Lieber Kurzstückmeister,
du sprichst mir und vielen aus der Seele. Hätte ich als junger Mensch diesen "German trash" oder - wie er inzwischen manchmal auch heißt - "Euro- trash" gesehen, hätte ich niemals eine Beziehung zur Oper gefunden. Auch hier im Forum gibt es ja einige Leute, von denen ich weiß, dass sie noch jung sind (man braucht nur ihre Vorstellungen zu lesen), die ihre offene Abneigung gegen das - was ich nicht Regietheater, sondern "Regisseurstheater" nenne, weil der Begriff Regie ja auch bei der Darstellung der Werke in der vom Komponisten gewollten Handlung zutrifft, ganz offen kundgeben.
Du hast es auch sehr recht erkannt, was ich auch in vielen Beiträgen gesagt habe: Wir (wieder eine Steilvorlage für einige Mitglieder) wollen das Regisseurstheater nicht gänzlich abschaffen, wenn es denn Einige brauchen und es nicht als das Originalwerk deklariert wird, wir sind nur dagegen, dass alles fast nur noch Regisseurstheater ist, man kaum noch eine Chance hat, das echte Werk des Künstlers, der es geschaffen hat, zu sehen. Ich lese häufig (z.B. in Wagners Schriften bzw gerade z.Zt. auch im Briefwechsel zwischen Verdi und Boito) wie sehr die Komponisten unter Betrachtung des Bühnengeschehens und der Musik um jedes Detail gerungen haben. Und da kommt ein Regisseur daher, zerstört einfach alles und erfindet eine neue absurde Handlung, weil es es nicht mehr fertig bringt, das Werk im Rahmen des Librettos umzusetzen oder weil er glaubt, dem Trend des Zeitgeistes nachlaufen zu müssen. Wenn er ein eigenes Werk schaffen würde, würde ich das akzeptieren, was nicht heißt, dass ich es auch sehen möchte.
Es geht hier wahrhaftig nicht darum, den Befürwortern ihr Lieblingskind vollständig weg zu nehmen, sondern lediglich um gerechte Verteilung.
Du hast auch völlig recht mit dem Titel. Hier geht es nicht um einen Verständigungsversuch über moderne, in unserer Zeit neu geschaffene Werke, die ich - wie du - durchaus akzeptiere. Sondern hier wird über Werke aus der Vergangenheit, die zerstört werden, geredet und - wahrscheinlich - auch wieder ellenlang doziert, was ich wieder (dank der sehr nützlichen Ignorierfunktion) für mich abgeschaltet habe.
Liebe Grüße
Gerhard