar auf dieser "Jubiläums"-CD:

    die mit Beethovens Huldigung an Deinen erlauchten Namengeber, der "Trauerkantate auf den Tod Kaiser Joseph II.", beginnt, die ich - Asche auf mein Haupt - auch noch nie in Gänze gehört habe. Das Stück schien mir doch etwas sperrig und dauert immerhin eine Dreiviertelstunde. Auch hier werde ich wohl "nachsitzen" müssen.

    Das "Konzertstück für vier Hörner" von Schumann habe ich übrigens vor vielen Jahren erstmals kennengelernt in einer sehr schönen Version unter Klaus Tennstedt mit den Berliner Philharmonikern (EMI) auf LP, die auch eine glänzende "Rheinische" enthielt.


    Ob Thielemanns Lesart der Zweiten "furtwänglerisch" ist, sei mal dahingestellt, da Wilhelm Furtwängler dieses Werk m. W. niemals dirigierte, geschweige denn einspielte.

    Von Furtwängler gibt es m.W. nur Aufnahmen der Ersten (Decca, live) und der Vierten (DGG). Letztgenannte allerdings ist eine veritable "Hammeraufnahme", die alle anderen Versionen neben sich verblassen läßt. Ich kenne mindestens zehn weitere Aufnahmen, aber diese ist wirklich nicht zu überbieten. Auch sie ist noch in Mono produziert, klingt aber für ihr Alter (1953) ausgezeichnet. In einem alten Plattenführer wird sie als das "interpretatorische Ei des Columbus" vorgestellt, "großflächig im Aufbau, triumphal in der Steigerung des oft zerbröckelnden Finales, hochromantisch im Gefühlsausdruck." Man kann sich dem Sog dieser Aufnahme, die (für mich) ihren Gipfelpunkt im Übergang vom dritten zum vierten Satz hat, nicht entziehen. Furtwängler gilt ja vor allem als Beethoven- und Bruckner-Exeget, aber keine seiner zahlreichen Aufnahmen aus diesem Bereich hat mich so überwältigt wie dieser Schumann.


    Zum Schluß noch eine kleine Richtigstellung: Die Ehre, diesen Thread wiederbelebt zu haben, gebührt nicht mir, sondern m.joho mit seinem Beitrag #103 vom Dienstag.


    LG Nemorino




    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Thielemann möchte bis zum Jahre 2024 ein Bruckner Zyklus mit den Wienern Philharmonikern machen.

    https://www.youtube.com/watch?v=xUFhLxUtTU0

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Hoffentlich ist der im Endprodukt dann direkter aufgenommen als in diesem Waberwerbevideo. Wäre zwar schon Thielemanns zweiter Brucknerzyklus auf Video, scheint mir bei diesen Räumen aber nur auf Video sinnvoll zu sein.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Uff, warum muss man das eigentlich so überladen? Sakrale Musik in sakralen Räumen! Ein Musiker Gottes! - Was für ein Quark! Vielleicht mal auf das Wesentlichen konzentrieren, sich in den Musikvereinssaal setzen, anständig musizieren und schauen, ob sich die Veröffentlichung eines Mitschnitt lohnt. - Mich persönlich hat allerdings bisher, was das symphonische Repertoire auf CD angeht, nur Thielemanns Brahms-Zyklus einigermaßen überzeugt. Weder kann ich viel mit seinem Wiener Beethoven-Zyklus, noch seinen Bruckner-Einspielungen mit der Dresdner "Wunderharfe" anfangen; aber das ist natürlich Geschmackssache.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wird das überhaupt tatsächlich eingespielt werden? Solange das Ergebnis nicht derart überflüssig wird wie Nelsons' neuer Beethoven-Zyklus mit den Wiener Philharmonikern (gegen den ich auch Thielemanns eigenen überzeugender fand) ... Eigentlich hätte ich mir aber mal eine offizielle Einspielung von Repertoire wie Tschaikowskis Pathétique unter Thielemann gewünscht statt nun schon wieder Bruckner.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hoffentlich ist der im Endprodukt dann direkter aufgenommen als in diesem Waberwerbevideo. Wäre zwar schon Thielemanns zweiter Brucknerzyklus auf Video, scheint mir bei diesen Räumen aber nur auf Video sinnvoll zu sein.

    Ersteres wird sich nicht machen lassen. Der Hall in der Kirche ist einfach zu groß. Geht man direkter ran - dann geht die Akustik völlig verloren. Ich hab mich übrigens unfachgemäß ausgedrückt: Die NACHHALLZEIT ist zu lang.

    Da kann ich dann gleich ins Studio gehen.

    Thielemann hat Vor und Nachteile der Location übrigens dezent angedeutet.

    Die Stimmung ist unerreicht - die Akustik äääh-- problematisch



    Uff, warum muss man das eigentlich so überladen? Sakrale Musik in sakralen Räumen! Ein Musiker Gottes! - Was für ein Quark! Vielleicht mal auf das Wesentlichen konzentrieren, sich in den Musikvereinssaal setzen, anständig musizieren und schauen, ob sich die Veröffentlichung eines Mitschnitt lohnt.


