Salome, die Tochter der Herodias, Prinzessin von Judäa.

  • Jetzt erst habe ich entdeckt, dass es ja noch eine dritte Aufnahme unter Karl Böhm gibt (Wiener Staatsoper, 22.12.1972):



    Liest man die Rezensionen, dann soll das sogar eine der besten Interpretationen der Oper sein. Wie schlägt sich Leonie Rysanek denn im Vergleich? Die übrige Besetzung liest sich ebenfalls hochkarätig.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nachdem ich mir die oben gezeigte Aufnahme mittlerweile besorgt und gestern Nacht auch komplett angehört habe, kann ich die Frage selbst beantworten. Kurzum: Leonie Rysanek ist zwar gut, aber erscheint sie mir nicht als ideale Rolleninterpretin der Salome. Dazu klingt sie mir zu ältlich und fehlen ihr die ekstatischen Ausbrüche, welche diese Rolle m. E. verlangen. Wieviel exaltierter bringt etwa Teresa Stratas "Gib mir den Kopf des Jochanaan!" Auch der Schlussgesang erreicht leider nicht ganz die Intensität, die ich von der Stratas kenne (von der Welitsch ganz zu schweigen). Die übrigen Rollen sind gut bis sehr gut besetzt (Hans Hopf als Herodes, Grace Hoffman als Herodias, Eberhard Waechter als Jochanaan, Waldemar Kmentt als Narraboth). Böhms Dirigat des Wiener Staatsopernorchesters ist erstklassig. Es gibt einige wenige minimale Unsauberkeiten, aber das ist eben der Live-Situation geschuldet. Daher auch ein zwar gutes, aber nicht ganz ideales Klangbild (manches klingt doch etwas in den Hintergrund gerückt). Es handelt sich übrigens um den Mitschnitt der Premiere der noch heute laufenden Inszenierung von Boleslaw Barlog. Insgesamt muss ich aber konstatieren, dass Böhms Studioeinspielung von 1974 (Unitel-Film) vorzuziehen ist, da eigentlich in allen Belangen überlegen: Orchester makellos, Sänger alle noch besser und auch klanglich idealer.


    So bleibt als mein Ranking der drei Aufnahmen von Böhm:


    1. Stratas, Weikl, Beirer, Varnay; Wiener Philharmoniker (DG/Unitel, 1974)
    2. Rysanek, Waechter, Hopf, Hoffman; Orchester der Wiener Staatsoper (RCA, 1972)
    3. Jones, Fischer-Dieskau, Cassilly, Dunn; Orchester der Hamburger Staatsoper (DG, 1970)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões