BOIELDIEU, Francois Adrien: LE CALIFE DE BAGDAD

  • François Adrien Boieldieu ( 1775 – 1834 )
    Le Calife de Bagdad
    (Der Kalif von Bagdad)


    Komische Oper in einem Akt
    Libretto: Claude Godard de Saint-Just
    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: Paris 1800

    PERSONEN DER HANDLUNG

    Isauun, Kalif von Bagdad, Tenor
    Lémaïde, eine verarmte Witwe, Sopran
    Zétulbé, ihre Tochter, Sopran
    Kèsie, Lémaïdes Dienerin und Freundin von Zétulbé, Sopran
    Yémaldin, Lémaïdes Neffe, in den Diensten des Kalifen, Bariton
    Ein Kadi, Bass
    Ein Richter, Tenor
    Anführer von Isauuns Gefolge, Bass
    Isauuns Hofstaat, Wachen


    Ort und Zeit der Handlung: Bagdad, Märchenzeit


    INHALTSANGABE
    Ein Zimmer im Haus Lémaides
    Zétulbé erzählt ihrer Freundin Kèsie, nachdem diese versichert hat, nichts zu verraten, von einem jungen Mann, der sie aus den Händen einer Räuberbande gerettet hat und in den sie sich verliebt hat. Sie habe es ihrer Mutter erzählt, doch das errege, nach allem, was diese erlebt habe, nur deren Misstrauen. Daher habe sie sich bisher nur aus der Ferne mit ihm verständigen können, wenn er im Schutz der Dunkelheit auf dem Platz vor ihrem Fenster erschienen sei. Die Mutter habe den Werber stets zurückgewiesen.
    Késie geht und Yémaldin, der in den Diensten des Kalifen steht, erscheint. Er erzählt, dass er ihrer Mutter etwas Wichtiges zu sagen habe. Zétulbé entfernt sich, um Késie zu beauftragen, die Mutter zu suchen, die gerade nicht anwesend ist.
    Von Yémaldin erfahren wir nun, dass der Kalif sehr wachsam sei, häufig allein und in wechselnder Verkleidung in die Stadt gehe und dabei manchmal auch in unangenehme Situationen gerate.
    Zétulbé kommt mit ihrer Mutter und Késie zurück und Yémaldin warnt davor, dass der Mann, den sie zurückgewiesen habe, beleidigt sei und nun – wie er von einem Freund erfahren habe - die Gelegenheit suche, sie zu ruinieren. Das beunruhigt Lémaïde nicht, sie wolle nur ihre Tochter vor diesem alten und hässlichen Mann - als der er ihr (verkleidet) erschienen ist - retten. Und ruinieren könne man sie nicht mehr, sie sei es bereits. Alles Zureden hilft nicht. Nun muss Yémaldin schnell wieder in den Palast. Alle – außer Késie - gehen ab.
    Diese bedauert, die Liebe noch nicht wie Zétulbé erfahren zu haben und stellt ihre Talente mit Gesang und Tanz vor.
    Isauun kommt und bittet Késie, Lémaïde mitzuteilen, dass er sie sprechen möchte. Diese geht ihren Auftrag erfüllen.
    In einem Monolog bekennt Isauun, dass er volles Verständnis für das Verhalten Lémaides hat, weil um diese Zeit auch die Steuereinzieher ausschwärmten und er in der Verkleidung nicht als der Kalif erkennbar sei. Entgegen der Meinung seiner Berater sei es aber nicht nur ein Abenteuer, das er suche, sondern er liebe Zétulbe, wolle sie und ihre Mutter von dem unglücklichen Schicksal befreien, in das sie gefallen sind, und sie zu sich erheben.
    Lémaide kommt und stößt einen Schreckensschrei aus, als sie den Fremden sieht. Im folgenden Dialog fällt er direkt „mit der Tür ins Haus“: Sie habe eine Tochter und die wolle er noch heute Abend heiraten. Lémaide erklärt ihn für verrückt und will ihn des Hauses verweisen, damit die Tochter, die gleich komme, nicht auch noch in Schrecken verfalle.
    Diese kommt und stößt einen Schrei aus, als sie ihren Geliebten erkennt. Im folgenden Terzett deutet die Mutter das Verhalten der Tochter als Angst, während diese vor Glück errötet und Isauun erkennt, dass auch sie ihn liebt.
    Zétulbe erklärt, dass dies der Mann sie, von dem sie ihrer Mutter erzählt habe. Der Kalif stellt sich unter dem Namen Il Bondocani vor, den auch die Behörden als seinen Decknamen kennen. Aber Lémaide ist nicht zu überzeugen. Solch einen Mann soll sie ihrer Tochter geben, nachdem sie schon den – wie sie glaubt – älteren Emir abgewiesen hat? Sie verweist ihn noch einmal des Hauses.
