Jussi Björling - Eine Jahrhundertstimme

  • Keiner hat diese Stimmkultur und diesen Glanz in der Höhe (in dieser Arie) wie Björling. Als ich anfing, Oper zu hören (in den 50-ern) gab es noch Programmzeitschriften für Radioprogramme. Wenn diese Arie mit Björling angekündigt war, bin ich zur angegeben Zeit vom Fußballspiel weggerannt, habe meine Freunde versetzt, nur um diese Stimme zu hören. Das ist bis heute so geblieben, nur daß ich jetzt bestimmen kann, wann ich Björling diese Arie singen hören will. Und das ist oft, sicherlich 5-6 mal im Jahr.


    Ist das nicht schön, lieber LaRoche, dass wir heutzutage Björling hören können wann immer wir wollen?


    Bei mir laufen heute den ganzen Tag ausschließlich Aufnahmen von Jussi Björling. Er hat heute Geburtstag. Ich glaube, dass er 1911 geboren wurde. Ein runder Geburtstag ist es auf jeden Fall nicht.
    Ich bin mir ziemlich sicher , dass niemand sagen kann, dass er alles kennt und besitzt, was an Aufnahmen und Mitschnitten von Björling existiert. Aber ich habe auf jeden Fall verdammt viel davon. Er ist für mich eigentlich der wichtigste Tenor der letzten 80 Jahre!


    Wenn ich jetzt den PC schließe, lege ich mir das Requiem von Verdi unter der Leitung von Toscanini auf!
    Als Einstimmung eine Aufnahme des "Cujus animam" aus Rossinis "Stabat mater"!


    Beste Grüße


    Caruso41


    PS.: Dass Björling hier im Forum in der Nische "SCHELLACKSCHÄTZE - FENSTER IN DIE VERGANGENHEIT" abgestellt wurde, ist eigentlich blamabel! Vermutlich hat er mehr seiner Aufnahmen auf LP als auf Schellack aufgenommen! Der Thread sollte dringend in das Kapitel "DIE BERÜHMTE STIMME - SÄNGERPORTRAIT" verschoben werden!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich habe ja von Oper zugegebenermaßen wenig bis gar keine Ahnung, aber meine "großen drei" unter den Tenören sind:


    Pavarotti, Wunderlich und... Björling!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Wie es der Zufall will, hörte ich gestern Abend folgende Turandot mit Björling als Kalaf in Vinyl. Bei mir gehört Björling zu den "Big five". Hier die CD-Ausgabe:

    W.S.

  • Die beiden CDs dürfen in einer gut sortierten Björling-Sammlung nicht fehlen:
    61OUGvcikaL._AC_US218_.jpg und
    Es handelt sich um eine große Auswahl seiner EMI-Aufnahmen aus den 1930er Jahren. Da war er, wenn überhaupt möglich, noch besser bei Stimme als in seinen Nachkriegsaufnahmen, die hauptsächlich bei RCA erschienen sind. Auf der recht abgebildeten CD befindet sich eine "Adelaide", deutsch gesungen, aus 1938, die für meinen Geschmack niemals erreicht oder gar übertroffen wurde. Da sind kleine Fehler bei der Aussprache absolut unwichtig.
    Aus seiner reichen RCA-Hinterlassenschaft sind, neben der schon genannten Duett-CD mit Robert Merrill, folgende Ausgaben besonders interessant (und vor allem z.Zt. für einen lächerlichen Preis bei Amazon erhältlich):
    51t7zUeo1KL._AC_US218_.jpg und51Yn9hUBH+L._AC_US218_.jpg
    Die berühmte TURANDOT unter Erich Leinsdorf von 1959, in der Björling einen wunderbaren Kalaf singt, gibt es auf CD auch in dieser Ausgabe, die mit einem umfangreichen, illustrierten Textbuch versehen ist, mit dem kompletten Libretto (auch in deutsch) und mehrere lesenswerte Beiträge über die Entstehung der Oper, den Inhalt sowie einen Essay des Produzenten Richard Mohr über die Aufnahme im heißen Sommer 1959 in Rom bereit hält. Sehr empfehlenswert!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat

    Caruso41: Wenn ich jetzt den PC schließe, lege ich mir das Requiem von Verdi unter der Leitung von Toscanini auf!
    Als Einstimmung eine Aufnahme des "Cujus animam" aus Rossinis "Stabat mater"!


    Hallo, Caruso! Diese Aufnahme habe ich momentan nicht zur Hand. Aber folgende Aufnahme höre ich auch sehr gerne und lege sie gleich auf den Plattenteller:


    Zitat

    W.S.

  • Ist das nicht schön, lieber LaRoche, dass wir heutzutage Björling hören können wann immer wir wollen?

    Lieber Caruso41,


    habe gerade gemerkt, daß ein Beitrag von mir als Antwort auf Deine Nr. 61 nicht gekommen ist. Wahrscheinlich habe ich da gerade gepennt.


    Auch bei mir lag am Montag einiges von Jussi Björling auf dem Teller. Duette mit Robert Merill, Auschnitte aus Gounods Romeo et Juliette, natürlich der Rodolfo, auch Kalaf. Und einige Lieder von Strauss. Ich muß gestehen, daß mir die lyrischen Lieder am besten gefallen. Die Strauss-Lieder sind extrem klar in der Stimme, da stört mich ein kleiner Akzent überhaupt nicht. Als Romeo wunderbar, in der Boheme sowieso.


    Nicht begeistert bin ich von der Manrico-Stretta. Da bin ich doch heldischere Töne gewöhnt, und mein persönliches Erlebnis mir Rosvaenge hat mich da voreingenommen gemacht (obwohl mir dessen Vokladehnungen heute auch nicht mehr so zusagen). Aber es ändert nichts, bei mir gehört Björling in die Top 10, vielleicht sogar Top 5 der Tenöre. Schön, daß wir heute solche Möglichkeiten haben, seiner Stimme immer dann zu lauschen, wenn es uns danach ist.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Er ist für mich eigentlich der wichtigste Tenor der letzten 80 Jahre!


    Diesen Satz von Caruso41 kann ich nur unterstreichen. Leucht- und Strahlkraft seiner Stimme sind für mich ganz einfach unerreicht.

    Nicht begeistert bin ich von der Manrico-Stretta. Da bin ich doch heldischere Töne gewöhnt


    Hallo, LaRoche,


    nun gibt es ja von Björling mehrere Version der Stretta. Welche meinst Du konkret?
    Für mich ist Björlings Darstellung des Manrico in seiner GA von 1952 unter Renato Cellini schlicht nicht zu toppen:


    Da sind IMO die von Caruso geforderten vier besten Sänger der Welt versammelt! Cellini dirigiert vielleicht etwas plakativ, aber das kann die sängerische Qualität der Aufnahme nicht schmälern.
    Was Björlings Stretta in dieser Aufnahme angeht, so erlaube ich mir, Jürgen Kesting aus "Die großen Sänger" zu zitieren: "Die Stretta singt er mit fulminantem Schwung, präzisen Gruppetti, großer Schallkraft und stets konzentrierter Tongebung." Besser kann man das nicht sagen, sondern nur bedauern, daß er die Wiederholung nicht singt.
    Dagegen enttäuschen sowohl Giuseppe di Stefano (in der Karajan-Aufnahme mit Callas, EMI) und noch mehr Mario del Monaco (unter Erede, Decca). Letzterer schreit mehr als er singt, und das hohe C rutscht ihm förmlich in den Hals.
    Von Helge Rosvaenge, den ich sehr schätze, kenne ich nur die Stretta unter Arthur Rother von 1942 von dieser CD:



    Da singt er in der Tat glänzend, vielleicht noch eine Spur metallischer als Björling. Aber einmal stört (mich) das relativ schleppende Tempo des Dirigenten, und zum zweiten die deutsche Sprache. Rosvaenges Vokaldehnungen sind schon gewöhnungsbedürftig, waren aber so etwas wie sein Markenzeichen. Die CD enthält ausschließlich Verdi-Stücke, am besten gefallen mir da die Auszüge aus "Don Carlos" und "Die Macht des Schicksals" (mit Heinrich Schlusnus, Tracks 8 und 13) und Othellos Tod (Track 14).


