Bayreuther Festspiele 2018 - Harteros, Alagna, Meier und Domingo(!)

  • Interessant finde ich vorallem, dass Placido Domingo als Dirigent der Walküre fungiert...
    Ist er als Dirigent schon so etabliert oder ist's nur Marketing? Und dann gleich ne Wagner-Oper...


    LG
    Christian

  • Interessant finde ich vorallem, dass Placido Domingo als Dirigent der Walküre fungiert...


    Dass in Bayreuth nächstes Jahr die "Walküre" gleich dreimal separat gegeben wird, ist ein Tabubruch. Nun bin ich grundsätzlich für Tabubrüche, weil damit auch Verkrustungen aufgebrochen werden können. Bayreuth täte das gut. Die Frage ist, ob das nun auf diese Weise geschehen muss? Schließlich wurde das Festspielhaus nur für einen einzigen Zweck errichtet: den "Ring des Nibelungen" geschlossen aufzuführen. In der Vergangenheit wurde die "Walküre" vor allem an deutschen Opernhäuser gern mal einzeln gegeben, weil irrtümlicher Weise davon ausgegangen wurde, sie sei das populärste und gängigstes Stück des Zyklus. Dieser Meinung bin ich nicht. Zum Glück trifft man nur noch selten auf diese wenig sinnvolle Praxis. Nun soll sie ausgerechnet in Bayreuth aufleben.


    Mein Eindruck ist, es wird nach einem schrillen Event gesucht. Den glaubt man mit Domingo am Pult schon mal sicher. Wenn sich da nur nicht getäuscht wird. Die alten Herren, die je im verdeckten Orchestergraben gewaltet haben, werden angesichts dieser Personalie in ihren Särgen rumpeln. In Bayreuth trat in der Regel die Elite vor das Orchester, nie aber ein Hobbydirigent. :no: Und Goerne als Wotan? Sein konzertanter Auftritte in Hongkong, den es auch bei Naxos auf CD gibt, hat mich nicht überzeugt. Ich hatte mir viel mehr versprochen.


    Kurz und gut: Ich würde mich nicht für umsonst durch diese "Walküre" sitzen wollen. Hingegen ist der neue "Lohengrin" vielversprechend, wenn denn tatsächlich Alberto Alagna die Titelrolle singt. Auf ihn wäre ich gespannt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Auch Bayreuth beugt sich ganz offensichtlich den Forderungen der Event-Gesellschaft. Besser und glaubwürdiger wäre das Bemühen um höchste Qualität auf dem Grünen Hügel. Es sollte wieder eine besondere Ehre sein, in Bayreuth wirken zu dürfen. Solange die Festspiele ihre Sonderstellung bei der Aufführung von Wagneropern nicht wieder erlangen bleibt nur das Prestige für Mitwirkende und Bayreuthbesucher, eben auch mal in Bayreuth gewesen zu sein. Glanz und Glimmer zu versprühen können die Salzbuerger Festsüiele allemal besser. Die Bayreuther Festspiele müssen dringend darum ringen, ein Alleinstellungsmerkmal (USP) zu schaffen. Nur eine solche nachhaltige Strategie kann Bayreuth davor retten, im algemeinen Festspielrummel und -tourismus ein Ereignis unter gleichrangigen oder exklusiveren zu sein..


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Die Bayreuther Festspiele müssen dringend darum ringen, ein Alleinstellungsmerkmal (USP) zu schaffen.


    Lieber operus, das wird wohl ein Wunsch bleiben. So ein ein Alleinstellungsmerkmal ist in unserer globalisierten Welt nicht mehr möglich - und vielleicht auch nicht mehr erstrebenswert.