    In diesem Augenblick erscheint der Kadi, der Schulden von Lémaide eintreiben will. Sie kann nicht zahlen, bittet ihn jedoch, sie von dem bei ihr eingedrungenen Spitzbuben zu befreien. Der Kadi will jedoch davon nichts wissen, sondern nur ihre Zahlungsverweigerung zu Protokoll nehmen. Da schreitet der Kalif ein und verbietet es ihm. Als er dem Kadi auch noch einen Geldbeutel überreicht, wird dieser stutzig und fragt Lémaide nach dem Namen des Fremden. Als sie ihm diesen nennt, erkennt er, wen er vor sich hat. Aber ehe er den Kalifen verraten kann, gibt dieser ihm ein Zeichen, sich zu entfernen. Der Kadi eilt fort, ohne den Geldbeutel mitzunehmen.
    Nun will Lémaide natürlich wissen, warum der Kadi bei der Nennung des Namens den Kopf verlor und dem Fremden gehorchte. Sie gibt ihm den Geldbeutel, damit er ihn wieder mitnehme. Doch er weigert sich. Sie solle von dem Geld den Kadi bezahlen und den Rest als Geschenk für die Hochzeit annehmen. Er selbst werde jetzt gehen, um sich für die Hochzeit vorzubereiten und komme heute Abend wieder, um bei ihnen zu speisen. Lémaide widerspricht, aber er lässt keinen Widerspruch zu und geht.
    Lémaide bleibt skeptisch, obwohl ihre Tochter sie mit einer Liebesromanze zu überzeugen versucht.
    Es ist Abend geworden. Plötzlich erhebt sich ein Lärm. Höflinge des Kalifen dringen ein, bringen Schmuck, Teppiche, Leuchter, Schalen mit Früchten und mehr. Sie beginnen, das Haus zu schmücken. Ein Diener bringt eine Kassette mit 5000 Zechinen. Und als Lémaide fragt, wer das alles veranlasst habe, erhält sie die Auskunft: Il Bondocani. Zwar versucht Lémaide den Diener nach Stand des Fremden auszuforschen, doch dieser verrät nichts. Dann entfernen sich die Höflinge.
    Lémaide kann das alles noch nicht begreifen, aber Zétulbe schöpft neue Hoffnung. Doch diese wird sofort wieder zerstört, denn Késie stürzt herein und berichtet, der Fremde sei der Anführer einer Räuberbande und werde verfolgt. Alle die Gegenstände, die hierher gebracht wurden, seien Raubstücke, die er in ihrem Haus verbergen wolle. Zétulbe hält das für eine Verleumdung.
    Schon erscheint der Kalif, aber Lémaide befiehlt ihm, sofort aus dem Haus zu fliehen. Doch er lässt sich trotz aller verzweifelten Versuche Lémaides nicht beirren, sondern bittet Mutter und Tochter an den gedeckten Tisch. Ein Lärm erhebt sich auf der Straße und Késie berichtet, dass die Justiz vor dem Haus stehe. Aber der Kalif stimmt ein fröhliches Liebeslied an, während die Frauen vor Furcht zittern.
    Da tritt auch schon der Richter mit seinem Gefolge ein und befragt Isauun streng nach seinem Namen. Als dieser Il Bondocani nennt, fallen alle vor ihm auf die Knie. Im folgenden Ensemble drückt Lémaide ihre Verwirrung aus, glaubt Zétulbe in einem Traum zu sein, zeigt auch der Chor (Richter und Gefolge) seine Überraschung und Isauun amüsiert sich.
    Nachdem er ihnen den Irrtum vergeben hat, zieht sich der Chor und auch Késie zurück.
    Zwar scheint Lémaide nach allem jetzt überzeugt, dass er ein ehrlicher Mann ist. Er muss ihr jedoch bestätigen, dass die Kassette, die sie für ein Eigentum des Kalifen hielt, ihm gehöre. Dann kommt die Rede auf den Kalifen, den Lémaide, die ja immer noch nicht seine Identität kennt, für einen leichtfertigen Burschen hält, der sie, nachdem ihr Mann für ihn im Krieg gefallen ist, völlig im Stich gelassen habe. Isauun bezeichnet das als Unrecht und, da sie von dem Kalifen nichts erbitten will, beteuert er, dass dies der Anlass sei, alles zu erhalten.
    Késie kündigt Yémaldin an und Isauun erklärt der erstaunten Lémaide, dass er ihn bereits erwarte, sowie die Spielleute, die zur Hochzeitsfeier aufspielen sollen. Dann zieht er sich in ein Nebenzimmer zurück.
    Yémaldin kommt und berichtet, dass er zum Emir befördert worden sei. Außerdem sagt er Lémaide, dass all die Gegenstände, die heute gebracht wurden, nun ihr gehören. Doch diese kann nach all den Wundern, die sie heute erlebt hat, nichts mehr in Erstaunen versetzen.
    Als Yemaldin hört, dass der Fremde sich um diese späte Stunde noch im Haus befindet, will er in seiner Eigenschaft als Emir ihn bestrafen und zieht seinen Säbel, um ins Nebenzimmer einzudringen. Doch als man ihm den Namen Il Bondocani nennt, beglückwünscht er die Frauen.
    Da dringt auch der Chor der Höflinge ein und gruppiert sich vor dem Nebenzimmer. Schließlich teilt sich der Chor und aus der Mitte tritt Isauun - jetzt als Kalif gekleidet – hervor und bittet um die Hand Zétulbes. Die Oper endet mit einem Jubelchor.