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • nun gibt es ja von Björling mehrere Version der Stretta. Welche meinst Du konkret?

    Lieber nemorino,


    nun habe ich mir einige Strettas mit Björling angehört, und offensichtlich habe ich vorgestern eine spätere Aufnahme erwischt. Ich habe Deine eingestellte Aufnahme aus 1942 gehört, dann eine Live-Aufnahme aus der Met 1941. Und nun gebe ich Dir recht, er konnte auch Stretta. Und wie.... Glänzend, höhensicher, heldisch.


    Da singt er in der Tat glänzend, vielleicht noch eine Spur metallischer als Björling. Aber einmal stört (mich) das relativ schleppende Tempo des Dirigenten, und zum zweiten die deutsche Sprache. Rosvaenges Vokaldehnungen sind schon gewöhnungsbedürftig, waren aber so etwas wie sein Markenzeichen.

    Rosvaenges Markenzeichen der gedehnten Vokale war entweder eine Manie oder einfach seinem dänischen Dialekt geschuldet. Manchmal stört es schon, auch mich. In der von Dir genannten Stretta (hab ich auf Platte) ist das Tempo tatsächlich zögerlich, zudem fällt laut meinem Gehör das letzte hohe "C" um etwa einen viertel Ton ab. Im Internet existiert eine sogenannte private Aufnahme aus Bremen (die fürchterlich kratzt), da ist das "C" nicht evtl. Luftmangel geschuldet, oder was sonst die Ursache sein sollte. Vielleicht sind es auch meine Ohren.
    Ich bin mit der Rosvaenge-Stretta aufgewachsen und habe ihn 1957 noch live erlebt. Nach der Stretta mußte er einen Zugabe singen, und der Applaus endete erst nach dem Herablassen des eisernen Vorgangs. Das war am 7.12.1957 in Gera. Solch eine Begeisterung habe ich nie wieder erlebt, in keiner anderen Oper, an keinem anderen Theater. So was bleibt unvergeßlich, ich kenne sogar noch alle anderen Sänger bis hin zum Ruiz beim Namen.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich habe Deine eingestellte Aufnahme aus 1942 gehört, dann eine Live-Aufnahme aus der Met 1941.



    Lieber LaRoche,


    ich denke, Du meinst 1952, aus diesem Jahr ist die GA. Sie ist auch klanglich sehr gut gelungen. Fast noch eine Spur besser als Björling, wenn das überhaupt möglich ist, gefällt mir hier Zinka Milanov als Leonora. Besonders ihre Arie vom Beginn des 4. Aktes "D'amor sull'ali rosee" ist traumhaft schön, sie singt dort Pianissimo-Spitzentöne, die "Gänsehaut-Faktor" haben! (Aber das gehört eigentlich in einen anderen Thread).
    Die Live-Aufnahme aus der Met von 1941 kenne ich nicht, aber eine weitere Studio-Version aus 1939, die hier enthalten ist:

    Auch da ist er in Top-Form, 1.40 Min. erfüllten Gesangs.


    Liebe Grüße,
    Nemorino


    P.S.: Auf Rosvaenge komme ich noch in seinem Thread.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Meine erste Begegnung mit Björling in Jugendtagen war das Duett Nadir-Zurga mit Robert Merrill. Davon bekam ich stets Gänsehaut.


    Ich bin von dieser Einspielung total begeistert.


    Sie stellt für mich die Idealbesetzung der Bohème dar, noch vor Freni/Pavarotti, die ich auch sehr schätze.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Vor einigen Jahren konnte ich die von Siegfried eingestellt 'Boheme' günstig erwerben. Vor einigen Tagen habe ich sie mal wieder hervorgekramt (unbeabsichtigt, dann aber bei ihr hängen geblieben!). Tatsächlich musste ich feststellen, dass ich überhaupt keine Erinnerung mehr an die erste Bekanntschaft mit dieser Einspielung hatte und jetzt, Mono hin oder her, vollkommen überrascht war, wie lebendig sie mir ins Gehör drang...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Die Live-Aufnahme aus der Met von 1941 kenne ich nicht, aber eine weitere Studio-Version aus 1939, die hier enthalten ist:

    Lieber nemorino,


    bei youtube zu finden. Kann leider jetzt nichts einstellen, bin in Eile. Meine Frau scharrt schon mit den Hufen, und da hat sie recht.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber LaRoche,


    habe mir die Live-Aufnahme von 1941 auf Youtube inzwischen angehört. Danke für den Tip! Auch hier beweist Björling, welch ein Ausnahmetenor er war. Einfach toll! :hail: :hail: :hail:

    Sie stellt für mich die Idealbesetzung der Bohème dar, noch vor Freni/Pavarotti



    Hallo, Siegfried,


    da liegen wir ganz auf einer Wellenlänge. Ich besaß sie bereits auf LP, und später landete dann diese CD-Version in meinem Regal: :jubel: :jubel: :jubel:




    An zweiter Stelle steht für mich diese Bohème:

    mit Renata Tebaldi (Mimi), Gianna d'Angelo (Musetta), Carlo Bergonzi (Rodolfo), Ettore Bastianini (Marcello) und, last not least, Cesare Siepi (Colline)
    Chor und Orchester der Accademia di Santa Cecilia Rom, Dirigent: Tullio Serafin (Aufnahme: Rom 1959, Stereo). :jubel: :jubel:
    Das Solistenquartett ist noch ein wenig homogener als bei Beecham, und Siepi als Colline ist ganz unschlagbar. Die Karajan-Aufnahme mit Freni/Pavarotti rangiert bei mir erst auf Platz 3.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Dass ein Thread nach so langer Pause wieder aufersteht wie Phönix aus der Asche, spricht schon allein für die Qualität des Gegenstands. Und da kann ich auch nicht widerstehen, meine vielen beglückenden Stunden mit dieser Stimme ans Licht zu heben.
    Von allen Tenören, die mir je begegnet sind, hat kaum ein anderer bei mir immer wieder so ungetrübte Freude ausgelöst wie Jussi Björling. Besonders zwei Gesamtaufnahmen haben mich lebenslang begleitet: die Beachum-Bohème und der Cellini-Trovatore.
    Mit ersterer verbinden mich zwei Gastspiele in Stuttgart Ende der Fünfziger: Leider waren es zwei getrennte Aufführungen der Bohème: einmal mit Björling, das andere Mal mit De los Angeles. (Beide zusammen war wohl zu teuer.) Das löste bei mir dann den Kauf der Beecham-Eispielung aus, wo sie beieinander sind. Die beiden Stimmen passen so ideal zusammen, dass es ein ungetrübter Genuss ist, sie zusammen zu hören.
    Die Trovatore-Einspielung mit den "vier besten Sängern der Welt" lege ich oft auf, wenn ich mich eine ganze Oper lang nicht über Sänger ärgern will: über technische Schwächen, über Unarten, über Mittelmaß jeder Art. Hier stimmt einfach alles. Und bei dieser Oper muss der Dirigent auch nicht überragend sein - ein guter Begleiter tut´s auch.
    Björling ist für mich die Inkarnation von Musikalität, Klangschönheit und fokussiertem Stimmsitz. Ein Stimmenkenner wie Jürgen Kesting hat mir dann später in seinen Rundfunkvorträgen noch weitere Details über diese Stimme vermittelt.
    Ein biografischer Treppenwitz ließ ihn auch noch im gleichen Alter sterben wie Enrico Caruso.
    Jede Kritik wird angesichts dieser Stimme zur Mäkelei - meint (sogar!), mit herzlichen Grüßen, Sixtus