    Vor mir liegt dieses neue Buch. Nach flüchtigem Studium bin ich in meiner Auffassung bestärkt worden, dass es in Bayreuth nur eine relativ kurze Phase gab, in der dieses Merkmal zutage trat. Dann machten es alle nach. Später wurde der Chereau-Ring, der für mich auch diese Einmaligkeit hatte, nachgemacht. Herausgekommen sind diese irritierenden Versuche, um jeden Preis etwas Neues zustande bringen zu wollen. Einmaligkeit ist nun mal kein dauerhafter Zustand. Wie sagte doch der alte Rolf Liebermann? Gott schütze uns vor Chereau in der Provinz. Recht hatte er. Und wenn sich inzwischen gar chinesischer Wagner, grottenschlecht gesungen und kitschig arrangiert (von Inszenierung möchte ich nicht sprechen) als eine Ideal auch für Deutschland herbeigesehnt wird, dann sehe ich die Wagner-Rezeption an ihrem vorläufigen Ende angekommen. Wagner bräuchte mal Ruhe. Er ist überinszeniert, ausgelutscht, ausgesungen und ausgewrungen. Da kommt im Moment nicht mehr viel heraus.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Volle Zustimmung meinerseits zu den Beiträgen von Rheingold und Operus!


    Aber bei der schrillen Katharina wundert mich gar nichts mehr. Es hätte nur noch gefehlt, dass Domingo vom Pult aus auch den Siegmund und den Wotan singt (dramaturgisch wäre das möglich - aber mich fragt ja keiner).
    Dann wären die Walküre-Vorstellungen ganz sicher bald ausverkauft.


    Das Gute an solchen Sachen ist: Man muss nicht dabei sein...


    Genüssliche Grüße von Sixtus

  • Zitat

    Zitat von Sixtus: Das Gute an solchen Sachen ist: Man muss nicht dabei sein...

    Lieber Sixtus,


    das Schlechte aber ist, dass man heute bei fast nichts mehr dabei sein kann. Bayreuth hat längst seinen Glanz verloren und ist zum Event verkommen, wobei die Eröffnung - das ist zwar nicht neu, aber durch das Fernsehen jetzt verstärkt sichtbar geworden - zum Laufsteg der Prominenz geworden ist.
    Nach dem, was Barry Kosky jetzt im Interview über die Inszenierung der "Meistersinger" von sich gegeben hat, werde ich mir wohl kaum die Übertragung im Fernsehen anschauen. Eine Empfehlung für die "großen Lichter" mit der Bitte um eingehende Erklärung für uns "kleine Lichter" zu den Einzelheiten der Inszenierung, aber bitte aus eigener Erkenntnis ohne Hilfsmittel!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Erst abwarten , dann anschauen und erst danach urteilen . Ich werde mir nach der Arbeit die Meistersinger gemütlich auf Sky Arts anschauen.

  • Anschauen werde ich mir die Meistersinger sicher; die Aufführung sendet ja nächste Woche das ör TV. Ich habe vor 10 Tagen Koskys "Jahrmarkt von Sorotschinsk" Inszenierung in Berlin gesehen. Hat mir sehr gut gefallen; die inszenierung war dem teils grotesken Sujet angemessen, komisch aber nicht albern wo nötig und unterhaltsam; originell war die Idee als "Rahmen" das hebräische Lied op 7 Nr. 2 von Ri-Ko in einer Chorfassung zu bringen und als "Zwischenaktmusik" Lieder aus dem Totenliederzyklus. Sehr gute Personenführung. Der Mann kann was. Hoffentlich erliegt er nicht der Versuchung, sich bei Wagner durch Mätzchen zu profilieren.
    Nach Bayreuth fahre ich nicht mehr; wir hatten von den Festspielen sogar Karten für heute angeboten bekommen, aber das Preis-/Leistungsverhältnis stimmt schon lange nicht mehr. KFV als Stolzing muss ich mir auch nicht antun, und Volle find ich auch nicht dolle.
    Angesichts steigender Probleme mit dem Absatz gerade der teuren Karten scheint KW jetzt in Panik zu geraten. Zu dem geplanten Unfug der Verwurstung der Walküre mit einem pensionierten Tenor wurde ja bereits alles gesagt.
    Der konsequente nächste Schritt ist dann wohl ein Gala Abend auf dem Hügel "Best of Festspiele, die Superhits" mit VIP Arrangement und anschliessendem Gala Diner im Beisein der Künstler ab 2500 € die Karte.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Eine Empfehlung für die "großen Lichter" mit der Bitte um eingehende Erklärung für uns "kleine Lichter"

    Lieber Gerhard,


    eine solche Erklärung reicht mir nicht. Ich erwarte die Erläuterung durch eine Lichtgestalt, mindestens. Ein Gott wäre noch besser.

    KFV als Stolzing muss ich mir auch nicht antun, und Volle find ich auch nicht dolle.


    Angesichts steigender Probleme mit dem Absatz gerade der teuren Karten schein KW jetzt in Panik zu geraten. Zu dem geplanten Unfug der Verwurstung der Walküre mit einem pensionierten Tenor wurde ja bereits alles gesagt.

    Lieber Misha,


    die Zeiten, zu denen Bayreuth das Eldorado der Sängerelite war, die sind vorbei. Und da kann man mir einreden was man will, etwas mit der Art zu inszenieren hat das zu tun, die Leute wollen für ihr vieles Geld keine Route 66 oder den Berliner Alex im Ring sehen. Und die Sänger werden schon lange nicht mehr bewundert dafür, daß sie in Bayreuth engagiert werden. Wie soll man sonst erklären, daß man noch vor wenigen Jahren in einer jahrzehntelangen Warteschleife nach Karten anstehen mußte und man heutzutage praktisch an der Abendkasse noch bedient wird? Ein Freund von mir (Prof. Dr. Hans-Jürgen Adler, Mitglied der Wagner-Gesellschaft Dresden), der jedes Jahr nach Bayreuth gefahren ist, hat auch dieses Jahr Karten angeboten bekommen. Er hat sie abgelehnt, weil er diese Qualität der Inszenierung und die höchstens noch durchschnittlichen Gesangsleistungen nicht mehr ertragen kann.


    Ich werde mir diese Meistersinger sicher nicht ansehen. Ich bevorzuge da die schon irgendwo im Forum lobend erwähnte Glyndebourne-Meistersiner, für mich eine der besten Meistersinger aller Zeiten und mindestens bayreuthwürdig.


    Herzlichst La Roche


    PS - in der heutigen Ausgabe der Lokalzeitung (OTZ) steht ein Interview mit dem Dirigenten der Meistersinger (Philippe Jordan), der natürlich alles, vom Inszenierer Kosky über die Sänger bis zum Orchester (was wahrscheinlich stimmt) über den grünen Klee lobt. Überzeugt hat mich sein Lobgesang nicht, eher abgestoßen. Und das, obwohl ich Jordan als Dirigenten eigentlich sehr mag. Seine 9. Mahler aus dem Berliner Konzerthaus mit einem Jugendorchester war für mich eine überzeugende Leistung.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Wie soll man sonst erklären, daß man noch vor wenigen Jahren in einer jahrzehntelangen Warteschleife nach Karten anstehen mußte und man heutzutage praktisch an der Abendkasse noch bedient wird?


    Ist das so? Ich habe mich vor einigen Wochen nach Karten für eine der "Meistersinger"-Aufführungen umgeschaut, und weder gab es im Ticketshop der Festspiele noch irgendwelche Karten, noch habe ich andere Quellen gefunden außer solchen, wo die Karten über 1000 Euro kosteten. Wenn einem die Karten wirklich irgendwo nachgeschmissen werden, bin ich für Hinweise dankbar.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nach dem, was Barry Kosky jetzt im Interview über die Inszenierung der "Meistersinger" von sich gegeben hat, werde ich mir wohl kaum die Übertragung im Fernsehen anschauen. Eine Empfehlung für die "großen Lichter" mit der Bitte um eingehende Erklärung für uns "kleine Lichter" zu den Einzelheiten der Inszenierung, aber bitte aus eigener Erkenntnis


    Und wie soll Dir jemand etwas erklären, wenn für Dich schon vorher feststeht, dass Du Dir die Übertragung gar nicht anschauen wirst? Und ausgerechnet Du kommst dann wieder mit Forderungen nach einer Diskussion anhand konkreter Beispiele. :no:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Zitat von LaRoche: eine solche Erklärung reicht mir nicht. Ich erwarte die Erläuterung durch eine Lichtgestalt, mindestens. Ein Gott wäre noch besser.

    Lieber La Roche,


    du magst recht haben. Die "großen Lichter" haben bisher noch nicht gezeigt, dass sie es können. Selbst die "Lichtgestalten", die sich zumindest hier so fühlen, werden es wahrscheinlich nicht fertig bringen. Also muss tatsächlich ein Gott her.


    Liebe Grüße

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Na ja, wenn man Karten auf einem bestimmten Platz (günstiger Preis) für eine bestimmte Vorstellung sucht, wird es auch in der Semperoper schwierig ;)
    Meine Frau oder ich haben in den letzten 4 Jahren jedes Jahr eine Zusage bekommen; zusätzlich hat mir in diesem Jahr noch der hiesige RWV Karten für Tristan und Meistersinger angeboten. Auch über den online Verkauf gab es in den letzten Jahren eigentlich immer mal Karten, meist allerdings für den Ring und/oder teure Kategorie. Trotzdem: Früher undenkbar.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Interessant finde ich vorallem, dass Placido Domingo als Dirigent der Walküre fungiert...
    Ist er als Dirigent schon so etabliert oder ist's nur Marketing? Und dann gleich ne Wagner-Oper...


    LG
    Christian


    Einspielungen mit Domingo als Dirigent gibt es ja schon einige; wenn ich es richtig erinnere meist Italiener, Puccini zB.; ich glaube ich habe eine Butterfly mit Dessi.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha


  • Ist das so? Ich habe mich vor einigen Wochen nach Karten für eine der "Meistersinger"-Aufführungen umgeschaut, und weder gab es im Ticketshop der Festspiele noch irgendwelche Karten, noch habe ich andere Quellen gefunden außer solchen, wo die Karten über 1000 Euro kosteten. Wenn einem die Karten wirklich irgendwo nachgeschmissen werden, bin ich für Hinweise dankbar.


    Der Online-Verkauf der noch verfügbaren Karten begann heute um 14 Uhr. Ich war pünktlich in der ersten Sekunde dabei (zwei Sekunden zuvor ging's noch nicht) und bin jetzt nach zwei Stunden immer noch in der Warteschleife. Der Fortschrittsbalken ist erst zur Hälfte ausgefüllt. Auf der "Ticket-Ampel" kann man zusehen, wie eine Oper nach der anderen ausverkauft ist. Bis ich an die Reihe komme, mich in den Ticketshop einloggen zu dürfen, sind alle Karten weg.
    Ich frage mich auch, wo einem die Karten nachgeschmissen werden.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Lieber Melot, sieh es mir nach, aber ich kann einfach nicht anders: :jubel: :jubel: :jubel:


    Nachdem ich in den vergangenen beiden Jahren vorerlebte, was du heute durchleidest, kann ich diesmal gleich zweimal Vollzug melden. Meistersinger und Parsifal! Ich bin gottfroh!
    Auf die Meistersinger freue ich mich sehr. Früher war das der mir unliebste Wagner, nun tummeln sich die Meistersinger (Kubelik sei Dank!) häufig in meinem CD-Player. Die Inszenierung kenne ich bislang von Youtube und bin gespannt auf das Live-Erlebnis.
    Bychkovs Parsifal-Einspielung ist mir eine der liebsten, sodass ich auch insofern zuversichtlicher kaum sein könnte.


    Dir, Melot, drücke ich nun die Daumen, dass sich alles auch noch zu deiner Zufriedenheit klärt.

    "Jein".

    Fettes Brot