    © Copyright by Gerhard Wischniewski


    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Anmerkung:
    Diese erste Oper von Boieldieu wurde bei Ihrer Uraufführung ein Erfolg und war auch Jahrzehnte im Repertoire der Opera Comique. Außerhalb Frankreichs wurde sie teilweise – auch inhaltlich – bearbeitet. In der deutschen Fassung von 1939 erhielten z.B. die Rollen andere Namen: Der Kalif = Harun al Raschid, Zetulbe = Zobaide, Késie = Fatime, Yémaldin = Messur. Auch das Thema wurde von anderen Komponisten aufgegriffen (z.B. Rossini in „Adina ossia Il Califfo di Bagdad). Sie wird heute leider - wie auch seine weltbrühnmte Oper "Die weiße Dame" nur noch selten aufgeführt.
    Die Ouvertüre zu dieser Oper als Einzelkonzertstück kennen sicher die meisten Opernfreunde. Eine ältere recht teure CD-Aufnahme ist
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    Diese Aufnahme sowie eine italienische Version der Oper kann man sich auch auf Youtube anhören.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    Einmal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Lieber Gerhard!


    Diese Aufnahme besitze ich auch. Die Besetzung ist zwar nicht erstklassig, doch diese Oper ist auf jeden Fall hörenswert.



    Bitte auf den Punkt gehen, dann erscheint das Cuver. Leider ist der Neupreis heller Wahnsinn, doch gebraucht ist der Preis noch gerade erträglich.



    Bitte einfach an die ASIN noch ein ;lo dranhängen, dann kann man besser zielen ;)
    Reinhard

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    die Version, die du aus youtube eingestellt hast, ist die italienische Fassung, die ich in den Anmerkungen gemeint habe. Auch dort sind die ursprünglichen Namen geändert.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die Ouvertüre zu dieser Oper als Einzelkonzertstück kennen sicher die meisten Opernfreunde.


    Guten Morgen, Gerhard Wischniewski,


    mir ist die reizende Ouvertüre zu dieser Oper seit meinen Jugendtagen bekannt. Mit dieser 45er EP habe ich sie erstmals kennengelernt. Sie befindet sich noch in meiner Plattensammlung, die ich aber aus Platzmangel leider großenteils auslagern mußte, weshalb sie nicht ganz leicht zugänglich ist:

    Fritz Lehmann, von dem gestern schon in einem anderen Thread die Rede war, dirigiert die Bamberger Symphoniker. Es ist eine Mono-Aufnahme von ca. 1954. Leider habe ich sie sehr lange nicht gehört, aber die Eingangstakte habe ich noch genau im Ohr - sie erinnern mich immer an die Romanze "Komm o holde Dame" aus Boieldieus Oper "Die weiße Dame", die so wunderbar von Josef Traxel gesungen wurde!
    Es ist sehr bedauerlich, daß alle diese eingängigen, schönen Werke, wie auch die Spielopern von Lortzing oder Maillarts "Das Glöckchen des Eremiten" mit der schönen Arie "O schweige still", fast ganz aus dem Repertoire verschwunden sind. Aber - wer weiß, was die herrschende Regietheater-Mafia daraus gemacht hätte! Das möchte ich lieber nicht zu Ende denken ....


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat

    Zitat von Nemorino: Aber - wer weiß, was die herrschende Regietheater-Mafia daraus gemacht hätte! Das möchte ich lieber nicht zu Ende denken ....

    Lieber Nemorino,


    das gehört zwar nicht hierhin, aber wenn du dieser Tage im Fernsehen gesehen hättest, was diese Mafia aus der schönen Feenoper "Oberon" gemacht hat, dann brauchst du garnicht mehr weiterzudenken, was aus dieser und all den von dir genannten Opern geworden wäre.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    ..... das habe ich tatsächlich nicht gesehen! Im allgemeine schalte ich erst gar nicht ein, wenn eine Oper übertragen wird, denn man weiß ja schon mit fast 99 %iger Sicherheit, was einen erwartet. Ansonsten ist zum Glück immer der Aus-Knopf in greifbarer Nähe.


    Auch von mir liebe Grüße,
    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).