    Wird das überhaupt tatsächlich eingespielt werden? Solange das Ergebnis nicht derart überflüssig wird wie Nelsons' neuer Beethoven-Zyklus mit den Wiener Philharmonikern (gegen den ich auch Thielemanns eigenen überzeugender fand) ... Eigentlich hätte ich mir aber mal eine offizielle Einspielung von Repertoire wie Tschaikowskis Pathétique unter Thielemann gewünscht statt nun schon wieder Bruckner.

    Antwort auf BEIDE Zitate

    Ihr habt DAS WESENTLICHE übersehen.

    Spiritus rector dieser Aufnahme ist offenbar Hans Albert Courtial (er erinnerte mich an den etwa 65 jahre alten Karl Böhm - ein Gandseigneur)Diesem geht es nach meinem Verständnis nicht darum eine "rentable" oder eine Tschaikowsky Einspielung zu sponsern (steht zwar nirgendwo - ich bin mir sicher das er das Projekt sponsert . sonst dürfte er nicht so prominetn im Vordergrund erscheinen)

    Ihm als Gründer der Fondazione Pro Musica e Arte Sacra gehr es vor allem um das sakrale Element- Hier ist ein überzeugter Katholik mit finanziellem Hintergrund und besten Verbindungen am Werk der sein Credo realisieren kann.

    Wenn Ihr die DREI Links - zu seiner Person und zu seiner Organisation durchlest, werde ihr erkennen das es hier um völlig andere Größenordnungen geht

    Bruckner wurde je einst mit "viel Weihrauch" gespielt - später aber "entmystifiziert"

    Diese Projekt ist quasi die Rückkehr - oder -modisch formuliert "Back to the roots"


    https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Albert_Courtial

    https://www.freiewelt.net/inte…ns-albert-courtial-15077/

    https://www.festivalmusicaeart…/organigramm-stiftung.php


    Sowas würden wir im Bereich der Oper brauchen.......


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bruckner wurde je einst mit "viel Weihrauch" gespielt - später aber "entmystifiziert"

    Diese Projekt ist quasi die Rückkehr - oder -modisch formuliert "Back to the roots"

    Bruckner in Kirchen aufzuführen - bedeutet das denn ganz automatisch Weihrauch oder Rückkehr? Da habe ich meine Zweifel. Ich bezweifle auch, dass Thielemann seinen bisherigen Stil aufgibt für dieses ambitionierte Projekt. Wie soll das gehen? Wenn ich es recht sehe, wurden die Sinfonien nicht für Sakralbauten komponiert. In dem Werbevideo wird prominent der Berliner Dom gezeigt, der ein evangelisches Gotteshaus ist. Eine Station soll dem Vernehmen nach Berlin sein. Ich gehe also davon aus, dass auch dort eine Sinfonie gespielt und aufgenommen wird. Aber wie soll das klingen? Das Haus, wo ich viele Konzerte besuchte, ist akustisch außerordentlich problematisch. Bruckner in originaler Besetzung liefe Gefahr, klanglich zu kollabieren. Es war ein so lange Weg bis zur Anerkennung von Bruckner, dessen Sinfonien ich nicht für sakrale Werke erachte - auch wenn sie von einem tiefen Glauben getragen und inspiriert sind. Warum soll er zurückgegangen werden? Das Projekt halte ich für eine ganz hübsche Idee, die in die Zeit passt. TV-Sender in aller Welt werden es tüchtig vermarkten. Auch Hans Albert Courtial braucht Geld für seine Fondazione. Er ist schließlich Unternehmer. Ich bin also voll und ganz auf der Seite der Kritiker, die sich zu Wort meldeten.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Das Haus, wo ich viele Konzerte besuchte, ist akustisch außerordentlich problematisch. Bruckner in originaler Besetzung liefe Gefahr, klanglich zu kollabieren.

    Lieber Rüdiger,


    ich kann jederzeit bestätigen, daß sinfonische Konzerte mit großer Besetzung nicht in jeder Kirche ein Genuß sind. Ich habe in der Frauenkirche Dresden Bruckner 1 mit der Dresdener Philhamonie und seine 8. mit der Accademia di Santa Cecilia Roma erlebt, und es war optisch ein Genuß, musikalisch nur bedingt. Der extreme Nachhall war bei den langsamen Streicherpassagen besonders im Adagio der 8. hervorragend und aufwühlend, aber in der machtvollen Steigerung des Adagio bis zum Beckenschlag und noch viel mehr beim Finale des 4. Satzes schon grenzwertig für die Ohren.


    Bach oder Händel in der Frauenkirche habe ich trotz wenig Zugang zur Barockmusik angenehmer im Ohr behalten, auch der Elias ist für die akustischen Besonderheiten besser geeignet. Aber das sagt ein Laie.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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